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Cholesterin in seincr Polaritut zu Jen [riglyzcridletten Cholesterin in seiner Polaritälzu den Triglyzeridfetten Martin Errenst 1. Einleitung Immer wieder ist Cholesterin, genauer gesagt der Gehalt dieser Substanz im Blut und in der Nahrung, ein Thema sowohl in wissenschaftlichen Zeitschriften als auch in populären Darstellungen. Dabei wird meist das Bild ei- ner schädlichen Substanz entworfen. die Krankheiten verursacht und die Lebenszeit verkürzt. Von anderer Seite wird aber auch der Vorwurf erhoben. daß die Cho- lesterindiskussion von einer Industrielobby erfunden worden sei. um an dem Verkauf von cholesterinfreier Margarine und cholesterinsenkenden Arzneimitteln zu verdienen. So steht das Cholesterin im Zentrum von egoistischen Interessen der Industrie einerseits und des Verbrauchers andererseits. Die Substanz Cholesterin nimmt aber auch eine zentrale Stellung in der Entwicklung der Chemie und der sich daraus entwickelnden Physiologie seit dem 18. Jahrhun- dert ein. Daran anknüpfend soll hier versucht werden, ein Bild des Cholesterins zu entwerfen. das nicht ein egoistisches Interesse in den Mittelpunkt stellt, sondern die Sache selber sprechen läßt. Eine methodische Hilfe dazu ist das Aufsuchen von Polaritäten, denn indem ge- gensätzliche, aber zueinander in Bezug stehende Ge- genstände nebeneinander gestellt werden, können sie sich in ihren Eigenarten beleuchten. E,s müssen dann nicht äußerliche Kriterien herangezogen werden, die mit der Sache nichts zu tun haben. In diesem Sinne wird das Cholesterin hier den Fetten als Polarität innerhalb der Lipidsubstanzen (also den fettlöslichen Substanzen) ge- genübergestellt. Fette und Cholesterin sind nicht nur durch den Lipidcharakter verwandt, sondern stehen auch physiologisch in vielfältigen Beziehungen; auf eini- ges kann im Folgenden hingewiesen werden. Anderer- seits stehen sie jedoch - wie gezeigt werden soll - in einem Gegensatz zueinander. Da jeder Mensch Fette, insbesondere als pflanzliche Fette und Öle kennt, kann mit ihrer Charakterisierung begonnen werden. Das unbekannte Cholesterin, das zu- meist nur als Schlagwort geläufig ist, kann dann, ausge- hend von den Eigenschaften der Fette, in seiner Polarität beschrieben werden. 2. Triglyzeridfette Jeder kennt Fette und Öle zum Beispiel aus der Küche, wo insbesondere pflanzliche Fette eine große Bedeu- tung haben. Eine Vielzahl von Fetten und Ölen mit un- terschiedlichen Qualitäten ist hier zu beschreiben. Schon die am häufigsten verwendeten, SonnenblumenöI, Oli- venöl und Palmfett, weisen ein reichhaltiges Spektrum Der Merkurstab: Heft 3, 1998, 51. Jg. von Qualitäten auf. Von dem bei Zimmertemperatur festen Palmfett, das wärmeunempfindlich ist und des- halb zum Braten und Fritieren'verwendet wird. über das Olivenöl mit eigenem Geschmack und Geruch, das bei Zimmertemperatur flüssig ist, aber im Kühlschrank oder in winterlich abgekühlter Wohnung erstarrt, bis hin zum Sonnenblumenöl, das wieder ein eigenes Aroma hat und erst bei Temperaturen unter 0"C fest wird, reicht das Spektrum, das beispielsweise durch Leinöl noch erwei- tert lverden kann. Leinöl wird erst bei Temperaturen deutlich unter 0'C fest und ist ein empfindliches Ö1, das leicht ranzig wird und vor Wärme und Licht geschützt werden soll. Diese sogenannten fetten Öle sind abzugrenzen von den ätherischen Ölen. die in der Pharmazie dadurch unter- schieden werden. daß sie - auf ein Filterpapier aufge- tropft - vollständig verdampfen, während von fetten Ölen ein Fettfleck bleibt. Die ätherischen Öle neigen also stärker zum Verdampfen. sind flüchtig und wenden sich intensiv an den Geruchssinn. Die Brennbarkeit, die schon die fetten Öle charakterisiert. ist hier bis zum Ex- plodieren und Selbstentzünden gesteigert. Atherische Öle sind keine ernährenden Substanzen wie die Fette, sondern pharmazeutisch wirkende. Auf der anderen Seite sind die ebenfalls nicht ernährenden Wachse feste Lipidsubstanzen, die erst bei höheren Temperaturen als die Fette schmelzen und chemisch träger sind als diese. Während die ätherischen Öle also zum Gasigen streben und Wachse zum festen Zustand. sind natürliche pflanz- liche Fette im allgemeinen flüssig. Sowohl Wachse als auch Fette schmelzen bzw. verfestigen sich nicht bei ei- nem scharfen Temperaturpunkt, sondern in einem Schmelzintervall. das für Fette im Bereich von -15 bis 40'C, also dem Temperaturintervall, in dem höheren Or- ganismen Leben möglich ist, liegt. Ein Teil der vielfältigen Qualitäten der fetten Ole spie- gelt sich in den verschiedenen Fettsäuren, die man durch Verseifen aus den Fetten freisetzen und isolieren kann. Jedes natürliche Fett enthält eine Vielzahl von unter- schiedlichen Fettsäuren. Häufig steht eine im Vorder- grund, die dann oft auch ihren Namen von dem betref- fenden Fett hat: Ölsäure aus dem OlivenöI, Linol- und Linolensäure aus LeinöI. Zugleich mit den Fettsäuren wird beim Verseifen das wasserfreundliche, süß schmeckende Glyzerin freigesetzt, das ein gemeinsamer Bestandteil aller Fette ist und sie chemisch von den Wachsen unterscheidet. Die Fettsäurezusammensetzung der Fette ist zunächst von der Pflanzenart, von der die Fette gebildet sind, be- stimmt. Darüber hinaus läßt sich ein starker Einfluß der t49 Cholesteringin seiner Polaritätmzu den Triglyzeridfetten Cholesterin in seiner Polarität zu den Triglyzeridfetten Martin Errenst 1. Einleitung Immer wieder ist Cholesterin. genauer gesagt der Gehalt dieser Substanz im Blut und in der Nahrung, ein Thema sowohl in wissenschaftlichen Zeitschriften als auch in populären Darstellungen. Dabei wird meist das Bild ei- ner schädlichen Substanz entworfen, die Krankheiten verursacht und die Lebenszeit verkürzt. Von anderer Seite wird aber auch der Vorwurf erhoben, daß die Cho- lesterindiskussion von einer Industrielobby erfunden worden sei, um an dem Verkauf von cholesterinfreier Margarine und cholesterinsenkenden Arzneimitteln zu verdienen. So steht das Cholesterin im Zentrum von egoistischen Interessen der Industrie einerseits und des Verbrauchers andererseits. Die Substanz Cholesterin nimmt aber auch eine zentrale Stellung in der Entwicklung der Chemie und der sich daraus entwickelnden Physiologie seit dem 18. Jahrhun- dert ein. Daran anknüpfend soll hier versucht werden, ein Bild des Cholesterins zu entwerfen, das nicht ein egoistisches Interesse in den Mittelpunkt stellt, sondern die Sache selber sprechen läßt. Eine methodische Hilfe dazu ist das Aufsuchen von Polaritäten, denn indem ge- gensätzliche, aber zueinander in Bezug stehende Ge- genstände nebeneinander gestellt werden, können sie sich in ihren Eigenarten beleuchten. Es müssen dann nicht äußerliche Kriterien herangezogen werden. die mit der Sache nichts zu tun haben. In diesem Sinne wird das Cholesterin hier den Fetten als Polarität innerhalb der Lipidsubstanzen (also den fettlöslichen Substanzen) ge- genübergestellt. Fette und Cholesterin sind nicht nur durch den Lipidcharakter verwandt. sondern stehen auch physiologisch in vielfältigen Beziehungen; auf eini- ges kann im Folgenden hingewiesen werden. Anderer- seits stehen sie jedoch ~ wie gezeigt werden soll - in einem Gegensatz zueinander. Da jeder Mensch Fette, insbesondere als pflanzliche Fette und Öle kennt, kann mit ihrer Charakterisierung begonnen werden. Das unbekannte Cholesterin, das zu- meist nur als Schlagwort geläufig ist, kann dann, ausge- hend von den Eigenschaften der Fette, in seiner Polarität beschrieben werden. 2. Triglyzeridfette Jeder kennt Fette und Öle zum Beispiel aus der Küche, wo insbesondere pflanzliche Fette eine große Bedeu- tung haben. Eine Vielzahl von Fetten und Ölen mit un- terschiedlichen Qualitäten ist hier zu beschreiben. Schon die am häufigsten verwendeten, Sonnenblumenöl, Oli- venöl und Palmfett, weisen ein reichhaltiges Spektrum Der Merkurstab: Heft 3, 'l998, Sl. Jg. von Qualitäten auf. Von dem bei Zimmertemperatur festen Palmfett, das wärmeunempfindlich ist und des- halb zum Braten und Fritierenıverwendet wird, über das Olivenöl mit eigenem Geschmack und Geruch, das bei Zimmertemperatur flüssig ist, aber im Kühlschrank oder in winterlich abgekühlter Wohnung erstarrt, bis hin zum Sonnenblumenöl, das wieder ein eigenes Aroma hat und erst bei Temperaturen unter 0°C fest wird, reicht das Spektrum, das beispielsweise durch Leinöl noch erwei- tert werden kann. Leinöl wird erst bei Temperaturen deutlich unter O OC. fest und ist ein empfindliches Öl, das leicht ranzig wird und vor Wärme und Licht geschützt werden soll. Diese sogenannten fetten Öle sind abzugrenzen von den ätherischen Ölen, die in der Pharmazie dadurch unter- schieden werden, daß sie - auf ein Filterpapier aufge- tropft - vollständig Verdampfen, während von fetten Ölen ein Fettfleck bleibt. Die ätherischen Öle neigen also stärker zum Verdampfen, sind flüchtig und wenden sich intensiv an den Geruchssinn. Die Brennbarkeit, die schon die fetten Öle charakterisiert, ist hier bis zum Ex- plodieren und Selbstentzünden gesteigert. Ätherische Öle sind keine ernährenden Substanzen wie die Fette, sondern pharmazeutisch wirkende. Auf der anderen Seite sind die ebenfalls nicht ernährenden Wachse feste Lipidsubstanzen. die erst bei höheren Temperaturen als die Fette schmelzen und chemisch träger sind als diese. Während die ätherischen Öle also zum Gasigen streben und Wachse zum festen Zustand. sind natürliche pflanz- liche Fette im allgemeinen flüssig. Sowohl Wachse als auch Fette schmelzen bzw. verfestigen sich nicht bei ei- nem scharfen Temperaturpunkt, sondern in einem Schmelzintervall, das für Fette im Bereich von -15 bis 40 OC, also dem Temperaturintervall, in dem höheren Ör- ganismen Leben möglich ist, liegt. Ein Teil der vielfältigen Qualitäten der fetten Öle spie- gelt sich in den verschiedenen Fettsäuren, die man durch Verseifen aus den Fetten freisetzen und isolieren kann. Jedes natürliche Fett enthält eine Vielzahl von unter- schiedlichen Fettsäuren. Häufig steht eine im Vorder- grund, die dann oft auch ihren Namen von dem betref- fenden Fett hat: Qlsäure aus dem Olivenöl, Linol- und Linolensäure aus Leinöl. Zugleich mit den Fettsäuren wird beim Verseifen das wasserfreundliche, süß schmeckende Glyzerin freigesetzt, das ein gemeinsamer Bestandteil aller Fette ist und sie chemisch von den Wachsen unterscheidet. Die Fettsäurezusammensetzung der Fette ist zunächst von der Pflanzenart, von der die Fette gebildet sind, be- stimmt. Darüber hinaus läßt sich ein starker Einfluß der 149

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Cholesterin in seincr Polaritut zu Jen [riglyzcridletten

Cholesterin in seiner Polaritälzu den Triglyzeridfetten

Martin Errenst

1. Einleitung

Immer wieder ist Cholesterin, genauer gesagt der Gehaltdieser Substanz im Blut und in der Nahrung, ein Themasowohl in wissenschaftlichen Zeitschriften als auch inpopulären Darstellungen. Dabei wird meist das Bild ei-ner schädlichen Substanz entworfen. die Krankheitenverursacht und die Lebenszeit verkürzt. Von andererSeite wird aber auch der Vorwurf erhoben. daß die Cho-lesterindiskussion von einer Industrielobby erfundenworden sei. um an dem Verkauf von cholesterinfreierMargarine und cholesterinsenkenden Arzneimitteln zuverdienen. So steht das Cholesterin im Zentrum vonegoistischen Interessen der Industrie einerseits und desVerbrauchers andererseits.

Die Substanz Cholesterin nimmt aber auch eine zentraleStellung in der Entwicklung der Chemie und der sichdaraus entwickelnden Physiologie seit dem 18. Jahrhun-dert ein. Daran anknüpfend soll hier versucht werden,ein Bild des Cholesterins zu entwerfen. das nicht einegoistisches Interesse in den Mittelpunkt stellt, sonderndie Sache selber sprechen läßt. Eine methodische Hilfedazu ist das Aufsuchen von Polaritäten, denn indem ge-gensätzliche, aber zueinander in Bezug stehende Ge-genstände nebeneinander gestellt werden, können siesich in ihren Eigenarten beleuchten. E,s müssen dannnicht äußerliche Kriterien herangezogen werden, die mitder Sache nichts zu tun haben. In diesem Sinne wird dasCholesterin hier den Fetten als Polarität innerhalb derLipidsubstanzen (also den fettlöslichen Substanzen) ge-genübergestellt. Fette und Cholesterin sind nicht nurdurch den Lipidcharakter verwandt, sondern stehenauch physiologisch in vielfältigen Beziehungen; auf eini-ges kann im Folgenden hingewiesen werden. Anderer-seits stehen sie jedoch - wie gezeigt werden soll - ineinem Gegensatz zueinander.

Da jeder Mensch Fette, insbesondere als pflanzlicheFette und Öle kennt, kann mit ihrer Charakterisierungbegonnen werden. Das unbekannte Cholesterin, das zu-meist nur als Schlagwort geläufig ist, kann dann, ausge-hend von den Eigenschaften der Fette, in seiner Polaritätbeschrieben werden.

2. Triglyzeridfette

Jeder kennt Fette und Öle zum Beispiel aus der Küche,wo insbesondere pflanzliche Fette eine große Bedeu-tung haben. Eine Vielzahl von Fetten und Ölen mit un-terschiedlichen Qualitäten ist hier zu beschreiben. Schondie am häufigsten verwendeten, SonnenblumenöI, Oli-venöl und Palmfett, weisen ein reichhaltiges Spektrum

Der Merkurstab: Heft 3, 1998, 51. Jg.

von Qualitäten auf. Von dem bei Zimmertemperaturfesten Palmfett, das wärmeunempfindlich ist und des-halb zum Braten und Fritieren'verwendet wird. über dasOlivenöl mit eigenem Geschmack und Geruch, das beiZimmertemperatur flüssig ist, aber im Kühlschrank oderin winterlich abgekühlter Wohnung erstarrt, bis hin zumSonnenblumenöl, das wieder ein eigenes Aroma hat underst bei Temperaturen unter 0"C fest wird, reicht dasSpektrum, das beispielsweise durch Leinöl noch erwei-tert lverden kann. Leinöl wird erst bei Temperaturendeutlich unter 0'C fest und ist ein empfindliches Ö1, das

leicht ranzig wird und vor Wärme und Licht geschütztwerden soll.

Diese sogenannten fetten Öle sind abzugrenzen von denätherischen Ölen. die in der Pharmazie dadurch unter-schieden werden. daß sie - auf ein Filterpapier aufge-tropft - vollständig verdampfen, während von fettenÖlen ein Fettfleck bleibt. Die ätherischen Öle neigenalso stärker zum Verdampfen. sind flüchtig und wendensich intensiv an den Geruchssinn. Die Brennbarkeit, dieschon die fetten Öle charakterisiert. ist hier bis zum Ex-plodieren und Selbstentzünden gesteigert. AtherischeÖle sind keine ernährenden Substanzen wie die Fette,sondern pharmazeutisch wirkende. Auf der anderenSeite sind die ebenfalls nicht ernährenden Wachse festeLipidsubstanzen, die erst bei höheren Temperaturen alsdie Fette schmelzen und chemisch träger sind als diese.Während die ätherischen Öle also zum Gasigen strebenund Wachse zum festen Zustand. sind natürliche pflanz-liche Fette im allgemeinen flüssig. Sowohl Wachse alsauch Fette schmelzen bzw. verfestigen sich nicht bei ei-nem scharfen Temperaturpunkt, sondern in einemSchmelzintervall. das für Fette im Bereich von -15 bis40'C, also dem Temperaturintervall, in dem höheren Or-ganismen Leben möglich ist, liegt.

Ein Teil der vielfältigen Qualitäten der fetten Ole spie-gelt sich in den verschiedenen Fettsäuren, die man durchVerseifen aus den Fetten freisetzen und isolieren kann.Jedes natürliche Fett enthält eine Vielzahl von unter-schiedlichen Fettsäuren. Häufig steht eine im Vorder-grund, die dann oft auch ihren Namen von dem betref-fenden Fett hat: Ölsäure aus dem OlivenöI, Linol- undLinolensäure aus LeinöI. Zugleich mit den Fettsäurenwird beim Verseifen das wasserfreundliche, süßschmeckende Glyzerin freigesetzt, das ein gemeinsamerBestandteil aller Fette ist und sie chemisch von denWachsen unterscheidet.

Die Fettsäurezusammensetzung der Fette ist zunächstvon der Pflanzenart, von der die Fette gebildet sind, be-stimmt. Darüber hinaus läßt sich ein starker Einfluß der

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Cholesteringin seiner Polaritätmzu den Triglyzeridfetten

Cholesterin in seiner Polarität zu den TriglyzeridfettenMartin Errenst

1. Einleitung

Immer wieder ist Cholesterin. genauer gesagt der Gehaltdieser Substanz im Blut und in der Nahrung, ein Themasowohl in wissenschaftlichen Zeitschriften als auch inpopulären Darstellungen. Dabei wird meist das Bild ei-ner schädlichen Substanz entworfen, die Krankheitenverursacht und die Lebenszeit verkürzt. Von andererSeite wird aber auch der Vorwurf erhoben, daß die Cho-lesterindiskussion von einer Industrielobby erfundenworden sei, um an dem Verkauf von cholesterinfreierMargarine und cholesterinsenkenden Arzneimitteln zuverdienen. So steht das Cholesterin im Zentrum vonegoistischen Interessen der Industrie einerseits und desVerbrauchers andererseits.

Die Substanz Cholesterin nimmt aber auch eine zentraleStellung in der Entwicklung der Chemie und der sichdaraus entwickelnden Physiologie seit dem 18. Jahrhun-dert ein. Daran anknüpfend soll hier versucht werden,ein Bild des Cholesterins zu entwerfen, das nicht einegoistisches Interesse in den Mittelpunkt stellt, sonderndie Sache selber sprechen läßt. Eine methodische Hilfedazu ist das Aufsuchen von Polaritäten, denn indem ge-gensätzliche, aber zueinander in Bezug stehende Ge-genstände nebeneinander gestellt werden, können siesich in ihren Eigenarten beleuchten. Es müssen dannnicht äußerliche Kriterien herangezogen werden. die mitder Sache nichts zu tun haben. In diesem Sinne wird dasCholesterin hier den Fetten als Polarität innerhalb derLipidsubstanzen (also den fettlöslichen Substanzen) ge-genübergestellt. Fette und Cholesterin sind nicht nurdurch den Lipidcharakter verwandt. sondern stehenauch physiologisch in vielfältigen Beziehungen; auf eini-ges kann im Folgenden hingewiesen werden. Anderer-seits stehen sie jedoch ~ wie gezeigt werden soll - ineinem Gegensatz zueinander.

Da jeder Mensch Fette, insbesondere als pflanzlicheFette und Öle kennt, kann mit ihrer Charakterisierungbegonnen werden. Das unbekannte Cholesterin, das zu-meist nur als Schlagwort geläufig ist, kann dann, ausge-hend von den Eigenschaften der Fette, in seiner Polaritätbeschrieben werden.

2. Triglyzeridfette

Jeder kennt Fette und Öle zum Beispiel aus der Küche,wo insbesondere pflanzliche Fette eine große Bedeu-tung haben. Eine Vielzahl von Fetten und Ölen mit un-terschiedlichen Qualitäten ist hier zu beschreiben. Schondie am häufigsten verwendeten, Sonnenblumenöl, Oli-venöl und Palmfett, weisen ein reichhaltiges Spektrum

Der Merkurstab: Heft 3, 'l998, Sl. Jg.

von Qualitäten auf. Von dem bei Zimmertemperaturfesten Palmfett, das wärmeunempfindlich ist und des-halb zum Braten und Fritierenıverwendet wird, über dasOlivenöl mit eigenem Geschmack und Geruch, das beiZimmertemperatur flüssig ist, aber im Kühlschrank oderin winterlich abgekühlter Wohnung erstarrt, bis hin zumSonnenblumenöl, das wieder ein eigenes Aroma hat underst bei Temperaturen unter 0°C fest wird, reicht dasSpektrum, das beispielsweise durch Leinöl noch erwei-tert werden kann. Leinöl wird erst bei Temperaturendeutlich unter O OC. fest und ist ein empfindliches Öl, dasleicht ranzig wird und vor Wärme und Licht geschütztwerden soll.

Diese sogenannten fetten Öle sind abzugrenzen von denätherischen Ölen, die in der Pharmazie dadurch unter-schieden werden, daß sie - auf ein Filterpapier aufge-tropft - vollständig Verdampfen, während von fettenÖlen ein Fettfleck bleibt. Die ätherischen Öle neigenalso stärker zum Verdampfen, sind flüchtig und wendensich intensiv an den Geruchssinn. Die Brennbarkeit, dieschon die fetten Öle charakterisiert, ist hier bis zum Ex-plodieren und Selbstentzünden gesteigert. ÄtherischeÖle sind keine ernährenden Substanzen wie die Fette,sondern pharmazeutisch wirkende. Auf der anderenSeite sind die ebenfalls nicht ernährenden Wachse festeLipidsubstanzen. die erst bei höheren Temperaturen alsdie Fette schmelzen und chemisch träger sind als diese.Während die ätherischen Öle also zum Gasigen strebenund Wachse zum festen Zustand. sind natürliche pflanz-liche Fette im allgemeinen flüssig. Sowohl Wachse alsauch Fette schmelzen bzw. verfestigen sich nicht bei ei-nem scharfen Temperaturpunkt, sondern in einemSchmelzintervall, das für Fette im Bereich von -15 bis40 OC, also dem Temperaturintervall, in dem höheren Ör-ganismen Leben möglich ist, liegt.

Ein Teil der vielfältigen Qualitäten der fetten Öle spie-gelt sich in den verschiedenen Fettsäuren, die man durchVerseifen aus den Fetten freisetzen und isolieren kann.Jedes natürliche Fett enthält eine Vielzahl von unter-schiedlichen Fettsäuren. Häufig steht eine im Vorder-grund, die dann oft auch ihren Namen von dem betref-fenden Fett hat: Qlsäure aus dem Olivenöl, Linol- undLinolensäure aus Leinöl. Zugleich mit den Fettsäurenwird beim Verseifen das wasserfreundliche, süßschmeckende Glyzerin freigesetzt, das ein gemeinsamerBestandteil aller Fette ist und sie chemisch von denWachsen unterscheidet.

Die Fettsäurezusammensetzung der Fette ist zunächstvon der Pflanzenart, von der die Fette gebildet sind, be-stimmt. Darüber hinaus läßt sich ein starker Einfluß der

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3. Cholesterin

Fette sind dem Menschen schonseit früher Zeit bekannt. Fetteund Mehl (Getreide) sind dieGrundbestandteile der Nahrungdes sef3haften Menschen undTeil seiner Kultur und Rcligion.Die gesamte Mittelmeerlancl-scha[t ist geprägt durch den Ö]-baum, der den Griechen heiligwar. So ist die Gründung derStadt Athen mit dem Geschenkeines Ölbaumes durch die GöttinAthena verbunden. Cholesterindagegen mußte in der Neuzeiterst auf wissenschaftlichemWege entdeckt werden. Die Ent-

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Temperatur ( in'C )

Abb. t FettsäurezusanTmensetzung von pflanzlichcn Olen in Ahhtingigkeitder U mgebungstemp eratttr (9 )

Umgebungsbedingungen, insbesondere der Temperatur,auf die Fettsäurezusammensetzung feststellen(s. Abb. 1). Indem die pflanzlichen fctten Öle gruncl-legender Bestandteil unserer Nahrung sind, nehmen wirständig diese beschriebene Vielfalt der Substanzqualitä-ten mit der Nahrung aus der Natur auf. Zwei Fettsäuren

- Linol- und Linolensäure - werden nur von Pflanzengebildet und sind für dcn Menschen essentielle Nah-rungsbestandteile, da der menschliche Organismus sienicht selber bilden kann, sie abcr benötigt. Selbstver-ständlich sind auch Fette tierischer Herkunft von Be-deutung 1ür die Ernährung. Insbesondere die Milchfettezeichnen sich durch eine große Vielfalt der Fettsäurenaus (7). Fette sind neben den Kohlenhydraten die wich-tigste Grundlage für den Energiestoffwechsel. Dabeiwerden sie im Organismus physiologisch ,.verbrannt".ihre Substanzqualität vernichtet.

Damit sind die fetten Öle charakterisic-rt als Substanzen,die in großer Vielfalt und mit differenzierten sinnenfäl-ligen Qualitäten in der Natur vorliegen und die ein wich-tiger Bestandtcil unscrcr Ernährung sind. Wir haben siegegenüber den ätherischen Ölen untl clen Wachsen ab-gegrenzt, als die ernährenden Lipidsubstanzen, die nichtflüchtig sind und einen Schmelzpunkt im Bercich von

-1-5 bis +40'C haben.

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der zweiten Hälfte des 18.Jahr-hunderts (1169-1189) mit derUntersuchung und Beschreibungder wachsartigen Beschaffenheitvon Gallensteinen durch franzö-sische Chemiker.t Zl Beginn desl9.Jahrhunderts (1815/16) be-schreibt Chcvreul das Choleste-rin. dus e r aus Gallensteinen iso-lierte, als eigene Substanz. Er un-

von terscheidet es von Wachsen undFetten wegen seines hohen. Schmelzpunktes (147,5'C) und

weil es nicht wie diese verseifbar. also durch Kochen inNatronlauge in eine Seife, Salz der Feltsäuren. überführ-bar ist (s. o.). Chevreul gab dern Cholesterin seinenNamen von chole (griech.) = Galle und stereos (griech.)= fest.

Erst 1932, ein Jahrhundert später, wird dic Molekül-struktur durch Winclaus endgültig aufgeklärt; 1951 ge-lingt Woodwzird die Synthese. Damit begleitet das Cho-lesterin die gesamte Entwicklung der modernen stofl'-bezogenen, wiegcnden Chemie, die ia am Ende des18. Jahrhunderts durch Lavoisier ihr Fundament erhält.also gerade rn der Zeit, in der das Cholesterin entdecktwird. Viele bekannte Wisscnschaftlernamen sind mitdem Cholesterin verbunden. und wenige Einzelsubstan-zen haben so viel wissenschaftlichen Eifer herausgefor-dert wie das Cholcsterin. M. Brown und J. Goldstein. die1985 für physiologische Arbeiten im Zusammenhangmit Cholesterin den Nobelpreis erhielten, sagten zur Be-dcutung des Cholesterins in der Wissenschaftsge-schichte in ihrem Nobelvortrag: ,,Cholesterin ist das amhöchsten ausgezeichnete kleine MoleküI. Dreizehn No-

I Oi. C.".t-li.hte cles Cholesterins wird hauptsächtich nach Neuhau-sen ( I 977) wiedergegeben.

Der Merkurstab: Hcfl 3. 1998.51. Jg

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Umgebungsbedingungen, insbesondere der Temperatur,auf die Fettsäurezusammensetzung feststellen(s. Abb. 1). Indem die pflanzlichen fetten Öle grund-legender Bestandteil unserer Nahrung sind, nehmen wirständig diese beschriebene Vielfalt der Substanzqualitä-ten mit der Nahrung aus der Natur auf. Zwei Fettsäuren- Linol- und Linolensäure - werden nur von Pflanzengebildet und sind für den Menschen essentielle Nah-rungsbestandteile, da der menschliche Organismus sienicht selber bilden kann, sie aber benötigt. Selbstver-ständlich sind auch Fette tierischer Herkunft von Be-deutung für die Ernährung. Insbesondere die Milchfettezeichnen sich durch eine große Vielfalt der Fettsäurenaus (7). Fette sind neben den Kohlenhydraten die wich-tigste Grundlage für den Energiestoffwechsel. Dabeiwerden sie im Organismus physiologisch .,verbrannt“,ihre Substanzqualität vernichtet.Damit sind die fetten Ole charakterisiert als Substanzen,die in großer Vielfalt und mit differenzierten sinnenfäl-ligen Qualitäten in der Natur vorliegen und die ein wich-tiger Bestandteil unserer Ernährung sind. Wir haben siegegenüber den ätherischen Olen und den Wachsen ab-gegrenzt, als die ernährenden Lipidsubstanzen, die nichtflüchtig sind und einen Schmelzpunkt im Bereich von-15 bis +40 OC haben.

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-<>- Palmitinsäure

-E}- Stearinsäure

-fi-Ölsäure

-)(- Linolsäure

-<>- Palmitinsäure

-El- Stearinsäure

-A- Ölsäure

-å(-- Linolsäure

--X-- Linolensäure

3. Cholesterin

Fette sind dem Menschen schonseit früher Zeit bekannt. Fetteund Mehl (Getreide) sind dieGrundbestandteile der Nahrungdes seßhaften Menschen undTeil seiner Kultur und Religion.Die gesamte Mittelmeerland-schaft ist geprägt durch den Ol-baum, der den Griechen heiligwar. So ist die Gründung derStadt Athen mit dem Geschenkeines Olbaumes durch die GöttinAthena verbunden. Cholesterindagegen mußte in der Neuzeiterst auf wissenschaftlichemWege entdeckt werden. Die Ent-deckungsgeschichte beginnt inder zweiten Hälfte des 18. Jahr-hunderts (1769-1789) mit derUntersuchung und Beschreibungder wachsartigen Beschaffenheitvon Gallensteinen durch franzö-sische Chemikerfi Zu Beginn desl9.Jahrhunderts (1815/16) be-schreibt Chevreul das Choleste-rin, das er aus Gallensteinen iso-lierte, als eigene Substanz. Er un-terscheidet es von Wachsen undFetten wegen seines hohen

` Schmelzpunktes (l47,5°C) undweil es nicht wie diese verseifbar, also durch Kochen inNatronlauge in eine Seife, Salz der Fettsäuren, überführ-bar ist (s. o.). Chevreul gab dem Cholesterin seinenNamen von chole (griech.) = Galle und stereos (griech.)= fest.

Erst 1932, ein Jahrhundert später, wird die Molekül-struktur durch Windaus endgültig aufgeklärt; 1951 ge-lingt Woodward die Synthese. Damit begleitet das Cho-lesterin die gesamte Entwicklung der modernen stoff-bezogenen, wiegenden Chemie, die ja am Ende des18. Jahrhunderts durch Lavoisier ihr Fundament erhält,also gerade in der Zeit, in der das Cholesterin entdecktwird. Viele bekannte Wissenschaftlernamen sind mitdem Cholesterin verbunden, und wenige Einzelsubstan-zen haben so viel wissenschaftlichen Eifer herausgefor-dert wie das Cholesterin. M. Brown und J. Goldstein, die1985 für physiologische Arbeiten im Zusammenhangmit Cholesterin den Nobelpreis erhielten, sagten zur Be-deutung des Cholesterins in der Wissenschaftsge-schichte in ihrem Nobelvortrag: „Cholesterin ist das amhöchsten ausgezeichnete kleine Molekül. Dreizehn No-

l_ Die Geschichte des Cholesterins wird hauptsächlich nach Neuhau-sen ('l9'7'7) wiedergegeben.

Der Merkurstab: Heft 3. 1998. S1. Jg.

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Cholesterin in seincr Polarität zu den Tiiglyzeridfetten

belpreise wurden an Forscher vergeben, die einengrol3en Teil ihres Lebenswerks dem Cholesterin gewid-met haben." (37)

Die Erforschung der Physiologie des Cholesterins be-ginnt in der Mitte des 19. Jahrhunderts, nachdem ein-fache Farbreaktionen als Nachweismethoden für Chole-sterin entwickelt worden waren. Damit konnte Chole-sterin in praktisch allen Geweben und Sekreten und inpathologischen Bildungen des Menschen nachgewiesenwerden. Sehr bald entwickelten sich zwei gegensätzlicheBetrachtungsweisen: Einerseits wurde der Cholesterin-reichtum von jungem, sich entwickelndem Gewebe be-merkt und daraus auf die Bedeutung des Cholesterinsfür die ,,formativen" Vorgänge geschlossen (5), anderer-seits wird insbesondere von nordamerikanischen Wis-senschaftlern ein Bild des Cholesterins entworfen, dasdas Auftreten von Cholesterin im Zusammenhang mitpathologischen Erscheinungen - wie beispielsweise denGallensteinen - betont. So nennt Flint schon 1862 das

Cholesterin ,,jenen sündhaften Stoff" (17).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts werden diese konträrenAnsichten verschärft. Auf der einen Seite findet man,daß Cholesterin der Hämolyse, also der Auflösung vonErythrozyten, die durch Saponine, Bienen-, Spinnen-oder Schlangengifte ausgelöst wird, entgegenwirkt unddamit einen heilenden Effekt zeigt (31,44). Auf der an-deren Seite wird ein Zusammenhang des Cholesterinsmit dem Wachstum von Tumoren festgestellt. Im Tier-versuch fördert Cholesterin das Wachstum vonTumoren(32), und im Fettgewebe von Carcinompatienten fandman erhöhte Cholesteringehalte (42). Zw selben Zeitwurden Versuche angestellt, aus denen man fälsch-licherweise schloß. daß Cholesterin nicht vom mensch-lichen oder tierischen Organismus gebildet werdenkann, sondern mit der Nahrung aufgenommen werdenmuß (13,14).

Damit war das Konzept, Cholesterin als Schadstoff an-zusehen, dessen Aufnahme mit der Nahrung man ver-meiden muß, geboren. Aus diesem Gedanken herauswurden Versuche gemacht, um den Zusammenhang zwi-schen Nahrungscholesterin und atherosklerotischenVeränderungen zu untersuchen. Es war schon länger be-kannt, daß atherosklerotische Ablagerungen choleste-rinreich sind. Deshalb wurden Kaninchen ntsätzlichzurpflanzlichen Nahrung, die natürlicherweise praktischkein Cholesterin enthält, mit Cholesterin, das in Ölsuspendiert war, gefüttert. Nach vier bis acht Wochenwaren alle Gewebe mit Cholesterin infiltriert (2). Ka-ninchen sind als reine Pflanzenfresser nicht an choleste-rinhaltige Nahrung gewöhnt. Bei Ratten, die natürli-cherweise Fleisch und damit cholesterinhaltige Nahrungfressen, führte derselbe Versuch zu einem negativen Er-gebnis (29). Damit ist auch die Übertragbarkeit des Ka-ninchenversuchs auf den Menschen, der an eine ge-mischte Kost gewöhnt ist, fraglich. Dennoch beherrschtedas Konzept des schädlichen Nahrungscholesterins für

Der Merkurstab: Heft 3, 1998,51. Jg.

lange Zett die Diskussion. Erst in den 70er Jahren diesesJahrhunderts wurde durch Versuche an menschlichenProbanden gezeigt, daß der Cholesterinspiegel des Men-schen nur in begrenztem Maße durch den Cholesterin-gehalt der Nahrung beeinflußt werden kann (29,21,43,23).

Im Gegensatz ztm Schadstoffkonzept wurde Choleste-rin auch als Heilmittel zur allgemeinen Kräftigung, beiBlutarmut und gegen Infektionskrankheiten diskutiertund angewandt. Diese Anwendungen erlangten aberkeine große Bedeutung (29).

Es fällt auf, wie langsam sich der Gedanke, daß Chole-sterin vom menschlichen Organismus gebildet wird,durchsetzen konnte. In den Jahren 1920 bis 1923 wurdensystematische Untersuchungen der Cholesterinbilanzdurchgeführt, die ergaben, daß mehr Cholesterin vomKörper ausgeschieden als mit der Nahrung aufgenom-men wird (29), Cholesterin also nicht eigentlich ein Nah-rungsstoff ist. Bei rein vegetarischer und damit praktischcholesterinfreier Ernährung kann alles vom Organismusbenötigte Cholesterin von diesem gebildet werden. Stattdessen wird ständig Cholesterin ausgeschieden, denn es

kann nicht vom Organismus abgebaut werden. Beigroßem Cholesterinangebot in der Nahrung - hoherNahrungsanteil tierischen Ursprungs - wird die körper-eigene Synthese vermindert, sie wird allerdings nie völ-lig eingestellt (28). Die Cholesterinbilanz variiert damitje nach den Ernährungsbedingungen. Es können aberfolgende Werte aus einem Artikel über Cholesterin eineungefähre Vorstellung der Verhältnisse geben: demnachwerden pro Tag 500 mg mit der Nahrung aufgenommen,aber davon nur 200 mg tatsächlich resorbiert, denn dasCholesterin der Nahrung wird nur zu 40 bis 50 7o resor-biert, während Fette zu über 95 % resorbiert werden,700 bis 900mg werden vom Körper gebildet und ent-sprechend etwa 1000 mg = 1 g als Cholesterin oder Gal-lensalz etwa im Verhältnis 1:1 und als Steroidhormon- etwa 50mg - ausgeschieden (28,20).

Damit steht Cholesterin in vollständigem Gegensatz zuden oben charakterisierten Fetten. Diese sind notwen-dige Nahrungssubstanzen. Sie werden von außen aufge-nommen und im Organismus verstoffwechselt. BeimCholesterin ist es umgekehrt: es wird in der Hauptsachevom Organismus selber gebildet und ausgeschieden.Fette und Cholesterin verhalten sich im Stoffwechsel desMenschen in einem wesentlichen Punkt polar.

4. Die Polarität von Cholesterin und Nahrungsfetten

Die Fette wurden beschrieben als Substanzen, die denMenschen seit alters her als Nahrungssubstanzen, dieaus der äußeren Natur genommen werden, begleiten.Insofern es pflanzliche Fette sind, sind sie am Licht undan der Wärme der Sonne gereift und weisen vielfältigeQualitäten auf, die durch die jeweilige Pflanze gegebensind und die Bedingungen widerspiegeln, unter denen

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Cholesterin in seiner Polarität zu den Triglyzeridfetten

belpreise wurden an Forscher vergeben, die einengroßen Teil ihres Lebenswerks dem Cholesterin gewid-met haben.“ (37)

Die Erforschung der Physiologie des Cholesterins be-ginnt in der Mitte des 19. Jahrhunderts, nachdem ein-fache Farbreaktionen als Nachweismethoden für Chole-sterin entwickelt worden waren. Damit konnte Chole-sterin in praktisch allen Geweben und Sekreten und inpathologischen Bilclungen des Menschen nachgewiesenwerden. Sehr bald entwickelten sich zwei gegensätzlicheBetrachtungsweisen: Einerseits wurde der Cholesterin-reichtum von jungem, sich entwickelndem Gewebe be-merkt und daraus auf die Bedeutung des Cholesterinsfür die „formativen“ Vorgänge geschlossen (5), anderer-seits wird insbesondere von nordamerikanischen Wis-senschaftlern ein Bild des Cholesterins entworfen, dasdas Auftreten von Cholesterin im Zusammenhang mitpathologischen Erscheinungen - wie beispielsweise denGallensteinen - betont. So nennt Flint schon 1862 dasCholesterin „jenen sündhaften Stoff“ (17).Zu Beginn des 20. Jahrhunderts werden diese konträrenAnsichten verschärft. Auf der einen Seite findet man,daß Cholesterin der Hämolyse, also der Auflösung vonErythrozyten, die durch Saponine, Bienen-, Spinnen-oder Schlangengifte ausgelöst wird, entgegenwirkt unddamit einen heilenden Effekt zeigt (31, 44). Auf der an-deren Seite wird ein Zusammenhang des Cholesterinsmit dem Wachstum von Tumoren festgestellt. Im Tier-versuch fördert Cholesterin das Wachstum von Tumoren(32), und im Fettgewebe von Carcinompatienten fandman erhöhte Cholesteringehalte (42). Zur selben Z-eitwurden Versuche angestellt, aus denen man fälsch-licherweise schloß, daß Cholesterin nicht vom mensch-lichen oder tierischen Organismus gebildet werdenkann, sondern mit der Nahrung aufgenommen werdenmuß (13. 14).Damit war das Konzept, Cholesterin als Schadstoff an-zusehen, dessen Aufnahme mit der Nahrung man ver-meiden muß, geboren. Aus diesem Gedanken herauswurden Versuche gemacht, um den Zusammenhang zwi-schen Nahrungscholesterin und atherosklerotischenVeränderungen zu untersuchen. Es war schon länger be-kannt, daß atherosklerotische Ablagerungen choleste-rinreich sind. Deshalb wurden Kaninchen zusätzlich zurpflanzlichen Nahrung, die natürlicherweise praktischkein Cholesterin enthält, mit Cholesterin, das in Olsuspendiert war, gefüttert. Nach vier bis acht Wochenwaren alle Gewebe mit Cholesterin infiltriert Ka-ninchen sind als reine Pflanzenfresser nicht an choleste-rinhaltige Nahrung gewöhnt. Bei Ratten, die natürli-cherweise Fleisch und damit cholesterinhaltige Nahrungfressen, führte derselbe Versuch zu einem negativen Er-gebnis (29). Damit ist auch die Übertragbarkeit des Ka-ninchenversuchs auf den Menschen, der an eine ge-mischte Kost gewöhnt ist, fraglich. Dennoch beherrschtedas Konzept des schädlichen Nahrungscholesterins für

Der Merkurstab: Heft 3, 1998, 51. Jg.

lange Zeit die Diskussion. Erst in den 70er Jahren diesesJahrhunderts wurde durch Versuche an menschlichenProbanden gezeigt. daß der Cholesterinspiegel des Men-schen nur in begrenztem Maße durch den Cholesterin-gehalt der Nahrung beeinflußt werden kann (29, 2.1, 43,23).lm Gegensatz zum Schadstoffkonzept wurde Choleste-rin auch als Heilmittel zur allgemeinen Kräftigung, beiBlutarmut und gegen Infektionskrankheiten diskutiertund angewandt. Diese Anwendungen erlangten aberkeine große Bedeutung (29).Es fällt auf, wie langsam sich der Gedanke, daß Chole-sterin vom menschlichen Organismus gebildet wird,durchsetzen konnte. In den Jahren 1920 bis 1923 wurdensystematische Untersuchungen der Cholesterinbilanzdurchgeführt, die ergaben, daß mehr Cholesterin vomKörper ausgeschieden als mit der Nahrung aufgenom-men wird (29), Cholesterin also nicht eigentlich ein Nah-rungsstoff ist. Bei rein vegetarischer und damit praktischcholesterinfreier Ernährung kann alles vom Organismusbenötigte Cholesterin von diesem gebildet werden. Stattdessen wird ständig Cholesterin ausgeschieden, denn eskann nicht vom Organismus abgebaut werden. Beigroßem Cholesterinangebot in der Nahrung - hoherNahrungsanteil tierischen Ursprungs - wird die körper-eigene Synthese vermindert, sie wird allerdings nie völ-lig eingestellt (28). Die Cholesterinbilanz variiert damitje nach den Ernährungsbedingungen. Es können aberfolgende Werte aus einem Artikel über Cholesterin eineungefähre Vorstellung der Verhältnisse geben: demnachwerden pro Tag 500 mg mit der Nahrung aufgenommen,aber davon nur 200 mg tatsächlich resorbiert, denn dasCholesterin der Nahrung wird nur zu 40 bis 50 % resor-biert, während Fette zu über 95 C/› resorbiert werden,700 bis 900 mg werden vom Körper gebildet und ent-sprechend etwa 1000 mg = 1 g als Cholesterin oder Gal-lensalz etwa im Verhältnis 1:1 und als Steroidhormon- etwa 50 mg - ausgeschieden (28, 20).

Damit steht Cholesterin in vollständigem Gegensatz zuden oben charakterisierten Fetten. Diese sind notwen-dige Nahrungssubstanzen. Sie werden von außen aufge-nommen und im Organismus verstoffwechselt. BeimCholesterin ist es umgekehrt: es wird in der Hauptsachevom Organismus selber gebildet und ausgeschieden.Fette und Cholesterin verhalten sich im Stoffwechsel desMenschen in einem wesentlichen Punkt polar.

4. Die Polarität von Cholesterin und Nahrungsfetten

Die Fette wurden beschrieben als Substanzen, die denMenschen seit alters her als Nahrungssubstanzen, dieaus der äußeren Natur genommen werden, begleiten.Insofern es pflanzliche Fette sind, sind sie am Licht undan der Wärme der Sonne gereift und weisen vielfältigeQualitäten auf, die durch die jeweilige Pflanze gegebensind und die Bedingungen widerspiegeln, unter denen

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Errenst

das Fett in der Pflanze gebildet wurde. Im menschlichenOrganismus werden sie physiologisch verbrannt, ihreSubstanzqualitäten damit vernichtet.

Cholesterin dagegen ist eine Substanz, die - im Innerndes Organismus gebildet - sich dem menschlichen Blickzunächst verbirgt und erst entdeckt werden muß. ImGegensatz zu der qualitativen Vielfalt der Fette, die sichin der Vielzahl der verschiedenen Fettsäuren spiegelt, istCholesterin eine Einzelsubstanz.2 Cholesterin wird nichtwie die Fettsäuren im Organismus verbrannt, sondernausgeschieden in die äußere Welt, ans Licht.

Fette und Cholesterin sind auch in den Substanzeigen-schaften unterschiedlich: Beide sind vollständig wasser-unlöslich. aber während Fette verseifbar sind und damitin Fettsäuren und Glyzerin übergeführt werden können.die zumindest in Wasser emulgierbar sind, ist Choleste-rin nicht verseitbar. Das Schmelzverhalten von Fettenwurde oben beschrieben; Cholesterin schmilzt nicht wiediese beiTemperaturen im Bereich des Lebendigen, son-dern erst bei hoher Temperatur und in einem eindeuti-gen und scharfen Schmelzpunkt. Auch die Dichte derSubstanzen ist gegensätzlich: Fette sind bekanntlichleichter als Wasser ,.Fett schwimmt oben" , Choleste-rin hat dagegen eine Dichte von 1.046g/ml (Beilstein).ist also schwerer als Wasser. Damit ist Cholesterin imGegensatz zu den am Licht gebildeten, leichtcn, vielfäl-tigen Fetten eine im Dunkeln gebildete, schwere, mono-tone Substanz (,\bb. 2).

FETTE THOLESTERIN

BILDUNG

in der Pflanze im Mensrlenam Lirht im DunkelnVielfalt der Qualit6fen 1 Substanz

IAN MENSIHENAusscleidungsebildet

5 UBSTAN ZE I GENSIH AtrTEN

nichf verseifbarsclmelzbar Smp. 149 "[

sclarfer Schmelzpunktschwerer als Wasser (D = 1.045)

Abb.2: Die Polarität yon Fetten und Cholesterin

Cholesterin wird Gegenstand der Forschung als eine ausdem Leben herausgefallene Substanz. Das prägt dasBild des Cholesterins für lange Zeit, obwohl beobachtetwurde, daß Cholesterin notwendiger Bestandteil vielerOrganismen ist und insbesondere im Verlauf allerWachstumsprozesse gebildet wird. Die herausgefalleneSubstanz wird in den erwähnten Fütterungsexperimen-ten künstlich zugeführt, dabei lernt man nichts über dieSubstanz im gesunden Organismus. Man wird geblendet

2 Siehe dazu auch Abschnitt V

von der gegenständlichen Substanz und übersieht deneigentlichTätigen. in diesem Fall sich selber. Im lebendi-gen Zusammenhang dagegen ist der Organismus derTätige. In diese Richtung wenden sich die Anschauun-gen über das Cholesterin, denn heute versucht man we-niger den Cholesteringehalt des Plasmas durch den Cho-lesteringehalt der Nahrung zu beeinflussen, das gelingtnur in begrenztem Maße. Statt dessen sieht man darauf,wie der Plasmacholesterinspiegel durch die Ernährung,abgesehen vom Cholesterin, und durch das Verhaltenund den Lebensstil des Menschen beeinflußt wird (18,

10,6,27). Man erkennt das Cholesterin als eigentlichpassive Substanz.

Was sind die Fette und was ist das Cholesterin für denMenschen?

In der Ernährung des menschlichen Organismus durchFette werden Qualitäten aus der äußeren Natur in denMenschen hereingenommen. Sie werden,,verbrannt",die Oualitäten damit vernichtet. Im Menschen entstehtdabei Wärme und Bewegungsmöglichkeit, d. h. derMensch stellt sich mit seinen Willensimpulsen in dieWelt. So ist es unmittelbar einleuchtend, daß die Fetteals Nahrungssubstanzen einen Bezug zum Willenspoldes Menschen haben. Was bedeutet dagegen eine Sub-stanz, die der Mensch selber bildet, sich dann fremdmacht und ausscheidet?

Rudolf Steiner und Ita Wegman heschreiben in demBuch ,,Grundlegendes zu einer Erweiterung der Heil-kunst" (36) Substanzen, die der Ausscheidung nach in-nen oder außen zugeführt werden, als materielle Grund-lage der bewußten Erlebnisse des Menschen im Gegen-satz zu Substanzen, die aufgenommen werden und mitden unbewußten Vorgängen zusammenhängen. Es wer-den Harnsäure für die Ausscheidung und Eiweiß für dieAufnahme als Beispielpaar genannt. Gilt dies in ähn-licher Weise auf dem Gebiet der Lipidsubstanzen fürCholesterin und Nahrungsfette?

lm übernächsten Kapitel soll versucht werden durcheine Beschreibung der Physiologie des Cholesterins die-sen möglichen Zusammenhang des Cholesterins mit Be-wußtseinsvorgängen zu prüfen. Zunächst aber soll Cho-lesterin in der außermenschlichen Natur und als Aus-gangssubstanz für hormonartig wirkende Substanzenbeschrieben werden.

5. Cholesterin in der außermenschlichen Naturund als Ausgangssubstanz für hormonartig wirkendeSubstanzen

Cholesterin in Pflanzen uncl Tieren (41)

Man findet Cholesterin als Membranbestandteil allereukaryontischen, d. h. zellkernhaltigen Zellen, nicht nurim Menschen. Aber während beim Menschen nur we-nige Prozent anderer Sterine das Cholesterin begleiten(28), tritt bei niederen Tieren und Pflanzen eine Vielzahl

Nahrungabgebaut

verseifbarflüssiq o. IeirhtSchmelzbereichleirhter

Der Merkurstab: Heft 3, 1998,51. Jg.

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Errenst

das Fett in der Pflanze gebildet wurde. Im menschlichenOrganismus werden sie physiologisch verbrannt, ihreSubstanzqualitäten damit vernichtet.

Cholesterin dagegen ist eine Substanz, die - im Innerndes Organismus gebildet - sich dem menschlichen Blickzunächst verbirgt und erst entdeckt werden muß. ImGegensatz zu der qualitativen Vielfalt der Fette, die sichin der Vielzahl der verschiedenen Fettsäuren spiegelt, istCholesterin eine Einzelsubstanz.2 Cholesterin wird nichtwie die Fettsäuren im Organismus verbrannt, sondernausgeschieden in die äußere Welt, ans Licht.

Fette und Cholesterin sind auch in den Substanzeigen-schaften unterschiedlich: Beide sind vollständig wasser-unlöslich, aber während Fette verseilbar sind und damitin Fettsäuren und Glyzerin übergeführt werden können,die zumindest in Wasser emulgierbar sind. ist Choleste-rin nicht verseifbar. Das Schmelzverhalten von Fettenwurde oben beschrieben; Cholesterin schmilzt nicht wiediese beiTemperaturen im Bereich des Lebendigen, son-dern erst bei hoher Temperatur und in einem eindeuti-gen und scharfen Schmelzpunkt. Auch die Dichte derSubstanzen ist gegensätzlich: Fette sind bekanntlichleichter als Wasser - „Fett schwimmt oben“ -, Choleste-rin hat dagegen eine Dichte von 1,046 g/ml (Beilstein),ist also schwerer als Wasser. Damit ist Cholesterin imGegensatz zu den am Licht gebildeten. leichten, vielfäl-tigen Fetten eine im Dunkeln gebildete. schwere, mono-tone Substanz (Abb. 2).

FETFE Cl-IÜLESTERIN|3lLDUl\lÜ

in cler Pflanze im Ilflenschenam Licht im Dunkeln;Vielfalt cler Üualitäten 1 Substanz

lllll MENSCHENNahrung Flusscheiclungabgebaut gebildet

SUBSTQNZEIGENSCHIÃFTENverseifbar nicht verseifbarflüssig cr. leicht schmelzbar Smp. 149°CSchmelzbereich scharfer Schmelzcıunl-ttleichter schwerer als Wasser (D = 'LU'-l5)

Abb. 2: Die Polaritèit von Fetten L-md Cholesterin

Cholesterin wird Gegenstand der Forschung als eine ausdem Leben herausgefallene Substanz. Das prägt dasBild des Cholesterins für lange Zeit, obwohl beobachtetwurde, daß Cholesterin notwendiger Bestandteil vielerOrganismen ist und insbesondere im Verlauf allerWachstumsprozesse gebildet wird. Die herausgefalleneSubstanz wird in den erwähnten Fütterungsexperimen-ten künstlich zugeführt, dabei lernt man nichts über dieSubstanz im gesunden Organismus. Man wird geblendet

2 Siehe dazu auch Abschnitt V.

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von der gegenständlichen Substanz und übersieht deneigentlich Tätigen, in diesem Fall sich selber. Im lebendi-gen Zusammenhang dagegen ist der Organismus derTätige. In diese Richtung wenden sich die Anschauun-gen über das Cholesterin. denn heute versucht man we-niger den Cholesteringehalt des Plasmas durch den Cho-lesteringehalt der Nahrung zu beeinflussen, das gelingtnur in begrenztem Maße. Statt dessen sieht man darauf,wie der Plasmacholesterinspiegel durch die Ernährung,abgesehen vom Cholesterin, und durch das Verhaltenund den Lebensstil des Menschen beeinflußt wird (18,10, 6, 21). Man erkennt das Cholesterin als eigentlichpassive Substanz.

Was sind die Fette und was ist das Cholesterin für denMenschen?

In der Ernährung des menschlichen Organismus durchFette werden Qualitäten aus der äußeren Natur in denMenschen hereingenommen. Sie werden „verbrannt“,die Qualitäten damit vernichtet. Im Menschen entstehtdabei Wärme und Bewegungsmöglichkeit, d. h. derMensch stellt sich mit seinen Willensimpulsen in dieWelt. So ist es unmittelbar einleuchtend, daß die Fetteals Nahrungssubstanzen einen Bezug zum Willenspoldes Menschen haben. Was bedeutet dagegen eine Sub-stanz. die der Mensch selber bildet, sich dann fremdmacht und ausscheidet?

Rudolf Steiner und Ita Wegman beschreiben in demBuch „Grundlegendes zu einer Erweiterung der Heil-kunst“ (36) Substanzen, die der Ausscheidung nach in-nen oder außen zugeführt werden, als materielle Grund-lage der bewußten Erlebnisse des Menschen im Gegen-satz zu Substanzen, die aufgenommen werden und mitden unbewußten Vorgängen Zusammenhängen. Es wer-den Harnsäure für die Ausscheidung und Eiweiß für dieAufnahme als Beispielpaar genannt. Gilt dies in ähn-licher Weise auf dem Gebiet der Lipidsubstanzen fürCholesterin und Nahrungsfette?

lm übernächsten Kapitel soll versucht werden durcheine Beschreibung der Physiologie des Cholesterins die-sen möglichen Zusammenhang des Cholesterins mit Be-wußtseinsvorgängen zu prüfen. Zunächst aber soll Cho-lesterin in der außermenschlichen Natur und als Aus-gangssubstanz für hormonartig wirkende Substanzenbeschrieben werden.

5. Cholesterin in der außermenschlichen Naturund als Ausgangssubstanz für hormonartig wirkendeSubstanzen

Ch.0lesterin in Pflcmzen und Tieren. (41)

Man findet Cholesterin als Membranbestandteil allereukaryontischen, d. h. zellkernhaltigen Zellen, nicht nurim Menschen. Aber während beim Menschen nur we-nige Prozent anderer Sterine das Cholesterin begleiten(28), tritt bei niederen Tieren und Pflanzen eine Vielzahl

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Cholesterin in seiner Polarität zu den Tiiglyzeridfetten

davon an die Seite des Cholesterins und dieses bei vielenOrganismen in den Hintergrund. Die eine Substanz wirdalso durch viele ersetzt. Bei Landwirbeltieren findet manähnlich wie beim Menschen fast ausschließlich Chole-sterin, bei den Meeresfischen dagegen bis zu einem Drit-tel andere Sterine als Cholesterin. Bei den wirbellosenMeeresbewohnern liegt oft eine Melfalt davon inner-halb eines Individuums vor, deren Synthese über Chole-sterin verläuft, also komplizierter ist. Auch Pflanzenkönnen Cholesterin synthetisieren und enthalten meisteine geringe Menge davon, bilden aber vorwiegend spe-zielle Phytosterole. Über die Evolution geschaut, verein-facht sich die Sterinbildung also sowohl in bezug auf dieVielfalt als auch in bezug auf den Syntheseweg.

Eine Besonderheit liegt vor bei der Bakterienmembran,diese ist sterinfrei (8). Die Gliederfüßler, darunter dieInsekten, können selber keine Sterine neu bilden, ob-wohl ihre Membranen sie enthalten. Sie nehmen Sterinemit der Nahrung oder von symbiontischen Mikroorga-nismen auf und modifizieren sie. Sterine sind also fürGliederfüßler essentielle Nahrungsbestandteile wie füruns ungesättigte Fettsäuren (2.B. Linolsäure), die derOrganismus modifizieren, aber nicht selber bilden kann.Insekten haben insofern ein polares Verhältnis zumCholesterin bzw. zu den das Cholesterin ersetzendenSterinen wie der Mensch.

Umwandlung des Cholesterins zu hormonartigwirkenden Substanzen

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß ein Teil desCholesterins als Gallensalz, Calciferol (Vitamin D) oderSteroidhormon ausgeschieden wird. Pro Tag werdenetwa 0,5g Gallensalze und 50mg Steroidhormone vommenschlichen Organismus gebildet und ausgeschieden(38,21,28). Gallensalze sind nun gerade die Substanzen,die das Cholesterin in der Gallenflüssigkeit emulgierenund beim Aufschließen der Nahrungsfette eine wichtigeRolle spielen, so daß sich an diesem Punkt die Choleste-rin- und die Fettseite begegnen.

Die Bildung der Calciferole aus Cholesterin ist von demhier dargestellten Charakter des Cholesterins aus ge-

sehen bemerkenswert: Aus 7-dehydro-Cholesterin wirdin der Haut durch Lichtwirkung Cholecalciferol gebildet(19). Die Bezeichnung Vitamin D für Cholecalciferol istalso irreführend. E,s ist kein essentieller Nahrungsbe-standteil, essentiell ist das Licht. Mangelt es daran, so

kann durch Gabe von Cholecalciferol als ,,Vitamin D"Ersatz geschaffen werden. In Leber und Niere werdendann aus Cholecalciferol die Substanzen gebildet, dieBedeutung insbesondere in der Regulierung der Kno-chen- und damit der Gestaltbildung haben. Das im Dun-kel des Organismus gebildete Cholesterin wird also un-ter Lichtwirkung umgebildet zu einer hormonartig wir-kenden Substanz.

Steroidhormone werden in bestimmten Organen derNebennierenrinde und den Keimdrüsen aus Cholesterin

Der Merkurstab: Heft 3, 1998.51. Jg.

gebildet und wirken regulierend im Bereich von Wachs-tums- und Stoffwechselvorgängen. Es wird dabei jeweilsauf den gesamten Organismus Einfluß genommen: dieSteroidhormone werden in der Nebennierenrinde odervon Keimzellen gebildet und durch das BIut im gesam-ten Organismus verteilt. Diese Vorgänge verlaufen kür-zestens im Stundenmaßstab, eher noch inTagen (Repro-duktionszyklus) oder noch langsamer bei Wachstums-vorgängen. Auf der anderen Seite werden auch von es-

sentiellen Fettsäuren ausgehend über die sogenannteArachidonsäurekaskade Wirksubstanzen, z.B. Prostag-Iandine, gebildet. Diese Substar'zen, die unter der Be-zeichnung E,ikosanoide zusammengefaßt werden kön-nen, wirken nun im Gegensatz zu den Steroidhormonenin sehr kurzen Zeiträumen von Sekunden und nur lokal.Die Art, die Richtung ihrer Wirksamkeit, ist abhängigvon dem Ort ihresAuftretens und kann sogar je nach Ortbei ein und derselben Substanz gegensätzlich sein. Wirbeobachten also sowohl aus Fettsäuren als auch ausCholesterin eine Bildung von hormonartig wirksamenSubstanzen: Während die aus Cholesterin gebildetenSteroidhormone über eine vergleichsweise lange Zert-spanne auf den gesamten Organismus wirken, sind dieaus den Fettsäuren gebildeten Eikosanoide lokal undkurzfristig wirksam.

Es soll weiterhin hingewiesen werden auf die Verbin-dung des Cholesterins mit Schwefelsäure zum Chole-sterinsulfat, das vor allem in der Oberhaut gefundenwird. Der Wechsel von Cholesterin und Cholesterinsul-fat spielt eine Rolle bei der Regulierung der Verhornungund dem Abschilfern der Hornhautzellen. Als extremesanschauliches Beispiel kann hier auf den Pferdehuf hin-gewiesen werden. Sein Lipidanteil enthält 27 "/" Chole-sterin und 20"Ä Cholesterinsulfat. In diesem Extremkommt der Charakter des Cholesterins als einer Sub-stanz, die da erscheint, wo Festigkeit, Struktur, äußererDruck ist. zum Ausdruck. Über Cholesterinsulfat inmenschlicher Hornsubstanz konnte keine aktuelle Lite-ratur gefunden werden.

6. Physiologie des Cholesterins

Bei der Beschreibung der menschlichen Physiologie desCholesterins kommen je nach Fragerichtung drei unter-schiedliche Aspekte in Betracht:

1. Fragt man nach der Bildung des Cholesterins, so wirdman in den Stoffwechselbereich zu Leber und Darmgeführt: Auch wenn Cholesterin von allen kernhalti-gen Zellen gebildet wird, produzieren Leber undDarm einen Überschuß für andere Organe.

2. Fragt man dagegen danach, wo Cholesterin als Sub-stanz konzentriert ist, so wird man auf den Kopfbe-reich, das Gehirn, gewiesen. Ein Viertel des Körper-gesamtcholesterins von etwa 140 g sind im Gehirn, woes einen Anteil bis zu 10 % der Tiockenmasse aus-macht (38).

1.53

Cholesterin in seiner Polarität zu den Triglyzeridfetten

davon an die Seite des Cholesterins und dieses bei vielenOrganismen in den Hintergrund. Die eine Substanz wirdalso durch viele ersetzt. Bei Landwirbeltieren findet manähnlich wie beim Menschen fast ausschließlich Chole-sterin, bei den Meeresfischen dagegen bis zu einem Drit-tel andere Sterine als Cholesterin. Bei den wirbellosenMeeresbewohnern liegt oft eine Vielfalt davon inner-halb eines Individuums vor, deren Synthese über Chole-sterin verläuft, also komplizierter ist. Auch Pflanzenkönnen Cholesterin synthetisieren und enthalten meisteine geringe Menge davon, bilden aber vorwiegend spe-zielle Phytosterole. Über die Evolution geschaut, verein-facht sich die Sterinbildung also sowohl in bezug auf dieVielfalt als auch in bezug auf den Syntheseweg.Eine Besonderheit liegt vor bei der Bakterienmembran,diese ist sterinfrei (8). Die Gliederfüßler, darunter dieInsekten, können selber keine Sterine neu bilden, ob-wohl ihre Membranen sie enthalten. Sie nehmen Sterinemit der Nahrung oder von symbiontischen Mikroorga-nismen auf und modifizieren sie. Sterine sind also fürGliederfüßler essentielle Nahrungsbestandteile wie füruns ungesättigte Fettsäuren (z. B. Linolsäure), die derOrganismus modifizieren, aber nicht selber bilden kann.Insekten haben insofern ein polares Verhältnis zumCholesterin bzw. zu den das Cholesterin ersetzendenSterinen wie der Mensch.

Un-:Wandlung des Cholesterins zu hormonartigwirkenden SubstanzenEs wurde bereits darauf hingewiesen, daß ein Teil desCholesterins als Gallensalz, Calciferol (Vitamin D) oderSteroidhormon ausgeschieden wird. Pro Tag werdenetwa 0,5 g Gallensalze und 50 mg Steroidhormone vommenschlichen Organismus gebildet und ausgeschieden(38, 21, 28). Gallensalze sind nun gerade die Substanzen,die das Cholesterin in der Gallenflüssigkeit emulgierenund beim Aufschließen der Nahrungsfette eine wichtigeRolle spielen, so daß sich an diesem Punkt die Choleste-rin- und die Fettseite begegnen.Die Bildung der Calciferole aus Cholesterin ist von demhier dargestellten Charakter des Cholesterins aus ge-sehen bemerkenswert: Aus 7-dehydro-Cholesterin wirdin der Haut durch Lichtwirkung Cholecalciferol gebildet(19). Die Bezeichnung Vitamin D für Cholecalciferol istalso irreführend. Es ist kein essentieller Nahrungsbe-standteil, essentiell ist das Licht. Mangelt es daran, sokann durch Gabe von Cholecalciferol als „Vitamin D“Ersatz geschaffen werden. In Leber und Niere werdendann aus Cholecalciferol die Substanzen gebildet, dieBedeutung insbesondere in der Regulierung der Kno-chen- und damit der Gestaltbildung haben. Das im Dun-kel des Organismus gebildete Cholesterin wird also un-ter Lichtwirkung umgebildet zu einer hormonartig wir-kenden Substanz.Steroidhormone werden in bestimmten Organen derNebennierenrinde und den Keimdrüsen aus Cholesterin

Der Merkurstab: Heft 3, 1998, 51. Jg.

gebildet und wirken regulierend im Bereich von Wachs-tums- und Stoffwechselvorgängen. Es wird dabei jeweilsauf den gesamten Organismus Einfluß genommen: dieSteroidhormone werden in der Nebennierenrinde odervon Keimzellen gebildet und durch das Blut im gesam-ten Organismus verteilt. Diese Vorgänge verlaufen kür-zestens im Stundenmaßstab, eher noch in Tagen (Repro-duktionszyklus) oder noch langsamer bei Wachstums-vorgängen. Auf der anderen Seite werden auch von es-sentiellen Fettsäuren ausgehend über die sogenannteArachidonsäurekaskade Wirksubstanzen, z.B. Prostag-landine, gebildet. Diese Substanzen, die unter der Be-zeichnung Eikosanoide zusammengefaßt werden kön-nen, wirken nun im Gegensatz zu den Steroidhormonenin sehr kurzen Zeiträumen von Sekunden und nur lokal.Die Art, die Richtung ihrer Wirksamkeit, ist abhängigvon dem Ort ihres Auftretens und kann sogar je nach Ortbei ein und derselben Substanz gegensätzlich sein. Wirbeobachten also sowohl aus Fettsäuren als auch ausCholesterin eine Bildung von hormonartig wirksamenSubstanzen: Während die aus Cholesterin gebildetenSteroidhormone über eine vergleichsweise lange Zeit-spanne auf den gesamten Organismus wirken, sind dieaus den Fettsäuren gebildeten Eikosanoide lokal undkurzfristig wirksam.

Es soll weiterhin hingewiesen werden auf die Verbin-dung des Cholesterins mit Schwefelsäure zum Chole-sterinsulfat, das vor allem in der Oberhaut gefundenwird. Der Wechsel von Cholesterin und Cholesterinsul-fat spielt eine Rolle bei der Regulierung der Verhornungund dem Abschilfern der Hornhautzellen. Als extremesanschauliches Beispiel kann hier auf den Pferdehuf hin-gewiesen werden. Sein Lipidanteil enthält 27 % Chole-sterin und 20 % Cholesterinsulfat. In diesem Extremkommt der Charakter des Cholesterins als einer Sub-stanz, die da erscheint, wo Festigkeit, Struktur, äußererDruck ist, zum Ausdruck. Über Cholesterinsulfat inmenschlicher Hornsubstanz konnte keine aktuelle Lite-ratur gefunden werden.

6. Physiologie des Cholesterins

Bei der Beschreibung der menschlichen Physiologie desCholesterins kommen je nach Fragerichtung drei unter-schiedliche Aspekte in Betracht:

1. Fragt man nach der Bildung des Cholesterins, so wirdman in den Stoffwechselbereich zu Leber und Darmgeführt: Auch wenn Cholesterin von allen kernhalti-gen Zellen gebildet wird, produzieren Leber undDarm einen Überschuß für andere Organe.

2. Fragt man dagegen danach, wo Cholesterin als Sub-stanz konzentriert ist, so wird man auf den Kopfbe-reich, das Gehirn, gewiesen. Ein Viertel des Körper-gesamtcholesterins von etwa 140 g sind im Gehirn, woes einen Anteil bis zu 10 % der Trockenmasse aus-macht (38).

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Errenst

3. Unter dem Gesichtspunkt von Gesundheit undKrankheit wird die Aufmerksamkeit auf das Chole-sterin im Blutplasma gelenkt, weil das Verhältnis desOrganismus zum Cholesterin hier besonders emp-findlich und dadurch die Krankheitsmöglichkeit großist.

Unter diesen drei Aspekten soll nun auf das Cholesterinim Stoffwechselbereich, im Nervensystem und in derBlutzirkulation geschaut werden:

1. Stoffwechsel

Die Frage nach der Synthese des Cholesterins führtzunächst zu Leber und Darm: Zwar wird Cholesterin inallen Geweben des Organismus, in allen kernhaltigenZellen gebildet, insofern ist dieser Stoffwechselaspektim ganzen Organismus zu finden, aber Leber und Darmsind die Organe, die das meiste Cholesterin bilden undüber das Blut Cholesterin an andere Organe weiter-geben. Auf der anderen Seite geht auch die Ausschei-dung von Cholesterin über Galle und Darm von der Le-ber aus: Cholesterin - durch Phospholipide und aus Cho-lesterin gebildete Gallensalze emulgiert - gelangt mitder Gallenflüssigkeit in den Darm und begegnet dortden Nahrungssubstanzen, insbesondere den Fettsub-stanzen. Ein Teil dieses Cholesterins wird über denDarm ausgeschieden, ein andererTeil wird mit den Nah-rungslipiden resorbiert und gelangt über die Blutzirku-lation in die Leber, nimmt also am Gallenkreislauf teil.

So finden wir dreierlei Vorgänge in bezug auf das Cho-lesterin im Leber-Darm-Tiakt: Synthese, Ausscheidungund Gallenkreislauf. Gegensätzlich dazu verlaufen dieStoffwechselprozesse in bezug auf die Fettsubstanzen:Der Ausscheidung des Cholesterins steht die Aufnahmeder Fette als Nahrungssubstanzen, der Synthese desCholesterins der Abbau der Fette gegenüber.3 Gemein-sam ist, daß Substanz - Cholesterin oder Fettsubstanz -bewegt und verwandelt wird.4

2. Gehirn und ltlerven

Die Frage nach dem Ort der größten Synthese und demgrößten Umsatz von Cholesterin hat uns in den Stoff-wechselbereich von Darm und Leber geführt. Fragen wirdanach, wo Cholesterin in größter Konzentration zu fin-den ist, so werden wir auf das Gehirn gewiesen (s. o.).Schon in der langen Halbwertszeit des Cholesterins imZentralnervensystem, die bis zu mehreren Jahren betra-gen kann, im Vergleich zum mehrmaligen Umlauf pro

3 Es können auch in der Leber Fettsäuren und damit Fette syntheti-siert werden. Bei ausgewogener Ernährung spielt das eine mengen-mäßig untergeordnete Rolle.

4 Außerdem finden wir im Bereich der Stoffwechselorgane die Bil-dung von Gallensäuren und Cholecalciferol in der Leber und von

Steroidhormonen in Nebennierenrinde und Keimdrüsen (siehe Ab-schnitt V).

5 Membranen von Zellorganen im Inneren der Zellen sind dagegenteilweise cholesterinfrei oder cholesterinarm.

154

Tag im Gallenkreislauf kommt der gegensätzliche Cha-rakter der Verhältnisse in diesem Bereich zum Aus-druck. Das Cholesterin ist im Gehirn insbesondere Be-standteil der Myelinscheiden. Diese sind extreme For-men von Zellmembranen, bei denen die isolierende,trennende Funktion betont ist. Zellmembranen aus demStoffwechselbereich, zum Beispiel von Leberzellen, be-tonen dagegen neben der abgrenzenden Funktion aucheine vermittelnde: Prozesse zu katalysieren und Sub-stanzen auszutauschen. Der funktionelle Unterschiedkorreliert mit dem höheren Eiweißanteil der Leberzell-membranen und dem höheren Lipidanteil der Myelin-scheiden (22).Die extrem lipid- und cholesterinreichenMyelinscheiden umgeben die Nervenzellen als isolie-rende Schicht. sie bilden dauerhafte Strukturen mit ab-geschlossenen Oberflächen.

Der Lipidanteil aller Zellmembranen des menschlichenund des Säugetierorganismus besteht aus einem Chole-sterinanteils und einem Anteil von polaren, zum Wäßri-gen vermittelnden Lipiden (2. B. Phospho- oder Sphin-golipide), die sich von den Tiiglizeridfetten ableiten las-sen. insofern sie verseifbar sind und dabei Fettsäuren freiwerden. Aus der Komposition der polaren Lipide unddes Cholesterins ergibt sich der flüssigkristalline Sub-stanzzustand der Membranen als neue Qualität, die sichnicht linear aus den Eigenschaften der Einzelkompo-nenten herleiten läßt. So ist das Schmelzverhalten derMembran nicht ein Mittel aus dem hohen Schmelzpunktdes Cholesterins (147,5'C) und dem niedrigen der pola-ren Lipide, sondern der flüssigkristalline Zustand isteine Synthese aus Eigenschaften von flüssigen undfesten Körpern. Ein erhöhter Cholesterinanteil erhöhtdie Festigkeit und Undurchlässigkeit der Membranen,eine Eigenschaft, die besonders die Myelinscheiden aus-zeichnet.

Tiiglyzeridfette haben im Bereich der Nerven und desGehirns keine Bedeutung, weder als Substrat fürden Energiestoffwechsel noch als Strukturbildner, son-dern nur die von ihnen abgeleiteten polaren Membran-lipide (s.o.). Im Gegensatz zum Speicherfett des Fett-gewebes, in dem die Fettsäurezusammensetzung in er-staunlichem Maße die der Nahrung widerspiegelt (34),ist die Fettsäurezusammensetzung dieser polaren Mem-branlipide weitgehend vom Organismus beherrscht.Allerdings sind die Lipide im Gehirn besonders reich anessentiellen Fettsäuren und daher besonders die Ent-wicklung des Gehirns abhängig von den mit der Nah-rung aufgenommenen essentiellen Fettsäuren. Wiederverhält sich Cholesterin polar: Die Cholesterinversor-gung des Gehirns ist eigenständig und unabhängig vomPlasmacholesterin (24), w ähr end die Cholesterinsyn-these der Leber flexibel die Erfordernisse des Organis-mus und das Angebot durch die Nahrung ausbalanciert(s.o.). Wir sehen also im Gehirn die Tendenz, die Vor-gänge vom Organismus her zu bestimmen, sich nicht zuöffnen gegenüber den stark umweltgeprägten tiglyce-

Der Merkurstab: Hett 3, 1998,51. Jg.

Errenst

3. Unter dem Gesichtspunkt von Gesundheit undKrankheit wird die Aufmerksamkeit auf das Chole-sterin im Blutplasma gelenkt, weil das Verhältnis desOrganismus zum Cholesterin hier besonders emp-findlich und dadurch die Krankheitsmöglichkeit großist.

Unter diesen drei Aspekten soll nun auf das Cholesterinim Stoffwechselbereich, im Nervensystem und in derBlutzirkulation geschaut werden:

1. Stoffwechsel

Die Frage nach der Synthese des Cholesterins führtzunächst zu Leber und Darm: Zwar wird Cholesterin inallen Geweben des Organismus, in allen kernhaltigenZellen gebildet, insofern ist dieser Stoffwechselaspektim ganzen Organismus zu finden, aber Leber und Darmsind die Organe, die das meiste Cholesterin bilden undüber das Blut Cholesterin an andere Organe weiter-geben. Auf der anderen Seite geht auch die Ausschei-dung von Cholesterin über Galle und Darm von der Le-ber aus: Cholesterin - durch Phospholipide und aus Cho-lesterin gebildete Gallensalze emulgiert - gelangt mitder Gallenflüssigkeit in den Darm und begegnet dortden Nahrungssubstanzen, insbesondere den Fettsub-stanzen. Ein Teil dieses Cholesterins wird über denDarm ausgeschieden, ein anderer Teil wird mit den Nah-rungslipiden resorbiert und gelangt über die Blutzirku-lation in die Leber, nimmt also am Gallenkreislauf teil.

So finden wir dreierlei Vorgänge in bezug auf das Cho-lesterin im Leber-Darm-Trakt: Synthese, Ausscheidungund Gallenkreislauf. Gegensätzlich dazu verlaufen dieStoffwechselprozesse in bezug auf die Fettsubstanzen:Der Ausscheidung des Cholesterins steht die Aufnahmeder Fette als Nahrungssubstanzen, der Synthese desCholesterins der Abbau der Fette gegenüber.3 Gemein-sam ist, daß Substanz - Cholesterin oder Fettsubstanz -bewegt und verwandelt wirdft

2. Gehirn und Nerven

Die Frage nach dem Ort der größten Synthese und demgrößten Umsatz von Cholesterin hat uns in den Stoff-wechselbereich von Darm und Leber geführt. Fragen wirdanach, wo Cholesterin in größter Konzentration zu fin-den ist, so werden wir auf das Gehirn gewiesen (s. 0.).Schon in der langen Halbwertszeit des Cholesterins imZentralnervensystem, die bis zu mehreren Jahren betra-gen kann, im Vergleich zum mehrmaligen Umlauf pro

3 Es können auch in der Leber Fettsäuren und damit Fette syntheti-siert werden. Bei ausgewogener Ernährung spielt das eine mengen-mäßig untergeordnete Rolle.

4 Außerdem finden wir im Bereich der Stoffwechselorgane die Bil-dung von Gallensäuren und Cholecalciferol in der Leber und vonSteroidhormonen in Nebennierenrinde und Keimdrüsen (siehe Ab-schnitt V).

5 Membranen von Zellorganen im Inneren der Zellen sind dagegenteilweise cholesterinfrei oder cholesterinarm.

154

Tag im Gallenkreislauf kommt der gegensätzliche Cha-rakter der Verhältnisse in diesem Bereich zum Aus-druck. Das Cholesterin ist im Gehirninsbesonde-re Be-standteil der Myelinscheiden. Diese sind extreme For-men von Zellmembranen, bei denen die isolierende,trennende Funktion betont ist. Zellmembranen aus demStoffwechselbereich, zum Beispiel von Leberzellen, be-tonen dagegen neben der abgrenzenden Funktion aucheine vermittelnde: Prozesse zu katalysieren und Sub-stanzen auszutauschen. Der funktionelle Unterschiedkorreliert mit dem höheren Eiweißanteil der Leberzell-membranen und dem höheren Lipidanteil der Myelin-scheiden (22). Die extrem lipid- und cholesterinreichenMyelinscheiden umgeben die Nervenzellen als isolie-rende Schicht, sie bilden dauerhafte Strukturen mit ab-geschlossenen Oberflächen.Der Lipidanteil aller Zellmembranen des menschlichenund des Säugetierorganismus besteht aus einem Chole-sterinanteil5 und einem Anteil von polaren, zum Wäßri-gen vermittelnden Lipiden (z. B. Phospho- oder Sphin-golipide), die sich von den Triglizeridfetten ableiten las-sen, insofern sie verseifbar sind und dabei Fettsäuren freiwerden. Aus der Komposition der polaren Lipide unddes Cholesterins ergibt sich der flüssigkristalline Sub-stanzzustand der Membranen als neue Qualität, die sichnicht linear aus den Eigenschaften der Einzelkompo-nenten herleiten läßt. So ist das Schmelzverhalten derMembran nicht ein Mittel aus dem hohen Schmelzpunktdes Cholesterins (147,5 OC) und dem niedrigen der pola-ren Lipide, sondern der flüssigkristalline Zustand isteine Synthese aus Eigenschaften von flüssigen undfesten Körpern. Ein erhöhter Cholesterinanteil erhöhtdie Festigkeit und Undurchlässigkeit der Membranen,eine Eigenschaft, die besonders die Myelinscheiden aus-zeichnet.

Triglyzeridfette haben im Bereich der Nerven und desGehirns keine Bedeutung, weder als Substrat fürden Energiestoffwechsel noch als Strukturbildner, son-dern nur die von ihnen abgeleiteten polaren Membran-lipide (s. o.). Im Gegensatz zum Speicherfett des Fett-gewebes, in dem die Fettsäurezusammensetzung in er-staunlichem Maße die der Nahrung widerspiegelt (34),ist die Fettsäurezusammensetzung dieser polaren Mem-branlipide weitgehend vom Organismus beherrscht.Allerdings sind die Lipide im Gehirn besonders reich anessentiellen Fettsäuren und daher besonders die Ent-wicklung des Gehirns abhängig von den mit der Nah-rung aufgenommenen essentiellen Fettsäuren. Wiederverhält sich Cholesterin polar: Die Cholesterinversor-gung des Gehirns ist eigenständig und unabhängig vomPlasmacholesterin (24), während die Cholesterinsyn-these der Leber flexibel die Erfordernisse des Organis-mus und das Angebot durch die Nahrung ausbalanciert(s. o.). Wir sehen also im Gehirn die Tendenz, die Vor-gänge vom Organismus her zu bestimmen, sich nicht zuöffnen gegenüber den stark umweltgeprägten Triglyce-

Der Merkurstab: Heft 3, '1998, 51. Jg.

Page 7: errenst.eu (Merkurstab 1998 Heft 3).pdf · Created Date: 6/24/2016 2:17:43 PM

Cholesterin in seiner Polarität zu den Tiiqlvzeridfetten

ridfetten und den Charakter des eigengebildeten Chole-sterins rein ausgeprägt.

Cholesterin ist im Nerven-Sinnes- und im Stoffwechsel-bereich in gegensätzliche Funktionszusammenhängeeingebunden. Räumlich durchdringen sich beide Berei-che: Cholesterinsynthese findet im gesamten Organis-mus statt. und in allen Geweben ist Cholesterin Mem-branbestandteil. Aber Leber und Darm sind dochSchwerpunkte der Cholesterinsynthese, Cholesterinaus-scheidung findet nur über die Galle statt, und in den li-pidreichen Myelinscheiden kommt die Bedeutung des

Cholesterins für die Membranen zu einem Höhepunkt.

3. Zirkulation

Die Dynamik im Stoffwechselbereich und die Substanz-ruhe im Nervenbereich werden in der Blutzirkulationzum Ausgleich gebracht. Die Bewegung von Lipidsub-stanzen im Blut vermittelt beide Seiten. Lipophile, alsowasserunlösliche Substanzen, werden im Blut durchLipoproteine im Flüssig-Wäßrigen gehalten. Wie nähertsich die experimentelle Forschung diesen ständig in ho-her Ordnung sich verwandelnden Vorgängen an?

Die ersten Beobachtungen wurden 1622 an Hunden ge-

macht, deren Lymphgefäße im Bauchraum nach demFressen eine milchig-weiße Flüssigkeit enthielten (3).Auch eine Blutprobe, die nach einer fettreichen Mahl-zeit genommen wird, ist milchig-trüb. Diese milchigeTiübe weist auf Lipoproteine, die die lipophilen Sub-stanzen des Blutes tragen, hin. Sie sind unter dem Mi-kroskop als sphärisch-tropfenförmige Gebilde zu erken-nen und durchaus mit den Fett-Tiöpfchen der Milch zuvergleichen, aber nicht statisch, sondern ständig in Be-wegung und Verwandlung zu denken.

Aus einer ersten experimentellen Differenzierung derLipoproteine nach ihrer Dichte ergeben sich die aus demEnglischen abgeleiteten und allgemein verwendeten Be-zeichnungen VLDL (very low density lipoprotein) fürdie leichtesten, LDL (low density lipoprotein) für diemittleren und HDL (high density lipoprotein) für dieschwersten dieser Lipoproteine, die nichts über ihrephysiologische Bedeutung aussagen. Die chemischeAnalyse dieser nach ihrer Dichte unterschiedenen Lipo-proteine, nach Fett-, Cholesterin- und Proteingehalt dif-terenziert, ergibt, daß die VLDL den höchsten Fett-gehalt haben (das korreliert mit der geringen Dichte,denn Fett ist leicht), die LDL den höchsten Cholesterin-und HDL den höchsten Proteingehalt (s. Täbelle).

Was ist ihre physiologische Bedeutung? Den fettreichenLipoproteinen kommt eine ernährende Funktion zu, in-dem sie die Organe - mit Ausnahme des Gehirns - mitTiiglyzeridfett versorgen. Dabei muß man nach ihremBildungsort die vorwiegend von der Leber gebildetenVLDL von den in der Darmwand gebildeten ,,Chylomi-kronen" unterscheiden. Die als Nahrung aufgenomme-nen. im Darm verdauten und von der Darmwand resor-

Der Merkurstab: Heft 3, 1998,51. Jg.

bierten Fette werden als Chylomikronen dem Organis-mus einverleibt. Daher die Beobachtung der milchig-trüben Lymphflüssigkeit. In der stofflichen Zusammen-setzung der Chylomikronen kommt deren Nahrungs-charakter zum Ausdruck: die Fettzusammensetzung ent-spricht der der Nahrung, und im Vergleich zu den VLDLenthalten die Chylomikronen Retinol (Vitamin A als es-

sentielle Nahrungssubstanz, 12) und unabhängig vomCholesteringehalt der Nahrung weniger von der Nicht-Nahrungssubstanz Cholesterin (vgl. Tabelle). Chylomi-kronen vermitteln dem Organismus die von außen überden Darm aufgenommenen Lipidsubstanzen, VLDLvermitteln innerhalb des Organismus die von der Lebergebildeten oder umgewandelten Lipidsubstanzen.

Tabelle: [nach Thews 1989 und Mead 1986]

Die Triglyzeridfette werden in den Organen noch inner-halb der Blutkapillare aus den Lipoproteinen freigesetzt,es bleiben cholesterinreiche Reste zurück. Schaut mandarauf, daß die Fette der Lipoproteine eine Art physiolo-gischer Verbrennung zugeführt werden, so kann mandiese cholesterinreichen Reste auch bildhaft als

,,Aschen" bezeichnen. Die ,,Aschen" der Chylomikronenwerden von der Leber aufgenommen und verdaut, die derVLDL verbleiben zu einem Teil im Blut und werden incholesterinreiche LDL-Lipoproteine umgewandelt.Diese können sowohl von der Leber als auch von ande-renZellen des Organismus aufgenommen werden und er-gänzen so den Cholesterinstoffwechsel der Gewebe.6

Im Blut liegt das Cholesterin im Gegensatz zum Chole-sterin des übrigen Organismus zum größten Teil - etwal6% - als Fettsäureester vorwiegend mit der essentiel-len Linolsäure verbunden vor (28). Hier im mittleren,rhythmischen Bereich der menschlichen Physiologieverbinden sich die beiden in diesem Aufsatz polar ge-genübergestellten Seiten, die mit der Nahrung auf-genommene essentielle Fettsäure und das Cholesterinin einer Art neutralisierter Speicherform des Choleste-rins.7 Die Bindung der Fettsäure an das Cholesterin istmöglich, weil das Cholesterin über eine ,,Alkoholfunk-

6 Dabei werden die LDl-Lipoproteine als Ganze von der Zelle aufge-nommen (Endocytose) und innerhalb der Zelle verdaut, im Gegen-

satz dazu werden die Tiiglyzeridfette im Plasma aus den fettreichenLipoproteinen freigesetzt und dann erst von den Zellen resorbiert.

7 In Zellen findet man Cholesterin nur zu einem geringen Anteil als

Fettsäureester, dann vorwiegend mit Ölsäure verestert, im Gehirnausschließlich unverestertes Cholesterin.

Lipoproteine fettreich. ernährend cholesterin,reich

eiweiß-reich

BezeichnungDichte [g/ml]

Chylomikronen0.94

VLDL0,94-1,01

LDLi,02-1,06

HDL1,10 1,20

Stoffliche Zusammensetzu:rg in Gewicl tsprozenl

TiiglyzeridCholesterinEiweißPhospholipid

847

2

7

5024

8

18

11

4627

22

8

20

5022

155

Cholesterin in seinergPolarität zu den Triglyzeridfetten

ridfetten und den Charakter des eigengebildeten Chole-sterins rein ausgeprägt.

Cholesterin ist im Nerven-Sinnes- und im Stoffwechsel-bereich in gegensätzliche Funktionszusammenhängeeingebunden. Räumlich durchdringen sich beide Berei-che: Cholesterinsynthese findet im gesamten Organis-mus statt, und in allen Geweben ist Cholesterin Mem-branbestandteil. Aber Leber und Darm sind dochSchwerpunkte der Cholesterinsynthese, Cholesterinaus-scheidung findet nur über die Galle statt, und in den li-pidreichen Myelinscheiden kommt die Bedeutung desCholesterins für die Membranen zu einem Höhepunkt.

3. Zirkulation

Die Dynamik im Stoffwechselbereich und die Substanz-ruhe im Nervenbereich werden in der Blutzirkulationzum Ausgleich gebracht. Die Bewegung von Lipidsub-stanzen im Blut vermittelt beide Seiten. Lipophile, alsowasserunlösliche Substanzen, werden im Blut durchLipoproteine im Flüssig-Wäßrigen gehalten. Wie nähertsich die experimentelle Forschung diesen ständig in ho-her Ordnung sich verwandelnden Vorgängen an?

Die ersten Beobachtungen wurden 1622 an Hunden ge-macht, deren Lymphgefäße im Bauchraum nach demFressen eine milchig-weiße Flüssigkeit enthielten (3).Auch eine Blutprobe, die nach einer fettreichen Mahl-zeit genommen wird, ist milchig-trüb. Diese milchigeTrübe weist auf Lipoproteine, die die lipophilen Sub-stanzen des Blutes tragen, hin. Sie sind unter dem Mi-kroskop als sphärisch-tropfenförmige Gebilde zu erken-nen und durchaus mit den Fett-Tröpfchen der Milch zuvergleichen, aber nicht statisch, sondern ständig in Be-wegung und Verwandlung zu denken.

Aus einer ersten experimentellen Differenzierung derLipoproteine nach ihrer Dichte ergeben sich die aus demEnglischen abgeleiteten und allgemein verwendeten Be-zeichnungen VLDL (very low density lipoprotein) fürdie leichtesten, LDL (low density lipoprotein) für diemittleren und HDL (high density lipoprotein) für dieschwersten dieser Lipoproteine, die nichts über ihrephysiologische Bedeutung aussagen. Die chemischeAnalyse dieser nach ihrer Dichte unterschiedenen Lipo-proteine, nach Fett-, Cholesterin- und Proteingehalt dif-ferenziert, ergibt, daß die VLDL den höchsten Fett-gehalt haben (das korreliert mit der geringen Dichte,denn Fett ist leicht), die LDL den höchsten Cholesterin-und HDL den höchsten Proteingehalt (s. Tabelle).

Was ist ihre physiologische Bedeutung? Den fettreichenLipoproteinen kommt eine ernährende Funktion zu, in-dem sie die Organe - mit Ausnahme des Gehirns - mitTriglyzeridfett versorgen. Dabei muß man nach ihremBildungsort die vorwiegend von der Leber gebildetenVLDL von den in der Darmwand gebildeten „Chylomi-kronen“ unterscheiden. Die als Nahrung aufgenomme-nen, im Darm verdauten und von der Darmwand resor-

Der Merkurstab: Heft 3, 1998, 51. Jg.

bierten Fette werden als Chylomikronen dem Organis-mus einverleibt. Daher die Beobachtung der milchig-trüben Lymphflüssigkeit. In der stofflichen Zusammen-setzung der Chylomikronen kommt deren Nahrungs-charakter zum Ausdruck: die Fettzusammensetzung ent-spricht der der Nahrung, und im Vergleich zu den VLDLenthalten die Chylomikronen Retinol (Vitamin A als es-sentielle Nahrungssubstanz, 12) und unabhängig vomCholesteringehalt der Nahrung weniger von der Nicht-Nahrungssubstanz Cholesterin (vgl. Tabelle). Chylomi-kronen vermitteln dem Organismus die von außen überden Darm aufgenommenen Lipidsubstanzen, VLDLvermitteln innerhalb des Organismus die von der Lebergebildeten oder umgewandelten Lipidsubstanzen.

Tabelle: [nach Thews 1989 und Mead 1986]Lipoproteine fettreich, ernährend cholesterin-

1 reicheiweiß-reich

Bezeichnung Chylomikronen VLDL LDL HDLDichte [g/ml] 0,94 (0.94-1.01 1.02-1.06 1,10-1,20

Stoffliche Zusammensetzung in Gewichtsprozent

Tngiyzefia ` so 1 1 1 sCholesterin 46 2.0Eiweiß _. 8 21 50Phospholipicl 18 2.2 22

3

'-¬l\)\-1-Ä

t\.J -P-ß

Die Triglyzeridfette werden in den Organen noch inner-halb der Blutkapillare aus den Lipoproteinen freigesetzt,es bleiben cholesterinreiche Reste zurück. Schaut mandarauf, daß die Fette der Lipoproteine eine Art physiolo-gischer Verbrennung zugeführt werden, so kann mandiese cholesterinreichen Reste auch bildhaft als„Aschen“ bezeichnen. Die „Aschen“ der Chylomikronenwerden von der Leber aufgenommen und verdaut, die derVLDL verbleiben zu einem Teil im Blut und werden incholesterinreiche LDL-Lipoproteine umgewandelt.Diese können sowohl von der Leber als auch von ande-ren Zellen des Organismus aufgenommen werden und er-gänzen so den Cholesterinstoffwechsel der Gewebef“

Im Blut liegt das Cholesterin im Gegensatz zum Chole-sterin des übrigen Organismus zum größten Teil - etwa76 % - als Fettsäureester vorwiegend mit der essentiel-len Linolsäure verbunden vor (28). Hier im mittleren,rhythmischen Bereich der menschlichen Physiologieverbinden sich die beiden in diesem Aufsatz polar ge-genübergestellten Seiten, die mit der Nahrung auf-genommene essentielle Fettsäure und das Cholesterinin einer Art neutralisierter Speicherform des Choleste-rins.7 Die Bindung der Fettsäure an das Cholesterin istmöglich, weil das Cholesterin über eine „Alkoholfunk-?

6 Dabei werden die LDL-Lipoproteine als Ganze von der Zelle aufge-nommen (Endocytose) und innerhalb der Zelle verdaut, im Gegen-satz dazu werden die Triglyzeridfette im .Plasma aus den fettreichenLipoproteinen freigesetzt und dann erst von den Zellen resorbiert.

7 In Zellen findet man Cholesterin nur zu einem geringen Anteil alsFettsäureester, dann vorwiegend mit Olsäure vcrestert. im Gehirnausschließlich unverestertes Cholesterin.

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Page 8: errenst.eu (Merkurstab 1998 Heft 3).pdf · Created Date: 6/24/2016 2:17:43 PM

tion" verfügt. Es zeigt sich darin eine zunächst verbor-gene Seite des Cholesterins: Obwohl es praktisch voll-ständig wasserunlöslich ist, hat es eine Affinität zumWäßrigen. So kristallisiert es mit Kristallwasser und fin-det in der Salbenherstellung als EmulgatorVerwendung.Die im angelsächsischen Sprachraum übliche Bezeich-nung Cholesterol weist mit der Endung ,,-ol" auf dieseEigenschaft hin, während der von Chevreul gewählteAusdruck Cholesterin die wachsartige Erscheinung be-tont (vgl. Paraffin, Stearin).

An derVeresterung des Cholesterins im Blutplasma sinddie eiweißreichen Lipoproteine (HDL) wesentlich be-teiligt, indem sie Tiäger des Enzyms sind, das diese Ver-esterung katalysiert (LCAT = Lezithin-Cholesteryl-Acyl-Transferase) (16). Diese eiweißreichen Lipopro-teine sind nicht einheitlich, sondern verwandeln sich: so

wie sie von der Leber oder im Interstitium gebildet wer-den, unterscheiden sie sich schon mikroskopisch von denanderen Lipoproteinen, denn sie haben zunächst nochnicht die Kugelform der anderen Lipoproteine, sie wer-den scheibenförmig (discoidal) beschrieben (16). ImPlasma wandeln sie sich: sie nehmen sphärische Gestaltan. werden größer, spezifisch leichter, lipid- und vor al-lem cholesterinreicher. Sie nehmen Cholesterin aus denOrganen auf und verbinden es mit Linolsäure, dadurchentziehen sie es dem Organismus, denn dieses veresterteCholesterin wird bevorzugt der Ausscheidung über Le-ber und Galle zugeführt, indem die Lipoproteine vonder Leber aufgenommen und verdaut werden. Damit istder Schritt der Veresterung des Cholesterins im Blut-plasma ein wichtiger Schritt im sogenannten ,,reversenCholesterintransport", d.h. dem Rücktransport desCholesterins ztn Leber und zur Ausscheidung (16). Des-halb differenziert man heute nach LDL- und HDL-Cho-lesterin und mißt einem hohen HDL-Cholesterinwertim Gegensatz zu einem hohen LDL-Cholesterinwerteine positive Bedeutung zu.

Die ernährenden Lipoproteine unterstützen die Stoff-wechsel-Gliedmaßen-Tätigkeit, die ausscheidendeFunktion, der,,reverse Cholesterintransport", entlastetden Organismus vom Cholesterin.Werden die Gleichge-wichte nicht in der rechten Art gehalten, droht Krank-heit.

Wie die Cholesterindiskussion zeigt, ist die E,rkran-kungsmöglichkeit in der Zirkulation besonders groß. ImBereich des Gehirns und der Nerven ist die Zusammen-setzung der Membranen, der Cholesteringehalt usw. wei-testgehend gesetzmäßig festgelegt und nur wenig varia-bel. Im Regelfall sind sie weder durch die Ernährung(von extremer Mangelernährung abgesehen) nochdurch das Verhalten oder durch Stimmungen und Streß-situationen wesentlich zu verändern. Das ist im Stoff-wechselbereich anders. Die Vorgänge der Verdauung,die Sezernierung von Verdauungssäften, Gallenaus-schüttung und Gallenzusammensetzung sind sehr wohl

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vom Seelischen abhängig, aber die Abweichungen sindauch in einem relativ hohen Maß tolerabel. Zum Bei-spiel ist die Resorption von Cholesterin im Darm indivi-duell sehr unterschiedlich (21). Auch im Zirkulationsbe-reich ist der Einfluß des Seelischen auf die physiologi-schen Vorgänge groß, aber zugleich sind die Grenzenhier enger, eine zu große Abweichung kann zur Krank-heit führen. Ein häufiges Beispiel ist ein hoher Plasma-triglyzeridwert, der meist von einem hohen LDL-Chole-sterinwert begleitet wird. Die ernährenden Vorgängesind dann also zu stark im Vergleich zur Gliedmaßen-Stoffwechsel-Tätigkeit, und es besteht die Gefahr, daßProzesse, die gesunderweise nur im Kopfbereich domi-nieren, zu stark werden, so daß es zu Ablagerungen vonLipid-, aber auch zellulärer Substanz kommt (athero-sklerotische Plaques). Es wird dann körperliche Bewe-gung sowie ballaststoffreiche und eiweißarme Ernäh-rung mit pflanzlichen, ölsäurereichen Fetten (Olivenöl)zur Vorbeugung empfohlen (6). Dadurch wird die Stoff-wechsel-Gliedmaßen-Tätigkeit verstärkt.

Wenig gesichertes Wissen besteht heute noch über dieBedeutung des umgekehrten Falles, eines niedrigenCholesterinplasmaspiegels. Es werden z.B. Korrelatio-nen eines niedrigen Plasmacholesterinspiegels mitKrebserkrankungen (26), hämorrhagischem Gehirn-schlag (30) und erhöhter Todesrate mit Gewaltbeteili-gung (15, 11,33) kontrovers diskutiert. Extrem niedrigePlasmacholesterinwerte findet man bei Patienten mitweit fortgeschrittener Aids-Erkrankung und weitestge-hender Schwächung des Immunsystems (mündlicheMitteilung). Der niedrige Cholesterinspiegel ist dannAusdruck einer Schwäche der sich der Außenwelt be-hauptend gegenüberstellenden Kräfte und ein Über-schwemmtwerden des Organismus durch die Außen-welt.

Wir haben drei Funktionsbereiche im menschlichen Or-ganismus charakterisiert, die sich räumlich durchdrin-gen, aber von ihrer Aufgabe her deutlich zu unterschei-den sind. Insofern im Darm die Nahrungsaufnahme imVordergrund steht, muß die Nahrung aufgeschlossen,durchmischt, chaotisiert werden. Dem steht der Nerven-Sinnes-Bereich gegenüber, der mit unserer Bewußt-seinsentfaltung und Erinnerungsmöglichkeit verknüpftist. Wir brauchen dazu die dauerhaften Strukturen des

Gehirns bis dahin, daß die Substanzen zur Ruhe kom-men. Das gilt nur für die strukturgebenden Substanzen,der Energiestoffwechsel des Gehirns ist selbstverständ-lich sehr hoch. Dem Homogenisieren, Chaotisieren,Auf-lösen aller Gestalt im Darm steht die ruhende Strukturund Oberflächenbildung im Gehirn gegenüber. In derZirkulation wird eine Mitte gefunden: wir finden diesphärische Tiopfenform der Lipoproteine, deren stän-dige Bewegung und Verwandlung hochgeordnet verlau-len.

Die Funktion des Cholesterins tdtt im Nerven-Sinnes-

Der Merkurstab: Heft 3. 1998,51. Jg.

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IErrenst

tion“ verfügt. Es zeigt sich darin eine zunächst verbor-gene Seite des Cholesterins: Obwohl es praktisch voll-ständig wasserunlöslich ist, hat es eine Affinität zumWäßrigen. So kristallisiert es mit Kristallwasser und fin-det in der Salbenherstellung als Emulgator Verwendung.Die im angelsächsischen Sprachraum übliche Bezeich-nung Cholesterol weist mit der Endung „-ol“ auf dieseEigenschaft hin, während der von Chevreul gewählteAusdruck Cholesterin die wachsartige Erscheinung be-tont (vgl. Paraffin, Stearin).

An der Veresterung des Cholesterins im Blutplasma sinddie eiweißreichen Lipoproteine (HDL) wesentlich be-teiligt, indem sie Träger des Enzyms sind, das diese Ver-esterung katalysiert (LCAT = Lezithin-Cholesteryl-Acyl-Transferase) (16). Diese eiweißreichen Lipopro-teine sind nicht einheitlich, sondern verwandeln sich: sowie sie von der Leber oder im Interstitium gebildet wer-den, unterscheiden sie sich schon mikroskopisch von denanderen Lipoproteinen, denn sie haben zunächst nochnicht die Kugelform der anderen Lipoproteine, sie wer-den scheibenförmig (discoidal) beschrieben (16). ImPlasma wandeln sie sich: sie nehmen sphärische Gestaltan, werden größer, spezifisch leichter, lipid- und vor al-lem cholesterinreicher. Sie nehmen Cholesterin aus denOrganen auf und verbinden es mit Linolsäure, dadurchentziehen sie es dem Organismus, denn dieses veresterteCholesterin wird bevorzugt der Ausscheidung über Le-ber und Galle zugeführt, indem die Lipoproteine vonder Leber aufgenommen und verdaut werden. Damit istder Schritt der Veresterung des Cholesterins im Blut-plasma ein wichtiger Schritt im sogenannten „reversenCholesterintransport“, d. h. dem Rücktransport desCholesterins zur Leber und zur Ausscheidung (16). Des-halb differenziert man heute nach LDL- und HDL-Cho-lesterin und mißt einem hohen HDL-Cholesterinwertim Gegensatz zu einem hohen LDL-Cholesterinwerteine positive Bedeutung zu.

Die ernährenden Lipoproteine unterstützen die Stoff-wechsel-Gliedmaßen-Tätigkeit, die ausscheidendeFunktion, der „reverse Cholesterintransport“, entlastetden Organismus vom Cholesterin. Werden die Gleichge-wichte nicht in der rechten Art gehalten, droht Krank-heit.

Wie die Cholesterindiskussion zeigt, ist die Erkran-kungsmöglichkeit in der Zirkulation besonders groß. ImBereich des Gehirns und der Nerven ist die Zusammen-setzung der Membranen, der Cholesteringehalt usw. wei-testgehend gesetzmäßig festgelegt und nur wenig varia-bel. Im Regelfall sind sie weder durch die Ernährung(von extremer Mangelernährung abgesehen) nochdurch das Verhalten oder durch Stimmungen und Streß-situationen wesentlich zu verändern. Das ist im Stoff-wechselbereich anders. Die Vorgänge der Verdauung,die Sezernierung von Verdauungssäften, Gallenaus-schüttung und Gallenzusammensetzung sind sehr wohl

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vom Seelischen abhängig, aber die Abweichungen sindauch in einem relativ hohen Maß tolerabel. Zum Bei-spiel ist die Resorption von Cholesterin im Darm indivi-duell sehr unterschiedlich (21). Auch im Zirkulationsbe-reich ist der Einfluß des Seelischen auf die physiologi-schen Vorgänge groß, aber zugleich sind die Grenzenhier enger, eine zu große Abweichung kann zur Krank-heit führen. Ein häufiges Beispiel ist ein hoher Plasma-triglyzeridwert, der meist von einem hohen LDL-Chole-sterinwert begleitet wird. Die ernährenden Vorgängesind dann also zu stark im Vergleich zur Gliedmaßen-Stoffwechsel-Tätigkeit, und es besteht die Gefahr, daßProzesse, die gesunderweise nur im Kopfbereich domi-nieren, zu stark werden, so daß es zu Ablagerungen vonLipid-, aber auch zellulärer Substanz kommt (athero-sklerotische Plaques). Es wird dann körperliche Bewe-gung sowie ballaststoffreiche und eiweißarme Ernäh-rung ınit pflanzlichen, ölsäurereichen Fetten (Olivenöl)zur Vorbeugung empfohlen (6). Dadurch wird die Stoff-wechsel-Gliedmaßen-Tätigkeit verstärkt.

Wenig gesichertes Wissen besteht heute noch über dieBedeutung des umgekehrten Falles, eines niedrigenCholesterinplasmaspiegels. Es werden z. B. Korrelatio-nen eines niedrigen Plasmacholesterinspiegels mitKrebserkrankungen (26), hämorrhagischem Gehirn-schlag (30) und erhöhter Todesrate mit Gewaltbeteili-gung (15, 11,33) kontrovers diskutiert. Extrem niedrigePlasmacholesterinwerte findet man bei Patienten mitweit fortgeschrittener Aids-Erkrankung und weitestge-hender Schwächung des Immunsystems (mündlicheMitteilung). Der niedrige Cholesterinspiegel ist dannAusdruck einer Schwäche der sich der Außenwelt be-hauptend gegenüberstellenden Kräfte und ein Über-schwemmtwerden des Organismus durch die Außen-welt.

Wir haben drei Funktionsbereiche im menschlichen Or-ganismus charakterisiert, die sich räumlich durchdrin-gen, aber von ihrer Aufgabe her deutlich zu unterschei-den sind. Insofern im Darm die Nahrungsaufnahme imVordergrund steht, muß die Nahrung aufgeschlossen,durchmischt, chaotisiert werden. Dem steht der Nerven-Sinnes-Bereich gegenüber, der mit unserer Bewußt-seinsentfaltung und Erinnerungsmöglichkeit verknüpftist. Wir brauchen dazu die dauerhaften Strukturen desGehirns bis dahin, daß die Substanzen zur Ruhe kom-men. Das gilt nur für die strukturgebenden Substanzen,der Energiestoffwechsel des Gehirns ist selbstverständ-lich sehr hoch. Dem Homogenisieren, Chaotisieren,Auf-lösen aller Gestalt im Darm steht die ruhende Strukturund Oberflächenbildung im Gehirn gegenüber. In derZirkulation wird eine Mitte gefunden: wir finden diesphärische Tropfenform der Lipoproteine, deren stän-dige Bewegung und Verwandlung hochgeordnet verlau-fen.

Die Funktion des Cholesterins tritt im Nerven-Sinnes-

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Bereich, in den Myelinscheiden des Gehirns am deut-Iichsten hervor in deren hohem Lipid- und damit Chole-steringehalt, in deren Dauerhaftigkeit, indem das Ge-hirn sein Cholesterin nur selber bildet und Tiiglyzerid-fette im Gehirn keine Bedeutung haben. Im mittlerenBereich der Zirkulation darf keine Dauerhaftigkeit ein-treten, die Prozesse, die im Kopf dominieren, müssenhier überwunden werden. indem das Cholesterin imDarm zur Ausscheidung gebracht wird. Dort tritt es demNahrungsstrom, insbesondere den Nahrungsfetten, ent-gegen (s. Abb.3).

7. Der Zusammenhang von Substanz- undSeelenprozessen

Die überwältigend umfangreiche Cholesterinforschunghat - insofern sie nicht rein beschreibend die Substanz-eigenschaften, die Molekülstruktur, das Vorkommenim Organismus und die Biosynthese aufgeklärt hat -zunächst vornehmlich den Zusammenhang des Plasma-cholesterinspiegels mit Herz und Gefäßerkrankung unddie Faktoren, die den Plasmacholesterinspiegel beein-flussen, untersucht. Dabei wird das Cholesterin im Zu-sammenhang mit pathologischen E,rscheinungen insAuge gefaßt. Vergleichsweise wenig ist dagegen über dieeigentliche Bedeutung des Cholesterins im Organismusbekannt. Abgesehen von der Rolle des Cholesterins als

Vorläufer für die Bildung von Steroidhormonen, Chole-calciferol und Gallensäuren. beschränkte sich die For-schung lange Zeit weitgehend auf die physikalische Un-tersuchung von Membraneigenschaften in Abhängigkeitvon deren Cholesteringehalt. Inzwischen ist der Einflußdes Cholesterins der Membranen auf eine Reihe vonbiochemischen Parametern untersucht worden (25, 4).In dem hier dargestellten Zusammenhang ist auf-schlußreich, daß man daraus eine Bedeutung des Chole-sterins ableiten kann, die der von lipophilen Anästhetikaentgegengesetzt ist (a), da unter deren Wirkung eine er-höhte Fluidität der Membranen beobachtet wird (1),während Cholesterin die Festigkeit und Undurchdring-Iichkeit der Membranen erhöht. Diese These stimmtüberein mit dem hier aus dem Gesamtstoffwechsel des

Cholesterins entwickelten Bild einer Substanz, derenCharakter sich im Nerven-Sinnes-Bereich zum Aus-druck bringt. Es besteht ein Zusammenhang zwischendem Substan zzustandinsbesondere der Lipidsubstanzenim Zenlralnervensystem und der Möglichkeit des Be-wußtseins. So wurde früher die Starke von Anästhetikaan deren Löslichkeit in Olivenöl abgeschätzt. Heutewird intensiv nach einem genaueren Verständnis des Zu-sammenhanges gesucht (40, 1).

Das menschliche Bewußtseinsphänomen ist nicht aus

solchen substanziellen Vorgängen zu erklären, wie aufder anderen Seite der menschliche Wille nicht aus derEnergie, die bei der Verbrennung von Fetten frei wird.Aber physiologische Prozesse begleiten jede Willensent-

Der Merkurstab: Heft 3, 1998.51. Jg.

FETTE THOLESTERIN

NERVEN-SINNES-SUSTEM: SUBSTANZRUHE

keine Trigluzeridfelte Bestandteil der Mgelinsrheiden

'/u des [es.-flol.:bß 10% d. TM.eigene Sgntlesey, bis zu melreren lahren

ZIRRULATI0N: AUSGLEItH

Ernälrung und Ausscleidung

STOFFWEtHSEL:METABI]LIsMU5 UND 5UBSTANZBEWEGUNE

Abbau AufbauNahrungsaufnahme Gallenkreislauf u- Aussrfieidung

Abb.3: Physiologie von Fetten tmd Cholesterin

faltung und eine bestimmte Substanzbildung und Ver-dichtung ist Voraussetzung für menschliches Wachbe-wußtsein. Wie in der Zirkulation der Ausgleich zwischenVerfestigung und Auflösung gefunden wird, hängtschließlich damit zusammen. wie der Mensch sich in sei-nem Erleben in die Welt stellt. ist also Abdruck seinesFühlens.

Eine von der Geste her qualitativ ähnliche Beschreibungvon Substanzprozessen gibt Rudolf Steiner 1911 in denVorträgen über okkulte Physiologie (35). Er weist aufProzesse hin" die ausgehend vom Blut in Kristallisatio-nen, Gerinnung oder Flockung und Wärmeprozessendas Denken, Fühlen und Wollen begleiten, und Leibbil-dungsprozesse, die in Knochenbildung, Knochenleimund physiologischer Verbrennung die leibliche Voraus-setzung für Denken, Fühlen und Wollen schaffen.

Wie wir gesehen haben, ist das Cholesterin in allen Be-reichen des menschlichen Organismus von Bedeutung.Achtet man auf die Charakteristik. wie es in die Physio-logie eingebunden ist, so bemerkt man in jedem Bereichdie Gegensätzlichkeit zu den Fettsubstanzen. Bis in dieSubstanzeigenschaften kann man verfolgen, daß die Bil-dung und die Funktion des Cholesterins insbesondereunter der Wirkung der Kräfte steht, die im Nerven-Sin-nes-Bereich dominieren.

Aber auch auf der sozialen Ebene, in der Wissenschafts-und Kulturgeschichte des Cholesterins,läßt sich eine Sig-natur bemerken: Indem das Cholesterin als Einzelsub-stanz in pathologischen Erscheinungen aus dem Orga-nismuszusammenhang herausfällt, aber dann auch durchFarbreaktionen im Organismus leicht nachweisbar ist,bietet es sich dem Gegenstandsbewußtsein an und wirdObjekt von Egoismen und Angsten. In dem Wandel derAnschauungen über das Cholesterin spiegelt sich eineAbkehr von dem Primat der Substanz. Indem nach undnach der Organismus unter dem Einfluß des Seelisch-Geistigen als verantwortlich für die Beherrschung derSubstanz erkannt wird. löst sich das Bewußtsein von der

Cholesterin in sciner Polarität zu den T

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Cholesterin in seiner Polarität zu den Triglyzeridfetten

Bereich, in den Myelinscheiden des Gehirns am deut-lichsten hervor in deren hohem Lipid- und damit Chole-steringehalt, in deren Dauerhaftigkeit, indem das Ge-hirn sein Cholesterin nur selber bildet und Triglyzerid-fette im Gehirn keine Bedeutung haben. Im mittlerenBereich der Zirkulation darf keine Dauerhaftigkeit ein-treten, die Prozesse, die im Kopf dominieren, müssenhier überwunden werden, indem das Cholesterin imDarm zur Ausscheidung gebracht wird. Dort tritt es demNahrungsstrom, insbesondere den Nahrungsfetten, ent-gegen (s. Abb. 3).

7. Der Zusammenhang von Substanz- undSeelenprozessen

Die überwältigend umfangreiche Cholesterinforschunghat - insofern sie nicht rein beschreibend die Substanz-eigenschaften, die Molekülstruktur, das Vorkommenim Organismus und die Biosynthese aufgeklärt hat -zunächst vornehmlich den Zusammenhang des Plasma-cholesterinspiegels mit Herz und Gefäßerkrankung unddie Faktoren, die den Plasmacholesterinspiegel beein-flussen, untersucht. Dabei wird das Cholesterin im Zu-sammenhang mit pathologischen Erscheinungen insAuge gefaßt.Vergleichsweise wenig ist dagegen über dieeigentliche Bedeutung des Cholesterins im Organismusbekannt. Abgesehen von der Rolle des Cholesterins alsVorläufer für die Bildung von Steroidhormonen, Chole-calciferol und Gallensäuren. beschränkte sich die For-schung lange Zeit weitgehend auf die physikalische Un-tersuchung von Membraneigenschaften in Abhängigkeitvon deren Cholesteringehalt. Inzwischen ist der Einflußdes Cholesterins der Membranen auf eine Reihe vonbiochemischen Parametern untersucht worden (25, 4).In dem hier dargestellten Zusammenhang ist auf-schlußreich, daß man daraus eine Bedeutung des Chole-sterins ableiten kann, die der von lipophilen Anästhetikaentgegengesetzt ist (4), da unter deren Wirkung eine er-höhte Fluidität der Membranen beobachtet wird (1),während Cholesterin die Festigkeit und Undurchdring-lichkeit der Membranen erhöht. Diese These stimmtüberein mit dem hier aus dem Gesamtstoffwechsel desCholesterins entwickelten Bild einer Substanz, derenCharakter sich im Nerven-Sinnes-Bereich zum Aus-druck bringt. Es besteht ein Zusammenhang zwischendem Substanzzustand insbesondere der Lipidsubstanzenim Zentralnervensystem und der Möglichkeit des Be-wußtseins. So wurde früher die Stärke von Anästhetikaan deren Löslichkeit in Olivenöl abgeschätzt. Heutewird intensiv nach einem genaueren Verständnis des Zu-sammenhanges gesucht (40, 1).

Das menschliche Bewußtseinsphänomen ist nicht aussolchen substanziellen Vorgängen zu erklären, wie aufder anderen Seite der menschliche Wille nicht aus derEnergie, die bei der Verbrennung von Fetten frei wird.Aber physiologische Prozesse begleiten jede Willensent-

Der Merkurstab: Heft 3, 1998. 51. Jg.

FETTE EI-IÜLESTERINNERVEN-SINNES-SIJSTEIVI: SUBSTFINZRUI-IE

keine Triglyzeridfette Bestandteil der llllgelinscheiden"lu des Ges.-EhnI.:bis 'IÜO/U d. Tllll.eigene Syntheserf? bis zu mehreren Jahren

ZIRRULIÃTIÜN: FIUSGLEIEI-IErnährung und Plusscheidung

STÜFFWECHSEL:IIIIETFÄIEÜLISNIUS UND SUBSTFINZBEWEGUNÜ

Iílbbau FlufbauNahrungsaufnahme Gallenkreislauf u. Flusscheidung

Abb. 3: Physiologie von Fetten und Cholesterin

faltung und eine bestimmte Substanzbildung und Ver-dichtung ist Voraussetzung für menschliches Wachbe-wußtsein. Wie in der Zirkulation der Ausgleich zwischenVerfestigung und Auflösung gefunden wird, hängtschließlich damit zusammen, wie der Mensch sich in sei-nem Erleben in die Welt stellt, ist also Abdruck seinesFühlens.

Eine von der Geste her qualitativ ähnliche Beschreibungvon Substanzprozessen gibt Rudolf Steiner 1911 in denVorträgen über okkulte Physiologie (35). Er weist aufProzesse hin, die ausgehend vom Blut in Kristallisatio-nen, Gerinnung oder Flockung und Wärmeprozessendas Denken, Fühlen und Wollen begleiten, und Leibbil-dungsprozesse, die in Knochenbildung, Knochenleimund physiologischer Verbrennung die leibliche Voraus-setzung für Denken, Fühlen und Wollen schaffen.

Wie wir gesehen haben, ist das Cholesterin in allen Be-reichen des menschlichen Organismus von Bedeutung.Achtet man auf die Charakteristik, wie es in die Physio-logie eingebunden ist, so bemerkt man in jedem Bereichdie Gegensätzlichkeit zu den Fettsubstanzen. Bis in dieSubstanzeigenschaften kann man verfolgen, daß die Bil-dung und die Funktion des Cholesterins insbesondereunter der Wirkung der Kräfte steht, die im Nerven-Sin-nes-Bereich dominieren.

Aber auch auf der sozialen Ebene, in der Wissenschafts-und Kulturgeschichte des Cholesterins, läßt sich eine Sig-natur bemerken: Indem das Cholesterin als Einzelsub-stanz in pathologischen Erscheinungen aus dem Orga-nismuszusammenhang herausfällt, aber dann auch durchFarbreaktionen im Organismus leicht nachweisbar ist,bietet es sich dem Gegenstandsbewußtsein an und wirdObjekt von Egoismen und Ängsten. In dem Wandel derAnschauungen über das Cholesterin spiegelt sich eineAbkehr von dem Primat der Substanz. Indem nach undnach der Organismus unter dem Einfluß des Seelisch-Geistigen als verantwortlich für die Beherrschung derSubstanz erkannt wird, löst sich das Bewußtsein von der

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Errcnst

Fixierung auf die Substanz und besinnt sich auf die Ver-antwortung für die eigene Lebensführung. So kristalli-siert sich an der Kulturgeschichte des Cholesterins einStück Bewußtseinsgeschichte.

Die Bcarbeitung dieses Thcmas wurde clurch die Zusammenarbeit inder Anthroposophisch-Pharmazeutischen Arbeitsgemeinschaft ange-regt und wäre nicht möglich gewcscn ohne die vielfältigen Gesprächs-möglichkeiten im Kollegiurn des Carl-Gustav-Carus-lnstituts. Dafürmiichte ich miclr bcJrnkcn.

Literatur

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Dr. Martin ErrenstCarl Gustav Carus-InstitutAm EichhofD -1 5223 Niefern-Ösch elbronn

158 Dcr Merkurstab: Hett 3, 1998,51. Jg

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Errenst

Fixierung auf die Substanz und besinnt sich auf die Ver-antwortung für die eigene Lebensführung. So kristalli-siert sich an der Kulturgeschichte des Cholesterins einStück Bewußtseinsgeschichte.Die Bearbeitung dieses Themas wurde durch die Zusammenarbeit inder Anthroposophisch-Pharmazeutischen Arbeitsgemeinschaft ange-regt und wäre nicht möglich gewesen ohne die vielfältigen Gesprächs-möglichkeiten im Kollegium des Carl-Gustav-CarusInstituts. Dafürmöchte ich mich bedanken.

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Dr. Martin ErrenstCarl Gustav Carus-InstitutAm EichhofD-75223 Niefern-Oschelbronn

158 Der Merkurstab: Heft 3, 1998, 51. Jg.