12

 · Personalversammlung verhinderte den normal gewohnten Geschäftsablauf. von Reiner Willms Auf Grund der Tatsache, dass die Änderung der Hartz IVGesetze zu einer erheblichen Mehrbelastung

Embed Size (px)

Citation preview

Sommer 20119. Jahrgang, Nr. 72

Engagierte Zeitschrift von Erwerbslosen für Erwerbslose und solche, die es werden könnten

Streik im Jobcenter – S. 4 • Tod im Jobcenter – S. 6 • Neulich im Jobcenter – S. 7

KVB bestiehlt erwerbslosen Fahrgast – S. 9

Die kleine Ursula und ihre Gutscheine – S. 1 0

Seite 2 Sommer 2011 Kölner Erwerbslosen-Anzeiger

ImpressumHerausgeber:

Die KEAsKölner Erwerbslosein Aktion e.V.Redaktion:Kölner Erwerbslosen AnzeigerKapellenstr. 9a, 51103 Kölnredaktion@die­keas.orgwww.die­keas.orgDer Kölner Erwerbslosen­Anzeigererscheint im Selbstverlag.Chefredakteur: Joachim Geppert.Redaktion: Emma Viel, ReinerWillms, Hansi Hirsch, Uwe Klein,Jochen Lubig.

Berichte / BriefeIhr habt etwas Unglaubliches imJobcenter oder der Agentur er­lebt? Ihr wolltet schon immer maldie Presse einschalten, doch diePresse ignoriert Euch? Schreibtuns per Email oder Post. Adressensiehe oben.

Offenes TreffenJeden Donnerstag veranstaltenwir ein offenes Treffen für Inter­essierte: Beginn: 17:00 Uhr imNaturfreundehaus, Kapellenstr. 9a(Köln­Kalk).

BeratungJeden Mittwoch 11 bis 14 Uhr im

Naturfreundehaus, Kapellenstr. 9a

(Köln-Kalk).

EditorialImpressumHallo Freunde,als neuer Chefredakteur des KEAs möchte ich euch rechtherzlich zu dieser Ausgabe begrüßen. Bedingt durch dieredaktionellen Veränderungen hat es diesmal etwas längergedauert, aber nun können wir wieder voll durchstarten.Im Titelthema möchten wir uns diesmal mit den Streiks imJobcenter beschäftigen. Eine spannende Thematik, welche dieFrage aufwirft, wie es sich anfühlt auf die andere Seite desSchreibtischs zu geraten, an dem man bis vor kurzem nochseinen Arbeitsplatz hatte.Unsere ehemalige Chefredakteurin Antje, bei welcher ich michan dieser Stelle herzlich für ihr Engagement in den letztenJahren bedenken möchte, half mr bei dieser Ausgabe,nochmals vielen Dank.In dieser Ausgabe nehmen wir uns Ursula und ihrenReformwahnsinn zur Brust. Auf die unauffälligen Änderungen,welche die Reform mit sich brachte, gehen wir ebenfallsgesondert ein. Denn die vermeidlichen Verbesserungenoffenbaren sich bei genauerem hinsehen als Mogelpackung.Zwar gab es fünf Euro mehr pro Monat, jedoch auch jedeMenge Einsparungen, so dass diese Reform eineVerschlimmbesserung war.Dann war da noch Christy Schwundeck, welche im JobcenterFrankfurt am Main von einer Polizistin erschossen wurde. Bisheute gab es keine genaue Aufklärung und viele Spekulationenrund um das Thema. Möge Christy nun ihre letzte Ruhe finden.Ruhe, welche in einem Leben mit Jobcenter nicht mehr möglichist. Christy, wir dürfen und werden dich nie vergessen.Kritisch hinterfragen möchten wir in dieser Ausgabe außerdemnoch einen möglichen Etikettenschwindel der Firma ÖkoBau,welche Hand in Hand zusammen mit dem Jobcenter agiert.Wie erwerbslose Kunden mit Kölnpass von der KVB verleugnetund bestohlen werden soll ebenfalls Thema sein.Wie ihr seht haben wir es geschafft eine vielfältige Palette anThemen für euch zusammen zu stellen. Ich möchte mich beiallen Redakteuren und Helfern bedanken, welche dieseAusgabe möglich gemacht haben.Nun aber viel Spaß beim Lesen und bei Allem was ihr sonstnoch so macht. Euer Hansi Hirsch

Titelbild: Mia Mustermann

Inhalt

Kölner Erwerbslosen-Anzeiger Sommer 2011 Seite 3

DAS THEMAStreik im JobcenterWer am 05. Juli dieses Jahres seine Angelegenheiten in den Geschäftsstellen des KölnerJobcenters regeln wollte, hatte Pech. Eine kurzfristig anberaumte Personalversammlungverhinderte den normal gewohnten Geschäftsablauf. Von Reiner Willms..........................4Hartz­IV Reform: Änderungen sattEs gab eine ganze Palette einschneidender Änderungen, welche in der Öffentlichkeit kaumBeachtung fanden. Von T. Schorn und Hansi Hirsch......................................................5Tod im JobcenterChristy Schwundeck erschossen – Staat existiert noch. Von Hansi Hirsch........................ 6Teilhabe per Gutschein – oder die volle Packung UrsulaEs lebte einmal, auf einem fernen Planeten, die kleine Ursula. Eines schönen Tages hatteKlein­Ursula eine Idee. Während sie mit ihrer Luxus­Babypuppe „heile Welt“ spielte,träumte sie davon, dass alle Kinder so klug wären wie sie selbst. Sie hatte davon gehört,dass es dort draußen – außerhalb von Eigenheim, Internat, Ballettstunden undKlavierunterricht böse Eltern gibt, die das Geld ihrer Kinder für Alkohol, Zigaretten undGlücksspiel verjubeln. Solche Menschen fand die kleine Ursula doof. Von Emma Viel....... 10

DER BERICHTEtikettenschwindel bei Ökobau GmbH?Der Laden nennt sich Ökobau GmbH. Wahlweise mit einem kleinen „g“ davor, dass für„gemeinnützig“ steht und sich gut macht bei der Beantragung diverser Fördermittel undbilliger Arbeitskräfte. Das sind zum großen Teil 1­Euro­Jobber. Damit gehört Ökobau, daszudem Mitglied der Diakonie der evangelischen Kirche ist, zu den zahlreichen sogenanntenMaßnahmeträgern. Ökobau ist u.a. in Köln, Mettmann und WestfalenLippe aktiv.Von Uwe Klein.........................................................................................................8KVB bestiehlt erwerbslosenFahrgastDer erwerbslose Jens G. gerät am Wiener Platz beim Aussteigen in eine Großkontrolle derKVB. Dutzende Kontrolleure haben die Bahn eingekesselt. Ebenfalls anwesend sind zweiBeamten der Polizei. Als wären jährliche Preiserhöhungen und der stetige Anstiegsämtlicher Kontrollschikanen nicht schon dreist genug, offenbarte die KVB nun ihrekriminelle Seite....................................................................................................... 9

AUS DEM JOBCENTERNeulich im JobcenterZum 1. Januar 2005 traten die so genannten Hartz­IV­Gesetze in Kraft. Mit negativenAuswirkungen für unsere Gesellschaft bis zum heutigen Tage. Das hier Gesetze wie z.B.der Artikel 13 des SGB X außer Kraft gesetzt werden sollten, ist im Gesetzestext nirgendwozu finden. Nach mehr als 6 Jahren Hartz­IV hat sich dieser noch nicht bis zu den einzelnenSachbearbeitern der Jobcenter herumgesprochen. Von Reiner Willms ............................ 7

Das ThemaStreik im JobcenterWer am 05. Juli dieses Jahres seine Angelegenheiten in den Geschäftsstellendes Kölner Jobcenters regeln wollte, hatte Pech. Eine kurzfristig anberaumtePersonalversammlung verhinderte den normal gewohnten Geschäftsablauf.

von Reiner WillmsAuf Grund der Tatsache, dass dieÄnderung der Hartz IV­Gesetze zueiner erheblichen Mehrbelastungder Mitarbeiter der Jobcenter führ­te, berief der Personalrat dort eineMitgliederversammlung in die Stadt­halle Mülheim ein. Neben zum Teilunhaltbaren Zuständen verursachtdurch Personalknappheit, erhöhtemKrankenstand durch psychische Be­lastungen bei der Umsetzung der ar­gen Gesetze, war vor allem auchnoch die Ungewissheit von mehr als200 Mitarbeitern mit Zeitverträgenein Thema der Versammlung.800 Mitarbeiter protestierenDazu muss man wissen, dass derArbeitgeber dieser Mitarbeiter, dieStadt Köln, eben jene im Ungewis­sen lässt, ob deren Verträge erneu­ert werden.Während der Versam­mlung rief die Gewerkschaft VERDIzu einer Protestdemo vor der Mül­heimer Stadthalle auf. Diesem folg­ten laut Pressemeldungen derKölner Medien etwa 800 Mitarbeiterder Jobcenter.AuswirkungenWährend der Demo der Mitarbeiterder Jobcenter Köln ruhte natürlichder Geschäftsbetrieb. Leistungs­empfänger wurden nach Haus ge­schickt, bzw. auf den Mittwochverwiesen. Nach unbestätigten An­gaben sollten die am Dienstag uner­ledigten Dinge am Mittwoch auf­gearbeitet werden. Nur am Mitt­woch wurden die Hilfesuchendenauch wieder unverrichteter Dingenach Haus geschickt und auf denDonnerstag verwiesen. Nach unbe­stätigten Gerüchten erfolgte diesesauf Anweisung der Geschäftslei­tung. Das führte natürlich zu lan­gen Wartezeiten am Donnerstagund somit wurde wieder einmal al­les auf dem Rücken der betroffe­nen Leistungsempfänger ausge­tragen.

FazitDer durchaus nachvollziehbare Un­mut der Mitarbeiter der JobcenterKöln hätte eigentlich unsere völligeSolidarität verdient und wir hättenuns eventuell an der Demo betei­ligt, wenn es bekannt gewesen wä­re. Das Mitleid hält sich allerdingsin Grenzen, weil schon wieder et­was auf Kosten unserer Mitbetroffe­nen geschehen ist. DemArbeitgeber der JC­Mitarbeiter, derStadt Köln, ist wohl eher derSchwarze Peter zuzuweisen.Schafft man etwa auf diese Weise,in dem die Mitarbeiter über ihre be­rufliche Zukunft im Ungewissen ge­lassen werden, willfährigeWerkzeuge des menschenunwürdi­gen Hartz IV­Systems?

Die KEAs helfen gern!Den betroffenen Mitarbeitern derJC sei gesagt, wir helfen euchgern, wenn ihr in Zukunft auf derandern Seite des Schreibtischesplatznehmen dürft. Nebenbei kön­nen wir euch auch gern Schulun­gen im SGB II und SGB XIIanbieten. Wir haben ständig Bedarfan Beratern und auch Begleitungenzu eurem, dann ehemaligen Ar­beitsplatz.

Seite 4 Sommer 2011 Kölner Erwerbslosen-Anzeiger

Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Kölner Erwerbslosen-Anzeiger Sommer 2011 Seite 5

Das Thema

Infoladen Schwarz Auf Weiss:Für Lohn­ und „Sozial“­Geldabhängige, die esnicht mehr sein wollen, gibt´s bei uns:Tee und Gebäck, Bücher, Broschüren, Zeitschrif­ten zu Theorie, Geschichte und aktuellen Be­richten und Analysen vom weltweitenKlassenkampf (auch zum Ausleihen);Austausch­ und Diskussionsbereitschaft.

Den Laden findet Ihr im SSK­Ehrenfeld (50823Köln­Ehrenfeld, Liebigstr. 25, rotes Tor, dannvom Hof rechts).Öffnungszeit ist Samstag 14­18 Uhr oder nachAbsprache.Kontakt und Neuigkeiten auf dem Blog(schaw.blogsport.de) oder per Mail: schwarz­[email protected]

Hartz­IV Reform: Änderungen sattNach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Berechnung des Hartz­IV Regelsatzes durch das Bun­desverfassungsgericht setzten sich die Politiker in Berlin zusammen, um Neuregelungen zu finden. Nachzähen Verhandlungen zwischen Koalition und Opposition kamen 5 Euro monatlich mehr dabei heraus.Plus ein Bildungsgutscheinsystem zur kulturellen Teilhabe unserer Kinder, welches bisher kaum Anklangfand. Dies waren wohl die Änderungen, von denen die meisten etwas mitbekommen haben. Allerdingsgab es gleich eine ganze Palette einschneidender Änderungen, welche in der Öffentlichkeit kaum Beach­tung fanden.

von T. Schorn und Hansi HirschDer Hartz­IV­Regelsatz stieg rückwir­kend zum 01.01.2011 auf 364 Euro füreine Person. Obwohl es auf den erstenBlick so aussieht, als sei er gestiegen,stellt man auf einen genaueren Blickfest, dass es drastische Einsparungenvon bis zu 30% gab.Fragwürdige Kürzungen:Die Bevormundung im Umgang mit Al­kohol und Tabakwaren brachte beispiels­weise ein Ersparnis von 4,37 Euro. AlleAbstinenzler wurden direkt mit bestraftund haben nun weniger Geld für Le­bensmittel zur Verfügung. Auch im Be­reich Kleidung und Schuhe wurdendirekt 5,50 Euro weg gekürzt. Es gabviele unbegründete Streichungen wie z.B. Zimmerpflanzen, Campingausrüs­tung, Übernachtungskosten etc.Fast unbemerkt wird nun auch die kom­plette Leistung zur gesetzlichen Renten­versicherung gestrichen. Ein weiteresTor in Richtung Altersarmut wurde weitaufgestoßen.Fragwürdige gesetzliche Änderun­gen:Auch der §44 des SGB X wurde geän­dert. Konnte man noch vor der Reform4 Jahre lang einen Überprüfungsantragfür einen bereits gültigen Bescheid stel­len, so wurde dieser Zeitraum jetzt aufein Jahr beschränkt.

Für eine Sanktion laut §31 SGB II ist esnun nicht mehr notwendig, dem Betrof­fenen eine schriftliche Rechtsfolgenbe­lehrung zukommen zu lassen.Ausreichend ist, dass der ErwerbsfähigeKenntnis über die Rechtsfolgen hatte.Diese kann das Jobcenter durch einMerkblatt erreichen, das sie dem Leis­tungsempfänger aushändigt oder auchlediglich öffentlich aushängt.Fragwürdige Änderungen der Unter­kunftskosten:Die Kommunen dürfen nun über dieAngemessenheit der Mietobergrenzeentscheiden. Da die Kommunen sparenmüssen, werden die Mietrichtwertewohl entsprechend niedrig ausfallen.Der akute Mangel an bezahlbaremWohnraum wird weiter verschärft. Daes sich bei "Angemessenheit" umeinen unbestimmten Begriff handelt,lohnt sich der Gang vor einSozialgericht.Wer sein Warmwasser mit Strom aufbe­reitet, bekommt dieses nun nicht mehrin tatsächlicher Höhe bezahlt, sondernerhält stattdessen eine „großzügige“Pauschale von 8 Euro monatlich pro Per­son.Wer eine Mietkaution beantragt hatte,muss nun damit rechnen, Post von derKommune zu bekommen. Die geleiste­te Kaution darf nun laut §42a SGB IImit maximal 10% des Regelsatzes inmonatlichen Raten zurück gefordertwerden. Dies entspricht in etwa einer

mehrjährigen Sanktion für Langzeitar­beitslose.Änderungen und kein Ende in SichtMan könnte die Liste der Änderungennoch durchaus weiterführen. Da wir indieser Ausgabe aber auch noch andereThemen ansprechen möchten, lassenwir es hiermit aber erst einmal gutsein.Abschließend bleibt festzuhalten, dasses viele Möglichkeiten gibt, dem Men­schen etwas schmackhaft zu machen,aber es anscheinend keine Möglichkeitfür die Politik gibt, den Menschen sattzu machen. Die Erhöhung des Regelbe­darfs ist eine Farce, man könnte sogarvorsätzliche Täuschung... Nein, lassenwir das lieber...

Das ThemaTod im JobcenterChristy Schwundeck erschossen – Staat existiert nochAm 19. Mai 2011 wurde Christy Schwundeck in einer Außenstelle des Jobcen­ters Frankfurt am Main von einer jungen Polizistin erschossen. Auch Monatenach den Geschehnissen hat es noch immer keine vernünftige Aufklärung ge­geben. Die großen Medien verstrickten sich in ein Gewirr aus widersprüchli­chen Meldungen. Sachliche Informationen im Sinne der Aufklärung bliebenMangelware.

von Hansi HirschWas an diesem Tag genau passiertewerden wir wohl nie mehr erfahren.Zu stark die Lobby auf Seiten desStaates. Das Opfer als zu unbedeu­tend diffamiert, da psychopathischund gewalttätig. Dazu angeblichnoch drogensüchtig und obdachlos.Zumindest die Suchtkrankheit konn­te mittlerweile zweifelsfrei nach derObduktion widerlegt werden.Geld oder Leben?Es soll in dem Streit welchen Chris­ty mit ihrem Sachbearbeiter hatteum weniger als 50 Euro Bargeld ge­gangen sein. Vermutlich benötigtedie 40­jährige Soforthilfe für dasWochenende um Lebensmittel kau­fen zu können. Der Streit eskalier­te. Der Sicherheitsdienst welcherdie Polizei alarmierte sprach von ei­ner randalierenden Frau, welcheden Betriebsablauf stört. Werschon einmal Probleme mit demJobcenter hatte, bei welchen es umexistenzielle Notwendigkeiten ging,wird wissen dass die Definition von„den Betriebsablauf stören“ sodehnbar ist wie geschmolzener Kä­se. Christy sah sich wohl in die En­ge getrieben und reagierte demÜberlebenskampf entsprechend auf­gebracht.Als die Polizei dann eingetroffenwar, nahm das Unheil seinen Lauf.Als sie nach ihren Personalien ge­fragt wurde, holte Christy ein Mes­ser aus ihrer Tasche. Die Länge derKlinge soll 10 cm betragen haben.Ob es sich dabei um ein Buttermes­ser, Taschenmesser oder ein Jagd­messer gehandelt hat, wirdebenfalls ein ewiges Geheimnis blei­

ben. Mit diesem soll sie den Polizei­beamten attackiert haben, so dassdieser noch Tage nach der Tat ver­nehmungsunfähig gewesen seinsoll. Seine junge Kollegin griff ver­mutlich völlig überfordert zu ihrerDienstwaffe und gab einen tödli­chen Schuss in den Bauch der wohlvöllig verzweifelten Christy ab. Die­se kam in ein Krankenhaus und er­lag etwas später der Verletzung.Was bleibt sind viele FragenWäre Christys Tod vermeidbar ge­wesen? Wieso gab es so vieleFalschmeldungen und Halbwahrhei­ten? Ohne das geringste Anzeichender lückenlosen Aufklärung hatteman eifrig die Schuldfrage geklärt

und wieder einmal verschwimmendie Grenzen in der Täter/Opfer­Fra­ge.Anstatt nun Fehler im System zusuchen, erklärt man das ohnehinschon wehrlose Opfer zum Sünden­bock und kehrt die Probleme unterden Teppich und schweigt.Fakt ist, dass alle Beteiligten völligüberfordert mit ihrer Situation wa­ren und falsch gehandelt haben. Ei­ne Kettenreaktion mit tödlichemEnde. Die staatlich organisierte Ar­mut führte eine Betroffene an denRand der Verzweiflung und Hilflo­sigkeit. Hilflos reagierten auch diestaatlichen Organe, obwohl manbei diesen eine bessere Ausbildungim Umgang mit solchen Extremsi­tuationen erwarten sollte. Sowohlauf Seiten des Jobcenters als auchauf Seiten der Polizei. Wer ein Sys­tem schafft welches Menschen inVerzweiflung stürzt und welches ei­nem Pulverfass gleicht, muss damitrechnen, dass einem dieses einesTages um die Ohren fliegt.Großbritannien mahnt!Einen ähnlichen Fall mit vielen Par­allelen gab es nun einige Monatespäter in England. Auch hier wurdeein Mann von einem Polizisten er­schossen und auch hier gab es vie­le Verschleierungen. Eindeutigerhier aber war die angestaute Wut,welche das Fass zum Überlaufenbrachte und die Nation in Flammenstand.

Mehr Infos:http://initiative-christy-schwundeck.blogspot.com

Seite 6 Sommer 2011 Kölner Erwerbslosen-Anzeiger

Kölner Erwerbslosen-Anzeiger Sommer 2011 Seite 7

Aus dem JobcenterNeulich im JobcenterZum 1. Januar 2005 traten die so genannten Hartz­IV Gesetze in Kraft. Mit negativen Auswirkungen fürunsere Gesellschaft bis zum heutigen Tage. Das hier Gesetze wie z.B. der Artikel 13 des SGB X außerKraft gesetzt werden sollten, ist im Gesetzestext nirgendwo zu finden. Nach mehr als 6 Jahren Hartz­IVhat sich dieser noch nicht bis zu den einzelnen Sachbearbeitern der Jobcenter herumgesprochen.

von Reiner WillmsNach wie vor erlebt der Beistandnach §13 Abs. 4 SGB X bei einemTermin, dass ihm „unsittliche“ Fra­gen nach Ausweis, zwecks seinerIdentifikation gestellt werden. Oftwird sogar die Rechtmäßigkeit derAnwesenheit bei einem Termin inFrage gestellt. Wenn dies zu kei­nem Ziel führt, wird oft mit subti­len Mitteln versucht, demBetroffenen die Begleitung madigzu machen oder es wird dem Bei­stand zu verstehen gegeben, dassein Gespräch ausschließlich mitdem Betroffenen statt findet.BeistandsverweigerungEin ganz besonders schwerwiegen­der Fall von Verweigerung der Rech­te des betroffenen Leitungsem­pfängers fand kürzlich im JobcenterKöln­Mülheim statt. Dort versuchtedie Sachbearbeiterin B. mit argenMethoden einem Beistand der KEAsden Mund zu verbieten. Das sichdieser das nicht gefallen ließ, war

wohl selbstverständlich und führtezu einer Vertagung des Gesprächesin das Büro des Teamleiters B.Auch hier wurde versucht, mit sub­tilen Mitteln, den Beistand an der

Bild: Gerd Altmann / pixel io.de

Wahrnehmung seiner Aufgabe zuhindern. Da man argumentativnichts gegen den Beistand ausrich­ten konnte, wurde der Beistanddes Hauses verwiesen. Samt derAussprache eines Hausverbots fürdiesen Tag. Um die Situation nichtweiter eskalieren zu lassen, ließsich der Beistand unter Protest vonder herbeigerufenen Sicherheits­kraft aus dem Hause führen.Hilfe nur mit der BrechstangeDer Fall wurde schließlich durcheinen herbeigerufenen, zweitenBeistand zum Abschluss gebracht.Der Betroffene konnte beruhigt mitpositivem Ergebnis nach Hause ge­hen. Der aus dem Gebäude ent­fernte Beistand wird auch inZukunft dort wieder den Betroffe­nen beistehen. Notfalls mit weite­rer Unterstützung durch unsereMitglieder. Falls erforderlich, wirdbei Wiederholung dieser Vorgängein Zukunft die Polizei für dieDurchsetzung der Rechte sorgenmüssen.WeiterbildungLiebe Sachbearbeiter, so geht esnicht! Es ist an der Zeit euch zu in­formieren, wie die Gesetzeslage imFalle eines Beistands geregelt ist.Falls erforderlich, stehen die KEAsgerne mit einer Weiterbildungs­maßnahme für Sachbearbeiter zurVerfügung. Entsprechender Bedarfscheint jedenfalls vorhanden zusein.Einen Weiterbildungsgutschein zumausschneiden und einzulösen beiden KEAs e. V., findet ihr neben­stehend.

GutscheinGegen Vorlage dieses Gutscheins erhalten

MitarbeiterInnen desJobcenters Köln

einen kostenfreien GrundkursSGB I, II, und X.Schwerpunkte:

Antragstellung • ZuständigkeitenEingliederungsvereinbarung • 1­Euro­Jobs

Barauszahlung • Gutscheine • ErstausstattungKdU • Mietobergrenze • Heizkosten

Senkung der KdUInteressenten vereinbaren bitte einen Termin unterinfo@die­keas.org • Diskretion wird zugesichert.

Seite 8 Sommer 2011 Kölner Erwerbslosen-Anzeiger

Der BerichtEtikettenschwindelbei Ökobau GmbH?Der Laden nennt sich Ökobau GmbH. Wahlweise mit einem kleinen „g“ davor,dass für „gemeinnützig“ steht und sich gut macht bei der Beantragung diverserFördermittel und billiger Arbeitskräfte. Das sind zum großen Teil 1­Euro­Job­ber. Damit gehört Ökobau, das zudem Mitglied der Diakonie der evangelischenKirche ist, zu den zahlreichen sogenannten Maßnahmeträgern. Ökobau ist u.a.in Köln, Mettmann und Westfalen­Lippe aktiv.

von Uwe KleinBietet Ökobau seine Leistungen priva­ten bzw. nichtöffentlichen Interessen­ten an, kommt die Visitenkarte ohnejenes kleine „g“ ins Spiel. Die Firmarühmt sich ihrer Meister und Gesel­len. Insofern ist möglicherweise da­von auszugehen, dass die Leistungenauch nach Meister­ und Gesellentari­fen zu bezahlen sind. Das tatsächlichberufsfremde sogenannte 1­Euro­Job­ber mehrheitlich die Leistungen er­bringen, wollen wir nichtunterstellen. Dennoch sehen die

KEAs dringenden Handlungsbedarf,die Bücher und Machenschaften derFirma zu kontrollieren.Als Machenschaften bezeichnen wirdie schamlose Ausbeutung der Ar­beitskräfte, die unter Androhung fi­nanzieller Sanktionen oft gegen ihrenWillen vom Jobcenter zugewiesenwerden und noch dazu unbezahlteÜberstunden schieben müssen. Dasist im Rahmen einer solchen Maßnah­me grundsätzlich Tabu. Die KEAs ha­ben Kenntnis von mehreren Fällen.

Um Machenschaften wür­de es sich auch handeln,wenn 1­Euro­Jobber imprivatwirtschaftlichen Be­reich tätig sind und un­ternehmerisch Gewinnorientiert eingesetzt wer­den oder aber Arbeitenausführen, die zum un­verzichtbaren und somitnotwendigen Teil einesUnternehmens gehörenund den Aspekt der so­genannten „Zusätzlich­keit“ nicht erfüllen. Hierwäre der Tatbestand er­füllt, dass reguläre Ar­beitsplätze verdrängtbzw. ersetzt werden.Zum Beispiel Tätigkeitenin der Lohnbuchhaltungdes Unternehmens.In solchen Fällen emp­fehlen die KEAs den Be­troffenen, zu überprüfen,ob sich ihre Tätigkeit mitden Angaben in ihrer Zu­weisung des Jobcentersdeckt und ob die Arbeittatsächlich unter „ge­meinnützig“ und „zusätz­lich“ anzusehen ist. Ist dem nicht so,sollte eine Lohnfeststellungsklageund Ansprüche gegenüber dem Job­center in Erwägung gezogen werden.Der Adressat dieser Klage (das Job­center) wird im jüngsten Urteil B 14AS 98/10 R des Bundessozialgerichts(BSG) vom 13.04.2011 festgestellt.Danach können Betroffene auch ihreKrankenkasse um Überprüfung derVersicherungspflicht des Maßnahme­trägers anregen, wenn es diverseVerdachtsmomente gegen diesen ge­ben sollte.

Als Erwerbsloser oder Geringverdie­ner benötigt man in Köln mehrere Do­kumente um vergünstigt dieöffentlichen Verkehrsmittel der KVBzu benutzen. Zunächst benötigt mannatürlich einen Fahrausweis. Sollteman diesen vergünstigt erwerben wol­len benötigt man zusätzlich einenKölnpass. Um dann noch nachzuwei­sen, dass man auch wirklich der In­haber des Kölnpasses ist, sollte manstets seinen Personalausweis bei sichtragen.Der Tathergang„Den Fahrausweis bitte!“, fordert dieenergische Kontrolleurin Herrn G.auf. Dieser kramt sofort sein Porte­monnaie heraus und sucht emsig sei­nen dreiteiligen Fahrausweis.„Mein Kölnpass ist leider im Laufe derZeit kaputt gegangen, da man ihnauch nicht einschweißen darf. Beimletzten Ticketkauf meinte man aberzu mir, so lange der Besitzer eindeu­tig erkennbar ist, sei das gar kein Pro­blem“, sagte Herr G. vorauseilend inRichtung der Kontrolleurin. Dieseblickte ihn mit scharf blitzenden Au­gen und einem verstohlenen Lächelnan: „Zeigen Sie mal her“, entgegnetesie ihm. Nun wurde der Pass mit kri­tischem Auge unter die Lupe genom­men. „Das ist eine Fälschung, der istaus zwei unterschiedlichen Kölnpäs­sen zusammengesetzt!“, lautet dasscharf ausgesprochene Urteil.Ohne ein weiteres Wort bekommtJens G. ein Knöllchen über 40 EUR indie Hand gedrückt. „Den Kölnpasswerde ich einziehen“, mit diesen Wor­ten wendet sich die Kontrolleurin wei­teren Fahrgästen zu. „Das dürfen Siedoch gar nicht machen! Der Pass istgültig! Wie soll ich denn jetzt weiterBahn fahren?“, ruft ihr der mittlerwei­

le sehr wütende Jens G. nach. Ergeb­nislos. Außer sich vor Wut brüllt er imvorbei gehen die beiden Polizistenan, welche die Großkontrolle die gan­ze Zeit beaufsichtigen. „Mir wurde soeben mein Eigentum gestohlen undSie stehen nur daneben!“, bricht esaus dem völlig aufgelösten Herrn G.heraus. Die Beamten verziehen nurIhre Mienen und blicken ihn an alssei er nicht ganz bei Trost, ansonstenkeinerlei Nachfragen oder Reaktio­nen.Hilfe nur über Kontakte undUmwegeWas nun? Herr G. ist auf die öffentli­chen Verkehrsmittel angewiesen, hatweder Führerschein noch Auto undals Erwerbsloser natürlich auch keinGeld für Fahrscheine ohne Kölnpass.Nach mehreren Anrufen bei der Stadtgelingt es einen neuen Kölnpass miteinwöchiger Bearbeitungszeit zu bean­tragen. Eine eindeutige Stellungnah­me zum Raub des Kölnpasses,möchte die Stadt aber auch nicht ab­geben.Jens G. wendet sich an die KEAs undüber ein paar Umwege an den Ratder Stadt Köln von wo aus der Auf­sichtsrat der KVB eingeschaltet wird.Herr G. bekommt von oberster Stelle

die hochoffizielle Genehmigung fürden Zeitraum der Wiederbeschaffungdes Kölnpasses ohne diesen fahrenzu dürfen.Keine Entschuldigung – Sanktion aneifriger Kontrolleurin ungewissNach ein paar Tagen lag dann Postvon der KVB im Briefkasten. Die zweiHälften des Kölnpasses und einSchreiben der KVB in welchem maneingesteht, dass es zu einem „Miss­verständnis“ gekommen ist und manden Kölnpass zur persönlichen Ent­lastung selbstverständlich zurücksendet. Ein Bußgeld ist natürlichauch nicht zu zahlen.Wehrt euch!Was bedeutet das nun für die zahlrei­chen Kölnpassbesitzer, welche leichtin eine ähnliche Situation kommenkönnten? Es gilt zwei Dinge zu be­achten:1. Gebt bei FahrausweiskontrollenNIEMALS eure Dokumente aus derHand2. Fangt an euch politisch zu organi­sieren, denn allein habt ihr keineChance auf Gerechtigkeit.Prost Mahlzeit!

Kölner Erwerbslosen-Anzeiger Sommer 2011 Seite 9

Der BerichtKVB bestiehlterwerbslosen FahrgastDer erwerbslose Jens G. gerät am Wiener Platz beim Aussteigen in eine Groß­kontrolle der KVB. Dutzende Kontrolleure haben die Bahn eingekesselt. Eben­falls anwesend sind zwei Beamten der Polizei. Als wären jährlichePreiserhöhungen und der stetige Anstieg sämtlicher Kontrollschikanen nichtschon dreist genug, offenbarte die KVB nun ihre kriminelle Seite.

Seite 10 Sommer 2011 Kölner Erwerbslosen-Anzeiger

Teilhabe perGutschein­Paketoder die vollePackung UrsulaEs lebte einmal, auf einem fernen Planeten, die kleine Ursula. Eines schönenTages hatte Klein­Ursula eine Idee. Während sie mit ihrer Luxus­Babypuppe„heile Welt“ spielte, träumte sie davon, dass alle Kinder so klug wären wie sieselbst. Sie hatte davon gehört, dass es dort draußen – außerhalb von Eigen­heim, Internat, Ballettstunden und Klavierunterricht ­ böse Eltern gibt, die dasGeld ihrer Kinder für Alkohol, Zigaretten und Glücksspiel verjubeln. SolcheMenschen fand die kleine Ursula doof.

von Emma Viel„In Deutschland muss heute keinermehr verhungern!“, hatte ihr Groß­vater gesagt. Auch die kleine Ursulahatte noch nie – außer in den Medi­en ­ verhungernde Menschen gese­hen. „Die Eltern der armen Kindersind das Problem“, so schlussfolger­te die kleine Ursula. Drogen­, spiel­und fernsehsüchtig, verweigern sieihren Kindern jedes Maß an Bildung.Ursula wollte so vielen Kindern wiemöglich eine andere Zukunft ermög­lichen. Wenn es sein muss auch ge­gen deren Willen.Optimale VoraussetzungenSie studierte Volkswirtschaftslehre,Politik und Wirtschaft, wurde Ärztinund promovierte. Ursula tat sich mitder Entscheidung ein bisschenschwer. Glücklicherweise konnte ihrUmfeld ihre Unentschlossenheit ma­teriell auffangen. Als Tochter einesMinisterpräsidenten wurde sie imSchoß der politischen Elite geboren.Sie wurde Ehefrau eines Medizin­Professors. Privilegiert geboren,wohlhabend verheiratet, bekam siesieben Kinder. Eine stattliche An­zahl, aber optimale familiäre Voraus­setzungen machten dies im

wahrsten Sinne des Wortes zu ei­nem Kinderspiel.Existenzängste?Die mühsame Suche nach einer Ta­gesmutter oder einem Kindertages­stättenplatz blieb ihr erspart.Drückende Existenzängste und unsi­chere Arbeitsverhältnisse spielten kei­ne Rolle. Man bestellt Kindermädchendie man sorgsam nach Stallgeruchaussucht. Hätten alle Frauen die glei­chen Chancen, wären sie Ursulasschärfste Konkurrentinnen. Aber Ursu­la hat das vergessen. Sie glaubt blindund selbstgerecht an ihre Leistungund sieht nicht ihren vorgezeichnetenLebensweg.Paranoia!Gerne wäre ich dabei, wenn Ursulasieben Mal für ihre sieben Kinder mitdem Formular für das Teilhabepaketin die Schule trottet, eine Kopie desALG­II Bescheids in der anderenHand. Ich hätte gerne Ihre Unsicher­heit gesehen, während die Verwal­tungsangestellte die Augenbrauehochzieht. Ich wünsche Ursula dassiebenmalige Ausfüllen des Formu­lars, das siebenmalige Erstellen vonGutachten über die Versetzungsge­

fährdung ihrer Kinder. Sieben Mal sollsie sich mit den entsprechenden Ver­einen auseinandersetzen und siebenMal das Formular für die Klassenfahrtausfüllen. Aber bitte liebe Ursula,nicht während der Arbeitszeit! Viel­leicht heilt dich das von Entmündi­gung, wahnwitzigen politischenEntscheidungen und deiner Paranoia.Bargeld? Lieber nicht!Meine Hoffnung bleibt begrenzt.Menschen wie Ursula sind unfähigüber ihren Tellerrand zu schauen. Siekennen diese Welt nicht in der sie le­ben. Existenzminimum findet auf ei­nem anderen Planeten statt. Siegönnen den Eltern nicht einmal dieBarauszahlung von 10 Euro im Monatfür den Besuch eines Vereins, der mitSicherheit kostspieliger ist. Geld fürSportsachen oder Instrumente istauch nicht drin.Demütigende Hausbesuche,frustrierende BürokratieLieber bezahlt Ursula Sozialschnüff­ler, die Hausbesuche machen. Auchhier zeigt sie ein ausgeprägtes Miss­trauen den Eltern gegenüber. Elternwünschen sich ungeachtet ihrer ma­teriellen Möglichkeiten grundsätzlich

Das Thema

Kölner Erwerbslosen-Anzeiger Sommer 2011 Seite 11

Das Thema

die bestmöglichen Chancen und Kar­rieren für ihre Kinder. Deshalb grenztUrsulas Misstrauen an Paranoia. Eshilft den Eltern nicht, in aller Öffent­lichkeit, zu ihrer Armut stehen zumüssen. Das Resultat sind Scham,Demütigung und Diffamierungen.Herkunft und LeistungDabei hat Ursula die Keimzelle desProblems erkannt. Wo man auch hin­schaut: Die Wurzel allen Übels unddie Bestimmung eines Menschen wirddurch die Familie geprägt. Herkunftwar, ist und bleibt der Ursprung fürMisserfolg oder glänzende Karriere.Die Leistung, die sich lohnen soll, istein Traum der sich nicht erfüllt.Ursula müsste eigentlich wissen, dassdie Familie ausschlaggebend für be­

rufliche Chancen und finanzielle Strö­me ist. Sie schafft Illusionen, dieunweigerlich enttäuscht werden müs­sen. Die Liste der Mahner und Kriti­ker ist lang. Sie reicht von denVereinten Nationen (UN­Sozialbe­richt) über die UNICEF und das Bun­desministerium für Arbeit undSoziales bis zum Paritätischen Wohl­fahrtsverband. Alle Institutionen pran­gern in ihren aktuellen Studien dieChancen­Ungleichheit in Deutschlandim internationalen Vergleich an.Ein Arbeiterkind hat selten die Mög­lichkeit leitender Angestellter zu wer­den. Aber Ursula bleibt blind undtaub, beharrt weiter auf ihren frag­würdigen politischen Entscheidungen.Trotzig wie damals die kleine Ursula,fordert sie ihr Bildungs­ und Teilhabe­paket, dass an den Bedürfnissen und

Wirklichkeiten der Eltern und Kinderweit vorbei geht.Wenn unser staatliches Schulsystemseit Jahrzehnten nicht in der Lage istdie Kinder gut auszubilden, wenn El­tern finanziell nicht in der Lage sindBildung zu finanzieren, wenn die Be­treuungssituation mangelhaft ist, ze­mentiert man die Probleme. Dagegenhilft auch kein Gutschein!

Bild: Jochen Lubig unter Verwendungeiner Vorlage von LaurenceChaperon. Lizenz: cc by­sa

Seite 12 Sommer 2011 Kölner Erwerbslosen-Anzeiger

STOPHartz-IV