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Die Skulpturen des Kolonnadenhofes © Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart Die Bauidee des Kolonnadenhofes geht zurück auf Karl Friedrich Schinkel, den Architekten des ersten Museums auf der Museumsinsel, dessen Gemälde „Blick in Griechenlands Blüte“ (Naonalgalerie) bereits ein ähnliches Konzept formuliert. 1880 wurde der Innenhof vom damaligen Tiergartendirektor Eduard Neide entworfen und ist als eingetragenes Gartendenkmal Bestandteil des UNESCO-Welterbes. In dem 12.900 Quadratmeter großen, von Kolonnaden eingerahmten Hof sind seitlich des Brunnens und um die Alte Naonalgalerie herum streng geometrisch geschniene Buchsbaumhecken gepflanzt, zwischen die sich einzelne Platanen locker verteilen. Die Gartengestaltung, die auf historische Vorbilder zurückgeht, stammt von den Berliner Landschaſtsarchitekten Levin Monsigny. Am 6. Juni 2010, dem Welterbetag, wurde der neu gestaltete Kolonnadenhof der Öffentlichkeit übergeben. Auf der repräsentaven Freitreppe der Alten Naonalgalerie überblickt das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. von Preußen den Kolonnadenhof. © Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart Die ... · Herkules mit dem nemeischen Löwen, 1878 Bronze (Guss wohl 1879) Die komplizierte Komposition zeigt Herkules, Halbgott und

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Die Skulpturen des Kolonnadenhofes

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Die Bauidee des Kolonnadenhofes geht zurück auf Karl Friedrich Schinkel, den Architekten des ersten Museums auf der Museumsinsel, dessen Gemälde „Blick in Griechenlands Blüte“ (Nationalgalerie) bereits ein ähnliches Konzept formuliert. 1880 wurde der Innenhof vom damaligen Tiergartendirektor Eduard Neide entworfen und ist als eingetragenes Gartendenkmal Bestandteil des UNESCO-Welterbes. In dem 12.900 Quadratmeter großen, von Kolonnaden eingerahmten Hof sind seitlich des Brunnens und um die Alte Nationalgalerie herum streng geometrisch geschnittene Buchsbaumhecken gepflanzt, zwischen die sich einzelne Platanen locker verteilen. Die Gartengestaltung, die auf historische Vorbilder zurückgeht, stammt von den Berliner Landschafts architekten Levin Monsigny. Am 6. Juni 2010, dem Welterbetag, wurde der neu gestaltete Kolonnadenhof der Öffentlichkeit übergeben. Auf der repräsentativen Freitreppe der Alten Nationalgalerie überblickt das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. von Preußen den Kolonnadenhof.

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Die Skulpturen des Kolonnadenhofes

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Alexander Calandrelli (1834–1903)Reiterstandbild Friedrich Wilhelms IV. von Preußen, 1875-1886Bronze

Der Bildhauer Alexander Calandrelli (1834–1903) schuf dieses monumentale Bronzedenkmal nach Entwürfen von Gustav Blaeser zwischen 1875 und 1886. Friedrich Wilhelm IV. wird darin durch die allegorischen Sockelfiguren – Religion, Kunst, Geschichte und Philosophie – als Förderer der Künste geehrt. Auch die Idee der Museumsinsel ging auf ihn zurück. Das Denkmal setzt die Reihe der Reiterstandbilder der Hohenzollern-Herrscher im Berliner Zentrum fort, von Andreas Schlüters Denkmal für den Großen Kurfürsten (ehem. auf der Langen Brücke, heute vor dem Schloss Charlottenburg) und Christian Daniel Rauchs Reiterstandbild Friedrichs des Großen (Unter den Linden) bis hin zu den zerstörten Standbildern von Rudolf Maison für Friedrich III. (ehem. vor dem Bode-Museum) und Albert Wolff für Friedrich Wilhelms III. (ehem. vor dem Alten Museum).

© Staatliche Museen zu Berlin

Die Skulpturen des Kolonnadenhofes

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Zwischen den Buchsbaumhecken sind acht Bronzeplastiken aufgestellt. Sie verweisen exemplarisch auf die reichen Skulpturenbestände der Sammlung der Nationalgalerie.

Reinhold Felderhoff (1865 – 1919)Diana, 1898 Bronze (Guss 1910)

Das Motiv der Jagdgöttin Diana, die sich mit einem Band den Köcher anlegt und mit hochgebundenen Sandalen bekleidet ist, war erstmals 1898 als Statuette auf der „Großen Berliner Kunstausstellung“ ausgestellt. Die 1,74 Meter hohe Plastik im Kolonnadenhof wurde 1910 in der Gießerei Noack in Berlin in Bronze gegossen. Das Werk verbindet Einflüsse der Begas-Schule, die beispielsweise an der weichen Modellierung des Haars erkennbar ist, mit sezessionistischen Tendenzen der Ausdrucksplastik.

© Staatliche Museen zu Berlin / Andreas Kilger

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Louis Tuaillon (1862–1919)Amazone zu Pferde, um 1890/95Bronze (Guss 1895)

Als Vertreterin eines mythischen Volkes von kämpferischen Frauen ist die Amazone von Tuaillon – nicht wie bei August Kiss am Alten Museum – als gefährliche Kriegerin dargestellt, sondern als Inbegriff von Selbstbeherrschung, Strenge und Konzentration. Die „Amazone“ gilt daher als eines der Hauptwerke des Begas-Schülers Tuaillons, ja der deutschen Bildhauerkunst um 1900 überhaupt. Sie wurde bereits 1896 durch die Nationalgalerie erworben und 1897 im Freiraum zwischen Nationalgalerie und Neuem Museum zentral aufgestellt. In ihrer formalen Klarheit und selbstbeherrschten Strenge löst sie sich von der Formensprache des opulenten Neobarock.

© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger

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© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Constantin Meunier (1831–1905)Der Sämann, 1896Bronze (Guss wohl 1. Drittel 20. Jh.)

Constantin Meunier preist in seinem Schaffen den Wert (und die Last) der einfachen Arbeit. Erst 1886 gelang dem Künstler aus Belgien der Durchbruch als Bildhauer im Pariser Salon. Sein Interesse für Arbeiterdarstellungen klingt auch in der Gestalt des Sämanns an, der in abgewandelter Form auch für Meuniers großangelegtes Projekt eines „Denkmals der Arbeit“ gedacht war. Der „Sämann“ knüpft darüber hinaus an die traditionelle Jahreszeiten-Thematik an, steht für das Frühjahr und damit für den Erneuerungszyklus der Natur. Mit ausholend-aussäender Geste, die man wenig früher auch im Œuvre Vincent van Goghs findet, wirft er sein Korn in den Acker.

© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger

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August Gaul (1869 – 1921)Löwe, 1904Bronze

August Gaul gehört zu den ersten modernen Bildhauern Berlins, der in seiner Bedeutung schon von den Zeitgenossen erkannt wurde. Seit der ersten Ausstellung beim Deutschen Künstlerbund in München 1904 ist dieser lebensgroße Löwe dank seiner erhabenen Ruhe und würdevollen Wachheit ein mustergültiges Beispiel der Kunstauffassung August Gauls und der gesamten sezessionistischen Plastik. Gaul, der Tiere im Zoologischen Garten studierte, war daran interessiert, Wesen und Naturell der einzelnen Tiergattungen zu erfassen. Alles Literarische, Anekdotische und Genrehafte blieb ebenso ausgeklammert wie die herkömmliche ikonographische Bedeutung dieser Spezies als Wappentier oder als Herrschaftsmotiv. Die Aufmerksamkeit des Betrachters wird dagegen ganz auf die formalen Qualitäten gelenkt, auf die klare Silhouette und auf die geschlossene Gesamtform.

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© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Max Klein (1847–1908) Herkules mit dem nemeischen Löwen, 1878Bronze (Guss wohl 1879)

Die komplizierte Komposition zeigt Herkules, Halbgott und Held der griechischen Mytholo gie, der mit bloßen Händen einen als unbesiegbar geltenden Löwen erwürgt. Dabei sind der athletische Männerakt und der den Rachen aufreißende Löwen solcherart ineinander verschlungen, dass sich die Gruppe nur im Umschreiten erschließt. Das kompositorische Chaos dient dazu, einen filmisch-dynamischen Effekt zu erzeugen, der ganz mit der neobarocken Kunstauffassung konform ging, die Max Klein bei seinem Lehrer Reinhold Begas gelernt hatte.

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© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Die Fassade des Kolonnadengangs auf der Ostseite des Neuen Museums ziert eine Reihe von Büsten bedeutender Persönlichkeiten, die auf vielfältige Weise mit der Kunst in Berlin im Allgemeinen sowie der Museumsinsel im Besonderen verbunden sind.

Gustav Blaeser (1813–1874)August Kiss, 1871Marmor

August Kiss (1802–1865) war ein bedeutender Berliner Bildhauer, der eng mit dem Architekten Schinkel zusammenarbeitete, dem Baumeister des Alten Museums. Von Kiss stammen die „Kämpfende Amazone“ (1842) vor dem Alten Museum und das Relief „Die Kunst unterweist Industrie und Kunstgewerbe“ (1862) im Tympanon des Westgiebels vom Neuen Museum. Darüber hinaus hatte sich der Bildhauer mit einer bedeutenden testamentarischen Stiftung an die Sammlung der Nationalgalerie um die Kunst verdient gemacht.

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© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Wilhelm Wolff (1816–1887)Franz Kugler, um 1870Marmor

Die Marmorbüste präsentiert einen der ersten namhaften deutschen Kunsthistoriker: Franz Theodor Kugler (1808-1858). Sein „Handbuch der Geschichte der Malerei“ (1837) und das „Handbuch der Kunstgeschichte“ (1842) galten schon früh als Standardwerke. Berühmt wurde Kugler auch durch die erste Biographie zu Karl Friedrich Schinkel und das von Adolph Menzel illustrierte Werk „Geschichte Friedrichs des Großen“ (1840). Seit 1843 war er als Kunstreferent im preußischen Kultusministerium tätig.

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Die Skulpturen des Kolonnadenhofes

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Julius Franz (1824–1887)Gustav Friedrich Waagen, 1885Marmor

Die Bildnisbüste zeigt den Kunstschriftsteller und ersten Direktor der Berliner Gemäldegalerie Gustav Friedrich Waagen (1794–1868). Durch seine systematische, chronologische und nach Schulen geordnete Hängung der Werke in der Gemäldegalerie im Alten Museum hatte sich Waagen einen Namen gemacht. Mit seiner außerordentlichen Professur an der Berliner Universität wurde die Kunstgeschichte darüber hinaus erstmals als universitäre Disziplin anerkannt.

© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger

Die Skulpturen des Kolonnadenhofes

© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Joseph von Kopf (1827–1903)Carl Schnaase, 1877Marmor

Der in fürstlichen Kreisen geschätzte Porträtist Joseph von Kopf fertigte in Rom die Büste des Kunsthistorikers Carl Schnaase (1798–1875) an, der neben Gustav Friedrich Waagen und Franz Kugler der sogenannten Berliner Schule der Kunstgeschichte angehörte. Kurz nach Kuglers „Handbuch der Kunstgeschichte“ erschienen die ersten Bände seiner fragmentarisch gebliebenen achtbändigen „Geschichte der bildenden Künste“, in der Schnaase nicht mehr vom einzelnen Kunstwerk ausging, sondern Kunstgeschichte als Teil der allgemeinen Kultur- und Geistesgeschichte des Menschen auffasste.

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© Staatliche Museen zu Berlin / Bernd Weingart

Rudolf Siemering (1835–1905)Aloys Hirt, um 1874Marmor

Die Errichtung des Alten Museums am Lustgarten (1830), das zunächst Antiken und die Sammlungen der Gemäldegalerie zeigte, geht maßgeblich auf die Idee des bedeutenden Kunst- und Architekturhistorikers Aloys Hirt (1759–1837) zurück. Er verfasste nicht nur eine dreibändige „Geschichte der Baukunst bei den Alten“ (1820–27), sondern war auch als Kunstberater für die preußische Krone tätig. Er initiierte die Gründung der Berliner Bauakademie und war seit 1810 der erste Professor für Archäologie an der damals neugegründeten Universität.

© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger

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Max Klein (1847–1908) (nach Karl Keil)Friedrich Drake, 1906Marmor

Friedrich Drake (1805–1882) ist neben August Kiss der zweite Bildhauer, dem im Bildprogramm der Bildnisbüsten des Neuen Museums für seine Verdienste um Kunst und Kunstgeschichte, insbesondere in Berlin und in Bezug auf die Museumsinsel gedacht wird. Ausgebildet im Atelier von Christian Daniel Rauch, schuf Drake nicht nur die Viktoria (1869-73) auf der Siegessäule am Großen Stern im Tiergarten, sondern auch die Dachfigur „Frieden“ und das Relief „Die Geschichte unterrichtet die Künste“ (1854) für das Tympanon des Ostgiebels am Neuen Museum.

© Staatliche Museen zu Berlin / Andres Kilger