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Grundzüge des Rechts für Bauwissenschaft Herbst 2015 ‚Skript‘: Module 07, S. 1 – 10 Gérard Hertig (ETH Zurich) www.hertig.ethz.ch Vertragsentstehung

 · (Forderung Recht des Gläubigers) • der Schuldner . verpflichtet. ist zu leisten ... Begriffe . 2. Vertragsfreiheit Rechtsverhältnis Obligation(Schuldverhältnis) − Definition

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Grundzüge des Rechts für Bauwissenschaft

Herbst 2015 ‚Skript‘: Module 07, S. 1 – 10

Gérard Hertig (ETH Zurich) www.hertig.ethz.ch

Vertragsentstehung

Einführungsbeispiel(siehe auch BGE 114 II 131 - 1988)

Am 4. Oktober 1974 verkauft Georg, ein namhafter Kunstkenner, an Arnold für CHF 25‘ooo eine Zeichnung, die mit „Picasso“ unterschrieben ist.

Georg garantiert die Echtheit des Bildes. Als Arnold 1985 die Zeichnung versteigern will, kommen beim Auktionshaus Zweifel über deren Echtheit auf. Das „Comité Picasso“ bestätigt die Fälschung.

Nachdem keine aussergerichtliche Einigung erzielt werden kann, beschreitet Arnold den Rechtsweg. Er behauptet, es sei kein Kaufvertrag zustande gekommen.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Einführungsbeispiel(siehe auch BGE 114 II 131 - 1988)

Arnold irrt beim Kauf über die Echtheit des Bildes. Seine Kaufentscheidung beruht auf einer falschen Vorstellung der Sachlage. Es liegt ein Motivirrtum vor. (Art. 24 Abs. 2 OR)

Der Motivirrtum ist nur beachtlich, wenn er wesentlich ist

− Subjektive Wesentlichkeit: Arnold hätte kein unechtes Bild für diesen Preis gekauft.

− Objektive Wesentlichkeit: Arnold durfte nach Treu und Glauben von der Echtheit ausgehen, da es sich bei Georg um einen namhaften Kunstkenner handelte. Ein durchschnittlicher Dritter hätte ebenso gehandelt.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

I. Einführung1. Begriffe

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Rechtsverhältnis

− Beziehung zwischen einer Person und einer anderen Person/Sache, die durch die Rechtsordnung mit Rechten und Pflichten ausgestattet ist

Obligation (Schuldverhältnis)

− Definition: Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner, wonach

• der Gläubiger vom Schuldner eine Leistung fordern kann (Forderung Recht des Gläubigers)

• der Schuldner verpflichtet ist zu leisten (Schuld Verpflichtung des Schuldners)

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Rechtsverhältnis

Obligation(Schuldverhältnis)− Definition

−Entstehungsgründe von Obligationen• Rechtsgeschäftliche EntstehungRechtsgeschäft: Willenserklärung, die eine Rechtsfolge nach

sich ziehen sollZwei- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft Basiert auf mindestens zwei übereinstimmenden Willenserklärungen Beide/mehrere Parteien sind Gläubiger und Schuldner Beispiele: Kaufvertrag, Gründung einer GesellschaftEinseitiges Rechtsgeschäft Besteht aus einer Willenserklärung Nur eine Partei ist jeweils Gläubiger und Schuldner Beispiele: Errichtung einer Stiftung, Testament, Kündigung

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Rechtsverhältnis

Obligation(Schuldverhältnis)− Definition

−Entstehungsgründe von Obligationen• Rechtsgeschäftliche Entstehung

• Ausservertragliche Entstehungsgründe

Deliktsrecht: Geschädigter (Gläubiger) fordert vom Täter (Schuldner) Schadenersatz (z.B. Behandlungskosten, Art. 41 ff. OR; siehe Modul 10)

Ungerechtfertigte Bereicherung (Art. 62 ff. OR)

Ansprüche aus Familien-, Erb- und Sachenrecht

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Rechtsverhältnis Obligation (Schuldverhältnis)

Relatives und absolutes Recht− Relatives Recht

• Wirkt zwischen den Parteien eines Schuldverhältnisses („inter partes“)• Beispiel: Vertrag, Schadenersatz aus unerlaubten Handlungen

− Absolute Rechte• Wirken gegenüber jedermann („erga omnes“)• Beispiel: Sachenrecht, Patent- und Urheberrecht

A B

A

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

I. Einführung2. Vertragsfreiheit

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Grundsatz des privatautonomen Handeln− Wirtschaftsfreiheit (Art. 28 BV)

− Persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV)

Konkretisierung: Vertragsfreiheit− Abschlussfreiheit

• Positiv: Recht, einen Vertrag abzuschliessen• Negativ: Recht, keinen Vertrag abschliessen zu müssen

− Aufhebungs- und Änderungsfreiheit− Formfreiheit− Inhaltsfreiheit− Auswahl des Vertragspartners

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Grundsatz des privatautonomen Handelns Konkretisierung: Vertragsfreiheit

Beschränkungen− Abschlussfreiheit: Kontrahierungszwänge

• Abschlusszwang des Monopolisten, Universaldienstverpflichtung der Post, Interkonnektionsverträge der Swisscom

• Anschluss- und Benutzungszwang im Baurecht• Notwegrecht des Grundeigentümers, etc.

− FormfreiheitArt 11 Abs. 1 Obligationenrecht

Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Grundsatz des privatautonomen Handelns Konkretisierung: Vertragsfreiheit

Beschränkungen

− Inhaltsfreiheit

• Beispiele: Unmöglich-/Widerrechtlich-/Sittenwidrigkeit, Übervorteilung

− Auswahl des Vertragspartners: Diskriminierungsverbot (selten)

Art. 19 Abs. 1 Obligationenrecht

Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

Fragen?

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Begriffe 2. Vertragsfreiheit

II. Abschluss1. Allgemeines

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

Voraussetzungen für wirksamen Vertragsabschluss− Rechts-, Handlungs- und Geschäftsfähigkeit

− Rechtsbindungswille der Parteien− Übereinstimmende Willenserklärungen− Gegenseitiger Austausch

Art. 11 Abs. 1 ZivilgesetzbuchRechtsfähig ist jedermann.

Art. 12 ZivilgesetzbuchWer handlungsfähig ist, hat die Fähigkeit, durch seine Handlungen Rechte und Pflichten zu begründen.

Art. 13 ZivilgesetzbuchDie Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig und urteilsfähig ist.

Art. 1 Abs. 1 ObligationenrechtZum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

Voraussetzungen für wirksamen Abschluss

Willenserklärung

− Willenskundgabe: Erfassung des Rechtsbindungswillens in erkennbarer Weise in der Absicht, eine Rechtsfolge zu erzielen• Innerer Wille und äusserlich erkennbare Erklärung

− Arten • Ausdrücklich oder konkludent (durch Wort/Schrift oder

Verhalten)• Empfangsbedürftige oder nicht empfangsbedürftige (z.B.

Testament: Adressatenkreis unbekannt nicht empfangsbedürftig)

Art. 1 Obligationenrecht1 Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich.

2 Sie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

II. Abschluss2. Antrag und Annahme

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag (Synonym: Offerte, Angebot)

− Wille, mit Partner einen Vertrag abzuschliessen− Enthält alle wesentlichen Punkte des Vertrags

(„essentialia negotii“)− Abgabe und Zugang

• Empfangsbedürftige Willenserklärung: wird erst wirksam, wenn eine bestimmte Person davon Kenntnis erlangt Zugang, sobald Erklärung im „Machtbereich“ des Empfängers, z.B. im

Briefkasten; keine Kenntnisse des Inhalts der Erklärung erforderlich

− Wirkungen eines abgegebenen und zugegangenen Antrags• Antrag kann durch Antragsteller grundsätzlich weder widerrufen noch

einseitig verändert werden• Empfänger kann Vertrag durch Annahme zu den Bedingungen des

Antrags abschliessen

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag

Annahme (Synonym: Akzept)

− Übereinstimmung mit dem Antrag

− Weicht die Annahme vom Antrag ab: Neuer Antrag

− Grundsatz: Schweigen ist keine Annahme

• Ausnahme (Art. 6 OR): Ist wegen der besonderen Natur des Geschäftes oder nach den Umständen eine ausdrückliche Annahme nicht zu erwarten, so gilt der Vertrag als abgeschlossen, wenn der Antrag nicht binnen angemessener Frist abgelehnt wird (Art. 6 OR)

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag Annahme (Synonym: Akzept)

Sonderfälle− Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

• Vorformulierte Klauseln; auf eine Vielzahl von Verträgen anwendbar

• Kein zwingendes Gesetzesrecht, sonder private Vereinbarungen

• Bindend, wenn sie in einen Vertrag ausdrücklich oder global übernommen werden

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag Annahme (Synonym: Akzept)

Sonderfälle− Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

• Verbraucherschutz Unklare Klauseln können im Sinne des Verbrauchers gedeutet werden Ungewöhnliche Klauseln werden mitunter nicht angewendet Kontrolle über das Gesetz den unlauteren Wettbewerb ( Klausel kann

nichtig sein)

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

Art. 8 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag Annahme

Sonderfälle− Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

− Stellvertretung• Handlungen des Vertreters führen zu Vertragswirkung zwischen dem

Vertretenen und dem Dritten (Art. 32 ff. OR)

Vertreter Vertretener

Dritter

Grundverhältnis (Auftrag)

Bevollmächtigung

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag Annahme

Sonderfälle− Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

− Stellvertretung• Handlungen des Vertreters führen zu Vertragswirkung zwischen dem

Vertretenen und dem Dritten• Gewillkürte Stellvertretung (Art. 32 ff. OR)

Bestellung des Stellvertreters durch Vertrag (Bevollmächtigung) Sonderfälle im kaufmännischen Verkehr: Prokura (Art. 458 ff. OR),

Handlungsvollmacht (Art. 462 OR)

Keine Stellvertretung bei höchstpersönlichen Geschäften (Eheschliessung, Errichtung eines Testaments)

• Gesetzliche Stellvertretung Bestellung des Stellvertreters durch Gesetz Hauptfall: Vertretung der Kinder durch die Eltern (Art. 304 ZGB)

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

4. Voraussetzung: Austausch von Willenserklärungen Antrag Annahme Sonderfälle

− Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

− Stellvertretung• Unterscheide: Vertretungsmacht Rechtliches Können des Vertreters Im Umfang der Vertretungsmacht kann der Vertreter den Vertretenen

rechtlich verpflichten Bei Handeln ohne Vertretungsmacht wird der „Vertretene“ an den Vertrag

nur gebunden, wenn dieser den Vertrag genehmigt (Art. 38 Abs. 1 OR) Vertretungsbefugnis Rechtliches Dürfen des Vertreters Ergibt sich aus dem Innenverhältnis (Grundverhältnis) zwischen Vertreter

und Vertretenem Bei (gutgläubiger) Überschreitung der Vertretungsbefugnis wird der

Vertretene dennoch verpflichtet

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

Beispiel Stellvertretung− Reto Müller (M) betreibt eine kleine Druckerei, für die er seit

vielen Jahren einen Mitarbeiter(S) beschäftigt. − M bittet S, beim Hersteller Print AG eine neue Papierschneide-

maschine auszuwählen und zu erwerben. Dabei sagt M zu S, dass die Maschine nicht mehr als CHF 10‘ooo kosten solle.

− M teilt dem Hersteller Print AG per E-Mail folgendes mit: • „Ich bin am Erwerb einer Papierschneidemaschine interessiert. Die

weiteren Detail-Kaufverhandlungen und den Vertragsschluss wird mein Mitarbeiter S für mich eigenständig übernehmen. Er hat mein volles Vertrauen.“

− S ist vom Vertrauensbeweis seines Chefs so begeistert, dass er am nächsten Tag beim Hersteller die beste Papierschneidemaschine für CHF 25‘ooo bestellt.

− Muss M die CHF 25‘000 an den Hersteller bezahlen?

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

Beispiel Stellvertretung

− M wurde beim Vertragsschluss wirksam von S vertreten.

− Die Anweisung von M an S betraf nur das Innenverhältnis (Verfügungsbefugnis)

− Sie beschränkte nicht die Vertretungsmacht des S im Aussenverhältnis zur Print AG.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

Fragen?

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel1. Allgemeines 2. Antrag und Annahme

III. Formvorschriften

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines− Willenserklärungen können schriftlich oder

mündlich, ausdrücklich oderkonkludent/stillschweigend erfolgen

− Wer eine Erklärung nicht liest und sie dennoch unterschreibt, ist grundsätzlich an die Erklärung gebunden

Grundsatz der FormfreiheitArt 11 Abs. 1 Obligationenrecht

Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines Grundsatz der Formfreiheit

Funktionen von Formvorschriften− Schutzfunktion: Schutz einer oder beider

Vertragsparteien

− Beweisfunktion: Schaffung eines Beweismittels

− Rechtssicherheits- und Publizitätsfunktion: z.B. erlaubt Führung eines öffentlichen Registers Einsicht in die RechtslageBeispiele: Übertragung von Grundstücken, Erteilung/Widerruf von Vollmachten, Gründung einer Aktiengesellschaft

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines Grundsatz der Formfreiheit Funktionen von Formvorschriften Arten von Formvorschriften

Formvorschrift Merkmale Beispiele

Einfache Schriftlichkeit

− Schriftform → Erklärung− Unterschrift

− Lehrvertrag (Art. 344a OR)− Schenkungsversprechen (Art. 243 OR)

Qualifizierte Schriftlichkeit

− Qualifizierende Merkmale

− Testament (Art. 505 Abs. 1 ZGB), Merkmal: Handschriftlichkeit

− Konsumkreditvertrag (Art. 11 KKG)Merkmal: Effektiver Jahreszins

− Mietzinserhöhung (Art. 269d Abs.1 OR)Merkmal: bestimmtes Formular

Öffentliche Beurkundung

− Festgelegtes Verfahren− Festhalten einer

Erklärung in Urkunde− Urkundperson/Notar

− Grundstückkauf (Art. 216 OR)− Ehevertrag (Art. 184 ZGB)− Erbvertrag (Art. 512 ZGB)− Bürgschaft (Art. 493 Abs. 2 OR)

Registereintrag − Bestimmte gesetzliche Voraussetzungen

− Übertragung von Grundstücken(Art. 656 Abs. 1 ZGB)

− Gründung einer AG (Art. 643 Abs. 1 OR)

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines Grundsatz der Formfreiheit Funktionen von Formvorschriften Arten von Formvorschriften

Folgen eines Formmangels

• Was bedeutet die Vorschrift? Nichtigkeit• Oftmals aber Möglichkeit, formungültige Verträge

durch Vertragserfüllung zu heilen.

Art 11 Abs. 2 ObligationenrechtIst über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlichenvorgeschriebenen Form nicht etwas anderes Bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Fragen?

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

IV. Auslegung von Verträgen

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Streit über die inhaltliche Bedeutung einzelner Vertragspunkte Wirklicher Wille des Vertragsparteien massgebend,

nicht die unrichtige Bezeichnung im Vertragstext („falsademonstratio non nocet“, Art. 18. Abs. 1 OR)

Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklä-rungen nach dem „objektiven“ Empfängerhorizont− Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie vom Empfänger

in gutem Glauben verstanden werden mussten und durften

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

V. Willensmängel

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines− Irrtum, Täuschung und Drohung− Wille wird mangelhaft gebildet oder mangelhaft erklärt

Art. 23 ObligationenrechtDer Vertrag ist für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat.

Art. 28 Abs. 1 ObligationenrechtIst ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung … zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn … nicht verbindlich....

Art. 29 Abs. 1 ObligationenrechtIst ein Vertragschliessender von dem anderen … widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt worden, so ist der Vertrag für den Bedrohten unverbindlich.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Irrtum

Erklärungsirrtum(mangelhafte Kundgabe des

Willens)

unwesentlich

Wesentliche Fälle(Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1-3

OR)

Irrtum im Erklärungsakt

Irrtum im Erklärungsinhalt

Motivirrtum(mangelhafte

Willensbildung)

Unwesentlich(Art. 24 Abs. 2 OR)

Grundlagenirrtum(Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4)

Allgemeines

Irrtum− Nur ein wesentlicher Irrtum ist beachtlich

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines Irrtum

Erklärungsirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1-3 OR)

− Wille ≠ Erklärung des Irrenden− Beispiel Irrtum im Erklärungsakt: Bestellung von 1000 statt

100 Exemplaren− Beispiel Irrtum im Erklärungsinhalt: X will ein Gebäude

vermieten, unterzeichnet jedoch einen Leihevertrag Motivirrtum (Art. 24 Abs. 2 OR)

− Falsche/ fehlende Vorstellung über die tatsächliche Sachlage• Beispiel: Sitz 30A soll sich beim Notausgang befinden, was nicht zutrifft

− Grundlagenirrtum: Der Irrtum betrifft eine notwendige Vertragsgrundlage (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR)

• Beispiel: Picasso-Gemälde erweist sich im Nachhinein als Fälschung

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Allgemeines Irrtum Erklärungsirrtum Motivirrtum

Rechtsfolge des wesentlichen Irrtums− Strittig; herrschende Lehre: Anfechtungstheorie− Anfechtungstheorie: Vertrag bleibt solange gültig, bis ihn der

Irrende anfechtet (Art. 23, 24 Abs. 1 Ziff. 1-3, 31 OR)

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Irrtum, Beispiel− Ein Ehepaar sucht seit einiger Zeit ein schönes Designer-

Ledersofa für das gemeinsame Wohnzimmer. Eines Abends kommt die Ehefrau voller Freude nach Hause: Sie hat in einem Möbelgeschäft das perfekte Sofa gefunden und für CHF 10‘000 erworben. Das Sofa soll in drei Tagen geliefert werden. Daraus entwickelt sich ein mittlerer Ehekrach, da der Ehemann am selben Tag in einem anderen Möbelhaus ebenfalls ein Sofa für CHF 9‘000 gekauft hat. Kann sich die Ehefrau vom ersten Vertrag lösen?1. Nein2. Ja3. Ja, solange das erste Sofa noch im Möbelhaus steht und der

Lieferprozess noch nicht begonnen hat. Bis dahin ist dem Möbelhändler kein Schaden entstanden.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Irrtum, Beispiel− Ein Ehepaar sucht seit einiger Zeit ein schönes Designer-

Ledersofa für das gemeinsame Wohnzimmer. Eines Abends kommt die Ehefrau voller Freude nach Hause: Sie hat in einem Möbelgeschäft das perfekte Sofa gefunden und für CHF 10‘000 erworben. Das Sofa soll in drei Tagen geliefert werden. Daraus entwickelt sich ein mittlerer Ehekrach, da der Ehemann am selben Tag in einem anderen Möbelhaus ebenfalls ein Sofa für CHF 9‘000 gekauft hat. Kann sich die Ehefrau vom ersten Vertrag lösen?

− Nein, es liegt ein irrelevanter Motivirrtum vor.

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel

Fragen?

I. Einführung II. Abschluss III. Form IV. Auslegung V. Willensmängel