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1 Lieber breche ich ein Gesetz der Kirche ... ... als das Herz eines Menschen München, 20. März 2013 Dr. Thomas von Mitschke-Collande Vollversammlung der Personalreferenten/innen der Erzdiözese München Freising

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Lieber breche ich ein Gesetz der Kirche ...

... als das Herz eines Menschen

München, 20. März 2013

Dr. Thomas von Mitschke-Collande

Vollversammlung der Personalreferenten/innender Erzdiözese München Freising

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Schafft sich die katholische Kirche ab?

Analysen und Fakten eines Unternehmensberaters

oder

Lieber breche ich ein Gesetz der Kirche ...

... als das Herz eines Menschen

(ursprünglicher Titel)

September 2012

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Grundüberzeugungen

1. Kirche befindet sich in einer – weitgehend selbstgemachten – existenzbedrohenden Krise

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Geringe lebensweltliche Einbettung von Religion SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

GLAUBENSKRISE

▪ Der katholische Glaube und sein Regelwerk trägt nur noch bei wenigen unmittelbar zum Sinn des Lebens bei

▪ Bei der Mehrzahl der Befragten ist der Glaube individualisiert – und nicht an die katholische Religion und Kirche gebunden

▪ Viele Menschen bezeichnen sich zwar als religiös, definieren den Inhalt ihres Glaubens jedoch eher diffus

▪ "Do it yourself"-Spiritualität, Patchwork-Religiösität

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Der Papst wies immer wieder auf die Hauptursache hinGLAUBENSKRISE

Quelle: Freiburg, 24. September 2011, Rede vor dem ZDK

Die eigentliche Krise der Kirche in der westlichen Welt ist eine Krise des Glaubens

Papst Benedikt XVI

aber

Glaubenskrise und Kirchenkrise bedingen sich z.T. gegenseitig

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6Quelle: Forsa März 2011

Dramatischer Vertrauensverfall vor allem bei nicht-katholischer Bevölkerung

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Ø 42%ev. Kirche

Ø 17%kath. Kirche

Katholiken

Gesamtbevökerungohne Katholiken

Vertrauen in Katholische Kirche

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7Quelle: Umfrage Bertelsmann Stiftung, August 2011

Für mehr als die Hälfte der Katholiken war die Meinung des Papstes unwichtig

85

14

Gesamtbevölkerung(ohne Katholiken)

54

37

Katholiken

Unwichtig

Wichtig

Was der Papst sagt, ist …

Autorität des Papstes (vor Deutschlandbesuch 2011)in Prozent

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8Quelle: Zulehner, 2011

Mehr als die Hälfte der österreichischen Priester hat kein Vertrauen in Führungsfähigkeit ihrer Oberhirten

Österreich ein Sonderfall?

"Ich erlebe die Kirchenleitung hilflos/visionslos"in Prozent befragte Priester Österreich, 2010

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Trifft zu/trifft voll zu

59

Trifft nicht zu/trifft überhauptnicht zu

Sowohl als auch

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Katholische Kirchensteuer (netto)in Mrd. EUR

1,3

Faktor4,2

2011real1

2011nominal

4,9

1960

0,3

Regelmäßiger Gottesdienstbesuchin Prozent

12,3

Divisor3,7

20111960

46,0

QUELLE: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bischofskonferenz

1 In Preisen von 19602 Zollitsch, 20.2.2011 in WamS

Trotz im langjährigen Vergleich wachsender Ressourcen kommt die Botschaft nicht mehr an

"Rückläufige Vermittlungs-fähigkeit der Kirchen"2

0,2 Mio. 1,3 Mio.Angestellte

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10Quelle: Tag Cloud, Februar 2012

Wahrnehmung im Internet von Missbrauch beherrscht

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Kirche vor Ort ist besser als ihre Führung

Kirchenleitung ("Oberhirten") vs. Kirche vor Ort

▪ Verbundenheit mit dem örtlichen Kirchenpersonal ist essentiell für die Kirchennähe der Gemeinde

▪ Pfarrer wirken häufig aufgeschlossen und bemüht, aber häufig auch überlastet

▪ Abgehobene, weltfremde Kirchenleitung

▪ Resignation und Ohmacht bzw. Desinteresse angesichts der (gefühlten) Unmöglichkeit, mit seinen Anliegen bis in die Spitzen der Hierarchie vorzudringen

SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

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Grundüberzeugungen

1. Kirche befindet sich in einer – weitgehend selbstgemachten – existenzbedrohenden Krise

2. Kein Erkenntnis-, sondern Akzeptanz- und Handlungsproblem

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Typische Fluchtwege

▪ Empirische Evidenz in Frage stellen

▪ Krise verharmlosen

▪ Perspektive wechseln

▪ "Heutige Mensch" ist schuld

▪ Auf die Belange der Weltkirche verweisen

▪ In den Glauben/das Gebet zurückziehen

▪ Sich in der Wagenburg verschanzen

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Die Realität nicht wahrhaben wollen

Der kalte Reif, der sich derzeit über unser kirchliches Leben legt, hat etwas mit unserer Gegen-wartsverweigerung zu tun. Wir schauen mehr zurück als nach vorne.

Altbischof WankeRheinischer Merkur Nr. 24/2010

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Grundüberzeugungen

1. Kirche befindet sich in einer – weitgehend selbstgemachten – existenzbedrohenden Krise

2. Kein Erkenntnis-, sondern Akzeptanz- und Handlungsproblem

3. Entscheidung über zwei Grundoptionen

–"kleine Herde"

–"missionare Kirche im Volk" ausgehend vom Vatikanum II

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Widerstehe den Verlockungen der ...

... Resignation: nur auf "Gottvertrauen bauen", alles beim Alten lassen

... "Selbstmarginalisierung" (kleine Herde): Rückzug ins katholische Milieu; "Gesundschrumpfen", Verzicht auf missionarischen Auftrag

... "Selbst-Säkularisierung" (Anpassung Zeitgeist):moderner werden; Anpassung an gesellschaftliche Vorstellungen; Reduzierung auf spirituelle Daseins-vorsorge für jeden und alle

Quelle: Homepage Kathedrale von Chartres

Labyrinth in der Kathedralevon Chartres

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Eigentlich müssteKirche boomen

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Traditionelle Kirchen

▪ Identitätskrise und Verlust der Bindungskraft

▪ Innenorientierung und Ressourcendiskussion

▪ Verlust missionarisches Selbstbewusstsein

Suche des Einzelnen nach

▪ Spiritualität

▪ Orientierung

▪ Gemeinschaft

Unübersichtlicher religiös-spiritueller Markt

▪ Freikirchen

▪ Evangelikale

▪ Pfingstbewegungen

▪ Sekten

▪ Esoterik

▪ Spirituelle Wellness

▪ Asiatische Philosophie

"Wettbewerb"

Kirchen stehen heute im Wettbewerb mit anderen sinnstiftenden Organisationen

"Nachfrage"

"Angebot""Angebot"

"... zu den etablierten Kirchen mit ihren überkommenen Strukturen finden viele Suchende keinen Kontakt. Warum eigentlich? ..."

Papst Benedikt XVI, Freiburg 24.09.2011 Rede vor ZDK

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Trotz aller Kritik – Kirche wird gebraucht SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

Spirituelle Orientierung,

Sicherheit, Sinn

Aussicht auf ein geordnetes,

tröstliches Ende

Seelsorgerische Begleitung

Gemeinschaft, Fröhlichkeit

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20Quelle: Religionsmonitor 2006

Überraschend hohes grundsätzliches Interesse bei Jugendlichen, die aber keine für sie zielführenden Antworten erhalten

Einstellung von Jugendlichen zur Kirchein Prozent

656869

Kirche hat keine Antworten auf meine Fragen

Kirche muss sich ändern

Finde gut, dass es Kirche gibt

aber

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Grundüberzeugungen

1. Kirche befindet sich in einer – weitgehend selbstgemachten – existenzbedrohenden Krise

2. Kein Erkenntnis-, sondern Akzeptanz- und Handlungsproblem

3. Entscheidung über zwei Grundoptionen

– "kleine Herde"

– "missionare Kirche im Volk" ausgehend vom Vatikanum II

4. Alles kirchliche Handeln muss auf den Menschen von Heute in seiner Ganzheit ausgereichtet werden

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Paradigmawechsel notwendig: Die Kirche mental ...

Papst "Stellvertreter Christi auf Erden"

Laien

Klerus

Mahnende, Gehorsam einfor-dernde, lehrende Kirche

Traditionelles Kirchenselbst-verständnis

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... auf den Kopf stellen

Neues Kirchenselbstverständnis

Dienende, hörende, helfende, lernende Kirche

Papst "Diener der Diener Gottes"

Traditionelles Kirchenselbst-verständnis

Mahnende, Gehorsam einfor-dernde, lehrende Kirche

Papst "Stellvertreter Christi auf Erden"

Volk Gottes

Klerus

"eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts mehr"

Laien

Klerus

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Anderes Kircheverständnis des amerikanischen Espikopats

QUELLE: Erzbischof Weakland, 1997

Jene europäischen Kritiker wollen ein in hohem Maße hierarchisches Modell der Kirche, in dem die Gläubigen durch die Bischöfe unterrichtet werden, die die Gabe des Geistes zur Weitergabe der autorativen Lehre besitzen. Die U.S.-Bischöfe glauben an ein Modell der Kirche, in dem der Heilige Geist in allen Gliedern der Kirche wohnt und sie glauben, dass die Hierarchie auf das hören muss, was der Heilige Geist der ganzen Kirche sagt

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Anderes Selbstverständnis – mentale und spirituelle Erneuerung von innen heraus

Vision: dienende und lernende Kirche

"Evangeliumsgemäßer"

"Wir brauchen weniger die Institution Kirche, sondern mehr Jesus Christus"

(Erzbischof Schick, Palmsonntag 2010)

"Katholischer" nicht "römischer"

"Menschlicher" nicht "dogmatischer" und "klerikaler"

"Der Weg der Kirche ist der Mensch"(Johannes Paul II)

"Lieber breche ich ein Gesetz der Kirche als das Herz eines Menschen"

(Ortspfarrer)

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Was ist katholisch?

Alle gleichrangig

oder

Unterscheidung

▪ Heilsnotwendig/nicht heilsnotwendig

▪ Fundamental/daraus abgeleitet

2.865 Glaubensaussagen des Katechismus

Konzils-Maxime"Einheit im

Notwendigen"

(Gaudium et spes 4)

"im Notwendigen Einheit, im Zweifel

Freiheit, in allem die Liebe"

(Johannes XXIII)

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Etablierung einer neuen Kultur des Miteinanders

▪ Auseinandersetzung nicht als Angriff, sondern als Wirken des Heiligen Geistes im Ringen um die Wahrheit verstehen (konstruktive Streit- und Gesprächskultur), "erstes Apostelkonzil"

▪ Gleiche Augenhöhe: Das Wort des Laien hat gleichen Stellenwert wie das des Bischofs

▪ Integrativ und nicht ausgrenzend sein, offen und angstfrei, gegenseitiger Respekt, anderer Meinung achten, dialogfähig werden

▪ Nicht heilsnotwendige Glaubenswahrheiten, sondern Strukturen und Prozesse hinterfragen

▪ Verpflichtung zum "konstruktiven Widerspruch", Formen loyalen Ungehorsams lernen

Diskussion und Kontroverse auf Augenhöhe innerhalb der Amtskirche sowie mit Laien und Wissenschaft

"Es braucht die faire Auseinandersetzung mit Menschen die brennen, damit der Geist wehen kann" Kardinal Martini, August 2012

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Kardinal Döpfner forderte seine Geistlichen auf, nach ihrem Gewissen zu handeln ...

"Sie sollen keine reinen Befehlsempfänger sein. Ich sehe in Ihnen Mitarbeiter mit eigener Verantwortung und eigener Erfahrung. Darum bitte ich Sie recht herzlich: Warten Sie nicht in allem auf Weisung von oben! Von kirchlicher Gesinnung und im Geiste des Gehorsams stets geprägt, sollen Sie aus der vielschichtigen Situation der Seelsorge das erfassen, was die Stunde fordert, und handeln, wie Ihr Gewissen gebietet. Wahren Sie gegenüber dem Bischof und auch gegenüber seinen Mitarbeitern in der Diozesanführung männliche Offenheit und Wahrhaftigkeit! Man sagt, dass Geradheit eine Eigenschaft des bayerischen Stammes sei. Nun gut, bleiben Sie bei aller geziemenden Ehrfurcht in dieser Hinsicht echte Bayern. Beten Sie zu Gott, dass Ihr Bischof stets das offene Wort verträgt und den nüchternen Blick für solche bewahrt, die ihm zu Gefallen reden oder zu Gefallen berichten."

1. Brief Kardinal Döpfner an die Geistlichen der Erzdiözese München-Freising vom 30. September 1961

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Grundüberzeugungen

1. Kirche befindet sich in einer – weitgehend selbstgemachten – existenzbedrohenden Krise

2. Kein Erkenntnis-, sondern Akzeptanz- und Handlungsproblem

3. Entscheidung über zwei Grundoptionen

– "kleine Herde"

– "missionare Kirche im Volk" ausgehend vom Vatikanum II

4. Alles kirchliche Handeln muss auf den Menschen von Heute in seiner Ganzheit ausgereichtet werden

5. Wo Amtskirche ausfällt, müssen Gläubige die Zukunft der Kirche gestalten

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Die Gläubigen entscheiden, ob Kirche Zukunft hat

▪ Die Kirche ist das gesamte Volk Gottes (Vat. II)

▪ Gläubige in die Pflicht nehmen, vor allem Eliten

▪ Ehrenamtliches Engagement ausbauen

▪ Partizipation der Laien wollen/stärken

▪ Frauen fördern

▪ Junge Menschen in den Fokus nehmen, attraktives Sinnangebot vermitteln

"Frage nicht, was die Kirche für Dich getan sondern: was hast Du für die Kirche getan?"

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Die Mehr Mut zur Innovation und neuen Wegen

▪ Mystik, Spiritualität

▪ Burning Persons, Charismen

▪ Zu den Menschen gehen, nahe am Menschen

▪ Kirchenferne als Hauptzielgruppe

▪ Chancen größerer pastoraler Räume, Pastorale der Charismen, kreative Pastorale

▪ Gemeinde als Netzwerk von Glaubensbiotopen (kleine Zellen/Gruppen)

▪ Neue Formen der Verkündigung (Radikalität/Provokation)

▪ Auf Vielfalt der Milieus reagieren

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Sonntagsmesse kaum von Bedeutung

▪ Nur eine Minderheit sieht Sonntagsesse als Pflicht (Traditionelle und Konservativ-Etablierte)

▪ Junge Milieus und moderne Unterschicht spüren keine entsprechende Verpflichtung

▪ Gottesdienst wird nicht als "Dienst an Gott", sondern als Auszeit vom Alltag gesehen

▪ Gottesdienst am Samstagabend hat an Bedeutung gewonnen (passt besser in Freizeitplanung, Einstimmung in den Sonntag)

SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

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Kirche als ...

Um das Gemeinwesen vor Ort zu stärken, werden besonders gesellige Anlässe geschätzt: Gemeindefeste, Kirchweih, Bazar, etc.

lokaler Treffpunkt für Traditionelle und Bürgerliche

Vorträge, theologische Abende, Kirchenmusik, Studien- und Pilgerreisen

Kulturzentrum für gehobene, bildungsnahe Milieus

Zu den wenigen Anlässen, an denen man die Angebote der Kirche in Anspruch nimmt, erwartet man eine professionelle Dienstleistung (als Gegenleistung zur Abgabe der Kirchensteuer)

"Serviceagentur" für junge, moderne Milieus (v.a. Adaptiv-Pragmatische und Performer)

SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

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Kirchliche Arbeit braucht einen weiten und keinen engen Blick

▪ Kirchengemeinden müssen sich selbst reflektieren, inwieweit sie über ihren Tellerrand hinausblicken – auf die "unbekannte Mehrheit", auf die Menschen, deren Lebensweise und Fragen sie nicht kennen

▪ Das Leben in Vielfalt wertschätzen

▪ Kirchliche Arbeit braucht vor allem Interesse und Neugier und auf keinen Fall einen defizitären Blick auf die Menschen, die ihr fern stehen

▪ Da nicht alle alles machen können und wollen, braucht es in den Kirchengemeinden Schwerpunktsetzung, Spezialisierung und Kooperation

SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

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Es bedarf neuer Ansätze gegen die Milieuverengung der Kirche

Einerseits ist die Milieuverengung der Kirchen-

gemeinden aufzubrechen

Andererseits müssen die Gemeinden anerkennen, dass einige Milieus

nur schwer in die Kirchengemeinde integrierbar sind

Jeder Versuch dahingehend erfordert neue Ansätze

SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

Sensibilisierung von Haupt- und Ehrenamtlichen

für die Vielfalt der Lebensweisen

Pastoral

Kommunikation

Gemeindeentwicklung

Aufbrechen der Milieuverengung

Das milieuspezifisch unterschiedliche Verständnis von Glaube, Religion und Kirche verweist auf interessante Potenziale für die spirituelle Mobilisierung

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Praxisrelevanz – Pastoral

▪ Milieugerechte Gottesdienstformen und Kasualien

▪ Neuformatierung der traditionellen Zielgruppen-angebote (Jugend, Senioren, Familie

▪ Neue Formen und Orte von Kirche

▪ Innere Mission: Milieuöffnung, Milieuerschließung

SINUS-MILIEU-STUDIE 2013

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Blaupause oder Rezension?

QUELLE: Christ und Welt, 37/2012

Letztes Interview von Kardinal Martini, August 2012

"Selbstbewusstes Angebot der Kirche im Wissen darum, bei Gott ist nichts unmöglich"

"Müde, reiche Kirche, weit weg vom Menschen"

"wo Menschen, die Neues wagen wie Paulus"

"Papst und Bischöfe müssen umkehren ... und radikalen Weg zur Veränderung gehen ... z.B. bei allen Themen, die den Leib betreffen"

"Vatikanum II gab den Katholiken Bibel in die Hand ... finden Katholiken einen selbstbewussten Umgang damit ... nicht Klerus und Kirchenrecht können die Innerlichkeit ersetzen"

"Sakramente nicht Instrument der Disziplinierung ... sondern Hilfe in den Schwächen des Lebens"

"Umgang mit Patchworkfamilien bestimmt die Generation der Kinder"

"Warum bewegt sie sich nicht, haben wir Angst? Angst statt Mut?

"Nur die Liebe überwindet die Müdigkeit der Kirche", "Gott ist die Liebe"

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Ändert sich etwas?

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Auch wir können und müssen unseren Beitrag zur Erneuerung leisten

... der Sprache"nicht schweigen"

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Elemente der Macht ...

... der Tat"handeln"

... der Gemeinschaft"gemeinsam vorgehen"

... des Widerstands"Zwischen-lösungen anstreben"

... derHoffnung

"nicht aufgeben"

... des Gebetes –

Erneuerung Kirche

Quelle: 1972 Kardinal Kaspar u.a.

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Viel Dampf im Kessel

Vorreformatische Stimmung

Wachsender Reformstau/genügend Anlässe

Selbstbewusstere Basis

▪ Priester

▪ Laien

Problembewusste Kardinäle/Bischöfe

Potenzial der neuen Medien

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▪ Rückzug und Implosion

▪ Spaltung

▪ Reform im Konsens

▪ III. Vatikanum

Neuer Papst wird entscheidend sein

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Und sie bewegt sich doch

Papst Franziskus

Wenn wir rausgehen auf die Straße, dann können Unfälle passieren. Aber wenn sich dir Kirche nicht öffnet, nicht rausgeht, und sich nur um sich selbst schert, wird sie alt. Wenn ich die Wahl habe zwischen einer Kirche, die sich beim Rausgehen auf die Straße Verletzungen zuzieht und einer Kirche, die erkrankt, weil sie sich nur mit sich selbst beschäftigt, dann habe ich keine Zweifel: Ich würde die erste Option wählen

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▪ Auf den hl. Geist vertrauen

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für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit

DankVielen

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Dramatischer Abwärtstrend fast aller wesentlicher Indikatoren

QUELLE: Deutsche Bischofskonferenz 2012

Kirchensteuer(pro Kopf)

Gottes- dienst- besuch

Bestat- tungen

Trau- ungen

-16,4

-42,0

-24,6

-14,4-13,1

48,5

-50,8

-58,0

TaufenWelt-/ Ordens- priester

PfarreienMitglieder

Veränderung 1990 - 2011in Prozent

Absolut 3,7 Mio. 1.900 4.800 123.000 63.800 49.000 3,1 Mio. +1,1 Mrd.

Quotein Prozent

ein Partner katholisch1 76 71 48 30 21,9 12,3 Gesamtgeburten1 33 25

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