Zur Untersuchung von makromolekularen Verbundstoffen, insbesondere von...

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I Colloid & Polymer Sci. 252, 278-287 (1974) I

Aus dem Fachgebiet Makromolekulare Chemie I, Technische Hochschule Darmstadt

Zur Untersuchung von makromolekularen Verbundstoffen, insbesondere von Polysaccharidpfropfcopolymeren mit Hilfe der IR-Spektroskopie

Von E. G r u b e r , J. M o h a m m e d und J. S c h u r z

Mit 12 Abbildungen

1. Einleitung

Die IR-Spektroskopie stellt ein besonders wichtiges Hilfsmittel der Analytik und Struktur- forschung dar. Diese Methode ist besonders des- wegen so weit verbreitet, weft sie sehr aussage- kr/iftig ist und well sie keine allzu hohen An- spriiche an den Experimentator stellt. Die Aus- wertung der Spektren wird jedoch in dem MaBe schwieriger, in dem die Komplexit~it des unter- suchten Systems steigt. Eine vollst~indige, exakte, quantentheoretisch begrtindete Analyse ist bis jetzt nur bei einfachen Molekiilen im Gaszustand mSglich. Die Spektren komplizierterer Mole- kiile im festen Aggregatzustand werden halb- empirisch behandelt, w~ihrend fiir chemisch und physikalisch uneinheitliche Polymere, wie sie in der Praxis sehr h/iufig vorkommen, noch nicht einmal verliigliche empirische Gesetzmiil3ig- keiten bekannt sind. Die vorliegende Arbeit soil zur Kl~irung der Frage beitragen, inwieweit die IR-Spektroskopie zur Untersuchung der mole- kularen Struktur solcher komplexer Systeme herangezogen werden kann.

2. Zur Auswertung von IR-Spektren von Polymeren

Eine exakte Behandlung zur Berechnung yon molekularen f3bergangsmomenten ist bis jetzt bei Polymeren nicht mSglich. Es bestehen wohl theoretische Ans~ttze, die Skelettschwingungen yon isolierten Polymerketten zu erfassen (1, 2), aber selbst bei diesem noch relativ einfachen System erzielte man keine besonders gute Uber- einstimmung mit praktischen MeBergebnissen (3). Man analysiert daher iiblicherweise Polymer- spektren so, als setzten sie sich einfach additiv aus den Absorptionen isoliert schwingender Grup- pen zusammen. Aufgrund dieser Vereinfachung ist die Bandenzuordnung nicht immer leicht, weil

(Eingegangen am 17. April 1973)

sehr hiiufig ein deutlicher ,,shift" gegenfiber den isolierten Gruppenfrequenzen auftritt.

Dieselbe Annahme einer Additivitiit der spek- troskopischen Eigenschaften liegt der quanti- tativen Auswertung zugrunde. Man setzt dabei voraus, dab erstens der Absorptionskoeffizient einer Schwingung durch die molekulare Um- gebung der schwingenden Gruppe nicht ver- ~indert wird, und dab zweitens die Gesamt- absorption einer Probe gleich ist der Summe der Absorptionen der in der Probe enthaltenen Chromophore. Beide Voraussetzungen sind theo- retisch nicht begriindbar. Man kann jedoch em- pirisch iiberprtifen, ob sie fiir einen bestimmten Fall gelten, indem man ermittelt, ob das Lambert- Beersche Gesetz, das eine Konsequenz dieser Voraussetzungen ist, f'tir die betrachtete Bande anwendbarist. Stellt sich heraus, dab das L ambert- Beersche Gesetz fiir eine bestimmte Schwingung einer funktionellen Gruppe gilt, kann man durch eine Absorptionsmessung die Konzentration dieser Gruppe in der Probe bestimmen (4, 5, 6).

Schon die Priifung auf Giiltigkeit des Lambert- Beerschen Gesetzes ist nicht so einfach. Die IR- Absorptionjeder Probe setzt sich ngmlich sowohl aus einem konservativen (Ast) und einem kon- sumptiven Anteil (AAb) zusammen

A = Ast + Aab. Nur die konsumptive Absorption AAb ist

gruppenspezifisch und ein Mal3 fiir die Uber- gangsmomente der Gruppenschwingung. Die konservative Absorption Ast kommt durch die Lichtstreuung zustande und ist yon den Polari- sierbarkeitsschwankungen in der Gesamtprobe abhiingig. Die Polarisierbarkeit w~ichst mit dem Molekulargewicht, so dal3 bei hochpolymeren Proben die Streuverluste betrfichtlich sein kSnnen. Bisjetzt ist aber kein Verfahren bekannt, wie man die konservative Absorption aus dem

Gruber et al., Zur Untersuchung yon makromolekularen Verbundstoffen 279

Spektrum abtrennen kann. Eine Anwendung des Ray le ighschen Gesetzes, nach dem die ge~ streute Lichtintensit~it mit der vierten Potenz der Frequenz ansteigt, ist nicht m6glich, weil dieses Gesetz nur augerhalb eines Resonanzgebietes gilt.

Es war daher ein Teilziel dieser Arbeit, die Intensitht der bei den verschiedenen IR-spektro- skopischen Methoden auftretenden konserva- tiven Absorption empirisch zu bestimmen und nach Wegen zu suchen, diesen Streuanteil bei einer quantitativen Auswertung zu beriick- sichtigen.

Auch f'tir die reine konsumptive Absorption k6nnen h~iufig Abweichungen vom Lamber t -

Beerschen Gesetz beobachtet werden, die be- sonders grog sind, wenn spezielle Wechsel- wirkungen der Probe mit der Matrix, in der sie verteilt ist, mi3glich sind.

Um eine Schichtdickenmessung, die sowohl bei Filmen als auch bei Preglingen als auch in besonders starkem Mage bei Remissionsmetho- den nicht ganz einfach ist, zu umgehen, verwendet man oft einen externen oder internen Standard (7)° Dabei vergleicht man die Absorption einer zu bestirrimenden Bande A mit einer Bezugs- bande AR, die von einer zu diesem Zweck der Probe zugesetzten Substanz R bekannter Kon- zentration CR herrtihrt. Die Absorption lh/3t sich in diesem Fall als Funktion von lauter be- kannten Gr6gen ausdriicken:

a ' c A = a ' c ' d = - - ' A R

ag ' CR

(mit AR = ag • cg • d).

Voraussetzung ist nattirlich hier, dab auch fiir die Bezugssubstanz das Lamber t -Beer sche

Gesetz gilt. Diese Gtiltigkeit mug in jedem Fall erst festgestellt werden.

3. Interpretation der Nichtadditivitht der Bandenintensithten

Die gemessene Bandenintensit~it ist eine Funk- tion mehrerer Faktoren: 1. apparative Konstan- ten wie Spaltbreite und andere geometrische Faktoren, 2. molekulare Absorptivit~it der be- trachteten Schwingung, 3. Konzentration an absorbierenden Gruppen.

Apparative Einfliisse Iassen sich empirisch eliminieren, sie spielen bei Relativmessungen augerdem nur eine geringe Rolle. Die Abh/ingig- keit vonder Konzentration ist trivial und lie-

fert das Lamber t -Beer sche Gesetz, wenn die bei- den anderen Einfliisse l~onstant gehalten werden.

Worauf es hier ankommt, ist die Empfindlich- keit des molekularen Absorptionskoeffizienten auf Kr/ifte, die an der schwingenden Gruppe an- greifen. Dabei ist es vorteilhaft, zwischen starken Bindungen und schwachen, ungerichteten Kr~if- ten zu unterscheiden. Starke Kr~ifte ftihren zu einer Kopplung der betrachteten Grundschwin- gung mit anderen Molekiilschwingungen. Da- durch kommt es zu einer Aufspaltung der Bande und zum Auftreten neuer Resonanzfrequenzen.

Ober den Einflug schwacher Kriifte auf Mole- kiilschwingungen ist wenig bekannt. Aus Er- fahrung weig man abet, daft sich solche Kriifte praktisch nicht auf die Bandenlage, wohl aber auf die Bandenintensit~it auswirken. Es ist schwierig, experimentell zu kl~iren, ob Neben- valenzkr~ifte eine Erh6hung oder eine Verringe- rung der Bandenabsorption bewirken, da an festen Polymerphasen fast ausschlieglich Re- lativmessungen vorgenommen wurden.

Ober den Mechanismus der Beeinflussung der Schwingungen dutch Nebenvalenzkr~ifte k6n- nen verschiedene qualitative Oberlegungen an- gestellt werden, die aber jedenfalls beriicksich- tigen miissen, dab die Anregung nut durch ganze Quanten erfolgen kann, d. h. dab eine nur teil- weise Anregung einer bestimmten Schwingungs- art nicht m~Sglich ist. Die gemessene Gesamt- intensit~it kann also nicht durch eine etwaige Anderung der Intensit~it der individuellen Mo- lektilschwingungen, sondern nur durch eine ver~inderte Anregungswahrscheinlichkeit beein- flugt werden.

Nimmt man an, dab dutch die Nebenvalenz- kr~ifte die Anregungswahrscheinlichkeit ver- ringert wird, dann mug die entsprechende spe- zifische Absorptivit~it ebenfalls herabgesetzt wer- den. Denkbar ist aber auch ein entgegengesetzt wirkender Mechanismus, dab n~imlich die An- regungswahrscheinlichkeit durch angreifende ,,D~impfungskr~ifte" erh/iht wird. Durch die D~impfung kann ja die Schwingungsenergie leichter dissipiert werden, und eine einmal an- geregte Schwingung klingt schneller ab.

Welcher der beiden Mechanismen f'tir die An- derung der Absorptivit~it verantwortlich ist, l~iBt sich exakt nur mit Hilfe einer sehr komplizierten quantenmechanischen Berechnung entscheiden. Hier soll nur versucht werden, aufgrund empiri- scher Daten herauszufinden, welcher Mechanis- mus wahrscheinlicher ist. Gegen eine ErhiShung

280 Colloid and Polymer Science, Vol. 252" No. 4

der Absorptivit~it durch angreifende Neben- valenzkrgfte spricht folgende Uberlegung: Die Anregungswahrscheinlichkeit wird nur dann v o n d e r Abklinggeschwindigkeit der Schwin- gungen wesentlich abh~ingen, wenn die Licht- quanten sehr h~iufig auf eine schon angeregte Schwingung treffen. In einem solchen Fall war- den sie nicht absorbiert, s o n d e r n nur elastisch gestreut. Eine Absch~itzung des Quantens t roms in der Probe zeigt aber, dab bei starker Absorp- t ion von ca. 105 absorbierenden Gruppen pro Sekunde nur ein Lichtquant absorbiert wird, d. h. dab die Anregung ein sehr seltener Vorgang ist, und die Abkl ingdauer einer Schwingung daher kaum eine Rolle spielen darfte.

Fiir eine Erniedrigung der Absorptivit~it durch angreifende Nebenvalenzkr~ifte sprechen auch eigene Messungen der absoluten Absorpt ions- koeffizienten von Filmen, tiber die noch zu be- richten sein wird. Es wurde n~imlich gefunden, dab die Absorptionskoeffizienten von dichteren Polymerfi lmen niedriger sind als solche von Filmen geringerer Dichte. D a man annehmen kann, dab die Wirksamkei t der Nebenvalenz- kr~ifte mit steigender Dichte steigt, muB geschlos- sen werden, dab diese Kr~ifte die Absorptivit~it der betroffenen Gruppenschwingungen verrin- gern.

4. Experimentelles 4.1. Untersuchte Substanzen

Im Zusammenhang mit den Arbeiten zur Aufnahme- und Auswertemethodik wurden folgende Substanzen untersucht: Polyvinylchlorid; Polyacryls~iure; Polystyrol; Cellulose; Kartoffelst~irke; Amylo,se; Amylopektin; Kar- toffelst~irke, gepfropft mit Polyacryls~iure; Kartoffel- st~irke, gepfropft mit Polymethacrylsiiure; Kartoffel- st~irke, gepfropft mit Polymethacrylamid; Streichroh- papier.

Die Spektren wurden mit einem Perkin-Elmer 125-IR- Photometer aufgenommen.

4.2. Angewandte Methoden

4.2.1. KBr-Preflling

Die Reinsubstanzen bzw. die physikalischen Ge- ,mische der Polymeren wurden in einer Kugeimtihle homogenisiert. Versuche zeigten, dab nach 1 Std. eine vollst~indige, partikeldisperse Mischung erreicht wird. Die vorgemischte Probe wurde dann im Gewichtsverhiilt- nis 2,2:300 mit KBr (Uvasol, Merck) ftir weitere 2 Std. in der Kugelmfihle gemischt und 24 Std. lang tiber P205 im Vakuum getrocknet. AnschlieBend wurde in einer hydraulischen Presse unter Vakuum und einem Druck yon 300 kg/cm 2 eine Tablette gepreBt. 5 min PreBdauer reichten im allgemeinen, um eine visuell klare Tablette zu erzielen.

Bei der Aufnahrne wurde jeweils eine in gleicher Weise hergestellte leere KBr-Tablette in den Vergleichsstrahl gebracht.

4.2.2. Filmmethode

Zur Herstellung eines Films wurde die Probe in einem geeigneten L6sungsmittel gel6st und in diinner Schicht auf eine Glasplatte oder eine flach gespannte Poly~ithylen- folie gegossen.Die Probe wurde fiber Nacht zumTrocknen der Luft ausgesetzt und anschlieBend je nach L6sungs- mittel 10 rain bis 1 Std. im Vakuum bei 60-80 °C fertig getrocknet. Die Folie wurde dann mit einer Pinzette ab- gezogen, auf einen Magnetfolienhalter fixiert und das Spektrum gegen leeren, eventuell abgeschw~ichten Ver- gleichsstrahl gemessen.

4.2.3. Triinkungsmethode

Manche Proben wie z.B. Papier, Vliesstoffe und ge- scNiumte Folien liegen in Form eines opaken Blattes vor. Aufgrundder starken Lichtstreuungist hier imallgemeinen die Durchstrahlbarkeit zu gering, um ein Transmissions- spektrum aufnehmen zu kSnnen. Nach einem von Enke (8) angegebenen Verfahren kann man die Streuverluste dadurch erheblich verringern, dab man die inneren Hohl- riiume durch Anwenden von Druck verkleinert oder durch Triinken mit einer Fltissigkeit ausftillt, die denselben oder einen 5_hnlichen Brechnungsindex aufweist, wie die feste Phase.

Beim Tr~inken der Probe wurde wie folgt verfahren: Ein Probestreifen der Dimension 15 mmx 35 mm wurde so zwischen zwei NaC1-Platten geklemmt, dab ein etwa 10 mm breiter Streifen frei blieb. Dieser Streifen wurde in die Immersionsfltissigkeit (Hexachlorbutadien ftir Papier) getaucht, so dab die Flfissigkeit durch die Ka- pillarwirkung in die Hohlfiiume gesaugt wurde. Die zwi- schen den NaC1-Scheiben befindliche getfiinkte Probe wurde lm Spektrophotometer gegen leeren, nach Bedarf abgeschwiichten, Vergleichsstrahl gemessen.

4.2.4. Remissionsmethode

Bei manchen Polymeren versagt die Filmmethode, weil man entweder keine Filme herstellen kann (wie z. B. bei Duroplasten) oder well die erhaltenen Filme f'tir eine Verwendung zu brtichig sind. Auch kann das Polymere im Film in einer anderen Phasenmodifikation vorliegen, als in der urspriinglich zu untersuchenden Probe. Die KBr-Methode ist ebenfalls nicht allgemein anwendbar, weil sich manche Polymere nur sehr schwierig pulverisie- ren lassen, und andere dabei mechanochemisch gesch~i- digt werden.

In diesen F~illen kann man mit einer zerst6rungsfreien Remissionsmethode arbeiten. Von den zwei fiblichen Verfahren ATR [Attenuated Total Reflectance (9)] und FMIR [Frustrated Multiple Internal Reflection (10)] ist das letztere wesentlich empfindlicher und wurde ftir unsere Untersuchungen beniitzt.

Bei dieser Methode ist eine Rejustierung der Spiegel der Remissionseinrichtung vor der Messung zur Erzie- lung eines maximalen Durchlgssigkeitswertes erforder- lich. Nach diesem Schritt wurde die fl~ichige Probe aufdie Gr/SBe 18 mm x 47 mm geschnitten und zur Reduzie- rung des Streulichtanteils mit einer hydraulischen Presse verdichtet. AnschlieBend wurde der Reflexionskristall

Gruber et al., Z ur Untersuchung yon makromolekularen Verbundstoffen 281

100 T %

6O

40

20

0

6O

4O

20

0 ~ooo~--. s~oo 2~oo 11oo 1 ~ ---.cm-, 5'o0

Abb. 1. IR-Spektren yon Polystyrol. Oben 1 a) KBr-Pregling; die gekriimmte Basislinie riihrt yon der konservativen Absorption her - unten 1 b) Film; gegossen aus einer L6sung in CHC13

100 T % / ~ . . . . . ~ . . . . .

I oo 60 . / /

4 0

20

0

4000 v ~ 3000 2000 1500 tO00 ~ cm -t 500

Abb. 2. FMIR-Spektrum einer Polystyrolfolie; an der Stelle des Gitterwechsels

100 T %

I ~o 6O

4O

20

0

%

80

60

40

20

0 '

4000 v 3000 2000 1500 1000 --=.crn'l 500

Abb. 3. Spektren eines Streichrohpapiers. Oben 3 a) Papierblatt getr~inkt mit Hexachlorbutadien; unten 3b) KBr- Spektrum

282 Colloid and Polymer Science, Vol. 252. No. 4

(KRS-5, 45 °, 25fache Reflexion) beidseitig belegt und mittels zweier Gummiplatten angedriickt. Der belegte Kristall wurde dann auf einem Probenhalter montiert und in den Strahlengang des Gergtes gebracht.

5. Methodenvergleich

Bei einem Vergleich der zur Verf'tigung stehenden Arbeitsmethoden zeigte sich die grundsi~tzliche Ober- legenheit der Filmmethode. Sic erwies sich als die einzige Methode, bei der eine horizontal verlaufende Grundlinie gefunden wurde. Hier kann also die konservative Ab- sorption vernachl~ssigt werden. Man vergleiche die Spektren yon Polystyrol, die nach der Film- bzw. nach der KBr-PreBlingmethode gewonnen wurden (Abb. l a und 1 b). Auch die Aufl6sung der Filmspektren ist gew6lmlich wesentlich besser. Insbesondere bei Kohlenhydraten sind mit der KBr-Methode im Gebiet der Schwingungen des Glukopyranoserings keine scharfen Banden zu er- reichen.

Wegen der besseren Qualit~it der Filmspektren wgre • es wtinschenswert, in jedem Fall nach dieser Methode zu

arbeiten. Bei der Herstellung der Filme muB nattirlich streng darauf geachtet werden, dab das L6sungsmittel vollst~ndig entfernt wird, well LOsungsmittelreste neben ihrer spezifischen Absorption auch eine betr~ichtliche konservative Absorption des Filmes verursachen k6nnen. Will man aber die Bandenintensit~it auswerten, braucht man Filme von sehr gleichmgBiger und genau bekannter Dicke. Da eine exakte Filmdickenmessung nicht sehr einfach ist, wurde von uns ein Ausgleichsverfahren ent- wickeR, fiber das sp~ter noch zu berichten sein wird. Ein externer Standard zur indirekten Dickenmessung kann hier leider nicht verwendet werden, well es bisher nicht gelang, trfibungsfreie Filme mit extemem Standard her- zustellen.

Die FMIR-Methode erwies sich ftir eine quantitative Absolutauswertung als ungeeignet. Wegen des flachen Lichteinfalls auf die Probe verursachen Inhomogeniti~ten in der Probenoberfl[iche starke Streuverluste. Auch die Geometrie des MeBstrahls spielt hier wegen der Winkel- abh~ngigkeit der Streustrahlung eine erhebliche Rolle. Dadurch tritt bei der verwendeten Apparatur eine Un- stetigkeit der Basislinie (Knick oder Sprung) bei einer

ioo T

T B

j / ~ / f 4 q

Abb. 4. Bestandteile einer gemessenen Bande S. B Basis- linie = Verlauf der konservativen Absorption; N Ab- sorption von flachen Nachbarmaxima; G Grundlinie = willktirliche Begrenzung der integralen Absorption von S; A echte integrale Absorption = Bandenfl~iche

Wellenzahl von 2000 cm- 1 auf; hier erfolgt bei dem ver- wendeten Ger~it ein Gitterwechsel (Abb. 2).

Sehr gute AuflSsung, allerdings oft zu geringe Durch- strahlungsintensit/it, erreicht man durch Tr~inken der in Form eines Faservlieses (Papieres) vorliegenden Probe mit einer Fltissigkeit von ann/ihemd gleichem Brechungs- index. Dabei wird die Streustrahlung stark herabgesetzt und die Probe durchstrahlbar, sofem sic nicht zu dick ist. Da man hier sehr groge Unterschiede in der Durchlgssig- keit findet, empfiehlt es sich, im Wellenl~ngengebiet bis v' < 1400 crn-a und 2900 _< v' < 3600 mit maximal abgeschwgchtem Vergleichsstrahl zu arbeiten. Im Spek- trum (Abb. 3) findet man bei dieser Methode nattirlich zus~tzlich die Banden des Immersionsmittels (hier wurde Hexachlorbutadien verwandt). Das Immersionsmittel mug also nach zwei Gesichtspunkten ausgew~ihlt werden: 1. gleicher Brechungsindex wie die Probe, 2. keine Ban- den im spektralen Bereich der ausgewertet werden soll.

6. Beriicksichtigung der konservativen Absorption

Das gr6bste quantitative Verfahren ist das eingebtirgerte ,,Grundlinienverfahren". Bei die- sere wird die Fl~iche der zu bestimmenden Ab- sorptionsbande vom Untergrund durch eine Gerade abgetrennt, die eine Tangente an die bei- den, die Bande flankierenden Absorptionsminima bildet. Diese Gerade heiBt ,Grundlinie" (Abb. 4, Gerade G) (11). Sie gibt grob den Verlauf der Untergrundabsorpt ion an, die sich aus einem. Streuanteil (B in Abb. 4) und einer Restabsorp- tion von breiten Nachbarbanden zusammen- setzt (N in Abb. 4). Das Grundlinienverfahren wurde verschiedentlich verfeinert, wodurch in der Praxis oft bessere Additivit~it gefunden wur- de. Die Verfahren sind aber durchwegs empirisch und theoretisch nicht begrtindet (12).

Eine wesentlich genauere Bestimmung der integralen Absorption erm6glicht das Verfahren der ,,iterativen Bandenzerlegung". Dabei wird das Spektrum schrittweise in symmetrische Einzelbanden zerlegt. Dazu ist notwendig, dab im Spektrum mindestens eine Bandenflanke un- verzerrt abgebfldet wird. Die Bande kann dann auf einer linearen v-Skala durch Spiegelung urn ihren Schwerpunkt vervollst~indigt werden. Durch Subtraktion dieser bekannten Bande vom Gesamtspektrum erh~ilt man ein Restspek- trum, mit dem man in gleicher Weise verfahrt.

Dieses Verfahren bietet gegentiber anderen mathematischen Methoden (z. B. (13)] den Vor- tell, dab es bezfiglich der Bandengestalt nur die Voraussetzung macht, dab sic auf einer energie- proportionalen Skala symmetrisch sein muB.

Ftir eine exakte Auswertung ist auf jeden Fall die Bestimmung und Abtrennung des konserva-

Gruber et al., Z u r Untersuchung yon makromolekularen Ferbundstoffen 283

1,4

1.3

/,2

/,t

f,o

2,9

2,8

2,7

tiven Anteils der Absorption notwendig (Basis- linie B in Abb. 4). Da aber in einem Spektrum diese Basislinie im besten Fall nur an einigen wenigen Punkten direkt in Erscheinung tritt, mug man ihren Verlauf analytisch beschreiben k6nnen, damit zwischen den vorhandenen ge- messenen Abschnitten interpoliert werden kann.

Im Gebiet der UV-Absorption hat sich ftir die T y n d a l l - S t r e u u n g das R a y l e i g h s c h e Potenzgesetz bew~ihrt, wonach die Streuintensit~it der nega- tiv vierten Potenz der Wellenl~inge proportional ist (14).

I gE

T

si°ig~ ~ "'" ""'""'""~Ig,-

CoCO 3 -KBr

O,l 0,2 0,3 0.4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 1,1 1.2 1,3

Abb. 5. Spektrum von KSCN in doppelt logarithmischer Auftragung: (lgE vs. lg2); [)~] = #

Dieses Gesetz gilt allerdings nur auBerhalb eines Dispersionsgebietes, und unsere empirische Priifung hat ~auch gezeigt, dab der Verlauf ~ter Basislinie yon IR-Spektren in keinem Fall durch das 2-4-Gesetz beschrieben werden konnte. Es stellte sich aber heraus, dab man auch im IR- Gebiet ein Potenzgesetz fiir die konservative Streuung anwenden kann, wenn man die Ab- schnitte des Spektrums betrachtet, in denen keine konsumptive Absorption auftritt. In Abb. 5 ist das Spektrum von KSCN in doppelt logarithmi- scher Auftragung zu sehen. KSCN, das h~iufig als externer Standard verwendet wird, weist in dem betrachteten Wellenl~ingengebiet nur eine starke Absorptionsbande bei 4,854 # auf. Man sieht, dab die Basislinie bei ktirzeren Wellen- l~ingen (2 _< 4,854#) durch die Formel Est = K1" 2-1,73 bei l~ingeren Wellenl~ingen (2 > 4,854#) durch Est = K 2 " 2 - 0 , 7 3 beschrie- ben werden kann. Est ist hier definiert durch Est = lglst - lglo + 2, worin I0 die Intensit~it des eingestrahlten,/st die Intensit~it des nach allen Richtungen mit Ausnahme der Prim~irstrahl- richtung gestreuten Lichts bedeutet. Bei der Resonanzwellenl~inge 2, = 4,854 # hat die Basis- linie einen Knick. Da die Extinktion im Knick- punkt fiir beide Kurven~iste gleich ist, kann ge-

setzt werden: K1 • 2 ; 1,73 = K2. )~-0,73, woraus folgt: K 1 = K 2 • ,~, _= K.

Die Formel der Basislinie ergibt sich damit zu

E s t = K ' 2 - 1 ' 7 3 fiir 2_<2,

E s t = 2 , " K • 2 -°'73 ffir Z _> 2,.

Im allgemeinen Fall beim Vorhandensein von mehreren Banden liegen die VerNilmisse nicht so iibersichtlich (siehe z.B. Abb. 6), aber auch hier l~igt sich die Basislinie durch:ein ein- laches Potenzgesetz beschreiben, mit dessen Hilfe innerhalb der Banden interpotiert werden kann.

1,5 lg E

/,4 ] 1.3

~,2

t,t

I,o

2,s

2,8

2,7

2,~ 0 0,'1

Steigung - l, 73

Steigung-O,

0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0.9 1,0 /,! 1,2 13

Abb. 6. Spektrum yon CaCO3 in doppelt logarithmischer Auftragung. (lgE vs. lg2); 121 =/~

7. Priifung auf Additivifiit der Absorption bei Polysaccharidpfropfcopolymeren und Polymergemischen

In einem Zweiphasensystem ergibt sich die Ge- samtabsorptivit~it (Absorptivit~it = spezifischer Extinktionskoeffizient) bei einer bestimmten Wellenl~inge als Summe der gewichteten Einzel- absorptivit~tten, wenn die Bedingung der Addi- tivit~it erRillt ist:

a = a t w l + a z ( 1 - w l )

a = a2 + w l ( a l - a2)

a Absorptivit~iten wl Gewichtsbruch der Komponente 1

Bei gleichzeitiger Giiltigkeit des L a m b e r t - B e e r -

schen Gesetzes ftir jede der Einzelkomponenten ist eine lineare AbNingigkeit der Gesamt- extinktion yon der K0nzentration der Komponen- ten zu erwarten. Dieser Zusammenhang gilt noch strenger fiir die absorbierte Energie, repr~isen- tiert durch die Bandenfl~iche. Starke Abweichun-

284 Colloid and Polymer Science, Vol. 252" No. 4

o,~

O,l

gen vonder Linearit~it kdnnen als Beweis einer starken Beeinflussung der betrachteten Elemen- tarschwingung durch die Konzentration (che- mische Reaktion oder Ausbildung von starken NebenvaIenzen) gewertet werden.

Extinktion

l Stdrke-g-PgA S

, , , ~ c , PMAS(Orundmolenbrueh)

0,! 0,2 0,3 0,4 0,5 0"6 Abb. 7. Extinktion der Carboxylbande in einem Polymer- gemisch als Funktion der Polys~iurekonzentration

Abb. 7 zeigt, dab in einem Gemisch van Polymethacryls~iure und Stiirke die Extinktion im Maximum der Carboxylbande (E1725 = lg(Io/I ) lvz5) eine anniihernd lineare Funktion der Konzentration an Polys~iure ist. Der spezi- fische Extinktionskoeffizient ist van der Konzen- tration unabh~ingig. Dasselbe gilt auch in diesem Fall fiir die Absorptivitiit (die auf die Konzen- tration normierte integrale Bandenabsorption). Die Streuung der Mel3werte der Einzelmessun- gen ist nicht sehr hoch; es wurden in jedem Fall 5 Spektren mittels der KBr-Technik aufgenom- men, wobei die gemessene Absorption jeweils in dem durch die Balken angegebenen Bereich lag. Die Auswertung erfotgte hier nach dem Grund- linienverfahren. Die lineare Funktion in Abb. 7 beweist die Giiltigkeit des L a m b e r t - B e e r s c h e n Gesetzes fiir Polys~iuren im Gemisch mit St~irke. Diese Eichkurve ist also f'tir eine quantitative Ana- lyse solcher Gemische geeignet.

Die Absorption der Carboxylbande von Pfropf- copolymeren liegt im Vergleich zu den Gemi- schen gleicher Bruttozusammensetzung wesent- lich hdher, wobei der Unterschied bei PMAS- Pfropfcopolymeren starker ist, als bei PAS- Pfropfcopolymeren.

Verwendet man als Bezugsgrdl3e eine Bande der Gemische, deren Intensit~it nicht von der Carboxylkonzentration abh~ingig sein sollte (interner Standard), so kann man oft schon bei einem Gemisch keine lineare Konzentrations- abh~ingigkeit der untersuchten Bande mehr feststellen.

i Relative Bandenfl6che Interner Standard ./...e~ ~ 6,(3 | ,41710 j l

,° 1 '2° / 4,o ~ /t-~-WA

St-g-PMAS S

2,o

1,0 / ~ S f O r u n d r n o l e n b r u c h )

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 Abb. 8. Konzentrationsabh~ingigkeit der integralen Ab- sorption der Carboxylschwingung (1710 cm-~) bezogen auf die Intensitiit einer Pyranringschwingung (920 cm- ~) in Gemischen van Polymethacrylsiiure und Stiirke

In Abb. 8 wurde die integrale Absorption der Carboxylbande bei 1710 cm-1 auf eine Schwin- gung des Polysaccharidpyranrings (920 cm- 1) bezogen. Bei einem hdheren Gehalt an Polys/iure ist die relative Absorption der Carboxylbande keine lineare Funktion der Konzentration, was auf eine Beeinflussung der Bezugsschwingung durch die S/iuregruppen schliel3en l~igt. Bei dieser Auswertungsart weicht die Absorption der Copolymeren nicht allzu stark van jener ent- sprechender Gemische ab. Nur eine Probe eines St~irke-PMAS-Pfropfcopolymeren zeigte eine relativ hohe Absorption.

i

3,O

2,o

1,o

Relative Exlinktion EI?IO E920

j J

i

Interner Standard

s' rkeig-P"A S t O r k e - g - P ~

5tdrko.-cj-PAS

= c PMAS(Grundmolenbruch) 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6

Abb. 9. KonzentrationsabNingigkeit der Extinktion der Carboxylschwingung (1710 cm-~) bezogen auf die Ex- tinktion einer Pyranringschwingung (920 cm-~)

Ein ~ihnliches Bild ergibt sich, wenn man die relative Extinktion betrachtet (Abb. 9). Dabei sieht man, dab PMAS-Pfropfcopolymere st/ir- ker, PAS-Pfropfcopolymere dagegen sogar et- was weniger stark absorbieren als die Ver- gleichsgemische.

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t,5

l,O

o,5

Es wurde auch versucht, KSCN als externen Standard zu verwenden (Abb. 10). Die Rhodanid- bande erwies sich bis zu einer Molkonzentration yon etwa 0,4 als weitgehend unabhgngig yon der Zusammensetzung des Probengemisches und daher bei kleineren Konzentrationen als Be- zugsgr/Sge geeignet. Bei h6heren S~iurekonzen- trationen zeigte sich eine starke Abweichung vom Lamber t -Beerschen Gesetz. Auch bei die- ser Auswertung wurde ftir PMAS-Pfropfcopoly- mere eine h6here, ftir PAS-Pfropfcopolymere eine etwas niedrigere Carboxylabsorption fest- gestellt als bei den Vergleichsgemischen.

Relative ,ClOche Externer Standard KSCN

I A1725 Aref Bonde

St-g-PMAS ~

A_g_~PMAS ~/C~_.U~_.= " St-g-PAS

c PMAS (Grundmolenbruch)

0,1 0,2 0,3 0,'4 0~5 0,6 --

Abb. 10. Konzentrationsabh~ingigkeit der integralen Ab- sorption der Carboxylschwingung (1710 cm-1) bezogen auf die Rhodanidbande yon KSCN (als extemer Stan- dard zugesetzt)

8. Unterschiede in den Spektren verzweigter und unverzweigter Polysaccharide

Amylopektin unterscheidet sich hinsichtlich seiner Prim~irstruktur yon der Amylose durch das Vorhandensein yon 1,6-Acetalbindungen. Da- durch ist es in geringerem Mage zur Ausbildung einer geordneten Sekund~irstruktur (Helix) be- f~ihigt. Es sind also Unterschiede in der Ring- beweglichkeit und bei gewissen -OH-Defor- mationsschwingungen zu erwarten.

Es hat sich gezeigt, dab es tatsiichlich m/Sglich ist, aufgrund des Intensit~itsverh~iltnisses zweier fiir diese Schwingungsarten charakteristischer Banden zwischen Amylose und Amylopektin zu unterscheiden.

Als geeignete Gr6Be erweist sich das Verh~ilt- nis E92 o zu E7oo, wenn auch Zweifel tiber den Charakter der Bande bei 700 cm-1 bestehen.

Amylase Amylopektin Stiirke

0,99 1,18 1,10 E92o/E7oo

Der Verlauf der Spektren ist in Abb. 11 dar- gestellt. Das Spektrum der nativen St~irke er- gibt sich als Zwischenwert zwischen den Rein- komponenten.

100

T

t

80-

60-

920 1700 , v , .~x :..~._..=._.,

~ : . ~ . ,.~"~:_

40

20

0 O0

Amy/one - - - Amylopektin

. . . . St&ke

v' (cm -t) 5,00 Abb. 11. Ausschnitt aus den Spektren van Amylase, Amylopektin undKartoffelst~irke [Messungvon S.Alloush (15)]

9. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

Es wurde versucht, durch eine Auswertung der Bandenintensit~it Anhaltspunkte f'tir die Be- hinderung bestimmter Gruppenschwingungen in festen Polymeren zu gewinnen. Voraussetzung ftir die Bestimmung der Absorptivit~it ist die Kenntnis der konservativen Absorption. Bei gut pr~iparierten Polymerfilmen sind solche Ver- luste durch Lichtstreuung sehr gering. Messun- gen an Filmen sind daher zur Bestimmung van AbsolutintensitStswerten am besten geeignet, wobei sich allerdings das Problem einer um- st~indlichen Dickenmessung stellt.

Remissionsmethoden zeigen den hSchsten An- tell an konservativer Absorption. Die Basislinie zeigt hier sogar, apparativ bedingt, eine Un- stetigkeit. Dieses Verfahren l~iBt sich zu einer Absolutauswertung nur in beschr~inktem Urn- fang verwenden.

Ftir die KBr-Methode wurde gezeigt, dab sich die Streulichtabsorption in WellenlSngenberei-

286 Colloid and Polymer Science, Vol. 252" No. 4

chen, wo keine Absorption auftritt, durch eine einfache Potenzformel beschreiben l~iSt, die zur Interpolation auf WellenNngen, wo die Trfi- bungsabsorption nicht direkt gemessen werden kann, geeignet ist.

Fiir die Carboxylbande in einem Polyacryl- s~iure-Sdirkegemisch wurde beim KBr-Verfah- ren weitgehende Additividit l'fir die Extinktion und die integrale Absorption festgestellt. St/irke- Acryls~iure-Pfropfcopolymere zeigen eine gering- fiigig erhShte Carboxylextinktion. Dagegen ist die Absorption yon St~irke-Methacryls~iure-Pfropf- copolymeren wesentlich hSher als es der st6chio- metrischen Zusammensetzung entspricht.

Es wurde auch versucht, eine Ringschwingung des Glucopyranoserings als Bezugsbande (inter- ner Standard) zu verwenden. Dabei war ftir die Carboxylbande keine Additivit/it festzustellen. Auch mit Rhodanid als externem Standard war das Lambert-Beersche Gesetz nur bei Polymer- mischungen mit geringen S~iuregehalten erfiillt. Bei allen Auswerteverfahren lag die Carboxyl- absorption yon St~irke-Methacryls~iure-Pffopf- copolymeren erheblich h6her als die Absorption eines Gemisches. Es wurde auch gezeigt, dab Amylose und Amylopektin im Spektrum nicht hinsichtlich der Bandenlagen, aber im Bereich der Ringschwingungen hinsichtlich ihrer relati- ven Bandenintensit~iten unterschieden werden k6nnen.

Es soll nun kurz versucht werden, diese Be- funde zu interpretieren:

In den homopolymeren Polys~iuren bestehen sehr viele M6glichkeiten Wasserstoffbriicken auszubilden; sowohl intermolekulare Bindun- gen zwischen verschiedenen Ketten, als auch in- termere Bindungen zwischen einzelnen Gliedern derselben Kette (Abb. 12).

In Gemischen und Copolymeren kSnnen auch zwischen den Ketten des Seitenkettenpolymeren und dem Polysaccharidriickgrat Wasserstoff- brficken gebildet werden, w{e sie in Abb. 12 D schematisch gezeichnet wurden.

Alle gezeigten Strukturen, mit Ausnahme yon A, werden die Carboxylschwingung behindern. Es ist ferner anzunehmen, dab in den Polymer- gemischen Struktur D eine geringere Rolle spie- len wird als die Strukturen B und C, da in solchen Mischungen getrennte Homopolymerphasen vorliegen. In den PMAS-Pfropfcopolymeren wurde nun eine h6here Carboxylabsorptivit/it gefunden als in Homopolymethacryls~iure, wor- aus geschlossen werden kSnnte, dab in diesem

Pfropfcopolymeren viel weniger intermere und intramolekulare Wasserstoffbriicken vorliegen.

Inf ramer

R R i I

CH CH

/ ~CH / ~ C / I I

or 0:% "K "/q"

Inferme£

R R I I

CH CH

I I I

. "" "H'" "H'" " 'H"

R R Informolokular

CH CH

I i - o o-

0/% 0 / % 0 i " : ', H,.'O',,H H..-O',..H H / ' t /J H

°,~c.~° °~t.~° °%c.;9 °~.cj° [ i I I

CH CH CH CH

\ c , / \ c , / \ ". .el \ c H / \ R R R R

Abb. 12. Intramere (A), intermere (B) und intermole- kulare Wasserstoffbrticken in Poly(meth)acryls~iure und deren Sfiirke-Pfi'opfcopolymeren (C: unten links, D: unten rechts)

Anders verhalten sich die untersuchten PAS- Pfropfcopolymeren, bei denen die Behinderung der Carboxylschwingung im Pfropfcopolymeren etwa gleich stark erscheint wie in der Homo- polymerphase.

Weitergehende Aussagen lassen sich aufgrund der Betrachtung der relativen }kl~derung der Carboxylabsorption allein nicht gewirrnen. Dazu ist eine analoge Analyse aller in Betracht kom- mender Schwingungen notwendig.

In dieser Arbeit sollte nur gezeigt werden, dab es im Prinzip m6glich ist, durch Bestimmung der IR-Absorptividit Aufschlfisse fiber Nebenvalenz- bindungen in festen Polymeren zu gewinnen.

Der AIF danken wir ftir die Untersttitzung dieser Arbeit.

Zusammenfassung Es wurde untersucht, wie man IR-Absorptivit~iten yon

festen Polymeren bestimmen kann und welche Aussagen daraus zugewinnen sind.Dazuwurdezuerst der Streulicht- anteit der Absorption, der bei den verschiedenen Pdipara- tionsmethoden auftritt, gemessen mad einfache Ver- fahren zu dessen Beriicksichtigung angegeben. Eine Aus- wertung der konsumptiven Bandenintensit~it bestimmter Gruppenschwingungen von Polymeren ermSglicht Riick- schltisse auf Nebenvalenzen, die an der betrachteten Gruppe angreifen. Amylose und Amylopektin lassen sich aufgrund des Intensiditsverh~iltnisses einzelner Ring- schwingungsbanden unterscheiden. St~trke-Methacryl-

Gruber et al., Zur Untersuchun 9 yon makromolekuIaren Verbundstoffen 287

s~iurepfropfcopolymere zeigen eine im Vergleich zu Ge- mischen von Homopolymeren derselben Bruttozusan3- mensetzung stark erh/fhte ~Carboxylbandenintensi~t. Bei St~irke-Acryls~iurepfropfcopolymeren tritt dagegen eine viel schw~chere Carboxylbande auf. MSgliche Riick- schliisse auf die Wasserstoffbindungen in den Polymer- phasen werden diskutiert.

Summary

This work is dealing with the determination of IR- absorptivities of solid polymers and evaluating their content of information. The amount of scattered light'was determined for different techniques of sample preparation and a simple method is recommended how this conser- vative absorption can be taken into account. From the consumptive band intensities of single group vibrations conclusions may be drawn on the effect of Van der Waals and hydrogen bonds on that special functional groups. Amylose and amylopectin can be differentiated by their intensity ratios of some ring vibrations. With copolymers ofmethacrylic acid on starch it was found that the intensity of carboxylic band is strongly augmented compared to an equivalent physical blend of starch and methacrylic acid. This effect is less distinct with starch-polyacrylic acid copolymers. Possible hydrogen bonding within the solid phases of copolymer and homopolymer is discussed.

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Anschrift der Verfasser:

E. Gruber, J. Mohammed und J. Schurz Institut ftir Makromolekulare Chemie Lehrstuhl I, Techn. Hochschule 61 Darmstadt, Alexanderstr. 24

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