Zum Straftatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse

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nicht.InsbesondereistkeineAbwägungveranlasst,dieandenGradder (zu erwartenden)BehinderungdesKindesunddessenentwicklungnachderGeburtanknüpft.Inso­weitmissverstehtdasBerufungsgerichtoffenbardievorste­hendzitiertenAusführungendeserkennendensenats.Lie­gendieVoraussetzungendes§218aAbs.2stGBvor,soistderschwangerschaftsabbruchvonGesetzeswegenerlaubt.Die erforderliche Abwägung zwischen dem LebensrechtdesKindesunddenBelangenderMutterhatderGesetz­geberdurchdieAusgestaltungdiesestatbestandesbereitsvorgenommen. Die bei der Prüfung des zivilrechtlichenschadensersatzanspruchszustellendePrognosedarfmithinnurdahingehen,obdieVoraussetzungenfüreinenrecht­mäßigenschwangerschaftsabbruchvorgelegenhättenundobdieMuttersichfürdenAbbruchentschiedenhätte.BeidieserPrognosekönnendieArtundderGradderzuerwar­tendenBehinderungindizielldurchauseineRollespielen.Nurdahinisteszuverstehen,wenndererkennendesenatausgeführthat,dieGefahreinerschwerwiegendenBeein­trächtigungdesGesundheitszustandesmüssealssodrohenderscheinen,dassbeidergebotenenGüterabwägungdasLe­bensrechtdesungeborenendahinterzurückzutretenhabe(senatsurtt.a.a.O.).

[14]III.DasdieKlageabweisungbestätigendeBerufungs­urteilkanndemnachkeinenBestandhaben.Diesacheistan das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dienunmehrerforderlichenweiterenfeststellungengetroffenwerdenkönnen.

DOI: 10.1007 /s00350-007-1911-z

Zum Straftatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse

StGB § 278

Zur Anwendbarkeit des § 278 StGB bei Unterzeich-nung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne ärztliche Untersuchung. (Leitsatz des Bearbeiters)BGH, Urt. v. 8. 11. 2006 – 2 StR 384 /06 (LG Frankfurt a. M.)

Problemstellung:Nach§278stGBmachtsicheinArztstrafbar,wennereinunrichtigeszeugnisüberdenGesundheitszustandeinesMenschenzumGebrauchbeieiner Behörde oder Versicherungsgesellschaft widerbesseresWissenausstellt.DerstraftatbestandsichertdieBeweiskraft ärztlicher Bescheinigungen, deren InhaltinunterschiedlichenBereichenderRechtsordnunger­hebliche Rechtsfolgen auslösen kann. §278 stGB warbislang nur selten Gegenstand revisionsgerichtlicherentscheidungen (vgl. etwa BGH, MedR 1998, 326).Mit seinemvorliegendenurteil hat derBGHnun imHinblickaufRechtsfehlerinderBeweiswürdigungeinerstinstanzlichesurteilaufgehoben,durchdaseinArztvonVorwürfennach§278stGBfreigesprochenwordenwar.

Zum Sachverhalt: Die staatsanwaltschaft f. hatte dem Ange­klagten vorgeworfen, für 38 nicht existente Personen insgesamt360 unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt zuhaben, mit denen der gesondert Verfolgte G. entsprechend einemgemeinsamentatplan391Ausgleichszahlungennach§10desLohn­fortzahlungsgesetzes(LfzG)erlangthabensoll.DasLGhatdenAn­geklagtenvondiesemVorwurffreigesprochen.eshatu.a.folgendesfestgestellt:DerAngeklagte betrieb einePraxis fürAllgemeinme­dizininO.BeiseinenPatientenhandelteessichganzüberwiegend

BearbeitetvonRechtsanwaltJürgenPauly,fachanwaltfürstrafrecht,Wolfsgangstraße92,60322frankfurta.M.,DeutschlandBearbeitetvonRechtsanwaltJürgenPauly,fachanwaltfürstrafrecht,Wolfsgangstraße92,60322frankfurta.M.,Deutschland

um Arbeitnehmer aus dem früheren Jugoslawien.DieAusstellungvonArbeitsunfähigkeitsbescheinigungenhandhabtederAngeklagtegroßzügig. Üblicherweise unterschrieb er Arbeitsunfähigkeitsbe­scheinigungenblankoimBehandlungsraumundverwiesdenPati­entendamitandieRezeption,woeine seinerArzthelferinnendasformularmitdenDaten,diederAngeklagte inderPatientendateivermerkthatte, ausfüllte.Dieverfahrensgegenständlichen360Ar­beitsunfähigkeitsbescheinigungen tragen Ausstellungsdaten zwi­schendem1.11.2001unddem2.12.2003undlautenaufdieNamenvon38verschiedenenPersonen.einedieserPersonenexistiertnachÜberzeugung des LG tatsächlich und ist vomAngeklagtenunter­sucht worden. Die Daten aller Krankschreibungen wurden vomgesondert Verfolgten G. vorgegeben, der die Arbeitsunfähigkeits­bescheinigungenbeiverschiedenenallgemeinenOrtskrankenkassenzurerstattungnachdemLfzGeinreichte.DerAngeklagtehatteimermittlungsverfahreneingeräumt,dassdieunterschriftenvonihmstammen;weitereAngabenzudenumständen,unterdenenerdieseKrankschreibungenunterzeichnethat,haterwederimermittlungs­verfahrennochinderHauptverhandlunggemacht.DasLGhatsichnichtdavonzuüberzeugenvermocht,dassderAngeklagteaufgrundeinesgemeinsamentatplanesmitG.gehandelthat.esseivielmehrnichtauszuschließen,dassdiebeidenArzthelferinnenM.undK.denAngeklagtenunterVorwändenveranlassthabenkönnten,vermeint­lichberechtigteArbeitsunfähigkeitsbescheinigungenblankozuun­terschreiben,sodassihmderenunrichtigkeitbzw.derbetrügerischeVerwendungszwecknichtbewusstgewesensei.

GegendensobegründetenfreispruchhatdiestaatsanwaltschaftRevisioneingelegtunddieVerletzungsachlichenRechtsgerügt.DasRechtsmittel hatteerfolgund führte zurAufhebungdes freispre­chendenurteils.

Aus den Gründen:[3]II.Diedenfreispruchtragendenerwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nichtstand.

[4]1.Nach§278stGBmachtsicheinArztstrafbar,dereinunrichtigeszeugnisüberdenGesundheitszustandeinesMenschenzumGebrauchbeieinerBehördeoderVersiche­rungsgesellschaftwiderbesserenWissensausstellt.DieVor­schriftsolldieBeweiskraftärztlicherzeugnissefürBehör­denundVersicherungsgesellschaftensichern.einzeugnis,daseinArztohneuntersuchungausstellt,istalsBeweismit­telebensowertloswieeinzeugnis,dasnachuntersuchungden hierbei festgestellten Gesundheitszustand unrichtigdarstellt (BGHst6,90,92;RGst74,229,231).Obdiesauch dann gilt, wenn der Arzt eine folgebescheinigungausstellt,nachdemerdenPatientenvorderAusstellungderersten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung untersucht hat,kannhierdahinstehen,weilesimvorliegendenVerfahrennichtumdiesefällegeht,sondernumfälle,indenennieeineuntersuchungstattgefundenhabensoll.

[5]DasLGist rechtlichzutreffenddavonausgegangen,dassdasAusstelleneinerArbeitsunfähigkeitsbescheinigungohne ärztliche untersuchung den tatbestand des §278stGBinobjektiverundsubjektiverHinsichtverwirklicht.eshat seineÜberzeugunggeäußert,dassderAngeklagteauchohnepersönlicheVorsprachedesPatientenauf tele­fonische Anforderung und damit wissentlich unrichtigeArbeitsunfähigkeitsbescheinigungenausgestellthat.eshatdenAngeklagtendennochaustatsächlichenGründenvomVorwurfdesAusstellensunrichtigerGesundheitszeugnisseindenangeklagtenfällenfreigesprochen,weilinkeinemdieser angeklagten360einzelfällemehr festzustellen sei,unter welchem konkreten Vorwand die ArzthelferinnendieBlankounterschriftdesAngeklagtenerlangthätten.eskommenebendemVorwand,dasseinPatienttelefonischeineKrankschreibungerbetenhabe,eineVielzahlvonBe­gründungen in Betracht, aufgrund derer der Angeklagtegeglaubt haben könne, dass die Ausstellung sachlich be­rechtigtsei,etwawennihmgesagtwordensei,dasseinPa­tientseineArbeitsunfähigkeitsbescheinigungverlorenhabeoder wegen eines eingabefehlers oder der BeschädigungderArbeitsunfähigkeitsbescheinigungeineneueBeschei­nigungausgestelltwerdenmüsse.

Rechtsprechung248 MedR(2007)25: 248–249

[6]a)Demkannschondeshalbnichtgefolgtwerden,weildasLGselbstzurBegründung seinerentschädigungsent­scheidung, mit der eine entschädigung des Angeklagtennach dem Gesetz über die entschädigung für strafver­folgungsmaßnahmenabgelehntworden ist,dargelegthat,dassderAngeklagteinnichtunerheblichemumfangwis­sentlich unrichtige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungenerstellt hat, indem er Blankounterschriften für angeblichtelefonischerforderteArbeitsunfähigkeitsbescheinigungengeleistethat.DadiesfürdieArzthelferinnenderbequemsteWeggewesensei,seihiervonreichlichGebrauchgemachtworden.DamitistdieAnnahmedesLG,eskämeeineViel­zahl von Möglichkeiten in Betracht, aufgrund derer derAngeklagte geglaubt haben konnte, dass die AusstellungderArbeitsunfähigkeitsbescheinigungensachlichgerecht­fertigtsei,nichtohneweitereszuvereinbaren.

[7] b) Die Beweiswürdigung des angefochtenen urteilsistjedochauchdeshalbnichtfreivonrechtlichenBedenken,weildieurteilsgründeschonnichterkennenlassen,obdie38Personen,fürdiedieverfahrensgegenständlichenArbeits­unfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt wurden, tatsäch­lichexistierenodernicht.DasLGhatnurhinsichtlichdesN.G.festgestellt,dassesdiesenPatiententatsächlichgebe.Dieurteilsgründeteilenfernernichtmit,welcheerklärungderzeugeDr.R.,derPraxisvertreterdesAngeklagten,derebenfallsfüreinigedieser38PersonenArbeitsunfähigkeits­bescheinigungenunterzeichnethat,hierfürgegebenhat,oberdiePatientenuntersuchthatoderoberlediglichBlanko­unterschriftenaufAnforderungderArzthelferinnengeleistethat.VonBedeutungwäreinsoweit,obDr.R.tatsächlichmitBegründungen,diedasLGalsmöglichfürvermeintlichbe­rechtigte Blanko­Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an­gesehenhat,zumunterschreibenvonArbeitsunfähigkeits­bescheinigungenaufgefordertwordenist.DasArgumentdesLG,dassdieabgerechnetenärztlichenLeistungenangesichtsdergeringenHöhederVergütungkeinhinreichendesMotivdesAngeklagtenfüreinstrafbaresVerhaltenergäben,stehtimWiderspruchzuseinerfeststellung,dassderAngeklagtegenerellbereitwar, auf telefonischeAnforderungArbeits­unfähigkeitsbescheinigungenauszustellen,wofürdasMotivauchdieärztlicheVergütunggewesenseindürfte.schließlichtrifftauchdieerwägungdesLGnichtzu,dassumgerechnetaufdenangeklagtentatzeitraumdieArzthelferinnennichteinmaleineArbeitsunfähigkeitsbescheinigungproArbeits­tagvomAngeklagtenhättenerschleichenmüssen.WiederVertreterderBundesanwaltschaftzutreffendausgeführthat,sindvondenverfahrensgegenständlichen360Arbeitsunfä­higkeitsbescheinigungenallein302indemnuretwasmehrals zehnMonatewährendenzeitraumvom27.1. bis zum2.12.2003ausgestelltworden.

[8]c)DasLGverkenntzudemdieAnforderungen,wel­chedieRechtsprechungandiefeststellungdesschuldum­fangs bei serienstraftaten stellt. steht ein strafbares Ver­haltendestätersfest,kanneslediglichnichtbestimmteneinzelaktenzugeordnetwerden,kanndieBestimmungdesschuldumfanges,da[s]heißtdieBestimmungderzahldereinzelaktestrafbarenVerhaltens,imWegederschätzungerfolgen(BGHRstGBvor§1/serienstraftatenBetrug1;steuerhinterziehung2).BeiderfeststellungderzahldereinzelakteistderGrundsatzindubioproreozubeachten.einsolchesVerfahreniststetszulässig,wennsichfeststel­lungenaufandereWeisenicht treffen lassen. JedeandereBetrachtung, die von einer eingeengten, jedeneinzelfallisoliertbeurteilendensichtweiseausgeht,würdezumAus­schlussderstrafbarkeitbeizweifellosstrafbaremGesamt­verhaltenführen,wiedervorliegendefallzeigt.DasssichfüreineschätzungkeineausreichendsicherenGrundlagengewinnenließen,istdemurteilnichtzuentnehmen.

[9] 2. Der vorstehend aufgezeigte Rechtsfehler führtauch zur Aufhebung des freispruchs vom Vorwurf desgemeinschaftlichenBetruges.selbstwennderAngeklagte

nicht aufgrund einer Absprache mit dem gesondert Ver­folgtenG. zusammengewirkt haben sollte, hätte sich dasLGmitderfrageauseinandersetzenmüssen,oberbeiderwissentlichen Ausstellung falscher GesundheitszeugnissemitbedingtemVorsatzhinsichtlicheinermöglichenbetrü­gerischenVerwendungderselbengehandelthat.

Führung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform der GmbH

HeilberG NW § 29 Abs. 2 S. 3; GmbHG §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 2, 9c; GG Art. 12

§ 29 Abs. 2 S. 3 HeilberG NW ermöglicht die Füh-rung einer Tierarztpraxis in der Rechtsform der GmbH nur, wenn – wie bei der Tierärztekammer Nordrhein bislang nicht der Fall – die Berufsordnung insoweit die Anforderungen im Einzelnen festlegt.OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6. 10. 2006 – I-3 Wx 107 /06 (LG Kleve)

Problemstellung: Der streit um die sog. „Heil­kunde­GmbH“ ist in Rechtsprechung und Literatureigentlichlängstausgestanden.Anfangder1990erJah­re galt die ambulante ärztlicheBerufsausübung in derRechtsformderGmbHnochals„schlechterdingsnichtdiskutabel“ (so Taupitz, NJW 1992, 2317, 2318) unddieBerufsordnungen allerLandesärztekammern sowiemehrereKammergesetzeenthieltenNormen,dienachallgemeiner Lesart weitgehend alle juristischen Per­sonendesPrivatrechtsalsRechtsformenärztlicherPra­xen ausschlossen. Nachdem sich gewichtige stimmen,unter ihnen auch der BGH, für eine zulässigkeit derGmbH (und damit auch anderer juristischer Personendes Privatrechts) als Rechtsform ärztlicher tätigkeitausgesprochen hatten, wurden die satzungsrechtlichenundkammergesetzlichenVerboteweitgehendaufgeho­ben(zurentwicklungs.BGH,MedR1994,152ff.m.Anm.Taupitz;Laufs,MedR1995,11ff.;Rieger,MedR1995,87ff.;sowieKatzenmeier,MedR1998,113ff.,jew.m.zahlr.Nachw.).

DernachfolgendabgedruckteBeschlussbefasst sichmitdereigentlichalserledigtzubetrachtendenProble­matikderHeilkunde­GmbHinGestalteinesfallesausdem tierärztlichen Berufsrecht. Das OLG Düsseldorfhatdieeintragungeinertierarztpraxis inderRechts­formderGmbHindasHandelsregisterabgelehnt,weildieentsprechendeNormdesHeilberufsgesetzesNord­rhein­WestfalendieführungeinertierarztpraxisinderRechtsformderGmbHzwarseitdem17.3.2005erlaubt,dietierärztekammerNordrheinaberbislanguntätigge­blieben ist unddie vomHeilberGgefordertenberufs­rechtlichen Regelungen zu den Voraussetzungen dertierärztlichen tätigkeit in einer GmbH noch nicht indieBerufsordnungaufgenommenhat.AusdemBlick­winkelderdurchArt.12GGgeschütztentierärztlichenBerufsfreiheitbefremdetderBeschlussdesOLGDüssel­dorfaufdenerstenBlickzwarerheblich,formalrechtlichisteraberwohlnichtzubeanstanden.

Zum Sachverhalt:DieAst.isteineVeterinär­GmbHinGrün­dungundbegehrtihreeintragungindasHandelsregister.Nachihrersatzungv.28.9.2005istGegenstanddesunternehmensdieerrich­

eingesandtvonRiOLGPeterv.Wuuk­Lipinski,Düsseldorf;bearbeitetvonRechtsanwältinDr.iur.Maikeerbsen,Wegenerstraße5,71063sindelfingen,Deutschland

eingesandtvonRiOLGPeterv.Wuuk­Lipinski,Düsseldorf;bearbeitetvonRechtsanwältinDr.iur.Maikeerbsen,Wegenerstraße5,71063sindelfingen,Deutschland

MedR(2007)25: 249Rechtsprechung 249–251

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