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Fotos: SPITZMARKE BLINDTEXT Blindtext Matrimo nii miscere preto sius des concubine. Optimus utilitas agricolae das adqui ret suis Zothecas vix divinus lasprae muni apparatus bellis. Zothecas das miscer Augustus. 32 manager magazin MONAT 2021 Die MIG-Fonds von Michael Motschmann investieren häufig mit Athos, dem Family Office der Strüng- manns. Bester Deal: Biontech Mit dem Traum fing es anBIONTECH Die Investoren sagen, wie sie die Menge des Impfstoffes drastisch erhöhen und aus der neuen deutschen Pharmahoffnung einen großen Konzern formen wollen. Foto: Dirk Bruniecki für manager magazin 32 manager magazin FEBRUAR 2021 E in Interview mit drei Menschen zu führen kann nervig sein. Wenn sie sich gegenseitig ins Wort fallen, sich nichts gönnen und jeder selbst der Größte sein will. Als wir uns Mitte Dezember, noch vor den Kontakt- beschränkungen des harten Lock- downs, mit Thomas Strüngmann (70), Michael Motschmann (63) und Helmut Jeggle (50) zum Video- gespräch trafen, war alles anders. Das Trio, das mit viel Geld und Ge- duld das seit Jahren spektakulärste deutsche Unternehmen erbaut hat, ist befreundet, und das merkt man auch. Mitte Januar telefonierten wir noch einmal. Ist ja viel los gerade. MM Wie haben Sie reagiert, als Biontech-Chef Uğur Şahin Ihnen berichtete, dass sein Vakzin zu mehr als 90 Prozent wirksam ist? Gab es Champagner? Oder sind Sie bei Ingwertee geblieben? STRÜNGMANN Für mich blieb es beim Ingwertee. Als ich es durch Breaking News in den Medien erfahren hatte, gratulierte ich Uğur und seinem Team, auch wenn mir, ehrlich gesagt, anfänglich die Bedeutung der hohen Wirksamkeit gar nicht so bewusst war. Als dann die US-Arzneimittel- behörde FDA die Notfallzulassung erteilte, rollten Freudentränen. MOTSCHMANN Der Anruf hat mich im Bett aufgeschreckt. Danach lag ich lange aufgekratzt wach. Ich hatte mich mental darauf vorbereitet, 2 UNTERNEHMEN BIONTECH

Geringere Risikovorsorge JP Morgan und Wells Fargo steigern Gewinn kräftig Die US-Banken JPMorgan und Well Fargo Die gut 50 Prozent an Biontech, die Ihren Familien gehören, schlagen

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Page 1: Geringere Risikovorsorge JP Morgan und Wells Fargo steigern Gewinn kräftig Die US-Banken JPMorgan und Well Fargo Die gut 50 Prozent an Biontech, die Ihren Familien gehören, schlagen

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SPITZMARKEBLINDTEXTBlindtext Matrimonii miscere pretosius des concubine.Optimus utilitasagricolae das adquiret suis Zothecasvix divinus laspraemuni apparatusbellis. Zothecas dasmiscer Augustus.

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Die MIG-Fondsvon Michael

Motschmann investieren

häufig mit Athos,dem Family

Office der Strüng-manns. BesterDeal: Biontech„Mit dem

Traum fing es an“BIONTECH Die Investoren sagen, wie sie die Menge des Impfstoffes drastisch erhöhen und aus der neuen deutschen Pharmahoffnung einen großen Konzern formen wollen.

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Ein Interview mitdrei Menschen zuführen kann nervigsein. Wenn sie sichgegenseitig insWort fallen, sich

nichts gönnen und jeder selbst derGrößte sein will. Als wir uns MitteDezember, noch vor den Kontakt -beschränkungen des harten Lock-downs, mit Thomas Strüngmann(70), Michael Motschmann (63) undHelmut Jeggle (50) zum Video -gespräch trafen, war alles anders.Das Trio, das mit viel Geld und Ge-duld das seit Jahren spektakulärstedeutsche Unternehmen erbaut hat,ist befreundet, und das merkt manauch. Mitte Januar telefonierten wirnoch einmal. Ist ja viel los gerade.

MM Wie haben Sie reagiert, als Biontech-Chef Uğur Şahin Ihnenberichtete, dass sein Vakzin zumehr als 90 Prozent wirksam ist?Gab es Champagner? Oder sindSie bei Ingwertee geblieben? STRÜNGMANN Für mich blieb es beimIngwertee. Als ich es durch BreakingNews in den Medien erfahren hatte,gratulierte ich Uğur und seinemTeam, auch wenn mir, ehrlich gesagt,anfänglich die Bedeutung der hohenWirksamkeit gar nicht so bewusstwar. Als dann die US-Arzneimittel-behörde FDA die Notfallzulassungerteilte, rollten Freudentränen.MOTSCHMANN Der Anruf hat mich imBett aufgeschreckt. Danach lag ichlange aufgekratzt wach. Ich hattemich mental darauf vorbereitet, 2

U N T E R N E H M E N BIONTECH

Page 2: Geringere Risikovorsorge JP Morgan und Wells Fargo steigern Gewinn kräftig Die US-Banken JPMorgan und Well Fargo Die gut 50 Prozent an Biontech, die Ihren Familien gehören, schlagen

Rund 1,5 Milliar-den Euro Wagnis -

kapital in ves - tierten Thomas

Strüngmann undsein Bruder inUnternehmen

aus Bio- und High tech. Ziel: die

Entwicklunghochinnovativer

Medikamente.

Schon in der Finanzabteilungvon Hexal zeigteHelmut JeggleUnternehmer -talent. Heuteführt er die Athos-Gruppe und sitztdem Aufsichtsratvon Biontech vor.

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U N T E R N E H M E N BIONTECH

auf 50 Millionen revidiert. Es wardamals schwer zu prognostizie-ren, wie schnell sich die Produk-tion skalieren lässt, auch wegenexterner Partner. Es gab zum Bei-spiel limitierte Kapazitäten beider Abfüllung sowie bei den Roh-und Hilfsstoffen. Jetzt hat sich diekomplexe Lieferkette eingespielt,und wir können die Produktionplanmäßig hochfahren. Mit welchen Mengen kannDeutschland nun rechnen? JEGGLE Wir liefern genau nach denPlänen, die wir mit den Bundes-ländern ausgearbeitet haben. Glo-bal werden wir gemeinsam mitPfizer im Laufe des Jahres 2021die zwei Mil liarden Dosen liefernkönnen, auf die wir unsere Pro -duk tion ausbauen. Ursprünglich waren nur 1,3Milliarden Dosen geplant. Wa-rum können Sie jetzt plötzlichso viel mehr liefern?

Uğur bei schlechteren Ergebnis-sen aufzubauen. Deshalb war eseine große Befreiung und Freude,auch weil der Impfstoff gut ver-träglich ist. JEGGLE Wir hatten ja für einen Er-folg geplant, entsprechend Roh-stoff eingekauft und das Werk inMarburg ausgebaut. Das war eingroßes Risiko. Insofern war icheinfach erleichtert, dass der un-glaubliche Einsatz des Teams mitden sehr guten Daten aus der kli-nischen Studie belohnt wurde. Nun, da die Impfungen gestar-tet sind, ist die Hauptsorge,dass es zu lange dauert, bis allegeimpft sind. Kann Biontechmehr liefern, als die EU ur-sprünglich bestellt hat? Gibt esProduktionsprobleme? JEGGLE Wir hatten ursprünglichfür 2020 geplant, insgesamt 100Millionen Dosen zu produzieren.Im November haben wir die Zahl

JEGGLE An der Ausweitung unsererKapazitäten haben wir in den ver-gangenen Wochen hart gearbei-tet. In Marburg fährt die Produk-tion im ersten Quartal genau nachPlan hoch. Dort allein können wir250 Millionen Dosen im erstenHalbjahr 2021 herstellen. Dannhat die europäische Arzneimittel-agentur EMA genehmigt, dass auseiner Phiole Vakzin jetzt sechsstatt bisher fünf Dosen entnom-men werden dürfen. Vor allemaber haben wir unsere Anlagenund die Lieferkette auf maximaleLeistungsfähigkeit optimiert. Wollen Sie auch neue Partnergewinnen? JEGGLE Das wird nicht nötig sein.Wir haben bereits ein sehr engesNetzwerk geknüpft und die Zu-sammenarbeit mit unseren Pro-duzenten wie Merck in Darm-stadt, Rentschler oder Baxter inHalle intensiviert. Die weiten ihreKapazitäten deutlich aus. Warum erst jetzt? Jeden Tagsterben weltweit Zehntausen-de Menschen, weil sie nochnicht geimpft sind. Und Muta-tionen wie die aus England verschärfen die Situation. JEGGLE Ich finde, seit Herbst gehtes sehr lösungs- und sachorien-tiert voran. Auch weil Kommis -sionspräsidentin Ursula von derLeyen die Impfkampagne zurChefsache gemacht hat. Es ist auf jeden Fall richtig, dass die EU dafür zuständig ist. Aber klar,wir brauchen nun etwas Geduld. Der Start der Impfkampagneverläuft, gelinde gesagt, holp-rig. Warum wird in Europa vielweniger geimpft als etwa in Israel? JEGGLE Nicht überall in Europa.Dänemark zum Beispiel macht esvorbildlich. Dort wird jede Dosisgleich verimpft und nicht wiehierzulande teilweise die Hälftefür die zweite Impfung auf Haldegelegt. So viel Vorratshaltung istnicht nötig, denn wir werden allestun, um die vertraglich vereinbar-ten Mengen im ersten Quartalauch tatsächlich auszuliefern.F

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GEDULDIGERVISIONÄRAls Investortreibt Strüng-mann die Renaissance derdeutschen Arzneibranchevoran – auchwenn mancheklassische Pharmamanagernoch skeptischsind

34 manager magazin F E B R U A R 2 0 2 1

GESCHÄFTGESUNDHEITUmsatz mit verschreibungs-pflichtigen Medikamenten

weltweit,in Mrd. Dollar

1 | Ab 2020 Prognose.Quelle: Evaluate Pharma

Grafik: mm

1200

900

600

300

0

1391Gesamt

2012 20261

PatentgeschütztGegen selteneKrankheitenGenerika

„WIR GEHEN JETZT SCHRITT FÜR SCHRITT UNSEREN WEG ZU EINEM

EIGENSTÄNDIGEN, VOLL INTEGRIERTEN PHARMA-KONZERN AUS DEUTSCHLAND.“

Thomas Strüngmann

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BIONTECH U N T E R N E H M E N

Auch wenn es, wie jetzt gerade imbelgischen Werk in Puurs, maleins, zwei Wochen ruckelt. Der Impfstoff muss bei minus70 Grad in Spezialkühlschrän-ken gelagert werden. Wanngibt es da Verbesserungen?JEGGLE In der aktuellen Situationsehen wir das Problem nicht, weildie Nachfrage größer als das An-gebot ist. In Großbritannien etwawurde jede Charge Ende Dezem-ber innerhalb von zwei Tagen ver-impft. Da liefern wir on demand,also das, was verbraucht wird, dieHaltbarkeit ist somit kein wesent-liches Thema. STRÜNGMANN Im Spätsommerkönnte ein Impfstoff mit verbes-serten Lagerbedingungen vorlie-gen, hat Uğur Şahin gesagt. AmAnfang der Entwicklung lag derSchwerpunkt natürlich auf Wirk-samkeit und Verträglichkeit. JEGGLE Uğur Şahin denkt immersehr weit voraus. So hat Biontechkurz vor Beginn der Phase III derklinischen Studie noch auf denKandidaten BNT162b2 gewech-selt, weil dieser bei älteren Pa -tienten in der Phase-I-Studie besser ansprach und insgesamtbesser vertragen wurde. Deshalbliegt die Wirksamkeit unseresImpfstoffs in der besonders gefährdeten Gruppe der über 60-Jährigen bei 94 Prozent. Mo-derna hat in der Vergleichsgruppe86 Prozent verzeichnet.Wie sichern Sie Biontech gegendie Risiken des Impfstoffpro-jekts ab? Wenn etwa schwereNebenwirkungen auftreten.MOTSCHMANN Für Venture-Capital-Geber wie uns ist der Versuch ei-nes Risikoausschlusses ein Wider-spruch in sich. Wir sehen dieErgebnisse der Phase-III-Studieals solides Fundament für unse-ren Impfstoff. Seine Sicherheitübersteigt die klassischer Impf-stoffe, die Impfkraftverstärkerenthalten und deshalb häufigerstarke Nebenwirkungen zeigen.Mit unserem Vakzin fühle ichmich als Mensch sehr wohl – unddeswegen auch als Investor.

Hätte Biontech den Impfstoffauch ohne Pfizer entwickelnkönnen?JEGGLE Jedenfalls nicht so schnell.Anfang 2020 hatte Biontech 300Millionen Euro für die laufendenProjekte zur Verfügung. Durch dieKooperation mit Pfizer konntenwir eine halbe Milliarde Euro indas Impfstoffprojekt investieren.Wir wurden faktisch von Pfizervorfinanziert. Und nur mit der Er-fahrung und den Ressourcen vonPfizer war eine derart umfang -reiche und reibungslose Phase IIIder klinischen Studie möglich. Biontech verkauft zu einemPreis von 15 bis knapp 20 Europro Dosis. Mit welchen Gewin-nen rechnen Sie?JEGGLE Das wird Sie jetzt wundern,aber das ist wirklich schwierig zu sagen. Wir haben nach bestemWissen das Produkt kalkuliert, diePreise für Rohstoffe und Hilfs -mittel eingerechnet. Wir habengeschaut, was ähnliche Impfstoffein der Vermarktung kosten. Aberehrlich gesagt, ist es ein bisschen,wie in die Glaskugel zu schauen.Warum lässt sich das nicht berechnen?JEGGLE Wir haben noch keine aus-reichende Erfahrung mit einerderart umfangreichen Produk -

tion, Lagerung und Auslieferung.Wir wissen nicht, wie stabil dieMaschinen laufen werden, wiegroß die Chargen ausfallen. Aberdas ist unternehmerisches Risiko.In einem halben Jahr sind wir klüger. Wie viel Gewinn Biontechmit dem Impfstoff erzielen wird,war ohnehin zu diesem Zeitpunktkein vorrangiges Thema für uns.STRÜNGMANN Der Wert diesesDurchbruchs ist ein ganz anderer:Der Impfstoff beweist die Schlag-kraft der neuen mRNA-Techno -logie. Er führt vor, was Biontechmit seiner Plattform alles leistenkann und wird. Die neuesten Stu-dienergebnisse bei Autoimmun-erkrankungen wie Multiple Skle-rose zeigen das.Sie, Herr Strüngmann, habenrund 200 Millionen Euro imLaufe der letzten 13 Jahre in dieFirma investiert, es geht alsoum viel Geld. Das hier wirktwie ein Treffen unter Freun-den. Woran liegt es? STRÜNGMANN Mit Helmut (Jeggle)arbeite ich seit 25 Jahren zusam-men. Er war bei unserer früherenGenerikafirma Hexal im Finanz-bereich tätig und hatte immerschon einen unternehmerischenBlick auf die Dinge. Und Michael(Motschmann) kenne ich seitmehr als 40 Jahren. Wir drei hiertauschen uns ständig aus, jeden-falls soweit wir das im Rahmendes Aktiengesetzes dürfen.MOTSCHMANN Wir sind zusammenaufs Internat gegangen. Als Un-terstufenschüler habe ich den 18-jährigen Thomas Strüngmann ausder Ferne als sportliches Vorbildbewundert. 1980 haben wir unspersönlich näher kennengelerntund sind enge Freunde geworden.Seit mehr als 15 Jahren investierenwir gemeinsam. Unser erster ge-meinsamer Deal war Ganymed,das erste Unternehmen, das Öz-lem Türeci und Uğur Şahin ge-gründet haben. Mittlerweile ha-ben wir zusammen in mehr alszehn Start-ups investiert. Wie läuft die Zusammenarbeitmit Andreas Strüngmann, F

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35F E B R U A R 2 0 2 1 manager magazin

DOPPELTEDOSIS Die Biontech-Gründer ÖzlemTüreci undUğur ŞahinrealisiertenStrüngmannsTraum vomHightech -medikamentschneller als gedacht

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der genauso an Biontech beteiligt istwie Sie, Herr Strüngmann?STRÜNGMANN Mein Bruder ist über allesinformiert, wir sprechen viel mitein -ander. Um Biontech kümmere ich michvor allem. Biontech wird definitiv das beste Geschäft für Sie als Investoren. Washaben Sie jetzt damit vor?MOTSCHMANN In Europa ist Biontech eines der erfolgreichsten Investmentsaller Zeiten. Eine völlig neue Art vonTechunternehmen, das in der Medizindisruptiv wirken wird. Warum „disruptiv“? MOTSCHMANN Die schnelle Entwicklungdes Impfstoffs hat gezeigt, was diemRNA-Plattform vermag. Das hat mas-sive Strahlkraft auf die gesamte Pharma-industrie. Das können Sie durchaus mitder Entwicklung der monoklonalen Antikörper in der Biotechnologie in den80er Jahren vergleichen. Daraus ist un-ter anderem der US-Konzern Genen-tech entstanden. Welche Krankheiten will Biontechmit den Botenmolekülen behandeln?STRÜNGMANN Biontech kommt aus derKrebstherapie, und die Onkologie wirdder Hauptfokus des Unternehmens blei-ben. Infektionskrankheiten spielen nachdem Erfolg gegen Corona aber auch eine große Rolle. Die mRNA-Technolo-gie eignet sich für die unterschiedlichs-ten Indikationen.JEGGLE Diese vielen Möglichkeiten möch-te Biontech gar nicht allein bewältigen.

Viele Pharmakonzerne schauen sich unsere Plattform deshalb regelmäßig an, um Kooperationen zu identifizieren.Ich sehe da noch einige strategischePartnerschaften auf uns zukommen. DieValidierung durch den Impfstoff war der große Türöffner für mRNA. Wennman einen Durchbruch in einer Thera-pie mit einer Technologie hat, kann mandiese auch für andere Fragestellungentesten. Das klingt nach einem Wundermit-tel. Etliche Vorstände von Pharma-konzernen sind aber skeptischer.„Eine Schwalbe macht noch keinenSommer“, sagte uns einer. NehmenSie da den Mund nicht ein wenig zuvoll? Revolutionen sind selten in derPharmaentwicklung und das Schei-tern neuer Ansätze der Normalfall. STRÜNGMANN Selbstverständlich gehörtScheitern zum unternehmerischen Tundazu. Als Investor benötigt man deshalbauch Durchhaltevermögen. JEGGLE Natürlich geht es nicht um All-heilmittel, sondern um eine konkretemedizinisch-technologische Vision.Uğurs Vision seit unserer Gründung von Biontech ist wirklich faszinierend.Er bezeichnet Innovation als „helfen,wo Bestehendes nicht mehr hilft“. Unterdiesem Leitmotiv kombiniert Biontechdie unterschiedlichen Technologien, um für jeden Patienten die individuelleffektivste Methode zu entwickeln undsomit die Erkrankung zu bekämpfen.Und nicht nur mit der mRNA-Tech -

U N T E R N E H M E N BIONTECH

manager magazin F E B R U A R 2 0 2 136

KOMPLEXE KETTEWie die Impfstoffproduktionfunktioniert.

AMBITION Seit der Zulassung von

BNT162b2 als erstem Covid-Vakzin

bestellen die Staaten weltweit immer

größere Mengen. Biontech will

deshalb gemeinsam mit Pfizer seine

Liefermenge für 2021 von bisher 1,3

auf zwei Milliarden Dosen erhöhen.

KAPAZITÄT Um die Bestellungen zu

erfüllen, arbeiten die Pfizer-Fabriken

in Michigan, Missouri und Massachu-

setts auf Hochtouren, demnächst

auch wieder das Werk im belgischen

Puurs. Biontech produziert derzeit in

seiner zertifizierten Fabrik in Mainz.

AUSBAUPLAN Ab Februar will Biontech

auf dem Gelände der ehemaligen

Behringwerke in Marburg jeden

Mo nat bis zu 60 Millionen Dosen fab -

ri zieren. CEO Ugur Sahin hat zudem

die Kooperation mit den Zulieferern

intensiviert, um den Nachschub an

Roh- und Hilfsstoffen zu steigern.

PRODUKTION FÜR PROFIS Der Aufbau

einer mRNA-Produktion ist, anders

als manche Stimmen meinen, nicht

trivial. Die Beschaffung und Ins -

tallation der Geräte dauert Monate.

Synthesemaschinen übersetzen

den digitalen Bauplan für das Boten -

molekül mithilfe des Enzyms RNA-

Polymerase in die entsprechende

Sequenz aus den vier Nukleinbasen,

die Chromosomen bilden. Der RNA-

Strang wird in eine Membran aus Li-

piden gehüllt und durch Trägerstoffe

ergänzt, damit er injiziert werden kann.

Die Produktion dauert eine Wo che,

die Qualitätsprüfung drei Wochen.

ROHSTOFFMANGEL Die Proteine, mit

deren Hilfe mRNA entsteht, stellen

Hefen oder Bakterien in Bioreaktoren

her. Diese Fermenter waren eine Zeit

lang nicht verfügbar, und es kam zu

Lieferengpässen. Ebenso fehlte es

in der komplexen Lieferkette schon

mal an Trägerstoffen, Pipettenspitzen

oder Phiolen für den Impfstoff.

STOFF FÜR DIE WELTSo viele Impfdosen haben die Regionen bestellt, in Millionen

1 | Teilweise oder bedingt zugelassen; 2 | einschließlich Beschaffungsoption. Quelle: Duke University, EU, Stand: 1 /2021 Grafik: manager magazin

Astrazeneca1

Biontech/Pfizer1

Curevac

GSK

Johnson & Johnson

Moderna1

NovavaxSinovacSonstige

... davonDeutschland

300

2465EU

4654Rest der

Welt

1010USA

1700

1190

400

405

400

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332

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37

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600

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BIONTECH U N T E R N E H M E N

nologie. Das ist die wirklich dis-ruptive Idee.Allein die Onkologie hat einMarktvolumen von jährlichrund 200 Milliarden Dollar.Was streben Sie an? MOTSCHMANN In solchen Dimen-sionen und Begriffen wie Markt-volumen denken wir gar nicht.Wir streben kein Produkt für einen klar definierten Markt an.Biontech offeriert einen ganz -heitlichen Ansatz, der die unter-schiedlichsten Werkzeuge derMedizin zum Wohle jedes Pa -tienten individuell kombiniert.Daraus kann etwa eine Impfunggegen Krebs entstehen. Ist das nicht eher ein Traum? STRÜNGMANN Ja, mit dem Traumfing es an. Aber wie oft haben wirvon großen Pharmafirmen und Ex-perten gehört, „das funktioniertnicht“. Wenn uns jemand gesagthat, es habe noch nie in Deutsch-land ein Start-up geschafft, einselbst entwickeltes Produkt aufden Markt zu bringen, dann hatmich das immer besonders moti-viert, der Erste zu sein. Tesla wur-de anfänglich auch nur belächelt.Uğur Şahin ist also der ElonMusk der Pharmaindustrie?JEGGLE Auf jeden Fall hat er dieentsprechende Weitsicht. Uğur,Özlem und das gesamte Team vonBiontech haben unsere Hoffnun-gen oftmals weit übertroffen.MOTSCHMANN Die Pharmaindustriebeurteilt die mRNA-Technologieja schon heute ganz anders als vor drei Monaten. Mit dem Impf-stoff hat die Plattform ihre trans-formative Kraft bewiesen. Jetztentsteht eine Dynamik, die dieBranche über die nächsten 10, 20Jahre verändern wird. Und Bion-tech ist für diesen Wandel erst-klassig positioniert. Biontech hat keinen Vertrieb,kein Marketing, startet geradeerst die Produktion. Wird dasUnternehmen eine Art For-schungsdienstleister, der Phar-mariesen mit neuen Produktenbeliefert und dann – nach demModell der Impfstoffkoopera-

tion mit Pfizer – die Hälfte desUmsatzes abgibt?JEGGLE Biontech ist heute schonweit mehr als eine Forschungs -abteilung. Wir haben das erklärteZiel, eigene Produkte zu ent -wickeln, zu produzieren und zuvermarkten. Die Covid-Impfungkommerzialisieren wir als unsererstes Produkt etwa in Deutsch-land selbst. Es gibt eine Marke,wir bauen den Vertrieb und dasMarketing auf, die Produktion inMarburg läuft planmäßig in dennächsten Wochen an. STRÜNGMANN Wir gehen jetztSchritt für Schritt unseren Wegzu einem eigenständigen, voll integrierten Pharmakonzern ausDeutschland. Wie wird dieser Wachstums-pfad aussehen?JEGGLE Zunächst werden wir etwadie Hälfte der Produkte aus unse-rer Pipeline zu 100 Prozent selbstentwickeln. Die andere Hälfte der Projekte verpartnern wir. Aussolchen Kooperationen gewinnenwir Finanzmittel und Erfahrungmit der komplexen Wertschöp-fungskette eines Pharmaunter-nehmens.Und lassen sich am Ende voneinem Pharmariesen überneh-men, so wie das Biotechunter-

nehmen Genentech 2009 für 47Milliarden Dollar von Roche? JEGGLE Biontech ist sehr gern erstmal eine eigenständige europäi-sche Genentech. Jedenfalls indem Sinne, dass Biontech der wis-senschaftliche Motor einer sol-chen Partnerschaft ist. Wir wollendie Entwicklung als federführen-der Partner vorantreiben. So wiees beim Corona-Impfstoff läuft,der von Biontech entwickelt wur-de und voll und ganz ein Bion-tech-Produkt bleibt. Das Managen eines Konzernsist etwas ganz anderes als daseines Start-ups. Viele Gründerscheitern daran. Benötigt dasWachstum zusätzliche Köpfean der Spitze?JEGGLE Wir ziehen ständig Leuteauf allen Ebenen nach. Unsere Belegschaft hat sich seit Anfang2020 auf rund 2000 Mitarbeiterverdoppelt. Wir sind kein Start-up mehr, sondern treiben die In-dustrialisierung in der klinischenEntwicklung voran. Deshalb ha-ben wir etwa Anfang 2020 NeonTherapeutics in den USA über-nommen und damit ein hoch qualifiziertes Team für unser US-Geschäft gewonnen. Noch ist Biontech schnell undinnovativ. Wie wollen Sie die-sen Geist erhalten? JEGGLE Wir stellen uns immer wie-der selbst infrage. Beim Kauf derProduktionsstätte in Marburg etwa haben wir uns im Rahmender Due Diligence das Team ge-nau angeschaut. Unsere Werte-systeme passen gut zusammen.Wenn wir Schlüsselpositionen be-setzen, achten wir darauf, dass die Persönlichkeiten die DNA vonBiontech widerspiegeln.Woher kommt eigentlich IhrWunsch, einen innovativenPharmakonzern aus Deutsch-land aufzubauen?STRÜNGMANN In unseren 40 Jahrenim Generikageschäft bei Hexalkreiste alles um die Frage, wanndas nächste Patent ausläuft. Da-her wollten wir nach dem Verkaufhochinnovative Arzneimittel F

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GESCHICKTER MACHERAls zupacken-der Aufsichts-ratschefkümmert sichJeggle um Finanzierungen,verhandelt mitPartnern undkooperiert eng mit demFührungsteam

37F E B R U A R 2 0 2 1 manager magazin

„AN DER AUSWEITUNG UNSERER KAPAZI -TÄTEN HABEN WIR IN DEN

VERGANGENEN WOCHEN HART GEARBEITET.“Helmut Jeggle

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U N T E R N E H M E N BIONTECH

erforschen und nicht den Weg dersogenannten Schrittinnovationengehen, also etwa einen weiterenBetablocker entwickeln. Seit wirin Start-ups investieren, ist es unser Traum gewesen, ein hoch -innovatives Unternehmen zu ent-wickeln. Dass dieser Wunsch jetztso schnell in Erfüllung geht, hät-ten wir nie gedacht. Was wollen die Biontech-Gründer? MOTSCHMANN Disruption war vonAnfang an der Plan von Özlemund Uğur. Als sie uns damals imSeptember 2007 im Büro derAthos ihre Idee vorstellten, habensie ein Feuer in uns allen entfacht.STRÜNGMANN An ihren hochinno-vativen Ansatz hat nicht jeder geglaubt. Aber wir kannten diebeiden ja schon von ihrem erstenUnternehmen Ganymed, das wirgemeinsam erfolgreich entwickeltund verkauft haben.

Wie wichtig ist Geld für dieGründer? STRÜNGMANN Ihre wissenschaft -lichen Ziele zu verfolgen ist defi-nitiv ihre größere Motivation. An den finanziellen Wert ihresUnternehmens zu denken passtüberhaupt nicht zu ihrem Werte-system. In ihrer ersten Präsenta-tion etwa kam der Begriff Marktüberhaupt nicht vor. Leidenschaftfür ihre Wissenschaft steht bei ihnen über allem. Um ehrlich zusein, habe ich nicht mal sehr vielvon der Wissenschaft verstanden,aber ich habe an die Personen geglaubt.Die gut 50 Prozent an Bion-tech, die Ihren Familien ge -hören, schlagen mit mehr als zehn Milliarden Euro zu Buche. Haben Sie eigentlichschon Kaufangebote erhalten? STRÜNGMANN Jeder in der Brancheweiß, dass wir mit Biontech erst

am Anfang stehen. Unsere Strate-gie ist, erst einmal Unternehmenaufzubauen, nicht zu verkaufen. Wie wollen Sie den Ausbau Ihres eigenen Geschäfts finan-zieren?STRÜNGMANN Biontech ist an derBörse notiert. Da gibt es verschie-dene Finanzierungsoptionen, et-wa die Ausgabe neuer Aktien.Steht eine Kapitalerhöhungan? JEGGLE Im Moment sind wir gut finanziert. Biontech hat das Zeugzur Volksaktie. Wir haben rund ei-ne Milliarde Euro zur Verfügung,und wir werden auch Einnahmendurch den Corona-Impfstoff ge-nerieren. Bei den bisherigen Ka-pitalmaßnahmen hat sich das Fa-mily Office immer beteiligt. Auchunsere anderen Investoren den-ken langfristig und gehen Risikenmit uns ein. Wir haben globale In-vestoren, die unsere Ambitionensehr gut verstehen, und sind dochverankert in Deutschland.Und wie sieht die Unterstüt-zung in Deutschland aus? Siesind ja nicht ohne Grund inNew York statt in Frankfurt andie Börse gegangen. STRÜNGMANN Die aktuelle Situa -tion weckt bei mir die starke Hoff-nung, dass meine Skepsis nicht er-neut bestätigt wird. Jetzt stehenmit Biontech und Curevac gleichzwei deutsche Unternehmen imFokus des Interesses. Es bewegtsich etwas in der Politik, wennauch noch viel zu wenig. Angela Merkel hat im Ge-spräch mit Uğur Şahin gesagt,man sei hierzulande „mächtigstolz“ auf die Entwicklung desImpfstoffs. STRÜNGMANN Das freut uns. Aberdie politischen Taten greifen meiner Ansicht nach zu kurz.Zum Beispiel die neue Außenwirt-schaftsverordnung. Grundsätz-lich lässt es sich rechtfertigen,dass der Bund es im Einzelfall ver-hindern kann, wenn außereuro-päische Unternehmen oder auchInvestoren an deutschen Unter-nehmen mehr als 10 Prozent derF

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PIONIER AUS PRINZIP Mit dem Teamdes MIG-Fondsentdeckte Motschmanndie Firmen von Türeci undŞahin als Inves-titionsperlen.Strüngmannzog gern mit.

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„GROSSE PENSIONSFONDS ODER VERSICHERUNGEN SOLLTEN AUCH IN RISIKOKAPITAL

INVESTIEREN DÜRFEN. DAS WÜRDE DEN FINANZPLATZGRUNDLEGEND VERÄNDERN.“

Michael Motschmann

manager magazin F E B R U A R 2 0 2 1

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DAS FIRMENREICH DER STRÜNGMANN-BRÜDERÜber ihr Family Office sind die Zwillinge Thomas und Andreas Strüngmann an 64 Firmen beteiligt. Die wichtigsten Engagements der Athos-Gruppe, Anteile in Prozent

1 | Macht aus Kunststoffabfällen sortenreine Granulate.

Quelle: Athos Grafik: manager magazin

DIREKT-

BETEILIGUNGEN

BIOTECH

NEUE

TECHNOLOGIEN

51,3

Biontech

Impfstoff, mRNA-Plattform, Krebstherapien

MegalabsMarkengenerikaund Biosimilars

Aristo

Generika

Klinge PharmaFrei verkäufliche

Arzneimittel

79,0

Aicuris

Antiinfektiva

38,0

Affiris

Impfstoffeu. a. gegen Parkinson,Alzheimer

70,0

4SC

Krebs-medikamente

Amsilk

KünstlicheSeidenproteine

APK

Newcycling-Verfahren1 Efficient

EnergyKältemaschinen

SiO2

Präzisions-gefäße für

Spritzen etc.

BIONTECH U N T E R N E H M E N

Anteile erwerben. Doch leider ist die Sache nicht zu Ende gedacht. Diese ArtKann-Übernahmeverbot beziehungs-weise das Verbot von Finanzinvestitio-nen über 10 Prozent ausländischer In-vestoren ist rein reaktiv und fördertnicht das Wachstum junger Unterneh-men. An der Verordnung muss maßgeb-lich nachgebessert werden.Was würden Sie sich denn stattdes-sen wünschen?STRÜNGMANN Ich würde mir wünschen,dass Investitionen in Deutschland fürneue Technologien attraktiver werden.Dazu benötigen wir einen grundlegen-den Wandel in der Einstellung zu neuenTechnologien. Mit Dietmar Hopp, demFinanzier von Curevac, kämpfen wirschon seit 15 Jahren erfolglos für den Erhalt der steuerlichen Verlustvorträge.Aber vielleicht bekommen wir ja jetztRückenwind, nachdem zwei Firmen die Bedeutung der Biotechnologie fürDeutschland gezeigt haben.JEGGLE Dann hätten wir eine Chance, in-novative Unternehmen nach Deutsch-land zu holen, die aktuell lieber in dieSchweiz oder nach Singapur gehen. MOTSCHMANN Deutschland hat brillanteWissenschaftler. Aber unser Problem istes, aus frühen Entwicklungen Unter-nehmen aufzubauen. Selbst Curevacund Biontech wären ohne den Gang anden amerikanischen Kapitalmarkt nichtweitergekommen. STRÜNGMANN Das unterschreibe ich zu100 Prozent. Bei der Übersetzung vonWissenschaft in die Wirtschaft fehlt esin Deutschland leider. Was konkret würden Sie der Kanz -lerin denn vorschlagen, wenn sie beiIhnen Rat sucht?MOTSCHMANN Deutschland muss Anreizeschaffen für die Finanzierung von Inno-vationen. Große Pensionsfonds oderVersicherungen sollten auch in Risiko-kapital investieren dürfen. Das würdeden Finanzplatz grundlegend verän-dern. Endlich gäbe es auch wieder Ana-lysten, die sich mit jungen Firmen be-schäftigen. Wir sehen in der Schweizund vor allem in Israel, wie gut das funk-tioniert, wenn die institutionellen In-vestoren 10 Prozent in Innovationen in-vestieren dürfen.JEGGLE Es gibt in Deutschland ein sehrgutes Programm für Business-Angels.

Hierbei kann ein Investor jährlich Zu-schüsse für Beteiligungen beantragen,allerdings limitiert auf 500.000 Euro inSumme. Das eignet sich für digitale Geschäftsmodelle wie eine neue App.Solch ein Programm müsste angepasstwerden für innovative Deep-Tech-Gründungen, bei denen viele Jahre inUnternehmen investiert werden muss,um Nachhaltiges zu schaffen.STRÜNGMANN Dieser ewige Anspruch,dass alles ohne Risiko sein muss, führtdoch zu nichts. Nur Innovationen füh-ren zum Wohlstand. Wir müssen end-lich verstehen, dass Veränderung nurdann gelingt, wenn wir etwas wagen.Wir müssen eine Leistungsgesellschaftder Hungrigen bleiben. Damit wir in unserem Land nicht nur das Erbe dervergangenen 100 Jahre verwalten, son-dern auch die Zukunft für die nächsten100 Jahre schaffen. Bleiben Sie neben Ihrem Haupt -engagement bei Biontech als Investorbei anderen Biotechfirmen aktiv? STRÜNGMANN Uns stehen riesige Verän-derungen bevor. Bei der Digitalisierung,der künstlichen Intelligenz in der Dia -gnostik zum Beispiel, stehen wir nochganz am Anfang. In diesem Bereich wol-len wir uns engagieren. Wir möchtendas Amazon der Biotechnologie werden,das heißt, dass wir uns zu einem gewis-sen Teil zu einem Datenunternehmenentwickeln müssen. Je mehr Patienten-daten wir generieren, umso genauerkönnen wir den Krebs therapieren. Theoretisch, wenn auch nicht prak-tisch, sind Sie schon länger im Ren-

tenalter. Wie lange wollen Sie undIhr Bruder noch so aktiv bleiben?STRÜNGMANN Der Prozess, mit dem wirunser Family Office auf die Zukunft vor-bereiten, ist bereits in vollem Gange.Unsere Gesellschaft wird weiter in vie-len Bereichen investieren. Dazu zählenauch Immobilien, die wir als langfristigesichere Basis halten. Oder auch Unter-nehmen, die in unserem Besitz bleibensollen. Biontech zum Beispiel zählt zumGenom unseres Family Office. Und mei-ne Neugier ist noch lange nicht gestillt. Welche Rolle sollen Ihre inzwischenerwachsenen Kinder und die IhresBruders spielen? Sollen sie Ihr Werkweiterführen?STRÜNGMANN Die Kinder sollen ihren eigenen Weg gehen, sie können dabeinatürlich die Unterstützung des FamilyOffice in Anspruch nehmen, aber sie sollen es nicht führen. Wir haben einenBeirat eingerichtet, in dem jeder Fami-lienstamm eine Stimme hat. Mein Bru-der und ich werden diesen auch nachfestgelegten Regeln verlassen.Das klingt so, als könnte Deutsch-land noch lange mit der FamilieStrüngmann rechnen. STRÜNGMANN Wir haben uns entschie-den, uns an das Modell von Merck anzulehnen. Das ist eines der ältesten Familienunternehmen der Welt. Ich halte mich bei der Zukunftsplanung an die Devise: „You can’t rule out of the grave.“ 1

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Das Interview führten mm-Redakteurin Eva Müller und mm-Redakteur Martin Noé.

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