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1 chirurgische praxis 2018 Band 84 / 3 Olekranonfrakur – proximale Ulnafraktur – Zuggurtung chirurgische praxis 84, 1–11 (2018) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG Frakturen des Olekranons – Diagnostik und Therapieoptionen K. Dresing, C. Spering Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen Einleitung Die Olekranonfraktur ist eine der häufigsten El- lenbogenverletzungen. Das Scharniergelenk besteht aus der proximalen ulnaren Gelenkkavität, in die die Humerusrolle eingreift. Das Humeroulnargelenk führt knöchern das Gelenk 20° und 120°, der Zwischenbe- reich wird vor allem ligamentär geführt. Beim Olekranon handelt sich um einen subkutan ge- legenen Knochen, der wenig weichteilgeschützt ist, deshalb werden häufig offene Frakturen beobachtet. Olekranonfrakturen können isoliert oder im Rahmen von komplexen Ellenbogenver- letzungen auftreten. Ätiologie Frakturen entstehen durch direkte oder indirek- te Gewalteinwirkung. Durch direkten Sturz auf die proximale Elle oder bei Schlag auf die Elle entstehen die Olekranonfrakturen. Als indirektes Unfallereignis können der Sturz und das Abfan- gen mit dem gestreckten Arm erfolgen. Der M. triceps spannt dabei den Unterarm an und kann das Olekranon aus der Gelenkrolle der Ulna zie- hen und frakturieren. Begleitverletzungen sind immer auszuschließen, besonders an der ipsilateralen Extremität. Transversale Frakturen entstehen häufiger durch indirekte Gewalteinwirkung. Gelenkfrakturen da- gegen häufiger durch direkte Gewalteinwirkung. Nach einer Fraktur werden Deformität, Schwel- lung und Schmerzäußerung sowie evtl. offene Weichteilverletzung beobachtet. Ziel der Behandlung Ziel der Behandlung von Olekranonfrakturen ist die frühfunktionelle Behandlung nach Versorgung der knöchernen und ligamentären Strukturen und, wenn erforderlich, der Ausschluss von Begleitver- letzungen oder aber deren weitere Behandlung. CME c m e. m g o -f ac h v e rl a g e .d e

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1chirurgische praxis 2018 Band 84 / 3

Olekranonfrakur – proximale Ulnafraktur – Zuggurtung

chirurgische praxis 84, 1–11 (2018) Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG

Frakturen des Olekranons –

Diagnostik und Therapieoptionen

K. Dresing, C. Spering

Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie,

Universitätsmedizin Göttingen

� Einleitung

Die Olekranonfraktur ist eine der häufigsten El-lenbogenverletzungen.

Das Scharniergelenk besteht aus der proximalen ulnaren Gelenkkavität, in die die Humerusrolle eingreift. Das Humeroulnargelenk führt knöchern das Gelenk 20° und 120°, der Zwischenbe-reich wird vor allem ligamentär geführt. Beim Olekranon handelt sich um einen subkutan ge-legenen Knochen, der wenig weichteilgeschützt ist, deshalb werden häufig offene Frakturen beobachtet. Olekranonfrakturen können isoliert oder im Rahmen von komplexen Ellenbogenver-letzungen auftreten.

� Ätiologie

Frakturen entstehen durch direkte oder indirek-te Gewalteinwirkung. Durch direkten Sturz auf die proximale Elle oder bei Schlag auf die Elle entstehen die Olekranonfrakturen. Als indirektes Unfallereignis können der Sturz und das Abfan-gen mit dem gestreckten Arm erfolgen. Der M. triceps spannt dabei den Unterarm an und kann das Olekranon aus der Gelenkrolle der Ulna zie-hen und frakturieren.

Begleitverletzungen sind immer auszuschließen, besonders an der ipsilateralen Extremität.

Transversale Frakturen entstehen häufiger durch indirekte Gewalteinwirkung. Gelenkfrakturen da-gegen häufiger durch direkte Gewalteinwirkung.

Nach einer Fraktur werden Deformität, Schwel-lung und Schmerzäußerung sowie evtl. offene Weichteilverletzung beobachtet.

� Ziel der Behandlung

Ziel der Behandlung von Olekranonfrakturen ist die frühfunktionelle Behandlung nach Versorgung der knöchernen und ligamentären Strukturen und, wenn erforderlich, der Ausschluss von Begleitver-letzungen oder aber deren weitere Behandlung.

CMEcm

e.mgo -fachverlage

.de

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teilt, Hautläsionen sind zu beachten (Abb. 1). Es besteht Berührungsempfindlichkeit und Be-wegungsschmerz. Der N. ulnaris liegt prominent unter der Haut, medial im Sulcus. Pulse wer-den getastet über die A. radialis und ulnaris; die Funktionen von Nn. ulnaris, medianus und interosseus posterior werden geprüft.

Bei der Untersuchung sollen Begleitverletzung an Schulter, Clavicula, Oberarm, Handgelenk, Hand und Vorderarm ausgeschlossen werden. An lokalen Verletzungen sollten ausgeschlossen werden: Frakturen des Coronoids, Radiusköpf-chenfrakturen, Monteggia-Verletzungen und as-soziierte distale Humerusfrakturen. Offene Frak-turen des Olekranons treten häufiger bei älteren Patienten aufgrund der vulnerableren Haut- und Weichteile auf [1].

Bei Mehrfachverletzungen und Polytraumen be-steht immer ein hoher Verdacht auf assoziierte Verletzungen. Kompartmentsyndrome sind zwar sehr selten, müssen aber auch sicher ausge-schlossen werden.

Apparative Diagnostik

Konventionelle RöntgenuntersuchungDie konventionelle Röntgenuntersuchung des El-lenbogengelenks in 2 Ebenen im a.-p. und seit-lichen Strahlengang ist Standard (Abb. 2a, b). Der Zentralstrahl soll auf die Gelenkmitte einge-stellt sein. Im seitlichen Strahlengang soll die Trochlea humeri dargestellt werden, das Radius-köpfchen ist frei dargestellt, lediglich durch den Proc. coronoideus bedeckt. Eine Zielaufnahme des Radiusköpfchens, die sog. radiocapitel-lare (Greenspan) Einstellung, ist sinnvoll zum Ausschluss von Radiusköpfchenbeteiligungen (Abb. 2c).

SchnittbildgebungBei komplexen Frakturen ist die CT-Untersuchung zu fordern (Abb. 3).

Eine regelhafte MRT-Untersuchung ist nicht erfor-derlich; diese sollte nur bei gezielter Fragestel-lung, z. B. bei Knorpelläsion oder bei V. a. kom-

� Diagnostik

Die Patienten berichten einerseits über das Unfallereignis, klagen dann über plötzlichen Schmerz, Instabilität des Ellenbogengelenks, Schwellung über dem Olekranon und Einblutung rund um den Ellenbogen.

Bei der klinischen Untersuchung achtet man auf Schwellung, Ergussbildung, Deformität des Gelenks, Prellmarken, Einblutung und Weichteil-beteiligung; Haut und Weichteile werden beur-

Abb. 1 | Klinischer Befund nach Olekranonfraktur: Schwellung, Prellmarken

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plexe Brandverletzungen, zum Einsatz kommen.Die Frakturverläufe und -linien werden im Rönt-genbild analysiert: Handelt es sich um einen transversen Verlauf oder um eine leicht schräg verlaufende, basisnahe Fraktur?

Schräge Frakturen tendieren dazu, nach streck-seitig und dorsal zu laufen und erreichen die dorsale Grenze des Olekranons, Knochenfragmen-te können herausgelöst sein.

Die Frakturen sollten vor Beginn der Behand-lung immer klassifiziert werden. Geläufig sind die AO-Klassifikation, die Mayo- [2] und die Schatzker-Klassifikation. Keine ist bisher allge-mein akzeptiert [3, 4]. Vorgestellt werden hier die Schatzker-Klassifikation (Abb. 4) [5] und die AO-Klassifikation. Die ursprüngliche Klassifi-kation erfuhr eine Revision und wird hier als mo-difizierte AO/OTA-Klassifikation [6] vorgestellt, in welcher Ulna und Radius separat klassifiziert werden (Abb. 5).

� Behandlungsziele für jüngere Patienten

Bei dieser Patientengruppe stehen die anatomische Rekonstruktion der Gelenkfläche, die Wiederherstel-lung von Stabilität und Kraft sowie die Verhinde-rung der Gelenkeinsteifung immer im Vordergrund.

� Behandlungsziele für ältere Patienten

Bei den älteren Patienten steht im Vordergrund die Minimierung der Morbidität und möglichst der Er-halt der Eigenständigkeit. Auch bei diesen Patien-ten sollten Begleitverletzungen ausgeschlossen und behandelt werden, insbesondere die Instabilität.

� Konservative Behandlung

Indikation zur nicht-operativen Behand-lung besteht bei unverschobenen Frakturen bzw. bei unverschobenen oder reponierten

Abb. 2 | Konventionelle Röntgenbildgebung einer

Schatzker-Fraktur vom Typ A (AO 2U1B):

a) a.-p.; b) lateral; c) Radiusköpfchen-

Zielaufnahme

a b

c

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trollen werden angesetzt (1., 2., 4. Woche), um sekundäre Dislokationen auszuschließen. Duckworth et al. ermittelten 2014 bei älteren, wenig anspruchsvollen Patienten 91 % Zufrie-denheit [8].

� Operative Behandlung

Die Indikation zur Operation wird bei dislozier-ten Frakturen mit mehr als 1–2 mm Dislokation, Verlust der aktiven Streckung im Ellenbogenge-lenk und Ellenbogeninstabilität sowie bei Ver-sagen des konservativen Managements gesehen.

AO-2U1B1-Frakturen [6]. Die aktive Extension sollte möglich sein. Dies sollte unter Röntgen (Fluoroskopie, C-Bogen) kontrolliert und doku-mentiert werden.

Die Ruhigstellung erfolgt im Oberarm-Cast, zir-kulär gespalten oder als Schiene in 90°-Stel-lung für 7–10 Tage, dann aktive Mobilisation. Die Verwendung von modernen Stützverband-materialien, z. B. semirigide Materialien, wird empfohlen [7]. Primär sollten alle Verbände bis auf die letzte Faser gespalten werden [7]. Ap-plikationen mit Klett bieten sich an, um eine frühfunktionelle Mobilisation – anfangs passiv, später aktiv – aus der Castschiene leichter zu ermöglichen [6]. Regelmäßige Röntgenkon-

Abb. 3 | Röntgenbildgebung bei komplexer Olekranonfraktur (AO 2U1Ce): a) a.-p.; b) lateral; deutli-che Dehiszenz der proximalen Ulna fragmente; c) CT-MPR: Zusätzliche Darstellung des intermediären Fragments und der Stufenbildung in der Gelenkfläche

a b

c

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Abb. 4 | Schatzker-Klassifikation der proximalen Ulna-/Olekranon-Frakturen

Mit freundlicher Genehmigung der AO Foundation, Davos

Typ Schatzker Frakturform OP-Verfahren

A Transvers Zuggurtung

B Transvers-impaktiertes intermediäres Fragment

Längere »low-profile« Platte

C Schräg

D Mehrfragmentär

E Distal schräg Anatomische Ulnaplatte

F Frakturdislokation Anatomische Ulnaplatte

Operative Verfahren

Bevor ein operatives Verfahren ausgewählt wird, sollten die Röntgenaufnahmen noch einmal ge-

nau analysiert werden. Läuft die Frakturlinie transvers, ist eine Zuggurtungsosteosynthese möglich, verläuft die Frakturlinie schräg, sollte eher eine Plattenosteosynthese erfolgen.

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2U1A Ulna, extraartikuläre Fraktur

2U1A1 Avulsion der Trizepsinsertion

2U1A2 Metaphyseale einfache Fraktur

2U1A3 Metaphyseale multifragmentäre Fraktur

2U1B Ulna, partielle artikuläre Fraktur

2U1B1 Olekranon

2U1B2 Coronoid

2U1C Ulna, komplette artikuläre Fraktur

2U1C3 Olekranon- und Coronoidfraktur

d = Einfach e = Multifragmentäres Olekranon

Abb. 5 | Aktuelle AO-Klassifikation der proximalen Ulna-/Olekranon-Frakturen

Mit freundlicher Genehmigung der AO Foundation, Davos

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Die Intaktheit des dorsalen Cortex hilft bei der Indikation, welches Verfahren gewählt werden sollte. Ist der dorsale Cortex präoperativ intakt, kann eine Zuggurtungsosteosynthese erfolgen. Ist er mehrfragmentiert, ist eine Zuggurtungs-osteosynthese nicht indiziert und er benötigt eine Plattenosteosynthese.

ZuggurtungsosteosyntheseZuggurtungsosteosynthesen eignen sich bei Quer- und Schrägfrakturen (Schatzker A und C; Mayo IIA) [9]. Die Inzision verläuft dorsal in der Mittellinie mit Kurvatur nach radial über der Olekranonspitze. Der M. flexor capi ulnaris wird medial gelöst, die Anconeus-Sehne late-ral.

Nach Reposition werden die 2 Bohrdrähte/Kirschnerdrähte parallel direkt unterhalb der Gelenkfläche in Richtung Prozessus coronoi-deus gebohrt (Abb. 6). Der Cerclagedraht wird trans ossär durch die Ulna geleitet, dorsal um die Bohrdrähte geführt und möglichst mit 2 Zwirbeln gespannt. Die Technik ist sehr gut illustriert in »AO Surgery Reference« [10]. Die Drähte werden um 180° umgebogen und durch Stößel intraossär verankert (Abb. 6e, f).

Beim Bewegen werden Zugkräfte erzeugt. Es er-folgt dann die Umwandlung von Zug- in Druckkräf-te und damit eine Kompression der Fraktur. Die Zuggurtungsosteosynthese wird in ihrer Schwie-rigkeit häufig unterschätzt [11] und geht mit anwenderproduzierten oder patienteninduzierten Problemen einher, wie z. B. mangelnder Implanta-tehalt im osteoporotischen Knochen. Die korrekte Durchführung führt zu guten Ergebnissen.

PlattenosteosyntheseEine Indikation zur Plattenosteosyn these besteht bei Trümmerfrakturen, dislozierten und schrägen distalen Frakturen (Schatzker B, D, E und F; Mayo IIB und III) [12, 13]. Hierbei wird eine Platten-Zuggurtung ver-wendet mit Drittelrohrplatte (heute sehr selten), Rekonstruktionsplatte (selten) oder winkelstabiler Platte, idealerweise als anatomisch geformte Platte (Abb. 7). Da die proximale Ulna eine Biegung nach radial aufweist, sind gerade konventionelle Platten nicht so ideal für die Versorgung geeignet wie die sog. anatomischen Platten (Abb. 7b–d). Intermediäre Fragmente können bei der Repo-sition und Fixierung eine Herausforderung dar-stellen [14]. Der Zugang ist ähnlich wie bei der

Abb. 6 | Olekranonfrak-tur (AO 2U1Ce)a–c) Röntgen des Ellen-bogengelenks in 3 Ebe-nen; d) intraoperativer Situs mit eingeberachten parallelen Bohrdrähten; e, f) postoperative Röntgenkontrolle mit liegender Zuggurtung

a b c

d e f

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Zuggurtung, wird nur etwas weiter nach distal an der Ulnakante entlang oder in minimalinva-siver Technik nach distal verlängert. Bei sehr komplexen Verletzungen müssen die Begleitver-letzungen, wie Radiusköpfchen- und Coronoid-frakturen, mitversorgt werden (Abb. 8).

Bei sehr betagten Patienten und schwerer Osteo-porose kann die Exzision eines intermediären Fragments und damit Verkürzung des Olekranons sinnvoll sein [15].

Ergebnisse

Die konservativen Indikationen zeigen ein ausreichendes Kurzzeit- und Langzeitergebnis,

insbesondere bei älteren und wenig anspruchs-vollen Patienten [8, 16]. Die Komplikationsrate ist höher als bei der Plattenversorgung, sodass eine frühzeitige Implantatentfernung erforder-lich werden kann. Die Infektionsrate erscheint bei Plattenosteosynthesen höher [17].

Laut Cochrane 2014 ist zurzeit noch keine genü-gende Evidenz für ein zu präferierendes Operati-onsverfahren vorhanden [18].

Komplikationen kommen häufig wegen des dünnen Weichteilmantels zustande, der durch die Implan-tate irritiert wird. Deutliche Unterschiede zwischen Zuggurtung und Platte lassen sich nicht aufzeigen [19]. Bei Plattenosteosynthesen scheinen die Kom-plikationen deutlich geringer zu sein [20].

Abb. 7 | Olekranon-Mehr-fragmentfraktur (AO 2U1Ce; konventionelle Röntgenbilder in Abb. 3):a) intraoperativer Situs; b) Reposition und Auf-legen der anatomischen Olekranonplatte 3,5 mm (DePuy Synthes); c, d) postoperative Rönt-gendokumentation vor Metallentfernung

a

c d

b

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turen und bedürfen einer anatomischen Repo-sition.

Einfache Frakturen können mit Zuggurtungs-osteosynthese versorgt werden, einfache Schräg-frakturen mit Zuggurtung und Zugschraube. Instabile Schrägfrakturen, komplexe und multi-fragmentäre proximale Ulnafrakturen, bei denen der dorsale Cortex betroffen ist, Frakturen distal der Gelenkfläche und starke Dislokationen erfor-dern eine Plattenosteosynthese dorsal auf der Zugseite der Ulna, idealerweise mit anatomisch geformten Platten.

� Zusammenfassung

In diesem Artikel sollen abgehandelt werden: Frakturen des Olekranons und deren Klassifikati-on, Indikation zur konservativen bzw. operativen Behandlung sowie operative Verfahren und deren Ergebnisse. Neben der konventionellen Röntgen-diagnostik ist die CT heute Goldstandard bei kom-plexen Frakturen. Ist der dorsale Cortex intakt, kann eine Zuggurtung erfolgen. Bei Beteiligung

Bei Patienten nach einer Olekranonfraktur werden häufig Bewegungseinschränkungen in Form von Ex-tensionseinschränkungen festgestellt [21]. Insbe-sondere bei komplexen Frakturen ist die postope-rative Rate an Arthrose deutlich erhöht [22, 23].

Die Ergebnisse zwischen offenen und geschlosse-nen Olekranonfrakturen sind vergleichbar [24].

Bei osteoporotischen Frakturen scheinen winkel-stabile Platten keine wesentlichen Vorteile bei normaler Belastung zu bringen [25]. Dies wider-spricht aber der eigenen Erfahrung bei Osteoporo-se. Bei Osteoporose sollte die postoperative Phy-siotherapie dosiert durchgeführt werden, sprich ohne starke Belastung des operierten Armes [26].

Rommens et al. empfehlen die Implantatentfer-nung nach Frakturheilung [27].

� Fazit

Das Management hängt ab vom Frakturmuster. Fast alle Olekranonfrakturen sind artikuläre Frak-

Abb. 8 | Komplexe proximale Ulna- und Coronoidfraktur (AO 2U1C3e), zusätzlich Fraktur des Radiusköpfchens (AO 2R1C1):a–c) konventionelle Röntgendarstellung; d–f) postoperative Röntgenbilder mit anatomischer Olekranonplatte; Fixie-rung des Coronoids mit Kortikaliszugschrauben und Schraubenosteosynthese des Radiusköpfchens

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d e f

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des dorsalen Cortex wird die Plattenosteosyn-these, bevorzugt mit anatomischen proximalen Ulnaplatten, empfohlen. Physiotherapeutische Beübung ist immer angezeigt. Komplikationen können implantatbedingt (dünner Weichteil-mantel) auftreten; Streckhemmungen werden am Ende der Behandlung häufig beobachtet.

Dresing K, Spering C:Fractures of the olecranon – diagnostics and

treatment options

Summary: In this review article diagnostics, classification, and indication for treatment of proximal ulna fractures (olecranon fractures) are presented. Besides conventional x-rays in complex fractures CT-scans are recommended. Non-operative treatment with primary cast immobilisation is indicated in non-dislocated olecranon fractures (AO or Schatzker classification). Tension band wiring is possible when the dorsal cortex is intact.

If the dorsal cortex is involved, especially comminuted plating is recommended. Anatomical shaped and prebended plates are indicated. Postoperative physiotherapy with early motion starts after surgery. Many patients have a restriction of extension at the end of treatment.

Keywords: olecranon fracture – proximal ulna fracture – tension bending

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Herr Prof. Dr. Klaus Dresing behält sich das Copy right sämtlicher Abbildungen, Tabellen und Röntgenbilder vor.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass bei der Erstellung des Beitrags keine Interessen-konflikte im Sinne der Empfehlungen des Inter-national Committee of Medical Journal Editors bestanden.

Prof. Dr. Klaus DresingKlinik für Unfallchirurgie, Orthopädie

und Plastische ChirurgieUniversitätsmedizin Göttingen

Robert-Koch-Straße 4037075 Göttingen

[email protected]

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