Vorsorge – Nachsorge Cancer Survivor · Vorsorge – Nachsorge – Cancer Survivor Prof. Dr. med....

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Vorsorge – Nachsorge –Cancer Survivor

Prof. Dr. med. Wolff SchmiegelDr. med. Deepak Vangala

Medizinische Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus Bochum

Key concepts

• Vorsorge– Krebs verhindern– Krebs früh erkennen

• Allgemeines• Beispiel Darmkrebs

• Nachsorge• Entlassmanagment• Nachsorgeprogramme

• Cancer Survivor

Vorsorge  ‐ Prävention

„Bei der Präventionsmedizin geht es darum, individuelle Risikofaktoren des Menschen(genetische Prädisposition/familiäre Belastung, individuelle Lebensweise und Lebensumstände etc.) zu analysieren, um gesundheitskonformes Verhalten zu fördern.“

Deutsche Gesellschaft für Nährstoffmedizin und Prävention e.V.

Formen der Prävention

Primärprävention Verhinderung der Erkrankung

SekundärpräventionFrüherkennung der Erkrankung

TertiärpräventionOptimale Behandlung der Erkrankung

Primärprävention

Erhalt der Gesundheit bzw. Vorbeugung von Krankheiten‐ Sie setzt ein, bevor eine Schädigung, Krankheit oder regelwidriges Verhalten eintritt und sucht nach den Ursachen und Risikofaktoren, die dazu führen könnten. Sie richtet sich an jeden gesunden Menschen.

Primärprävention und Krebs

Vermeidung / Verhinderung von Risikofaktoren

„Life Style Factors“ ‐ Rauchen

80 % aller Lungenkrebspatienten sind RaucherDie Zahl der Raucher in Deutschland sinkt kontinuierlichRauchen begünstigt NATÜRLICH auch andere Krebserkrankungen

Rauchen

• 2009: 13% aller Todesfälle in Deutschland sind assoziiert mit Rauchen!!! Weltweit ca. 10%.

• Proportionalität zwischen Zahl und Zeit des Rauchens und Erkrankungsrisiko („packyears“)

• Wer früher mit dem Rauchen aufhört kann sein Lebenszeitrisiko annähernd normalisieren

DV1

Folie 8

DV1 Deepak Vangala; 07.05.2016

StrahlungIonisierende Strahlung kann Krebs verursachen......Radon, Vielflieger, Bewohner Fukushimas, übermäßige Röntgenuntersuchung, Aber die Zahlen sind schwer zu fassen.

undIonisierende Strahlung kann Krebs heilen und erkennen...Strahlentherapie, Röngendiagnsotik, Nuklearmedizin

Asbest

• Heute als Baustoff verboten, da

• Kausale Ursache für Mesotheliome und andere maligen und chronische Erkrankungen

• Berufskrankheit

• Deutsches Mesotheliomregister an der RUB

HCC – HBV und Alkohol

Viren ‐ Impfungen

• HPV => Zervixkarzinom

Zunehmende Empfehlung der Impfungen, Effekt aber erst in Zukunft zu sehen

Und sonst?

• Ernährung

• Sport

• Gewicht

• uvm....

Aus der S3 Leitlinie Kolorektales Karzinom

Sekundärprävention

Bei der Sekundärprävention geht es um die Früherkennung bzw. Verhinderung der Progredienz einer Erkrankung. Sie dient dazu eine Schädigung, Krankheit oder regelwidriges Verhalten frühzeitig zu erkennen bzw. dafür zu sorgen, dass der Verlauf einer Krankheit sich nicht verschlimmert bzw. chronifiziert wird.

Krebsfrüherkennung

Krebsfrüherkennung

Wann sinnvoll?1. Verhinderung einer Krebserkrankung 

(Primärprävention)2. Potentielle Heilung3. Familiäre Vorbelastung => Veränderte 

Vorsorgemaßnahmen

Krebsvorsorge für welchen Krebs

• Darmkrebs• Brustkrebs• Prostatakrebs• Gebärmutterhalskrebs• HautkrebsKostenübernahme durch die KrankenkassenBestimmte Untersuchungen zu bestimmten Zeiten des Lebens

Was muß Früherkennung leisten

• Sensitivität• Spezifität• Heilbarkeit der Tumorerkrankung• Verminderung von Toxizitäten in der Behandlung

• Bezahlbarkeit

Brustkrebsvorsorge

• Ab 30: einmal jährlich Abtastung der Brustdrüse und Achselhöhle, Anleitung zur Selbstuntersuchung

• 50‐69: zweijährlich Einladung zur Mammographie

• Ab 70: Körperliche Untersuchung

=> Bei auffälligen Untersuchungen weiterführende Diagnostik

Hautkrebsvorsorge

• Ab 35: gezielte Nachfrage nach Hautveränderungen

• Zweijährlich: Ganzkörperinspektion einschließlich des behaarten Kopfes

!!! Kritische Studien: Nutzen wird in Frage gestellt!!!

Prostatakrebsvorsorge

• Ab 45: jährliche Abtastung der Prostata mittels digital‐rektaler Untersuchung

• Untersuchung des äußeren Genitals• Untersuchung der Leiste

• PSA wird nicht von der GKV übernommenWARUM NICHT???

PSA• Relative Risiko Reduktion um 20 % nach 8 Jahren am Prostata CA zu versterben

aberUm 1 Todesfall zu verhindern müssen 1480 Männer gescreent werden

Um 1 Todesfall zu verhindern werden 48 Männer zusätzlich behandelt  Keine Empfehlung zum PSA Screening

Schröder et al, NEJM 2009

Gebärmutterhalskrebsvorsorge

• Primär: Impfung vor erstem Geschlechtsverkehr

• Ab 20: Klinische Untersuchung des inneren und äußeren Genitals

• Abstrichuntersuchungen

Darmkrebsvorsorge

• 50‐54 Jahre: einmal jährlich Untersuchung auf okkultes Blut– Aktuell Übernahme von Guajak Tests, Immunologische Tests sind besser und werden sicher demnächst übernommen

• Ab 55: Komplette Koloskopie

• Alle anderen Untersuchungen (CT, MRT...) sind weniger sensitiv als die Kolo und machen bei Auffälligkeiten diese zwingend erforderlich!

Goldstandard Koloskopie

1. Unauffällige Koloskopie: Wiederholung nach 10 Jahren

2. Polypen: Abtragung!!! (PRIMÄRPRÄVENTION) Je nach Art, Zahl und Größe => Nachsorge

3. Manifestes Karzinom: StadiengerechteTherapie (Sekundäreprävention, Tertiärprävention)

Nachsorge nach Polypektomie

Risikogruppen

• Familiäre Häufung von Krebserkrankungen (spezifisch oder unspezifisch) 

• Änderung präventiver Maßnahmen für Betroffene

• Änderung der Vorsorgemaßnahmen für (bislang) nichtbetroffene Angehörige

• Unabdingbar hierfür ist für jeden Arzt...

FAMILIENANAMNESE

‐ Viele Krebsfälle in der Familie‐ Krebsfälle bei besonders jungen Angehörigen

HNPCC  ‐ Veränderte Vorsorge

ECA

CRC

CRC

CRC

CRC,

CRC

CCC CRC

CRC

CRC

CRC

No HNPCC

HNPCC

Mutational carrier

Unknown Status

HNPCC StammbaumFamiliäres Darmkrebszentrum

Familäre adenomatöse polyposis ‐ FAP

Warum nicht mehr?

• Warum lohnt eine strukturierte Vorsorge gegen Lungen‐ oder Bauchspeicheldrüsenkrebs nicht?

Tertiärprävention

Bei der Tertiärprävention geht es um dieVerhinderung der Progredienz oder des Eintritts von Komplikationen bei einer bereits manifesten Erkrankung.

=> Bestmögliche Therapie

Nachsorge

Erkennen und Behandeln von • Nebenwirkungen der Tumortherapie• Tumorrezidiven (Nachsorge = Prävention)

Oft für den Zeitraum von 5 Jahren, Abnahme der Gefahr von Rezidiven und NW über die Zeit

Generelle Nachsorgeempfehlungen für ALLE Krebspatienten gibt es nicht!!

Diagnose Krebs Spezifische Tumortherapie Rehabilitation

Therapieende

Regelmäßiger ArztkontaktRezidivgefahr

Therapienebenwirkungen

Oft 5 Jahre

Nachsorge

Nachsorge

ENTLASSUNG

Entlassmanagement

• Kenntnis von Erkrankung und Therapie?• Hilfsbedarf daheim? 

– Ambulante/stationäre Unterbringung? Reha?– Hilfsmittel?– Medikamenteneinnahme gewährleistet?

• Weiterbehandelnder Arzt? • Krankmeldung?• Nächster Arzttermin?• Was tun im Notfall? Was tun bei Unsicherheit?

Nachsorge: Zusammenarbeit zwischen...

• Onkologe/Chirurg/Strahlentherapeut• Hausarzt• Pflegedienst• Palliativnetzwerk• Apotheke• Psychoonkologie• Angehörige des Patienten• Physio‐/Ergotherapie• Pflegeheim, Hospiz

Nachsorge• Anamnese

• Klinische Untersuchung

• Indikative Tumormarker monitoren

• BildgebungWer macht was? Hausarzt? Onkologe? Chirurg?Klinik? Niedergelassener?

Nachsorgeprogramme

• Einige Krebserkrankungen haben strukturierte Nachsorgeprogramme

• Hierzu: siehe Leitlinien!

Darmkrebs

Strukturierte Nachsorgeprogramm für Patienten UICC II/III

Nachsorge malignes Melanom

Nachsorge Nierenzellkarzinom

Nachsorge Nierenzellkarzinom (high risk)

Nachsorge Pankreaskarzinom

Für das Pankreaskarzinom kann keine Empfehlung für eine strukturierte Nachsorge ausgesprochen werden (S3‐Leitlinie).

Damit wird ein operierter Pankreaskarzinompatient niemals wieder untersucht...???

Individuelle Nachsorge

Nachsorge anpassen an Bedürfnisse des Patienten und des behandelnden Arztes• Post‐OP Komplikationen (z.B. nach Whipple‐OP)

• NW der Chemotherapie• Sorge des Patienten (oder des Arztes?) vor einem Rezidiv

=> Laborchemischen und bildgebenden Untersuchungen sind nicht kontraindiziert!

Diagnose Krebs

SpezifischeTumortherapie

x Jahre

Nachsorge

Heilung?

Und nach der Nachsorge?

Cancer survivor

• In Deutschland leben 1,6 Millionen Krebskranke (2012)

• 5 Jahre nach Erstdiagnose haben mehr als 50% davon überlebt

• Die Zahl der „Cancer Survivor“ steigt weiter stetig an

Cancer Survivorship Issues

• Körperliche Schäden

• Emotionale Schäden

• Materielle Schäden

Körperliche Schäden

Irreversible Toxizitäten der Chemotherapie– Kardial (Anthracycline)– Pulmonal (Bleomycin)– Renal (Cisplatin)– Ototoxizität (Cisplatin)– Polyneuropathie (Oxaliplatin)– Infertilität– Fatigue

Körperliche Schäden

1. Beschwerden ernst nehmen2. Vor Therapiebeginn an Langzeit‐NW denken und 

Konsequenzen ziehenBei eingeschränkter Nierenfunktion kein CisplatinBei Kinderwunsch: Kryokonservierung(www.fertiprotekt.de)

Einem Cellisten nach Möglichkeit kein Oxaliplatin3. Beschwerden so gut wie möglich behandeln, z.B. Therapie der Herzinsuffizienz

Zweitmalignom‐Risiko

(Erfolgreicher) Versuch der Reduktion der Chemotherapieintensität, z.B. beim Hodgkin‐Lymphom oder der ALL im Kindesalter

BEACOPP => ABVD

Finanzielle Schäden

• Verdienstausfall während der Erkrankung• Stigmatisierung nach der Erkrankung, fehlende Belastbarkeit

• Fehlende Beförderung• Teilzeitarbeit• Versicherungen werden teurer, lassen sich nicht mehr abschliessen

Emotionale Schäden

• Angst vor dem Rezidiv• Psychische Erkrankungen (Therapieassoziiert)• Zwischenmenschliche Probleme

– Beziehungsprobleme (Asymmetrie, Intimität)– Freundschaften– FamilieDer Cancer Survivor macht sich kränker als er istDas Umfeld macht den Survivor kränker als er ist

Fatigue

Vermindertes Leistungsvermögen

Verminderte Akkzeptanz

Vermindertes Selbstvergefühl

Depression

Emotionale Schäden

Sport ‐ Primärprävention

• Sport (insbesondere Ausdauertraining) reduziert die Rate von kolorektalen Karzinomen um bis zu 30%!

• Nachgewiesener Effekt auf hormonaktive Mammakarzinome

• Wahrscheinlich generalisierbarer Effekt

=> Primärprävention für alle!!

Sport während und nach Therapie

Krafttraining vs TumorkachexieAtemtraining vs Pneumonie/Leistungsabfall

Ausdauertraining vs Fatigue

Leistungsfähigkeit hochÄngstlichkeit runter

Sport für Survivor

• Primärprävention und Bekämpfung der Fatigue• Wettkampf• Sozialer Kontakt

• 50 Stunden auf Rezept (bis 120 Stunden)

Survivorship Programme

Take Home Message

• Vorsorge: Motivation, Angebote wahrzunehmen

• Nachsorge: Patientenmanagement

• Cancer Survivor: Sorgen und Nöte ernst nehmen

• Leitlinien!

Vielen Dank!

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