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INSIDE . OUT DAS HESSENWASSERMAGAZIN 2/2011 Aus der Region für die Region 10 Jahre Hessenwasser Aktuell Neue Trinkwasserver- ordnung in Kraft – mehr Schutz vor Legionellen Druckerhöhungsanlage nutzt moderne Effizienztechnologie Denken in Dekaden – Wulf Abke im Interview Wandel der Wasserversorgung im Zehn-Jahres-Rückblick

017806 Inside Out 02 11 NEU - Hessenwasser · 2018. 6. 4. · IMPRESSIONEN AUS DEM STADTWALD STABSWECHSELBEIM WASSER-VERBAND HESSISCHES RIED Der Wasserverband Hessisches Ried hat

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INSIDE.OUTD A S H E S S E N W A S S E R M A G A Z I N 2 / 2 0 1 1

Aus der Region für die Region

10 JahreHessenwasser

Aktuell

Neue Trinkwasserver-ordnung in Kraft – mehrSchutz vor Legionellen

Druckerhöhungsanlage nutztmoderne Effizienztechnologie

Denken in Dekaden –Wulf Abke im Interview

Wandel der Wasserversorgungim Zehn-Jahres-Rückblick

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2 INSIDE . OUT02 . 2011

WASSER . AKTUELLI N H A L T

02 . 2011INSIDE . OUT

WASSER . EDITORIAL

3

WASSER · EDITORIAL

„Operation Hessenwasser“ erfolgreich

abgeschlossen?! 2

WASSER · AKTUELL

Stabswechsel beim

Wasserverband Hessisches Ried 3

Impressionen aus dem Stadtwald 3

WASSER · MELDUNG100 Jahre Wasserversorgung„Unteres Niddatal“ 4

Schülerprojekt der Kellerskopf-Schuleerfolgreich abgeschlossen 4

Transparenz bei den

Wasserpreisen vorantreiben 5

Neue Verordnung bezieht

Hausinstallation besser ein 5

WASSER · JUBIL ÄUM

Aus der Region für die Region –

10 Jahre Hessenwasser 6

Bilderbogen 12

Denken in Dekaden –

Interview mit Wulf Abke 14

WASSER · TECHNIK

Stromverbrauch in die Knie gezwungen 17

WASSER · MENSCHEN

Der Kräuter-König vom Hessischen Ried 19

WASSER · WISSENNeue Trinkwasserverordnung soll

vor Legionellen schützen 22

WASSER · MENSCHEN

5 Fragen an... 23

I M P R E S S I O N E N A U SD E M S T A D T W A L D

S T A B S W E C H S E L B E I M W A S S E R -V E R B A N D H E S S I S C H E S R I E D

Der Wasserverband HessischesRied hat im Oktober 2011 Hans-Jür-gen Fischer zum neuen Verbands-vorsteher gewählt. Fischer (45),Landwirt des Tannenhofes in Gerns-heim (siehe Inside-Out 1/2011), folgtGunther Kramm (siehe Seite 17), der13 Jahre Verbandsvorsteher war undsich aus Altersgründen zurückzieht.Fischer wurde 2001 als Vertreter desWasser-, Boden und Landschafts-pflegeverbands (WBL) Hessen inden Vorstand entsandt.Wulf Abke, Geschäftsführer der Hessenwasser,wurde wieder zum stellvertretenden Verbandsvor-steher gewählt. Neue Vertreterin der Stadt Darm-stadt im Vorstand ist Baudezernentin Brigitte Lind-scheid. Neue Vorstandsmitglieder sind auch Lud-wig Gantzert, der als Abgeordneter des Kreistagsden Landkreis Darmstadt-Dieburg repräsentiert,und Jörg Kramm als Vertreter des WBL. Wiederge-wählt wurden Horst Gölzenleuchter (LandkreisGroß-Gerau), Rainer Lameli (WBL), Thomas Metz(Landkreis Bergstraße), Manfred Scholz (Wasser-beschaffungsverband Riedgruppe Ost) sowie Pe-ter Stiens (Hessenwasser). !

„Wald und Wasser“ heißt der Bild-kalender, den Hessenwasser ge-meinsam mit dem Grünflächenamt/Stadtforst der Stadt Frankfurt amMain produziert hat. Naturmotiveaus dem Stadtwald und von dendortigen Wasserwerken zieren die343 x 420 mm großen Blätter undstehen für „zwei Lebensräume vonelementarer Bedeutung“, wie Hes-sens Dezernentin für Umwelt, Ge-sundheit und Personal Dr. ManuelaRottmann im Vorwort feststellt:„Wald und Wasser sind nicht zutrennen.“Der wertige Kalender ist an einigenStellen in Frankfurt am Main kostenlos erhältlich:im Bürgerbüro (auch am Römer), im StadtWald-Haus, im Grünflächenamt, im Umweltamt, an vie-len weiteren Ämtern der Stadt und bei öffentlichenVeranstaltungen des Grünflächenamts (Adressensiehe www.frankfurt.de). !

I M P R E S S U MHerausgeber:Hessenwasser GmbH & Co. KGTaunusstraße 10064521 Groß-Gerau/DornheimTel.: 069 25490-0www.hessenwasser.de

Redaktion:Dr. Hubert Schreiber (v.i.S.d.P);Dörte und Ralf Dunker, Uwe Taeger(Press’n’Relations II GmbH80639 München)

Gesamtherstellung:Henrich Druck + Medien GmbH,Frankfurt am Main

Layout und Satz:Saskia BurghardtAstrid Scherpf

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Hessenwasser nahm seinen Anfang – formal be-trachtet – Ende des Jahres 2000 mit dem Eintragder „HessenWasser GmbH“ in das Handelsregis-ter. „Operation HessenWasser gestartet“, titeltendie Zeitungen der Region damals. Das zehnteJahr des selbstständigen operativen Betriebs derHessenwasser, der im Jahre 2002 begann, habenwir zum Anlass genommen, in Inside-Out ein we-nig Rückschau zu halten und Zwischenbilanz zuziehen: Ist die „Operation HessenWasser“ erfolg-reich verlaufen?Die damals gesteckten Ziele sind erreicht: diesichere Versorgung mit qualitativ hochwertigemTrinkwasser bei einer nachhaltigen Grundwasser-bewirtschaftung und mehr Wirtschaftlichkeit. DerWeg dorthin war nicht immer leicht. Die Rahmen-

bedingungen, unter denen die Leistungen er-bracht werden mussten, sind nicht einfacher ge-worden. Trinkwasser wurde in den vergangenenJahren oft eher als Ware betrachtet und nicht alsdas essenzielle Gut für eine gesunde Gesellschaftund Wirtschaft, das es ist. Veränderungen habendaher die Anfänge der Hessenwasser geprägtund wirken sich auch heute noch auf die struktu-relle und organisatorische Weiterentwicklungaus.

Ist die „Operation Hessenwas-ser“ also abgeschlossen? Zwei-fellos ist das Unternehmen nuneines der großen der Branche,im operativen und wirtschaftli-chen Sinne etabliert und ge-nießt sowohl in der Region alsauch bundesweit einen hervor-ragenden Ruf. Der Start unsererregionalen Wasserbeschaf-fungsgesellschaft war also er-folgreich. Eine der wichtigstenGrundlagen dieses Erfolgessind die Leistungsbereitschaft

und Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter. Für die engagierte Unterstützung der Beleg-schaft in den vergangenen Jahren möchte ichmich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklichbedanken. Die positive Entwicklung des Unter-nehmens ist nicht zuletzt auch der konstruktivenHaltung des Betriebsrats zu verdanken, der stetsdie Belange der Belegschaft vertreten hat, ohnedas große Ganze aus dem Auge zu verlieren.Die Operation Hessenwasser als Projekt der Neu-ordnung der wasserwirtschaftlichen Strukturen inder Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main ist je-doch keineswegs abgeschlossen. Die Re-Kom-munalisierung der Wasserversorgung in man-chen Städten Hessens als Reaktion auf den wirt-schaftlichen Druck, der seitens der Kartellbehör-

den ausgeübt wird (aktuell auch bei unseremGesellschafter ESWE), zeigt deutlich, dass wei-terhin ein dringender Handlungsbedarf besteht.Es gilt, den gesellschaftspolitischen Konsens dar-über, was öffentliche Wasserversorgung leistenmuss und was diese Leistungen uns wert sind,weiterzuentwickeln. Ebenso ist die Weiterent-wicklung der Strukturen der regionalen Wasser-versorgung auf Grundlage der interkommunalenZusammenarbeit in der Rhein-Main-Region nachwie vor eine wichtige Aufgabe. Hessenwassersteht mit Engagement, Erfahrung und Fachwis-sen bereit, diese Aufgaben gemeinsam mit allenInteressenträgern in der Region zu bearbeiten.Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei derLektüre diese Ausgabe der Inside-Out und eingesundes und erfolgreiches Jahr 2012.

„Operation Hessenwasser“erfolgreich abgeschlossen?!

Wald und Wasser2012

Gunther Kramm (links)übergibt sein Amt alsVerbandsvorsteher desWasserverbandsHessisches Ried anHans-Jürgen Fischer.

Herzlichst

Wulf AbkeGeschäftsführer Hessenwasser GmbH & Co. KG

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INSIDE . OUT02 . 201102 . 2011INSIDE . OUT

WASSER . MELDUNG WASSER . MELDUNG

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S C H Ü L E R P R O J E K T D E R K E L L E R S K O P F - S C H U L EE R F O L G R E I C H A B G E S C H L O S S E N

Im Herbst 2011 war es endlich soweit: Die Spielgeräte-Hütte aufdem Schulhof der Kellerskopf-Schule in Naurod stand und diejungen Bauherren strahlten mitder Sonne um die Wette. „Booth“(Englisch für Bude, Häuschen)hatten die Schüler ihr Projekt ge-tauft, frei nach dem Motto „neuerName, neues Glück“, denn das in2010 als „Hüttenzauber“ gestar-tete Schulprojekt stand unter ei-nem ungünstigen Stern: Kurz vor

der Fertigstellung zerlegte einSturm das Bauwerk.Der Fortsetzung des Projektsunter Leitung von SportlehrerJan Adler bekam nicht nur ei-nen anderen Namen, sondernauch ein neues Konzept. Einhistorisches Bauwerk aus Nau-rod – das alte Wasserwerk –sollte bei dem Bau der Hüttenachempfunden werden, umden Bezug zur Heimat herzu-stellen. Eine nicht nur architek-

tonisch, sondern auch strate-gisch gute Wahl. Hessenwas-ser, der Landeshauptstadt undauch dem Ortsteil Naurod alsWasserlieferant verbunden, er-fuhr durch die Zeitung, dassdieses Projekt unter Finanznotlitt. Trotz der großzügigenSpende des Ortsbeirats unddes Geldes, dass die Schüleram „Tag der offenen Tür“ in derSchule erwirtschafteten, klaff-te eine Lücke zum Gesamt-bedarf von rund 3.000 Euro.Hessenwasser sprang ein undstockte das Budget mit einerSpende entsprechend auf.Schulleiterin Ute Siegel erklärt:„Die Hütte wird unter anderemals Ausgabestelle für die Sport-geräte der Mittagsbetreuung ge-nutzt werden und wird bei Schul-veranstaltungen sicher ein zen-traler Anlaufpunkt für Eltern,Lehrer und Schüler.“ Bei der Ein-weihung des „Wasserwerk-Häuschens“ war auch Wolf-gang Nickel, Stadtverordneten-vorsteher der Landeshaupt-stadt Wiesbaden, anwesend. Erlobte den Sponsor Hessenwas-ser. „Es ist wichtig, dass sichkommunal geführte Unterneh-men auch für Projekte in denKommunen einbringen.“ !

N E U E V E R O R D N U N G B E Z I E H TH A U S I N S T A L L A T I O N S T Ä R K E R E I N

Am 1. November 2011 trat die Erste Verordnung zurÄnderung der Trinkwasserverordnung in Kraft. Sieenthält unter anderem Neuregelungen in Bezug aufLegionellenuntersuchungen in Trinkwassererwär-mungsanlagen (siehe Seite 22). Standen hier früherPlanung und Bau im Vordergrund, erfassen die Neu-erungen auch den Betrieb von Hausinstallationennoch besser als bislang. Das soll für eine hohe Was-serqualität beim Endkunden sorgen. Martin Wey-and, Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser undMitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundes-verbands der Energie- und Wasserwirtschaft(BDEW), Berlin: „… die Trinkwasserqualität inDeutschland ist nachweislich gut bis sehr gut. (…)Damit jedoch die von den Wasserversorgern ein-wandfrei gelieferte Trinkwasserqualität auch beimVerbraucher ankommt, müssen die Wasserinstalla-tionen in den Gebäuden den technischen Standardsentsprechen und regelmäßig gewartet werden.“ !

T R A N S P A R E N Z B E I D E N W A S S E R P R E I S E N V O R A N T R E I B E N

„Die Politik hat sich in den vergangenen Monatenklar für eine Kontrolle von Wasserpreisen und-gebühren durch Kartellämter bzw. Kommunal-aufsichtsbehörden und gegen eine Regulierungder Wasserwirtschaft ausgesprochen. Aus dieserinhaltlichen Übereinstimmung zwischen Politikund Branche erwächst für die Wasserwirtschaftaber auch die Verpflichtung, die Anstrengungenfür noch mehr Transparenz bei den Wasserprei-sen voranzutreiben und unsere Benchmarking-Projekte weiter auszubauen“, sagte Wulf Abke,Vizepräsident Wasser/Abwasser des Bundesver-bandes der Energie- und Wasserwirtschaft(BDEW) und Geschäftsführer der Hessenwasserauf der 10. Wasserwirtschaftlichen Jahrestagungin Berlin.In der Wasserwirtschaft würden Regulierungsan-sätze in die Sackgasse führen, betonte Abke.

Aber „die Kunden verlangen heute mehr Transpa-renz bei unterschiedlich hohen Preisen. Wir müs-sen diese Unterschiede glaubhaft erklären“. Da-für eigne sich die Kundenbilanz. Mit ihr kann einWasserversorgungsunternehmen ausweisen,welche Leistung und Qualität es unter den jewei-ligen örtlichen Bedingungen sichert. Der BDEWsetzt sich im Rahmen von Sonderveranstaltun-gen für die Beteiligung an diesem Transparenz-Instrument ein. Zudem möchte der BDEW dasBenchmarking – den Leistungsvergleich zwi-schen Unternehmen – ausbauen. BisherigeBenchmarking-Projekte haben sich laut Verbanderfolgreich entwickelt, immer mehr Unternehmender Wasserwirtschaft machen mit. Wie Abke fest-stellte, bewerteten die Unternehmen, die amBenchmarking teilgenommen haben, dies alssehr positiv. !

Im November feierte der Zweckverband für dieWasserversorgung im unteren Niddatal imBürgerzentrum Karben sein 100-jähriges Be-stehen. Gegründet wurde die Gemeinschaftals eingetragener Verein von den damaligenGemeinden Groß-Karben, Klein-Karben, Okar-

ben, Kloppenheim, Rendel, Nieder-Erlenbach,Büdesheim, Massenheim und Dortelweil. 1939wurde aus dem Verein ein Zweckverband, des-sen Mitglieder heute die Städte Karben undBad Vilbel, die Hessenwasser GmbH & Co. KGsowie die Kreiswerke Main-Kinzig GmbH sind.Aufgabe des Verbandes ist, die Gebiete Groß-Karben, Klein-Karben, Okarben, Kloppenheim,Rendel und Petterweil der Stadt Karben, Dor-telweil und Massenheim der Stadt Bad Vilbel,Nieder-Erlenbach der Stadt Frankfurt am Mainund Büdesheim der Gemeinde Schöneck mitTrink- und Brauchwasser zu versorgen. Dazuverantwortet er die Unterhaltung und den Be-trieb einer gemeinschaftlichen Wasserversor-gungsanlage und stellt Trinkwasser aus Ros-bach für die beinahe 40.000 Menschen in derRegion bereit. !

1 0 0 J A H R E W A S S E R V E R S O R G U N G„ U N T E R E S N I D D A T A L“

Konstruktive Diskussionenund kompetente Gesprächs-partner prägten die10. WasserwirtschaftlicheJahrestagung in Berlin.(Fotos: Christian Kruppa)

BDEW-VizepräsidentWulf Abke plädiert fürmehr Transparenz beiden Wasserpreisen.

Feiern ein JahrhundertVerbandsgeschichte (vonlinks nach rechts): ElisabethJreisat (Hessenwasser),Lothar Streck (KreiswerkeMain-Kinzig), Verbands-geschäftsführer BertholdPolag, Hans-Peter Hög undPhilipp Sommerfeld (OVAG).

Bauherren-Zuschuss einmalanders: Für die von denSchülern errichtete Spielge-räte-Hütte auf dem Hof derNauroder Kellerskopf-Schuleschloss Hessenwasser dieFinanzierungslücke.(Im Bild ganz links WolfgangNickel, daneben im Hinter-grund Jan Adler, ganz rechts:Franz Bender, Hessenwasser.)

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INSIDE . OUT02 . 2011 702 . 2011INSIDE . OUT6

WASSER . JUBILÄUM

„Operation HessenWasser gestartet“. Im Dezember 2000 meldetedie regionale Presse die Gründung der HessenWasser GmbH, derneuen Wasserbeschaffungsgesellschaft für die Rhein-Main-Region.Am 1. Januar 2002 nahm das neue Unternehmen – der siebtgrößteWasserversorger Deutschlands – das operative Geschäft auf.

Schon früh gab es erste Überlegungen zu einergemeinsamen Wasserbeschaffungsgesellschaftfür das Rhein-Main-Gebiet: 1930 lieferte der da-malige Direktor der Frankfurter Wasserwerke,Diplom-Ingenieur Georg Viesohn (1879 - 1933), ineinem Aufsatz über „Die Wasserversorgung desRhein-Mainischen Wirtschaftsgebietes“ die theo-retische Blaupause für eine regionalen Wasser-versorgungsgesellschaft. Das Wachstum dersüdhessischen Städte führte zu einem stetig stei-genden Wasserbedarf und damit zu einem jahr-zehntelangen Wettlauf um die Nutzbarmachungneuer Ressourcen zur Bedarfsdeckung. Im Ge-gensatz zu anderen Gebieten des Deutschen Rei-ches fehlten in Südhessen jedoch die entschei-denden Kräfte, um eine gemeinsame Versor-gungsstruktur zu schaffen.Es entwickelte sich ein komplexes System von lo-kaler und regionaler Gewinnung und Beschaffung,dessen Entwicklung mit der Errichtung der großenGrundwasserwerke im Hessischen Ried durch dieRiedwerke in den späten 1960er Jahren einen vor-läufigen Höhepunkt fand. Kennzeichnend für dassüdhessische regionale Verbundsystem ist dieVernetzung der Wasserdargebotsregionen, also

leisten und einem Absinken des Grundwasser-spiegels (wie in den Trockenperioden in den1970er Jahren) entgegenwirken.Als in den 1960er Jahren Engpässe in der Wasser-versorgung des Rhein-Main-Gebiets auftratenund ein massiver und kurzfristiger Infrastruktur-ausbau von Gewinnungsanlagen im HessischenRied erfolgte [1], befasste sich die hessische Lan-despolitik intensiver mit der Neuordnung der Was-serversorgung im Rhein-Main-Gebiet. 1969 be-zog der damalige Landwirtschaftsminister TassiloTröscher anlässlich einer Besprechung mit denVerantwortlichen der Städte und Kreise in Wies-baden Stellung: „Die Probleme der Wasserversor-gung [sind] von aktuellem politischen Interesse ...Hierbei sehe man aber vielfach nur die örtlichenVerhältnisse, ohne dass man die Gesamtsituationim Rhein-Main-Raum berücksichtige. (…). Hierausergebe sich eindeutig die Verpflichtung des Lan-des, sich in alle Überlegungen und Planungen derWasserversorgung Rhein-Main einzuschalten unddiese zentral zu steuern.“ [2]

Neuordnung der Wasserwirtschaft in SüdhessenDie hessische Landesregierung beließ es nichtbei der Klage über den Egoismus der lokalVerantwortlichen und nahm das Heft des Han-delns in die Hand. Am 6. März 1970 gründete siedie Kommission für die Wasserversorgung desRhein-Main-Gebiets; 1975 folgte die Bildung desUmlandverbands Frankfurt (UFG), dem per Ge-setz unter anderem die Verantwortung für die„Beschaffung von Trink- und Brauchwasser fürdie Verbandsmitglieder sowie die überörtliche

der Gebiete mit hohen nutzbaren Grundwasser-vorkommen, mit den Bedarfsregionen.Die Komplexität der wasserwirtschaftlichenStrukturen stieg mit der Gründung des Wasser-verbands Hessiches Ried und der Inbetriebnah-me der Rheinwasseraufbereitungsanlage in Bie-besheim im Jahre 1989. Nur durch Infiltration auf-wändig gereinigten Rheinwassers ließ sich einenachhaltige und ökologisch unbedenkliche Trink-wassergewinnung im Hessischen Ried gewähr-

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Aus der Region für die Region – 10 Jahre Hessenwasser

Eingangsbauwerk der Wassergewinnung„Schläferskopfstollen“ in Wiesbaden

Wasserdargebotsregionenund Wasserbedarfsregionenim RegierungsbezirkSüdhessen

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Abwasserbeseitigung“ übertragen wurde. DerAnsatz des Gesetzgebers, auf freiwilliger Basis zueiner besseren interkommunalen Zusammenar-beit zu gelangen, blieb jedoch erfolglos: Die Kom-munen waren nicht bereit, ihre Aufgabenhoheit anden Umlandverband abzutreten.Mit dem Erlass des Ballungsraumgesetzes imJahre 2000 wurde der Umlandverband aufgelöst.Wichtige Aufgaben, allen voran die der Flächen-nutzungsplanung, wurden dem PlanungsverbandBallungsraum Frankfurt/Rhein-Main übertragen.Mit der gesetzlichen Neuordnung der regionalenZusammenarbeit wurde die bisher dem Umland-verband Frankfurt übertragene Zuständigkeit fürdie Beschaffung von Trink- und Brauchwasserwieder auf die Gemeinden zurückgeführt. (SeitApril dieses Jahres ist mit der Verabschiedungdes Gesetzes über die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main (Metropolgesetz) ein neues Kapitel inder Geschichte der Beordnung der interkommu-nalen Kooperation in der Rhein-Main-Region er-öffnet worden.)

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INSIDE . OUT02 . 2011

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98 INSIDE . OUT 02 . 2011

WASSER . JUBILÄUM

schloss die Verbandsversammlung im Einverneh-men mit den Behörden, die Geschäftsführungdes WHR auf die Hessenwasser zu übertragen.

Ein neues Unternehmen in einem neuen GebäudeEin wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einemUnternehmen war der Bezug des Erweiterungs-baus der Hessenwasser-Zentrale in Dornheim,einem Stadtteil von Groß-Gerau, im Oktober2004. Doch auch wenn Hessenwasser seitdemeinen festen Sitz hat, bleibt es ein sich wandeln-des Unternehmen. Nicht nur qualitative Aspekteder Arbeit, sondern auch die Arbeitsorganisationändert(e) sich, denn ein Ziel der Hessenwasser-gründung lautete, die Wasserversorgung – undsomit auch den Personaleinsatz – effizienter zugestalten. In den letzten zehn Jahren wurde da-her die Mitarbeiterzahl gegenüber dem Stand beider Fusion ohne Kündigungen um über 20 Pro-zent reduziert.

Die technische StrukturMit der ESWE-Beteiligung erhöhte sich die Kom-plexität der technischen Infrastruktur bei Hessen-wasser. 2005 zählten 39 Wasserwerke, 359 Brun-nen (inkl. Quellen und Stollen), 346.000 m³ Spei-chervolumen in 25 Behälteranlagen, 377 kmTransportleitung und drei Leitwarten für das Last-management zu Hessenwasser. Verteilt sind dieEinrichtungen zwischen dem Hessischen Ried imSüden, Wiesbaden im Westen, der Stadt Frank-furt am Main im Norden und den Gewinnungsan-lagen im Vogelsberg und Spessart im Osten,

dazu kommen Anlagen im Odenwald im BereichErbach. Neben den eigenen Anlagen werden dieAnlagen des WHR, des WBV Niedernhausen/Naurod, des WBV Rheingau-Taunus, des WBVMain-Taunus-West sowie des WasserverbandsKinzig und der Maintalwerke GmbH betreut.Die Zusammenführung der vielen Anlagen im Ver-bundnetz der Hessenwasser bot die Gelegenheit,unrentable Gewinnungsanlagen vom Netz zunehmen, ohne die Versorgungssicherheit zu ge-fährden. So wurde die Anzahl der aktiven Was-serwerke von 39 auf 30 reduziert. Meistens konn-te die Außerbetriebnahme ohne weitere versor-gungstechnische Maßnahmen aus dem Verbund-netz kompensiert werden. Eine Ausnahme stelltezum Beispiel das Wasserwerk Biblis dar: Umnach der Stilllegung des Wasserwerks die Versor-gung der Gemeinden Biblis und Groß-Rohrheimaufrechtzuerhalten, wurde für 1,2 Millionen Euroeine neue, 2,7 Kilometer lange Versorgungslei-tung bis zum Wasserwerk Jägersburger Waldverlegt. Dort übernimmt Hessenwasser Trinkwas-ser vom WBV Riedgruppe-Ost.Neben der Optimierung der Infrastruktur und desAnlagenbestands gehören eine verbesserte In-standhaltung, die Sanierung und Modernisierungzentraler Anlagen zu den heutigen Herausforde-rungen. Eines der größten Projekte, dessen Startnoch in die Verantwortung der Mainova AG fiel,war der Neubau des Wasserwerks Goldstein imFrankfurter Stadtwald.Insgesamt wurden in den letzten zehn Jahrenrund 80 Millionen Euro in den Anlagenbe-

tensenkungspotenziale zu mobilisieren, gleichzei-tig die wasserwirtschaftlichen sowie ökologischenAnforderungen eines nachhaltigen Ressourcen-managements sicherzustellen und die Wettbe-werbsfähigkeit in einem sich schnell wandelndenMarkt zu steigern ... Das Projekt Hessenwassernahm Gestalt an.Im Jahr 2001 übertrugen drei Versorgungsunter-nehmen in Südhessen, die Mainova AG in Frank-furt am Main, die Südhessische Gas und WasserAG in Darmstadt (heute HEAG SüdhessischeEnergie AG, kurz HSE) sowie der ZweckverbandRiedwerke Groß-Gerau, ihre Wassersparte auf dieneue Gesellschaft „Hessenwasser“. Ausgenom-men davon war die Trinkwasserverteilung an End-verbraucher. Mit 31 Wasserwerken, 253 Brunnen,rund 300 Kilometer Transportleitung und 341 Mit-arbeitern ging die „HessenWasser GmbH“ 2002an den Start. Das jährliche Wasseraufkommenbetrug knapp 88 Millionen Kubikmeter. Neben dentechnischen Anlagen wurden auch langfristigeVerträge zur Wasserbeschaffung zusammenge-fasst; hinzu kam die Fusion dreier Laboratorien.Obwohl der Zweckverband WasserbeschaffungRiedgruppe-Ost als natürlicher Partner des Was-serbeschaffungsverbundes von Anfang an in dasgemeinsame Projekt eingebunden war, gelang esletztlich nicht, die Verantwortlichen von den Vortei-len des „Projekts Hessenwasser“ zu überzeugen.Gleichwohl sollte und konnte der Zusammen-schluss der Wassersparte der drei Gründungsge-sellschafter nur der erste Schritt sein. Bereits Mitte2002 wurde ein gemeinsames Projekt mit demVersorger der Landeshauptstadt Wiesbaden, derESWE Versorgungs AG, gestartet und im Oktober2004 zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht.Die ESWE Versorgungs AG brachte ihre Wasser-sparte (ohne das Verteilungsnetz), das Betriebsla-bor sowie das ESWE-Forschungsinstitut als Betei-ligung in die Hessenwasser ein. Daraus ergab sichdie heute noch gültige Anteilsstruktur.Im Jahr 2005, dem ersten vollständigen Ge-schäftsjahr nach der ESWE-Integration, wurdenfast 104 Millionen Kubikmeter Trinkwasser abge-geben, rund 60 Prozent davon stammten aus ei-genen Gewinnungsanlagen. Der Fremdbezug istüber langfristige Verträge abgesichert und kommtim Wesentlichen vom WBV Riedgruppe-Ost, vonder Oberhessischen Versorgungs AG (OVAG) undvom Wasserverband Kinzig.Mit Gründung der Hessenwasser und der Über-nahme der infiltrationsgestützen Wasserwerke imHessischen Ried gingen auch die Verbandsmit-gliedschaften der Südhessischen und der Ried-werke im Wasserverband Hessisches Ried (WHR)auf die Hessenwasser über. Im April 2005 be-

Anteilseigner derHessenwasser

Lieferbeziehungen derHessenwasser

Arbeitsgemeinschaft Wasserversorgung Rhein-MainFür die Wasserversorgung wurde auf Initiative derHessischen Landesregierung wenige Jahre nachGründung des Umlandverbands im Jahre 1978die Arbeitsgemeinschaft WasserversorgungRhein-Main, kurz WRM, gegründet. In diesemEntwicklungsforum konnten die WRM-Unterneh-men mit den zuständigen Landesstellen die Struk-turverbesserung der südhessischen Trinkwasser-wirtschaft erörtern. Ziele wurden herausgearbei-tet: Es galt, bei geringeren Wasserbeschaffungs-kosten die Stellung der kommunalen Wasserver-sorger zu festigen und die Umsetzung der ein-schlägigen wasserwirtschaftlichen und umwelt-politischen Ziele für die Region zu sichern.Obwohl gegen Ende der 1990er Jahre noch vieleAspekte der Neuordnung des deutschen Wasser-marktes unklar waren, haben sich die in der WRMorganisierten Wasserversorgungsunternehmenund -behörden früh mit möglichen Veränderungenauseinandergesetzt. Eine 1999 vom WRM beauf-tragte Studie der PwC Deutsche Revision führtezu dem Ergebnis, dass nur eine neu zu gründen-de, gemeinsame Wasserbeschaffungs- undTransportgesellschaft die Chance hat, hohe Kos-

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INSIDE . OUT02 . 2011 1102 . 2011INSIDE . OUT10

WASSER . JUBILÄUM stand investiert, zum Beispiel in neue Druckerhö-hungsanlagen, die Sanierung von Trinkwasserbe-hältern, große Leitungsverlegungsprojekte imRahmen von Baumaßnahmen Dritter, die Erneue-rung bzw. Ertüchtigung von Aufbereitungsanla-gen, den Bau von Ersatzbrunnen für ein Groß-wasserwerk und vieles mehr. Besondere Erwäh-nung verdient ein Großprojekt, das dieses Jahrbegann: die Erneuerung des WasserwerksSchierstein.Nach wie vor liefern auch Arbeiten der WRMwichtige Grundlagen für die konzeptionelle Wei-terentwicklung des regionalen Leitungsverbun-des. Ein wichtiges Zukunftsprojekt ist die Schaf-

Nutzungskonflikte im urbanen VerdichtungsraumNeben der komplexen Infrastruktur ist die Lageder Gewinnungsanlagen in der MetropolregionFrankfurt/Rhein-Main eine Hessenwasser-Be-sonderheit. Die Vielzahl konkurrierender Flächen-nutzungen innerhalb dieses Ballungsraumes stellthohe Anforderungen an den Ressourcenschutz.Bei den Gewinnungsanlagen im FrankfurterStadtwald bindet besonders die Verkehrsinfra-struktur – allen voran der Frankfurter Flughafen,aber auch die Bahnlinie sowie seit einiger Zeit dieErschließung des Gateway Garden Areals – er-hebliche Aufmerksamkeit und Arbeitskraft, dennHessenwasser arbeitet mit den unterschiedlichenInteressenträgern konstruktiv zusammen.

Qualitätsüberwachung – Analytik und BeratungMit dem Flughafen, der im Übrigen der größtedirekte Einzelkunde der Hessenwasser ist, be-steht seit Langem eine gute Kooperation. InNachfolge von Verträgen, die noch mit der Mai-nova zustande kamen, wurde im Jahre 2002 einGrundlagenvertrag für ein umfassendes Grund-wasser-Qualitätsmonitoring zwischen dem LandHessen, der Fraport AG und Hessenwasser ab-geschlossen.Ein qualifiziertes und flexibles Grundwassergüte-Monitoring ist ohne eigenes Labor undenkbar.Über eigene Laborkompetenz zu verfügen, ist au-ßerdem Teil der Versorgungs- und Sicherheits-philosophie der Hessenwasser. Ein solches La-bor entstand mit der Bildung der Hessenwasserals Zentrallabor am Standort Darmstadt-Weiter-stadt. Es vereint die umweltanalytische Kompe-tenz von fünf Wasserversorgern. Auf 1.700 m² ar-beiten hochqualifizierte Mitarbeiter aus verschie-denen Fachbereichen und untersuchen Wasser-und Bodenproben auf ihre Qualität.Neben der Arbeit als Betriebslabor zur Überwa-chung des Wassers vom Vorfeld der Gewinnungs-anlagen bis zum Zapfhahn des Verbrauchers istdas gemäß DIN/EN/ISO 17025 akkreditierte undals amtliche Untersuchungsstelle nach Trinkwas-serverordnung behördlich anerkannte Zentrallaborauch als Dienstleister für Umweltanalytik und Be-ratung etabliert.

Hohe wasserfachliche KompetenzDie wasserfachliche Kompetenz der Hessen-wasser GmbH & Co. KG, wie das Unternehmenseit der Umfirmung im Jahre 2003 heißt, ist dankder qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterhoch. Dies wurde auch durch den DVGW miteiner erfolgreichen TSM-Zertifizierung bestätigt.Hessenwasser ist in vielen Fachgremien derBranche vertreten. An prominentester Stelle ist

Geschäftsführer Wulf Abke zu nennen, der seitJuli 2010 die Interessen der deutschen Wasser-versorgungsbranche als Vizepräsident des BDEWBundesverband der Energie- und Wasserwirt-schaft e.V. vertritt. Hessenwasser bringt sich aufLandes- und Bundes-ebene mit Stellungnah-men und Kommentarenin die Bearbeitung vonGesetzesvorhaben ein.

AusblickEs zeichnet sich immerdeutlicher ab, dass dieeffiziente Erfüllung desVersorgungsauf tragszunehmend von Rand-bedingungen abhängigist, die nicht allein vontechnisch-wirtschaftli-chen Optimierungsstra-tegien beherrscht werden können. Die Vorstel-lung mancher Politiker, die öffentliche Wasserver-sorgung sei ein Wirtschaftszweig wie jedes ande-re produzierende Gewerbe, vernachlässigt diegesellschaftspolitische Relevanz der Versorgungder Bevölkerung und der Wirtschaft mit einwand-freiem Trinkwasser. Das muss zum Konflikt füh-ren. Ein augenfälliges Beispiel ist der Kampf umden Wasserpreis. Zweifellos muss ein Unterneh-men der Wasserversorgung, die ein natürlichesMonopol ist, durch Transparenz und Kontrolle dieAngemessenheit der Preise für seine Leistungendarlegen. In Hessen führen jedoch die kartellamt-lichen Aktivitäten, begleitet von der Berichterstat-tung einer eher empörungslüsternen Presse,dazu, dass die Erbringung einer Kernaufgabe derDaseinsvorsorge wegen kurzfristiger wirtschaftli-cher Vorteile in Frage gestellt wird. Hier gilt es ge-genzusteuern und die vorhandenen Entschei-dungsstrukturen weiterzuentwickeln, um gemein-sam mit allen Verantwortlichen eine zukunftsfähi-ge, zuverlässige Versorgung der MetropolregionFrankfurt/Rhein-Main mit einwandfreiem Trink-wasser zu sichern. In diesem Sinne geht die„Operation Hessenwasser“ weiter. !

tung. Für den Betrieb von Wassergewinnungsan-lagen sind Wasserrechte erforderlich, zu derenErlangung unter anderem ein Wasserbedarfs-nachweis zu führen ist. Für Hessenwasser erge-ben sich dabei besondere Fragestellungen: Fürdie verbundwirksamen Wasserwerke ist keinWasserbedarfsnachweis nach herkömmlichenMethoden zu führen, weil den jeweiligen Wasser-werken kein konstantes, klar abgegrenztes Ver-sorgungsgebiet und damit kein konkreter Was-serbedarf zuzuordnen ist. Deshalb wurde vonHessenwasser der „Regionale Wasserbedarfs-nachweis“ entwickelt, der sich auf den gesamtenWasserbedarf und die gesamte Wasserbeschaf-fung im Verbund bezieht [3]. Der Regionale Was-serbedarfsnachweis ist als Methode anerkanntund wird in Abstimmung mit den Genehmigungs-behörden in zweijährigem Turnus fortgeschrieben.

Integrierte GrundwasserbewirtschaftungEine wichtige Grundlage für die planerischen An-sätze ist das quantitative Grundwassermonito-ring in den Gewinnungsgebieten der Hessenwas-ser-Anlagen. Mittlerweile werden Daten von rund2.400 Grundwassermessstellen im Versorgungs-gebiet ausgewertet. Bei knapp 2.000 davon er-mitteln Hessenwasser-Mitarbeiter die Grundwas-serstände. Dabei gilt es, die Dynamik der Grund-wasserstandsentwicklung zeitnah zu erfassenund zu beschreiben. Das gilt insbesondere fürdas Hessische Ried. Dort gibt es erhebliche na-türliche Schwankungen der Grundwasserflurab-stände durch meteorologische Einflüsse sowieeine Beeinflussung des Grundwassers durch dieInfiltration des vom WHR aufbereiteten Rhein-wassers im Einzugsbereich der Wasserwerke.Die Überwachung und Einhaltung bestimmterGrundwasserflurabstände an festgelegten Mess-stellen ist im Grundwasserbewirtschaftungsplan(GWBPL) Hessisches Ried geregelt und wird vonHessenwasser streng beachtet.An keiner Stelle sind die Konflikte um die Nutzungund Bewirtschaftung des Grundwassers so ekla-tant wie im Hessischen Ried. Es gilt die Interes-sen von Forst-, Land-, Siedlungs- und Wasser-wirtschaft unter einen Hut zu bringen. Noch vorzehn Jahren gelang es, den unterschiedlichenInteressen mit dem GWBPL einen gemeinsamenRahmen zu geben. Mittlerweile macht sichschmerzlich bemerkbar, dass die Politik, die letzt-lich vermitteln und entscheiden muss, das Feldzunehmend den Konfliktparteien überlässt unddamit einen Entscheidungsnotstand herbeiführt.Dies wird bei den Wasserrechten ebenso deutlichwie bei anderen Stellen, etwa bei der regionalenFlächenplanung oder der Wasserpreis-Thematik.

[1] M. Schlappner (Hsrg.): Der Beitrag der Riedwerke zurWasserversorgung Rhein-Main, Druckerei Wollen-haupt, Groß-Gerau, 1995

[2] Besprechung über die Neuordnung der Wasserversor-gung Rhein-Main am 16.10.1969 in Wiesbaden; Auszugaus dem Protokoll des Hessischen Ministeriums fürLandwirtschaft und Forst

[3] W. Herber, H. Wagner und U. Roth: Der RegionaleWasserbedarfsnachweis der Hessenwasser GmbH &Co. KG; GWF Wasser Abwasser. Drei Teile: 1. 148(2007) Nr. 10; 2. 149 (2008) Nr. 10; 3. 149 (2008) Nr. 11

Oben: Der Standort desZentrallabors in Darmstadt-Weiterstadt

Unten: Neubautrakt desVerwaltungsgebäudes

Die Filterhalle des neuenWasserwerks Goldsteinim Frankfurter Stadtwald

fung einer Leitungsredundanz im nördlichen Teilder Riedleitung zwischen der Druckerhöhungs-und Behälteranlage Haßloch und dem Maindüker.Eine zweite Trasse würde nicht nur für ein besse-res Ausnutzen der Kapazitäten der infiltrationsge-stützten Wasserwerke im Hessischen Ried ge-statten, sondern auch die Versorgungssicherheitdieser Hauptschlagader für die Trinkwasserver-sorgung von Frankfurt und Wiesbaden steigern.

Wasserwirtschaftliche RahmenbedingungenFür Infrastrukturplanung sind die wasserwirt-schaftlichen Voraussetzungen und die versor-gungstechnische Planung von zentraler Bedeu-

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Zehn Jahre Hessenwasser in Bildern,stellvertretend für 1.000 Eindrücke undAnlässe. Ein kleines Panoptikum derErinnerungen …

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

JAHREHessenwasser

2001 Hier liefen die Fäden bei derHessenwasser-Gründung zusammen.Die Projektleitung: Wulf Abke, NorbertSiegmund, Norbert Jacobi undWolfgang Korthals (von links).

2003 Wer Neues schaffen will, brauchtzunächst PlatzKaum zu glauben, dass an dieser Stelleeinmal der Lavendel blühen wird. Baubeginnfür die Erweiterung der Verwaltungszentralein Groß-Gerau/Dornheim.

2002 „Denn was wir bauen,das wird morgen die Stadtmit Wasserdruck versorgen.“Richtfest des zweiten Bau-abschnitts des WasserwerksGoldstein im FrankfurterStadtwald. Ein neues Wasser-werk nimmt Gestalt an.

2005 Hier wächst zusammen,was zusammengehörtHessenwasser übernimmt die Geschäftsfüh-rung, den operativen Betrieb und das Personaldes Wasserverbands Hessisches Ried. Dasbedeutet nachhaltige Grundwasserbewirtschaf-tung aus einer Hand.

2006 Verbriefte Kompetenz!Effiziente Betriebsabläufe undklare Zuständigkeiten? KeinProblem dank des technischenSicherheitsmanagements desDVGW. DVGW-Hauptgeschäfts-führer Dr. Walter Thielen (links)überreicht Elisabeth Jreisat imBeisein von Wulf Abke dieTSM-Urkunde.

2007 Glück im UnglückDer Rohrbruch an derRiedleitung, der Haupt-schlagader für dieTrinkwasserversorgungdes Ballungsraums, gingnoch einmal glimpflich aus.Dank günstiger Umständekam niemand zu Schaden,die Leitung war schnellrepariert und dasVerbundsystem konnteaufgrund des niedrigenVerbrauchs im April denAusfall abpuffern. DieVerletzbarkeit des Systemswurde jedoch deutlich!

2009 Unternehmenskultur …wird bei Hessenwasser groß-geschrieben. Dazu gehört nebendem Betriebsfest im Spätsommerselbstverständlich die Betriebsver-sammlung im Dezember. Betriebsratund Geschäftsleitung informierendie Belegschaft und es bietet sichdie Gelegenheit zum Austausch ingroßer Runde.

2010 PublikumsmagnetDas Wasserwerk Hattersheim ist einearchitektonische Perle im Anlagenbe-stand der Hessenwasser und dank derDampfmaschine, der „Eisernen Lady“,ein Publikumsmagnet. BetriebsingenieurManfred Sagawe (Mitte) stellt denBesuchern am Tag der offen Tür dieAnlage vor.

2008 Qualitätsgesicherte Analytik – na klar!Es gehört fast schon zur Routine. In regelmäßigenAbständen kommen die Auditoren und überprüfen dasZentrallabor. Auch in diesem Jahr wurde die Akkredi-tierung wieder ohne Einschränkungen verlängert.(Im Bild: Angelika Fink, Leiterin organische Analytik)

2004 Die ESWE Versorgungs AG beteiligt sich beiHessenwasser … und auch das Wasserwerk inWiesbaden-Schierstein wird eine Hessenwasser-Anlage.Die Rheinwasseraufbereitungsanlage (hier im Bild) istaber bald Geschichte. Das Wasserwerk wird in denkommenden Jahren komplett modernisiert.

2011 Dialog mit EntscheidernLucia Puttrich, hessischeUmweltministerin, im Gesprächmit Wulf Abke. Zum Tag desWassers war die Ministerin zuBesuch im WasserwerkSchierstein und informierte sichüber aktuelle Themen derWasserversorgung.

Zeit ist bekanntlich relativ – das wissen wir auchohne Einstein. Zehn Jahre sind für die öffentlicheWasserversorgung eigentlich nicht viel, für jedenEinzelnen ist dies jedoch ein Zeitraum, in dem vielgeschehen kann. In der Wasserversorgung derRhein-Main-Region ist jedenfalls eine Mengepassiert, seitdem das „Projekt Hessenwasser“ in2001 gestartet wurde.Schon der Anfang war spektakulär: Was durchdie Politik lange nicht motiviert werden konnte,wurde endlich wahr: Mehrere WasserversorgerSüdhessens schlossen ihre Wassersparten in derneuen Gesellschaft zusammen. Nicht Gewinnma-ximierung, sondern die kosteneffiziente Erfüllungeiner der wichtigsten Versorgungsaufgaben über-haupt war das Ziel: Trinkwasser für die Bewohner

Hessenwasser – ein starkes Team!Seit 2002 nimmt regelmäßig ein Hessenwasser-Teaman der J.P.Morgan Corporate Challenge in Frankfurtteil. Das Team von 2011 war mit 60 Teilnehmernbislang das größte in der Firmengeschichte.

Hessenwasser – ein starkes Team!

und die Wirtschaft im Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main bereitzustellen.Diese Aufgabe erforderte nicht nur ein Umden-ken, sondern auch etliche Baumaßnahmen undAnlagenmodernisierungen. So wundert es nicht,dass manches Richtfest in den letzten zehn Jah-ren gefeiert wurde und etliche Inbetriebnahmenneuer Anlagen in diese Zeitspanne fielen. DochTechnik ist – wie in vielen Unternehmen – nur Mit-tel zum Zweck. Ohne die Kompetenz der Mitar-beiterInnen und eine den aktuellen Anforderun-gen angepasste Organisation und Qualifikationwäre das „Projekt Hessenwasser“ nicht so erfolg-reich gewesen. Daher steht bei Hessenwasserder Mensch im Mittelpunkt – ob als Arbeitnehmeroder als Wasserkonsument. !

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V I T A

Wulf Abke (58) ist seit Gründung des Unternehmens alleiniger Geschäftsführerder Hessenwasser. Der gebürtige Bremer studierte Lebensmittelchemie in

Hamburg und ging danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Fritz-Haber-Institutder Max-Planck-Gesellschaft in Berlin. 1983 wechselte er zu den Stadtwerken Frankfurtam Main. Dort war er im Bereich der Wasserversorgung tätig, deren Leiter er 1995 wurde.Von 1998 bis 2001 bekleidete Abke diese Position bei der Mainova AG, die aus den Stadt-werken Frankfurt am Main und der Maingas AG hervorging.Abke ist in zahlreichen Ehrenämtern engagiert. Seit 1985 war er in verschiedenen Gremiendes Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) aktiv. Ab 2007 warer ständiger Gast des Vorstands des BDEW. Zudem wurde er 2004 in den Bundesvorstand derDeutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW) berufen. Von 2004 bis 2008 warer Mitglied des Vorstands von Eureau. Im Landesverband der Energie- und WasserwirtschaftHessen/Rheinland-Pfalz e.V. – LDEW – ist Abke Mitglied des Vorstands, wasserpolitischerSprecher sowie Vorsitzender des Landesausschusses „Wasserwirtschaft“. Seit Juli 2010 ister Vizepräsident des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Berlin.

Seit der Unternehmensgründung ist Wulf Abke Geschäftsführerder Hessenwasser. Im Interview berichtet er von den wichtigstenEreignissen der Firmengeschichte und den künftigen Herausforde-rungen, um die regionale Trinkwasserbeschaffung zu sichern.

Denkenin Dekaden

I/O: Herr Abke, zehn Jahre sind für die öffentlicheWasserversorgung kein langer Zeitraum unddoch hat sich in der jüngeren Vergangenheit vie-les bewegt. Was waren aus Ihrer Sicht die wich-tigsten Veränderungen?Abke: Bevor ich auf die Veränderungen der letztenzehn Jahre zu sprechen komme, möchte ich beto-nen, dass die Wasserversorgung eine auf Dauerangelegte Aufgabe ist. Langfristige Überlegungenbestimmen unsere Entscheidungen und unserHandeln. Infrastrukturentscheidungen betreffen inder Regel mehrere Generationen. So trägt die 1877eingerichtete Quellwassergewinnung in Vogels-berg und Spessart noch heute zur Trinkwasserver-sorgung von Frankfurt am Main bei. VergleichbareBeispiele finden sich in Wiesbaden, Darmstadtund vielen anderen deutschen Städten. Was da-mals galt, gilt auch heute: Die qualitative undquantitative Ressourcensicherung hat höchstePriorität. Dies ist beileibe kein Alleinstellungsmerk-mal der öffentlichen Wasserversorgung, aber nachmeiner festen Überzeugung eines ihrer konstituti-ven Merkmale. Dazu kommt ein entscheidendesMoment: Die Versorgung mit einwandfreiem Trink-wasser ist unabdingbar für die öffentliche Gesund-heit und – zusammen mit der Abwasserentsorgung– Grundlage unserer modernen Städte.Was die Veränderungen in unserer Branche an-geht, muss man differenzieren: In Bezug auf dieversorgungstechnischen Aspekte hat sich nichtsGrundlegendes geändert. Die technische Entwick-lung schreitet fort und die Systeme werden je nachRahmenbedingungen optimiert. In jüngster Zeitspielt hier die Energieeffizienz als ökologisch-tech-nischer aber natürlich auch als betriebswirtschaft-licher Optimierungsansatz die größte Rolle.Ein erheblicher Wandel hat jedoch in der gesell-schaftspolitischen Bewertung der öffentlichenWasserversorgung stattgefunden. Die Versor-gung mit Trinkwasser wurde – und wird zum Teilnoch heute – von einigen politischen Akteurengleichgestellt mit der Energieversorgung oderder Telekommunikation. Die daraus resultieren-de Ökonomisierung der Belange der öffentlichenWasserversorgung ist meiner Meinung die wich-tigste Veränderung der letzten zehn bis 15 Jahre.

I/O: Die Gründung der Hessenwasser erfolgte inder Phase, in der eine intensive politische Debatteüber die Liberalisierung und Privatisierung derWasserversorgung stattfand. Wie beurteilen Siediese Entwicklung aus heutiger Sicht?Abke: Man kann wohl ohne Übertreiben feststel-len, dass die damalige politische und wirtschaftli-che Diskussion über die Struktur der öffentlichenWasserversorgung ein wichtiger Katalysator für

die Entstehung der Hessenwasser war. Nachdemdie Politik sich jahrzehntelang vergeblich um eineNeuordnung der Wasserwirtschaft im Rhein-Main-Gebiet bemüht hat, haben die großen Ver-sorgungsunternehmen der Region dies mit Grün-dung der Hessenwasser schließlich erfolgreichumgesetzt. Zu den Hauptaufgaben des so ent-standenen Unternehmens gehört, auf die kom-plexen Wasserwirtschaftsbelange der Metropol-region Frankfurt/Rhein-Main einzugehen und dieStrukturen weiterzuentwickeln. Für unsere Ge-sellschaft ist es essenziell, dass dabei nicht mitdem betriebswirtschaftlichen Tunnelblick auf denniedrigsten Wasserpreis vorgegangen wird, denndies würde die gesellschaftspolitische Relevanzdes Trinkwassers nahezu komplett ausblenden.

I/O: Wie bewerten Sie die Rolle der Landespolitikbei der Beordnung der wasserwirtschaftlichenStrukturen im Rhein-Main-Gebiet?Abke: Als Mitte der Sechzigerjahre strukturelleBeschränkungen und Versorgungsengpässedeutlich wurden, hatte sich die hessische Lan-desregierung aktiv in die Strukturplanung derWasserversorgung des Rhein-Main-Gebiets ein-gebracht. So war zum Beispiel die Gründung derArbeitsgemeinschaft Wasserversorgung Rhein-Main WRM im Jahre 1978 wesentlich durch dasLand initiiert, und die gemeinsame Arbeit dortwird bis heute von Vertretern des HMUELV be-gleitet. 1979 wurde – mit dem Land als Grün-dungsmitglied – der Wasserverband HessischesRied als eine Körperschaft des öffentlichenRechts gebildet; Bau und Betrieb des WHR wur-den mit nennenswerten Summen finanziell unter-stützt.

WASSER . JUBILÄUM

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Die Landespolitik müsstenun die Rahmenbedingungenfür eine zukunftsfähigeregionale Wasserversorgungsichern und weiterentwickeln.Wulf Abke «

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INSIDE . OUT02 . 2011 1702 . 2011INSIDE . OUT16

WASSER . JUBILÄUM Aus Sicht der Hessenwasser muss ich heute lei-der feststellen, dass sich die Landespolitik ausihrer Verantwortung weitgehend zurückgezogenhat. Sie müsste die Rahmenbedingungen für einezukunftsfähige regionale Wasserversorgung si-chern und weiterentwickeln. Eine Ausnahme von

dieser eher passiven Haltung sind die Aktivitätendes hessischen Wirtschaftsministeriums bei derkartellamtlichen Preisüberprüfung hessischerWasserversorger.

I/O: Bei der Zusammenführung von Unternehmensind Unterschiede in der Unternehmenskultur oftein kritischer Faktor. Wie war das bei der Unter-nehmensentwicklung der Hessenwasser?Abke: Veränderungen verursachen – ob im Be-rufsleben oder privat – meist erst einmal Verunsi-cherung. Das ist menschlich. Auch bei der Zu-sammenführung des Personals von drei Unter-nehmen in der Hessenwas-ser und der späteren Integ-ration der Kolleginnen undKollegen der ESWE unddes WHR war das nicht an-ders. Insbesondere die Mit-arbeiterinnen und Mitarbei-ter im technischen Betriebund im Labor unterlagen einem großen Verände-rungsdruck. Nicht zu vergessen die Herausforde-rung für die Führungskräfte, die ihre Kolleginnenund Kollegen an neue Aufgaben heranführen oderin neue Strukturen integrieren mussten. Eine we-sentliche Grundlage für die positive Entwicklungwar und ist die vertrauensvolle und konstruktiveZusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Heute binich sicher, dass sich alle Mitarbeiterinnen undMitarbeiter als Teil der Hessenwasser begreifenund sich mit dem Unternehmen identifizieren.

I/O: Hessenwasser ist angetreten, die Wasserbe-schaffung für die Region effizienter zu gestalten,ohne die sichere und nachhaltige Wasserversorgungzu vernachlässigen. Ist dieses Ziel bereits erreicht?Abke: Diesbezüglich haben wir erhebliche Erfol-ge zu verzeichnen. Um nur zwei Eckpunkte zunennen: Von 39 Wasserwerken zu Spitzenzeitenbetreiben wir heute nur noch 30. Wir haben denursprünglichen Personalbestand der fusioniertenUnternehmensbereiche sozialverträglich um einFünftel reduziert. Und trotz teilweise widrigerRahmenbedingungen konnten wir stets die zuver-lässige und einwandfreie Wasserbeschaffung fürdie Region sichern. Gleichwohl wäre es vermes-sen, ja falsch, davon zu sprechen, dass wir dasZiel erreicht haben. Geeignete Rahmenbedingun-gen zu schaffen, damit über zwei Millionen Men-schen in der Rhein-Main-Region Trinkwasser er-halten, ist ein permanenter Prozess, der in naherZukunft nicht abgeschlossen sein wird.

I/O: Welches sind die größten Aufgaben in dennächsten Jahren?Abke: In technischer Hinsicht gehören der Um-bau und die Modernisierung des WasserwerksSchierstein zu den größten Aufgaben. Mit demErrichten neuer Horizontalfilterbrunnen haben wirhier den ersten Schritt getan. Die Zusammenle-gung der bisherigen drei Leitwarten zu einer zen-tralen Leitwarte für alle Hessenwasser-Anlagenist ebenso ein bedeutsames Projekt.Eine ständige Anforderung ist es, Einfluss zu neh-men auf die politischen Rahmenbedingungen, dieuns nicht nur die technische und strukturelle Wei-terentwicklung der Versorgungsanlagen ermögli-chen, sondern auch weiterhin die nachhaltigeWassergewinnung aus geschützten Grundwas-

serressourcen erlauben.

I/O: Sie sind nun zehnJahre Geschäftsführer derHessenwasser. Wie fälltIhre persönliche Zwischen-bilanz aus?Abke: Bei aller privater Zu-

rückhaltung, die man mir als Bremer wohl nicht zuUnrecht nachsagt, darf ich sagen: Ich bin stolz,dieses Unternehmen zu führen, und dankbar.Stolz, weil die Hessenwasser zu den großen Unter-nehmen der Wasserversorgung gehört und durchihre Kompetenz eine hervorragende Stellung in derBranche hat. Dankbar bin ich für die zuverlässigeUnterstützung unserer exzellenten Führungsgrup-pe und das Engagement der erfahrenen Beleg-schaft, ohne die Hessenwasser heute nicht dortwäre, wo wir sind. !

Hessenwasser-Geschäfts-führer Wulf Abke (Mitte) undseine Führungsmannschaft:Peter Stiens (LeiterUnternehmensbereichFinanzen, links), ElisabethJreisat (Leiterin Unterneh-mensbereich Technik, 2. vonlinks), Norbert Siegmund(stellv. Geschäftsführer undLeiter UnternehmensbereichMarkt und Organisation,2. von rechts) und Dr. OliverHuschens (Leiter Unterneh-mensbereich Zentrallabor,rechts)

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Trinkwasser für überzwei Millionen Menschensicherzustellen, ist einpermanenter Prozess.«

WASSER . TECHNIK

Durch die Modernisierung der etwa 50 Jahre alten Druckerhö-hungsanlage Haßloch und den Neubau einer Anlage in Edders-heim konnte Hessenwasser den Stromverbrauch im Transportnetzdrastisch reduzieren. Schon in den ersten sechs Betriebsmonatenwurden über eine Million Kilowattstunden Strom gespart.

Stromverbrauchin die Knie gezwungen

Nachhaltig wirtschaften heißt für Hessenwassernicht nur, mit Wasser sorgsam umzugehen, son-dern auch der Betrieb der technischen Anlagensoll effizient erfolgen. Stromsparen ist Programm,zum Beispiel bei den Pumpen. Doch selten machtsich neue Effizienztechnologie dermaßen starkbemerkbar wie bei den Druckerhöhungsanlagenfür Frankfurt/Wiesbaden.Früher sorgte ausschließlich die in den 1960erJahren gebaute Druckerhöhungsanlage Haßlochdafür, dass der Frankfurter Norden und Wiesba-den mit Trinkwasser aus dem Hessischen Riedbedient wurden. Jährlich fließen rund 32 MillionenKubikmeter Trinkwasser durch die Leitungen. DieAnlage offenbarte erheblichen Optimierungsbe-darf, denn die hydraulischen Verhältnisse ent-sprachen nicht mehr den Plandaten von vor 50Jahren; zudem sollte nun die Zugänglichkeit derArmaturen und Rohrleitungen verbessert werden.Mit dem Ersatz der sieben existierenden Pumpengegen energieeffizientere war es daher nicht ge-tan. Deswegen musste ein nachhaltiges und zu-kunftsweisendes Konzept her, das sowohl dieBetriebsstätte als auch die Anordnung der Rohr-leitungen einbezieht.

Druckerhöhung für Wiesbaden in zwei StufenEs erwies sich als sinnvoll, eine zweite Drucker-höhungsanlage in Eddersheim zu bauen, die einDrittel des Volumenstroms bewältigt und nur fürWiesbaden sowie Hofheim zuständig ist. Für die-sen Netzabschnitt ist der höchste Druck (9 bar)erforderlich, deutlich mehr als für die LeitungenRichtung Frankfurt. Der in Haßloch aufzubringen-de Ausgangsdrucks darf somit geringer ausfal-len. Alleine dadurch ergibt sich eine enorme Re-duktion des Stromverbrauchs. Für beide Anlagenwurde eine Druckstoßberechnung durchgeführt,die ergab, dass die vorhandenen Druckstoßbe-hälter in Haßloch ausreichen und die Anlage Ed-dersheim keine Druckstoßdämpfung benötigt.

Modernisierung des alten PumpwerksVon dem neuen Konzept ausgehend wurde dieSanierung der Druckerhöhungsanlage Haßlochgeplant und neue Pumptechnologie beschafft.Um die neue Pumpe hydraulisch optimal auf einerEbene mit der Saug- und Druckleitung zu montie-ren, waren erhebliche bauliche Veränderungen inder Halle nötig: Zwei der sieben Pumpen wurdendafür rückgebaut, einige Hundert Meter Kabel –vom Daten- bis zum Mittelspannungskabel – um-gelegt oder neu verlegt und rund 260 TonnenStahlbeton hat eine Spezialfirma mit Diamantsä-gen herausgetrennt. Anschließend wurden mehrals 80 Meter neue, beschichtete Stahlrohrleitun-gen mit einem Nenndurchmesser ab 300 Millime-tern aufwärts montiert, 41 Meter haben sogar ei-nen Nenndurchmesser von einem Meter. Die neu-en Stahlrohrleitungen sind mit einem speziellen,besonders glatten Kunststoff beschichtet,

Die neue Pumpenhalleder Druckerhöhungs-anlage Haßloch.

Bei der Auswahl der Pumpe,ihres Antriebs, desFrequenzumrichters sowiedes Transformators wurdeauf beste Wirkungsgradegeachtet.

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WASSER . MENSCHEN

Der Geruch von frischem Schnittlauch hüllt dasWohnhaus von Gunther Kramm (67) ein. Rund250 Hektar Land in und um Allmendfeld stehendem Betrieb heute zur Verfügung und machenden „Nibelungenhof“, den er vor vier Jahren anseinen Sohn übergeben hat, zu einem der größ-ten Kräuterlieferanten Südhessens: Hier gedei-hen beispielsweise krause und glatte Petersilie,Basilikum, Schnittlauch, Dill, Winterheckzwiebelnund Schabziegerklee. Solche Küchenkräuterkönnen mehrmals pro Jahr geerntet werden, lässtKramm uns wissen; Schnittlauch zum Beispiel ty-pischerweise viermal. „Jedenfalls, wenn genü-gend Wasser zur Verfügung steht. Und das istheute glücklicherweise die Regel.“ Dank eines

Wassernetzes zur Beregnung, das sich über5.400 Hektar im Hessischen Ried erstreckt, stehtauch dem Nibelungenhof genügend Wasser be-reit, um die Erträge zu sichern und Lieferverträgezu erfüllen.

Nutzen der Gemeinschaft im VordergrundDas war nicht immer so. Das Hessische Ried – inden 1930er Jahren trockengelegt, um es nutzbarzu machen – litt in den 1960er und 70er Jahrenmehrfach unter Regenmangel. Lange Dürreperio-den und eine hohe Trinkwassernutzung habenden Grundwasserspiegel sinken lassen, sodassetliche der Häuser Setzrisse bekamen, flachwur-zelnde Bäume den Zugang zum Wasser ver-

Mit kleinen Pflanzen hat Gunther Kramm den „Nibelungenhof“ inAllmendfeld groß gemacht. Zutaten seines Erfolgsrezepts: Petersi-lie, Dill, Schnittlauch – und Wasser. Dass das notwendige Nass inausreichender Menge zur Verfügung steht, ist nicht zuletzt seinemEngagement beim Wasserverband Hessisches Ried zu verdanken.

Der Kräuter-Königvom Hessischen Ried

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Als Mitbegründer desWasserverbands HessischesRied und als dessenVorsteher hat Gunther Krammdie Verbandsgeschichte geprägtwie kaum ein anderer.

Erhoffte Einsparung ist eingetroffenNach langen Umbauten war es pünktlich am4. Mai 2011 soweit: Die DruckerhöhungsanlageEddersheim ging in Betrieb und die modernisierteAnlage in Haßloch wurde zeitgleich nach demneuen Einsatzplan – also mit reduziertem Druck– betrieben. Die Umstellung funktionierte ein-wandfrei und der Betrieb läuft seitdem ohneKomplikationen. Der Energieverbrauch ist bei derjetzigen Betriebsweise etwa 15 Prozent niedrigerals früher. Das entspricht einer Ersparnis vonetwa 1,8 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahroder umgerechnet der Strommenge, die zirka500 deutsche Haushalte benötigen. Die Betriebs-daten im ersten Halbjahr haben die Erwartungensogar deutlich übertroffen: Im Zeitraum von Maibis Oktober wurden bereits 1,1 Millionen Kilowatt-stunden gespart.Dies bedeutet nicht nur eine Reduktion der lau-fenden Betriebskosten, sondern schont zudemdas Klima: Legt man die Stromerzeugungsdatenfür 2009 zugrunde, würden durchschnittlich proerzeugter Kilowattstunde 508 Gramm CO2 entste-hen. Die in den ersten sechs Monaten nach derUmstellung eingesparte Energie geht also einhermit einer CO2-Einsparung von 560 Tonnen.

Technische Kompetenz im eigenen HausDie Optimierung der Druckerhöhung Haßloch undder Bau der neuen Anlage in Eddersheim erfolg-ten in enger Abstimmung mit der Betriebsabtei-lung unter Führung der Anlagenplanung vonHessenwasser. Die komplette Planungsleistungfür die Elektro-, Automatisierungs- und Leittech-nik sowie Teile der Ausführung wurden durch dieHessenwasser-Fachabteilung T-APE erbracht.Hausintern erfolgten ebenfalls die Koordinationder ausführenden Arbeiten und der einzelnenFunktionstests sowie die Inbetriebnahme, sodassnur für einzelne Fachdisziplinen (Bau, Statik,Rohrleitungen, Druckstoßberechnung) externeIngenieurbüros durch die Fachabteilung beauf-tragt werden mussten.Eine der größten Herausforderungen des Projektswar, dass sämtliche Umbauten während des lau-fenden Betriebs stattfinden mussten. Nur zwei-mal wurde die Druckerhöhung Haßloch nachts fürwenige Stunden auf Minimalbetrieb gefahren, umdie Einbindung der neuen Rohrleitungen in derPumpenhalle vorzunehmen.Trotz der immensen Ersparnis wollen sich dieTechniker mit dem Erreichten jedoch nicht zufrie-dengeben: In weiteren Bauabschnitten sollenkünftig die restlichen Pumpen im Werk Haßlochrückgebaut werden und drei modernen, hocheffi-zienten Pumpen Platz machen. !

der Anhaftungen minimiert und somit den Rei-bungswiderstand gering hält.Um die große, neue Pumpe variabel betreiben zukönnen, investierte Hessenwasser in einen Fre-quenzumrichter zur Drehzahlregelung des mega-wattstarken Elektromotors. Wegen der hohenLeistung wurde ein Gerät mit 690 Volt Betriebs-spannung gewählt. Den Strom bezieht der Fre-quenzumrichter von einem speziellen, fast vierTonnen schweren Stromrichtertransformator mitzwei sekundären Wicklungen. Er wandelt die20.000 Volt des Netzanschlusses in die 690 Voltfür den Frequenzumrichter und bietet mit seinerLeistung von 1,6 Megawatt reichlich Reserve.Frequenzumrichter und Trafo befinden sich in ei-nem Raum, der früher zwei dieselbetriebene Not-stromaggregate beherbergte und extra saniertwurde. Der Trafo steht nun sicher in einem feuer-fest abgetrennten Teil des Raums.Außerdem wurde parallel zur bestehenden altenDrucksammelleitung ein neuer, gigantischerDruckkollektor für einen Nenndruck von 16 baraufgebaut. Darüber wich der Hallenkran aus demJahr 1964 einem neuen, denn die Tragfähigkeitreichte für den 6,4 Tonnen schweren Elektro-motor der neuen Pumpe nicht aus. Der Antriebfällt so groß aus, weil die neue Pumpe alleine be-reits zwei Drittel der geförderten Wassermengebewältigen kann.

Im Zuge der Umbautenwaren im Werk Haßloch

unter anderem Hundertevon Tonnen Beton

herauszutrennen, umPlatz für die neuen

Anlagen zu schaffen.

WASSER . TECHNIK

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Aktivitäten war der Bau des Wasserwerks Bie-besheim im Jahr 1989. Hier wird das Rheinwasserzu Trinkwasserqualität aufbereitet und über einverzweigtes Rohrnetz zur Grundwasseranreiche-rung und für die landwirtschaftliche Beregnungbereitgestellt.

Politik soll zurück an den VerbandstischKramm, der das Land für seine Engagementbeim Aufbau des WHR lobt, ist heute jedoch un-zufrieden mit der Haltung der hessischen Lan-desregierung: „Etwa zu der Zeit, als ich 1998zum Verbandsvorsteher wurde, hat sich dasLand zurückgezogen; zuerst aus dem Mitglieds-kreis, dann auch aus der Finanzierung. Das istungerecht, denn schließlich kommen die Maß-nahmen des WHR der Allgemeinheit zugute.“Haus- und Waldbesitzer, Spaziergänger, Natur-freunde ... sie alle hätten einen Nutzen von demprofessionellen Grundwassermanagement imHessischen Ried.Das Land müsste zudem hohes Interesse an derMitwirkung im WHR haben, meint Kramm. DerVerband arbeite so professionell, dass er bei-spielsweise die Wasserrahmenrichtlinie umset-zen helfen kann. „Der WHR ist somit deutsch-landweit ein Vorzeigeprojekt, das der Umwelt undder Gesellschaft nützt. Das aber wird in Wiesba-den nicht erkannt.“ Gott sei Dank seien zumin-dest die Gebietskörperschaften dem Verbandtreu geblieben, sagt Kramm. „Das sah nicht im-mer so aus, doch die Städte und Gemeinden sind

sich ihrer Verantwortung für den WHR heute be-wusst, ebenso wie beispielsweise Hessenwasser.Das ist besonders im Hinblick auf die zu erfüllen-de Wasserrahmenrichtlinie wichtig.“Kramm würde sich daher heute mehr politischeRückendeckung vom Land wünschen. „Dann lie-ße sich auch eine Umlage des ökologisch beding-ten Mehraufwands auf die Allgemeinheit rechtfer-tigen.“ Auch nachdem er sein Amt als Verbands-vorsteher Mitte Oktober 2011 an Hans-JürgenFischer übergeben hat, verfolgt er das Gesche-hen. Doch aktiv wirkt er nicht mehr mit. Erwünscht dem „Erdbeer-Fischer“ aus Gernsheim(siehe Inside-Out Ausgabe 1/2011), dass die Poli-tik sich zu ihrer Rolle bekennt und wieder an denVerbandstisch zurückkehrt. Oder zumindest dieRegeln entsprechend anpasst.

Unruhestand statt Ruhestand„Ich muss mich da jetzt raushalten. Es ist Zeit,mich intensiver um meine Familie zu kümmern“,sagt er und spielt auf seine fünf Enkelkinder an.Leicht fällt ihm das Loslassen nicht. Wen sollte esalso wundern, dass er sich selbst Ablenkung ver-ordnet hat. Skifahren, Golfspielen und Reisenstehen auf dem Programm. Dieses Jahr hat er dieKanarischen Inseln und New York besucht. Kom-mendes Jahr will er für ein paar Wochen ans an-dere Ende der Welt, nach Australien. Kramm, dersein Leben lang beruflich und politisch aktiv war,definiert eben auch den Begriff „Ruhestand“etwas dynamischer ... !

V I T A

Gunther Kramm ist auf dem „Nibelungenhof“ inAllmendfeld aufgewachsen und hat bereits als

Jugendlicher in der Landwirtschaft gearbeitet.1967 über-nahm er den Hof und vollzog den Wandel von der Land-

und Viehwirtschaft zum Betrieb für Kräuteranbau und-verarbeitung. In den 1990er Jahren schaffte er Maschi-nen an, die ein Vorverarbeiten – Schneiden, Trocknen,Einfrieren – ermöglichen und einen Teil der industriellenWertschöpfung auf den Nibelungenhof verlagert. Im Zugeder Neuorganisation wuchs der Hof von ehemals 13,5 aufstattliche 250 Hektar Fläche.Parallel zu seinem beruflichen Engagement war Krammauch politisch aktiv, beispielsweise ab 1972 als Beirat inseinem Heimatort, ab 1981 als Stadtverordneter in Gerns-heim, als Vorsitzender des Ausschuss für Landwirtschaftund Umwelt, als Mitglied im Ortsbauernverband und vielesmehr. Außer beim Wasserverband Hessisches Ried hat ersich auch beim Maschinen-, Boden- und Landschaftspfle-geverband Südhessen als Gründungs- und Vorstandsmit-glied eingebracht.Mit 67 Jahren hat sich der leidenschaftliche Golfspielernun aus dem beruflichen Umfeld, der Politik und zuletztauch aus der Verbandsarbeit zurückgezogen, um sich derFamilie, dem Reisen und seinen Hobbies zu widmen.

iWASSER . MENSCHEN loren und auch viele der Brunnen zur Feldbewäs-serung nicht mehr tief genug reichten. Erschwe-rend kam hinzu, dass es im Ried viele Sandbö-den gibt, die nur geringe Wasserspeicherfähigkeitbesitzen. „Bei uns, wo ohnehin nur 520 mm Nie-

derschlag jährlich fallen*,waren daher große Schä-den für die Landwirtschaftdie Folge“, erinnert sich derKräuterbauer.Sich seinem Schicksal zuergeben, war jedoch nochnie Kramms Art. Ob als Mit-glied des Ortsbeirats, alsStadtverordneter, als Mit-glied des Präsidiums deshessischen Bauernverban-

des oder als Vertreter im Bundesausschuss Obstund Gemüse – in diesen und vielen weiterenÄmtern hat er die Chance genutzt, konstruktivmitzuwirken. Eigene Interessen waren zwar oftdas Motiv. „Aber ich wollte nie meinen alleinigenVorteil, sondern einen Nutzen für die Gemein-schaft erzielen. Nur wenn alle Beteiligten zufrie-den sind, sind nachhaltige Entscheidungen undInvestitionen möglich.“

Stabile Grundwasserverhältnisse sind das ZielMit Herz und Verstand näherte sich der enga-gierte Landwirt auch der Wasserproblematik. AlsMitbegründer hat er den Wasserverband Hessi-sches Ried mit ins Leben gerufen. Der wurde alsKörperschaft des öffentlichen Rechts 1979 ge-gründet. Damals haben neben Vertretern derWasserwirtschaft (heute sind dies die Hessen-wasser GmbH & Co. KG und der Wasserbeschaf-fungsverband Riedgruppe Ost) der Wasser-,Boden- und Landschaftspflegeverband Hessen,der Landkreis Darmstadt-Dieburg, der LandkreisGroß-Gerau, der Landkreis Bergstraße und dieStadt Darmstadt sowie das Land Hessen mitge-wirkt. Das gemeinsame Ziel: durch Infiltration vonaufbereitetem Rheinwassers stabile Grundwas-serverhältnisse im Hessischen Ried herzustellen.Parallel wurden die Wasserversorgung und dasNetz zum Beregnen der landwirtschaftlichen Flä-chen geplant.

Probleme werden gemeinsam gelöst„Im WHR saßen alle an einem Tisch. Da ging esnicht um das Zuweisen von Verantwortlichkeiten,sondern um die Problemlösung“, sagt Kramm.Land und Gemeinden hätten gut daran getan,nicht die Politik in den Vordergrund zu stellen,sondern auf eine praktikable Lösung zuzuarbei-ten. „So wurden die Interessen der Land- undForstwirte ebenso berücksichtigt wie die derWasserwirtschaft – eine Win-win-Situation füralle, von der wir heute profitieren.“ Höhepunkt der

Der WasserverbandHessisches Ried istdeutschlandweit einVorzeigeprojekt, dasder Umwelt und derGesellschaft nützt.Gunther Kramm «

Dank der professionellenBeregnungsanlagen

des Nibelungenhofs erhaltendie zarten Kräuterpflanzenauch in trockenen Wochen

ausreichend Wasser.

*) Der Bundesdurchschnitt liegt bei fast 800 mmNiederschlag pro Jahr.

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WASSER . MENSCHEN

5 Fragen an ...

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WASSER . WISSEN

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Franco Coppola wurde am 20. Mai 1970 ge-boren und wuchs in Groß-Gerau auf. Nach

seinem Studium der Chemischen Technologie an der Fach-hochschule Darmstadt war er als Betriebsingenieur beimWasserverband Hessisches Ried befristet beschäftigt. ImJahr 2001 begann er als Betriebsingenieur bei der PWTWasser- und Abwassertechnik GmbH mit der Prozessopti-mierung einer Wasseraufbereitungsanlage im Sanierungs-betrieb. 2002 übernahm er die Leitung des Sanierungsbe-triebs und verantwortete ab 2004 den Betrieb allerWasseraufbereitungsanlagen in Deutschland BereichWest/Süd. Bei Hessenwasser ist er seit Juni 2011 alsFachbereichsleiter Leitzentrale Hessenwasser tätig. In sei-ner Freizeit fährt er nicht nur auf alten Vespa-Rollern durchdie Gegend, er restauriert die historischen Flitzer auch.

I/O: Welche persönliche Beziehung haben Siezum Element Wasser?Coppola: Vom Wasser lasse ich mich gern ver-wöhnen – ich trinke und koste es oder schwimmedarin. Am liebsten würde ich es jedem Menschenauf der Welt zur Verfügung stellen. Bei der tägli-chen Aufbereitung des einfachen und gleichzeitigkomplexen Wassers fasziniert mich immer wiederdie Vielfältigkeit des Elements, sei es als Dampf,als Flüssigkeit oder als Eis. Am meisten bin ichaber davon beeindruckt, dass Wasser eigentlichdas härteste Element auf Erden ist, denn es lässtsich nicht komprimieren.

I/O: Was macht Ihre Arbeit spannend?Coppola: Mein Team und ich sind dafür zustän-dig, dass die Menschen in unserem Versor-gungsgebiet jeden Tag auf Trinkwasser in kon-stant hoher Qualität und ausreichender Mengezugreifen können. Spannend dabei ist, täglichauf den unterschiedlichen Bedarf und Ver-brauch zu reagieren. Mittels eines Leitsystemsbeurteilen und bewerten wir kontinuierlich dieVielfalt an Daten und Parametern. Dabei sindständig neue Optimierungs- und Automations-prozesse in enger Abstimmung mit den betrieb-lichen Vorgaben gefordert. Und das hält unsganz schön auf Trab.

I/O: Was war Ihre größte Herausforderung undwie haben Sie sie bewältigt?Coppola: Meine größte Herausforderung seheich in der Familie. Ich will meinen zwei Jungs im-mer ein gutes Vorbild sein, indem ich versuche,ihnen meine Grundeinstellung zu vermitteln, näm-lich jeden Menschen zu respektieren. Natürlichgelingt es mir auch nicht immer, ein gutes Vorbildzu sein. Auch ich bin nur ein Mensch.

I/O: Welche drei Gegenstände würden Sie aufeine einsame Insel mitnehmen und warum?Coppola: Ein Segelboot, eine Angelrute und einMesser. Damit käme ich wohl eine ganze Weileklar. Angeln ist ja mein Hobby, und so könnte ichdas Nützliche mit dem Angenehmen verbinden.Zusammen mit dem Baden an schönen Strändenwird mir da nie langweilig. Das wäre wie Urlaub.

I/O: Mit welcher Persönlichkeit würden Sie gerneeinen Abend verbringen und warum?Coppola: Da fallen mir einige Namen ein. Ange-fangen bei dem Sportreporter Fabio Caressa,dem Rocksänger Vasco Rossi, dem Rap-SängerJovanotti oder dem Regisseur Francis Ford Cop-pola. Müsste ich mich entscheiden würde ichmich für Jovanotti entscheiden. In seinen Liedernspricht er nur von Momenten, die er persönlicherlebt hat. Außerdem hat er mich seit meiner Ju-gend inspiriert. So einen positiv denkenden Men-schen muss man ein-fach mal persönlich er-lebt und kennengelernthaben. Früher oderspäter wird mir dasauch gelingen. !

Franco CoppolaFachbereichsleiterLeitzentrale Hessenwasser

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Seit 1. November 2011 gilt die neue Trinkwasser-verordnung (TrinkwV). Diese sieht nun auch einejährliche Kontrollpflicht für Gebäude wie Miet-wohnanlagen mit mehr als zwei Wohneinheitenvor – bisher beschränkte sich die Pflicht auf öf-fentliche Gebäude wie Krankenhäuser oderSchulen. Im Fokus stehen bei der UntersuchungLegionellen. In die Pflicht genommen werden Be-treiber von Trinkwasserinstallationen mit einemWarmwasserspeichervolumen ab 400 Liter und/oder mehr als drei Litern Warmwasser in den Lei-tungen zwischen Boiler und Wasserhahn. DieZahl der überwachungspflichtigen Objekte wirdalso deutlich ansteigen, allein in Frankfurt amMain auf geschätzte 30.000. Die Probenahmeund die zehn bis zwölf Tage dauernden Untersu-chungen dürfen nur von akkreditierten Untersu-chungsstellen durchgeführt werden, zum Beispielvom Zentrallabor der Hessenwasser. Dieses un-tersucht jährlich mehrere Tausend Wasserprobenauf Legionellen und kann auf über 15 Jahre Erfah-rung mit dieser speziellen Analytik zurückblicken.

Über 21.000 Erkrankungen pro JahrUnter den im warmen Wasser von 25 °C bis 55 °Cwachsenden Bakterien finden sich etliche Krank-heitserreger, allen voran Legionella pneumophila.Diese Legionellenart kann die Legionärskrankheitauslösen. Die auch als Legionellen-Pneumoniebezeichnete Lungenentzündung befällt in

Deutschland nachSchätzungen des Ro-bert-Koch-Institutesjährlich mindestens21.000 Personen.Selbst bei korrekterund sofortiger Be-handlung liegt dieSterblichkeitsrate bei

I N F O

Weitere Informationen zur neuen Trink-wasserverordnung und zu Legionellen fin-

den Sie auf den Webseiten www.umweltbundesamt.deund www.bmg.bund.de, wenn Sie das Suchwort „Le-gionellen“ eingeben.

Neue Trinkwasserverordnungsoll vor Legionellen schützenLaut Novelle der Trinkwasserverordnung müssen nun auch inMehrfamilienhäusern die Trinkwasserinstallationen auf Legionellenuntersucht werden. Das Zentrallabor der Hessenwasser steht alsqualifizierter Dienstleister bereit.

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fünf bis zehn Prozent. Bei falscher oder fehlenderTherapie steigt diese Quote leicht auf über 20Prozent. Die Infektion mit diesem Erreger erfolgtausschließlich durch Einatmen von Aerosolen,wie sie etwa von Duschen, aber auch von Klima-anlagen und Rückkühlwerken produziert werden.In der TrinkwV gilt der sogenannte technischeMaßnahmenwert von 100 KBE/100 ml (100 Kolo-nien bildende Einheiten je 100 ml). Ab diesemWert kann das Gesundheitsamt als überwachen-de Behörde zusätzliche Untersuchungen und Sa-nierung anordnen. Überschreitet der Wert 10.000KBE/100ml, wird in der Regel ein Duschverbotverhängt.

Legionellen: noch lange nicht ausgeforschtObwohl es immer wieder neue Erkenntnisse überdie stäbchenförmigen Bakterien gibt, liegt vielesnoch im Dunkeln. So ist es noch nicht geklärt, wieviele Bakterien die Krankheit auslösen. Schließ-lich spielen weitere Faktoren wie die Umgebungs-bedingungen und der Gesundheitszustand derBetroffenen eine Rolle. Ferner bedürfen die Nach-weisverfahren noch der Verbesserung, da bisherkeine Methode sämtliche lebensfähigen Vertreterdieser Bakteriengattung erfasst. !

Ausstrich einer Wasserprobeauf einem Nährmedium fürLegionellen.

Kolonienvon Legionellapneumophila aufeiner Membran nach Bebrütungauf einem Spezialnährmedium.

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Hessenwasser GmbH & Co. KG . Taunusstraße 100 . 64521 Groß-Gerau/Dornheim . Telefon: +49 69 25490-0 . www.hessenwasser.de

Wasser macht Spaß und hält fit!Auch im Winter...

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