Zahlen gegen Mythen – Wie empirische Forschung Schusswaffen- und Cannabisfreunde verbindet

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Zahlen gegen Mythen – Wie empirische Forschung Schusswaffen- und Cannabisfreunde verbindet Lunchveranstaltung 18.12. 2013 'International Year of Statistics' PD Dr. phil. Vladeta Ajdacic-Gross Psychiatrische Universitätsklinik, Zürich. Thema und Aufriss. - PowerPoint PPT Presentation

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Zahlen gegen Mythen – Wie empirische Forschung Schusswaffen- und Cannabisfreunde verbindet

Lunchveranstaltung 18.12.2013'International Year of Statistics'

PD Dr. phil. Vladeta Ajdacic-GrossPsychiatrische Universitätsklinik, Zürich

Thema und Aufriss

• Ausgangspunkte: epidemiologische Ergebnisse zu Schusswaffen-verfügbarkeit und Schusswaffensuizid bzw. Cannabiskonsum und Psychoserisiko

• wissenschaftliche "bad news" und deren Rezeption durch Interessenvertreter und politisierende Experten

• Zugabe: auch Boulevard und Common-Sense-Propheten werden zu Freunden

Thema I

• epidemiologische Ergebnisse zu Schusswaffenverfügbarkeit und Schusswaffensuizid

Zusammenhang zwischen Schusswaffenverfügbarkeit und Schusswaffensuiziden: unumstritten, altbekannt

2006: Koinzidenzen und Konsequenzen

• Medieninteresse wegen Koinzidenz mit BR-Beschluss• Applaus von links • Schimpfis von rechts, Offiziersgesellschaft, Schützenvereinen etc.• Hauptkritik: Methodik, Parteinahme, Verschwendung von Steuergeldern,

Verschwörungen• Schusswaffenverfügbarkeit als Public Health Problem (Suizid >> Homizid)• Schusswaffeninitiative

2006: Koinzidenzen und Konsequenzen

• Medieninteresse wegen Koinzidenz mit BR-Beschluss• Applaus von links • Schimpfis von rechts, Offiziersgesellschaft, Schützenvereinen etc.• Hauptkritik: Methodik, Parteinahme, Verschwendung von Steuergeldern,

Verschwörungen• Schusswaffenverfügbarkeit als Public Health Problem (Suizid >> Homizid)• Schusswaffeninitiative

Methodische Sprenkel

• ab wann beginnen ökologische Studien, vertrauenswürdig zu werden(bzw. den Vorwurf des ökologischen Fehlschlusses abzuschütteln)?

• was nachzutragen bleibt: di Leo's Linkage-Studie

Thema II

• epidemiologische Ergebnisse zu Cannabiskonsum und Psychoserisiko

Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Psychose: kaum umstritten und auch altbekannt

F2-Ersteintritte im Kt. Zürich, junge Männer (geglättet)

Forecast-Modell 20-24-jährige Männer

Forecast-Modell 15-19-jährige Männer

Was steckt dahinter?

• Alternativlosigkeit

• genetische Faktoren

• prä- / postnatal formierte Vulnerabilität

• Alter bei Beginn bzw. bei hochdosiertem / häufigem Cannabiskonsum

• Mischkonsum

Was steckt dahinter?

• Alternativlosigkeit

• genetische Faktoren

• prä- / postnatal formierte Vulnerabilität

• Alter bei Beginn bzw. bei hochdosiertem / häufigem Cannabiskonsum

• Mischkonsum

Koinzidenzen und Konsequenzen

• PH-Message: neue spezifische Risikoeinschätzung notwendig (trotz Status von Cannabis als "Leichtgewicht" unter den Substanzen)

• grosses Medienecho

• Applaus von rechts

• Schimpfis von links, BAG-Experten, Patrick Frey, Cannabiskonsumenten

• Hauptkritik: Timing der Publikation, Methodik, Parteinahme, Verschwörungen

Koinzidenz mit Reviewartikel in Lancet

Bad news sind keine good news

• Ausgangspunkte: epidemiologische Ergebnisse zu Schusswaffen-verfügbarkeit und Schusswaffensuizid bzw. Cannabiskonsum und Psychoserisiko

• wissenschaftliche "bad news" und deren Rezeption durch Interessenvertreter und politisierende Experten

• Zugabe: auch Boulevard und Common-Sense-Propheten werden sich einig

Rezeption von "bad news" und rhetorische Figuren im Vergleich

Schusswaffen (sch)

Cannabis (c)

Der Bote ist ein Hetzer (sch)

E-Mail einer unbekannten Person, 30. 8. 2006

... Sie exponieren sich schon recht massiv mit ihrer reisserischen Kampagne über den Zusammenhang von Schusswaffen im Haushalt und Selbstmorden. ... Sie kleiner Drecksjugo, verpissen sie sich in das Loch im Balkan woher sie stammen. ... Scheiss Jugo, hetzt hier in der Schweiz gegen legalen Waffenbesitz. Passen sie auf, dass Ihnen und ihrer Familie nichts passiert.

Der Bote ist ein Hetzer (c)

R. Stohler, BAG-Experte, zitiert in der NZZ, 25.7.07

In der Studie erscheine der Zusammenhang zwischen dem Cannabiskonsum und der Schizophrenie gesucht. Sie erinnere ihn gar an den Propagandafilm "Reefer Madness" aus den 1930er Jahren, in dem Drogen regelrecht verteufelt werden.

Diskreditiere den Boten dadurch, dass er dumm sei (sch)

Urs Paul Engeler, Weltwoche 13.7.2006: Der Sturm ums Gewehr

Nach der Logik der Entwaffner müssten übrigens auch die SBB und Regionalbahnen aus dem Verkehr gezogen werden ...

Diskreditiere den Boten dadurch, dass er dumm sei (c)

Toni Berthel, Ko-Abteilungsleiter Prävention und Sucht der Stadt Winterthur, zitiert in Der Landbote, 25.7.2007

Die Studie hat fur ihn keine grundsätzlich neue Erkenntnis gebracht. Nach wie vor gebe es keinen Hinweis dafür, dass ein moderater Konsum von Cannabis — alle 14 Tage ein Joint — zu Störungen führe, allenfalls bei anfälligen Menschen.

Überrasche durch richtige Fehlinformation (sch)

Willy Pfund, alt Nationalrat, Präsident proTELL, Editorial proTELL-Info 2-2006

Nach Statistik des Bundesamtes für Gesundheit wurden im Jahr 2004 in unserem Land 1284 Suizide verübt, davon 272 (21.2%) mit Schusswaffen. Im gleichen Jahr wurden insgesamt 213 vorsätzliche Tötungsdelikte verübt, wovon 57 (26.7%) mit Schusswaffen. Die Zahlen zeigen unmissverständlich, dass der grösste Teil nicht mit Schusswaffen, sondern mit anderen Mitteln begangen wurde.

Überrasche durch richtige Fehlinformationen (c)

R. Stohler, BAG-Experte, zitiert in der NZZ, 25.7.07

Es werde auch nicht erklärt, weshalb die Fallzahlen bei den an Schizophrenie erkrankten Frauen nur geringfugig ansteigen, obgleich auch deren Cannabiskonsum in den neunziger Jahren massiv zunahm.

Spiele schwarz - weiss (sch)

Willy Pfund, alt Nationalrat, Präsident proTELL, Editorial proTELL-Info 2-2006

Mit allem Respekt ... muss doch festgehalten werden, dass nicht die Verfügbarkeit einer Waffe an sich die Ursache für ein Tötungsdelikt ist, sondern der Mensch, der sie missbraucht.

Spiele schwarz - weiss (c)

Verena Maag, BAG, zitiert in der NZZ, 25.7.07

Der statistische Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und verschiedenen psychischen Störungen sei zwar vorhanden, unklar bleibe jedoch, ob die Störung bereits vor dem Konsum bestanden habe oder erst die Folge des Konsums sei.

Setze auf Mythen (sch)

BR Schmid, 2. September 2006, Tagi-Interview

Wenn man die Zahl der Selbstmorde senken wolle, müsse man das Problem an den Wurzeln packen - nicht die Armeewaffen einsammeln. ... Die vielen Zehntausenden unbescholtenen Schützen verdienten unser Vertrauen.

Setze auf Mythen (c)

R. Stohler, BAG-Experte, zitiert im Zürcher Oberländer, 13.9.07

Auch gelte es zu berücksichtigen, dass 50% der Jugendlichen zwar kifften, aber in den allermeisten Fällen nicht unter psychischen Störungen leiden würden.

Vom Staunen zu Erklärungsversuchen

Hypothese I: religiöses Phänomen

• Angst und Glauben regieren den Diskurs

• kein Einbezug neuer Informationen, Weltfremdheit

• selektive Wissenschaftsfeindlichkeit

Hypothese II: Emotionalisierung und Männerspielzeug

Hypothese III: Besonderheit des Risikos

• Risikoneubewertungen machen Mühe

• Risikobereich psychische Gesundheit und psychische Krankheiten: stigmatisiert, mythenbelastet, jekami, ein weiches Ziel

Hypothese IV: Rolle der Interessenverbände entscheidend

• naive Erwartungen bez. Interessenperspektiven

• wen schützen Schützenverbände? und BAG-Experten?

BAG-Kommissionen zu Suchtfragen 2008

Eidgenössische Kommission für Alkoholfragen (EKA)Eidgenössische Kommission für TabakpräventionKoordinations- und Dienstleistungsplattform Sucht (KDS)Eidgenössische Kommission für Drogenfragen (EKDF)Nationaler Drogenausschuss (NDA)Konferenz der Kantonalen Beauftragten für Suchtfragen (KKBS)Städtische Konferenz der Beauftragten für Suchtfragen (SKBS)Arbeitsgruppe Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sozialarbeit (ZuPo)Drogenplattform des Schweizerischen Städteverbandes (DSSV)

BAG-Kommissionen zur psychischen Gesundheit 2008

Hypothese IV: Rolle der Interessenverbände entscheidend

• naive Erwartungen bez. Interessenperspektiven

• wen schützen Schützenverbände? und BAG-Experten?

• Konservativismus in Interessenverbänden, Überlebensstrategien

• Peers der Interessenvertreter: Politik – nicht Wissenschaft

• Wording vorgeben, Metaphern auftürmen, finale Argumente bereitstellen

Zugabe

• Ausgangspunkte: epidemiologische Ergebnisse zu Schusswaffen-verfügbarkeit und Schusswaffensuizid bzw. Cannabiskonsum und Psychoserisiko

• wissenschaftliche "bad news" und deren Rezeption durch Interessenvertreter und politisierende Experten

• Zugabe: auch Boulevard und Common-Sense-Propheten werden sich einig

Zugabe

Hintergrund

• death postponement ODER birthday blues

• Ausgangspunkt:imaginative Soziologie

• Ausgangspunkt:Abnahme der Suizide an Feiertagen

• ARIMA

Ergebnisse

• overall: + 14%

• KVK: + 19%

• ZVK: + 21%

• Suizid (m): + 35%

• Stürze (m): + 44%

• Krebs: + 11%

Ergebnisse

• overall: + 14%

• KVK: + 19%

• ZVK: + 21%

• Suizid (m): + 35%

• Stürze (m): + 44%

• Krebs: + 11%

Methodische Sprenkel

• Inferenzstatistik bei Populationsdaten?

• wann sind schwache Effekte schwach und wann stark?

• Beispiele

Echo

Echo-Echo

Echo-Echo

Echo-Echo

Echo-Echo

• komplexe Fragestellungen, Mainstreamforschung

• 10'000 für Suizidforschung / -prävention oder 1'000'000 für ein MRI

• Verdrängungswettkämpfe

• das 1-Milliarde-Spiel

• wer wird den nächsten grossen Stein ins Rollen bringen?

Echo – Echo – Echo

Falls Sie einmal ...

• Epidemiologie, Statistik ist möglicherweise ein weiches Ziel

• jekami

• wenn Interessenvertreter im Spiel Spielregeln im voraus setzen

• Achtung vor dem Gefriergetrockneten

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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