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1 Hilbertr ¨ aume und Quantenmechanik Inhalt: I. Hilbertr¨ aume und beschr¨ ankte lineare Operatoren 1. Hilbertr¨ aume 2. Beschr¨ ankte lineare Operatoren 3. Fourier-Reihen und der Satz von Fej´ er 4. Orthonormalbasen 5. Beschr¨ ankte lineare Operatoren auf Hilbertr¨ aumen 6. Konsequenzen aus dem Satz von Baire 7. Schwache Konvergenz 8. Grundlagen der Spektraltheorie 9. Kompakte Operatoren und Fredholmoperatoren 10. Kompakte normale Operatoren II. Unbeschr¨ ankte Operatoren und Observable der Quantenmechanik 11. Abgeschlossene und abschließbare Operatoren 12. Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren 13. Spektralzerlegungen und Quantenmechanik 14. Distributionen und Fourier-Transformation 15. Friedrichs-Fortsetzung und harmonischer Oszillator 16. Observable und symmetrische St¨ orungen

1 Hilbertr¨aume und Quantenmechanik - uni-dortmund.de · xj im Hilbertraum L2(R3) und den Impulsoperator Pj durch den Differentialope-rator Pj:= −i¯h ∂ ∂xj. Der Hamilton-Operator

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    Hilberträume und

    Quantenmechanik

    Inhalt:

    I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    1. Hilberträume

    2. Beschränkte lineare Operatoren

    3. Fourier-Reihen und der Satz von Fejér

    4. Orthonormalbasen

    5. Beschränkte lineare Operatoren auf Hilberträumen

    6. Konsequenzen aus dem Satz von Baire

    7. Schwache Konvergenz

    8. Grundlagen der Spektraltheorie

    9. Kompakte Operatoren und Fredholmoperatoren

    10. Kompakte normale Operatoren

    II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik

    11. Abgeschlossene und abschließbare Operatoren

    12. Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren

    13. Spektralzerlegungen und Quantenmechanik

    14. Distributionen und Fourier-Transformation

    15. Friedrichs-Fortsetzung und harmonischer Oszillator

    16. Observable und symmetrische Störungen

  • 2

    Literatur

    GW I.M. Gelfand, N.J. Wilenkin: Verallgemeinerte Funktionen (Distributionen) IV.

    Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1964.

    KA W. Kaballo: Einführung in die Analysis I – III.

    Spektrum-Verlag, Heidelberg-Berlin 2000, 1997, 1999.

    KFA W. Kaballo: Grundkurs Funktionalanalysis.

    Spektrum-Verlag, Heidelberg-Berlin April 2011.

    Mau K. Maurin: Methods of Hilbert Spaces.

    Polish Scientific Publishers, Warschau 1972.

    No W. Nolting: Grundkurs Theoretische Physik 5/1: Quantenmechanik.

    Springer, Berlin-Heidelberg 2004.

    RS M. Reed, B. Simon: Methods of Mathematical Physics I: Functional Analysis.

    Academic Press New York 1972.

    Sch F. Schwabel: Quantenmechanik.

    Springer, Berlin-Heidelberg 2005.

    Tr H. Triebel: Höhere Analysis.

    Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1972.

    Wei J. Weidmann: Lineare Operatoren in Hilberträumen.

    Teubner, Stuttgart 1994.

  • 3

    Einleitung

    Zur physikalischen Beschreibung atomarer Teilchen entwickelten E. Schrödinger undW. Heisenberg 1925/26 unabhängig voneinander zwei verschieden aussehende Theo-rien der Quantenmechanik. Diese stellten sich bald als

    ”isomorph“ heraus und lassen

    sich als spezielle Realisierungen abstrakterer Begriffsbildungen interpretieren:

    Zustände und Observable. a) Ein (reiner) Zustand eines quantenmechanischenSystems wird durch einen Einheitsvektor x ∈ H in einem separablen HilbertraumH beschrieben. Dabei beschreiben alle Vektoren αx mit |α | = 1 den gleichen Zu-stand.

    b) Eine beobachtbare Größe oder Observable eines quantenmechanischen Systemswie etwa Ort, Impuls oder Energie wird durch einen selbstadjungierten Operator imHilbertraum H beschrieben.

    c) Die Menge aller möglichen Messergebnisse einer Observablen A ist durch dasSpektrum σ(A) ⊆ R des Operators gegeben. Für einen Zustand x ∈ D(A) imDefinitionsbereich des Operators ist die Zahl 〈Ax|x 〉 ∈ R der Mittelwert oder Er-wartungswert von A in x . Die Quantenmechanik sagt jedoch das Messergebnis i. a.nicht exakt voraus, sondern gibt

    ”nur“ Wahrscheinlichkeiten dafür an, dass dieses in

    eine vorgegebene (Borel-messbare) Teilmenge des Spektrums fällt.

    Die zeitliche Entwicklung eines quantenmechanischen Systems wird beschrieben durch

    Hamilton-Operator und Schrödinger-Gleichung. Zu einem quantenmecha-nischen System gehört ein eindeutig bestimmter selbstadjungierter Operator, derHamilton-Operator H . Ist x(t) ∈ D(H) der Zustand des Systems zur Zeit t ∈ R ,so gilt die Schrödinger-Gleichung

    ẋ(t) = − ih̄Hx(t) , x(0) = x0 ∈ D(H) , (1)

    mit der Planckschen Konstanten 2πh̄ > 0 und einem Anfangszustand x0 ∈ D(H) .Dies ist eine Evolutionsgleichung mit der eindeutig bestimmten Lösung

    x(t) = e−ith̄Hx0 . (2)

    Quantisierung. a) Zur Konstruktion”des“ Hamilton-Operators bestimmt man

    zunächst die klassische Hamilton-Funktion des Systems und gewinnt daraus mit-tels einer Übersetzungsvorschrift (Quantisierung)

    ”den“ Hamilton-Operator. Hei-

    senbergs Quantisierung liefert unendliche Matrizen, die im Raum ℓ2 der quadrat-summierbaren Folgen operieren, Schrödingers Quantisierung (i. a. singuläre ellip-tische) Differentialoperatoren, die in einem Hilbertraum L2 quadratintegrierbarerFunktionen operieren. In dieser Vorlesung befassen wir uns nur mit SchrödingersQuantisierung.

    b) Ein Teilchen im Raum wird in der klassischen Physik durch Ortskoordinatenx1, x2, x3 und zugehörige Impulse p1, p2, p3 sowie die die Energie repräsentierendeHamilton-Funktion H(xj , pj) beschrieben. In der Schrödinger-Darstellung erklärt

  • 4

    man den Ortsoperator Qj als Multiplikationsoperator Qj := Mxj mit der Funktionxj im Hilbertraum L2(R

    3) und den Impulsoperator Pj durch den Differentialope-rator Pj := −ih̄ ∂∂xj . Der Hamilton-Operator ergibt sich durch ”formales Einsetzen“der Operatoren Qj und Pj in die Hamilton-Funktion.

    Beispiel. Ein Teilchen der Masse m > 0 bewege sich in einem äußeren KraftfeldF = − gradV mit Potential V . Die Energie ist dann gegeben durch m

    2ẋ2 + V (x) ,

    die Hamilton-Funktion also durch H(xj, pj) =p2

    2m+ V (x) . Der Hamilton-Operator

    sollte also durch die Formel

    Hu(x) = − h̄22m

    ∆u(x) + V (x) u(x) (3)

    mit dem Laplace-Operator ∆ =3∑

    j=1

    ∂2

    ∂x2j

    gegeben sein.

    Ziele der Quantenmechanik. a) Aus Ausdrücken wie (3) ist zunächst ein selbst-adjungierter Operator zu bilden; dies kann durchaus eine schwierige Aufgabe sein.

    b) Anschließend ist das Spektrum des selbstadjungierten Operators zu studierenund die Spektralzerlegung zu berechnen. Stationäre Zustände beispielsweise sind ge-nau die Eigenvektoren des Hamilton-Operators.

    c) Schließlich lässt sich die Schrödinger-Gleichung dann mittels Formel (2) lösen.

    Es ist das Ziel dieser Vorlesung, die angesprochenen Begriffe und Resultate mathe-matisch exakt zu entwickeln. Es werden keine Vorkenntnisse aus der Physik benötigt;erforderlich sind mathematische Vorkenntnisse aus den Vorlesungen Analysis I-III/ Lineare Algebra I oder Höhere Mathematik I-III.

  • 1 Hilberträume 1

    I. Hilberträume und beschränkte lineare Opera-

    toren

    1 Hilberträume

    1.1 Skalarprodukte. Es sei H ein Vektorraum über K = R oder K = C .

    a) Eine Abbildung 〈 | 〉 : H × H → K heißt Halbskalarprodukt auf H , falls gilt:〈αx1 + x2|y〉 = α〈x1|y〉 + 〈x2|y〉 , α ∈ K , x1 , x2 , y ∈ H , (1)

    〈x|y〉 = 〈y|x〉 , x , y ∈ H , (2)

    〈x|x〉 ≥ 0 , x ∈ H . (3)

    b) Gilt zusätzlich 〈x|x〉 > 0 für x 6= 0 , so heißt 〈 | 〉 definit und dann ein Skalar-produkt auf H . Ein Raum H mit Skalarprodukt 〈 | 〉 heißt Prä-Hilbertraum.c) Für x, y ∈ E gilt nach (1) und (2) die

    ”binomische Formel“

    〈x + y|x + y〉 = 〈x|x〉 + 2 Re 〈x|y〉 + 〈y|y〉 . (4)

    1.2 Satz (Schwarzsche Ungleichung). Es sei 〈 | 〉 ein Halbskalarprodukt auf H .Für alle x, y ∈ H gilt dann

    | 〈x|y〉 |2 ≤ 〈x|x〉 · 〈y|y〉 . (5)

    1.3 Hilberträume und Banachräume. a) Für ein Halbskalarprodukt 〈 | 〉 wirddurch

    ‖ x ‖ :=√〈x|x〉 für x ∈ H (6)

    eine Halbnorm auf H definiert. Dies bedeutet

    ‖αx ‖ = |α | ‖ x ‖ für α ∈ K und x ∈ H , (7)

    ‖ x + y ‖ ≤ ‖ x ‖ + ‖ y ‖ (Dreiecks-Ungleichung), (8)

    ‖ x ‖ ≥ 0 . (9)

    Im Fall eines Skalarprodukts gilt zusätzlich ‖ x ‖ > 0 für ‖ x ‖ 6= 0 ; dann handeltes sich um eine Norm.

    b) In der Tat folgt die Dreiecks-Ungleichung (8) wegen (4) und (5) aus

    ‖ x + y ‖2 ≤ ‖ x ‖2 + 2‖ x ‖‖ y ‖ + ‖ y ‖2 = (‖ x ‖ + ‖ y ‖)2 .c) Auch Normen, die nicht durch ein Skalarprodukt definiert werden können, spieleneine wichtige Rolle. Ein Vektorraum X mit einer Norm ‖ ‖ heißt normierter Raum.d) Ein normierter Raum X heißt vollständig oder Banachraum, wenn jede Cauchy-Folge in X konvergiert. Ein Prä-Hilbertraum, der unter der Norm aus (6) vollständigist, heißt Hilbertraum.

  • 2 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    1.4 Endlichdimensionale Räume. Auf dem Raum Kn wird durch

    〈x|y〉 :=n∑

    j=1xj yj für x = (xj) , y = (yj) ∈ Kn , (10)

    ein Skalarprodukt definiert; die entsprechende Norm gemäß (6) ist gegeben durch

    | x | = ‖ x ‖2 = (n∑

    j=1| xj |2) 1/2 . (11)

    Wir schreiben ℓn2 (K) oder einfach ℓn2 für diesen Hilbertraum.

    1.5 Raum der quadratsummierbaren Folgen. Auf dem Folgenraum

    ℓ2 := {x = (xj)j∈N0 |∞∑

    j=0| xj |2 < ∞} (12)

    wird durch

    〈x|y〉 :=∞∑

    j=0xj yj für x = (xj) , y = (yj) ∈ ℓ2 , (13)

    ein Skalarprodukt definiert; für x, y ∈ ℓ2 ist in der Tat aufgrund der SchwarzschenUngleichung für endliche Summen die Reihe in (13) absolut konvergent. Die ent-sprechende Norm gemäß (6) ist gegeben durch

    ‖ x ‖2 = (∞∑

    j=0| xj |2) 1/2 . (14)

    1.6 Satz. Der Folgenraum ℓ2 ist vollständig, also ein Hilbertraum.

    1.7 Banachräume p -summierbarer Folgen. Auf dem Folgenraum

    ℓp := {x = (xj)j∈N0 |∞∑

    j=0| xj |p < ∞} (15)

    wird für 1 ≤ p < ∞ durch

    ‖ x ‖p = (∞∑

    j=0| xj |p) 1/p (16)

    eine Norm definiert; die Dreiecks-Ungleichung (8) heißt in diesem Fall MinkowskischeUngleichung. Der Beweis von Satz 1.6 zeigt, dass auch die Räume ℓp vollständig sind.

    1.8 Banachräume beschränkter Funktionen. a) Auf dem Vektorraum B(M) =ℓ∞(M) aller auf einer Menge M beschränkten Funktionen wird die Supremums-Norm oder sup-Norm erklärt durch

    ‖ f ‖sup := ‖ f ‖∞ := ‖ f ‖M := supt∈M

    | f(t) | , f ∈ B(M) . (17)

    b) Die sup-Norm beschreibt die gleichmäßige Konvergenz von Funktionenfolgen; füreine Folge (fn) in B(M) , eine Funktion f ∈ B(M) und ε > 0 gilt in der Tat

    ‖ f − fn ‖sup ≤ ε ⇔ ∀ t ∈ M : | f(t) − fn(t) | ≤ ε .c) Für eine abzählbare Menge M ist ℓ∞(M) ein Folgenraum; speziell hat man dieNotation ℓ∞ = ℓ∞(N0, K) .

    d) Auch die Räume ℓ∞(M) sind vollständig; dies ergibt sich wie in Satz 1.6.

  • 1 Hilberträume 3

    1.9 Stetige Funktionen. Es seien X , Y normierte Räume und M ⊆ X . EineAbbildung f : M → Y heisst stetig in a ∈ M , falls eine der folgenden äquivalentenBedingungen erfüllt ist (mit Uδ(a) = {x ∈ X | ‖ x − a ‖ < δ} bezeichnen wir dieoffene Kugel mit Radius δ > 0 um a ∈ X ):

    ∀ ε > 0 ∃ δ > 0 ∀ x ∈ M : ‖ x − a ‖ < δ ⇒ ‖ f(x) − f(a) ‖ < ε , (18)

    ∀ ε > 0 ∃ δ > 0 : f(Uδ(a) ∩ M) ⊆ Uε(f(a)) , (19)

    xn → a ⇒ f(xn) → f(a) für jede Folge (xn) in M . (20)

    Weiter heisst f stetig auf M , falls f in jedem Punkt von M stetig ist. C(M, Y )bezeichnet die Menge aller stetigen Abbildungen von M nach Y , und wir schreibeneinfach C(M) = C(M, K) .

    1.10 Gleichmäßige Stetigkeit. a) Eine Abbildung f : M → Y heisst gleichmäßigstetig auf M , falls gilt

    ∀ ε > 0 ∃ δ > 0 ∀ x1, x2 ∈ M : ‖ x1−x2 ‖ < δ ⇒ ‖ f(x1)−f(x2) ‖ < ε . (21)

    Gleichmäßige Stetigkeit bedeutet also, dass in der Stetigkeitsbedingung (18) für allePunkte die gleiche Zahl δ = δ(ε) > 0 gewählt werden kann.

    b) Gleichmäßig stetige Abbildungen sind natürlich stetig. Die Funktionen t 7→ 1t

    auf(0, 1) oder t 7→ t2 auf [0,∞) sind stetig, aber nicht gleichmäßig stetig.c) Gleichmäßig stetige Abbildungen bilden Cauchy-Folgen wieder in Cauchy-Folgenab; für nur stetige Abbildungen ist dies i. a. nicht richtig.

    1.11 Kompakte Mengen. Es sei X ein normierter Raum. Eine Menge K ⊆ Xheißt kompakt, wenn jede Folge in K eine dort konvergente Teilfolge besitzt. EineMenge K ⊆ Kn ist genau dann kompakt, wenn sie beschränkt und abgeschlossenist (Satz von Bolzano-Weierstraß). In unendlichdimensionalen Räumen gilt nur dieAussage

    ”⇒“, nicht aber ihre Umkehrung. Beispiele kompakter Mengen in Rn sind

    etwa kompakte Intervalle [a, b] , kompakte Quadern∏

    j=1[aj , bj ] oder abgeschlossene

    Kugeln Kr(a) = {x ∈ Rn | | x − a | ≤ r} .

    1.12 Satz. Es seien X , Y normierte Räume, M ⊆ X kompakt und f : M → Ystetig. Dann ist f gleichmäßig stetig.

    1.13 Banachräume stetiger Funktionen. a) Für eine kompakte Menge K istjede stetige Funktion f ∈ C(K) auf K beschränkt (und nimmt ihr Maximum undihr Minimum an). Somit ist der Raum C(K) ein Unterraum von ℓ∞(K) . Dieser istabgeschlossen und somit ein Banachraum, da sich bei gleichmäßiger Konvergenz dieStetigkeit auf die Grenzfunktion vererbt.

    b) Bei nur punktweiser Konvergenz ist letzteres i. a. nicht der Fall, wie etwa dasBeispiel der Funktionenfolge (fn(t) := t

    n) in C([0, 1], R) zeigt.

  • 4 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    1.14 Räume quadratintegrierbarer Funktionen. a) Es sei Ω ⊆ Rn eine(Lebesgue-) messbare Menge (oder allgemeiner (Ω, Σ, µ) ein Maßraum). Auf demRaum

    L2(Ω) := {f : Ω 7→ K | f messbar und∫Ω | f(t) |2 dµ < ∞} (22)

    der quadratintegrierbaren Funktionen auf Ω wird durch

    〈f |g〉 := ∫Ω f(t) g(t) dµ (23)

    ein Halbskalarprodukt definiert; die entsprechende Halbnorm gemäß (6) ist gegebendurch

    ‖ f ‖ = ‖ f ‖L2 = (∫Ω | f(t) |2 dµ)

    1/2 . (24)

    b) Für eine messbare Funktion gilt

    ‖ f ‖L2 = 0 ⇔ f(t) = 0 fast überall (f.ü.); (25)

    die Menge dieser Nullfunktionen bildet den Vektorraum

    N (Ω) = {f : Ω 7→ K | f(t) = 0 f.ü.} . (26)

    1.15 Halbnormen und Äquivalenzklassen. a) Allgemeiner sei nun (X, ‖ ‖) einhalbnormierter Raum. Der Kern

    N := {x ∈ X | ‖ x ‖ = 0}

    der Halbnorm ist offenbar ein Unterraum von X . Durch

    x ∼ y :⇔ x − y ∈ N ⇔ ‖ x − y ‖ = 0 (27)

    wird eine Äquivalenzrelation auf X defininiert. Die Äquivalenzklassen

    x̃ = {y ∈ X | y ∼ x} = x + N := {x + n | n ∈ N} , x ∈ X ,

    sind affine Unterräume von X”parallel“ zu N .

    b) Offenbar folgt aus x ∼ x′ und y ∼ y′ auch x + y ∼ x′ + y′ und αx ∼ αx′ fürα ∈ K . Daher kann man auf den Äquivalenzklassen Addition und Skalarmultipli-kation durch

    x̃ + ỹ := ˜x + y , α x̃ := α̃x , x, y ∈ X , α ∈ K , (28)

    definieren. Diese bilden damit einen Vektorraum, den Quotientenraum X/N .

    c) Auf diesem Quotientenraum wird durch

    ‖ x̃ ‖ := ‖ x ‖ , x ∈ X , (29)

    dann eine Norm definiert: Aus ‖ x̃ ‖ = 0 folgt nämlich sofort x ∈ N , und somit istx̃ das Nullelement von X/N . Man nennt (X/N, ‖ ‖) den zu (X, ‖ ‖) assoziiertennormierten Raum.

  • 1 Hilberträume 5

    1.16 Der Raum L2(Ω) . a) Der zu (L2(Ω), ‖ ‖L2) assoziierte normierte Raumwird mit

    L2(Ω) = L2(Ω)/N (Ω)

    bezeichnet; er besteht also aus Äquivalenzklassen fast überall gleicher meßbarerFunktionen. Die L2 -Norm beschreibt die Konvergenz im quadratischen Mittel. Inder Notation wird zwischen einer Funktion f ∈ L2(Ω) und ihrer Äquivalenzklassef̃ ∈ L2(Ω) meist nicht unterschieden.b) Nach Konstruktion des Integrals ist der Raum der Treppenfunktionen dicht inL2(Ω) . Für eine lokalkompakte Menge Ω ⊆ Rn (z. B. eine offene oder abgeschlosseneMenge) und das Lebesgue-Maß gilt dies auch für den Raum Cc(Ω) der stetigenFunktionen auf Ω mit kompaktem Träger (vgl. [KA3], Lemma 6.20)

    supp f := {t ∈ Ω | f(t) 6= 0} .

    1.17 Theorem (Riesz-Fischer). Die Räume L2(Ω) sind vollständig, also Hilbert-räume.

    Das Argument im Beweis von Satz 1.6 ist hier nicht anwendbar, da aus einer Cauchy-Bedingung für eine Folge in L2(Ω) eine punktweise Cauchy-Bedingung fast überallnicht folgt. Der mittels Satz 1.21 unten folgende Beweis verwendet die Konver-genzsätze der Integrationstheorie und

    1.18 Reihen. a) Eine (unendliche) Reihe∑

    ak in einem normierten Raum X heißt

    konvergent, falls die Folge der Partialsummen (sn :=n∑

    k=1ak) konvergiert; die Summe

    der Reihe ist dann gegeben durch

    ∞∑k=1

    ak := s := limn→∞

    sn . (30)

    b) Eine Reihe∑

    ak heißt absolut konvergent, falls∞∑

    k=1‖ ak ‖ < ∞ gilt.

    1.19 Satz. Ein normierter Raum X ist genau dann vollständig, wenn in X jedeabsolut konvergente Reihe konvergiert.

    1.20 Lemma. Gegeben sei eine Cauchy-Folge (xn) in einem normierten Raum X .Hat (xn) eine konvergente Teilfolge xnj → x ∈ X , so konvergiert auch (xn) selbstgegen x .

    Ein Beweis des Satzes von Riesz-Fischer 1.17 ergibt sich nun aus Satz 1.19 und derfolgenden

    ”L2 -Version“ des Satzes von B. Levi:

    1.21 Satz. Es sei (gk) eine Folge in L2(Ω) mit∞∑

    k=1‖ gk ‖L2 < ∞ . Dann konvergiert

    die Reihe∞∑

    k=1| gk(t) | fast überall, und die Reihe

    ∑k≥1

    gk konvergiert in L2(Ω) .

  • 6 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    1.22 Räume p -integrierbarer Funktionen. In obigem Beweis wurde der RaumL1(Ω) aller integrierbaren Funktionen auf Ω benutzt. Für 1 ≤ p < ∞ wird allge-meiner durch

    Lp(Ω) := {f : Ω 7→ K | f messbar und ‖ f ‖pLp :=∫Ω | f(t) |p dµ < ∞} (31)

    ein halbnormierter Raum definiert, und durch Lp(Ω) = Lp(Ω)/N (Ω) erhält maneinen normierten Raum. Wie in Theorem 1.17 ergibt sich dessen Vollständigkeit;Lp(Ω) ist also ein Banachraum. Wie in 1.16 ist der Raum der Treppenfunktionendicht in Lp(Ω) , und für eine lokalkompakte Menge Ω ⊆ Rn und das Lebesgue-Maßgilt dies auch für den Raum Cc(Ω) .

    1.23 Separable Räume. a) Eine Menge M ⊆ X in einem normierten Raum Xheißt separabel, falls es in M eine abzählbare dichte Teilmenge gibt.

    b) Rn ist separabel, da die abzählbare Menge Qn der rationalen n -Tupel in Rn

    dicht ist.

    c) Der Hilbertraum ℓ2 ist separabel: Zunächst ist der Raum

    ϕ := {x = (xj) | ∃ n ∈ N ∀ j > n : xj = 0} (32)

    aller endlichen Folgen dicht in ℓ2 . Weiter ist die Menge der endlichen Folgen mitrationalen Folgengliedern abzählbar und dicht in ϕ .

    d) Auch die Folgenräume ℓp sind für 1 ≤ p < ∞ separabel.e) Die Separabilität des Hilberraums L2(R

    n) zeigen wir in Satz 4.15.

    1.24 Satz. Es seien X ein normierter Raum und K ⊆ X kompakt.a) Für ε > 0 besitzt K ein endliches ε -Netz, d. h. es gibt endlich viele Punktea1, . . . , ar ∈ K mit K ⊆

    ⋃rj=1 Uε(aj) .

    b) Eine kompakte Menge K ist separabel.

    1.25 Satz. Es sei M ⊆ X eine separable Menge. Dann ist auch jede TeilmengeN ⊆ M separabel.

    1.26 Beispiel. Der Folgenraum ℓ∞ ist nicht separabel. In der Tat enthält ℓ∞ dieüberabzählbare Menge

    E := {ǫ = (ǫj)∞j=0 | ǫj = ±1 für j ∈ N} .

    Man hat ‖ ǫ− ǫ′ ‖ = 2 für ǫ, ǫ′ ∈ E mit ǫ 6= ǫ′ . Nun sei A eine dichte Menge in ℓ∞ .Zu ǫ ∈ E wählt man aǫ ∈ A mit ‖ ǫ− aǫ ‖ < 1 . Dann gilt aǫ 6= aǫ′ für ǫ, ǫ′ ∈ E mitǫ 6= ǫ′ , und daher kann A nicht abzählbar sein.

  • 2 Beschränkte lineare Operatoren 7

    2 Beschränkte lineare Operatoren

    2.1 Lineare Operatoren. Es seien E, F Vektorräume über K = R oder K = C .Eine Abbildung T : E 7→ F heißt linear, falls

    T (α x1 + x2) = α T (x1) + T (x2) für x1, x2 ∈ E , α ∈ K ,

    gilt. Der Nullraum oder Kern von T ,

    N(T ) = T−1{0} = {x ∈ E | T (x) = 0}

    ist ein Unterraum von E , das Bild (”Range“)

    R(T ) = T (E) = {T (x) | x ∈ E}

    von T ist ein Unterraum von F .

    2.2 Satz. Für normierte Räume X, Y und lineare Operatoren T : X 7→ Y sindäquivalent:

    (a) ∃ C ≥ 0 ∀ x ∈ X : ‖ T (x) ‖ ≤ C ‖ x ‖ .(b) T ist gleichmäßig stetig auf X .

    (c) T ist in einem Punkt a ∈ X stetig.(d) Es gilt ‖ T ‖ := sup

    ‖x ‖≤1‖ T (x) ‖ < ∞ .

    2.3 Bemerkungen und Definitionen. a) Nach Satz 2.2 ist also ein linearer Ope-rator T : X 7→ Y genau dann stetig, wenn er die Einheitskugel B = BX von Xin eine beschränkte Teilmenge von Y abbildet oder wenn er alle beschränkten Teil-mengen von X in beschränkte Teilmengen von Y abbildet. Daher nennt man stetigelineare Operatoren oder Linearformen auch beschränkte lineare Operatoren oder Li-nearformen.

    b) Das in 2.2 (d) definierte Supremum ‖ T ‖ ist die minimal mögliche KonstanteC in 2.2 (a) und definiert eine Norm auf dem Vektorraum L(X, Y ) aller stetigenlinearen Abbildungen von X nach Y . Statt L(X, X) schreibt man einfach L(X) .Der Raum X ′ := L(X, K) heißt Dualraum von X , seine Elemente heißen stetigeLinearformen oder stetige lineare Funktionale auf X .

    c) Für normierte Räume X , Y , Z und Operatoren T ∈ L(X, Y ) und S ∈ L(Y, Z)

    XT−→ Y S−→ Z

    gilt auch S T ∈ L(X, Z) sowie ‖S T ‖ ≤ ‖S ‖ ‖ T ‖ für die Komposition dieserOperatoren. Dies folgt sofort aus

    ‖STx ‖ ≤ ‖S ‖ ‖ Tx ‖ ≤ ‖S ‖ ‖ T ‖ ‖ x ‖ für x ∈ X .

    2.4 Satz. a) Es seien X, Y normierte Räume. Mit Y ist dann auch L(X, Y ) voll-ständig.

    b) Der Dualraum X ′ eines normierten Raumes X ist ein Banachraum.

  • 8 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    Für einen Hilbertraum H ist L(H) ein Banachraum, der kein Hilbertraum und imFall dim H = ∞ auch nicht separabel ist.

    2.5 Satz. Es seien K ⊆ Rn kompakt und g ∈ L1(K) . Durch

    J(g)(f) :=∫K f(t) g(t) dt , f ∈ C(K) , (1)

    wird ein stetiges lineares Funktional J(g) ∈ C(K)′ definert mit

    ‖ J(g) ‖ = ∫K | g(t) | dt = ‖ g ‖L1 . (2)

    2.6 Satz. Es seien X ein normierter Raum, Y ein Banachraum, V ⊆ X ein Un-terraum und T : V 7→ Y eine stetige lineare Abbildung. Dann existiert genau einestetige Fortsetzung T : V 7→ Y von T , und diese ist linear mit ‖ T ‖ = ‖ T ‖ .

    2.7 Bemerkungen. a) Ist in Satz 2.6 der Operator T : V 7→ Y injektiv, so mußdies nicht für die Fortsetzung T : V 7→ Y von T gelten.b) Ist aber T : V 7→ Y isometrisch, d. h. gilt ‖ Tx ‖ = ‖ x ‖ für alle x ∈ V , so giltdies auch für T : V 7→ Y . Dies wurde im Beweis von Satz 2.5 benutzt.c) Ein Fortsetzungssatz 2.6 gilt auch für nichtlineare gleichmäßig stetige Abbildun-gen (vgl. [KA2], Aufgabe 16.8).

    2.8 Vervollständigungen. a) Ein normierter Raum X kann in einen BanachraumX̂ eingebettet werden, d. h. es gibt eine lineare Isometrie i : X 7→ X̂ , so daß i(X)in X̂ dicht ist. Aufgrund von Satz 2.6 ist der Raum X̂ bis auf lineare Isometrieeindeutig; er heißt die Vervollständigung von X .

    b) Man kann X̂ etwa als Menge von Äquivalenzklassen der Cauchy-Folgen in Xkonstruieren, analog zu G. Cantors Konstruktion der reellen Zahlen aus den ratio-nalen Zahlen (vgl. [KA2], 15.4); dies liefert eine

    ”abstrakte Vervollständigung“ von

    X . Eine”konkretere Vervollständigung“ kann man erhalten, indem man X in einen

    ”konkreten“ vollständigen Raum einbettet und dort abschließt.

    c) Mit dem Skalarprodukt (1.23) ist C[a, b] ein Prä-Hilbertraum mit Vervollständi-gung L2[a, b] .

    d) Für Prä-Hilberträume H ist Ĥ ein Hilbertraum. Man kann diesen als Abschlusseiner isometrischen Kopie von H in seinem vollständigen Bidualraum konstruieren:

    2.9 Stetige Linearformen auf Hilberträumen. a) Es sei H ein Prä-Hilbertraum.Für y ∈ H wird durch

    η : x 7→ 〈x|y〉 für x ∈ H

    wegen (1.1) eine Linearform auf H definiert. Aufgrund der Schwarzschen Unglei-chung gilt ‖ η ‖ ≤ ‖ y ‖ , und wegen η(y) = ‖ y ‖2 ist ‖ η ‖ = ‖ y ‖ . Die Abbildung

    j = jH : H 7→ H ′ , j(y)(x) := 〈 x|y 〉 , x , y ∈ H , (3)

    ist eine additive Isometrie von H in H ′ , die im Fall K = R linear und im FallK = C antilinear ist, d. h. j(αx) = ᾱj(x) erfüllt.

  • 2 Beschränkte lineare Operatoren 9

    b) Die Abbildung

    ι = ιH : H → H ′′ , ι(x)(η) := η(x) , x ∈ H , η ∈ H ′ , (4)

    von H in den Bidualraum H ′′ ist auch im Fall K = C linear, und es gilt | ι(x)(η) | ≤‖ x ‖ ‖ η ‖ , also ‖ ι(x) ‖ ≤ ‖ x ‖ . Wegen ι(x)(j(x)) = j(x)(x) = 〈 x|x 〉 = ‖ x ‖ ‖ j(x) ‖ist ιH sogar isometrisch. Da H

    ′′ ein Banachraum ist, ist Ĥ := ιH(H) eine Ver-vollständigung des Prähilbertraums H . Die Norm von ιH(H) wird gemäß (1.6)durch das Skalarprodukt 〈 ι(x1)|ι(x2) 〉 := 〈 x1|x2 〉 induziert. Nach Bemerkung 2.7 c)lässt sich dieses auf den Abschluss ιH(H) von ιH(H) in H

    ′′ stetig fortsetzen, unddaher ist Ĥ := ιH(H) ein Hilbertraum.

    c) Der Rieszsche Darstellungssatz 5.6 besagt, dass jH für Hilberträume H surjektivist. Dies gilt dann auch für ιH , und daraus ergibt sich Ĥ = H

    ′′ .

    Die Konstruktion in b) lässt sich auch für normierte Räume durchführen; dabeiverwendet man den Satz von Hahn-Banach (vgl. [KFA], Abschnitt 9.3).

    2.10 Abschätzungen für Matrizen-Normen. a) Es seien Y ein normierter

    Raum und T ∈ L(ℓn2 , Y ) . Für x = (x1, . . . , xn) ∈ Kn gilt x =n∑

    j=1xjej mit den Ein-

    heitsvektoren ej := (δjk)nk=1 . Hier bezeichnet δjk :=

    {1 , j = k

    0 , j 6= k das Kronecker-Symbol. Mittels Schwarzscher Ungleichung folgt die Stetigkeit von T : ℓn2 7→ Y mit‖ T ‖ ≤ (

    n∑j=1

    ‖ Tej ‖2) 1/2 .

    b) Eine lineare Abbildung T ∈ L(Kn, Km) kann eindeutig durch eine MatrixA = (aij) = M(T ) ∈ M(m, n) = MK(m, n) repräsentiert werden; mittels der Ein-heitsvektoren werden die Matrixelemente aij ∈ K festgelegt durch

    T (ej) =m∑

    i=1aij ei , j = 1, . . . , n . (5)

    Im Zusammenhang mit dem Matrizenkalkül schreiben wir ab jetzt Vektoren im Kn

    stets als Spalten

    x = (x1, . . . , xn)⊤ ,

    wobei”⊤“ allgemein die Transposition von Matrizen bezeichnet, bei der Zeilen und

    Spalten vertauscht werden.

    c) Für T ∈ L(Kn, Km) ist also T (ej) nach (5) die j -te Spalte der Matrix A = (aij) ,und nach a) ist daher

    ‖ T ‖L(ℓn2,ℓm

    2) ≤ ‖A ‖HS := (

    n∑j=1

    m∑i=1

    | aij |2 )1/2 . (6)

    Die Zahl ‖A ‖HS heißt Hilbert-Schmidt-Norm von A bzw. T .d) Mit der Spaltensummen-Norm und Zeilensummen-Norm

    ‖A ‖SS := nmaxj=1

    m∑i=1

    | aij | , ‖A ‖ZS := mmaxi=1

    n∑j=1

    | aij | (7)

  • 10 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    der Matrix A = (aij) = M(T ) ergibt sich eine andere Normabschätzung:

    ‖ T ‖L(ℓn2,ℓm

    2) ≤

    √‖A ‖ZS ‖A ‖SS . (8)

    In den Abschätzungen (6) und (8) gilt i. a. keine Gleichheit. Es ist nicht (ohne weite-res) möglich, die Norm ‖ T ‖L(ℓn

    2,ℓm

    2) direkt durch die Matrixelemente auszudrücken.

    2.11 Beschränkte Matrix-Operatoren auf ℓ2 . a) Geeignete Matrizen A = (aij)über N0 × N0 definieren beschränkte lineare Operatoren auf ℓ2 . EntsprechendeKriterien ergeben sich leicht aus (6) und (8) mit n, m → ∞ :b) Gilt für die Hilbert-Schmidt-Norm

    ‖A ‖HS := (∞∑i=1

    ∞∑j=1

    | aij |2 )1/2 < ∞ , (9)

    so wird durch

    T : x = (xj)j∈N0 7→ (∞∑

    j=0aij xj)i∈N0 (10)

    ein Operator T ∈ L(ℓ2) definiert mit ‖ T ‖ ≤ ‖A ‖HS .c) Gilt für die Zeilensummen-Norm und Spaltensummen-Norm

    ‖A ‖ZS := ∞supi=1

    ∞∑j=1

    | aij | < ∞ und ‖A ‖SS := ∞supj=1

    ∞∑i=1

    | aij | < ∞ , (11)

    so wird durch (10) ebenfalls ein Operator T ∈ L(ℓ2) definiert mit

    ‖ T ‖ ≤√‖A ‖ZS ‖A ‖SS .

    2.12 Lineare Integraloperatoren. a) Wir untersuchen nun lineare Integralopera-toren

    S := Sκ : f 7→ (Sf)(t) :=∫K κ(t, s) f(s) ds , t ∈ K , (12)

    die durch stetige Kerne κ ∈ C(K2) über einer kompakten Teilmenge K von Rn defi-niert werden. Man kann κ(t, s) als

    ”kontinuierliches Analogon“ einer quadratischen

    Matrix (aij) betrachten. In Analogie zu (7) und (11) nennen wir

    ‖ κ ‖SI := sups∈K

    ∫K | κ(t, s) | dt und ‖ κ ‖ZI := sup

    t∈K

    ∫K | κ(t, s) | ds (13)

    die Spaltenintegral-Norm und Zeilenintegral-Norm des Kerns κ . Offenbar gilt stets‖ κ ‖SI ≤ λ(K) ‖ κ ‖sup und ‖ κ ‖ZI ≤ λ(K) ‖ κ ‖sup .b) Der Integraloperator S = Sκ aus (12) bildet L2(K) in C(K) ab, und nach derSchwarzschen Ungleichung hat man

    |Sf(t) | ≤ (∫K | κ(t, s) |2 ds)1/2 ‖ f ‖L2 , also

    ‖Sf ‖sup ≤ (supt∈K

    ∫K | κ(t, s) |2 ds)

    1/2 ‖ f ‖L2 . (14)

  • 2 Beschränkte lineare Operatoren 11

    2.13 Satz. Für den Integraloperator S = Sκ aus (12) gelten die Abschätzungen

    ‖Sκf ‖L2 ≤ ‖ κ ‖L2(K2) · ‖ f ‖L2 , f ∈ L2(K) , (15)

    ‖Sκf ‖L2 ≤ ‖ κ ‖1/2ZI ‖ κ ‖

    1/2SI · ‖ f ‖L2 , f ∈ L2(K) . (16)

    2.14 Messbare Kerne. Satz 2.13 gilt auch für Integraloperatoren (12) mit nurmessbaren Kernen κ : Ω × Ω 7→ K auf Maßräumen Ω ; die Existenz der vorkom-menden Integrale muss dann aber sorgfältiger begründet werden. Die Suprema in(13) sind als wesentliche Suprema zu interpretieren, und das Maß wird als σ -endlichvorausgesetzt. Dies bedeutet, dass es eine Folge (Ωj) messbarer Teilmengen von Ω

    mit µ(Ωj) < ∞ und Ω =∞⋃

    j=1Ωj gibt; diese Bedingung wird für den Satz von Tonelli

    benötigt. Wir verweisen auf [KFA], Sätze A.3.18 – A.3.20.

  • 12 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    3 Fourier-Reihen und der Satz von Fejér

    3.1 Überlagerung harmonischer Schwingungen. a) Schwingungsphänomenewerden durch periodische Funktionen beschrieben. Für die Periode 2π hat man dieGrundschwingungen sin t und cos t , aber auch die Oberschwingungen sin kt undcos kt für k ≥ 2 .b) Man versucht nun, möglichst allgemeine 2π -periodische Funktionen als Überla-gerungen dieser harmonischen Schwingungen zu schreiben, d. h. als Fourier-Reihen

    12a0 +

    ∞∑k=1

    (ak cos kt + bk sin kt ) , ak , bk ∈ C , t ∈ R . (1)

    Nach der Eulerschen Formel eit = cos t + i sin t ist es äquivalent, Reihen der Form

    ∞∑k=−∞

    ckeikt , ck ∈ C , t ∈ R ,

    zu betrachten, deren Konvergenz über die Partialsummen (sn(t) :=n∑

    k=−ncke

    ikt) defi-

    niert sei. Die Koeffizienten hängen folgendermaßen zusammen:

    ck =

    12(ak − ibk) , k > 0

    12a0 , k = 0

    12(a−k + ib−k) , k < 0

    , (2)

    {ak = (ck + c−k) , k ≥ 0bk = i (ck − c−k) , k ≥ 1

    . (3)

    d) Es sei nun die Reihe∑

    k∈Z ckeikt auf R gleichmäßig konvergent. Dann wird durch

    f(t) :=∞∑

    k=−∞cke

    ikt , t ∈ R , (4)

    eine stetige und 2π - periodische Funktion f ∈ C2π := C2π(R, C) definiert. MittelsRestriktion und Fortsetzung kann man für festes τ ∈ R den Raum C2π mit demUnterraum

    C2π[τ − π, τ + π] := {f ∈ C[τ − π, τ + π] | f(τ − π) = f(τ + π)}

    von C[τ − π, τ + π] identifizieren.d) Die folgenden Orthogonalitätsrelationen rechnet man sofort nach: Für m, n ∈ Zgilt

    12π

    ∫ π−π e

    inte−imt dt = δnm =

    {1 , n = m

    0 , n 6= m . (5)

    Damit lassen sich in (4) die Koeffizienten cm aus der Funktion f zurückgewinnen:

    12π

    ∫ π−π f(t)e

    −imt dt =∞∑

    k=−∞ck

    12π

    ∫ π−π e

    ikte−imt dt =∞∑

    k=−∞ckδkm = cm .

  • 3 Fourier-Reihen und der Satz von Fejér 13

    3.2 Definition. Für f ∈ L1[−π, π] sei

    f̂(k) := 12π

    ∫ π−π f(s) e

    −iks ds , k ∈ Z , (6)

    der k-te Fourier-Koeffizient von f , und

    f(t) ∼ ∑k∈Z f̂(k) eikt (7)

    sei die zu f assoziierte Fourier-Reihe.

    3.3 Bemerkungen. a) Wie in 3.2 kann man auch die Fourier-Reihe einer Funktionf definieren, die auf irgendeinem Intervall der Länge 2π Lebesgue-integrierbar ist.Mit f̃ bezeichnen wir deren 2π - periodische Fortsetzung auf R .

    b) Das Symbol”∼“ in (7) behauptet zunächst keinerlei Konvergenz der Reihe.

    Konvergiert die Reihe aber auf einem Intervall der Länge 2π , so konvergiert sie aufganz R gegen eine 2π -periodische Funktion.

    c) Für gerade bzw. ungerade Funktionen f ∈ L1[−π, π] berechnet man die Fourier-Reihe zweckmäßigerweise in der Form (1), da dann die bk bzw. ak dort verschwinden.Aus (3) und (6) folgt

    ak =1π

    ∫ π−π f(s) cos ks ds , k ∈ N0 ,

    bk =1π

    ∫ π−π f(s) sin ks ds , k ∈ N .

    3.4 Beispiel. Es wird die Fourier-Reihe der Funktion h ∈ L∞[0, 2π] berechnet, diedurch h(t) :=

    {π−t2

    , 0 < t < 2π

    0 , t = 0 , 2πdefiniert sei. Da h̃ ungerade ist, gilt ak = 0 ,

    und man hat

    h(t) ∼∞∑

    k=1

    sinktk

    . (8)

    Wegen∞∑

    k=1

    1k

    = ∞ ist es zunächst unklar, ob diese Reihe (gegen h ) konvergiert.

    3.5 Dirichlet-Kerne. Es sei f ∈ L1[−π, π] . Für die Partialsummen

    sn(f ; t) :=n∑

    k=−nf̂(k)eikt , t ∈ R , (9)

    der Fourier-Reihe gilt die Darstellung

    sn(f ; t) =12π

    ∫ π−π Dn(t − s) f(s) ds , t ∈ R , (10)

    mit den geraden, stetigen und 2π - periodischen Dirichlet-Kernen

    Dn(u) =sin

    ((2n + 1)u

    2

    )

    sin u2

    , u ∈ R ( Dn(2kπ) = 2n + 1 ) . (11)

  • 14 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    3.6 Cesàro-Konvergenz. Eine Reihe∑

    k≥0 ak heißt Cesàro-konvergent, wenn dieFolge

    (σn :=1

    n+1

    n∑j=0

    sj)

    der arithmetischen Mittel der Partialsummen sn konvergiert. In diesem Fall heißt

    C-∞∑

    k=0ak := lim

    n→∞σn

    die Cesàro-Summe der Reihe.

    3.7 Bemerkungen und Beispiel. a) Eine konvergente Reihe ist auch Cesàro-konvergent; Summe und Cesàro-Summe stimmen dann überein.

    b) Für die divergente Reihe∑

    k≥0(−1)k hat man offenbar (sj) = (1, 0, 1, 0, . . .) und(σn) = (1,

    12, 2

    3, 1

    2, 3

    5, . . .) ; sie ist Cesàro-konvergent mit C-

    ∞∑k=0

    (−1)k = limn→∞

    σn =12.

    c) Die Umkehrung von a) ist also i. a. falsch; sie gilt jedoch, wenn eine Abschätzung| ak | = O( 1k) vorliegt (vgl. [KA1], 38.19).

    3.8 Fejér-Kerne. a) Wie untersuchen nun die Cesàro-Konvergenz von Fourier-Reihen. Dazu definieren wir die Fejér-Kerne Fn ∈ C2π als arithmetische Mittel derDirichlet-Kerne:

    Fn(u) :=1n

    n−1∑j=0

    Dj(u) , u ∈ R . (12)

    Für die arithmetischen Mittel

    σn(f ; t) :=1n

    n−1∑j=0

    sj(f ; t) (13)

    der Partialsummen sn(f ; t) der Fourier-Reihe von f ∈ L1[−π, π] gilt dann

    σn(f ; t) =12π

    ∫ π−π Fn(t − s)f(s) ds, , t ∈ R . (14)

    3.9 Satz. a) Für die Fejér-Kerne Fn ∈ C2π gilt

    Fn(u) =1

    n

    (sin nu

    2

    sin u2

    )2, u ∈ R ( Fn(2kπ) = n ) . (15)

    b) Es ist Fn gerade und Fn ≥ 0 ; weiter gilt12π

    ∫ π−π Fn(u) du = 1 , (16)

    limn→∞

    supη≤|u|≤π

    Fn(u) = 0 für alle η > 0 . (17)

    3.10 Theorem (Fejér). Für f ∈ C2π gilt σn(f ; t) → f(t) gleichmäßig auf R .

    Wir zeigen in Satz 6.7, daß dieses Theorem für die Folge (sn(f ; t)) der Partialsum-men der Fourier-Reihe nicht gilt; für f ∈ C2π ist die Folge (sn(f ; t)) i. a. nicht einmalpunktweise konvergent.

  • 3 Fourier-Reihen und der Satz von Fejér 15

    3.11 Einseitige Grenzwerte. Wir zeigen nun, daß für L1 -Funktionen f nochσn(f ; t) → f(t) in Stetigkeitspunkten von f gilt. Existieren allgemeiner für t ∈ Rdie einseitigen Grenzwerte

    f̃(t+) := lims→t+

    f̃(s) , f̃(t−) := lims→t−

    f̃(s) ,

    so definiert man

    f ∗(t) := 12(f̃(t+) + f̃(t−)) (18)

    als ihren Mittelwert. In Stetigkeitspunkten von f̃ gilt natürlich f ∗(t) = f̃(t) . Fürdie Funktion h aus Beispiel 3.4 gilt h∗(t) = h̃(t) auch in den Sprungstellen.

    3.12 Satz (Fejér). Für f ∈ L1(−π, π] und t ∈ R mögen die einseitigen Grenzwertef̃(t+) und f̃(t−) existieren. Dann gilt σn(f ; t) → f ∗(t) .

    3.13 Folgerungen und Beispiele. a) Ist in der Situation von Satz 3.12 die Fourier-

    Reihe von f an der Stelle t ∈ R konvergent, so gilt∞∑

    k=−∞f̂(k) eikt = f ∗(t) .

    b) Satz 3.12 gilt insbesondere für die Funktion h aus Beispiel 3.4. Für t = π2

    istihre Fourier-Reihe die nach dem Leibniz-Kriterium konvergente Leibniz-Reihe, undsomit hat man deren Summe berechnet:

    ∞∑k=0

    (−1)k2k+1

    = 1 − 13

    + 15− 1

    7+ · · · = h(π

    2) = π

    4.

    c) Nach dem Dirichlet-Kriterium (vgl. etwa [KA1], 38.4) konvergiert die Fourier-Reihe von h sogar für alle t ∈ R ; a) impliziert dann die Gleichheit in (8).

    3.14 Theorem (Weierstraßscher Approximationssatz). Es seien J ⊆ R einkompaktes Intervall, f ∈ C(J, C) und ε > 0 . Dann gibt es ein Polynom P ∈ C[t]mit

    ‖ f − P ‖J = supt∈J

    | f(t) − P (t) | ≤ ε .

    Für f ∈ C(J, R) kann natürlich P ∈ R[t] gewählt werden; notfalls ersetzt maneinfach das Polynom P durch dessen Realteil Re P .

    3.15 C∞ -Abschneidefunktionen. a) Wir wählen eine Funktion ρ ∈ C∞(R) mitρ ≥ 0 , supp ρ ⊆ [−1, 1] und ∫

    Rρ(t) dt = 1 ,

    z. B. ρ(t) = c exp( 1t2−1) für | t | < 1 für ein geeignetes c > 0 sowie ρ(t) = 0 für

    | t | ≥ 1 .b) Für ε > 0 definieren wir dann ρε(t) :=

    1ερ( t

    ε) und erhalten

    ρε ∈ C∞(R) , ρε ≥ 0 , supp ρε ⊆ [−ε, ε] und∫R

    ρε(t) dt = 1 . (19)

    c) Für ein kompaktes Intervall J = [a, b] ⊆ R und ε > 0 seiχJ,ε(t) :=

    ∫ ba ρε(t − s) ds , t ∈ R . (20)

    Offenbar gilt 0 ≤ χJ,ε ≤ 1 , χJ,ε(t) = 0 für t ≤ a− ε und t ≥ b+ ε sowie χJ,ε(t) = 1für a + ε ≤ t ≤ b − ε .

  • 16 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    3.16 Satz. Für 1 ≤ p < ∞ und a < b ∈ R ist der Raum D(a, b) dicht in Lp[a, b] .

    3.17 Satz. Für eine Funktion f ∈ L1[a, b] gelte∫ ba f(t) ϕ(t) dt = 0 für alle ϕ ∈ D(a, b) . (21)

    Dann ist f = 0 fast überall.

    Satz 3.17 liefert eine Erklärung für den Namen”Raum der Testfunktionen“ für

    D(a, b) : Eine L1 -Funktion ist durch ihre ”Wirkung“ gemäß (21) auf alle Testfunk-tionen eindeutig festgelegt.

  • 4 Orthonormalbasen 17

    4 Orthonormalbasen

    4.1 Orthonormalsysteme. a) Zwei Vektoren x, y ∈ H in einem Hilbertraumheißen orthogonal, Notation: x ⊥ y , falls 〈x|y〉 = 0 gilt. Das Orthogonalkomplementeiner Menge ∅ 6= M ⊆ H wird definiert durch

    M⊥ := {x ∈ H | 〈x|y〉 = 0 für alle y ∈ M} .

    Es ist M⊥ ein abgeschlossener Unterraum von H .

    b) Eine Menge {ei}i∈I ⊆ H heißt Orthonormalsystem, falls gilt:

    〈ei|ej〉 = δij ={

    0 , i 6= j1 , i = j

    , i, j ∈ I .

    Ein Orthonormalsystem {ei}i∈I in H mit {ei}⊥ = {0} heißt maximal. Maximalitätbedeutet offenbar, daß {ei}i∈I nicht zu einem echt größeren Orthonormalsystem er-weitert werden kann.

    c) Wir betrachten hier nur abzählbare Orthonormalsysteme und verwenden als In-dexmenge I = N0 oder I = Z .

    d) Die”Einheitsvektoren“ {ek := (δki)i∈N0} | k ∈ N0} bilden ein Orthonormalsystem

    in ℓ2 . Dieses ist maximal: Ist nämlich ξ = (ξi) ∈ ℓ2 mit 〈ξ|ek〉 = ξk = 0 für allek ∈ N0 , so muß offenbar ξ = 0 sein.e) Aufgrund der Orthogonalitätsrelationen (3.5) bilden die Funktionen {eikt}k∈Zein Orthonormalsystem im Hilbertraum L2([−π, π],d̄t) , wobei wir zur Abkürzungd̄t = dt

    2πsetzen.

    f) Analog zur konkreten Situation in e) heißen für ein Orthonormalsystem {ei}i∈Iin einem Hilbertraum H und x ∈ H die Zahlen

    x̂(i) := 〈x|ei〉 , i ∈ I , (1)

    Fourier-Koeffizienten von x bezüglich {ei}i∈I .

    4.2 Lemma. Es sei {ei}i∈I ein Orthonormalsystem in einem Hilbertraum H . Füreine endliche Teilmenge I ′ ∈ E(I) von I gilt

    ‖ ∑i∈I′

    ξiei ‖2 =∑i∈I′

    | ξi |2 , ξi ∈ K , und (2)

    ‖ x − ∑i∈I′

    x̂(i)ei ‖2 = ‖ x ‖2 −∑i∈I′

    | x̂(i) |2 , x ∈ H . (3)

    Aussage (2) ist eine Version des Satzes des Pythagoras. Wir bemerken in 5.4 unten,dass Px :=

    ∑i∈I′

    x̂(i)ei die orthogonale Projektion von x ∈ H auf die lineare Hülle[ei]i∈I′ der {ei}i∈I′ ist. Aus Formel (3) folgt sofort:

    4.3 Satz (Besselsche Ungleichung). Für x ∈ H gilt (x̂(i))i∈I ∈ ℓ2(I) und∑i∈I

    | x̂(i) |2 ≤ ‖ x ‖2 .

  • 18 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    4.4 Satz. Für eine periodische C1 -Funktion f ∈ C12π(R) gilt∞∑

    k=−∞| f̂(k) | < ∞ ; (4)

    insbesondere konvergiert die Fourier-Reihe von f gleichmäßig gegen f .

    Für f ∈ C12π(R) gilt sogar∞∑

    k=−∞| f̂(k) |p < ∞ für p > 2

    3, und Satz 4.4 gilt sogar für

    alle f ∈ C2π(R) , die eine Hölder-Bedingung | f(t) − f(s) | ≤ C | t − s |α mit α > 12erfüllen. Dazu sei etwa auf [KFA], Abschnitt 6.2 verwiesen.

    4.5 Orthogonale Summen. a) Es seien {ek}k∈N0 ein Orthonormalsystem in einemHilbertraum H und ξ = (ξk) ∈ ℓ2 . Nach dem Satz des Pythagoras (2) gilt

    ‖n∑

    k=mξkek ‖2 =

    n∑k=m

    | ξk |2 ;

    wegen der Vollständigkeit von H ist daher die Reihe x :=∞∑

    k=0ξkek in H konvergent.

    b) Jede Umordnung der Reihe liefert die gleiche Summe. Dies kann man wegen(2) wie im Fall absolut konvergenter skalarer Reihen beweisen, vgl. etwa [KA1],32.9. Beachten Sie, dass die Reihe nur für ξ = (ξk) ∈ ℓ1 sogar absolut konvergentist. Im Gegensatz zum skalaren und zum endlichdimensionalen Fall gibt es also injedem unendlichdimensionalen Hilbertraum unbedingt konvergente Reihen, die nichtabsolut konvergieren.

    c) Wegen b) kann man entsprechende Summen über jede (abzählbare) Indexmenge,insbesondere über Z , bilden.

    4.6 Die Fourier-Abbildung. Es sei {ei}i∈I ein Orthonormalsystem in einemHilbertraum H . Aufgrund der Besselschen Ungleichung hat man die lineare Fourier-Abbildung

    F : H 7→ ℓ2(I) , F(x) := (x̂(i))i∈Imit ‖F ‖ ≤ 1 . Diese ist stets surjektiv: Für ξ = (ξi) ∈ ℓ2(I) setzt man x =

    ∑i∈I

    ξiei

    und erhält sofort 〈x|ej〉 = ξj für alle j ∈ I und somit F(x) = ξ .Die Fourier-Abbildung ist genau dann injektiv, wenn das Orthonormalsystem maxi-mal ist. Weitere dazu äquivalente Aussagen enthält der folgende

    4.7 Satz. Für ein Orthonormalsystem {ei}i∈I in einem Hilbertraum H sind äqui-valent:

    (a) Es gilt x =∑i∈I

    x̂(i)ei für alle x ∈ H .

    (b) Für alle x ∈ H gilt die Parsevalsche Gleichung∑i∈I

    | x̂(i) |2 = ‖ x ‖2 . (5)

    (c) Die Fourier-Abbildung F : H 7→ ℓ2(I) ist isometrisch.(d) Die lineare Hülle [ei]i∈I von {ei}i∈I ist dicht in H .(e) Die Fourier-Abbildung F : H 7→ ℓ2(I) ist injektiv.(f) Das Orthonormalsystem {ei}i∈I ist maximal.

  • 4 Orthonormalbasen 19

    4.8 Polarformel. a) Das Skalarprodukt eines Hilbertraumes kann mittels der Po-larformel aus der Norm rekonstruiert werden. Diese ergibt sich leicht aus (4) undlautet im reellen Fall

    4 〈x|y〉 = ‖ x + y ‖2 − ‖ x − y ‖2 ; (6)

    im komplexen Fall hat man

    4 〈x|y〉 = ‖ x + y ‖2 − ‖ x − y ‖2 + i ‖ x + iy ‖2 − i ‖ x − iy ‖2 . (7)

    b) Aufgrund der Polarformel ist die Parsevalsche Gleichung (5) äquivalent zu

    ∑i∈I

    x̂(i) ŷ(i) = 〈x|y〉 für x, y ∈ H . (8)

    4.9 Orthonormalbasen. Ein maximales Orthonormalsystem {ei}i∈I in einemHilbertraum H heißt vollständig oder eine Orthonormalbasis von H ; es geltendann also die Eigenschaften (a)–(f) aus Satz 4.7. Insbesondere besitzt nach (a) dannjeder Vektor x ∈ H eine

    ”Fourier-Entwicklung“ x =

    ∑i∈I

    x̂(i)ei nach den Basisvek-

    toren {ei} .

    Die”Einheitsvektoren“ {ek := (δki)i∈I}k∈I sind nach 4.1 d) ein maximales Ortho-

    normalsystem in ℓ2(I) , bilden also eine Orthonormalbasis dieses Hilbertraums.

    4.10 Theorem. Die Funktionen {eikt}k∈Z bilden eine Orthonormalbasis des Hilbert-raumes L2([−π, π],d̄t) . Für f ∈ L2[−π, π] konvergiert also die Fourier-Reihe imquadratischen Mittel gegen f , d.h. es gilt

    ‖ f −n∑

    k=−nf̂(k)eikt ‖L2 → 0 für n → ∞ .

    Man hat die Parsevalsche Gleichung

    ∞∑k=−∞

    | f̂(k) |2 = ‖ f ‖2L2 = 12π∫ π−π | f(t) |2 dt , f ∈ L2[−π, π] , (9)

    und somit die isometrische und surjektive Fourier-Abbildung

    F : L2[−π, π] 7→ ℓ2(Z) , F(f) := (f̂(k))k∈Z .

    4.11 Beispiele und Folgerungen. a) Mit den Koeffizienten ak, bk der reellenFourier-Entwicklung von f ∈ L2[−π, π] (vgl. die Formeln (3.2) und (3.3)) gilt dieParsevalsche Gleichung in der Form

    | a0 |22

    +∞∑

    k=1| ak |2 +

    ∞∑k=1

    | bk |2 = 1π∫ π−π | f(t) |2 dt . (10)

    b) Die Entwicklung π−t2

    =∞∑

    k=1

    sinktk

    (vgl. Formel (3.8)) gilt nach Theorem 4.10 also

    in L2[0, 2π] . Die Parsevalsche Gleichung (10) liefert dann die Eulersche Formel

    ∞∑k=1

    1k2

    = 1π

    ∫ 2π0

    (π−t2

    )2dt = π

    2

    6.

  • 20 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    4.12 Satz. Ein Hilbertraum H besitzt genau dann eine abzählbare Orthonormal-basis, wenn H separabel ist. In diesem Fall ist H isometrisch isomorph zum Fol-genraum ℓ2 .

    Zum Beweis verwendet man Gram-Schmidt-Orthonormalisierung.

    4.13 Überabzählbare Orthonormalbasen. Ein nicht separabler Hilbertraum Hbesitzt eine überabzählbare Orthonormalbasis. Um dies einzusehen, startet manmit einem Orthonormalsystem, z. B. mit einem einzigen Einheitsvektor, und erwei-tert dieses

    ”so lange durch zusätzliche orthonormale Vektoren, bis dies nicht mehr

    möglich ist“; das so konstruierte Orthonormalsystem ist dann maximal, also ei-ne Orthonormalbasis von H . Dieses

    ”naive“ Erweiterungsargument kann mit Hilfe

    transfiniter Induktion oder des Zorschen Lemmas präzisiert werden.

    4.14 Satz. Es seien {ej}j∈N0 und {fk}k∈N0 Orthonormalbasen von L2(Ω1) undL2(Ω2) . Mit Ω := Ω1 × Ω2 ist dann {ej(t)fk(s)}j,k∈N0 eine Orthonormalbasis vonL2(Ω) .

    4.15 Satz. Es sei Ω ⊆ Rn eine messbare Menge. Dann ist der Hilbertraum L2(Ω)separabel und somit isometrisch isomorph zum Folgenraum ℓ2 .

    Aufgrund von Satz 4.15 können Observable der Quantenmechanik als (partielleDifferential-) Operatoren in L2(Ω) oder als Matrix-Operatoren in ℓ2 realisiert wer-den; E. Schrödingers Wellenmechanik und W. Heisenbergs Matrizenmechanik sindäquivalente Formulierungen der Quantenmechanik.

    4.16 Legendre-Polynome. Nach dem Weierstraßschen Approximationssatz ist dielineare Hülle [tk]k≥0 der Monome dicht in C[a, b] , also auch dicht in (L2[a, b], dt) .Ihre Gram-Schmidt-Orthonormalisierung liefert die Orthonormalbasis {Pk}k≥0 ausLegendre-Polynomen von L2[a, b] :

    Pk(t) =

    √2k + 1

    (b − a)k+ 12 k!(d

    dt)k ((t − a)k(t − b)k) , k ∈ N0 . (11)

    4.17 Hermite-Funktionen. a) Die Hermite-Polynome vom Grad n werden defi-niert durch

    Hn(t) := (−1)n et2 ( ddt)n e−t2

    , n ∈ N0 . (12)

    b) Man hat die erzeugende Funktion e2ut−u2

    , es gilt die Formel

    e2ut−u2

    =∞∑

    n=0

    1n!

    Hn(t) un . (13)

    Dazu differenziert man e2ut−u2

    = et2

    e−(t−u)2

    n -mal nach u und wertet das Resultatin u = 0 aus.

    c) Nun differenziert man (13) nach t ; durch Vergleich der links und rechts stehendenReihen erhält die Rekursionsformel

    H ′n = 2nHn−1 für alle n ∈ N . (14)

  • 4 Orthonormalbasen 21

    d) Die Hermite-Funktionen werden durch

    hn(t) := (2nn!

    √π)−

    1

    2 Hn(t) e− t2

    2 (15)

    definiert; sie bilden ein Orthonormalsystem in L2(R) .

    e) Die Hermite-Funktionen sind sogar eine Orthonormalbasis von L2(R) . Dies ergibtsich mittels Fourier-Transformation.

  • 22 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    5 Beschränkte lineare Operatoren auf Hilberträum-

    en

    5.1 Satz. Es seien H ein Hilbertraum und C ⊆ H eine abgeschlossene konvexeMenge. Zu x ∈ H gibt es genau ein P (x) = PC(x) ∈ C mit

    ‖ x − P (x) ‖ = dC(x) = inf {‖ x − y ‖ | y ∈ C} . (1)Die metrische Projektion P = PC : H 7→ C ist eine stetige Abbildung.

    Für die stetige Abbildung PC : H 7→ C gilt offenbar PC(x) = x für x ∈ C ; einesolche Abbildung nennt man eine Retraktion von H auf C .

    5.2 Direkte und orthogonale Summen. a) Es seien E ein Vektorraum undV, W Unterräume von E . Die Summe

    V + W = {v + w | v ∈ V , w ∈ W}heißt direkt, falls V ∩W = {0} gilt; dies ist genau dann der Fall, wenn jeder Vektorx ∈ V + W eine eindeutige Zerlegung x = v + w mit v ∈ V und w ∈ W hat.Direkte Summen werden als V ⊕ W notiert.b) Nun seien H ein Hilbertraum und V, W Unterräume von H . Die Summe V +Wheißt orthogonal, falls V ⊥ W gilt. Eine orthogonale Summe bezeichnen wir mitV ⊕2 W ; sie ist natürlich stets direkt.Für abgeschlossene Unterräume F ⊆ H ist die metrische Projektion PF : H 7→ Fein linearer Operator, die orthogonale Projektion von H auf F :

    5.3 Satz. Es seien H ein Hilbertraum und F ⊆ H ein abgeschlossener Unterraum.a) Für x ∈ H gibt es genau einen Vektor x1 ∈ F mit x − x1 ⊥ F , nämlichx1 = P (x) = PF (x) .

    b) Man hat die orthogonale Zerlegung

    H = F ⊕2 F⊥ = R(P ) ⊕2 N(P ) , (2)und P : x1 + x2 7→ x1 ist die entsprechende orthogonale Projektion von H auf F .Man hat P ∈ L(H) , P 2 = P und ‖P ‖ = 1 . Für x, y ∈ H gilt

    〈Px|y〉 = 〈Px|Py〉 = 〈x|Py〉 . (3)

    5.4 Bemerkungen und Folgerungen. a) Nach Satz 4.12 besitzt jeder abge-schlossene Unterraum F eines (separablen) Hilbertraums H eine Orthonormalbasis{ei}i∈I . Für x ∈ H gilt dann

    Px =∑i∈I

    x̂(i) ei , x ∈ H . (4)

    Die orthogonale Projektion von H auf einen abgeschlossenen Unterraum F läßtsich also ohne Verwendung von Satz 5.1 auch mittels (4) konstruieren, wobei dieExistenz einer Orthonormalbasis von F verwendet wird.

    b) Für jede nicht leere Menge M ⊆ H hat man(M⊥)⊥ = [M ] für ∅ 6= M ⊆ H . (5)

  • 5 Beschränkte lineare Operatoren auf Hilberträumen 23

    5.5 Adjungierte Operatoren. Beim Studium von Matrizen über K = R oderK = C spielen adjungierte Matrizen eine wichtige Rolle. Entsprechend möchte manfür Hilberträume H, G zu T ∈ L(H, G)

    ”den adjungierten“ Operator T ∗ ∈ L(G, H)

    definieren, sodass

    〈 Tx|y 〉 = 〈 x|T ∗y 〉 für alle x ∈ H und y ∈ G

    gilt. Dazu benötigt man die Surjektivität der Isometrie j = jH : H → H ′ einesHilbertraums in seinen Dualraum aus (3.4):

    5.6 Satz(Rieszscher Darstellungssatz). Es sei η ∈ H ′ eine stetige Linearformauf einem Hilbertraum H . Dann gibt es genau ein y ∈ H mit

    η(x) = 〈x|y〉 für x ∈ H .

    5.7 Satz. Es seien H, G Hilberträume über K . Zu T ∈ L(H, G) gibt es genaueinen Operator T ∗ ∈ L(G, H) mit

    〈 Tx|y 〉 = 〈 x|T ∗y 〉 für alle x ∈ H und y ∈ G , (6)

    den adjungierten Operator zu T . Es gilt ‖ T ∗ ‖ = ‖ T ‖ .

    5.8 Bemerkungen. Stets gilt (T ∗)∗ = T , (T1 +T2)∗ = T ∗1 +T

    ∗2 , (λT )

    ∗ = λ̄T ∗ und(ST )∗ = T ∗S∗ . Ist T ein Isomorphismus, so gilt dies auch für T ∗ , und man hat(T ∗)−1 = (T−1)∗ . Diese Aussagen sind leicht nachzurechnen.

    5.9 Definition. Ein Operator T ∈ L(H) heißt selbstadjungiert, falls T ∗ = T ,unitär, falls T ∗ = T−1 und normal, falls T ∗T = TT ∗ ist.

    Der Begriff”unitär“ ist auch sinnvoll für Operatoren T ∈ L(H, G) zwischen ver-

    schiedenen Hilberträumen.

    5.10 Matrix-Darstellungen und adjungierte Matrizen. Es seien H, G (sepa-rable) Hilberträume mit Orthonormalbasen {ej}j∈J und {fi}i∈I . Für T ∈ L(H, G)und x =

    ∑j∈J

    x̂(j)ej ∈ H gilt

    Tx =∑j∈J

    x̂(j)Tej =∑j∈J

    x̂(j)∑i∈I

    aij fi =∑i∈I

    ∑j∈J

    aij x̂(j) fi (7)

    mit der Matrix

    M(T ) := (aij)i∈I,j∈J = (〈Tej|fi〉)i∈I,j∈J . (8)

    Umgekehrt definiert eine Matrix durch (7) wie in (2.10) einen Operator T ∈ L(H, G) ,wenn ‖A ‖HS < ∞ oder ‖A ‖ZS ‖A ‖SS < ∞ gilt.b) Im Fall H = G wählt man die gleiche Orthonormalbasis {ei}i∈I für Urbildraumund Bildraum. Mit der Fourier-Abbildung F : H 7→ ℓ2(I) ist dann der auf ℓ2(I)wirkende Matrix-Operator M(T ) = F T F−1 ähnlich zu T . Da F ein unitärer Ope-rator ist, ist M(T ) sogar unitär äquivalent zu T .

    c) In der Situation von a) gilt

    aij = 〈Tej|fi〉 = 〈ej|T ∗fi〉 = 〈T ∗fi|ej〉 = a∗ji ,

  • 24 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    und somit ist die Matrix von T ∗ ∈ L(G, H) bezüglich der Orthonormalbasen {fi}i∈Iund {ej}j∈J gegeben durch M(T ∗) = (a∗ji) = (aij) , also durch die adjungierte Matrixzu M(T ) . Diese Aussage gilt natürlich insbesondere im endlichdimensionalen Fall.

    d) Für einen Diagonaloperator D = diag(αk) auf ℓ2 hat man insbesondereD∗ = diag(αk) und D

    ∗D = DD∗ = diag(|αk |2) . Somit ist D stets normal; D istgenau dann selbstadjungiert, wenn alle αk reell sind und genau dann unitär, wenn|αk | = 1 für alle k gilt.

    5.11 Multiplikationsoperatoren. a) Es sei K ⊆ Rn kompakt. Für eine stetigeFunktion a ∈ C(K) wird ein Multiplikationsoperator Ma ∈ L(L2(K)) definiert durch

    (Maf)(t) := a(t) f(t) , t ∈ K , f ∈ L2(K) . (9)

    Offenbar ist ‖Ma ‖ ≤ ‖ a ‖sup , und es ist sogar ‖Ma ‖ = ‖ a ‖sup . Für Funktionenf, g ∈ L2(K) hat man

    〈Maf |g 〉 =∫K a(t)f(t) g(t) dt = 〈 f |M∗ag 〉 mit

    (M∗ag)(t) := a(t) g(t) = (Māg)(t) , t ∈ K , g ∈ L2(K) ,

    also M∗a = Mā . Offenbar ist Ma stets normal; Ma ist selbstadjungiert genau dann,wenn a reellwertig ist und unitär genau dann, wenn | a(t) | = 1 für alle t ∈ K gilt.b) Für a ∈ C2π und H = L2([−π, π],d̄t) berechnen wir die Matrix von Ma bezüglichder Basis {eikt}k∈Z . Nach (8) ist

    akj = 〈Ma e0j |e0k〉 =∫ π−π a(t) e

    ijt e−iktd̄t = â(k − j)

    für k, j ∈ Z ; somit ist M(Ma) die zweiseitig unendliche Toeplitz-Matrix

    M(Ma) =

    . . .. . .

    . . .. . .

    . . . â(0) â(−1) â(−2) â(−3)

    . . . â(1) â(0) â(−1) â(−2) . . .â(2) â(1) â(0) â(−1) . . .

    . . .. . .

    . . .. . .

    ,

    wobei das Element â(0) an der Stelle (0, 0) steht. Beachten Sie, dass ‖A ‖HS < ∞nur für a = 0 erfüllt ist und dass ‖A ‖ZS‖A ‖SS < ∞ genau dann gilt, wenn

    ∞∑k=−∞

    | â(k) | < ∞ ist, also z. B. im Fall a ∈ C12π(R) (vgl. Satz 4.4).

    5.12 Adjungierte Integraloperatoren. Es sei Ω ein σ -endlicher Maßraum, z. B.eine meßbare Menge in Rn , und für den meßbaren Kern κ : Ω2 7→ K gelte

    κ ∈ L2(Ω2) oder ‖ κ ‖SI ‖ κ ‖ZI < ∞ . (10)

    Für den linearen Integraloperator

    (Sκf)(t) :=∫Ω κ(t, s) f(s) ds , t ∈ Ω , f ∈ L2(Ω) ,

  • 5 Beschränkte lineare Operatoren auf Hilberträumen 25

    und f, g ∈ L2(Ω) hat man nach den Sätzen von Fubini und Tonelli

    〈Sκf |g 〉 =∫Ω

    ∫Ω κ(t, s)f(s) ds g(t)dt =

    ∫Ω f(s)

    ∫Ω κ(t, s)g(t) dt ds = 〈 f |S∗κg 〉 mit

    (S∗κg)(t) =∫Ω κ(s, t) g(s) ds , t ∈ Ω , g ∈ L2(Ω) . (11)

    Mit κ erfüllt auch der adjungierte Kern κ∗(t, s) = κ(s, t) Bedingung (10). Es ist Sκgenau dann selbstadjungiert, wenn κ = κ∗ fast überall auf Ω2 gilt.

    5.13 Der Shift-Operator oder Rechts-Shift-Operator auf ℓ2 ist definiert durch

    S+ (x0, x1, x2, x3, . . .) := (0, x0, x1, x2, . . .) . (12)

    Er wird durch die Matrix

    M(S+) =

    0 0 0 · · ·1 0 0 · · ·0 1 0 · · ·...

    .... . .

    dargestellt. Für diese gilt Bedingung (2.11), nicht aber Bedingung (2.9). Offenbarist S+ eine Isometrie von ℓ2 in ℓ2 , die nicht surjektiv ist.

    Für Folgen x = (xk)∞k=0 , y = (yk)

    ∞k=0 ∈ ℓ2 gilt

    〈S+x|y 〉 =∞∑

    k=1xk−1 yk =

    ∞∑j=0

    xj yj+1 = 〈 x|S−y 〉

    mit dem Links-Shift-Operator

    S∗+ = S− : (y0, y1, y2, y3, . . .) 7→ (y1, y2, y3, . . .) . (13)

    Offenbar ist S−S+ = I und

    S+S− (y0, y1, y2, y3, . . .) = (0, y1, y2, y3, . . .) ,

    also S+S− die orthogonale Projektion von ℓ2 auf den Unterraum {y ∈ ℓ2 | y0 = 0} .Insbesondere sind S+ und S− nicht normal.

    5.14 Satz. Es seien H, G Hilberträume. Für T ∈ L(H, G) gilt

    R(T )⊥ = N(T ∗) und R(T ) = N(T ∗)⊥ . (14)

    Ist R(T ) abgeschlossen, so gilt also R(T ) = N(T ∗)⊥ .

    5.15 Satz. Ein Operator P ∈ L(H) ist genau eine orthogonale Projektion, wennP ∗ = P = P 2 gilt.

    5.16 Satz. Für T ∈ L(H, G) gelte die Abschätzung

    ∃ γ > 0 ∀ x ∈ N(T )⊥ : ‖ Tx ‖ ≥ γ ‖ x ‖ . (15)

    Dann ist R(T ) abgeschlossen.

    Es gilt auch die Umkehrung dieser Aussage (vgl. 6.9). Weiter hat man:

  • 26 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    5.17 Satz. Für einen Operator T ∈ L(H) gelte die Abschätzung

    ∃ γ > 0 ∀ x ∈ H : | 〈 Tx|x 〉 | ≥ γ ‖ x ‖2 . (16)

    Dann ist T ∈ GL(H) invertierbar mit ‖ T−1 ‖ ≤ γ−1 .

    Die Sätze 5.16 und 5.17 liefern Informationen über beschränkte selbstadjungier-te Operatoren A = A∗ ∈ L(H) . Wegen 〈Ax|x 〉 = 〈 x|Ax 〉 = 〈Ax|x 〉 gilt stets〈Ax|x 〉 ∈ R .

    5.18 Satz. Es seien H ein Hilbertraum über C und A = A∗ ∈ L(H) selbstadjun-giert. Für λ ∈ C\R existiert dann (λI − A)−1 , und man hat

    ‖ (λI − A)−1 ‖ ≤ | Im λ |−1 für λ ∈ C\R . (17)

    5.19 Polarformeln. a) Wir betrachten wieder Hilberträume H über K = R oderK = C . Die in (16) auftretende Abbildung

    QT : H 7→ K , QT (x) := 〈 Tx|x 〉 , (18)

    heißt die quadratische Form des linearen Operators T ∈ L(H) . Eine quadratischeForm mit Eigenschaft (16) heißt koerziv.

    b) Für A = A∗ gelten analog zu (4.6) und (4.7) die Polarformeln

    4 〈Ax|y〉 = QA(x + y) − QA(x − y) bzw. (19)

    4 〈Ax|y〉 = QA(x + y) − QA(x − y) + i (QA(x + iy) − QA(x − iy)) (20)

    im reellen Fall bzw. im komplexen Fall.

    5.20 Satz. Es sei H ein Hilbertraum über K = R oder K = C .

    a) Für einen selbstadjungierten Operator A ∈ L(H) gilt

    ‖A ‖ = sup {| 〈Ax, x 〉 | | ‖ x ‖ ≤ 1} . (21)

    b) Für T ∈ L(H) ist T ∗T selbstadjungiert, und man hat

    ‖ T ∗T ‖ = ‖ T ‖2 . (22)

    5.21 Bemerkungen. a) Für einen selbstadjungierten Operator A ∈ L(H) folgtaus QA = 0 also bereits A = 0 .

    b) Im Fall K = C ist T ∈ L(H) genau dann selbstadjungiert, wenn 〈 Tx|x 〉 ∈ R füralle x ∈ H gilt. Aus QT = 0 folgt dann also immer T = 0 .c) Im Fall K = R sind die Aussagen von b) nicht richtig, wie etwa das Beispiel einerDrehung D : (x1, x2) 7→ (−x2, x1) des R2 um den Winkel π2 zeigt.

    5.22 Satz. Ein Operator T ∈ L(H) ist genau dann normal, wenn ‖ Tx ‖ = ‖ T ∗x ‖für alle x ∈ H gilt.

    5.23 Satz. Ein Operator U ∈ L(H) ist genau dann unitär, wenn U eine Isometrievon H auf H ist.

  • 5 Beschränkte lineare Operatoren auf Hilberträumen 27

    5.24 Evolution von Systemen. a) Nach einem Prinzip der Thermodynamik stre-ben makroskopische Systeme für t → ∞ gegen einen Gleichgewichtszustand; hierbeiist t die Zeitvariable. Für eine Diskussion dieses Prinzips sei auf [RS], II.5 verwiesen.Die Evolution eines solchen Systems kann oft in der Form

    x(t) = U(t) x0 , t ∈ R ,

    beschrieben werden; hierbei sind die U(t) unitäre Operatoren auf einem HilbertraumH und x0 ∈ H ein Anfangszustand des Systems. Dabei ”sollte“ stets gelten

    U(0) = I , U(t + s) = U(t) U(s) , t, s ∈ R . (23)

    b) Wir betrachten hier diskrete Zeitschritte t = n ∈ Z , wegen (23) also die Potenzen(Un)n∈Z eines unitären Operators U ∈ L(H) . Das Prinzip der Thermodynamikbehauptet dann die Existenz von lim

    n→∞Un x für alle x ∈ H in einem geeigneten

    Sinn.

    c) Im Fall dim H = 1 ist U einfach eine komplexe Zahl mit |U | = 1 , und für U 6= 1existiert lim

    n→∞Un nicht. Für die arithmetischen Mittel der Un gilt jedoch

    Vn :=1n

    n−1∑j=0

    U j = 1n

    Un−1U−1 →

    {0 , U 6= 11 , U = 1

    .

    5.25 Satz (Ergodensatz). Es seien U ∈ GL(H) ein unitärer Operator und P dieorthogonale Projektion auf den Eigenraum E(U ; 1) = {y ∈ H | Uy = y} . Für allex ∈ H gilt dann

    limn→∞

    1n

    n−1∑j=0

    U jx = Px . (24)

    Im Beweis des Ergodensatzes verwendet man u. a.:

    5.26 Satz. Es seien X, Y Banachräume und (Tn) eine Folge in L(X, Y ) mitC := sup

    n∈N‖ Tn ‖ < ∞ , die auf einer dichten Menge A ⊆ X punktweise konver-

    giert. Dann existiert

    Tx := limn→∞

    Tnx

    für alle x ∈ X ; man hat T ∈ L(X, Y ) mit ‖ T ‖ ≤ C , und die Konvergenz istgleichmäßig auf kompakten Teilmengen von X .

  • 28 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    6 Konsequenzen aus dem Satz von Baire

    6.1 Satz (Osgood). Es sei M eine punktweise beschränkte Menge stetiger Funk-tionen auf R . Es gibt ein offenes Intervall I 6= ∅ , sodass M auf I gleichmäßigbeschränkt ist.

    Dazu betrachtet man für n ∈ N die Mengen An := {t ∈ R | ∀ f ∈ M : | f(t) | ≤ n} .Diese sind in R abgeschlossen, und es ist

    ⋃∞n=1 An = R . Nach dem von R. Baire

    isolierten Kern des Beweises folgt daraus, dass ein An ein nichtleeres Inneres habenmuss. Allgemeiner gilt:

    6.2 Theorem (Baire). Es seien X ein Banachraum und D ⊆ X offen. GiltD =

    ∞⋃n=1

    An mit in D abgeschlossenen Mengen An , so gibt es r ∈ N mit A◦r 6= ∅ .

    Im Satz von Baire kann man an Stelle eines Banachraumes auch eine abgeschlosseneTeilmenge eines Banachraumes nehmen.

    6.3 Theorem (Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit). Es seien X einBanachraum, Y ein normierter Raum und H ⊆ L(X, Y ) eine punktweise be-schränkte Menge stetiger linearer Operatoren von X nach Y . Dann gilt

    sup {‖ T ‖ | T ∈ H} < ∞ . (1)

    Schwach beschränkte Mengen. Eine Menge M ⊆ H in einem Hilbertraum Hheißt schwach beschränkt, wenn

    ∀ y ∈ H : sup {| 〈y|x〉 | | x ∈ M} < ∞ (2)

    gilt. Mit der Isometrie j = jH : H → H ′ eines Hilbertraums in seinen Dualraumaus (3.4) ist dies genau dann der Fall, wenn die Menge j(M) in L(H, K) punktweisebeschränkt ist. Nach dem Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit 6.3 gilt daher:

    6.4 Satz. Eine schwach beschränkte Menge in einem Hilbertraum ist auch in derNorm des Hilbertraumes beschränkt.

    6.5 Satz (Banach-Steinhaus). Es seien X ein Banachraum, Y ein normierterRaum und (Tn) eine Folge in L(X, Y ) , so dass der Limes

    Tx := limn→∞

    Tnx (3)

    für alle x ∈ X existiert. Dann gilt T ∈ L(X, Y ) , ‖ T ‖ ≤ supn ‖ Tn ‖ < ∞ , undman hat Tn → T gleichmäßig auf allen kompakten Teilmengen von X .

    6.6 Satz. Es seien X, Y Banachräume und (Tn) eine Folge in L(X, Y ) . Dann sinddie folgenden Aussagen äquivalent :

    (a) (Tn) konvergiert gleichmäßig auf kompakten Mengen in X .

    (b) (Tn) konvergiert punktweise auf X .

    (c) (Tn) konvergiert punktweise auf einer dichten Teilmenge von X ,und es gilt sup {‖ Tn ‖ | n ∈ N} < ∞ .

  • 6 Konsequenzen aus dem Satz von Baire 29

    6.7 Satz. Für t ∈ [−π, π] gibt es eine Funktion f ∈ C2π , so dass die Partialsummen(sn(f ; t) =

    n∑k=−n

    f̂(k)eikt) der Fourier-Reihe unbeschränkt sind.

    Mit geeigneten topologischen Begriffen lässt sich zeigen, dass sogar für”viele“ Funk-

    tionen in C2π die Folge (sn(f ; t)) in ”vielen“ Punkten t unbeschränkt ist, vgl. [KFA],Abschnitt 8.4. Nach einem tiefliegenden Satz von L. Carleson (1966) ist jedoch dieFourier-Reihe einer L2 -Funktion fast überall konvergent. R.A. Hunt zeigte 1968, dassdies für p > 1 auch für die Fourier-Reihe einer Lp -Funktion gilt. Bereits 1926 hat-te aber A. Kolmogorov eine L1 -Funktion konstruiert, deren Fourier-Reihe überalldivergent ist.

    6.8 Theorem (vom inversen Operator). Es seien X, Y Banachräume undT ∈ L(X, Y ) bijektiv. Dann ist auch der inverse Operator T−1 : Y → X stetig(und linear).

    Im Beweis von Theorem 6.8 wird die Injektivität von T nicht benutzt. Daher sindalle surjektiven Abbildungen zwischen Banachräumen offen; dieses von S. Banachund J. Schauder stammende Resultat heißt Satz von der offenen Abbildung, vgl.[KFA], 8.3 für eine noch etwas allgemeinere Aussage.

    6.9 Normal auflösbare Gleichungen. a) Aus Theorem 6.8 ergibt sich auch dieUmkehrung von Satz 5.16: Es seien H, G Hilberträume, und T ∈ L(H, G) habeabgeschlossenes Bild. Dann ist T1 := T |N(T )⊥ : N(T )⊥ → R(T ) eine stetige lineareBijektion zwischen Banachräumen, und nach Theorem 6.8 ist die UmkehrabbildungT−11 stetig. Daher gilt (5.15):

    ∃ γ > 0 ∀ x ∈ N(T )⊥ : ‖ Tx ‖ ≥ γ ‖ x ‖ .

    6.10 Operatoren mit abgeschlossenen Graphen. a) Es seien X, Y normierteRäume. Für eine lineare Abbildung T : X → Y ist der Graph

    Γ(T ) = {(x, Tx) | x ∈ X}ein Unterraum von X × Y ; dieser ist genau dann abgeschlossen in X × Y , wennfür jede Folge (xn) in X gilt:

    xn → x in X und Txn → y in Y ⇒ y = Tx . (4)b) Stetige lineare Operatoren T ∈ L(X, Y ) besitzen also abgeschlossene Graphen.Die Umkehrung dieser Aussage ist i. a. nicht richtig: Der Differentialoperator

    ddt

    : (C1[a, b], ‖ ‖sup) → (C[a, b], ‖ ‖sup) , ddtf := f ′ , (5)ist unstetig. Gilt aber ‖ fn − f ‖sup → 0 und ‖ ddtfn − g ‖sup → 0 , so folgt ddtf = g(vgl. [KA1], 22.14), und somit ist Γ( d

    dt) abgeschlossen. Es gilt jedoch:

    6.11 Satz (vom abgeschlossenen Graphen). Es seien X, Y Banachräume undT : X → Y eine lineare Abbildung mit abgeschlossenem Graphen. Dann ist T stetig.

    6.12 Satz (Hellinger-Toeplitz). Es seien H ein Hilbertraum und T : H → H einsymmetrischer linearer Operator, d. h. es gelte 〈Tx|y〉 = 〈x|Ty〉 für alle x, y ∈ H .Dann ist T stetig.

  • 30 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    7 Schwache Konvergenz

    Der Nachweis der Existenz eines Maximums oder Minimums einer beschränktenreellwertigen Funktion beruht oft auf Kompaktheitsargumenten. Die Einheitskugelunendlichdimensionaler Hilberträume ist nicht kompakt; wir zeigen in den Sätzen7.5 und 7.7 aber doch

    ”schwache Versionen“ des Satzes von Bolzano-Weierstraß, mit

    deren Hilfe Kompaktheitsargumente zur Lösung von Variationsproblemen verwendetwerden können.

    7.1 Definition. Es sei H ein Hilbertraum. Eine Folge (xn) in H konvergiertschwach gegen x ∈ H , Notation: xn w→ x , falls gilt

    〈y|xn〉 → 〈y|x〉 für alle y ∈ H . (1)

    7.2 Beispiele und Bemerkungen. a) Mittels der Isometrie

    j : H → H ′ , jx(y) = 〈y|x〉 für y ∈ H ,

    aus 2.9 kann man Vektoren aus H als stetige Linearformen auf H auffassen; schwa-che Konvergenz einer Folge (xn) in H bedeutet dann punktweise Konvergenz derFolge (jxn) in H

    ′ . Insbesondere sind schwache Grenzwerte eindeutig bestimmt.

    b) Für eine orthonormale Folge (en) gilt ‖ en ‖ = 1 , aber en w→ 0 aufgrund derBesselschen Ungleichung (4.3). Aus xn

    w→ x und zn w→ z folgt also i. a. nicht〈xn|zn〉 → 〈x|z〉 .c) Für eine beliebige Folge in H gilt

    ‖ x − xn ‖ → 0 ⇔ xn w→ x und ‖ xn ‖ → ‖ x ‖ . (2)

    d) Es seien H und G Hilberträume und T ∈ L(H, G) . Aus xn w→ x in H folgtdann Txn

    w→ Tx in G wegen 〈y|Txn〉 = 〈T ∗y|xn〉 → 〈T ∗y|x〉 = 〈y|Tx〉 für y ∈ G .e) Es sei V ein Unterraum von H . Für eine Folge (vn) in V gilt dann

    vnw→ v in V ⇔ vn w→ v in H , (3)

    da ja 〈y|vn〉 = 0 für y ∈ V ⊥ ist.f) Aufgrund von Satz 6.4 sind schwach konvergente Folgen in H Norm-beschränkt.

    7.3 Satz. Eine Folge (x(n)) konvergiert genau dann schwach gegen x in ℓ2 , wenndie folgende Aussage gilt:

    supn∈N

    ‖ x(n) ‖ < ∞ und x(n)k → xk für alle k ∈ N0 . (4)

    Das folgende Lemma spielt eine wichtige Rolle bei Kompaktheitsbeweisen:

    7.4 Lemma. Es seien A eine abzählbare Menge und (fn) eine punktweise be-schränkte Folge von Funktionen auf A , d. h. für alle a ∈ A seien die Folgen (fn(a))in K beschränkt. Dann hat (fn) eine punktweise konvergente Teilfolge.

    Es gilt die folgende”schwache Version“ des Satzes von Bolzano-Weierstraß:

  • 7 Schwache Konvergenz 31

    7.5 Theorem. Eine beschränkte Folge (xn) in einem Hilbertraum H besitzt eineschwach konvergente Teilfolge.

    7.6 Satz (Banach-Saks). In einem Hilbertraum gelte die schwache Konvergenz

    xnw→ x . Dann gibt es eine Teilfolge (xnj ) von (xn) mit ‖ 1k

    k∑j=1

    xnj − x ‖ → 0 .

    Nach Theorem 7.5 und dem Satz von Banach-Saks 7.6 besitzt also jede beschränkteFolge (xn) in einem Hilbertraum H eine im Mittel konvergente Teilfolge:

    7.7 Satz. Es sei (xn) eine beschränkte Folge in einem Hilbertraum H . Dann gibt

    es eine Teilfolge (xnj ) von (xn) , sodass die Folge (1k

    k∑j=1

    xnj ) konvergiert.

    7.8 Folgerung. Es seien H ein Hilbertraum, C ⊆ H eine konvexe abgeschlosseneMenge und (xn) eine Folge in C mit xn

    w→ x ∈ H . Dann folgt auch x ∈ C .

    Folgerung 7.8 ist ohne die Konvexitätsbedingung nicht richtig. So ist z. B. die Ein-heitssphäre S = {x ∈ ℓ2 | ‖ x ‖ = 1} in ℓ2 abgeschlossen, aber für die Einheitsvek-toren S ∋ en gilt en w→ 0 nach Beispiel 7.2 b).

    Konvexe Funktionen und halbstetige Funktionen. a) Es seien E ein Vek-torraum und C ⊆ E eine konvexe Menge. Eine Funktion F : C → R heißt konvex,falls gilt

    F (n∑

    j=ksk xk) ≤

    n∑j=k

    sk F (xk) für xk ∈ C , 0 ≤ sk ≤ 1 undn∑

    k=1sk = 1 . (5)

    b) Es seien X ein normierter Raum und Ω ⊆ X . Eine Funktion F : Ω → R heißtunterhalbstetig in x0 ∈ Ω , wenn diese ”Hälfte“ der Stetigkeitsbedingung erfüllt ist:

    ∀ ε > 0 ∃ δ > 0 ∀ x ∈ Ω : ‖ x − x0 ‖ < δ ⇒ F (x) > F (x0) − ε . (6)

    7.9 Satz. Es seien H ein Hilbertraum und ∅ 6= C ⊆ H eine abgeschlossene konvexeMenge. Eine nach unten beschränkte unterhalbstetige konvexe Funktion F : C → Rmit

    F (x) → ∞ für x ∈ C und ‖ x ‖ → ∞ (7)besitzt ein Minimum auf C .

    Der Projektionssatz 5.1 ist ein Spezialfall von Satz 7.9; in der Tat erfüllt für x1 ∈ Hdie Funktion F : x 7→ ‖ x1 − x ‖ dessen Voraussetzungen. Auf Anwendungen in derVariationsrechnung können wir hier nicht eingehen.

    Wir zeigen noch die folgende Version des Ergodensatzes 5.25:

    7.10 Satz. Es seien H ein Hilbertraum und T ∈ L(H) mit ‖ T n ‖ ≤ C für allen ∈ N . Dann existiert der Limes Px := lim

    n→∞1n

    n−1∑j=0

    T jx für alle x ∈ H , und Pist eine stetige (nicht notwendig orthogonale) Projektion von H auf N(I − T ) mitN(P ) = R(I − T ) .

  • 32 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    8 Grundlagen der Spektraltheorie

    8.1 Satz (Neumannsche Reihe). Es seien X ein Banachraum und T ∈ L(X)mit ‖ T ‖ < 1 . Dann ist die Reihe ∑k T k in L(X) absolut konvergent, und es gilt

    ∞∑k=0

    T k = (I − T )−1 . (1)

    Insbesondere ist also I − T invertierbar.

    8.2 Bemerkungen. a) Die Summe S :=∞∑

    k=0T k lässt sich iterativ berechnen: Mit

    Sn :=n∑

    k=0T k gilt offenbar S0 = I , Sn+1 = I + TSn und Sn → S .

    b) Für n ∈ N hat man die Fehlerabschätzung

    ‖S − Sn ‖ = ‖∞∑

    k=n+1T k ‖ ≤

    ∞∑k=n+1

    ‖ T k ‖ ≤∞∑

    k=n+1‖ T ‖k = ‖T ‖n+1

    1−‖T ‖ ;

    es liegt also mindestens lineare Konvergenz vor.

    8.3 Spektralradius. a) Statt”‖ T ‖ < 1“ genügt für die Konvergenz der Neu-

    mannschen Reihe auch die schwächere Bedingung

    ∞∑k=0

    ‖ T k ‖ < ∞ ; (2)

    diese Verschärfung ist etwa für Volterrasche Integralgleichungen (vgl. Beispiel 8.6)wesentlich. Nach dem Wurzelkriterium folgt diese bereits aus

    r(T ) := lim sup k√‖ T k ‖ < 1 . (3)

    Die Zahl r(T ) ∈ [0, ‖ T ‖] heißt Spektralradius von T ; die Namensgebung erklärenwir in Satz 8.14.

    b) Der Limes superior in (3) ist sogar ein echter Limes.

    c) An Stelle von (2) genügt für die Invertierbarkeit von I − T auch die Bedingung

    ∀ x ∈ X :∞∑

    k=0‖ T kx ‖ < ∞ . (4)

    8.4 Fredholmsche Integralgleichungen. a) Es seien Ω ⊆ Rn messbar undκ : Ω2 7→ K ein messbarer Kern mit

    ‖ κ ‖2L2 < 1 oder ‖ κ ‖ZI ‖ κ ‖SI < 1 . (5)Dann hat die Integralgleichung

    f(t) − ∫K κ(t, s) f(s) ds = g(t) , t ∈ K , (6)nach den Sätzen 8.1 und 2.13 bzw. 2.14 für jede Funktion g ∈ L2(Ω) genau eineLösung f ∈ L2(Ω) .b) Nun seien K ⊆ Rn kompakt und κ ∈ C(K2) stetig. Gilt (5), so gibt es zug ∈ C(K) genau eine Lösung f ∈ L2(K) von (I − Sκ)f = g . Nun gilt Sκf ∈ C(K)und somit auch f ∈ C(K) ; der Operator I − Sκ ist unter der Bedingung (5) alsoauch auf dem Banachraum C(K) bijektiv.

  • 8 Grundlagen der Spektraltheorie 33

    8.5 Lineare Systeme von Differentialgleichungen. a) Es seien J ⊆ R einkompaktes Intervall, a ∈ J , ξ ∈ Kn , A ∈ C(J, MK(n)) und b ∈ C(J, Kn) . DasAnfangswertproblem

    ẋ = A(t) x + b(t) , x(a) = ξ (7)

    ist aufgrund des Hauptsatzes der Differential- und Integralrechnung äquivalent zurIntegralgleichung

    x(t) = ξ +∫ ta(A(s) x(s) + b(s)) ds , t ∈ J .

    b) Man führt den Integraloperator

    (V x)(t) :=∫ ta A(s) x(s) ds , t ∈ J , x ∈ C(J, Kn) ,

    ein. Mit B(t) := ξ +∫ ta b(s) ds , t ∈ J , ist diese dann äquivalent zur Gleichung

    (I − V ) x = B im Banachraum C(J, Kn) . (8)c) Es ist V ein spezieller Volterra-Operator auf C(J, Kn) . Für diesen zeigen wirr(V ) = 0 in (11) unten. Somit besitzt die Gleichung (8) und daher auch das An-fangswertproblem (7) genau eine Lösung in C(J, Kn) (Satz von Picard-Lindelöf fürlineare Systeme).

    8.6 Volterrasche Integralgleichungen. a) Für einen stetigen Matrix-wertigenKern κ ∈ C(J2, MK(n)) wird durch

    (V f)(t) := (Vκ)f(t) :=∫ ta κ(t, s) f(s) ds , t ∈ J , f ∈ C(J, Kn) , (9)

    ein linearer Operator V : C(J, Kn) 7→ C(J, Kn) definiert.b) Wegen

    ‖ V f(t) ‖ ≤ (t − a) ‖ κ ‖sup ‖ f ‖sup , t ∈ J , (10)ist V ∈ L(C(J, Kn)) . Aus (9) und (10) folgt weiter induktiv

    ‖ V j ‖ ≤ (b−a)jj!

    ‖ κ ‖j für j ∈ N . (11)c) Aus (11) folgt r(V ) = 0 für den Spektralradius von V , insbesondere also die

    Konvergenz der Neumannschen Reihe∞∑

    j=0V j = (I−V )−1 . Somit ist die Volterrasche

    Integralgleichung

    f(t) − ∫ ta κ(t, s) f(s) ds = (I − V )f(t) = g(t) (12)für alle g ∈ C(J, Kn) durch f = (I − V )−1g in C(J, Kn) eindeutig lösbar.d) Es gilt auch r(V ) = 0 für den Volterra-Operator aus (9) auf dem HilbertraumL2(J) .

    8.7 Offene Gruppe und stetige Inversion. a) Für einen Banachraum X sei

    GL(X) := {T ∈ L(X) | ∃ S ∈ L(X) : TS = ST = I}die Gruppe der invertierbaren Operatoren in L(X) .

    b) Es ist GL(X) offen in L(X) , und die Inversion T 7→ T−1 ist stetig. Da die In-version mit ihrer Umkehrabbildung übereinstimmt, ist sie sogar eine Homöomorphievon GL(X) auf GL(X) .

  • 34 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    8.8 Definition. Es seien X ein Banachraum und T ∈ L(X) .a) Die Menge σ(T ) := {λ ∈ K | λI − T 6∈ GL(X)} heißt Spektrum von T .b) Das Komplement ρ(T ) := K\σ(T ) des Spektrums heißt Resolventenmenge von T .c) Die durch RT : λ → (λI − T )−1 definierte Funktion RT : ρ(T ) 7→ GL(X) heißtResolvente von T .

    8.9 Feststellungen. a) Nach 8.7 c) ist die Resolventenmenge ρ(T ) offen in K , unddie Resolvente RT : ρ(T ) 7→ L(X) ist stetig.b) Für λ, µ ∈ ρ(T ) gilt λI − T = (µI − T ) + (λ−µ)I ; Multiplikation von links mitRT (λ) und von rechts mit RT (µ) liefert die Resolventengleichung

    RT (λ) − RT (µ) = −(λ − µ) RT (λ) RT (µ) , λ, µ ∈ ρ(T ) . (13)

    c) Diese impliziert sofort

    limλ→µ

    RT (λ)−RT (µ)λ−µ = −RT (µ)2 für µ ∈ ρ(T ) ;

    die Resolvente ist im Fall K = C also holomorph auf ρ(T ) . FunktionentheoretischeMethoden spielen eine große Rolle in der Spektraltheorie; Illustrationen dazu folgenin den Sätzen 8.13 und 8.14.

    d) Für | λ | > r(T ) existiert

    RT (λ) = λ−1 (I − T

    λ)−1 = 1

    λ

    ∞∑k=0

    (Tλ)k ; (14)

    daher ist das Spektrum σ(T ) kompakt mit

    max {| λ | | λ ∈ σ(T )} ≤ r(T ) . (15)

    Im Fall K = C gilt sogar Gleichheit in (15), was den Namen Spektralradius für r(T )erklärt; wir beweisen diese Tatsache in Satz 8.14. Insbesondere ist der Spektralradiusvon T ∈ L(Cn) von der Wahl einer Norm auf Cn unabhängig. Weiter erhält manaus (14) die Abschätzung

    ‖RT (λ) ‖ ≤ 1| λ |−‖T ‖ für | λ | > ‖ T ‖ . (16)

    8.10 Eigenwerte. a) Für T ∈ L(X) heißt eine Zahl λ ∈ K Eigenwert von T , fallses einen Vektor 0 6= x ∈ X mit Tx = λx gibt; x heißt dann Eigenvektor von Tzum Eigenwert λ .

    b) Für λ ∈ K gilt stets

    N(λI − T ) 6= {0} ⇒ λI − T 6∈ GL(X) ⇔ λ ∈ σ(T ) , (17)

    und im Fall dim X < ∞ gilt auch die Umkehrung dieser Aussage. Eigenwerte vonT liegen also stets in σ(T ) , und im Fall dim X < ∞ stimmt σ(T ) mit der Mengealler Eigenwerte von T überein.

    c) Im Fall dim X < ∞ hat man weiter

    λ ∈ σ(T ) ⇔ χT (λ) := det (λI − T ) = 0 ;

  • 8 Grundlagen der Spektraltheorie 35

    die Eigenwerte von T sind also die Nullstellen des charakteristischen Polynoms vonT . Die Existenz von Eigenwerten im Fall K = C und dim X < ∞ beruht da-her auf dem Fundamentalsatz der Algebra und ist zu diesem sogar äquivalent, dajedes komplexe Polynom charakteristisches Polynom einer geeigneten Matrix ist.Der Fundamentalsatz der Algebra kann mit Hilfe des funktionentheoretischen Sat-zes von Liouville bewiesen werden. Dieser besagt, daß jede auf ganz C holomorphebeschränkte Funktion konstant ist (vgl. etwa [KA3], 22.18).

    d) Der spezielle Volterra-Operator

    (V f)(t) :=∫ ta f(s) ds , t ∈ [a, b] , (18)

    auf C[a, b] ist wegen (V f)′ = f injektiv, wegen (V f)(a) = 0 oder V f ∈ C1[a, b]aber nicht surjektiv; die Umkehrung von (17) ist in diesem Fall also falsch. Man hat0 ∈ σ(V ) , aber 0 ist kein Eigenwert von V . Wegen r(V ) = 0 gilt also σ(V ) ={0} , V hat aber keinen Eigenwert.e) Wir zeigen jedoch in Satz 8.13, wiederum mit Hilfe des Satzes von Liouville, daßstetige lineare Operatoren stets ein nichtleeres Spektrum haben. Diese Aussage istalso eine Verallgemeinerung des Fundamentalsatzes der Algebra.

    8.11 Beispiel. Der Links-Shift-Operator wird auf ℓ2 definert durch

    S−(x0, x1, x2, x3, . . .) := (x1, x2, x3, x4, . . .) . (19)

    Wegen ‖S ‖ = 1 hat man σ(S−) ⊆ {λ ∈ C | | λ | ≤ 1} . Für | λ | < 1 gilt offenbar

    S−(1, λ, λ2, λ3, . . .) = λ (1, λ, λ2, λ3, . . .) ,

    d. h. λ ist ein Eigenwert von S− . Folglich gilt {λ ∈ C | | λ | < 1} ⊆ σ(S−) , undwegen der Kompaktheit des Spektrums muss σ(S−) = {λ ∈ C | | λ | ≤ 1} sein.

    Für den Beweis des folgenden Satzes 8.13 verwenden wir die folgende Konsequenzaus dem Satz von Hahn-Banach (vgl. [KFA], 9.1), den wir in dieser Vorlesung nichtbenötigen:

    8.12 Satz. Zu jedem Vektor x 6= 0 in einem Banachraum X gibt es eine stetigeLinearform f ∈ X ′ mit f(x) 6= 0 .

    Für Hilberträume X ist dies klar, man setzt einfach f(y) := 〈y|x〉 . Auch für einigekonkrete Banachräume wie X = ℓp , Lp(Ω) , C(K) ist Satz 8.12 leicht zu verifizieren.

    8.13 Satz. Es seien X ein Banachraum über C und T ∈ L(X) . Dann gilt σ(T ) 6= ∅ .

    8.14 Satz. Es seien H ein komplexer Hilbertraum und T ∈ A . Für den Spektral-radius gilt dann

    max {| λ | | λ ∈ σ(T )} = r(T ) = limn→∞

    n

    √‖ T n ‖ . (20)

    Satz 8.14 gilt auch für Operatoren auf komplexen Banachräumen; dazu verwendetman den Satz von Hahn-Banach.

  • 36 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    8.15 Satz. Für einen normalen Operator T ∈ L(H) auf einem Hilbertraum stim-men Spektralradius und Norm überein; es gilt

    r(T ) = max {| λ | | λ ∈ σ(T )} = limn→∞

    n

    √‖ T n ‖ = ‖ T ‖ .

    8.16 Satz. Es sei H ein Hilbertraum über C .

    a) Für einen selbstadjungierten Operator A ∈ L(H) gilt σ(A) ⊆ R und‖RA(λ) ‖ ≤ | Im λ |−1 für λ ∈ C\R . (21)

    b) Für einen unitären Operator U ∈ L(H) gilt σ(U) ⊆ S1 = {z ∈ C | | z | = 1} und‖RU(λ) ‖ ≤ (1 − | λ |)−1 für λ ∈ C\S1 . (22)

    8.17 Nilpotente und quasinilpotente Operatoren. a) Es sei X ein Banach-raum. Ein Operator T ∈ L(X) heißt nilpotent, wenn T p = 0 für ein p ∈ N gilt undquasinilpotent, wenn r(T ) = 0 ist.

    b) Nach (11) sind die Volterra-Integraloperatoren aus 8.6 quasinilpotent; der Ope-rator aus (18) zeigt, daß sie i. a. aber nicht nilpotent sind.

    c) Im Fall K = C ist T ∈ L(X) genau dann quasinilpotent, wenn σ(T ) = {0} gilt;dies folgt aus den Sätz 8.13 und 8.14. Im Fall dimX = n < ∞ ist jeder quasinilpo-tente Operator T ∈ L(X) sogar nilpotent mit T n = 0 .

    8.18 Kommutatoren. a) In der Quantenmechanik werden physikalische Größenwie Ort, Impuls, Energie usw. durch (selbstadjungierte, i. a. unbeschränkte) lineareOperatoren beschrieben; das Spektrum (⊆ R ) eines solchen Operators ist dann dieMenge der möglichen Meßergebnisse.

    b) Der Kommutator [P, Q] := PQ − QP der Operatoren Q und P von Ort undImpuls eines eindimensionalen Teilchens muß die Heisenbergsche Vertauschungsre-lation

    PQ− QP = h̄iI (23)

    erfüllen, wobei 2πh̄ > 0 die Plancksche Konstante ist; diese impliziert dann dieHeisenbergsche Unschärferelation (vgl. 13.5). Durch

    Qf(t) := t f(t) , P f(t) := h̄i

    dfdt

    kann (23) leicht auf den Definitionsbereichen C∞(R) oder D(R) := C∞(R) ∩ Cc(R)realisiert werden.

    b) Andererseits kann (23) nicht durch beschränkte lineare Operatoren auf einemBanachraum X realisiert werden. Für T, S ∈ L(X) gilt nämlich stets

    TS − ST 6= I . (24)

    c) Die Aussage von b) folgt auch aus der Gleichung

    σ(TS) ∪ {0} = σ(ST ) ∪ {0} , (25)die sogar in jeder Algebra (ohne eine Norm) gültig ist.

  • 9 Kompakte Operatoren und Fredholmoperatoren 37

    9 Kompakte Operatoren und Fredholmoperato-

    ren

    9.1 Definition. a) Es seien X, Y Banachräume. Ein linearer Operator S : X → Yheißt kompakt, wenn der Abschluss des Bildes S(BX) der abgeschlossenen Einheits-kugel BX von X in Y kompakt ist.

    9.2 Bemerkungen. a) Ein kompakter linearer Operator ist automatisch stetig.

    b) Mit K(X, Y ) bezeichnen wir die Menge aller kompakten linearen Operatoren vonX nach Y , und wir setzen K(X) := K(X, X) .

    c) Es ist S ∈ L(X, Y ) genau dann kompakt, wenn für jede beschränkte Folge (xn)in X die Folge (Sxn) in Y eine konvergente Teilfolge besitzt.

    d) Die Identität I = IH auf einem Hilbertraum H ist genau dann kompakt, wennder Raum H endlichdimensional ist. Im Fall dim H = ∞ besitzt in der Tat eineorthonormale Folge keine konvergente Teilfolge.

    Wesentliche Beispiele kompakter Operatoren sind Integraloperatoren mit quadratin-tegrierbaren Kernen, vgl. Satz 9.10.

    9.3 Satz. a) Für Banachräume X, Y ist K(X, Y ) ein Unterraum von L(X, Y ) .

    b) Für weitere Banachräume X1, Y1 und lineare Operatoren A ∈ L(Y, Y1) sowieB ∈ L(X1, X) folgt aus S ∈ K(X, Y ) auch ASB ∈ K(X1, Y1) :

    X1B−→ X S−→ Y A−→ Y1 .

    9.4 Bemerkungen. Ein Produkt stetiger linearer Operatoren ist also bereits dannkompakt, wenn dies auf einen Faktor zutrifft. Die in Satz 9.3 formulierten Aussagenbedeuten, dass die kompakten Operatoren ein Operatorideal bilden. Für X = Y istK(X) ein Ideal in L(X) im üblichen Sinn.

    9.5 Satz. Es seien H, G Hilberträume und S ∈ L(H, G) , so dass S∗S ∈ K(H)kompakt ist. Dann ist auch S ∈ K(H, G) kompakt.

    9.6 Satz (Schauder). Es seien H, G Hilberträume. Ein stetiger linearer OperatorS ∈ L(H, G) ist genau dann kompakt, wenn dies auf S∗ ∈ L(G, H) zutrifft.

    9.7 Satz. Für Banachräume X, Y ist K(X, Y ) ein abgeschlossener Unterraum vonL(X, Y ) .

    9.8 Endlichdimensionale Operatoren. a) Es seien X, Y Banachräume. Ein ste-tiger linearer Operator F ∈ L(X, Y ) heißt endlichdimensional, wenn der Rangrk F := dim R(F ) endlich ist, Notation: F ∈ F(X, Y ) . Wir schreiben wieder F(X)für F(X, X) .b) Für F ∈ F(X, Y ) sind in R(F ) aufgrund des Satzes von Bolzano-Weierstraß dieAbschlüsse beschränkter Mengen kompakt, und daher gilt F(X, Y ) ⊆ K(X, Y ) .c) Wie die kompakten Operatoren bilden auch die endlichdimensionalen Operatorenein Operatorideal, d. h. es gelten die Aussagen von Satz 9.3. Dieses ist jedoch nicht

  • 38 I. Hilberträume und beschränkte lineare Operatoren

    abgeschlossen, vgl. etwa Beispiel 9.9.

    d) Nun seien H, G Hilberträume und F ∈ F(H, G) mit rk F = n ∈ N . Mit einerOrthonormalbasis {y1, . . . , yn} von R(F ) und xj := F ∗yj gilt dann

    Fx =n∑

    j=1〈Fx|yj 〉 yj =

    n∑j=1

    〈 x|F ∗yj 〉 yj =n∑

    j=1〈 x|xj 〉 yj , x ∈ H ,

    wofür wir ab jetzt abkürzend

    F =n∑

    j=1xj ⊗ yj (1)

    schreiben wollen. Umgekehrt wird für beliebige Vektoren xj und yj durch (1) stetsein Operator F ∈ F(H, G) mit rk F ≤ n definiert.e) Nun sei F ∈ F(H, G) mit rk F = n durch (1) gegeben. Dann folgt

    F ∗ =n∑

    j=1yj ⊗ xj , (2)

    also rkF ∗ ≤ n = rk F . Wegen F ∗∗ = F gilt sogar rkF ∗ = rk F .

    9.9 Beispiele. a) Durch eine beschränkte Folge (αj) in C wird ein Diagonalopera-tor D ∈ L(ℓ2) definiert durch

    D : (x0, x1, x2, . . .) 7→ (α0x0, α1x1, α2x2, . . .) .

    Für n ∈ N0 sind die Operatoren

    Dn : (x0, x1, x2, . . .) 7→ (α0x0, . . . , αnxn, 0, 0, . . .)

    endlichdimensional und somit kompakt. Wegen

    ‖Dx− Dnx ‖2 =∞∑

    j=n+1|αj |2 | xj |2 ≤ sup

    j>n|αj |2 ‖ x ‖2 für x = (xj) ∈ ℓ2

    gilt ‖D − Dn ‖ → 0 im Fall einer Nullfolge (αj) ; in diesem Fall ist also der Diago-naloperator D kompakt.

    b) Es gilt auch die Umkehrung von a): Ist D ∈ K(ℓ2) , so gilt

    limn→∞

    sup‖x=(xj) ‖≤1

    ∞∑j=n

    |αjxj |2 = 0 ,

    und mit den Einheitsvektoren x = en ergibt sich limn→∞

    |αn |2 = 0 .

    9.10 Satz. Es seien Ω eine messbare Menge in Rn und κ ∈ L2(Ω2) ein qu