Zu einem köstlichen Barbecue gehören …... Partydrogen Theodore de Bry, 1562 WB 21.01.2012 update...

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Zu einem köstlichen Barbecue gehören …..

Partydrogen

Theodore de Bry, 1562

WB 21.01.2012update 7.11.2014

Dr. med. Robert HämmigPsychiatrie & Psychotherapie FMH

Präsident Schw. Ges. für Suchtmedizin

Leitender Arzt Schwerpunkt Sucht

Universitäre Psychiatrische Dienste Bern

•S•S•A•M•

Party bei Familie Feuerstein?

Shanidar IV

Ca. 50’000 B.C.Homo neanderthalensis, beerdigt auf Blumen, u.a. Ephedra altissima

Altertum: Rom

Zu einem echten Skandal kam es in Rom mit der Aufdeckung der so genannten Bacchanalien, 186 v. Chr. Die Feiern zu Ehren des Weingottes Bacchus waren zu dieser Zeit etwas ausgeufert: Der Alkohol floss in Strömen, gereicht wurden auch Pilze und Tollkirschen mit halluzinogener Wirkung. -> 7.000 Männer und Frauen wurden verurteilt, mehr wurden hingerichtet als inhaftiert. (Titus Livius 59 v. Chr.-17 n.Chr.)

Partydrogen heute: die Leader

Was sind „Designerdrogen“?

• „Just the Facts“: Designerdrogen sind synthetische, (von Menschen gemachte,) illegale Drogen, die in Untergrundlaboratorien hergestellt und auf der Strasse verkauft werden.

Definitionen: Designerdrogen

• Der Begriff wurde erst in den 1980er Jahren geprägt.

• Eine Droge mit Eigenschaften und Effekten ähnlich einem bekannten Halluzinogen oder Narkotikum mit einer leicht veränderten chemischen Struktur, um im Speziellen die Restriktionen gegen illegale Substanzen Droge zu umgehen

Definitionen (2)

• Wissenschaftlich handelt es sich um „chemische Analoga“.

• Die DEA bevorzugt heute den Begriff „controlled substance analogues“

• Rechtliche Regelung: 2 Systeme– Listen mit einzelnen Substanzen– Listen mit Regelungen für Analoga

DEA: US Drug Enforcement Agency

Definitionen (3)

Keine Designerdrogen sind:• „Crack“-Kokain• „Thai-Pillen“, „Crystal Meth“, „Ice“, „Glass“

Kokain Pulver: Kokain-Hydrochlorid; «Crack»: freie Base des Kokainsalzes«Thai Pillen»: Metamphetamin. Wenn die Pillen aus Asien kommen, werden sie nicht in Thailand produziert, sondern in Burma und über Thailand geschmuggelt«Crystal Meth», «Ice», «Glass»: freie Base des Metamphetaminsalzes

Definitionen (4)

• Neue Substanzen gelangen heute so schnell auf die Liste der verbotenen Substanzen, dass es kaum mehr möglich ist, Erkenntnisse zu Struktur, Wirkungen und Nebenwirkungen (vor allem auch Langzeitwirkungen) zu sammeln.

• Sie werden deshalb heute auch «Research Chemicals» genannt

Synthetische Cannabinoide

• JWH-018• JWH-073• AM-694• AM-2201• RCS-4• JWH-210• JWH-081• JWH-250• JWH-302

• JWH-203• JWH-122• CP 47,497• etc.

Problemlast

• Akut: unter hohen Dosen Agitiertheit und Erbrechen (?)

• Abhängigkeitspotential: unbekannt, aber ws. vorhanden

• Langzeitwirkungen: ?• Hohe Dosen über längere Zeit ->

Entzugssymptome• Reaktivierung von Psychosen ws. im

Vergleich zu Cannabis erhöht

Narkotika

• Fentanyle (medizinische Anwendung in der Schmerzbehandlung, unzählige Derivate – bekannte & unbekannte)

– China White, Persian White, Synthetic Heroin, Mexican Brown

• Phenylpiperidine – Pethidin® (Schmerzbehandlung)

– MPPP, New Heroin

Pethidin®: Ethyl 1-methyl-4-phenylpiperidine-4-carboxylateMPPP: 1-Methyl-4-phenyl-4-propionoxypiperidine

Problemlast

• In den USA:– Opioidabhängigkeit– Todesfälle durch Überdosierungen– Parkinsonismus als Folge von

Produktionsfehler durch MPTP (statt MPPP)• In Europa

– Fentanylabhängigkeit vereinzelt bei Anästhesisten

MPTP: 1-methyl-4-phenyl-1,2,5,6-tetrahydropyridine

Dissoziativa

• Phencyclidin (PCP)– „Angel Dust“, „Friedenspille“,

„Elephantenkiller“• Ketamin, (R,S)-Ketamin

– „Vitamine K“, Kite, K, Kate etc.Ketalar®

Problemlast

• Intoxikationen: intensive Analgesie und Amnesie, Verwirrtheit, Wahnvorstellungen, Krampfanfälle, Angstgefühle, Paranoia, aggressive Ausbrüche, Unfälle

• Derzeit wenig verbreitet

«Entaktogene»

• Phenetylamine– PMA– MDMA («XTC»), MDA, MDEA («Eve»),

MDBD etc.– DOM, DOI, DOB

PMA: Paramethoxyamphetamin MDMA: 3,4-Methylendioxymethamphetamin, auch: N-Methyl-1-[1,3 benzo-dyoxol-5-yl]-2-propanamin; MDA: 3,4-Methylendioxyamphetamin, auch: 1-[1-3-Benzodioxol-5-yl]-2-proponamin; MDEA: 3,4-Methylendioxyethyl-amphetamin; MBDB: N-Methyl-1-2-butanamin.DOM (2,5,-Dimethoxy-4-Methyl-Amphetamin), DOI (2,5,-Dimethoxy-4-Iod-Amphetamin) und DOB (2,5,-Dimethoxy-4-Brom-Amphetamin)

Halluzinogene

• Tryptamine– DMT– etc.

• LSD• (Meskalin)

– 2C-B, 2C-I

DMT: N,N-dimethyl-triptamine (yopo, epena, jurema, auch als Teil von ayahuasca, yagé)LSD: Lysergsäurediethylamid2C-B: 2,5-Dimethoxy-4-Brom-Phenylethylamin; 2C-I: 2,5-Dimethoxy-4-Iod-Phenylethylamin = Mescalinderivate

Problemlast

• Psychosen bei vulnerablen Personen (?)• Unfälle• Überdosierungen• Verbreitung derzeit eher gering

Vom Gesetz irrigerweise als «verbotene Betäubungsmittel» (besondere Gefährlichkeit!) klassifiziert

Aktuelle Trends

• „Designerdrogen“ werden heute synonym als „Partydrogen“, „club drugs“ oder „dance drugs“ bezeichnet

• Extremer Mischkonsum in der „Partyszene“• Häufige Drogen in der „Partyszene“:

– Alkohol– Cannabis– Amphetamin– Kokain– Designerdrogen

Aktuelle «Designerdrogen»• Phenethylamine

– XTC, Ecstasy etc.• Piperazine

– BZP (A2), mCPP• GHB, GBL, 1,4-BD• Mephedron (Methcathinon)• Steroide

A2: BenzylpiperazinmCPP: Meta-Chlorphenyl-Piperazin = 1-(3-Chlorphenyl)-PiperazinGHB: Gamma-Hydroxybutyrat, GBL: Gamma-Butyrolacton, 1,4-BD: 1,4-Butandiol

Phenethylamine

• Pillen in der CH: hauptsächlich MDMA

• Dosierungen sehr unterschiedlich, hin und wieder überdosiert

Problemlast

• Akut:– Emotionale Störungen, psychotische

Symptome– Leberversagen, Hyperthermie, Exsikkose (?)

• Langfristig– Neurotoxizität– Emotionale und kognitive Störungen

Piperazine

• Medizinische Anwendung (zu schwache Wirkung, deshalb nicht als Drogen angewendet)

– Trazodon (Trittico®)– Nefazodon (Nefadar®): zurückgezogen

wegen Fällen von Leberversagen• Theoretisch Mimikry der MDMA-Wirkung

auf Serotonin & Dopamin• Unangenehm in der Wirkung

Problemlast

• Akut:– ?– Dunkler Urin

• Langzeit:– ?

GHB-Analoga

GHB-Analoga

• Sedativa – Entspannung, milde Euphorie, Schläfrigkeit

• Ausschüttung von Somatotropin– > Kraftsportszene

• Medizinische Anwendung von GHB:– Narkolepsie– Suchtbehandlungen

• GBL, BD: industrielle Lösungsmittel – Entfetter, Weichmacher, Verdünner etc.

GHB-Analoga

• Gesteigerte Libido• Gesteigerte Suggestibilität• Passivität• Amnesien• Haut- & Augenirritationen• Übelkeit, Erbrechen• Inkontinenz

GHB-Analoga

• Krampfanfälle• Bewusstseinsverlust, Koma• Atemdepression, vor allem bei

Mischkonsum (Cave: Aspiration)• Leberschädigung• Nierenversagen• Suchtbildend

GHB

Hämmig, Schweiz Med Forum 2011;11(42):736–738

Problemlast

Akut:• Lebensbedrohliche komatöse Zustände• „date-rape“• Unfälle, Viktimisierung• Analoga mit mehr Risiken verbunden als

GHB– Wirkzeit, höhere Peakkonzentration von GHB– Toxische Schäden

Problemlast

Langzeit (selten):• Sucht• Entzugssyndrom

– Krampfanfälle

Mephedrone 4-Methylmethcathinon (4-MMC)• M-CAT, Meow (ausgesprochen: Miau),

Meph, MMC Hammer, Magic, Drone

Konsum:• oral (Pulver in Zigarettenpapier gerollt und

“gebombt”, Kapseln, Pillenform) oder • nasal (gezogen mit Strohhalm oder

Geldschein).

Mephedrone

• Stimulans und Empathogen• Reizung des oberen Rachenbereiches, Halsschmerzen,

Mundtrockenheit, Belag auf der Zunge.Reizungen und Verätzungen bei Hautkontakt), Brennen in der Nase (bei nasalem Konsum), „Craving“, gestörtes Kurzzeitgedächtnis, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhte Herzfrequenz, Herzrasen, Angst, Niedergeschlagenheit, starkes Schwitzen mit deutlich „chemischem“ Geruch, erweiterte Pupillen, Müdigkeit und Trägheit, veränderte Wahrnehmung, Schlaflosigkeit und unklare Erinnerungen an die Zeit der Drogenwirkung

Problemlast

Akut:• Vereinzelte Todesfälle (Mechanismus

unklar)• ?

Langzeit:• ? (wurde verboten, bevor erforscht)

Steroide

• Sportszene• HIV & Hep• Psychische Veränderungen• Körperliche Veränderungen

– Virilisierung– Multiple Organschädigungen

Generelle Probleme

• Clandestine Produzenten unterliegen keiner Qualitätskontrolle

• Art und Menge der eingenommenen Substanzen sind unbekannt

• Substanzen sind zum Teil wenig bekannt• Mischkonsum ist üblich und erhöht das Risiko• Verbot der Substanzen führt zu einem Angebot

von weniger bekannten und unter Umständen gefährlicheren Substanzen

4 Säulen Drogenpolitik

Repressio

nTherap

ieSchadenminder

ung

Präventio

n

Was tun?

• Primär Prävention– Information

• Sekundär Prävention– Risikovermindern– Information

• Tertiär Prävention– Behandlung

Risiko vermindern

• Information nicht moralisierend und wissenschaftlich korrekt

• Informationsvermittlung– Gedrucktes Material, Internet– „streetwork“– „Pillentesting“

• Beratung• Chemische Analyse vor Ort

http://www.know-drugs.ch

http://www.eve-rave.ch

Evidenz der Wirksamkeit?

• Ecstasy kaum mehr Medienthema• Weniger Zwischenfälle an der „Street-

Parade“ in Zürich als an der „Love Parade“ in Berlin

Behandlung

• Erste Anlaufstelle bei Auftreten von Problemen mit dem Konsum:Hausärzte! -> Schulung

• Spezialisierte Dienste:– Früher selten Anfragen wegen „Sich-

Verändert-Fühlen“– Probleme mit „Partydrogen“-Konsum sind

heute Kokain- und Amphetaminprobleme

Behandlung

• Evtl. Antidepressiva bei „Ecstasy“-Konsumenten– Stimmungsaufhellung– Erhöhte Neuroplastizität

Nützliche Informationsquellen

http://www.erowid.org

http://lycaeum.org

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