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© Dr. Felix Engelsing 1 Verdrängungsmissbräuche unter Art. 82 Dr. Felix Engelsing Bundeskartellamt Leiter des Referats Internationale Wettbewerbsfragen [email protected] EE&MC Forum 1. Februar 2007

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Verdrängungsmissbräuche unter Art. 82

Dr. Felix EngelsingBundeskartellamt

Leiter des Referats Internationale [email protected]

EE&MC Forum 1. Februar 2007

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Übersicht

1. KOM-Diskussionspapier zu Art. 82

2. Stellungnahme des Bundeskartellamtes

3. Generelle Fragen

4. Zweck der Missbrauchsaufsicht

5. Likely-effects-based-approach

6. As-efficient-competitor test

7. Efficiency Defence

8. Auswirkung auf Fallpraxis

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Reform Art. 82 EG

KOM-Diskussionspapier zu Verdrängungsmiss-brauch unter Art. 82 EG: Dezember 2005

Ziel: Leitlinien Stellungnahme BKartA und BMWI: April 2006 Vereinbarkeit mit EuGH-Rechtsprechung:

Klärung im British-Airways-Fall Widerspruch zur Stärkung der privaten

Kartellrechtsdurchsetzung?

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Ziel Art. 82 EG

Schutz der Freiheit des Wettbewerbs Ordoliberaler Ansatz der Freiburger Schule St. Rechtsprechung des EuGH und BGH Nicht Schutz der Wettbewerber, aber ohne

Wettbewerber kein Wettbewerb Spez. Verantwortung des Marktbeherrschers Berücksichtigung: auch langfristiger Effekte Annahme, dass Wettbewerbsschutz als Effekt

auch Konsumentenwohlfahrt erhöht

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Ziel Art. 82 EG

Konsumentenwohlfahrt (Consumer welfare) insbes. angloamerikanischer Ansatz Ausfluss des „more economic approach“ Schutz des Wettbewerbs auch für den

Marktbeherrscher (keine spez.Verantwortung) Berücksichtigung insbes. kurzfristiger und

aktueller Effekte; empirischer Nachweis

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Ziel Art. 82 EG

KOM-Papier: Schutz des Wettbewerbs als Mittel für

effizientere Ressourcenverteilung und zur Erhöhung der Konsumentenwohlfahrt

Fokus auf Konsumentenwohlfahrt (EuGH als Bremse)

ICN Unilateral Conduct WG: Umfrage Schutz des Wettbewerbsprozesses Trend zu Schutz Konsumentenwohlfahrt

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Likey-effects-based-approach

Diskussion um effects-based-approach versus form-based-approach: in Praxis keine so extremen Ausformungen/Unterschiede

Verstärkte Berücksichtigung von Markteffekten grds. zu begrüßen

UK/US: actual-effects-based-approach BKartA hat in Fallpraxis zumeist wahrscheinliche

Markteffekte analysiert/berücksichtigt BKartA: Abstellen auf likely-effects-based-

approach - so überwiegend auch KOM-Papier

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Likey-effects-based-approach

Nachteile des actual-effects-based-approach Nachweis tatsächliche Marktauswirkungen

schwierig und zeitaufwendig Kausalitätsnachweis (Marktentwicklung hat

Vielzahl von Ursachen) Ex-ante-Beurteilung erforderlich versus ex-

post-Entwicklung Statische Betrachtung Geringere Rechtssicherheit

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Likey-effects-based-approach

Generalanwältin Kokott, Schlussantrag British Airways-Fall (Februar 2006), Rn. 71:

“What is to be proved is, rather, the mere likelihood of the conduct in question hindering the maintenance or development of competition still existing in the market by means other than competition on the merits, thereby prejudicing the goal of effective and undistorted competition in the common market.”

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As-efficient-competitor-test

Gedanke: Schutz des Wettbewerbs, nicht der Wettbewerber

Verhalten Marktbeherrscher nur missbräuchlich, wenn geeignet, einen zumindest ebenso effizienten Wettbewerber zu behindern

Wie wird Effizienz gemessen? Abstellen auf Kosten des Marktbeherrschers Kostenbenchmarks (6 verschiedene) insbes. durchschnittliche vermeidbare Kosten

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As-efficient-competitor-test

Grenzen des Tests Economies of scale and scope nicht beachtet Auch weniger effiziente Wettbewerber können

Wettbewerbsdruck erhöhen, insbes. bei hohen Marktzutrittsschranken

Kostenanalyse sehr aufwendig, ressourcen-intensiv (Durchsetzbarkeit gefährdet)

Kostenanalyse sehr angreifbar, insbes. vor Gericht (Erfahrungen BKartA mit Energiefällen)

Vorschlag: Test nur im Einzelfall verwenden

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Rechtfertigung

Rechtfertigung für prima-facie missbräuchliche Verhaltensweisen

Objective nexessity defence Meeting competition defence Efficiency defence Darlegungs- und Beweislast für Rechtfertigung

liegt bei Unternehmen DE: Interessenabwägung unter Berücksichtigung

Freiheit des Wettbewerbs

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Efficiency Defence

KOM-Diskussionspapier läßt efficiency defence zu

Nur unter Voraus. Art. 81 Abs. 3 EG Effizienzgewinne realisiert/wahrscheinlich Verhalten zur Realisierung unerlässlich Weitergabe an Verbraucher Kein Ausschluss des Wettbewerbs

Ausnahme: predatory pricing (Erweiterung auf alle preisbezogenen Missbräuche?)

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Efficiency Defence

EuGH-Rechtsprechung: bisher keine Anerkennung einer efficiency defence

BKartA skeptisch: Berücksichtigung aller Umstände (auch Vorteile) im Rahmen der Interessenabwägung bei Rechtfertigung

Viele EU-Kartellbehörden zurückhaltend Gefahr: Einfallstor für umfangreiche

ökonomische Gutachten/Auseinandersetzungen

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Efficiency Defence

Vergleich mit Fusionskontrolle Effizienzvorteile häufig vorgebracht, aber selten

durch überzeugende Beweise gestützt ICN Merger Handbook 2006: Kartellbehörden

weltweit eher skeptisch KOM: kein Fall bisher, in dem Effizienzen für

Freigabe relevant waren BKartA: kein Fall, in dem Effizienzen für

Freigabe relevant waren, aber Abwägungs-klausel (§ 36 Abs. 1 GWB) angewandt

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Auswirkung auf Fallpraxis

Auswirkung der neuen Ansätze in KOM-Papier auf Fallpraxis

KOM: Tomra-Fall (2006), Rabattsystem KOM: British Airways (2001), Rabattsystem BKartA: Soda-Club (2006), Behinderung BKartA: Langfristige Gaslieferverträge,

Marktabschottung (2006) BGH, Strom & Telefon (2003), Kopplung bei

Strom-/Telekommunikationsleistungen