Zur Existenz des Tellur(II)-oxyds

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Zur Existenz des Tellur(ll)-oxyds

Von OSKAR GLEMSER und WERNER POSCHER~)

Inhaltsiibersicht Durch Reaktion von Tellur mit Tellurdioxyd bei verschiedenen Tempera-

turen, durch thermische Zersetzung von TeSO,, sowie durch Oxydation von fein- verteiltem Tellur mit Stickstoffdioxyd, gelingt es nicht, TeO darzustellen. Seine Existenz wird angezweifelt.

Neben den bekannten und gut erforschten Oxyden des Tellurs TeO, und TeO, werden im Schrifttum noch TeO und Te,07 beschrieben, deren Existenz aber umstritten ist. Nach optischen Betrachtungen 2, SOU TeO bei hohen Temperaturen im Gaszustand bestehen. SCHENK und CORDES') hatten Schwefelmonoxyd SO aus Schwefel und Schwefeldioxyd mit Hilfe elektrischer Entladungen gewinnen konnen ; nach der gleichen Reaktion Telluroxyd darzustellen gelang aber nicht. Erhitzt man Gemische von Telluroxyd und elementarem Tellur, so tritt Reaktion nach TeOa + Te 4

-+2TeO nicht ein, wie schon BERZELETS4) fand. Damit im Einklang stehen die Versuche von DAMIENS~) uber das System Te-TeO,.

WEBER und LERCH~) , DIVERS und SHIMOSE 7), BORINSKI 8 ) , sowie D O O W und PARTINGTON 7 halten das bei der thermischen 'Zersetzung von Tellursulfoxyd entstandene Produkt fur Tellurmonoxyd. Tellur- sulfoxyd bildet sich bei der direkten Einwirkung von fliissigem, wasser- freiem Schwefeltrioxyd auf feingepulvertes, trockenes Tellur nach Te 3- + SO, -+ TeSO,. Die thermische Abspaltung von SO, sol1 danr) zu TeO fuhren: TeSO, +Te + SO,. Teils wird die Zersetzung des TeSO, bei normalem Druck, teils im Vakuum vorgenommen. Es resultiert cine nach verkohltem Kork aussehende Masse, die von allen Autoren mit

l ) W. POSCHER, Diplomarbeit 1947. CHOONQ SHIN-PAW, C. R. Acad. h i . Paris W9, 128 (1930).

a) P. W. SCHEN~ u. E. CORDES, Z. anorg. Chem. 311, 160 (1933). a) J. J. BERZELIUS, Ann. Chim. Physique (2) 69, 132 (1835). 5) A. DAMIENS, C. R. Acad. Sci. Paris 179, 831 (1924). 6, R. WEBER u. 0. LERCH, J. prakt. Chem. 25, 220 (1882). ') E. DIVERS u. M. SHIMOSE, Ber. dtsch. chem. Ges. 16, 1004 (1883).

O) J. J. D o o m u. J. R. PARTINGITON, J. diem. soc. London 126,1402 (ID24). P. BORINSHI, Dissertation Miinchen 1909.

104 Zeitschrift fiir anorganische Chemio. Band 256. 1918

Sodalosung ,< ,;,,:., behandelt wird ; der schwarze Ruckstand wird mit Alkohol und'xther ewaschen ynd I getrocknet. Die mitgeteilten Analysenwerte

i ' l stlmmen!!nlcht' imnier kyt dem theoretischen Wert fiir Tellur i n TeO ubersn. , ~ & & C ~ S ~ ) ' erhielt unter den gleichen Bedingungen nach den1 A u s ~ ~ s c I ieb n)it Sodalosung Tellur als Endprodukt .

$VoiaE? und RIETz~O) liel3en wahrend I0 Tagen Stickstoffdioxyd b4E 2750 C iiber frisch hergestelltes, feinverteiltes Tellur streichen.. Die

dem Versuch erfolgte Gewichtszunahme des Tellurs entsprach der TeO. Bei weiterem ffberleiten wurde eine Gewichts-

beobachtet. Auch 'durch Hydrolyse von TeCl, mi t

- , ,, *,, n,: !,!,';I 1 . 1 - 5.: 1.

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IVasser1l) oder mit Alkohol, verd. Salzsiiure oder verd. Ammoniak entateht kein TeO 4).

Die verschiedenen Angaben uber das TeO haben wir nachgepriift und eine KlBrung herbeizufuhren versucht .

Versuehe zur D a r s t e l l u n g von Te l lu roxyd I. Nach TeO, + Te -tBTeO

Das als Ausgsngsmaterial verwendete TeO, wurde nach STXIDYER und TESCII~~) durch Zersetzen von basishem Tellurnitrat gewonnen; das beim Losen von Tellur (,,K.AHLBAUN") in Salpetersaure entstand.

Entsprechend der Zusammensetzung TeO wird in ein Quarzrohr feingepulvertes TeO, und Te eingefiillt, innig vermiscbt, das Rohr mehrere Male mit reiiistem Argon ausgespiilt und schlielslich abgeschmolzen. Nach zwijlfstundigem Erhitzen auf 400" hat sich die graue Farbe der Rohrfiillung nicht verandert ; die Rontgenaufnahm~l~) zeigt die In teg ferenzen von unverandertem TeO, und Te. Nach achtstundigem Er- hitzen auf 550' ist eine Entmischung zu beob'achten, auf dem gesinterten Dioxyd liegt eine zusammenhangende, glanzende Perle von Tellur . Die rontgenographische Untersuchung kann auch hier nur das Vorhandensein eines Gemisches bestatigen. Das gleiche Ergebnis zeitigte eine Erhitzung auf 800', rein aul3erlich ist die Entmischung deutlich sichtbsr, rontgeno- graphisch ist nur TeO, und Te nschzuwcisen.

11. Thermisehe Zersetzung von TeSO, Ein Glasrohr wirc) nsch BORINSKI~) so schlangenformig gebogen,

dal3 3 Abteile entstehen. I m 3. Abteil des trockenen Rohres befindet sic11

lo) L. IVOHLER U. L.METz, z. anorg. Chem. 149, 305 (1925). 11) H.RosE, Pogg. Ann. 21, 414 (1831). 12) A. STLHLER u. B. TESCH, Z. anorg. Chem. 98, 23 (1916). 13) Kupfer-K,-Gtrahlung, Karn3raradius 28,75 mm, Bdiohtungszeit 100'

bei 40kV und 20mA.

0. GLEBXSER u. W. POSCHER, Zur Existenz des Tellur(I1)-oxyds 105

-feingepulvertes, trockenes Tellur ( ,,Kahlbauni'c), der Apparat wird an diesem Ende zugeschmolzen. Darauf wird Teil 2 mit Eis gekiihlt und ,Tea 1 zur Halfte rnit SO, (MERCK) und Phosphorpentoxyd gefullt. Das Rohr w i d nun auch am vorderen Ende abgeschmolzen und das SO3 !n Teil 2 destilliert. Nach starker Kiihlung von Teil 1 wird dieses von Teil 2 abgeschrnolzen. Das erstarrte SO, in Teil 2 wird ge- schmolzen und in Teil 3 ubergegossen. Nach einer Stunde wird das

i v6llig farblose14), iiberschussige SO, nach Teil 2 iiberfiihrt und hernach Teil 2 von Teil 3 abgeschmolzen. Das entstandene TeSO, wird von an- haftendem SO, durch Erhitzen im Vakuum auf 80" befreit; die llasse blaht sich auf und wird allmahlich hellbraun. Die thermische Zersetzung geschieht bei 220" im Vakuum, nach 2 Stunden hat sich eine einheitlich

..schwarze Masse gebildet, die noch poros ist. Die analytische Priifung ergabU) 8S,S9% Te (Te berechnet fur TeO: 88,86% Te). Rontgeno- graphisch lie0 sich nur ein Gemisch von Te und TeO, nachweisen. Dieses Produkt wird mit Sodalosung behandelt und getrocknet, wobei reines Tellur zuriickbleibt. Tellurgehalt : 98,98%, nur Tellurinterferenzen im

. Rontgenbild. Nach einer anderen apparativen Anordnung 10 wurde nach der Zersetzung des TeSO, ein Rohprodukt mit 84,68% Tellur gewonnen, nach dem Auslaugen mit Sodalosung blieb auch hier Tellur (98,84% Te) zuriick; im Rontgenbild waren nur noch Telllurlinien vorhanden.

I

111. Oxyilation von Tellur mit NO, Nach MEUWSEN und -@UER1') wird &us .einer Mischung von ge-

trocknetem Bleinitrat und gleichen Teilen Seesand Stickstoffdioxyd ent,- wickelt, mit Eis-Kochsalz zu N,O, kondensiert, dieses verdampfen ge- lassen und die Nittelfraktion erneut kondensiert. Durch ein Luftbad

das gereinigte NaO, verdampft, iiber Glasscherben geleitet, die, auf 1500 erhitzt, die vollstandige Zersetzung von N,O, in NO, bewirken, und dann bei 275" mit feinverteiltem Tellur zur Reaktion gebracht la).

la) Spuren von Beuchtigkeit machen sich durch Rotfiirbung bemerkbar. 15) Tellurbestimmung nach 0. E. CLAUDER, Z. analyt. Chem. 89, 270 (1932). lo) Einzelheiten s. Diplomarbeit W. POSCHER. 17) R. MEUWSEN u. J. ICRUGER, Z. anorg. Chem. 236, 223 (1938).

Anmerkung: Wir haben feinverteiltes Tellur nach verschiedenen Ver- fahren gewonnen und rontgenographisch Ftersucht. Wird tellurige Siiure mit Hydrazin, rnit schwefliger Siiure, mit Zink oder Magnesium reduziert, so ergeben sich meist schwarze Produkte, cleren DEsYIC-SC~RRER-Diagramme identisch mi* Tellur sind. Nach A. STOCK u. H. BLUMENTHAL [Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 1832 (191 l)] wurde Tellur unter reinstem, trocknem Schwefelkohlenstoff im Licht- bogen verdampft, wobei sich ein nicht haltbares Telluraerosol bildet, das sich nach etwa 16 Minuten absetzt.Auch dieses voluminiise Tellur erwies sich irn

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Nichtumgesetztes NO, wird hinter den1 Reaktionsgefao wieder lconden- siert und dem Prozel3 von neuem zugefuhrt. Die Stromungsgeschwindig- keit betragt etwa 0,5 1/Std. Nach 10 Tagen dauernden Einwirkens la5t man das Reaktionsprodukt im NO,-strom erkalten. Die Analyse ergibt fur das schwarzgraue Produkt einen Tellurgehalt von 97,86%, das Rontgenbild zeigt nur die Interferenzen von Tellur. Anschliel3end la& man noch 4 Tage lang NO, bei 275" auf das bereits mit NO, behandelte Praparat einwirken, ohne Erfolg, denn das Gewicht h d e r t sich nicht. LaDt man sauerstoffhaltiges NO, 10 Tage mit feinverteiltem Tellur reagieren, lrann man ein Praparat mit 89,23% Te gewinnen, das sich aber rontgenographisch als ein Gemisch von Te und TeO, erweist.

Telluroxyd ist also unter den bescliriebenen Bedingungen nicht be- standig, seine Existenz erscheint uns sehr zweifelhaft. Es ist rnoglich; dall bei der thermischen Zersetzung des TeSO, intermediar TeO entsteht, dieses aber nach 2Te0 --+ Te + TeO, zerfallt. Es wurde beobachtet, da13 das bei dieser Reaktion gebildeto Tellur so feinteilig ist, dall es mit konzentrierter Schwefelsaure augenblicklich unter Rotfiirbung reagiert, was von vielen Autoren falschlicherweise fur eine besondere Reaktion des TeO angesehen wurde.

Rontgenkld identisch rnit metallischem Tellur. Erhitzen bis zum Schmelzen und Abkiihlen in flussiger Luft ergab keine Veriinderung der Tellurlinien' bei der Rontgenaufnahme. Lest man Tellur in konzentrierter Schwefelsaure und gieDt diese Usung in Wasser, d a m entsteht ein braunes Sol, das bald koaguliert. Das koagulierte Produkt zeigt die vcrbreiterten Linien von metallischem Tellur. Wird dagegen die Reduktion von telluriger Saure rnit metallischem Kupfer vor- genommen, dam erhiilt man s t eh rontgenamorphe Priiparate mit wechselndem Kupf ergehal t .

Aachen, Institut far anorganische Chemie luncl Elektrochemie der Rheinisch- IVestftiZ. T e c h Hochschule.

(Bei der Redaktion eingegangen am 10. August 1947.)

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