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02|april 2013 DAS MAGAZIN DER ZIRP » IMPULS Nachhalge Unternehmens-DNa 8 Unternehmenswert durch Nachhalgkeit 20 Zwischen Markt und Moral 24 Standards für Nachhalgkeit 30 NACHHALTIGKEIT IN DER WERTSCHÖPFUNGSKETTE

02 | april 2013 IMPULSDER ZIRP · Die nachhaltige Beschaffung ist ein Thema, das auch die rheinland-pfälzische landesregierung beschäftigt. Mit dem landestariftreuegesetz vom März

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Page 1: 02 | april 2013 IMPULSDER ZIRP · Die nachhaltige Beschaffung ist ein Thema, das auch die rheinland-pfälzische landesregierung beschäftigt. Mit dem landestariftreuegesetz vom März

02 | april 2013

DAS MAGAZIN DER ZIRP»IMPULS

Nachhaltige Unternehmens-DNa 8

Unternehmenswert durch Nachhaltigkeit 20

Zwischen Markt und Moral 24

Standards für Nachhaltigkeit 30

NAchhAltIGkEIt IN DERWERtSchöPfuNGSkEttE

Page 2: 02 | april 2013 IMPULSDER ZIRP · Die nachhaltige Beschaffung ist ein Thema, das auch die rheinland-pfälzische landesregierung beschäftigt. Mit dem landestariftreuegesetz vom März

VoRWoRt

Margret Suckale Mitglied des Vorstands und arbeitsdirektorin der BaSF SE, Vorsitzende der Zirp

Nachhaltigkeit im Unternehmen wird zunehmend zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. Seit den 90er Jahren legen Unternehmen Umweltberichte vor und in vielen Unternehmen ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Bestandteil der Geschäftspolitik geworden. Nachhaltigkeit bezieht sich auf den gesamten prozess im Unternehmen: auf produktions-verfahren, produkte, Dienstleistungen, auf das immo-bilienmanagement und auf Führung und Zusammen-arbeit. Dabei geht es nicht nur um den Schutz der Umwelt, sondern auch um übergeordnete Werte und prinzipien wie die Gesunderhaltung der Mitarbeiter und der Verbraucher. Nachhaltigkeit ist nicht nur Öko-logie, sondern rechnet sich auch: ressourceneffizienz und investitionen in anlagen und Gebäude führen auf lange Sicht zu geringeren Kosten.

Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette ist damit für Unternehmen und für Verbraucher ein zentrales Thema: Umweltverschmutzung und ressourcen-knappheit sind auswirkungen, die der lebensstil in den westlichen ländern und in den aufholenden Entwicklungsländern mit sich gebracht hat. Um die Welt für nachkommende Generationen lebenswert zu erhalten, müssen wir uns diesen problemen aktiv stellen.

„Wir“ – das beginnt zunächst bei jedem einzelnen. Jeder ist aufgefordert, das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen und die eigenen lebensweisen in Einklang mit den zur Verfügung stehenden ressourcen zu bringen. „Wir“, das sind arbeitgeber und arbeit-nehmer, die sich im Unternehmen für ein nach-haltiges Management einsetzen, das hilft, bessere arbeitsbedingungen zu schaffen und die ressourcen sowie die Umwelt zu schonen. Dabei hört die unter-nehmerische Verantwortung nicht an den pforten des eigenen Unternehmens auf. indem an Geschäftspart-ner im in- und ausland die gleichen anforderungen gestellt werden, kann eine nachhaltige Unterneh-menskultur entlang der gesamten Wertschöpfungs-kette verwirklicht werden.

NAchhAltIGkEIt IN DERWERtSchöPfuNGSkEttEDer Brundtland-Bericht prägte 1987 das leitbild einer nachhaltigen Entwicklung, die „den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkei-ten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eige-nen Bedürfnisse zu befriedigen.“ auf dem Weg zu einer nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft bedeu-tet dies für Unternehmen heute zunehmend, soziale und ökologische aspekte entlang der gesamten Wert-schöpfungskette zu beachten, um den Forderungen von Verbrauchern und Marktpartnern gerecht zu werden und im Wettbewerb bestehen zu können.

Die Zukunftsinitiative rheinland-pfalz (Zirp) hat das Thema Nachhaltigkeit bei verschiedenen Veranstal-tungen in sehr konkreten Zusammenhängen aufge-griffen. Mit dieser publikation leistet die Zirp einen weiteren Beitrag im Diskurs darüber, wie wir in dieser Welt leben und in ihr wirtschaften. Nachhaltigkeit wird von allen Beteiligten als dreidimensionale auf-gabe verstanden, die ökonomische, ökologische und gesellschaftliche aspekte gleichermaßen einbezieht. Für deren ausgestaltung tragen politik, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger die Verantwortung. Die Beiträge zeigen, dass wir auf einem guten Weg sind.

ihre

2 3 VorWorT»iMpUlS 02 

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INhA

lt EDItoRIAlSehr geehrte Damen und Herren,liebe leserinnen und leser,

Nachhaltigkeit ist ein thematischer Schwerpunkt der Zukunftsinitiative rheinland-pfalz. Wir befassen uns mit den konkreten Zusammenhängen und prozessen, die durch das Ziel der Nachhaltigkeit in Unternehmen ausgelöst werden. Mit der Veranstaltung „Nachhaltig-keit in der Wertschöpfungskette: Herausforderungen und potenziale“, die im September 2012 im landes-museum in Mainz stattgefunden hat, haben wir eine anregung aus dem Kreis der Zirp-Mitglieder aufge-griffen. Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette wird schon in naher Zukunft zum Standard guten Unternehmertums. Das zeigen die Diskussionsbei-träge, die wir in diesem Magazin, angereichert durch weitere Beiträge, wiedergeben. Es reicht nicht, punk-tuelle aspekte der Nachhaltigkeit in das gewohnte Geschäftsmodell zu integrieren. Nachhaltigkeit muss vielmehr als durchgängiges und zentrales prinzip in der gesamten Unternehmensstrategie verankert sein. Nur so wird das leitbild der Nachhaltigkeit zur Basis des unternehmerischen Erfolges.

Diese ausgabe unseres Magazins versteht sich als impulsgeber für dieses wichtige Querschnittsthema, das heute alle wirtschaftlichen und politischen Bereiche gleichermaßen durchzieht. aus wissen-schaftlicher und aus unternehmerischer perspektive beleuchten die Beiträge aspekte des Nachhaltig-keitsmanagements, die praktische Umsetzung von Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette und die Unterstützung von Nachhaltigkeitsstrategien durch partnerschaften, Foren und Zertifikate. Die rolle des Konsumenten in der nachhaltig gestalteten Wert-schöpfungskette rundet unser zweites Themenheft ab.

allen, die zum Entstehen dieser neuen iMpUlS-aus-gabe beigetragen haben, danke ich herzlich. ihnen, liebe leserinnen und leser, wünsche ich eine erkennt-nisreiche lektüre.

ihre

2 Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette

3 VoRWoRt

5 EDItoRIAl

6 Öffentliche Hand kann Märkte bestimmen

8 Nachhaltige uNterNehmeNs-dNa:StRAtEGIEN uND AktIoNSfElDER

12 Nachhaltiges WertschöpfuNgsmaNagemeNt: VERANtWoRtuNG StARtEt bEIM kERNGESchäft

16NAchhAltIGkEIt ISt MESSbAR!

20 steht Nicht iN deN BücherN: uNtERNEhMENSWERt DuRch NAchhAltIGkEIt

24 ZWISchEN MARkt uND MoRAl

28 Die Zirp im Gespräch mit Dr. Michael Kassner

30Zarte VersuchuNg mit siegel – staNdards für NAchhAltIGkEIt IN GlobAlEN lIEfERkEttEN

34 econsense – ein Unternehmensnetzwerk stellt sich vor

35 Zitat der Zukunft

36 auf dem Weg Zum meta-laBel? BedeutuNg VoNZERtIfIkAtEN füR NAchhAltIGES uNtERNEhMERtuM

38 „Wir brauchen eine Schuldenbremse für die Nachhaltigkeit“

40 Netzwerk

42 20 Jahre Zirp – Die Jubiläumsfeier

43 ausblick | impressum

heike Arend Geschäftsführerin der Zirp

4 5 EDiTorial»iMpUlS 02  

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öffentliche hand kann märkte bestimmen

Die Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette ist ein Thema, das für politik und Wirtschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. angesichts der weltweiten Her-ausforderungen durch Globalisierung und globalen Wandel ist eine nachhaltige Entwicklung wichtiger denn je. Durch die Berücksichtigung nachhaltig pro-duzierter Waren kann wesentlich Einfluss auf diese Entwicklung genommen werden. Nachhaltig zu beschaffen, bedeutet, produkte und Dienstleistungen zu beziehen, die umweltschonend und unter fairen arbeitsbedingungen produziert werden.

Bund, länder und Kommunen erteilen jährliche aufträge in Höhe von 360 Milliarden Euro. Dieses auftragsvolumen birgt ein großes potenzial und bedeutet gleichzeitig eine große Verantwortung. Denn die öffentliche Hand kann über ihre Kaufkraft Märkte bestimmen, sie kann arbeits- und lebens-verhältnisse von Menschen in Entwicklungsländern beeinflussen, sie kann ressourcen schonen und die Umwelt schützen.

landestariftreuegesetzDie nachhaltige Beschaffung ist ein Thema, das auch die rheinland-pfälzische landesregierung beschäftigt. Mit dem landestariftreuegesetz vom März 2011 hat die landesregierung die gesetzlichen Voraussetzun-gen dafür geschaffen, zusätzliche anforderun gen an den auftragnehmer zu stellen, die soziale oder umweltbezogene aspekte betreffen. Durch diese Neuregelung erhielt die öffentliche Hand in rhein-land-pfalz ein instrument, um bei ihrem Einkauf sozi-ale und ökologische Mindeststandards zu beachten. Damit will die landesregierung auch ihrer Vorbild-funktion gerecht werden und mit gutem Beispiel für nachhaltige produktions- und Konsummuster vorangehen.

Nachhaltigkeitsstrategien von unternehmenauch Unternehmen verfügen über großen Einfluss auf die globale, soziale und ökologische Entwicklung.

Sie tragen dafür Verantwortung, ob Menschen an den Chancen der Globalisierung teilhaben können. Medien berichte über skandalöse arbeitsbedingungen in ländern des Südens haben zu einer zunehmen-den Sensibilisierung der Öffentlichkeit geführt und lassen Konsumenten die produktionsbedingungen ihrer Konsumgüter hinterfragen. Sie möchten wissen, inwieweit die Sozial- und Umweltstandards ent-lang der Wertschöpfungskette eingehalten werden. Unhaltbare arbeitsbedingungen bei den lieferanten – wie Kinderarbeit, unzureichender Gesundheitsschutz und extrem lange arbeitszeiten – führen nicht nur zu imageschäden, sondern auch zu Umsatzeinbußen. Viele Unternehmen erkennen zunehmend, dass diese Themen Beachtung finden müssen, wollen sie nicht ansehensverluste und daraus resultierende Umsatz-einbußen in Kauf nehmen.

chancen der entwicklungspolitikDie meisten Menschen haben ein ganz ureigenes inte-resse an der Verbesserung der lebensbedingungen in den ländern des Südens mitzuwirken, das heißt die armen und Schwachen zu unterstützen, unabhängig von dem karitativen aspekt der Eine-Welt-arbeit. Denn ungelöste probleme dort führen unweigerlich zu problemen in den ländern des Nordens, sei es im Zusammenhang mit dem Klimawandel, sei es das pro-blem der weiter wachsenden Flüchtlingsströme. in diesem Sinne kann Entwicklungspolitik helfen, Krisen zu verhindern, Konflikte zu bewältigen und zum globalen Umweltschutz beizutragen. Entwicklungs-politik stabilisiert die Volkswirtschaften in den part-nerländern und trägt damit indirekt zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei. Entwicklungspolitik leistet folglich einen Beitrag zur Sicherung der Zukunft aller länder und ist damit kein almosen, sondern eine Überlebensnotwendigkeit für alle.

Vernetzung nachhaltiger unternehmenFür eine gerechtere Gestaltung der Globalisierung reicht es nicht, wenn nur die regierungen kooperieren. auch und insbesondere regionen, Kommunen und

roger lewentzStaatsminister im Ministerium des innern, für Sport und infrastruktur des landes rheinland-pfalz

Zivilgesellschaften müssen ihre Handlungsmöglich-keiten und die damit verbundene Verantwortung erkennen. Das Engagement aus der Bürgergesell-schaft heraus zeigt deutlich auf, dass jeder Einzelne etwas verändern kann. angesichts der bedrückenden Bilanz, die bereits im Jahr 2000 bei der UN-General-versammlung, dem sogenannten Millennium-Gipfel, gezogen wurde, sind Veränderungen dringend not-wendig: Weit über eine Milliarde Menschen leben in extremer armut, mehr als 700 Millionen Menschen hungern oder sind unterernährt. Mehr als 115 Milli-onen Kinder müssen Tag für Tag unter gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen schuften, sie kön-nen weder schreiben noch lesen. Über einer Million Menschen ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser verwehrt und mehr als zwei Milliarden Menschen haben keinerlei Möglichkeit, sanitäre anlagen zu nutzen. Diese erschreckenden Zahlen zeigen deutlich auf, dass Handlungsbedarf besteht. landesregierung, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger in rheinland-pfalz müssen zusammenarbeiten, um zu helfen, die lebensbedingungen dieser Menschen zu verbessern. Ein wichtiger Schritt könnte dabei die Gründung eines Netzwerks von rheinland- pfälzischen Unternehmen sein, das einen regelmäßigen Erfah-rungs- und Gedankenaustausch zu Grundsatz-fragen der Entwicklungspolitik betreibt – ähnlich dem Vorbild der initiative CSr (Corporate Social responsibility) Germany. Dieser liegt ein Konzept gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen zugrunde, das sich am prinzip der Nachhaltigkeit orientiert und sich auf die Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales erstreckt. Ein solches Netz-werk könnte auch in rheinland-pfalz einen entschei-denden Beitrag für eine zukunftsfähige Gesellschaft leisten und zu einem wertvollen ansprechpartner der politik werden. Daher begrüße ich sehr, dass die Ministerpräsidentin eine idee unseres Hauses auf-greift und ein Netzwerk Nachhaltige Unternehmen in Kooperation mit der Zukunftsinitiative rheinland-pfalz initiieren will. Das innenministerium bringt sich in dieses Netzwerk gerne ein. //

6 7»iMpUlS 02    NaCHHalTiGKEiT & poliTiK

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Der Grundgedanke einer nachhaltigen Entwicklung erstreckt sich auf sämtliche gesellschaftliche Teilbe-reiche und beinhaltet als Ziel eine gesellschaftliche Fortentwicklung zu mehr Wohlstand unter Wahrung natürlicher und kultureller ressourcen für zukünf-tige Generationen. Nicht zuletzt aufgrund eines ver - änderten Konsumentenbewusstseins und der res-sourcenknappheit sehen sich auch Unternehmen heute der Notwendigkeit ausgesetzt, neben ökonomi-schen auch ökologische und soziale Ziele zu verfolgen. Ökologie, Soziales und Ökonomie bilden die drei Säulen („triple-bottom-line“) des nachhaltigen Wirt-schaftens (siehe abbildung unten).

Neue geschäftsfelder durch NachhaltigkeitDer gesellschaftliche Trend zum nachhaltigen Wirt-schaften stellt Unternehmen vor Herausforderungen (siehe abbildung rechts), bietet ihnen jedoch zugleich auch große Chancen. Sich ändernde

rahmenbedingungen, etwa durch neue ökologi-sche und soziale Gesetzgebungen und Normen, üben anpassungsdruck auf die Unternehmen aus („regulatory push“). Markteinflüsse wie verändertes Konsumentenbewusstsein und ressourcenknappheit setzen den Unternehmen anreize zu nachhaltiger Ent-wicklung („market pull“). Verbesserte Technologien ermöglichen schließlich eine Steigerung der Mate-rial- und Energieeffizienz („technology push“). aus diesen veränderten ausgangsbedingungen ergeben sich für Unternehmen jedoch auch Chancen. So führt eine effizientere produktion zu Kostensenkungen, die Einhaltung von Nachhaltigkeitsnormen und -geset-zen führt zur Verringerung von risiken (zum Beispielsystematische risiken wie Energiepreissteigerungen und unsystematische risiken wie Boykottaufrufe) und damit zu mehr planungssicherheit. Nachhaltige pro-dukte und Dienstleistungen ziehen neue Kunden-segmente an, stärken die Marke und ermöglichen höhere Gewinnmargen durch preispremium sowie

reputationsgewinne; die Errichtung neuer nachhal-tiger Wertschöpfungsketten ermöglicht den aufbau gänzlich neuer Geschäftsfelder.

Die sich bietenden Chancen werden noch nicht gleichermaßen von allen Unternehmen ergriffen. insbesondere zwischen den Wirtschaftssektoren bestehen Unterschiede hinsichtlich des empfundenen Nutzens einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise. auf-fällig ist auch, dass sich der Nachhaltigkeitsbegriff in Unternehmen noch immer stark auf die öko-nomische Sicht konzentriert. Soziale und ökologi-sche aspekte werden zum Teil noch vernachlässigt (Völker, Tachkov 2011).

Eine nachhaltige ausrichtung der Unternehmung erfordert vielfältige anpassungen und Veränderungen in organisationsabläufen und produktionsprozessen. Die Transformation erfolgt in der regel schrittweise, von der reinen Erfüllung gesetzlicher Vorschriften hin zu einer nachhaltigen Wirtschaftsform. auf einer fortgeschrittenen Stufe können Unternehmen neue lösungen entwickeln, die althergebrachte Geschäfts-praktiken radikal ändern. als Beispiel hierfür sei die idee des „smart grid“ genannt. im Überschneidungs-bereich von Energieproduktion und -management sowie informationstechnologie wird hier eine lösung erarbeitet, die es erlaubt, Energie deutlich effizienter

zu nutzen, als es im bisherigen rahmen möglich war. Unternehmen, die in diesem Bereich involviert sind, können an einem großen Zukunftsmarkt partizipieren.

Die integration von Nachhaltigkeitsprinzipien in die „Unternehmens-DNa“ stellt für Unternehmen eine strategische Herausforderung dar, die alle Teilbereiche umfasst. anhand der aktionsfelder Umweltstrategie, Nachhaltigkeitsmarketing, Messung der Nachhaltig-keit und Verzahnung mit Wertschöpfungspartnern lassen sich verschiedene Handlungswege aufzeigen.

aktionsfeld umweltstrategieUmweltstrategien lassen sich anhand der art und des Umfangs von Umweltschutzmaßnahmen beschreiben. Die art von ergriffenen Umweltschutzmaßnahmen unterscheidet sich danach, ob nur nachgeschalteter oder aber präventiver Umweltschutz geleistet wird (siehe abbildung auf Seite 10). Bei nachgeschalteten Umweltschutzmaßnahmen werden bereits entstan-dene Umweltbelastungen aufgefangen, beseitigt und wenn möglich verwertet (zum Beispiel Filteranlagen). präventive Maßnahmen versuchen dagegen, Belas-tungen schon vor ihrem Entstehen zu vermeiden – beispielsweise durch ein alternatives produktdesign mit weniger produktionsemissionen. Beim Umfang der Maßnahmen ist danach zu unterscheiden, ob die Umweltschutzmaßnahmen sich nur auf das eigene

Nachhaltige unternehmens-dNastrategien und aktionsfelder

prof. dr. rainer Völker, dipl.-Kfm. philipp tachkov Kompetenzzentrum innovation und marktorientierte Unternehmensführung,Hochschule ludwigshafen am rhein

Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Nidumolu et al. 2009

HEraUSForDErUNGEN DEr NaCHHalTiGKEiT

StufE 1 StufE 2 StufE 3 StufE 4 StufE 5

erfüllung gesetzlicher Vorschriften

Nachhaltigkeit von Wertschöpfungs-

ketten sicherstellen

Nachhaltige produkte und

Dienstleistungen entwickeln

Neue geschäfts-modelle

entwickeln

„Next-practice platforms“

NAchhAltIGE uNtERNEhMEN

ökologische Ziele ökonomische Ziele soziale ZieleKein Verbrauch natürlicher

rohstoffe, der über das natürliche Wachstum bzw. über die produktion

von ersatzstoffen hinausgeht

abgabe von emissionen in die umwelt nur in mengen, die vom

ökosystem absorbiert und verarbeitet werden können

Keine aktivitäten, die prozesse

des ökosystems beeinträchtigen können

gewährleistung von stets ausreichen-

der liquidität des unternehmens und

dauerhafter überdurch-schnittlicher rendite für

die eigentümer

Nutzen für die gesellschaft erbringen,

indem durch soziale aktivitäten zur

Verbesserung der lebensumstände in dieser gesellschaft beigetragen wird

DiE „TriplE-BoTToM-liNE“ DEr NaCHHalTiGEN UNTErNEHMUNGEN

Quelle: eigene Darstellung

8 9 NaCHHalTiGKEiTSMaNaGEMENT»iMpUlS 02 

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prozessorientiert

zyklusorientiert

outputorientiert verwertungsorientiert

kEINE DIREktE Auch INDIREktE

kEIN

EN

Ach

GES

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ltEt

E defensiv offensiv

PRäV

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illegal

prof. dr. habil. rainer Völker ist professor für Management und leitet das Kompetenzzentrum innovation und marktorien-tierte Unternehmensführung der Hochschule ludwigshafen am rhein. in Forschung und Beratung fokussiert er die Themenbereiche Strategie-entwicklung, innovationsma-nagement und nachhaltiges Management.

aktionsfeld NachhaltigkeitsmarketingZiel des Nachhaltigkeitsmarketings ist es, indivi-duelle Kundenbedürfnisse so zu befriedigen, dass ökologische Belastungen vermieden und soziale anliegen berücksichtigt werden. Gegenstand des Nachhaltig keitsmarketings ist somit die Vermarktung von ökologisch und sozial nachhaltigen lösungen. Dazu gehört auch die Vermeidung und Verringerung ökologisch und sozial abträglicher Wirkungen wäh-rend der gesamten produktlebensdauer und damit die Berücksichtigung des Konsum- und Entsorgungs-verhaltens der abnehmer. in abgrenzung zum tradi-tionellen Marketing stellt sich das Nachhaltigkeits-marketing die aufgabe, auf die Verankerung von Nachhaltigkeitswerten bei Konsumenten hinzuwirken (Transformationsaufgabe beziehungsweise Verände-rungsanspruch des Nachhaltigkeitsmarketings). in diesem Kontext spielt auch das Konzept des Social Marketing eine rolle, das einen ansatz zur Stimulie-rung nachhaltigeren Konsumverhaltens darstellt. Zu den weiteren Zielen des Nachhaltigkeitsmarketings zählen die Steigerung der Unternehmensreputation und damit des Markenwerts sowie die profilierung als zukunftsorientierter arbeitgeber.

aufgrund seines im Vergleich zum herkömmlichen Marketing erweiterten aufgabenspektrums muss das Nachhaltigkeitsmarketing eine reihe spezifischer Her-ausforderungen meistern. Hierzu gehört insbeson-dere die Überwindung des informations- und Glaub-würdigkeitsproblems gegenüber den Verbrauchern. Ökologische und soziale attribute von Gütern und Dienstleistungen sind den produkten in der regel nicht unmittelbar anzusehen oder anzumerken (Vertrauensguteigenschaften). Für anbieter erwächst daraus die aufgabe, glaubwürdige informationsme-chanismen zum abbau dieser „informationsasymme-trie“ einzusetzen. Hier spielen „Signalinstrumente“ wie zum Beispiel Zertifizierungen durch glaubwür-dige institutionen eine wichtige rolle.

Vorteile, die sich durch eine glaubwürdige Vermittlung nachhaltiger produkteigenschaften für Unternehmen ergeben, liegen in gesteigerter Zahlungsbereitschaft und präferenzen bestimmter Kundensegmente. Zur abschätzung solcher Vorteile stehen verschiedene statistische Methoden wie zum Beispiel Discrete-Choice-Experimente zur Verfügung. So konnte mit Hilfe dieses Tools gezeigt werden, dass bestimmte Konsumentengruppen bereit sind, verbesserte Nach-haltigkeitseigenschaften (zum Beispiel Klimabilanz

und recyclingfähigkeit) über die realen Kostenstei-gerungen hinaus zu bezahlen (Völker, Tachkov 2013).

aktionsfeld messung der NachhaltigkeitUm das Thema Nachhaltigkeit managementfä-hig zu machen, setzen Unternehmen eine reihe praxiserprobter Methoden der Nachhaltigkeits- performance-Messung ein. auf diese Weise wer-den informations bedürfnisse verschiedener Stake-holdergruppen befriedigt (beispielsweise Kunden, Medien, investoren und ratingagenturen). Darüber hinaus kann eine systematische Nachhaltigkeits-performance- Messung potenziale für eine höhere (Kosten-)Effizienz und damit Wege zu einer höheren Wettbewerbs fähigkeit aufzeigen. Weiterhin spielen auch unternehmensethische Grundsätze eine rolle.

Eine wesentliche Methode zur Messung der Nach-haltigkeit von Unternehmen ist die Verwendung von standardisierten Key performance indikatoren (Kpi). Für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wurden sie in Form von indikatorsets von einer reihe von initia-tiven erarbeitet, zu denen etwa das World Business Council for Sustainable Development (WBCSD), die international Standard organization (iSo), die inter-national Federation of accountants (iFaC) sowie die Global reporting initiative (Gri) (siehe auch infokas-ten auf S. 14) zählen.

Während ökologischen Wirkungen häufig noch gut messbare chemisch-physikalische prozesse zugrunde liegen, wird häufig kritisiert, dass sich die Messung im Bereich der sozialen Wirkungen von Unternehmens-aktivitäten als deutlich schwieriger erweist.

aktionsfeld Verzahnung mit WertschöpfungspartnernEine umfassende nachhaltige ausgestaltung von produkten und Dienstleistungen muss die pro- duktions- und lieferketten sowie den Umgang der

Kunden mit dem produkt in die Überlegungen ein-beziehen. angesichts des damit einhergehenden großen informations- und Koordinationsbedarfs bei der Herstellung und dem Vertrieb von nachhaltigen pro dukten gewinnen stabile Kooperationen mit aus-gewählten lieferanten stark an Bedeutung. Bestehen Zweifel an der langfristigen Verfügbarkeit verlässli-cher und qualitativ hochwertiger partner, können Unternehmen auch durch verstärkte Eigenfertigung die notwendige planungssicherheit erreichen.

fazitDie Etablierung des Nachhaltigkeitsgedankens in ein Unternehmen beinhaltet aufgrund der Vielfalt an zu verändernden Zielvorgaben, aufgaben und Hand-lungsabläufen eine fundamentale Transformation, die in der betriebswirtschaftlichen literatur gerne als Ver-änderung der „Unternehmens-DNa“ bezeichnet wird. Dies erfordert langfristiges Denken und die Bewerk-stelligung zum Teil erheblicher anstrengungen. Wie bei jeder strategischen Veränderung birgt auch der Weg zum nachhaltigen Unternehmen risiken, zum Beispiel durch die Bindung von Unternehmensres-sourcen und die erforderlichen Umstellungen im leistungserstellungsprozess und in der Marktbear-beitung. Die Motivation, eine solche Veränderung dennoch anzustreben, liegt in der Kombination von wahrgenommener gesellschaftlicher Verantwortung und einer verbesserten Zukunftsfähigkeit durch die Sicherung strategischer Wettbewerbsvorteile. //

Unternehmen (direkter Umweltschutz) beziehen oder ob versucht wird, über die eigene Unternehmung hin-ausgehende Umwelteffekte zu berücksichtigen, bei-spielsweise durch die Zusammenarbeit mit partnern in der Wertschöpfungskette. aus der Kombination dieser unterschiedlichen ansätze ergeben sich ver-schiedene Strategien, die Unternehmen verfolgen können. Die im Sinne der ökologischen Nachhaltigkeit

„hochwertigste“, offensivste und für das Unternehmen mit dem größten Zukunftsnutzen behaftete Strategie wird mit dem Begriff „zyklusorientierte Umweltstra-tegie“ bezeichnet. Sie zeichnet sich durch intelligente Stoffkreisläufe und vermeidungsorientierte produkt- und Servicekonzepte aus und erfordert ein hohes Maß an organisatorischer planung sowie enge Koope-rationen mit partnern in der Wertschöpfungskette. Diese Form der umweltstrategischen ausrichtung lohnt sich für Unternehmen jedoch nur, wenn die vergleichsweise hohe Komplexität und die dadurch entstehenden Kosten langfristig durch entspre-chende Wettbewerbsvorteile kompensiert werden. Die Verbreitung offensiver betrieblicher Umweltstra-tegien hängt auch davon ab, welche rahmenbe-dingungen künftig von Bundes- und EU-Behörden gesetzt werden.

philipp tachkov studierte Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marktforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg und arbeitet seit 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenz-zentrum innovation und markt-orientierte Unternehmens-führung an der Hochschule ludwigshafen am rhein. die hochschule ludwigshafen am rhein mit rund 4 300 studierenden bietet derzeit 38 studiengänge

aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften, sozial- und gesundheitswesen an. das Kompetenzzen-trum innovation und marktorientierte unternehmensführung ist ein institut der hochschule und befasst sich mit der durchführung praxisorientierter öffentlicher forschung und dem transfer wissenschaftlicher erkenntnisse in die praxis. inhaltliche schwerpunkte bilden dabei das innovations- und f&e-manage-ment sowie das Nachhaltigkeitsmanagement. Weitere informationen unter: www.fh-ludwigshafen.de

Quellen: Dyckhoff, H., Souren, R. (2008): Nachhaltige Unternehmensführung – Grundzüge des industriellen Umweltmanagements. Berlin: Springer. Nidumolu, R., Prahalad, C.K., Rangaswami, M.R. (2009): Why Sustainability Is Now the Key Driver of Innovation. In: Harvard Busi-ness Review September 2009. Völker, R., Tachkov, P.: (2011): Nachhaltigkeitsmanagement bei deutschen Unternehmen – Empirische Ergeb-nisse zu Nutzung von Key Performance Indikatoren und Durchführung von Nachhaltigkeitsaktivitäten, Arbeitspapier der Fachhochschule Ludwigshafen 4/2011. Völker, R., Tachkov, P. (2013): Wert nachhaltiger Produkteigenschaften – Bestimmung der Zahlungsbereitschaft für umweltfreundliche Güter, Ökologisches Wirtschaften (01/2013).

Quelle: Dyckhoff, Souren, 2008

art und Umfang der

Umwelt-schutzmaß-

nahmen

BETriEBliCHE UMWElTSTraTEGiEN

>

>

abwehr- orientiert

11 NaCHHalTiGKEiTSMaNaGEMENT10 »iMpUlS 02  

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Nachhaltiges Wertschöpfungsmanagement: Verantwortung startet beim Kerngeschäft

Das Thema Nachhaltigkeit hat eine ökonomische, eine ökologische und eine soziale Dimension (triple-bottom-line). Diese Dimensionen sind zudem global und langfristig ausgerichtet; dies spiegelt sich in der Forderung aus dem Brundtland-Bericht von 1987 wider, wonach die Befriedigung der Bedürfnisse künftiger Generationen nicht zu gefährden sei. Das ist eine Herausforderung, weil wir gar nicht wissen können, was die zukünftigen Generationen möchten. Es handelt sich beim Thema Nachhaltigkeit folglich um ein zukunftsoffenes Konzept. Gleichzeitig haben wir ganz konkrete aufgaben zu bewältigen. So ist beispielsweise der Klimawandel mit seinen Mensch und Natur gefährdenden auswirkungen eine akute Bedrohung, der gegenzusteuern ist. Während die industrieländer ihren eigenen Co2-ausstoß ungefähr konstant halten, erhöhen sich die Emissionen in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Teilweise ist dies aber auch darauf zurückzuführen, dass die pro-duktion aus den industrieländern in andere länder verlagert wird.

die stoffliche Wertschöpfungskette schließenNachhaltigkeit bezieht Stoffströme entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein: Das beginnt beim landwirtschaftlichen anbau und abbau von

rohstoffen, geht über produktionsschritte, über den Handel, über den Konsum bis hin zum Thema end of life. Dabei geht es nicht nur um die Entsorgung oder das recycling von produkten und Stoffen, sondern insbesondere auch darum, die Wertstoffkreisläufe zu schließen und schon bei der produktion zu überlegen, was am Ende eigentlich mit den produkten passiert. So liegt etwa die Hauptverantwortung eines produ-zierenden Unternehmens in der produktion, in dem, was das Unternehmen tagtäglich tut. Sein Ziel ist es, wirtschaftlich tragfähig zu sein, sowie Qualität zu schaffen und sichere produkte herzustellen. auf die produktion bezogen bedeutet ökologische Nachhal-tigkeit vor allem Energie- und ressourceneffizienz sowie umweltfreundliche produkte und abfallvermei-dung. in der sozialen Nachhaltigkeit geht es einerseits darum, arbeitsbedingungen zu verbessern sowie ein gutes arbeitsklima zu schaffen. andererseits zielt soziale Nachhaltigkeit unter anderem auf die einfache Handhabung und die transparente Kennzeichnung der produkte.

Die Hauptverantwortung des Unternehmens bezüg-lich der Nachhaltigkeit liegt dort, wo es direkte Kont-rolle auf produktions- und Wirtschaftsprozesse aus-üben und diese in richtung Nachhaltigkeit gestalten kann. Direkten Einfluss hat das Unternehmen aber

auf einige der produktion vorgelagerte Bereiche, zum Beispiel auf den anbau von agrarprodukten und die rohstoffgewinnung. Gestaltungsmöglichkeiten beste-hen zudem bezüglich der produktnutzung und des Konsums, bezüglich der end of life-prozesse und des Handels.

die akteure der Wertschöpfungskette involvierenEs gibt deutliche Hinweise darauf, dass Unternehmen, die eine nachhaltige Wertschöpfungskette angelegt haben, im Wettbewerb erfolgreicher sind als andere. So weist eine aktuelle Studie nach, dass Banken, die ihr Geschäft an Nachhaltigkeit ausrichten, in den letz-ten zehn Jahren mehr Gewinn erwirtschaftet haben und wesentlich stabilere Finanzdaten ausweisen; dies liegt an ihrer höheren Gesamtkapitalrendite, die auch geborgtes Geld und damit einen wichtigen Teil der Wertschöpfungskette berücksichtigt (Global alliance for Banking und Values, GaBV, 2013, zitiert

nach www.nachhaltigkeitsrat.de). Das Nachhaltig-keitsmanagement erweitert den klassischen, über-wiegend finanziell geprägten Unternehmenswert um den Einbezug der Zulieferkette oder auch bestehen-der sowie potenzieller neuer Kunden.

Die Motivation und das potenzial, die Wertschöp-fungskette nachhaltiger zu gestalten, liegt dabei auch darin, neue Kunden zu gewinnen und solche Kunden zu halten, die sich zum Beispiel von produkten abwenden würden, die nicht fair produziert sind oder die bestimmte Umweltstandards nicht erfüllen. Zudem sind arbeitskräfte nicht nur an sicheren und gut bezahlten arbeitsplätzen interessiert, sondern auch an sinnerfüllter arbeit. Nachhaltigkeits-leis-tungen können gute Mitarbeitende halten und neue anziehen. So werden etwa Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen sehr häufig von arbeitssuchenden gelesen. Die Verantwortungsübernahme von Unter-nehmen wirkt sich auf die Mitarbeitenden aus; sie

dr. phil. Brigitte Biermanntriple innova GmbH

Die folgende Tabelle listet relevante Stellschrauben entlang einer produkt-Wertschöpfungskette auf. als Beispiel wurde der Nachhaltigkeitsaspekt ressourceneffizienz gewählt. Die rechte Spalte bewertet das optimierungspotenzial der technologischen ansatzpunkte.

rohstoffauswahl

Werkstoffauswahl, neue Werkstoffe und werkstoffgerechte Konstruktion

recycling und langlebige produkte

Kaskadennutzung

produktion und Fertigung

produktgestaltung: produktdesign und produkt-Dienstleistungs-Systeme

Querschnittstechnologien (für neue High-tech-Querschnittstechnologien, da Folgewirkungen derzeit nur unzureichend abschätzbar)

Forschung und Entwicklung/Forschungstransfer

Errichtung und Erneuerung von infrastrukturen und Export von infrastrukturlösungen

0 bis +++

+ bis ++

0 bis +

0 bis +

++

+++

+ bis +++(– – bis ++)

+++

++ bis +++

+++ stark positiver effekt

++ positiver effekt

+ leicht positiver effekt

0 kein effekt

– leicht negativer effekt

– – negativer effekt

– – – stark negativer effekt

Quelle: Wuppertal Institut (2008): Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Ressourcenpolitik: Kostensenkung, Rohstoffsicherheit, Arbeitsplätze und Umweltschutz. MaRess-PolicyPaper 8.1, www.netzwerk-ressourceneffizienz.de.

12 13»iMpUlS 02    NaCHHalTiGKEiTSMaNaGEMENT

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dr. phil. Brigitte Biermann hat politik- und Sozialwissenschaf-ten, philosophie und recht an den Universitäten Bonn, padua (italien), Groningen (Nieder-lande) und Duisburg studiert. Seit 2008 ist sie Geschäftsführe-rin der Forschungs-, Qualifizie-rungs- und Beratungs- agentur triple innova. arbeits- und Forschungsschwerpunkte von Frau Dr. Biermann sind Governance für Nachhaltig-keit, Klima wandel, Technik-folgen abschätzung, Ernährung, Gender, CSr/Unternehmens-nachhaltigkeit sowie reporting gemäß der Global reporting initiative (Gri).

wird gleichzeitig von ihnen mit gesteuert und invol-viert im idealfall Beschäftigte aller Hierarchiestufen.

standards und instrumente nachhaltigen WertschöpfungskettenmanagementsNachhaltiges Wertschöpfungskettenmanagement lässt sich auf verschiedenen Ebenen unterstützen. Ein wichtiger Treiber von Nachhaltigkeit sind regu-lierungen und die Verbesserung von bestehenden Gesetzen. außerdem sind Selbstverpflichtungen von Unternehmen von Bedeutung, die sich mit weniger reibungsverlusten in die Unternehmenspraxis inte-grieren lassen als gesetzliche Vorgaben. Zu diesen Selbstregulierungen zählt etwa die freiwillige Einhal-tung von Sozialstandards, die sich an den Normen der internationalen arbeitsorganisation (ilo) aus-richten. Hierzu gehören auch Zertifizierungen der eigenen Zulieferer, die sich verpflichten, bestimmte menschenrechtsunwürdige praktiken auszuschließen. aber auch ein Code of Conduct gehört zu den Selbst-regulierungen, mit denen sich Unternehmen und ihre Zulieferer verpflichten, bestimmte Standards einzu-halten und auch die eigenen Mitarbeitenden darin zu schulen. immer muss es bei einer Selbstverpflichtung darum gehen, sie nicht nur formal aufzustellen, son-dern ihr tatsächlich auch nachzukommen. im Bereich der Selbstregulierungen gibt es eine reihe von initia-tiven (siehe abbildung unten). Die wohl bekannteste, die auch die Wertschöpfungskette bei den Zulieferern angeht, ist der UN Global Compact. Er legt bestimmte prinzipien insbesondere gegen Korruption und Men-schenrechtsverletzungen fest. Unternehmen, die

dieses abkommen unterschreiben, verpflichten sich öffentlich dazu, die prinzipien zu beachten. auch die Global reporting initiative (Gri) (siehe Kasten links), die eine leitlinie für Nachhaltigkeitsberichte ist, sollte an dieser Stelle genannt werden. Fast alle großen Unternehmen berichten gemäß den Gri-Vorgaben, wodurch eine gewisse Transparenz bezogen auf wich-tige prozesse im Unternehmen gesichert wird.

Einige Selbstverpflichtungen sind verbindlich und erfordern regelmäßige Kontrollen, bei anderen erwachsen nur aus bekannt gewordenen Verstößen Konsequenzen. Ein nach innen, auf die produktions- und Steuerungsprozesse gerichtetes instrument ist beispielsweise ein systematisches Umweltmanage-ment. Ein instrument zur umfassenden Nachhaltig-keitsbewertung der Wertschöpfungskette von pro-dukten ist die Hot Spot-analyse (siehe abbildung rechts), die triple innova in Zusammenarbeit mit dem Collaborating Centre on Sustainable Consump-tion and production und dem Wuppertal institut für Klima, Umwelt, Energie entwickelt hat. Mit die-ser analyse arbeitet unter anderem rEWE für das pro plaNET-label. Sie ermöglicht es, die wichtigs-ten negativen aspekte des produktlebenszyklus her-vorzuheben, probleme zu benennen und lösungen zu fokussieren. Der Dow Jones Sustainability index (DJSi) ist ein instrument der Unternehmensbewer-tung, das neben ökonomischen auch ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt. Es geht über das reporting, also die Selbstdarstellung einzelner Unter-nehmen, weit hinaus und gewinnt zunehmend an

Quelle: triple innova

die triple innova gmbh wurde 2002 aus der überzeugung heraus gegründet, dass Nachhaltigkeit in Wirtschaft und gesellschaft die gleichzeitige Berücksich-tigung ökologischer, sozialer und ökonomischer aspekte bedeutet. als innovati-onsagentur und internationale forschungs- und Beratungsorganisation hat sich triple innova auf den themenbereich der corporate (social) responsibility spezi-alisiert. Kooperationspartner sind zum Beispiel das Wuppertal institut für Klima, umwelt, energie, das collaborating centre on sustainable consumption and pro-duction, B.a.u.m. e.V. sowie universitäten und forschungsinstitute in europa.

Quelle: triple innova

Bedeutung. Der durch dieses öffentlichkeitswirksame instrument erzeugte Druck kann das eigene Engage-ment der Unternehmen vielfach unterstützen.

das management auf weitere Wertschöpfungsphasen ausdehnenansatzpunkte eines Nachhaltigkeitsmanagements lie-gen vor allem im Kerngeschäft, also bei dem, was ein Unternehmen tagtäglich tut. So lassen sich etwa pro-dukte, die ein Unternehmen herstellt, mittels Öko-bilanzen vergleichen, um dann das ökologisch bes-sere produkt zu fokussieren. Ein Unternehmen kann zudem zusätzliche Dienstleistungen anbieten, um die nachhaltigere Verwendung der eigenen produkte zu unterstützen und stoffliche Kreisläufe zu schlie-ßen. Dies bedeutet, das eigene Wirtschaftsmodell zu erweitern, indem die Konsum- und Gebrauchs-phase eine wichtigere rolle einnimmt. Die idee ist es, nicht nur produkte zu verkaufen, sondern die Wert-schöpfungskette nachhaltig zu verlängern, also zum Beispiel Dienstleistungen an den Verkauf anzuhän-gen. Die idee von product-Service-Systems ist zwar nicht neu, sie birgt jedoch immer noch große poten-ziale. im nachhaltigen Wertschöpfungsmanagement geht es darum, entlang der Wertschöpfungsphasen zu denken und jeweils zu bewerten, welchen Beitrag ein Unternehmen durch die eigenen prozesse zur lösung der großen Nachhaltigkeitsprobleme leisten kann. Es geht also darum, die eigenen Möglichkeiten

zu nutzen, also beim Kerngeschäft anzusetzen. Es ist dabei effektiv für Unternehmen, nicht nur mit den eigenen Fachkräften zu arbeiten, sondern auch Zulie-ferer und Kunden beziehungsweise Konsumenten einzubeziehen. Unter der Zielsetzung eines nachhal-tigen Wertschöpfungsmanagements sind die eige-nen leistungen zu messen. Die Erwartungen, die von innen und außen an ein Unternehmen gestellt wer-den, sind zu erfassen. Und schließlich ist es wichtig, leistungen zu kommunizieren, wenn diese nachweis-bar erbracht werden und auch zu benennen, in wel-chen Bereichen ein Unternehmen sich gerade erst auf den Weg macht, um die eigene Wertschöpfungskette nachhaltiger zu gestalten. //

global reporting initiative (gri) Die gemeinnützige Stif-tung Global reporting ini-tiative (Gri) wurde 1997 von der Coalition of Envi-ronmentally responsible Economies (CErES) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEp) in den USa gegründet. Ziel der initiative ist es, einen weltweit anwendbaren leitfaden für die Nachhal-tig keitsberichterstattung zu entwickeln und zu verbrei ten und transpa-rente Kommunikation zu fördern. Weltweit nutzen rund 1 800 Unternehmen, Verbände und organisati-onen aus mehr als 60 län-dern die Vorgaben der Gri. triple innova ist zertifizier-ter Trainingspartner der Global reporting initiative für Deutschland und führt seit 2010 zertifizierte zwei-tägige Trainings durch, in denen vermittelt wird, wie ein Nachhaltigkeitsbericht erstellt werden kann, um die internationalen Gri-leitlinien zu erfüllen.

(öffentliche) selbstverpflichtung

systematisches management

Veränderungen im Kerngeschäft

Neues Wirtschaftsmodell

BSCi, oHSaS (u.a. ilo-Normen) SEDEX, UN Global Compact, CoC, Global reporting initiative (Gri)

EMaS, iSo 14 000 ff, Gri-reporting, Hot Spot-analyse, SaM

Ökobilanz, produkt-labelling, Zusätzliche Dienstleistungen

Ermöglichung nachhaltigen Konsums, z.B. product Service Systems

Biodiversität

Energie & Co2

Wasser

Emissionen

...

arbeitsbedingungen

Menschenrechte

Gesundheit

produktsicherheit

...

1. ressourcen- gewinnung

2. produktion 3. Konsum 4. End of life

UM

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sehr problematisch

iNSTrUMENTE NaCHHalTiGEN WErTSCHÖpFUNGSMaNaGEMENTS

BEiSpiElHaFTE HoT SpoT-aNalySE

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möglicherweise problematisch nicht problematisch

www.globalreporting.org www.wupperinst.org

14 15»iMpUlS 02    NaCHHalTiGKEiTSMaNaGEMENT

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Nachhaltigkeit ist messbar!

in dem vorliegenden Beitrag geht es darum, wie Nachhaltigkeit gemessen werden kann. Dabei wird Nachhaltigkeit nicht als ein Zustand begriffen, den man erreicht, sondern als ein Weg, der noch gegan-gen wird. aber was genau bedeutet das im Brundt-land-Bericht festgelegte Ziel, „die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen dabei zu beschneiden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen“ für die unterneh-merische praxis?

Die triple-bottom-line (siehe abbildung auf S. 8) zeigt die Ziele auf, die nachhaltig wirtschaftende Unternehmen beachten. Das sind ökonomische, ökologische und soziale Ziele. Unter ökologischen Zielen verstehen wir, dass der Verbrauch natürlicher ressourcen nicht über deren natürliche reproduk-tion hinausgeht, Emissionen nur in einer Menge an die Umwelt abgegeben werden, die vom Ökosys-tem absorbiert und verarbeitet werden kann und keine aktivitäten vorgenommen werden, die die prozesse des Ökosystems beeinträchtigen können.

Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet, dass eine stets ausreichende liquidität des Unternehmens und eine dauerhafte rendite für die Eigentümer gewähr-leistet werden. Unter sozialer Nachhaltigkeit verste-hen wir demgegenüber die Erbringung von Nutzen für die Gesellschaft, innerhalb derer die Unterneh-men tätig sind. Für ein nachhal tiges Wirtschaften sind diese Zielstränge nicht getrennt zu sehen. Viel-mehr ist eine integrierte perspektive im Sinne eines Zusammenwirkens dieser drei Bereiche unbedingt erforderlich.

in einer Matrix mit der triple-bottom-line aus Ökolo-gie, Ökonomie und Sozialem auf der horizontalen und den absichten, die ein Unternehmen mit einer Nach-haltigkeitsstrategie verfolgen kann, auf der vertikalen achse, berücksichtigt eine umfassende Nachhaltig-keitsstrategie also alle drei aspekte gleichermaßen. auch für eine nachhaltige Unternehmenssteuerung ist die Berücksichtigung aller aspekte der Nachhaltigkeit notwendig. instrumentalisiert ein Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit aus Marketinggesichtspunkten,

geht es hingegen ausschließlich um die außendar-stellung. Dieser Fall wird in der literatur als Green-washing bezeichnet.

rheinland-pfalz als VorreiterWir haben in rheinland-pfalz sehr viele Unternehmen, die alle drei Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Unter-nehmensstrategie integriert haben. Speziell im Be reich Energie, erneuerbare Energien und Energie-effizienz haben wir zudem in rheinland-pfalz – im Vergleich zu anderen Bundesländern – eine sehr hohe Startup-Dichte.

Ebenso wie im Bereich Energie ist das land im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit mit seinen hier ansässigen Unternehmen relativ weit vorne. Es sei auf den demo-grafischen Wandel, das Thema pflege und das Thema Gesundheitsfachberuf hingewiesen. auch hier hat rheinland-pfalz viele starke Unternehmen vorzuwei-sen, die mittlerweile im Bereich der sozialen Nachhal-tigkeit unterwegs sind.

Die Hochschule ludwigshafen hat dies zum anlass genommen und im Jahr 2010 eine Studie zur Messung der Nachhaltigkeit mit Key performance indikatoren (Kpis) durchgeführt, in deren rahmen die Verwendung von Nachhaltigkeitsindikatoren sowie die Durchführung von Nachhaltigkeitsstrategien und -maßnahmen erhoben wurden. Mit einer Beteili-gung von 129 Unternehmen aus industrie, Handel und Dienstleistungen haben wir einen adäquaten Branchenmix erreicht.

Ökonomische Nachhaltigkeitsstrategien finden sich bei fast allen Unternehmen. So setzen rund 95 pro-zent der befragten Unternehmen ökonomische Key performance indikatoren ein. Hierzu zählen klassi-sche Kennzahlen wie die rendite- und Gewinnent-wicklung, aber auch Kennzahlen wie zum Beispiel aufwendungen für Forschung und Entwicklung, Beiträge zur regionalen Wirtschaftsentwicklung und die Kundenzufriedenheit.

in dem Bereich soziale Nachhaltigkeit gaben insge-samt 91,5 prozent der Befragten an, Kpis einzusetzen (siehe abbildung unten). Dabei sind hier die großen Unternehmen engagierter als die kleinen (Einteilung nach EU-Definition). So werden etwa Befragungen zur Mitarbeiterzufriedenheit bei 82 prozent der Großun-ternehmen durchgeführt, bei den kleinen und mitt-leren Unternehmen führen nur 55 prozent solche Befragungen durch. Über 68 prozent der Großunter-nehmen investieren in Weiterbildungsmaßnahmen, bei den kleineren Unternehmen sind es 55 prozent. Die Beschäftigungsentwicklung bilden kleinere (57,5 prozent) und größere Unternehmen (58,4 prozent) nahezu gleichermaßen ab. anders ist es bei Mitar-beiterbeschwerden. Sie gehören bei fast 26 prozent der größeren Unternehmen zu den sozialen Kpis aber nur bei 15 prozent der kleineren.

im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit ist der Fokus bei den befragten Unternehmen nach innen gerichtet, also auf die Mitarbeiter. Das liegt nicht zuletzt am demografischen Wandel und dem damit einherge-henden Fachkräftemangel. Unternehmen betreiben verstärkt eine lebensphasenorientierte personal-politik. Um als Unternehmen fit für den Wettbewerb zu bleiben, müssen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit sein. Das fängt bei der Gesundheit der Mitarbeiter – sowohl körperlich als auch psychisch – an, geht hin über Motive und Werthaltungen, die in einem Unternehmen vorherrschen, bis zum Thema arbeitsbedingungen, die von einem Unternehmen für seine Belegschaft angeboten werden. ausgaben für soziale Engagements spielen bislang demgegen-über mit knapp 35 prozent bei den Großunternehmen und 20 prozent bei den kleineren eine untergeord-nete rolle. Das Gleiche gilt für Fragen der arbeits- und Sozialstandards bei Zulieferern (24 prozent der großen Unternehmen und 7,5 prozent der kleineren).

dr. holger schaaf Hochschule ludwigshafenam rhein

WElCHE arTEN VoN NaCHHalTiGKEiTS-KpiS SETZT iHr UNTErNEHMEN EiN? (Mehrfachnennungen möglich)

0 20 40 60 80 100PRoZENt

soziale Nachhaltigkeits-Kpis

ökonomische Nachhaltigkeits-Kpis

ökologische Nachhaltigkeits-Kpis

95,3

91,5

68,2

n=106

INDuStRIE

n=58

dieNstl.

n=48

98,3

93,1

82,8

91,7

91,7

58,3

Quelle: Hochschule Ludwigshafen, Forschungsschwerpunkt Nachhaltige Unternehmensführung

16 17»iMpUlS 02    NaCHHalTiGKEiT iN DEr praXiS

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dr. holger schaaf arbeitete bis Ende 2012 als Forschungs-referent an der Hochschule ludwigshafen am rhein und war kaufmännischer leiter des Kom-petenzzentrums inno vation und marktorientierte Unternehmens-führung. Seine Schwerpunkte lagen im Bereich nachhaltige Unternehmensführung, insbe-sondere Service- und innova-tionsmanagement. Er ist Dozent an verschiedenen Hochschulen und bei Seminaranbietern.

Ökologische Kpis kommen in rund 68 prozent der befragten Unternehmen zum Tragen, bei den indus-trieunternehmen sind es sogar knapp 83 prozent. Dabei zeigen sich die Großunternehmen hier deutlich engagierter als die kleineren Unternehmen (siehe abbildung unten). als ökologischer Kpi kommt in knapp 63 prozent der größeren Unternehmen und 40 prozent der kleineren der absolute Energiever-brauch zum Einsatz. Weitere verwendete indikatoren sind beispielsweise die Co2-produktion (45 prozent der größeren und 10 prozent der kleineren Unter-nehmen), die Messung des Wasserverbrauchs (rund 44 prozent der größeren und 17,5 prozent der kleine-ren Unternehmen), die abfallmenge (rund 43 prozent der größeren und 25 prozent der kleineren Unter-nehmen) und der absolute Materialverbrauch (40 prozent der Großunternehmen und 25 prozent der kleineren).

successful practice: Beispiel iKeaWie bereits festgehalten wurde, ist Nachhaltigkeit kein Stadium, das man erreicht, sondern ein prozess. Diesen Weg geht auch iKEa, ein Unternehmen, das in der Vergangenheit immer wieder auch in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen in der öffentlichen Kritik stand. iKEa hat im Bereich Möbel über 1 000, über

alle produkte hinweg über 2 000 verschiedene liefe-ranten. Daher ist das Thema Wertschöpfungskette für iKEa von besonderer Bedeutung.

Für die operative Umsetzung der Nachhaltigkeit als strategisches Ziel in der Wertschöpfungskette hat iKEa den sogenannten „iWay“ ins leben gerufen: „The iKEa way on purchasing materials, goods and services“, einen Verhaltenskodex für iKEa und seine lieferanten. Um bei iKEa gelistet zu werden, müssen lieferanten demnach etwa eine legal com-pliance über ein sogenanntes Start-Up-requirement (ein Erstgeschäft mit dem Konzern) eingehen. Hier-nach müssen vorgegebene Umweltstandards erfüllt werden. Die Unternehmen müssen sich zudem zu arbeitsbedingungen verpflichten, die in der eigenen produktionsstrecke, zum Beispiel in China oder russ-land, vorherrschen sollen. Das Thema Kinderarbeit, ein immer noch sehr trauriges problem, wird auch hier explizit aufgeführt. Um sicher zu gehen, dass die lieferanten sich an die Vorgaben halten, stattet iKEa seine eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kompetenzen im Bereich Business Ethics aus, die sie für diese Thematik sensibilisieren. So sind Schulungs-maßnahmen in ethischen und moralischen Fragestel-lungen des wirtschaftlichen Zusammenlebens für das

iKEa-Einkaufsteam seit dem Jahr 2009 obligatorisch. Seit 2012 werden auch die Zulieferer des Unterneh-mens mit solchen Kompetenzen ausgestattet. Eine weitere operative Maßnahme ist die sogenannte Trust-line, eine anonyme Notfallhotline, die Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter von iKEa-lieferanten nutzen können, um ethische Missstände zu melden.

die conjoint-analyseWährend bei dem Beispiel iKEa der Blick in der Wert-schöpfungskette nach hinten, auf die lieferanten, gerichtet war, gibt die Conjoint-analyse anhand von Wahlentscheidungsexperimenten die Möglichkeit zu messen, wie stark verschiedene produktmerkmale die Entscheidung für ein produkt beeinflussen. Wir haben die Conjoint-analyse für einen rheinland- pfälzischen Futtermittelhersteller angewendet. Dabei ging es zunächst um die Frage, wie wichtig den Verbrauchern die nachhaltige produktion von Futtermitteln ist und welchen Faktoren dabei eine besondere Bedeu-tung beigemessen wird. im Ergebnis hat die analyse gezeigt, dass ca. ein Viertel der Kunden des Futtermit-telherstellers Merkmalseigenschaften mit sich bringt, die wir zu dem Kundensegment Nachhaltigkeitsinte-ressierte zusammengefasst haben. Diesem Käufer-segment ist unter anderem die umweltfreundliche produktion und die Wiederverwertbarkeit der Verpa-ckung überdurchschnittlich wichtig. Die Kaufentschei-dungen dieser Kundengruppe sind in hohem Maße von solchen informationen abhängig, diese Kunden-gruppe kann daher als „harter Kern“ der nachhaltig-keitsorientierten Käufer angesehen werden. Weitere Käufersegmente wägen Nachhaltigkeitsinformatio-nen mit anderen produktmerkmalen ab und ent-scheiden sich dann für das nachhaltigere produkt, wenn es bezüglich der anderen Merkmale aus ihrer

Sicht nicht signifikant schlechter ist. Es zeigte sich auch, dass ein geringer anteil der Käufer von weniger als einem Viertel grundsätzlich nicht an Nachhaltig-keitsinformationen interessiert ist und diese bei ihren Wahlentscheidungen folglich ignoriert. im Umkehr-schluss folgt aber, dass die Wahlentscheidungen von ungefähr drei Viertel der Kunden in der untersuchten Branche (in unterschiedlicher ausprägung) von Nach-haltigkeitsinformationen beeinflusst werden. Mit Hilfe der Conjoint-analyse lernt das Unterneh-men nun die Bedürfnislage und die Bedürfnisstruktur seiner Kunden kennen und kann seine produkte ent-sprechend der Ergebnisse auch unter Nachhaltigkeits-gesichtspunkten ausgestalten. ansatzpunkte für das Hinzufügen nachhaltiger produktmerkmale sind zumBeispiel alternative Zutaten mit geringerem Klima-effekt oder aber der Verzicht auf umfangreiche bunt bedruckte Kartonagen. auf diese Weise kann der sub-jektiv wahrgenommene Kundennutzen erhöht wer-den. Für das Unternehmen bietet sich – neben der Erhöhung der Kundenbindung – die Möglichkeit, den preis für dieses produkt entsprechend anzupassen. Durch eine präferenzsimulation konnte so eine den präferenz anteil maxi mierende Zusammenstellung der produkteigenschaften des angebotenen Futtermit-tels erfolgen.

fazitDie Ergebnisse der Unternehmensbefragung haben gezeigt, dass sich Nachhaltigkeitsstrategien und -aktivitäten sowohl bei kleinen und mittleren Unter-nehmen (KMU) als auch bei den Großunternehmen finden. Generell scheinen die Großunternehmen, wahrscheinlich aufgrund ihrer besseren ressourcen-ausstattung, den KMU in der Umsetzung geeigneter Nachhaltigkeitsstrategien und -aktivitäten einige Schritte voraus zu sein. Dies gilt insbesondere im sozi-alen und ökologischen Bereich. Mit Blick auf die Wert-schöpfungskette, also sowohl mit Blick nach hinten zu den lieferanten, aber auch mit Blick nach vorne in den Markt zu den Kunden, zeigen Großunterneh-men und KMU gleichermaßen aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit. //

EiNSaTZ ÖKoloGiSCHEr KEy pErForMaNCE iNDiKaTorEN

Umsatz der Unternehmen bis 50 Mio € n = 40 über 50 Mio € n = 89

Quelle: Hochschule Ludwigshafen, Forschungsschwerpunkt Nachhaltige Unternehmensführung

18 19»iMpUlS 02    NaCHHalTiGKEiT iN DEr praXiS

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prof. dr. dr. christian Berg Sap Deutschland aG & Co. KG

Unternehmen haben nicht nur Macht, sondern auch Verantwortung – das ist der Öffentlichkeit, aber auch vielen Unternehmenslenkern gerade durch die Finanzkrise sehr bewusst geworden. „Es ist absolut entscheidend, dass wir das Vertrauensverhältnis zwi-schen Wirtschaft und Gesellschaft wieder aufbauen“, sagte etwa der Chairman des Vorstands von rio Tinto bei einer rede in london 2012. Nachhaltigkeit ist aus der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Dazu haben viele Entwicklungen der vergangenen Jahre beigetra-gen, maßgeblich auch die Berichte des Weltklima-rats (ipCC) oder der Film „Eine unbequeme Wahr-heit“ von al Gore.

Nachhaltigkeit ist ein Vorstandsthemalaut einer Umfrage, die MiT Sloan Management review in Kooperation mit der Boston Consulting Group unter mehr als 2 800 Managern in mehr als

100 ländern durchgeführt hat, halten zwei Drittel der Manager es für notwendig, das Thema Nachhaltigkeit strategisch zu verfolgen, um ihre Wettbewerbsfähig-keit zu erhalten (siehe abbildung links). auch lässt sich ein starker anstieg der investitionen in diesem Bereich verzeichnen. Dieses gestiegene interesse der Unter-nehmen spiegelt sich in der Zahl der Nachhaltigkeits-berichte wider. Nach einer exponentiellen Zunahme seit Beginn der 1990er Jahre geben heute etwa 6 000 Unternehmen weltweit Nachhaltigkeitsberichte heraus. Nachhaltigkeitsberichte erfüllen dabei mehrere Funk-tionen: zunächst dienen sie der Kommunikation mit den externen Stakeholdern, meist gehört die eigene Belegschaft aber auch zur Zielgruppe. Zudem ist nicht zu vernach lässigen, dass die für einen solchen Bericht erforderliche Transparenz zugleich auch notwendig ist, um interne prozesse zu verbessern und das Unterneh-men effizienter zu steuern.

Der Trend zum Nachhaltigkeitsreporting deckt sich mit einer anderen Entwicklung: der zunehmenden Unzu-friedenheit Vieler mit den klassischen Jahresberichten von Unternehmen. Vor kurzem beklagte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, die progno-sen der Geschäftsberichte seien „oft wenig aussage-kräftig und damit für anleger schlicht nutzlos.“ Ein Grund dafür ist der Vormarsch „intangibler“ Werte. im Jahr 1975 bildeten physische und finanzielle anlage-vermögen noch über 80 prozent des Firmenwertes ab, einige „andere Faktoren“ bildeten den rest. Heute hat sich dieses Verhältnis umgekehrt: Das, was in den Büchern steht, sagt kaum noch etwas über den Unter-nehmenswert aus. Nur so ist es zu erklären, dass Unter-nehmen wie Facebook oder Google eine viel höhere Marktkapitalisierung vorweisen als Daimler, BMW und andere Unternehmen. Die Marktkapitalisierung drückt mit dem Marktpreis weniger den anlagebestand als vor allem Zukunftserwartungen aus. aus diesem Grund hat sich mit dem international integrated reporting Council eine institution etabliert, die die klassische Finanzbe-richterstattung und die Nachhaltigkeitsberichterstat-tung zusammenführen möchte – mit dem Ziel, einen

umfassenderen, integrierten, aktuellen und zukunfts-weisenden Bericht zu ermöglichen, der finanzielle wie nicht-finanzielle risiken und Chancen abbildet.

gute marken ziehen gute mitarbeiter anDie Sicherung des Geschäftserfolgs war für Unter-nehmen schon immer oberstes Ziel – denn, wenn ein Unternehmen nicht profitabel wirtschaftet, also keinen Gewinn erzielt, muss es früher oder später insolvenz anmelden. Heute gilt allerdings, dass diese Gewinnverfolgung gefährdet sein kann, wenn neben wirtschaftlichen nicht auch noch soziale und ökolo-gische risiken und potenziale berücksichtigt werden. Wenn sich produkte weltweit immer mehr angleichen, wird es für Unternehmen auch immer wichtiger, sich gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren. Eine Differenzierung über den preis kommt für viele westliche Unternehmen aus Kostengründen nicht in Frage, andere Differenzierungsstrategien werden erforderlich. Hier bietet sich das Thema Nachhaltig-keit gut an – beispielsweise durch produktinnovationen, die eine wachsende Nachfrage nach energieeffizienten,

umweltverträglichen produkten adressieren (zum Beispiel bei Haushaltsgeräten). Neben der eingangs genannten Verantwortung von Unternehmen gibt es also auch einen handfesten „Business Case“ für dieses Thema. in Zeiten des Fachkräftemangels geht es jedoch nicht nur um den Wettbewerb auf den

steht nicht in den Büchern: unternehmenswert durch Nachhaltigkeit

Quelle: David Kiron, Nina Kru-schwitz et al.: Sustainability Nears a Tipping Point. In: MIT Sloan Management Review Winter 2012, Seite 71.

Quelle: David Kiron, Nina Kru-schwitz et al.: Sustainability Nears a Tipping Point. In: MIT Sloan Management Review Winter 2012, Seite 71.

MoST MaNaGErS BEliEVE a SUSTaiNaBiliTy STraTEGy iS a CoMpETiTVE NECESSiTy

CoMpaNiES arE UppiNG THEir SUSTaiNaBiliTy CoMMiTMENTS

Three times as many respondents say that sustainability is critical to being com-petitive now compared with those who say that it is not critical now but will be important in the future.

Three years of data indicate a striking increase in the levels of time and resour-ces managers are committing to sustainability.

20 21 NaCHHalTiGKEiTSMarKETiNG»iMpUlS 02 

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absatzmärkten. Unternehmen stehen heute auch im Wettbewerb um hoch qualifizierte arbeitskräfte. Mitarbeiter sind in der heutigen Wissensgesellschaft das entscheidende Kapital. Gute Marken ziehen gute Mitarbeiter an. Viele junge Menschen wollen zu den global brands und haben kaum Bezug zur regionalen Wirtschaft. in Deutschland stellt dieser Trend gerade für den Mittelstand ein erhebliches problem dar. aber auch für große Unternehmen wird es immer wichtiger, sich als arbeitgeber attraktiv darzustellen (Employer Branding). Eine Untersuchung von pricewaterhouse-Coopers kommt zu dem Ergebnis, dass 90 prozent der absolventen in den USa ihre Stelle auch danach aus-suchen, ob der arbeitgeber den eigenen Wertvor-stellungen entspricht. Dem Nachhaltigkeitsmarketing kommt also auch bei der Suche nach geeigneten Mit-arbeitern direkt und indirekt eine erhebliche rolle zu. Ein weiteres Ziel beim Nachhaltigkeitsmarketing ist der aufbau von Glaubwürdigkeit. Es geht darum, Vertrauen aufzubauen, dem Kunden beim Thema

Nachhaltigkeit auf augenhöhe zu begegnen, Fragen und Bedürfnisse zu verstehen und ihnen entspre-chen zu können – und nicht primär darum, ein pro-dukt zu verkaufen. Gerade deshalb ist es aber auch sehr wichtig, dass das Marketing kein Greenwashing bleibt, dass es also nicht nur dem Zweck dient, sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen, sondern dass substantielle Veränderungen erfolgen. Wird Green-washing betrieben und als solches von den Stake-holdern entlarvt, wird wichtiges Verbraucherver-trauen zerstört.

Ein extremes Beispiel von Nachhaltigkeitsmarketing zeigt der outdoorartikel-Hersteller patagonia: in seiner Common Threads initiative fordert patagonia direkt zum Konsumverzicht auf. ‚Don‘t buy this jacket!

- Kaufen Sie diese Jacke nicht!‘ Um die ökologischen Belastungen der Textilherstellung zu reduzieren, solle sich jeder zunächst fragen, ob ein neues Kleidungs-stück wirklich nötig sei, ob man nicht lieber ein altes reparieren oder weiterverwenden könne. Erst als letztes Mittel käme recycling in Frage. Wirtschaft-lich erfolgreich kann eine solche initiative langfristig natürlich nur dann sein, wenn es patagonia gelingt, das Geschäftsmodell nicht mehr nur auf dem Ver-kauf von produkten aufzubauen, sondern auch die konsumarmen Bereiche wie reparaturdienste oder Weiterverwendung profitabel zu gestalten.

eine gute Nachhaltigkeitsstrategie allein sichert noch nicht den geschäftserfolgNachhaltigkeitsmarketing kann für Unternehmen auch risiken in sich bergen. Zum Beispiel dann, wenn das Marketing nicht mit dem Kerngeschäft verbunden ist, wenn Unternehmen sich nur wenig ambitionierte Ziele setzen oder lediglich zu einer pro forma-Erfül-lung von Standards bereit sind. Hier ist die Glaubwür-digkeit des Unternehmens gefährdet.

auch kann die Fokussierung auf Nachhaltigkeit allein nicht den Geschäftserfolg sichern, wie das Beispiel Nokia zeigt. Nokia hat sich schon lange zur unterneh-merischen Verantwortung bekannt, Umweltberichte veröffentlicht, ein „grünes“ Mobiltelefon entwickelt und wurde als Energievorbild sogar von Greenpeace gelobt. Trotzdem ist der aktienkurs in den letzten fünf Jahren auf einen Bruchteil des früheren Wertes gesunken. augenscheinlich hat Nokia die Marktent-wicklung bei den Smartphones anders eingeschätzt als die Konkurrenz, was auch eine gute Nachhaltig-keitsstrategie nicht verhindern konnte.

Nachhaltigkeit bei sap Sap ist Weltmarktführer im Bereich der Unterneh-menssoftware, speziell auch im Bereich der Soft-ware für Enterprise ressource planning (Erp). Enterprise ressource planning hat schon an sich mit Nachhaltigkeit zu tun. Denn es geht darum, Unternehmens ressourcen optimal zu managen und

Geschäftsprozesse zu optimieren. Und ohne Effizienz wird auch Nachhaltigkeit nicht gelingen. Deshalb liegt die Vision der Sap: „Make the World run Better“ sehr nah am Kerngeschäft.

Unsere Nachhaltigkeitsstrategie umfasst drei Berei-che: Erstens wollen wir unsere Kunden mit innova-tiven produkten und Dienstleistungen in die lage versetzen, ihre eigene Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern. Da Transparenz über die wichtigsten Kennzahlen für viele weitere aktivitäten im Unter-nehmen notwendige Voraussetzung ist, kommt der lösung zum Nachhaltigkeitsperfomance- Manage-ment hier eine besondere Bedeutung zu. Mit ihrer Hilfe können alle relevanten Nachhaltigkeitsindi-katoren aufbereitet und berichtet werden, wobei prozesse unterstützt beziehungsweise automatisiert werden. Ein anderes Beispiel: Energiemanagement. Hierbei geht es um die optimierte Nutzung von Energie und die Senkung von Co2-Emissionen. alles in allem sind die Kunden der Sap für ein Sechstel der anthropogenen Co2-Emissionen verantwortlich. Des-halb ist viel mehr erreicht, wenn unsere Kunden mit unserer Hilfe weniger Co2 emittieren, als wenn wir selbst unsere Emissionen senken. Dennoch bleibt die eigene rolle wichtig – was zum zweiten Bereich der Nachhaltigkeitsstrategie führt: Wir wollen selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Deswegen haben wir uns ambitionierte Ziele gesetzt. So soll der aus-stoß von Treibhausgasen bis 2020 auf das Niveau von 2000 abgesenkt werden. Bei gleichzeitig hohen wirtschaftlichen Wachstumszielen ist das ein ambi-tioniertes Ziel. Es bedeutet gegenüber dem Niveau von 2007 eine fast 50-prozentige reduktion – und wir sind bereits auf einem guten Weg. aus unserem Nachhaltigkeitsbericht (vgl. www.sapsustainability-report.com) geht hervor, dass ein großer Teil unserer eigenen Co2-Emissionen durch Geschäftsflüge ver-ursacht wird. Sap investiert daher in eine infrastruk-tur, die es erlaubt, Flüge zu vermeiden. insbesondere interne reisen – beim Kunden ist die präsenz oft weiterhin erforderlich – sollen mit Hilfe von Video- konferenz- und Telepräsenzräumen, in denen man sich praktisch in lebensgröße (virtuell) gegenüber-sitzt, deutlich reduziert werden. Es gibt mittler-weile 42 Telepräsenzräume an 30 Standorten und zusätzlich etwa 300 Videokonferenzräume. Jeder Mit-arbeiter hat einen eigenen „virtuellen raum“, sprich die Möglichkeit, jederzeit und an jedem ort sofort ein virtuelles Treffen (mit Telefonkonferenz und Web- sharing) anbieten zu können.

Der dritte Bereich unserer Nachhaltigkeitsstrategie umfasst aktivitäten, die als „gesellschaftliche inves-tition“ betrachtet werden können. Hierzu zählt die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen durch unsere Softwareprodukte ebenso wie projekte, in denen wir unser Know-how gerade in den Entwick-lungs- und Schwellenländern einbringen, um andere

seit der gründung im Jahr 1972 hat sich die sap deutschland ag & co. Kg durch innovation und Wachstum zum führenden anbieter von unter-nehmenssoftware entwickelt. mehr als 230 000 Kunden weltweit sind dank der anwendungen und services von sap in der lage, rentabel zu wirtschaften, sich ständig neuen anforderungen anzupassen und nachhaltig zu wachsen. sap hat seinen stammsitz in Walldorf.

prof. dr. dr. christian Berg ver-antwortet das Thema Thought leadership in der Nachhaltig-keitsberatung der Sap, dem Global Services Sustainability Hub. Zugleich ist er Honorar-professor für Nachhaltigkeit und Globalen Wandel an der Technischen Universität Claus-thal sowie Gastprofessor für Corporate Sustainability an der Universität des Saarlandes. Er hat physik, philosophie und evangelische Theologie stu-diert und ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft des ClUB oF roME. im kürzlich abgeschlossenen Expertendi-alog der Bundeskanzlerin zur Zukunft Deutschlands hat er an der arbeitsgruppe Wohl-stand, lebensqualität und Fortschritt mitgewirkt sowie die arbeitsgruppe zu Nach-haltigem Wirtschaften und Wachstum geleitet.

in die lage zu versetzen, nachhaltiger zu werden. in Ghana, zum Beispiel, haben wir mit einer NGo, planet Finance, ein projekt aufgesetzt, durch das Frauen, die in der landwirtschaft arbeiten, ausbildung, technische infrastruktur und Zugang zum Weltmarkt ermöglicht wird, und sich damit ihr Einkommen und ihre lebenssituation dramatisch verbessern.

fazitNachhaltigkeit gehört zur Unternehmensstrategie. Das Marketing dazu ist sehr eng an das Kerngeschäft anzulehnen, damit es glaubwürdig ist. Das setzt Transparenz und Dialog mit den Stakeholdern vor-aus. Es erfordert realistische, aber auch ambitionierte Zielsetzungen und führt langfristig nicht selten dazu, dass sich Geschäftsmodelle ändern.  //

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ich achte beim Kauf von Haushaltsgeräten auf einen niedrigen Energieverbrauch.

ich achte darauf, dass Geräte und produkte, die ich kaufe, möglichst langlebig sind und repariert werden können.

ich kaufe gezielt obst und Gemüse aus meiner region.

ich achte beim Kauf von Textilien darauf, dass sie keine Schadstoffe enthalten.

ich kaufe gezielt produkte, die bei ihrer Herstellung und Nutzung die Umwelt nur gering belasten.

ich boykottiere produkte von Firmen, die sich nachweis-lich umweltschädigend verhalten.

ich bevorzuge produkte aus fairem Handel.

ich verwende in meinen Wohnräumen überwiegend Farben und lacke mit dem „Blauen Engel“.

Angaben in %

52

41

28

27

22

22

18

15

stimme eher zu

stimme eher nicht zu

stimme überhaupt

nicht zu

36

42

44

40

46

38

43

31

11

14

22

26

26

29

28

33

1

3

6

7

5

11

10

21

stimme voll und

ganz zu

dr. ingo schoenheit imug institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft e.V.

Der Konsument von heute trifft täglich Kaufentschei-dungen und bewegt sich dabei – oft unbemerkt – in einem Spannungsfeld zwischen Markt und Moral. ist der lebensmitteleinkauf beim Discounter unter dem Gesichtspunkt des preisbewusstseins vielleicht noch nicht mit tief empfundenen Spannungen verbunden, so kann der Griff zu einer „biologischen“ Zigaretten-marke oder die Fahrt mit dem auto zum Bioladen zu ersten Gewissenskonflikten führen. Nachhalti-ger Konsum ist nicht einfach. Seine eigenen Bedürf-nisse befriedigen und gleichzeitig auch die anderer zu berücksichtigen ist schwer und nicht bei jedem Kauf möglich. allein die Wahrnehmung dieser Kon-flikte birgt für den Konsumenten Spannungen, die es „auszuhalten“ gilt, will man den Weg in richtung Nachhaltigkeit gehen.

Das problembewusstsein scheint gegeben. Die oTTo Trendstudie 2009 zeigt, dass 88 prozent der Befrag-ten wissen, „dass sich etwas ändern muss und dass wir nicht so weiter konsumieren können wie bisher“, auch wenn nur 51 prozent der Befragten angeben, ihr Verhalten bereits geändert zu haben (siehe abbil-dung unten).

Doch wer fängt mit dem Ändern seines eigenen Kon-sumstils an? „i will if you will“ heißt es im Titel einer britischen Broschüre, die versucht der Trittbrettfah-rermentalität den Wind aus den Segeln zu nehmen. Denn die prinzipielle Bereitschaft, einen nachhaltige-ren Weg zu gehen, bekunden Verbraucher immer wie-der. Nach einer Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2009 zum Umweltbewusstsein der Deut-schen findet umweltbewusstes Kaufverhalten eine breite Zustimmung unter den Befragten. Ein Großteil gab dabei an, bei Kaufentscheidungen aspekte der Nachhaltigkeit einzubeziehen (siehe abbildung oben rechts). Doch schon die selbst bekundete Zahlungsbe-reitschaft relativiert dieses Bild. Höhere preise oder Steuerabgaben für nachhaltigere produkte wollen nur wenige zahlen (siehe abbildung rechts).

Kein Verbraucher will mit seinem Konsum verant-wortlich für Umweltverschmutzung und soziale Miss-stände sein, doch das Diktat des preises ist nur schwer zu umgehen. Der preis bleibt das wichtigste Kaufmo-tiv, was mal mehr, mal weniger rational und je nach Situation auch mal mehr, mal weniger intensiv ausge-prägt ist. Und tatsächlich scheint es so, dass es eine Verbrauchergruppe gibt, die nicht nur preisbewusst konsumiert, sondern auch ganz bewusst auf Qualität im Sinne eines Nachhaltigkeitsverständnisses achtet. Die sich hier abzeichnende Zielgruppe wird gern als loHaS bezeichnet – „lifestyle of Health and Sustai-nabiltiy“. Eine greifbare Gruppe an Konsumenten also, bei denen es nicht nur um den Kauf von vernünftigen, nachhaltigeren produkten geht, sondern auch um ein lebensgefühl, um Spaß, um Freude, um Ästhetik, um eine neue Form der Selbstdarstellung. Folgt man den Ergebnissen der Markt-Media-Studie „Typologie der Wünsche“ (TdW) von 2010, sind knapp 20 prozent der Bevölkerung in die Gruppe der loHaS einzuordnen, die sich unter anderem durch den Kauf von zertifi-zierten Öko-produkten und Einkäufen in Bio-Geschäf-ten auszeichnet.

Doch gerade bei dieser Konsumentengruppe zeich-nen sich Spannungsfelder zwischen Markt und Moral deutlich ab. So darf vermutet werden, dass die objek-tiv nachhaltigen Wirkungen der loHaS nicht son-derlich vorbildlich sind. Gedanken über das eigene Ernährungsverhalten in Bezug auf Gesundheit, über Textilien oder Kosmetik und deren auswirkungen auf die eigene Haut auf der einen Seite und das Bedürfnis,

Zwischen markt und moral

ein schickes auto zu fahren, in die Ferne zu fliegen oder ein großes Haus im Grünen zu haben, auf der anderen Seite, ziehen ein Spannungsfeld zwischen individuellen und gesellschaftlichen interessen nach sich. Die Folgen sind messbar und alles andere als nachhaltig. Eine Fami-lie, die schon aufgrund von Budgetrestriktionen oder aus Gewohnheit ohne pKW auskommt und ihren Urlaub in Deutschland auf dem land verbringt, fällt vielleicht

Quelle: Umweltbundesamt, Studie Umweltbewusstsein 2009

Quelle: OTTO-Trendstudie 2009

Quelle: Umweltbundesamt, Studie Umweltbewusstsein 2009

VErBrEiTETE GrUNDSTiMMUNG, DiE EiGENEN KoNSUMGEWoHNHEiTEN ZU HiNTErFraGEN

HoHE BErEiTSCHaFT ZUM „NaCHHalTiGEN KoNSUMVErHalTEN“

aBEr BErEiTS DiE SElBST BEKUNDETEN ZaHlUNGSBErEiTSCHaFTEN rElaTiViErEN DaS BilD

„ich weiß, dass sich etwas ändern muss und dass wir nicht so weiterkonsumieren

können wie bisher.“

„ich beabsichtige, in Zukunft noch mehr zu tun und beim Einkaufen noch stärker

auf ethische Kriterien zu achten.“

„ich beabsichtige, mein Verhalten zu ändern.“

„ich habe gerade angefangen, mein Verhalten zu ändern, indem ich verstärkt biologisch hergestellte und fair gehandelte

produkte kaufe oder Energie spare .“

„ich habe mein Verhalten schon vor längerer Zeit geändert und kaufe

verstärkt ethische produkte.“

88

66

66

62

51

12

34

34

38

49

Zustimmung

ablehnung

... höhere preise für produkte zu bezahlten, die weniger umweltbelastend sind?

... höhere Steuern für einen verbesserten Umwelt-schutz zu bezahlen, wenn sichergestellt ist, dass das Geld direkt dem Umweltschutz zugute kommt?

... für produkte aus Entwicklungsländern (z.B. Kaffee, Tee u.ä.) mehr Geld auszugeben, wenn diese aus fairem Handel stammen, d.h. zu angemessenen prei-sen von dortigen Kleinproduzenten gekauft werden?

... höhere preise für energiesparende Geräte zu bezahlen?

Angaben in %

5

6

10

14

eher stark eher weniger

gar nichtsehr stark

35

27

42

46

45

41

35

30

15

26

13

9

Bevölkerung in Deutschland (16 – 74 Jahre): n = 1000

Frage: inwieweit sind Sie persönlich bereit, ...

25 KoNSUM & NaCHHalTiGKEiT24 »iMpUlS 02  

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dr. ingo schoenheit ist Ge -schäftsführender Vorstand des imug institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft e.V. an der leibniz Universität Han-nover, aus dem 1995 die imug Beratungsgesellschaft hervorgegangen ist. Von Dr. Schoenheit liegen zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themenfeldern Corporate Social responsibility und Konsumentenverhalten vor.

Das imug institut für Markt-Umwelt- Gesellschaft e.V. ist mit seinen heute 30 Mitarbeitern eine der füh-renden Forschungs- und Beratungseinrichtungen im Themenfeld Corporate Social responsibility und Nachhaltigkeit. Neben Kun-den wie dem VW- Konzern, Deutsche Telekom, dm und Tchibo berät das imug auch mittelständische Unter-neh men und Verbände.

wies aus, mit wie viel Euro, umgesetzt in Millionen, der Konzern der Umwelt schadet, indem sie den

„Ökologischen Fußabdruck“ ihrer gesamten produk-tion berechnet und monetarisiert haben. Die alleinige Transparenzbereitschaft des Unternehmens wird als beachtenswertes Commitment gewertet und stößt innerhalb der Expertenwelt auf beträchtliche reso-nanz – puma gilt dort allein wegen dieser kleinen Nachricht als vorbildliches Unternehmen.

Die Kaufentscheidung wird durch die erweiterte Nachhaltigkeitsdimension nun aber nicht leichter, viel- mehr besteht die – durchaus realistische Grundan-nahme –, dass nicht nur CSr, sondern auch der preis, die vermutete produktqualität und die zur auswahl stehende Marke einen Einfluss auf die Kaufentschei-dung haben. Und wie verhalten sich Konsumenten, wenn preis, Qualität und CSr in Konkurrenz zuein-ander stehen? Das imug (institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft an der Universität Hannover) ist dieser Frage mittels einer empirischen Studie nachgegan-gen und hat die befragten personen beim Kauf von Joggingschuhen zu Kompromissentscheidungen zwi-schen preis, Qualität beziehungsweise laufeigen-schaft und CSr „gezwungen“.

Die produktstimuli für die zu ermittelnden „Trade-offs“ wurden durch vier produkteigenschaften bezie-hungsweise Kaufkriterien – Marke, preis, Qualität und CSr (Unternehmensverantwortung) – beschrie-ben, die sich aus einer Kombination aller Untersu-chungskriterien und deren Niveaus ergaben. Bei der Untersuchung wurde deutlich, dass CSr bei Jogging-schuhen im Vergleich zu traditionellen Kriterien eine untergeordnete rolle für die Kaufentscheidung spielt. Die größte auswirkung auf die präferenzen von Kon-sumenten beim Kauf von Joggingschuhen hat die Qualität, gefolgt vom preis. Eine genauere analyse der Befragten nach soziodemographischen Merk-malen und ihres generellen Konsumstils zeigt nicht ganz überraschend, dass für die befragten Konsumen-ten CSr als Kriterium für die Kaufentscheidung sehr unterschiedlich wichtig ist. Für rund 20 prozent der Befragten ist CSr ähnlich wichtig wie der preis und die Qualität. in diesem CSr-affinen Verbrauchersegment sind Haushalte überrepräsentiert, die einen großen anteil an Singles haben, somit relativ klein sind und nur wenige Kinder haben. in diesem Segment sind die Verbraucher meist mittleren alters, mit durch-schnittlichem Einkommen und überwiegend männ-lich. Die wichtigste Erkenntnis der Untersuchung ist jedoch, dass die Ergebnisse von produkt zu pro-dukt variieren, weil der Konsument unterschiedliche

Vorstellungen davon hat, welche Unternehmen hinter den produkten stehen und wo deren Verantwortung liegt. Das sieht beim auto anders aus als beim Jog-gingschuh, bei einer Waschmaschine oder bei einem Geschirrspülmittel.

Der Konsument entscheidet beim Kauf von produk-ten und Dienstleistungen folglich nicht nur als Markt-teilnehmer aus einer volkswirtschaftlichen perspek-tive – als homo oeconomicus – bei der er egoistische Ziele verfolgt und sich für sich selbst nutzenmaxi-mierend verhält. Der Konsument entscheidet immer mehr auch als Bürger, mit einem moralischen Ver-ständnis und in Hinblick auf die Nutzenmaximierung der Gesellschaft, wobei er gemeinwohlorientierten Zielen nachgeht und aspekte wie Klimaschutz, Kin-derarbeit, Tierschutz und Gentechnik berücksichtigt.

Kaufmotive sind folglich ein komplexes Bündel, das sowohl egoistische als auch gemeinwohlorientierte Ziele einschließt. Dort, wo preis-, Qualitäts- und CSr-orientierung bei der Kaufentscheidung beide Motive bedienen und der Konsument sozusagen Motivalli-anzen eingehen kann, hat Marketing eine perspek-tive. Die Suche nach Motivallianzen wird damit zur aufgabe des Marketings. Ein produkt muss nicht nur Kriterien der CSr und der Nachhaltigkeit beachten, es muss auch leistung, Gefühl, Bequemlichkeit und Emotion mitbringen.

Mit Blick auf den Weg zu einem nachhaltigen Kon-sum stellt sich somit die Frage nach dem schwierigen Kompromiss zwischen Konsumfreiheit und Nachhal-tigkeit: Was kann getan werden, damit Verbraucher wollen, was sie sollen? Was kann der Staat, was die Wirtschaft – Einzelhändler und Hersteller – tun, damit nachhaltige produkte und Dienstleistungen stärker nachgefragt werden? Eine Umsteuerung der gegen-wärtigen Konsummuster ist kein Selbstläufer und statt eines moralischen Zeigefingers in richtung poli-tik und Marketing – der nur reaktanz erzeugen würde – wird ein Gesamtkonzept benötigt, das allianzen der wesentlichen akteure umfasst. Von Seiten der poli-tik bedarf es dabei verbesserter rahmenbedingun-gen und informationsgrundlagen sowie das gezielte Setzen von anreizen für nachhaltigere produkt- und produktionsvarianten. Verbraucher- und Umwelt-verbände und die Wirtschaft müssen das Thema Glaubwürdigkeit in die Kommunikation einbringen. Konsumenten sollten die in unserer Gesellschaft herr-schende Geizmentalität überwinden, den eigenen Bedarf kritisch hinterfragen und die eigene lebens-qualität reflektieren. //

nicht in die loHaS Gruppe, weist aber einen deutlich „nachhaltigeren“ lebensstil auf. in Teilen der Marke-tingwissenschaft wird die Existenz der loHaS bereits bezweifelt und der Hype eher einer Marketingidee zugeschrieben, um eine virtuelle Community mit Con-tent zu versorgen. Doch allein die Debatte lässt auf ein verändertes Grundgefühl der Bürger in den west-lichen ländern schließen. Das Gefühl, dass sich etwas ändern muss.

Nachhaltiger Konsum erfordert jedoch eine bewusste Marktentwicklung, bei der sowohl die angebots- als auch die Nachfrageseite mit einbezogen wer-den muss. Unternehmen müssen die Spannungen zwischen dem, was Verbraucher wollen und sollen, berücksichtigen, und nicht nur ein angebot an nach-haltigeren produkten und Dienstleistungen am Markt zu vertretbaren preisen bereitstellen, sondern auch ihr eigenes Handeln nach den prinzipien der Nach-haltigkeit ausrichten.

„Corporate Social responsibility“ (CSr) als freiwil-liges, verantwortliches Handeln der Unternehmen scheint sich nicht nur für Umwelt und Gesellschaft auszuzahlen, sondern wird auch von den Konsu-menten belohnt. Das Marketing hat die Bedeutung gesellschaftlichen Engagements der Unternehmen erkannt, die Unternehmen wissen mit den Spannun-gen der Konsumenten umzugehen. Krombacher star-tete 2006 eine Spenden-offensive unter dem Motto

„Gute Sache, gutes Bier!“, bei der mit dem Kauf von Krombacher-Bier durch eine Kooperation mit dem WWF regenwald geschützt wurde. Vermehrter Kon-sum – dazu noch alkohol – zum einen und die plaka-tive rettung des regenwalds zum anderen, spricht die zum Teil widersprüchlichen Bedürfnisse des Kon-sumenten an.

Die Kommunikation von CSr – oder gewissen Teilas-pekten – wird immer mehr von Unternehmen einge-setzt: Von „Made in Germany“ als Hinweis für Qualität und arbeitsplatzsicherung, über Hervorhebungen der Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit von produk-ten, bis hin zum Einsatz von Öko- und Sozial-labels, positionieren Unternehmen ihre produkte deutlich sichtbar für den Konsumenten in einem Nachhaltig-keitskontext. So bietet Tchibo nicht nur „nachhaltigen“ Kaffee mit glaubwürdigem label und Hintergrundin-formationen zum anbau an, sondern vertreibt mitt-lerweile auch erfolgreich grünen Strom und grünes Gas. Ein offensiver Umgang auch mit kritischen The-men scheint dabei sogar erfolgversprechender als das Zurückhalten von informationen. puma zum Beispiel

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„Nachhaltigkeit hört nicht am Werkstor auf“

die Zirp im gespräch mit dr. michael KassNer

herr dr. Kassner, welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit für die unternehmensstrategie der siemens ag?

dr. Kassner: als wir vor zehn Jahren dem UN Global Compact (Globaler pakt zwischen der UNo und Unterneh-men, um die Globalisierung sozialer und ökologischer zu gestalten, anm. d. red.) beitraten, war das ein anfang. Kurze Zeit danach haben wir den gesamten Konzern konsequent auf die Megatrends ausgerichtet. Neben der Globalisierung, dem demografischen Wandel und der Urbanisierung steht seither der Klimawandel im Mittel-punkt der strategischen Überlegungen. in der Konsequenz folgt unsere Nachhaltigkeitsstrategie der unterneh-merischen Strategieentscheidung.

Schon damals haben wir einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, wie ihn mittlerweile viele Firmen publizieren. Entscheidender als der Bericht ist für mich aber die operative implementierung. Dazu zählen neben weiteren aktivitäten, wie im Bereich recht und Gesetz oder Gesundheit und Sicherheit, die Definition des Umweltportfolios und natürlich das Verfolgen unserer Umweltziele.

Eine Nachhaltigkeitsorganisation auf allen Ebenen und in allen regionen der Welt ist verantwortlich dafür, dass die Ziele erreicht werden. Ein Beispiel ist die schrittweise „grüne“ Effizienzsteigerung in unseren 300 Werken, ob in Verwaltungsgebäuden oder bei den produktionsprozessen. Weltweit haben wir in den vergangenen Jah-ren die Energieeffizienz um mehr als 20 prozent erhöht. im Schaltanlagenwerk Frankfurt beispielsweise konnten wir dank vieler Verbesserungsvorschläge unserer Mitarbeiter unter anderem den Wasserverbrauch sogar um 65 prozent senken. Frankfurt wurde intern dafür als „Bestes Werk“ mit dem Siemens Umweltpreis ausgezeichnet.

Welche maßnahmen ergreift siemens, um die angestrebte Nachhaltigkeit an denverschiedenen punkten ihrer lieferkette zu verankern?

dr. Kassner: Nachhaltigkeit hört nicht am eigenen Werkstor auf. Schon seit Jahren verpflichten wir unsere lieferanten zum Beispiel zur Einhaltung von Gesetzen und achtung der Grundrechte ihrer Mitarbeiter. in dieses regelwerk, den Siemens „Code of Conduct“, ist der Umweltschutz vor wenigen Jahren integriert worden.

Die Wirkung ist nicht zu unterschätzen. Berücksichtigen Sie bitte, dass wir im Einkauf global ein enorm großes Volumen bewegen; allein hier in der region sind es mehr als 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Dabei können viele lieferanten unsere Erfahrungen für ihre eigenen Werke nutzen. Und ich meine nicht nur die technische Exper-tise, sondern auch die Erfahrungen in der Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsstrategie.

Die größte Wirkung in der lieferkette erreichen wir auf der Kundenseite mit unserem Umweltportfolio, das wir seit 2007 konsequent ausbauen. Mit grünen produkten und lösungen erzielen wir 33 Milliarden Euro Umsatz, bei einem überdurchschnittlichen Wachstum. Und wir ersparen unserer Erde damit mehr als 300 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das entspricht etwa 40 prozent der Emissionen in Deutschland. Wie Sie sehen, gehen Ökonomie und Ökologie bei Siemens Hand in Hand.

Wie helfen sie denn konkret ihren Kunden auf dem Weg zur Nachhaltigkeit,können sie uns Beispiele nennen?

dr. Kassner: Das erfolgt in unseren Kundensektoren für Energie, industrie, Gesundheit oder infrastruktur. lassen Sie mich die Frage am Beispiel der Städte beantworten, die global für mehr als 80 prozent der Treib-hausgasemissionen verantwortlich sind und damit zum Schlüssel für die Nachhaltigkeit werden. Schauen Sie sich umweltorientierte, intelligente Verkehrsleitsysteme in verschiedenen Städten in rheinland-pfalz an oder moderne Elektrobusse, wie sie in Wien im Einsatz sind. Stadtwerke optimieren ihre Energieerzeugung und -ver-teilung mit Siemens. oder moderne Gaskraftwerke, die mit ihrem erhöhten Wirkungsgrad die Ziele der Ener-giewende unterstützen.

Und nehmen Sie das Energiespar-Contracting für große Gebäude, bei dem wir – in einem neuen Geschäftsmo-dell – die Energieeinsparungen sogar garantieren, vom ersten Tag an. Erst kürzlich hat sich das Universitätskli-nikum der Stadt Mainz für einen Zeitraum von zwölf Jahren zu einer solchen Einsparpartnerschaft mit Siemens entschlossen, mit substanziellen Einsparungen an Energiekosten und Kohlendioxid. Wir übernehmen dabei die planung und Umsetzung und finanzieren erforderliche investitionen aus den erzielten Einsparungen. allein in Deutschland haben wir in über 2 000 Gebäuden mehr als 250 Millionen Euro an Energiekosten und über eine Million Tonnen Kohlendioxid eingespart.

Wie können sie Nachhaltigkeitsziele auch in der Breite angehen, mit partnern außerhalb ihrer klassischen Wertschöpfungskette?

dr. Kassner: Neben der lieferkette, also vom lieferanten über unsere interne organisation bis zum Kunden, sind wir auch in internationalen Netzwerken mit anderen institutionen aktiv. Ein Beispiel ist der World Business Council for Sustainable Development, zu Deutsch Weltwirtschaftsrat für nachhaltige Entwicklung, der von Unternehmen geführt wird und zwischen Wirtschaft und politik vermittelt. in diesem Gremium setzen wir uns gemeinsam mit anderen global tätigen Unternehmen für mehr Nachhaltigkeit ein. Dazu zählt unter anderem die „Urban infrastructure initiative“. Hier stellen wir gemeinsam mit weiteren Unternehmen, zum Beispiel Städteplanern oder Banken, quasi eine „360 Grad“-Expertise für einzelne Städte bereit. Das machen wir in ähnlicher Form in Frankfurt. Und hier in der region sehe ich die Zirp als ein geeignetes Netzwerk zur Forcie-rung von Umweltschutz und Nachhaltigkeit, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Der Zirp-Vorstand hat beispielsweise einen intensiven Workshop zur Energiewende veranstaltet und dabei praktische ansätze und Vorschläge für rheinland-pfalz abgeleitet.

Welche rolle spielt ihr Nachhaltigkeitsprogramm, wenn ihr unternehmen von Kunden und märkten beurteilt wird?

dr. Kassner: Die inhaltliche und umfassende Qualität von Nachhaltigkeitsprogrammen ist mehr und mehr ein hartes Erfolgs- und Bewertungskriterium für die Zukunftsorientierung von Unternehmen. aus diesem Grund vergleicht der Dow Jones Sustainability index weltweit Unternehmen hinsichtlich ihrer Bemühungen. Unsere konkreten Maßnahmen haben Siemens in wenigen Jahren von 66 auf aktuell 92 punkte (von 100 möglichen punkten, anm. d. red.) gebracht. Damit ist Siemens auf platz eins im „Supersector“ von industrie und Dienst-leistungen gestiegen. //

dr. michael Kassner ist seit 1996 im Siemens-Konzern tätig und hat nach diversen Füh-rungspositionen im Jahr 2008 die leitung der Siemens aG in der region Mitte, also in rhein-land-pfalz, Hessen, Saarland und dem rhein-Neckar-Dreieck, übernommen. Nach dem Stu-dium der Mathematik und phy-sik war Dr. Kassner als wissen-schaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mainz tätig. Dort promovierte er 1982 als Dok-tor der Naturwissenschaften. Dr. Kassner ist seit 2011 Mitglied im Zirp-Vorstand. Darüber hinaus engagiert er sich in einer Vielzahl von initi-ativen und Verbänden.

Siemens bietet weltweit innovative Technik und umfassendes Knowhow auf den Gebieten industrie, Energie, Gesundheit und infrastrukturlösungen. im vergangenen Geschäfts-jahr erzielte das Unterneh-men mehr als 40 prozent seines Umsatzes mit um-weltfreundlichen produk-ten und lösungen. Siemens zählt zu den bedeutends-ten Umwelttechnologie-unternehmen der Welt und ist bereits zum fünf-ten Mal Branchenprimus im Dow Jones Sustain-ability index (DJSi).

„Ökonomie und Ökologie gehen bei Siemens Hand in Hand“, so Dr. Michael Kassner im Interview.

28 29»iMpUlS 02    Zirp iM GESprÄCH

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Zarte Versuchung mit siegel – standards für Nachhaltigkeit

in globalen lieferketten

Eine Tafel Vollmilchschokolade besteht zu fünf Teilen aus Zucker, zu einem Teil aus Kakaomasse und zu je zwei Teilen aus Kakaobutter und Milchpulver. So ein-fach ist das. Nein, so einfach ist es leider nicht, wenn Hersteller ihre Schokolade nicht nur als „zarteste Ver-suchung“ oder als „Genuss für die Sinne“ anpreisen, sondern auch verkaufen wollen. Konsumenten stellen heute höchste anforderungen an Qualität, preis, Verfügbarkeit und nicht zuletzt Nachhaltig-keit von produkten und deren Herstellung – das gilt nicht nur für Schokolade und Kaffee, sondern für bei-nahe alle Konsumgüter. Bereits kleine Schwankungen dieser Eigenschaften lassen nicht nur den bewussten Genießer zum angebot des Wettbewerbers greifen; vielmehr können sie zu unerwarteten und nur schwer kontrollierbaren negativen auswirkungen auf die pro-zesse entlang der lieferketten führen. Dabei erscheint das Bestreben der Unternehmen, eine möglichst luk-rative Balance der genannten Faktoren zu erreichen, zuweilen als Quadratur des Kreises.

globale ansprüche an globale marken Die Fragmentierung von lieferketten in einer globa-lisierten Wirtschaft birgt für global agierende Unter-nehmen eine reihe von Gefahren. ihre Kontrolle wird zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil: Unter-nehmen verfügen nur über sehr begrenzte informatio-nen über den exakten Ursprung und die Bedingun gen, unter denen rohstoffe produziert werden. Konsu-menten interessieren sich jedoch zunehmend für die „Welt hinter den produkten“. Unternehmen, die nicht wenigstens einen Grundkonsens an Sozial- und

Fragen verstärkt, indem sie auf Standards und Zerti-fizierungssysteme zurückgreifen. Diese ergänzen und unterstützen das integrierte Nachhaltigkeitsmanage-ment der Unternehmen, während sie zugleich durch ein externes prüfsystem Unabhängigkeit und Glaub-würdigkeit gewährleisten sollen. in der regel basieren Zertifizierungssysteme auf industrieweit anerkannten Standards, um – ähnlich einer gemeinsamen Sprache

– allen interessengruppen von Kapitalgebern über Mitarbeiter und Zulieferer bis hin zu Kunden den eigenen anspruch an Nachhaltigkeit kommunizieren zu können. Der Komplexität und intransparenz der lieferketten begegnen Zertifizierungssysteme durch gesonderte anforderungen an die rückverfolgbarkeit der geprüften rohstoffe und produkte.

Zertifizierungssysteme sind allerdings weder allheil-mittel für Missstände in produktion und Verarbeitung, noch taugen sie langfristig als Feigenblatt, um Unter-nehmen ihrer sozialen und ökologischen Verantwor-tung zu entbinden. Um Kosten und aufwand für die Zertifizierung in einem tragbaren rahmen zu halten, können bei prüfungen nur Stichproben vorgenom-men werden. Daher ist der Glaube an eine hundert-prozentige Sicherheit trügerisch.

Kontrolle ist noch keine VerbesserungUnternehmen müssen sich wiederum bewusst sein, dass reine Kontrolle noch keine notwendige

carsten schmitz-hoffmann,christian hagemannDeutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) GmbH

Verbesserung mit sich bringt. allerdings können mit-hilfe von Zertifizierungssystemen die risiken ent-lang von lieferketten erheblich gemindert werden. Zugleich bietet – und fordert – ein glaubwürdiges Zertifizierungssystem mehr als einen Nachhaltig-keitsstandard mit werbewirksamem label. Denn es bezieht alle anspruchsgruppen bereits in der phase der Entwicklung seines Standards ein. Darüber hin-aus sollte es über ein formalisiertes Beschwerdever-fahren auch Einsprüche oder Klagen während der Umsetzung des Standards ermöglichen. Ein zuver-lässiges und unabhängiges Kontrollsystem ist somit unerlässlich, um Verstöße gegen anforderungen nachzuweisen und zu ahnden. Die Verbesserungen der produktion müssen klar dokumentiert und die Wirkungen dieser besseren praktiken sachlich und anschaulich herausgestellt werden – nur in dieser Kombination werden Unternehmen ihre produktions-weise dauerhaft umstellen.

die Welt hinter den produktenDie Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) unterstützt seit vielen Jah-ren die integration von Nachhaltigkeitsstandards in globale lieferketten. Sie verfolgt den ansatz, die Kooperation zwischen Unternehmen zu fördern, bevor deren Engagement für nachhaltigere liefer-ketten zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor

Umweltstandards gewährleisten können, riskieren daher – über reputationsschäden hinaus – den Ver-lust von Kunden und Marktanteilen.

inzwischen knüpfen auch Banken, pensionsfonds oder Versicherungen ihre investitionsbereitschaft, Zinssätze und risikoaufschläge immer häufiger an die Bedingung, dass sich privatwirtschaftliche Kreditneh-mer gewissen Sozial- und Umweltstandards entlang ihrer gesamten lieferkette verpflichten. Sie haben erkannt, dass ein verantwortungsvolles Management von lieferketten in der regel auch eine höhere und dauerhaftere rendite verspricht. Unternehmen, die gezielt risiken bereits am anfang der lieferkette kon-trollieren, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit in einer Welt bestehen können, in der im Jahr 2050 vor-aussichtlich mehr als 9 Milliarden Menschen aus ver-siegenden rohstoffquellen versorgt werden müssen.

Zertifizierung in globalen lieferketten Doch wie kann ein Schokoladenhersteller trotz immer komplexerer lieferbeziehungen seinen Kunden und Kapitalgebern garantieren, dass der peruanische Kakao in seiner Schokolade auch in zehn Jahren noch von bester Qualität ist? Wie kann ein Textilhändler glaubwürdig nachweisen, dass seine Baumwolle nicht von plantagen in indien stammt, auf denen Kinder zur arbeit gezwungen werden? Wie können Konsumgü-terhersteller gewährleisten, dass das palmöl in ihrer produktpalette nicht zur rodung von regenwald in indonesien führt? Unternehmen beantworten diese

30 31 STaNDarDS, ZErTiFiKaTE & ForEN»iMpUlS 02 

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wird. So koordiniert die GiZ verschiedene Dialogforen mit dem Ziel, das Bewusstsein der Bevölkerung für nachhaltig produzierte produkte zu stärken und staatliche Nachhaltigkeits anforderungen mit breiter Unterstützung der privatwirtschaft zu entwickeln und umzusetzen.

auf der produzentenseite fördert die GiZ beispiels-weise durch die strategische allianz Cotton made in africa (Cmia) die Verbesserung der lebensbedingun-gen von Baumwollproduzenten in den anbauländern. Sie entwickelt lösungen für die s trukturellen prob-leme entlang der lieferkette der Baumwolle. So schult die GiZ Kleinbauern in nachhaltigen produktions-techniken, die langfristig die produktivität des Baum-wollanbaus und damit die Einkommen der Bauern verbessern. Cmia bietet über die Vorfinanzierung von produktionsmitteln auch Mikrokredite für die produzenten an. Durch diese Maßnahmen erreicht Cmia bisher mehr als 265 000 Kleinbauern in sechs afrikanischen ländern. Das Engagement der GiZ im Kakaosektor manifestiert sich unter anderem in der organisation des nationalen Forums Nachhaltiger

Kakao als plattform zum austausch zwischen Unter-nehmen und Verbänden der deutschen Süßwaren-industrie sowie Nichtregierungsorganisationen. Hier sollen unter anderem kleinen und mittelständischen Unternehmen orientierungshilfen vermittelt werden, wie sie Nachhaltigkeitsaspekte bei der Beschaffung von Kakao integrieren können. Zugleich entwickelt die GiZ auf produzentenseite über das programm Certi-fication Capacity Enhancement (CCE) praktische leit-fäden für Kleinbauern in der Elfenbeinküste, Nigeria und Ghana mit dem Ziel, den Bauern anbaupraktiken zu vermitteln, die ihre Ernte ebenso wie ihre lebens-bedingungen verbessern. Dafür kooperiert die GiZ im CCE-programm nicht nur mit Unternehmen aus dem Kakaosektor, sondern auch mit Zertifizierungs-systemen wie Fairtrade, rainforest alliance und UTZ Certified.

Nicht zuletzt verdeutlicht dieses Beispiel aus dem westafri kanischen Kakaosektor, dass wir der Welt hinter der Schokolade mehr Bedeutung beimessen müssen, wenn wir sie auch in Zukunft genießen wollen. //

carsten schmitz-hoffmann ist in der Deutschen Gesell-schaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) GmbH für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und mit Stif-tungen verantwortlich. Zuvor hat er mehrere Jahre im Fach- und Methodenbereich der GiZ das Kompetenz Center „agrar-handel, -wirtschaft, Standards“ geleitet und war in dieser Funktion für das programm für Sozial- und Umweltstan-dards der GiZ sowie zahlreiche andere projekte zur Verbesse-rung der sozialen und ökolo-gischen rahmenbedingungen in globalen produktions- und lieferketten verantwortlich.

christian hagemann arbei-tet bei der GiZ als Berater im programm für Sozial- und Umweltstandards. Schwer-punkte seiner arbeit sind sektorübergreifende Nachhal-tigkeitsstandards sowie Bench-marking-Systeme zur Verbesse-rung der Vergleichbarkeit von Standards. in den vergangenen zwei Jahren war er für die GiZ in Eschborn und Nairobi in die Entwicklung eines panafrika-nischen Nachhaltigkeitslabels eingebunden.

eine ausgewiesene regionalexpertise, hohe fachkompetenz und praxiserprob-tes managementwissen bilden das rückgrat des umfassenden leistungsangebots der giZ. als deutsches Bundesunternehmen bietet die giZ ihren auftraggebern funktionsfähige, nachhaltige und wirksame lösungen für politische, wirtschaft-liche und soziale Veränderungsprozesse. einen großen teil ihrer aufträge führt die giZ für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und ent-wicklung aus. sie ist aber auch für weitere Bundesressorts sowie für öffentliche und private auftraggeber im in- und ausland tätig.

die giZ ist in mehr als 130 ländern weltweit aktiv, in deutschland ist das unter-nehmen in nahezu allen Bundesländern präsent. die gesellschaft hat ihren sitz in Bonn und eschborn. Weltweit hat die giZ mehr als 17 000 mitarbeiterinnen und mitarbeiter – etwa 70 prozent von ihnen sind als nationales personal vor ort beschäftigt.

32 33»iMpUlS 02    STaNDarDS, ZErTiFiKaTE & ForEN

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Die globale Veränderung hin zu nachhaltigem Wirtschaft en kann von politik, Wirtschaft und gesell-schaftlichen akteuren nicht im alleingang gemeis-tert werden. Netzwerke, die die relevanten akteure zusammenbringen, sind bei einem so komplexen Thema unverzichtbar. econsense, das Forum Nach-haltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft e.V., ist ein solches Netzwerk. econsense hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2000 insbesondere für multinational aktive Unternehmen als die zentrale deutsche Nachhaltigkeitsplattform etabliert. Mit seinen aktuell 35 Mitgliedsunternehmen (Stand Januar 2013) fördert econsense als Expertenforum den Dialog mit politik, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft zur Weiterentwicklung von unterneh-mensrelevanten Nachhaltigkeitsthemen und Corpo-rate Social responsibility (CSr).

Nachhaltigkeit und CSr sind weltweit zu richtung-weisenden leitbildern geworden. Die Mitglieder von econsense wollen gemeinsam die mit diesen leit-bildern verbundenen Herausforderungen angehen und die Erreichung ökonomischer, sozialer und ökologischer Ziele unterstützen. Dies geschieht aus dem Bewusstsein heraus, dass die Wirtschaft mit ihrer innovations- und investitionskraft eine besondere Verantwortung für den Wandel hin zu einer nach haltigeren Entwicklung trägt. Gleichzeitig eint die econsense-Mitglieder die Überzeugung, dass nachhal tiges Wirtschaften als Bestandteil der Unternehmensstrategie die langfristige Wettbe-werbsfähigkeit steigert.

Kernaufgabe von econsense ist die Unterstützung der betrieblichen Umsetzung von Nachhaltigkeit in unterschiedlichen Themenbereichen. Gemeinsam mit den Mitgliedsunternehmen werden dazu kon-krete projekte zur Verbesserung betrieblicher abläufe im Unternehmen sowie entlang der lieferkette ange-stoßen und durchgeführt. econsense wirkt dabei als Katalysator für Nachhaltigkeitsthemen in der Wirtschaft – auch über die Mitgliedsunternehmen hinaus. Ein großer Teil der arbeit von econsense fin-det in projektgruppen zu ausgewählten Fachthemen statt. Die projektgruppen bestehen aus Experten

der Mitgliedsunternehmen sowie Fachreferenten aus der econsense Geschäftsstelle und externen Experten. aktuell bietet econsense projektgruppen zu den folgenden Fach themen an: Biodiversität und Ökosystemleistungen, Klima und ressourcen, Demo-grafischer Wandel, Wirtschaft und Menschenrechte, Sustainability Transformation und Change Manage-ment, Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie Nach-haltigkeit in der lieferkette.

aktivitäten der projektgruppe Nachhaltigkeit in der lieferketteDie econsense projektgruppe Nachhaltigkeit in der lieferkette beschäftigt sich mit der Frage, wie Unter-nehmen allein und gemeinsam Transparenz über ihre internationalen lieferketten herstellen und das Nach-haltigkeitsmanagement ihrer lieferanten stärken können. Dabei geht es unter anderem um die Herstel-lung von Transparenz über die Nachhaltigkeitsleistun-gen von lieferanten, um die Unterstützung und Ent-wicklung von lieferanten hinsichtlich der Etablierung eines systematischen Nachhaltigkeitsmanagements sowie um Transparenz- und Sorgfaltspflichten in der rohstoffbeschaffung (Stichwort: Dodd-Frank-act). //

dr. Karsten schröder econsenseForum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft

econsense – ein unternehmensnetzwerkstellt sich vor

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für fragen zu den aktivitäten von econsense im Bereich lieferkette und darüber hinaus steht ihnen herr dr. Karsten schröder gerne zur Ver-fügung ([email protected]).

ministerpräsidentin malu dreyer am 30. Januar 2013 in ihrer regierungserklärung

Die Dimensionen der Nachhaltigkeit – ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung – werden in ein paar Jahren Standards sein, die über den Erfolg der Unternehmen auf dem Markt und über die akzeptanz bei Mitarbeitern und Kunden entscheiden. Nachhaltigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil.

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auf dem Weg zum meta-label? reinhard Schneider

Geschäftsführender Gesellschafter, Werner & Mertz GmbH in Mainz

Wie gehen sie in ihrer unternehmerischen praxis mit Zertifizierungen und prüfsiegeln um?

Bedeutung von Zertifikaten für nachhaltiges unternehmertum

in Mainz und dem österreichischen Hallein produziert Werner & Mertz putz- und reinigungsmittel wie Erdal, Frosch und Emsal für internationale Märkte. Seit über 140 Jahren fühlt sich Werner & Mertz als Familienunternehmen dem Standort in Mainz und den prinzipien nachhaltiger Wirtschaft verbunden. Das spiegelt sich auch in dem 2010 gebauten und mit dem rheinland-pfälzischen Umweltpreis ausgezeichneten Hauptverwaltungsgebäude wider: Werner & Mertz erhielt im September 2012 dafür mit „lEED plati-num“ die anspruchsvollste Nachhaltigkeits-Zertifizierung für Gebäude.

Thorsten pinkepankHead of Corporate Sustainability Relations, BASF in Ludwigshafen

eine Vielzahl von labels kann mitarbeiter und Konsumenten mehr verwirren, anstatt orientierung zu geben. „ideal wäre es, wenn wir ein Meta-Zertifikat hätten, das global für die verschiedenen Fragestellungen steht. Ein solches Meta-Zertifi-kat könnte der Verwirrung seitens der Mitarbeiter und Kunden, die durch zu viele labels auf den produktverpackungen die orientierung verlieren, abhilfe schaffen. Dabei müsste es so umfassend wie mög-lich sein. Zertifikate nur für einen bestimmten abschnitt der Wert-schöpfungskette sind ein erster sinnvoller Schritt, sie sollten aber im idealfall den lebenszyklus umfassen, es müssen möglichst alle partner einer Wertschöpfungskette einbezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass ein Zertifikat immer nur so gut sein kann, wie die Kriterien, die für seine Erhaltung zu berücksichtigen und umzuset-zen sind. Zusammengefasst wäre ein ideales Zertifikat aus meiner Sicht so international wie nur irgendwie möglich und jedenfalls für eine Wertschöpfungskette übergreifend. Dass es Kriterien aus allen drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – der sozialen, der öko-logischen aber auch der ökonomischen – umfasst, muss ebenfalls selbstverständlich sein. Doch neben den Siegeln brauchen wir vor allem auch Transpa-renz. Wenn ein Unternehmen nicht transparent handelt, gewinnt es nicht das Vertrauen seiner abnehmer. Ein solches Unternehmen wird keine Geschäfte machen. Damit ist Transparenz im unter-nehmerischen Handeln noch viel wichtiger als die Siegel, die auf produkten stehen.“

Mit über 36 000 Mitarbeitern (Stand 2012) ist ludwigshafen der weltweit größte produktionsstandort der BaSF SE. Die produkt-palette des 1865 gegründeten Unternehmens deckt das gesamte Spektrum der Chemieerzeugnisse ab. Bei der Herstellung legt der Konzern besonderen Wert auf den Schutz der Umwelt und die Schonung von ressourcen. abnehmer sind die automobil-, Chemie-, Textil-, Bau- und Verpackungsindustrie sowie Kunden in den Branchen landwirtschaft, Energiewirtschaft, Elektro und papier.

Nachhaltigkeits-Zertifikate und -labels wie der Blaue Engel oder das Bio-label sollen Marktpartnern und Verbrauchern informationen zu Eigenschaften von produkten, Dienstleistungen und Unternehmen liefern, die nicht ohne weiteres zu erkennen sind. Hierzu gehören soziale oder ökologische aspekte von produkten und produktionsprozessen.

Heute gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen labels im Bereich nachhaltigen Wirtschaftens. So empfiehlt der rat für Nachhaltige Entwicklung in seinem nachhaltigen Warenkorb rund 50 verschie-dene produktkennzeichnungen. Über 400 labels und Managementstandards enthält das online-portal des Bundesverbands Die VErBraUCHEr iNiTiaTiVE e.V.. Hinzu kommen nicht geschützte Begriffe wie „sozial-verträglich“ oder „verantwortungsvoll“ sowie eigene Siegel der industrie und des Handels. Der weit über-wiegende Teil der labels und Zertifikate konzen-triert sich nur auf einzelne aspekte eines produk-tes oder einer produktgruppe, mithin also nur auf einen ausschnitt aus der Wertschöpfungskette. So garantiert etwa das Bio-Siegel die produktionsweisen

des ökologischen landbaus, zu denen der Verzicht auf pflanzenschutzmittel oder der Tierschutz gehö-ren. Weitere aspekte der Wertschöpfungskette, wie der Transport oder die Verpackung, fließen hingegen nicht in das Siegel ein.

Zu der Vielzahl an Siegeln kommt eine Vielzahl in der Trägerschaft von produktkennzeichnungen. Während es lange Zeit nur staatliche Stellen waren, die Öko-Siegel entwickelten und ihre Einhaltung überwachten, sind heute vielfach Hersteller, Handel oder Branchenverbände Träger und initiatoren von produktkennzeichnungen.

Zusammengenommen führt dies eher zu Verwirrung und Verunsicherung bei Konsumenten und Unterneh-men. Das wirft die Frage nach dem Nutzen und den Vorteilen von labels auf. Dabei steht ein vollständiges infragestellen von labels der Forderung nach einem Meta-label, das als übergreifendes, einheitliches und international vergleichbares Siegel alle aspekte der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie und soziale Ziele) berücksichtigt, gegenüber.

Wenn eine marke bereits gut etabliert ist, braucht man keine Zertifizierung. „Neben der Vielfalt an Zertifikaten gibt es große Qualitätsunter-schiede zwischen den einzelnen Zertifizierungen. Ein aus unserer Sicht sehr umfassendes Siegel ist EMaS. als Gütesiegel der Euro-päischen Union ist es ein anspruchsvolles System für nachhaltiges Umweltmanagement, das für viele Branchen von relevanz ist und das sowohl den Kernnutzen als auch die Verpackung, die produkti-onsbedingungen und die logistik mit einbezieht. EMaS ist zudem ein dynamisches Siegel: Um es zu behalten, muss ein Unternehmen jedes Jahr noch höhere anforderungen erfüllen. Da EMaS ursprüng-lich ein produktionsstandortzertifikat war, darf dieses logo jedoch nicht auf produkten erscheinen. aber speziell in den ländern, in denen die Bekanntheit der eigenen Marke noch nicht als Nach-haltigkeitsgarant ausreicht, kann die EMaS-Zertifizierung über die Erfüllung hoher Standards in Sachen Nachhaltigkeit auskunft geben. ‚Made in Germany‘ allein reicht heutzutage hingegen für exportie-rende Unternehmen häufig nicht mehr aus. aber auch wenn Werner & Mertz seine Umweltleistung in allen prozessen kontinuierlich ver-bessert und dies auch durch die EMaS-Zertifizierung validiert wird, dürfen wir diese aus juristischen Gründen leider auf der Verpackung unserer Frosch-produkte nicht ausloben. Bevor wir auf schwächere Zertifizierungen ausweichen, verzichten wir ganz darauf. Durch den Zertifizierungsdschungel glauben wir, dass wir Glaubwürdigkeit besser dadurch erreichen, dass wir unsere Marke glaubwürdig machen und glaubwürdig handeln und zwar täglich und in jedem Schritt, den wir tun. So faszinierend die grundsätzliche idee eines Meta-labels auch ist, ist der Weg bis zur Durchsetzung eines solchen labels noch weit. Bei Werner & Mertz ist unsere Marke unsere Zer-tifizierung, die wir durch das Vertrauen der Kunden erhalten haben.“

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Nachhaltigkeit ist Zukunftsvorsorge. Vor 20 Jahren haben wir uns gefragt, was passiert, wenn alle Men-schen in China auto fahren. Heute stellen wir fest: Noch fahren zwar nicht alle Chinesen auto, aber bereits viele. indien, Brasilien, Südafrika und andere Schwellenländer holen ebenfalls ökonomisch auf. Dies bedeutet neue Märkte und absatzchancen, gleichzeitig wird diese Entwicklung zu einem weiteren anstieg des weltweiten ressourcenver-brauchs führen. Zwar konnte die effiziente Nutzung der vorhandenen rohstoffe in den letzten Jahren ver-bessert werden, dies reicht jedoch nicht aus, um die beschriebenen Entwicklungen aufzufangen. Unser ökologisches Konto ist überzogen. letztendlich hat das die gleichen Konsequenzen, wie bei den öffent-lichen Haushalten: Wir brauchen für die Nachhal-tigkeit eine „Schuldenbremse“ mit klaren Vorgaben und Zielen.

Nachhaltige siedlungspolitikBesonders plastisch wird die Frage der Nachhal-tigkeit, wenn wir uns die Zahlen zur Flächeninan-spruchnahme in Deutschland anschauen. Nach angaben des Umweltbundesamtes verbrauchen wir jeden Tag 100 Hektar an zusätzlicher Fläche. Das entspricht der Größe von zehn Fußballfeldern – jeder kann sich ausrechnen, wie lange es dauert, bis unsere republik zugepflastert ist. in rheinland-pfalz verfolgen wir deshalb das Ziel, die tägliche Flächenneuinanspruchnahme unter einem Hektar zu stabilisieren. Dazu benötigen wir eine nachhaltige Siedlungspolitik, die unter anderem durch das pro-jekt „raum+“ von der landesregierung unterstützt wird. Dieses instrument hilft den Kommunen beim nachhaltigen Flächenmanagement und dient dazu, die innerstädtischen potenziale zu nutzen. Es gilt die Maxime: innenraumentwicklung vor außenraument-wicklung. Das heißt für neue Vorhaben Baulücken zu erkennen und zu schließen.

Nachhaltigkeitsstrategie des landesDiese und andere Maßnahmen sind in der Nachhal-tigkeitsstrategie des landes rheinland-pfalz zusam-mengefasst. Mit dem Nachhaltigkeitsbericht hat die landesregierung indikatoren festgelegt, die laufend angepasst werden. auf diese Weise können wir fest-stellen, wo wir derzeit stehen, und den Fortschritt

„Wir brauchen eine schuldenbremse für die Nachhaltigkeit“

uwe hüserStaatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und landesplanung des landes rheinland-pfalz

messen, den das land bereits erreicht hat. Beson-ders wichtig ist zudem, noch ungenutzte potenziale zu identifizieren.

in der landesregierung rheinland-pfalz ist das Thema Nachhaltigkeit und das Erstellen der Nachhaltigkeits-strategie im Wirtschaftsministerium angesiedelt. Dabei verstehen wir Ökologie und Ökonomie nicht als einen Gegensatz. Nachhaltigkeit ist vielmehr eine unverzichtbare Zukunftsvorsorge, bei der gerade die ressourceneffizienz eine entscheidende rolle spielt. Nachhaltigkeit ist aus unserer Sicht ein wichtiger Standortfaktor, der sich auch wirtschaftlich auszahlt.

maßnahmen der WirtschaftspolitikZum Erhalt der natürlichen lebensgrundlagen zählt auch eine ökologische, nachhaltige Wirtschaftspolitik. Ein Wirtschaftssystem ist nur dann zukunftsfähig, wenn wir die ressourcen schonen, die Umwelt bewahren und den Menschen ein würdiges leben ermöglichen.

Ein Beispiel dafür ist die Energiewende. Mit ihrer Energiepolitik leistet die landesregierung einen kon-kreten Beitrag zu einer zukunftsfähigen Entwicklung des landes. in rheinland-pfalz haben wir uns zum Ziel gesetzt, den verbrauchten Strom bis zum Jahr 2030 bilanziell ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu gewinnen. Dazu brauchen wir mehr Fotovoltaik und mehr Windenergie, um unseren Ökologischen Fußabdruck deutlich und nachhaltig zu verkleinern.

Zu einer nachhaltigen Wirtschaftspolitik gehört auch, Strukturen zu schaffen, so dass künftigen Generati-onen arbeitsplätze zur Verfügung gestellt und ihre finanziellen Spielräume bewahrt werden. Eine nach-haltige Wirtschaftspolitik muss es deshalb sehr ernst mit der Haushaltskonsolidierung meinen. auch die Stärkung des sozialen Kapitals, wie beispielsweise das Vertrauen in (staatliche) institutionen, ist eine wichtige Säule, auf der ein nachhaltiges rheinland-pfalz aufbaut.

Nachhaltige unternehmensführung zahlt sich ausDas alles sind aspekte der Nachhaltigkeit, denen sich die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik und die

landesregierung in Zukunft noch stärker als bisher widmen möchten. Nachhaltigkeit betrifft aber nicht nur die Wirtschaftspolitik im Ganzen, sondern auch und gerade jedes einzelne Unternehmen. Nachhal-tiges Unternehmerhandeln ist nicht immer einfach, aber es rentiert sich: investitionen in Nachhaltigkeit zahlen sich mittel- und langfristig aus!

So bergen etwa viele produktionsprozesse erhebliche Einsparpotenziale durch energieeffizienteres Han-deln. oftmals ist es nicht der direkte Energieverbrauch im eigentlichen produktionsprozess, sondern das, was in den vielen Nebenprozessen abläuft: pumpen, lüften, verdichten, fördern, bewegen, klimatisieren und vieles andere. Expertenschätzungen gehen hier von Energie-Einsparpotenzialen von mindestens 50 prozent aus.

Die lebensphasenorientierte personalpolitik ist ein weiteres Beispiel für nachhaltige Unternehmens-führung. Unternehmen müssen sich angesichts des demographischen Wandels und des zunehmen-den Fachkräftemangels einer nachhaltigen, sozialen arbeitspolitik stellen. Sie müssen die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ernst neh-men, um sie im Unternehmen halten zu können. Das Wirtschaftsministerium will durch pilotprojekte, Veranstaltungen und leitfäden die Sensibilität der Unternehmen für diesen aspekt weiter steigern.

auch hier wird deutlich: Eine nachhaltige Unterneh-mensführung mag zunächst ein Kostenfaktor sein, sie zahlt sich aber mittel- und langfristig aus, etwa weil Fachkräfte gewonnen und gebunden werden, oder weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produk-tiver werden.

„Wir haben die erde von unseren Kindern nur geborgt“Sie sehen, das Thema Nachhaltigkeit hat für die landesregierung einen hohen Stellenwert. Wir haben alle ein interesse daran, unsere Erde zu schützen. Vor etwas mehr als einem Vierteljahrhundert wurde ein Slogan populär, der noch immer wahr ist: „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt.“ Die angesprochenen probleme in den Griff zu bekom-men, gehört zu den wichtigsten Zukunftsherausforde-rungen, die wir lösen müssen. Dazu müssen wir uns noch stärker mit Fragen der Nachhaltigkeit beschäf-tigen. Wir müssen weiter für eine nachhaltige politik werben und dabei auch die positiven wirtschaftlichen aspekte einer nachhaltigen Unternehmenspolitik herausstellen. Damit legen wir die Grundlage, um unseren Kindern und Enkeln eine Erde zu übergeben, die auch für künftige Generationen ein gutes leben ermöglicht. //

ökologischer fußabdruck reicht die Erde überhaupt noch aus, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen? Um eine antwort auf diese kom-plexe Frage zu finden, entwickelten die Wissenschaftler William E. rees und Mathis Wackernagel 1994 das Konzept des „Ökologischen Fußabdrucks“. Der Ökologische Fußabdruck ist ein Modell, das vereinfacht wider-spiegelt, wie groß die Biokapazität der Erde ist und wie viel die Menschheit tatsächlich von ihr nutzt. als Maß-einheit gilt die Fläche in globalen Hektar (gha). Man kann den Ökologischen Fußabdruck einer person, eines landes, aber auch den eines produktes, einer Dienstleistung oder einer Stadt berechnen. Um zu berechnen, wie viel Fläche benötigt wird, um all die Energie und rohstoffe zur Verfügung zu stellen, die ein Mensch für sein leben braucht, werden Faktoren wie Ernährungsgewohnheiten, Mobilität, persönlicher Konsum etc. her-angezogen. anschließend wird dieser Flächenverbrauch auf alle Menschen hochgerechnet und mit den auf der Erde real verfügbaren Flächen verglichen. Da der Ökologische Fußabdruck auf der Grundannahme basiert, dass allen Menschen gleich viel zur Verfügung steht, soll er sowohl indikator für Nachhaltigkeit als auch für soziale Gerechtigkeit sein.

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Nachhaltigkeit als erfolgsfaktor für die logistik – anforderungen und Konzepte 25. oktober 2012Boehringer ingelheim

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k Vorstellung des herbstgutachtens 2012/2013 mit prof. dr. peter Bofinger28. November 2012rheinland-pfalz Bank, Mainz

corporate social responsibility – Beitrag für ein gerechtes europa25. September 2012Vertretung des landes rheinland-pfalz, Brüssel

Konjunkturausblick 201319. Februar 2013Boehringer ingelheim

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auf der Bastei 355131 MainzTel.: 0 61 31 - 16 56 87Fax: 0 61 31 - 16 25 54 E-Mail: [email protected]

redaktion: laura Demare Dr. Franziska rischkowsky Daniela Hartmann Verantwortlich: Heike arend

Druck: Druckzentrum lang, Mainz

Erscheinungsdatum: april 2013

Herausgeber:

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lIck 28.04.

die NächsteN Zirp-VeraNstaltuNgeN:Konzert der Zirp-stipendiaten 201328. april 2013, 12.15 Uhr, arp Museum Bahnhof rolandseck, remagen

Zirp zu gast beim mittelstand: die ministerpräsidentin im gespräch15. Mai 2013, 18.00 Uhr, juwi aG, Wörrstadt

Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger anmeldung an [email protected] möglich.

aKtuelle puBliKatioN:

proJeKtstudieN der Zirp – heft 11technologien der ZukunftMehr denn je hängt ökonomischer Erfolg von der Fähigkeit ab, zukunftsträchtige Techno-logien zu erkennen und gezielt voranzutreiben, ohne jedoch die gesellschaftlichen Folgen aus den augen zu verlieren. Technologischer Wandel in rheinland-pfalz heißt: Weiterent-wicklung neuer Technologien für den industrie- und Dienstleistungsstandort rheinland-pfalz. aber auch: Die Bewertung des technologischen Fortschritts in seinen auswirkungen auf die Gesellschaft. Die aktuelle Schwerpunktstudie Technologien der Zukunft gibt einen Überblick über den Technologiestandort rheinland-pfalz sowie über die Maßnahmen und Strategien auf Bundes- und europäischer Ebene.

Erscheinungsdatum: april 2013Kostenlose Zusendung der pDF-Version per E-Mail. Bestellung bitte an: [email protected].

15.05.

IMPR

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20 Jahre Zirp – die JuBiläumsfeier am 10. November 2012 im staatstheater mainz

rUDolF SCHarpiNG, GrÜNDUNGSMiTGliED DEr Zirp

VErlEiHUNG DEr UrKUNDE ZUr GrÜNDUNG DEr Zirp-STiFTUNG

REIHE: Projektstudien der ZIRPHeft 11| 2013

www.zirp.de

TECHNOLOGIENDER ZUKUNFT

Projektstudie der Zukunft siniti ati ve Rheinland-Pfalz

Fotonachweise:Titel © frank peters - Fotolia.com, © Fenton - Fotolia.comS.2 © alex_Mac - Fotolia.comS.3 © BaSF S.7 © Digitalpress - Fotolia.comS.8 © mitay20 - Fotolia.com S.18 © atira - Fotolia.com S.22 © Spectral-Design - Fotolia.com S.26 © Eisenhans - Fotolia.comS.30 © heros1973 - Fotolia.comS.32 © photoSG - Fotolia.com, © photoSG - Fotolia.com, © soleg - Fotolia.com, © kamonrat - Fotolia.com S.33 © Marco2811 - Fotolia.com, © stockcreations - Fotolia.com, © thomaslerchphoto - Fotolia.comS.35 © Fotogalerie rlpS.36 © adimas - Fotolia.comS.39 © arVis - Fotolia.comS.43 © Martina pipprich (Technologiestudie)

art Direction und gestalterischeUmsetzungen der Grafiken: Gaby Bittner

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SEBaSTiaN HENNEMaNN, Zirp-STipENDiaT 2012FESTrEDNEriN Dr. TaNJa GaBriElE BaUDSoNMaX SiMoN, Zirp-STipENDiaT 2012

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adam opel aG • aoK rheinland-pfalz/Saarland • architektenkammer rheinland-pfalz • BaSF SE • Bauern- und Winzer-

verband rheinland-pfalz Süd • Baugewerbeverband rheinland-pfalz e.V. • Bernd Hummel Holding GmbH •

Bitburger Braugruppe GmbH • Boehringer ingelheim pharma GmbH & Co. KG • Bundesagentur für arbeit regionaldirek-

tion rlp-Saarland • Caritasverband für die Diözese Speyer e.V. • Daimler aG • DB Schenker rail Deutschland aG • Debeka

Versicherungen • Deutsche Bank aG • Deutsche Bundesbank • Deutsche Telekom aG • Deutsche Universität für Verwaltungs-

wissenschaften Speyer • DGB-landesbezirk rheinland-pfalz • Eberspächer catem GmbH & Co. KG • Eckes-Granini

Deutschland GmbH • ECrEF European Center for refractories gGmbH • Entega Geschäftskunden GmbH & Co. KG • Ernst

& young aG • Evangelische Kirche der pfalz • Fachhochschule ludwigshafen • Genossenschaftsverband e.V. • Gerolsteiner

Brunnen GmbH & Co. KG • Gienanth GmbH • Globus SB-Warenhaus Holding GmbH & Co. KG • Handwerkskammern

rheinland-pfalz • Heberger Bau aG • ingenieurkammer rheinland-pfalz • investitions- und Strukturbank rheinland-

pfalz (iSB) • Johannes Gutenberg-Universität Mainz • Joseph Vögele aG • JT international Germany GmbH • juwi aG •

Karl Gemünden GmbH & Co. KG • KpMG aG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft • KSB aG • landesärztekammer rhein-

land-pfalz • loTTo rheinland-pfalz GmbH • m-result, Market research & Management Consulting GmbH • Michelin

reifenwerk Bad Kreuznach • microTEC Gesellschaft für Mikrotechnologie mbH • MikroForUM Hochtechnologiepark

Wendelsheim GmbH • Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und landesplanung • Nolte SE • Nürburgring

automotive GmbH • pFaFF industriesysteme und Maschinen aG • pfalzwerke aG • pricewaterhouseCoopers aG

• projektentwicklungsgesellschaft des landes rheinland-pfalz mbH (pEr) • provinzial rheinland Versicherungen

• rheinland-pfalz Bank • rHENUS VENiro GmbH & Co. KG • rpr1 • SaM Sonderabfall-Management- Gesell-

schaft rheinland-pfalz mbH • Schuler Service GmbH & Co. KG • Siemens aG • Sparkassenverband rheinland-

pfalz • Staatskanzlei rheinland-pfalz • Steuerberaterkammer rheinland-pfalz • SWr – Südwestrundfunk • Techniker

Krankenkasse • Technische Universität Kaiserslautern • TÜV pfalz GmbH • TÜV rheinland Group • Universität Trier •

3V-Finanz-Management GmbH • vero –  Verband der Bau- und rohstoffindustrie e.V. • Villa Musica rheinland-pfalz •

WHU – otto Beisheim School of Management • ZDF – Zweites Deutsches Fernsehen (Stand april 2013)

die Zirp-mitglieder