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Hubschraubertechnik und Grundlagen Einleitung Das Grundprinzip des Hubschraubers ist schon sehr alt. Bereits im 10. Jahrhundert entwickelte man in Persien Windmühlen, bei denen waagrechte Segel als Antrieb genutzt wurden. Diese Technik gelangte – vermutlich durch Kriege – nach China. In China entwickelte man Spielzeuge, bei denen waagrecht angeordnete, sich drehende Flügel verwendet wurden. Der erste jedoch, der sich Gedanken um das senkrechte Abheben machte, war Leonardo da Vinci. 1493 zeichnete er Fluggeräte und aus dieser Zeit stammt der Begriff Helikopter, der heute neben dem Begriff Hubschrauber verwendet wird. Das Wort Helikopter setzt sich zusammen aus (griech. Helix), welches für eine Spirale als Flügel (griech.Pteron) steht. 1. Die Einteilung der Luftfahrzeuge Ganz allgemein werden Luftfahrzeuge unterschieden in zwei Gruppen, nämlich diejenigen, die leichter als Luft sind (Ballon, Luftschiff) und diejenigen, die schwerer als Luft sind (Schwingflügler, Drehflügler und Starrflügler). Diese werden dann noch weiter unterschieden in mehrere Untergruppen. 1.1. Luftfahrzeuge „leichter als Luft“ Luftfahrzeuge, die man als „leichter als Luft“ bezeichnet, verfügen über einen statischen Auftrieb durch mitgeführte Gase, z.B. Wasserstoff oder Helium. Damit sind sie spezifisch leichter als die atmosphärische Luft. Bei Ballonen und Luftschiffen spricht man auch davon, dass sie fahren (und nicht fliegen). 1.2. Luftfahrzeuge „schwerer als Luft“ Luftfahrzeuge, die man als „schwerer als Luft“ bezeichnet, verfügen über einen dynamischen Auftrieb. Sie benötigen zum Fliegen eine gewisse Mindestleistung, die beispielsweise beim Segelflug durch Ausnutzen von Luftströmungen und beim Motorflug durch ein Triebwerk erzeugt wird.

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Hubschraubertechnik und GrundlagenEinleitungDas Grundprinzip des Hubschraubers ist schon sehr alt. Bereits im 10. Jahrhundert entwickelte man in Persien Windmühlen, bei denen waagrechte Segel als Antrieb genutzt wurden. Diese Technik gelangte – vermutlich durch Kriege – nach China. In China entwickelte man Spielzeuge, bei denen waagrecht angeordnete, sich drehende Flügel verwendet wurden. Der erste jedoch, der sich Gedanken um das senkrechte Abheben machte, war Leonardo da Vinci. 1493 zeichnete er Fluggeräte und aus dieser Zeit stammt der Begriff Helikopter, der heute neben dem Begriff Hubschrauber verwendet wird. Das Wort Helikopter setzt sich zusammen aus (griech. Helix), welches für eine Spirale als Flügel (griech.Pteron) steht.

1. Die Einteilung der LuftfahrzeugeGanz allgemein werden Luftfahrzeuge unterschieden in zwei Gruppen, nämlich diejenigen, die leichter als Luft sind (Ballon, Luftschiff) und diejenigen, die schwerer als Luft sind (Schwingflügler, Drehflügler und Starrflügler). Diese werden dann noch weiter unterschieden in mehrere Untergruppen.

1.1. Luftfahrzeuge „leichter als Luft“Luftfahrzeuge, die man als „leichter als Luft“ bezeichnet, verfügen über einen statischen Auftrieb durch mitgeführte Gase, z.B. Wasserstoff oder Helium. Damit sind sie spezifisch leichter als die atmosphärische Luft. Bei Ballonen und Luftschiffen spricht man auch davon, dass sie fahren (und nicht fliegen).

1.2. Luftfahrzeuge „schwerer als Luft“Luftfahrzeuge, die man als „schwerer als Luft“ bezeichnet, verfügen über einen dynamischen Auftrieb. Sie benötigen zum Fliegen eine gewisse Mindestleistung, die beispielsweise beim Segelflug durch Ausnutzen von Luftströmungen und beim Motorflug durch ein Triebwerk erzeugt wird.

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2. Einteilung der HubschrauberAuch die Hubschrauber können noch weiter nach Rotoranordnung und Antriebsart unterteilt werden. Zunächst erfolgt eine Unterteilung in zwei Gruppen, nämlich in Hubschrauber mit Wellenantrieb und Hubschrauber mit Blattantrieb.

2.1. Hubschrauber mit WellenantriebHubschrauber mit Wellenantrieb werden noch weiter unterteilt in solche, die vom Aufbau her einrotorig mit Drehmomentausgleich sind und solche, die vom Aufbau her Drehmomentfreie mehrrotorige Hubschrauber sind.

2.2. Zu den einrotorigen Hubschraubern mit Drehmomentausgleich gehören (in der Grafik wegen der Übersichtlichkeit nicht enthalten):

Hubschrauber mit Haupt- und Heckrotor(bereits 1874 als Entwurf von Fitz und Wilhelm Achenbach in Deutschland vorgestellt)

Hubschrauber mit Haupt- und Seitenrotor(erstmals 1936 von Anton Flettner genutzt, FL 185)

Hubschrauber mit Hauptrotor und Seitenstrahl

2.3. Zu den Drehmomentfreien mehrrotorigen Hubschraubern gehören (in der Grafik wegen der Übersichtlichkeit nicht enthalten):

Hubschrauber mit Koaxial-Rotor(erstmals 1859 in England von Henry Bright vorgestellt)

Hubschrauber mit zwei auf Auslegern nebeneinander liegenden Rotoren („Side-by-Side“)(erstmals von Prof. Focke als Fw 61 im Jahre 1938 vorgestellt)

Hubschrauber mit nebeneinander ineinanderkämmenden Rotoren(erstmals 1938 von Anton Flettner angewandt, FL 265)

Hubschrauber mit Tandem-Rotoren (hintereinander angeordnete, gegenläufige Rotoren, erstmals 1927 in Belgien von Nicholas Florine, unten im Foto eine Boeing Vertol)

Hubschrauber mit mehr als zwei Rotoren (nur Versuchsflüge)

2.4. Hubschrauber mit BlattantriebBei dieser Antriebsvariante wird der Rotor nicht durch eine Welle, sondern direkt angetrieben. Es muss daher kein Drehmomentausgleich erfolgen. Diese Hubschrauber werden noch unterschieden in diejenigen mit Blattpropeller-Antrieb und solche mit Blattstrahlantrieb.

2.5. Blattpropeller-AntriebBeim Blattpropeller-Antrieb setzen kleine, am Rotorblatt befestigte und von Kolbenmotoren angetriebene Propeller den Rotor in Bewegung. Dieses Prinzip wurde erstmalig im Jahre 1903 in England angewandt.

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2.6. BlattstrahlantriebBei Hubschraubern mit Blattstrahlantrieb erfolgt die Drehung des Rotors durch Austritt von Gasen oder heißer Luft durch Düsen, welche sich an den Blattenden befinden. Ein Kraftstoff-Luft-Gemisch strömt durch die hohlen Rotorblätter und wird an den Blattspitzen gezündet. Der erste Hubschrauber mit Blattspitzenantrieb startete 1943 zu seinem ersten Freiflug. Es handelte sich um den WNF 342 V-1 der Wiener Neustädter Flugzeugwerke. Diese Antriebsart wird auch als drehmomentfreier Reaktionsrotor bezeichnet.

Hubschrauber: Langsamer Flug in jede RichtungWährend sich konventionelle Flugzeuge (Starrflügler) stets mit einer Mindestgeschwindigkeit vorwärts bewegen müssen, damit die Tragflächen den erforderlichen Auftrieb erzeugen, verfügen Hubschrauber über bewegliche Tragflächen (die Rotoren), die auch ohne Vorwärtsbewegung des Hubschraubers Auftrieb erzeugen können. Damit können Hubschrauber sehr langsam fliegen, in der Luft stehen bleiben und sich sogar rückwärts bewegen.

Antriebskraft - GrundlagenBevor wir einen Blick darauf werfen, wie der Hubschrauber aufgetrieben wird, sollen zunächst einige allgemeine Grundlagen zum Auftrieb erläutert werden. Da die Rotorblätter ein ähnliches Profil aufweisen wie die Tragflächen eines Starrflüglers, lohnt es, sich den Aufbau einer Tragfläche anzuschauen.

Unter Auftriebskraft (kurz Auftrieb) versteht man eine der Gewichtskraft entgegenwirkende Kraft. Dynamischer Auftrieb entsteht bei bewegten, geeignet geformten Körpern durch Strömungsunterschiede zwischen Ober- und Unterseite, die Druckunterschiede hervorrufen (z.B. an den Tragflügeln der Flugzeuge). Zur Erzeugung von Unterdruck auf der Tragflächenoberseite ist das Profil der Tragfläche gewölbt. Wenn sich das Flugzeug vorwärts bewegt, strömt Luft von vorn gegen die Tragfläche. Dabei teilt sich der Luftstrom auf. Die Unterseite der Tragfläche ist kaum gewölbt. Daher kann die Luft hier relativ ungestört vorbeiströmen. Auf der stark gewölbten Tragflächenoberseite wird die Luft verdrängt, muss ausweichen und dadurch einen längeren Weg zurücklegen, wodurch sich die Geschwindigkeit erhöht. Nach einem Gesetz der Strömungslehre (»Bernoulli-Gleichung«) führt bei einem Gas die Zunahme der Geschwindigkeit zu einer Verringerung des Drucks. Wegen der höheren Luftgeschwindigkeit auf der Oberseite (Saugseite) stellt sich ein kleinerer Druck als auf der Unterseite (Druckseite) ein, der Flügel wird nach oben gehoben.

Man könnte also auch sagen, dass der Unterdruck auf der oberen Tragflächenseite das Flugzeug gleichsam nach oben »saugt«.

Auftriebsprinzip des HubschraubersDer Hauptrotor ist das zentrale Element des Hubschraubers. Er sorgt für den Auftrieb und stellt damit quasi eine bewegliche Tragfläche dar (Drehflügel). Darüber hinaus ist der Hauptrotor das zentrale Steuerelement. Er besteht aus mehreren Rotorblättern, die ein ähnlich gewölbtes Profil aufweisen wie die Tragflächen eines Starrflüglers.Wird der Rotor durch den Antrieb des Hubschraubers (heute meistens ein Turbinentriebwerk) in Drehung versetzt, entsteht durch die Luftströmung um die Rotorblätter eine Auftriebskraft, die den Hubschrauber senkrecht nach oben steigen lässt. Dabei wird die Größe des Auftriebs außer von der Rotorprofilform und der Rotordrehzahl auch vom Anstellwinkel der Rotorblätter gegen die Luft und letztlich auch die Luftdichte bestimmt. Über ein Hebelwerk kann der Anstellwinkel der Rotorblätter vergrößert oder verkleinert werden. So wird durch eine Vergrößerung des Anstellwinkels der Auftrieb und damit die Steiggeschwindigkeit des Hubschraubers erhöht.Die Rotorblätter werden bis zu einer festgelegten Drehzahl beschleunigt, diese wird beim Flug oder auch beim Schweben mithilfe des Triebwerks konstant gehalten. Für jeden Hubschrauberrotor ist ein bestimmter Betriebsdrehzahlbereich festgelegt, der z.B. von der Beschaffenheit und der Anzahl der Rotorblätter abhängt.

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Warum ist die Geschwindigkeit begrenzt?Die Hubschrauber, die im Luftrettungsdienst eingesetzt sind, haben meist maximale Fluggeschwindigkeiten von ca. 280 km/h, die Reisegeschwindigkeit liegt jedoch bei ca. 240 km/h. (In der Fliegerei wird die Fluggeschwindigkeit jedoch in Knoten angegeben – mehr dazu...). Die sich drehenden Rotorblätter haben zwar den Vorteil, dass der Hubschrauber zum Abheben keine Eigengeschwindigkeit braucht, allerdings wird die Vorwärtsgeschwindigkeit stark eingeschränkt durch die Eigenbewegung des Rotors.Nehmen wir an, dass der Rotor am Ende des Blattes, der sog. Blattspitze, sich mit einer Geschwindigkeit von 700 km/h dreht. Nehmen wir weiter an, dass der Hubschrauber mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h fliegt. In dem Fall hat das sich nach vorne drehende Blatt eine Geschwindigkeit von 900 km/h gegenüber der „stehenden“ Luft. Das sich nach hinten drehende Blatt hat dagegen eine Geschwindigkeit von 500 km/h gegenüber der „stehenden“ Luft. Bei hohen Geschwindigkeiten kommt es irgendwann dazu, dass das nach vorne drehende Blatt in die Nähe des Überschallbereichs gerät – dabei treten erhebliche Vibrationsprobleme auf, die zur Zerstörung des Rotorblattes führen können. Beim nach hinten drehenden Blatt kommt es irgendwann zum Strömungsabriss. Im Vorwärtsflug summiert sich die Geschwindigkeit des Rotorblattes mit der des Hubschraubers. Da sich ein Blatt vorwärts und eines rückwärts dreht, entsteht ein unterschiedlicher Auftrieb: das nach vorne drehende Blatt hebt sich an, das nach hinten drehende Blatt senkt sich ab. Dieser unterschiedliche Auftrieb ist für die Schlagbewegung des Blattes und für die Begrenzung der Fluggeschwindigkeit verantwortlich. Somit bleibt die maximale (theoretische) Fluggeschwindigkeit des Hubschraubers auf rund 370 km/h begrenzt.

Vortrieb des HubschraubersUm nicht nur eine senkrechte Bewegung, sondern zusätzlich auch eine Vortriebsbewegung zu ermöglichen, muss der Hubschrauber so geneigt werden, dass die Rotorachse nicht mehr senkrecht, sondern schräg zur Erdoberfläche steht. Dann erzeugt der Rotor neben einer Auftriebskraft auch eine Vortriebskraft schräg nach vorne. Die für eine Vorwärtsbewegung erforderliche Schrägstellung des Hubschraubers, also das Anheben des Hecks, wird dadurch bewirkt, dass jeweils das Rotorblatt, das sich gerade über der Heckseite dreht, einen größeren Auftrieb erzeugt. Einen großen Auftrieb auf der Heckseite und einen kleinen Auftrieb auf der Frontseite erreicht man dadurch, dass die Anstellwinkel der Rotorblätter dementsprechend verändert werden.

Die ständige Änderung des Rotoranstellwinkels während einer Drehung des Rotors erfolgt durch die Taumelscheibe. Entsprechend zur gewünschten Flugrichtung stellt der Hubschrauberpilot über Steuerstangen den unteren Teil der Taumelscheibe in eine bestimmte Schrägstellung. Während der untere Teil der Taumelscheibe keine Drehbewegung ausführt, dreht sich der obere Teil der Taumelscheibe mit dem Rotor mit und gleitet dabei auf dem unteren Teil. Dabei führt die Schrägstellung der Taumelscheibe zu einer Auf- und Abbewegung der Schubstangen und damit im Verlauf einer Rotordrehung zu einem ständigen Wechsel des Rotoranstellwinkels.

Der HauptrotorkopfDer Hauptrotorkopf befindet sich an der Spitze des sogenannten Hauptrotormastes und dient der Befestigung der Hauptrotorblätter. Da im Wesentlichen der Hauptrotor für alle Flugbewegungen verantwortlich ist, sei es Steigflug, Vorwärtsflug oder Kurvenflug, sind besondere Anforderungen an den Rotorkopf zu stellen. Seine Aufgabe ist es, sämtliche Bewegungen der Blätter aufzunehmen, sei es, dass diese durch die Aerodynamik hervorgerufen wurden oder aber auch durch die Steuereingaben des Piloten. Allerdings gibt es eine große Bandbreite an Rotorkopfkonstruktionen. Diese reicht von solchen, die durch entsprechende Lager und Gelenke eine sehr „lose“ Blattaufhängung haben bis hin zu solchen die frei von beweglichen Teilen sind.

Die EC 135 verzichtet sogar ganz auf einen Rotorkopf im üblichen Sinne, dort sind die Hauptrotorblätter direkt am Rotormast befestigt, also ohne jegliche Gelenke oder Lager. Sämtliche Schwenk-, Schlag- oder Torsionsbewegungen werden ausschließlich von den Kunststoffblättern aufgenommen, die daher sehr elastisch sein müssen.

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AusgleichsgelenkeWie weiter oben angesprochen (Absatz: Warum ist die Geschwindigkeit begrenzt?), haben die Rotorblätter an den Blattspitzen unterschiedliche Geschwindigkeiten im Vorwärtsflug und somit auch einen unterschiedlichen Auftrieb. Die dadurch entstehenden Bewegungen an den Blättern müssen diese unabhängig vom Rumpf mitmachen können. Anderenfalls könnte es zur Zerstörung der Blattstruktur kommen oder dazu, dass der Hubschrauber seitlich wegkippt und umschlägt. Diese Kippmomente könnten entstehen, wenn die Auftriebskräfte über die Rotorblätter eine Hebelwirkung auf den Hauptrotorkopf erhalten.

Um dies zu verhindern, verbindet man bei vielen Hubschrauberkonstruktionen die starren Rotorblätter über Gelenke (Schlag- und Schwenkgelenke) mit dem Hauptrotorkopf. Dann wirken nur noch senkrechte Kräfte auf den Rotorkopf sowie die nach außen gerichteten Fliehkräfte der Rotorblätter, nicht jedoch Drehmomente, die den Hubschrauber wegkippen können und die auch zu einer starken Belastung des Rotorkopfes und der Blätter führen. Durch die gelenkige Befestigung machen die Rotorblätter schlagende Bewegungen (ähnlich wie ein Vogel seine Flügel schlägt), weil sich im Laufe einer Umdrehung die Kräfte auf die Rotorblätter ständig ändern und die Blätter entsprechend den wirkenden Kräften nach oben oder unten schwingen.

Gelenklose RotorenBei neueren Hubschrauberkonstruktionen verbindet man die Blätter zwar starr mit dem Rotorkopf, verwendet aber elastische Blätter, sodass sich ein ähnliches Bewegungsverhalten wie bei gelenkig angebrachten Rotorblättern ergibt. Hier nimmt also das Rotorblatt selbst die gesamten Bewegungen auf. Daher müssen diese Rotorblätter aus hochwertigen Materialien hergestellt sein, um diese Bewegungen langfristig zu absorbieren, ohne selbst beschädigt zu werden. Der Vorteil besteht in relativer Unkompliziertheit, Wartungsfreundlichkeit, Gewichtsersparnis, langer Haltbarkeit und geringer Teileanzahl.

Hubschrauber mit gelenklosen Rotoren sind sehr direkt in der Umsetzung der Steuereingaben und daher sehr wendig.

Seitensteuerung eines HubschraubersNach dem Newtonschen Prinzip „Actio = Reactio“ würde sich bei einem Hubschrauber mit nur einem Rotor der Rumpf in entgegengesetzter Richtung zum Rotor wegdrehen, wenn er nicht durch eine zusätzliche Kraft abgestützt und am Drehen gehindert würde. Das heißt, dass durch das entstehende Drehmoment des Hauptrotors ein Gegendrehmoment entsteht – der Rumpf würde sich um die Hochachse drehen. Zur Vermeidung dieses Phänomens gibt es unterschiedliche konstruktive Gegenmaßnahmen. Vorgestellt werden sollen hier nur der klassische und der ummantelte Heckrotor sowie das NOTAR-System.

Der HeckrotorEr hält den Kurs des Hubschraubers stabil, indem er dem wegdrehenden Drehmoment entgegenwirkt. Von allen Möglichkeiten des Drehmomentausgleiches hat sich die Kombination aus Haupt- und Heckrotor im Laufe der Zeit durchgesetzt. Der Heckrotor ist bei Hubschraubern aller Größen bewährt. Je nach Größe läuft er etwa mit sechs- bis zehnfacher Hauptrotordrehzahl. Vorteil ist die gute und gleichmäßige Steuerbarkeit im angetriebenen Zustand und in der Autorotation. Nachteil ist allerdings, dass der Heckrotor mit ca. 10 % der Triebwerksleistung angetrieben wird. Diese Leistung wird nicht in Hubkraft umgesetzt, weshalb größere Triebwerke eingesetzt werden müssen. Außerdem entsteht durch die Heckrotor-Konstruktion ein für die Flugleistung uneffektives Mehrgewicht. Gerade bei kleineren Hubschraubern birgt der Heckrotor zudem eine Gefahr für außenstehende Personen. Daher ist mitunter zu beobachten, dass der Heckausleger (sog. tailboom) nach oben gewinkelt ist, somit liegt der Heckrotor etwas höher. Aber auch in extremen Fluglagen und beim Absetzen in unebenem Gelände sichert dies Bodenfreiheit.

Durch Ändern des Heckrotoranstellwinkels kann der Hubschrauberpilot den Hubschrauber nicht nur geradeaus fliegen, sondern auch gezielt um seine Hochachse drehen.

Der ummantelte Heckrotor (Fenestron)Eine Variante des Heckrotors ist der ummantelte Heckrotor (Foto links unten), das sogenannte Fenestron, wie er bei der im Luftrettungsdienst häufig verwendeten EC 135 Verwendung findet. Das Fenestron ist quasi nur bei französischen Herstellern im Einsatz und bedeutet sinngemäß „kleines Fenster im Haus“.

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Wesentlicher Vorteil – gerade in der Luftrettung – ist ein höherer Schutz vor Hindernisberührung und eine erheblich geringere Gefahr für die Besatzung und auch für Schaulustige, die sich dem Hubschrauber nähern könnten. Das Fenestron ist leiser als der klassische, freiliegende Heckrotor. Die Steuerung erfolgt wie üblich über die Fußpedale. Die Blätter des Fenestrons rotieren auf einer Nabe, der Anstellwinkel der einzelnen Blätter kann mittels Kugelgelenken beeinflusst werden, mit denen die Blätter mit der Nabe verbunden sind. Die neuere Fenestron-Generation verfügt zudem über fest angebrachte Leitschaufeln (sog. Statoren), die sich also nicht drehen (Foto rechts: links im Bild zu sehen).

3. NOTAR (NO TAil Rotor)Das NOTAR System besteht u. a. aus einem integrierten Gebläse, das vom Hauptgetriebe angetrieben wird - dem sog. Fan (Variable-pitch Fan). Der Fan befindet sich im Rumpf (zwischen den Triebwerken). Dort zwischen den Triebwerken befindet sich auch die Stelle (siehe Grafik unten und Foto links) wo die Luft angesaugt wird (Air Intake).

Weitere Teile des NOTAR-Systems sind der zirkulationsstabile Heckausleger, eine horizontal in zwei entgegengesetzte Richtungen arbeitenden Schubstrahldüse (Direct Jet Thruster) am Ende des Auslegers und die vertikalen Stabilisatoren.

Die Luft verlässt auf zwei unterschiedliche Weisen den Heckausleger. Zum einen über zwei (in Flugrichtung gesehen rechts) über den gesamten Ausleger reichende Längsschlitze, zum anderen über das sich drehende Endstück (die Schubstrahldüse).

3.1. Der Coanda-EffektDas ausblasen der Luft an der rechten Seite des Heckauslegers wird ergänzt durch den Abwind des Hauptrotors, den sogenannten Downwash. Dadurch entsteht, wie bei Tragflächen, eine seitlich wirkende Kraft. Diese entsteht dadurch, dass der Heckausleger quasi wie ein Profil fungiert. Man diesen Effekt auch „Coanda-Effekt“ in Anlehnung an den Franzosen Coanda. Coanda hatte im Jahre 1932 festgestellt, dass ein Flüssigkeits- oder Gasstrom dazu neigt, an einer festen Oberfläche anzuliegen, und zwar auch dann, wenn diese eine gekrümmte Oberfläche hat. Dieser Effekt generiert den größten Anteil des Drehmomentausgleichs.

3.2. Die Schubstrahldüse

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Im Schwebeflug beschleunigt der sog. Fan die Abluft des Hauptrotors und bläst sie in den Heckausleger. Dort wird sie je nach Stellung der Heckrotorpedale – über das sich drehende Endstück (die Schubstrahldüse) – in die für den Drehmomentausgleich benötigte Richtung geblasen. Manchmal wird das drehbare Endstück auch als Heckkonus bezeichnet.

3.3. Vorzüge des NOTAR-Systems sind: Er braucht nur im Schwebeflug Leistung für den Drehmomentausgleich Im Vorwärtsflug übernehmen die Flossen die Stabilisierung und fast die gesamte Triebwerksleistung steht als

Flugleistung zur Verfügung Da der NOTAR keinen Heckrotor hat, ist er sehr leise Die Gefährdung für Dritte durch den Heckrotor entfällt beim NOTAR Die Gefahr der Beschädigung des Heckrotors durch Hindernisberührung entfällt beim NOTAR