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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-1 07.09.20 1. Zug und Druck Betrachtet werden Balken, bei denen als einzige Schnitt- last eine Normalkraft auftritt. Balken, in denen nur eine Normalkraft auftritt, werden auch als Stäbe bezeichnet. Beispiele: Stangen Fachwerkstäbe Türme unter Eigengewicht Eine positive Normalkraft tritt auch in Seilen auf.

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-1

07.09.20

1. Zug und Druck

● Betrachtet werden Balken, bei denen als einzige Schnitt-last eine Normalkraft auftritt.

● Balken, in denen nur eine Normalkraft auftritt, werden auch als Stäbe bezeichnet.

● Beispiele:

– Stangen

– Fachwerkstäbe

– Türme unter Eigengewicht

● Eine positive Normalkraft tritt auch in Seilen auf.

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-2

07.09.20

1. Zug und Druck

1.1 Spannung

1.2 Dehnung

1.3 Materialgesetz

1.4 Zulässige Spannung

1.5 Kerbwirkung

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-3

07.09.20

1.1 Spannung

● Zugfestigkeit und Normalspannung:

– Im Zugversuch wird ein Stab mit konstanter Querschnitts-fläche A so belastet, dass eine über seine Länge konstante Normalkraft N auftritt.

– Die Normalkraft NB , bei der der Stab bricht, ist proportional zu seiner Querschnittsfläche.

– Der Quotient

ist daher nur vom Werkstoff abhängig.

– Er wird als Zugfestigkeit bezeichnet.

Rm=N B

A

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-4

07.09.20

1.1 Spannung

– Die Zugfestigkeit ist ein Materialkennwert, der die Bean-spruchbarkeit des Werkstoffs beschreibt.

– Zur Beschreibung der Beanspruchung bei Zug- oder Druck-belastung wird die Normalspannung σ definiert:

– Das Vorzeichen der Normalspannung stimmt mit dem Vor-zeichen der Normalkraft überein.

– Die Normalspannung ist positiv bei Zugbelastung und nega-tiv bei Druckbelastung.

σ=NA

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07.09.20

1.1 Spannung

– Die Normalspannung ist eine Flächenkraft. Sie hat die Ein-heit Kraft pro Fläche.

– Eine gebräuchliche Einheit ist:

– Bruch tritt auf für σ = Rm .

● Verallgemeinerung:

– Die Normalkraft in einem Querschnitt des Stabs resultiert aus einer über den Querschnitt verteilten Flächenkraft, die als Normalspannung bezeichnet wird.

1 N /mm2=106 N /m2

=106 Pa=1 MPa

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07.09.20

1.1 Spannung

– Bei einem Stab mit konstantem Querschnitt kann davon ausgegangen werden, dass die Normalspannung in hinrei-chendem Abstand von der Krafteinleitung über den Quer-schnitt konstant ist.

– Das gilt näherungsweise auch für Stäbe mit schwach ver-änderlichem Querschnitt.

– Die Normalspannung ist nicht konstant über den Quer-schnitt

● in der Nähe der Krafteinleitung● bei Querschnittssprüngen● bei Kerben

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-7

07.09.20

1.1 Spannung

xF F

N x =F

≠N

Ax

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-8

07.09.20

1.1 Spannung

● Angriffspunkt der Normalkraft:

– Die Normalkraft greift im Kräftemittelpunkt der Normalspan-nung an.

– Bei einer über den Querschnitt konstanten Normalspan-nung ist der Kräftemittelpunkt gleich dem Flächenschwer-punkt.

– Damit ein Balken nur durch eine Normalkraft belastet wird, muss die Verbindungslinie aller Flächenschwerpunkte gera-de sein und die Wirkungslinie der äußeren Kräfte mit der Verbindungslinie der Flächenschwerpunkte übereinstim-men.

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-9

07.09.20

1.1 Spannung

– Die Verbindungslinie der Flächenschwerpunkte der Quer-schnitte heißt Stabachse.

F F

Stabachse

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07.09.20

1.1 Spannung

● Beispiel: Stahlstange

– Aufgabenstellung:● Eine Stahlstange wird mit einer Zugkraft von 300 kN bean-

sprucht. Die Stange hat einen Kreisquerschnitt mit einem Durchmesser von 50 mm. Gesucht ist die Normalspannung.

– Lösung:● Normalkraft:

● Querschnittsfläche:

● Normalspannung:

A=π4

d2=

π⋅502 mm2

4=1963 mm2

σ=NA =

300⋅103 N1963 mm2 =152,8 N /mm2

N=F=300 kN

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07.09.20

1.1 Spannung

● Beispiel: Konischer Stab

– Ein konischer Stab mit kreisförmigen Querschnitt wird durch eine Zugkraft F beansprucht.

– Wie groß ist die Normalspannung σ(x) in einem beliebigen Schnitt senkrecht zur Stabachse?

L

r0

2r0

F Fx

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07.09.20

1.1 Spannung

– Radius:

– Querschnittsfläche:

– Normalkraft:

– Normalspannung:

r (x)=r0+(2 r 0−r0

L ) x=r0 (1+xL )

A (x)=π r 2( x)=π r 0

2(1+xL )

2

N =F

σ( x)=N

A(x)=

F

π r02 (1+

xL )

2=

σ0

(1+xL )

2 mit σ0=

Fπ r 0

2

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07.09.20

1.1 Spannung

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07.09.20

1.1 Spannung

● Stab unter Streckenlast:

– Eine parallel zur Stabachse gerichtete Streckenlast führt zu einer veränderlichen Normalkraft.

– Beispiele:● Stab unter Eigengewicht● Stab unter Fliehkraft

gn

n

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07.09.20

1.1 Spannung

– Spannungsverlauf im Stab mit Streckenlast:● Betrachtet wird ein beliebiger Stababschnitt:

● Gleichgewichtsbedingung:

n

xA

xB

x

σA

σB

∑ F x=0 : AB σB−AAσA+∫xA

xB

n dx=0

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07.09.20

1.1 Spannung

● Mit

folgt:

● Damit das Integral für jedes beliebige Intervall null ist, muss der Integrand null sein:

ABσB−AAσA=∫xA

xB

ddx

( Aσ ) dx

∫xA

xB

( ddx

( Aσ )+n)dx=0

ddx

( Aσ )+n=0

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07.09.20

1.1 Spannung

● Beispiel: Stab unter Eigengewicht

– Ein Stab ist am oberen Ende fest einge-spannt und wird durch sein Gewicht belastet.

– Gegeben:● Querschnittsfläche A● Massendichte ρ● Zugfestigkeit Rm

– Gesucht:● Verlauf der Spannung im Stab● Länge LR , bei der der Stab infolge des Eigen-

gewichts reißt

g L

x

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07.09.20

1.1 Spannung

– Streckenlast:● Am Volumenelement greift die Gewichtskraft

an.● Damit gilt für die Streckenlast:

– Spannungsverlauf:● Da die Querschnittsfläche konstant ist, gilt:

dV=A dx

dG=ρ g dV=ρ g A dx

n=dGdx =ρ g A

A d σ

dx =−ρ g A →d σ

dx =−ρ g → σ( x)=−ρ g x+c

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-19

07.09.20

1.1 Spannung

● Randbedingung:

– Reißlänge:● Die größte Spannung tritt an der Einspannung auf:

● Die Länge LR wird als Reißlänge bezeichnet.

σ(L)=0

0=−ρ g L+c → c=ρ g L

σ( x )=ρ g L (1−xL )=G

A (1−xL )

Rm=σ(0)=ρ g LR → LR=Rm

ρ g

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07.09.20

1.1 Spannung

● Beispiel: Turm

– Der Turm der Höhe h trägt die Masse m0 .

– Als einzige Belastung wirkt die Schwerkraft.

– Wie muss der Verlauf des Querschnitts gewählt werden, damit in jedem Querschnitt die gleiche Normalspannung σ0 auftritt?

h

x

g

m0

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07.09.20

1.1 Spannung

– Streckenlast:

– Wenn die Spannung konstant ist, gilt:

n (x)=−ρ g A( x)

dAdx σ0=−n (x)=ρ g A( x)

→dAA =

ρ gσ0

dx → ∫A0

A( x)

dAA =

ρ gσ0

∫0

x

d x̄=ρ gσ0

x

→ ln( A (x )

A0)=ρ g

σ0x → A (x)=A0 exp (ρ g

σ0x )

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-22

07.09.20

1.1 Spannung

– Die Querschnittsfläche A0 folgt aus dem Gleichgewicht an der Masse m0:

– Ergebnis:

x

m0 g

σ0

σ0

∑ F x=0 : −m0 g−σ0 A(h)=0

→ A(h)=−m0 gσ0

−m0 gσ0

=A0 exp(ρ gσ0

h) → A0=−m0 gσ0

exp (−ρ g hσ0 )

A (x)=−m0 gσ0

exp(ρ g hσ0 ( x

h −1))

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07.09.20

1.1 Spannung

– Kreisring:

A (x)=π ( ra2(x)−r i

2 ) → ra (x)=√r i2−

m0 gπσ0

exp (ρ g hσ0 ( x

h −1))

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-24

07.09.20

1.2 Dehnung

● Wird ein Stab durch eine Zug- oder Druckkraft belastet, dann ändert sich seine Länge.

● Die Längenänderung hängt von der Belastung, der Länge und dem Material ab.

● Als ein Maß für die Formänderung, das nicht von der Länge abhängt, wird die Dehnung eingeführt.

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07.09.20

1.2 Dehnung

● Konstante Dehnung:

– Betrachtet wird ein homogener Stab mit konstanter Quer-schnittsfläche A, der am linken Ende fest eingespannt ist und am rechten Ende durch die Kraft F belastet wird.

– Normalkraft und Spannung in diesem Stab sind konstant:

FL

N =F , σ=NA =

FA

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-26

07.09.20

1.2 Dehnung

– Am unbelasteten Stab werden im konstanten Abstand a0 Markierungen aufgebracht.

– Es zeigt sich, dass die Markierungen am belasteten Stab ebenfalls einen konstanten Abstand haben, der mit a be-zeichnet wird.

F

a0

a0

a0

a0

a0

a a a a a

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-27

07.09.20

1.2 Dehnung

– Für die Änderung der Länge zwischen zwei Markierungen gilt:

– Für die Änderung der Länge zwischen m aufeinanderfol-genden Markierungen folgt:

– Für das Verhältnis von Längenänderung zu Ausgangslänge gilt:

Δ a=a−a0

( m−1 ) a− (m−1 ) a0= (m−1 ) (a−a0 )=( m−1 )Δ a

( m−1 ) Δa( m−1 ) a0

=Δ aa0

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-28

07.09.20

1.2 Dehnung

– Wird a0 hinreichend klein gewählt, so lässt sich jede Strecke auf dem Stab beliebig genau als ein Vielfaches von a0 aus-drücken.

– Daraus folgt, dass das Verhältnis von Längenänderung zu Ausgangslänge für jede beliebige Strecke den gleichen Wert hat.

– Dieses Verhältnis wird als Dehnung bezeichnet:

ϵ=Δ aa0

=a−a0

a0

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-29

07.09.20

1.2 Dehnung

– Die Dehnung ist eine dimensionslose Größe.

– Eine positive Dehnung beschreibt eine Verlängerung, eine negative Dehnung eine Verkürzung.

– Ist a0 = L0 die gesamte Länge des Stabs, dann gilt für seine Längenänderung:

– Bei konstanter Dehnung kann die Dehnung aus derLängenänderung des Stabs berechnet werden:

ϵ=Δ LL0

Δ L=L−L0=a0 ϵ=L0 ϵ

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-30

07.09.20

1.2 Dehnung

– Zahlenbeispiel:● Wird ein Stab der Länge L0 = 1 m um ΔL = 1 mm verlängert, so

berechnet sich die Dehnung zu

● In vielen technischen Fällen ist die Dehnung klein.● Im Folgenden wird vorausgesetzt, dass gilt:

ϵ=1 mm

1000 mm=10−3

=0,1%

|ϵ|≪1

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-31

07.09.20

1.2 Dehnung

● Veränderliche Dehnung:

– Betrachtet wird ein homogener Stab mit konstanter Querschnittsfläche unter Eigengewicht.

– Auf den unbelasteten Stab werden wieder Markierungen im konstanten Abstand a0 aufgebracht.

– Am belasteten Stab haben diese Markierungen unterschiedliche Ab-stände ak .

a1

a2

a3

g

x

a0

a0

a0

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-32

07.09.20

1.2 Dehnung

– Durch

wird eine mittlere Dehnung definiert, die von der gewählten Länge a0 abhängt.

– Die örtliche Dehnung ist der Grenzwert der mittleren Deh-nung, wenn a0 gegen null geht:

ϵ̄k=ak−a0

a0

ϵ(x)= lima0→0

a−a0

a0

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-33

07.09.20

1.2 Dehnung

● Dehnung und Verschiebung

– Die örtliche Dehnung kann aus der Verschiebung u(x) be-rechnet werden. Dazu wird ein Element der Länge a0 = Δx auf dem Stab markiert:

xx+Δx

x + u

x+Δx+u+Δu

x

xF

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-34

07.09.20

1.2 Dehnung

– Unverformtes Element:● Die Enden liegen an den Stellen x und x + Δx.● Das Element hat die Länge Δx.

– Verformtes Element:● Das linke Ende verschiebt sich um u an die Stelle x + u.● Das rechte Ende verschiebt sich um u + Δu an die Stelle

x + Δx + u + Δu.● Das verformte Element hat die Länge

x+Δ x+u+Δu−( x+u )=Δ x+Δ u

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-35

07.09.20

1.2 Dehnung

– Die Längenänderung des Elements berechnet sich zu

– Die mittlere Dehnung ist das Verhältnis von Längenände-rung zu Ausgangslänge des Elements:

– Die örtliche Dehnung ist der Grenzwert der mittleren Deh-nung für unendlich kleine Elemente:

Δ x+Δu−Δ x=Δ u

ϵ̄(x)=ΔuΔ x

ϵ(x)= limΔ x→0

Δ uΔ x =

dudx

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-36

07.09.20

1.2 Dehnung

– Für die Längenänderung des Stabs gilt:

– Beispiel: Konstante Dehnung

– Beispiel: Veränderliche Dehnung

Δ L=u (L0)−u(0)= ∫u(0)

u(L 0)

du=∫0

L 0

dudx dx=∫

0

L 0

ϵ(x)dx

ϵ(x)=ϵ0=const .

Δ L=∫0

L 0

ϵ0 dx=ϵ0∫0

L 0

dx=ϵ0 L0

ϵ(x)=ϵ0 x /L0

Δ L=∫0

L 0

ϵ0x

L0dx=

ϵ0

L0∫0

L 0

x dx=ϵ0

L 0[ x2

2 ]x=0

x=L0

=12

ϵ0 L 0

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-37

07.09.20

1.3 Materialgesetz

● Ursachen für die Längenänderung eines Stabs:

– Normalkraft

– Temperaturänderung

● Die Längenänderung wird durch die Dehnung ε beschrie-ben.

● Die Längenänderung infolge einer Normalkraft hängt von der Normalspannung σ ab.

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-38

07.09.20

1.3 Materialgesetz

● Das Materialgesetz beschreibt den Zusammenhang zwi-schen Spannung, Dehnung und Temperaturänderung:

● Das Materialgesetz ist werkstoffabhängig und wird durch Experimente ermittelt.

σ= f (ϵ ,ΔT )

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07.09.20

1.3 Materialgesetz

1.3.1 Spannung und Dehnung

1.3.2 Wärmedehnung

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Zugversuch:

– Der Zusammenhang

zwischen Spannung σ und Dehnung ε bei konstanter Tem-peratur wird im Zugversuch ermittelt.

– Dabei wird die Probe mit konstanter Geschwindigkeit ge-dehnt und die erforderliche Kraft F gemessen.

– Im Spannungs-Dehnungs-Diagramm wird die auf die An-fangsquerschnittsfläche A0 bezogene Spannung über der auf die Anfangslänge L0 bezogenen Dehnung aufgetragen:

σ= f (ϵ)

σ=F /A0 , ϵ=Δ L /L0

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Duktile Metalle mit ausgeprägtem Fließbereich:

– unlegierterBaustahl

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-42

07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Linear elastischer Bereich: σ < σP

● Bis zur Proportionalitätsgrenze σP ist die Spannung proportio-nal zur Dehnung:

● Dieses Gesetz wird als Hookesches Gesetz bezeichnet.● Der Proportionalitätsfaktor E heißt Elastizitätsmodul. Er hat

die Einheit N/mm2 = MPa.

σ=E ϵ

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Nichtlinear elastischer Bereich: σ < σE

● Bis zur Elastizitätsgrenze σE geht die Dehnung bei Entlastung wieder vollständig zurück.

● Die Elastizitätsgrenze liegt meist sehr nahe bei der Proportio-nalitätsgrenze.

– Fließen: σ > Re

● Bei Überschreiten der Streckgrenze Re beginnt das Material zu fließen.

● Die Dehnung nimmt auch bei gleichbleibender oder abneh-mender Spannung zu.

● Die Streckgrenze liegt meist sehr nahe bei der Elastizitäts-grenze.

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Verfestigung:● Nach dem Fließen ermöglicht die so genannte Kaltverfesti-

gung einen weiteren Anstieg der Spannung bis zur Zugfestig-keit Rm .

● Bei Erreichen der Zugfestigkeit setzt eine Einschnürung des Querschnitts ein. Die auf den aktuellen Querschnitt bezogene Spannung steigt weiter an, während die auf den Ausgangs-querschnitt bezogene Spannung sinkt.

– Plastischer Bereich: σ > σE

● Nach der Entlastung bleibt eine plastische Dehnung εp zurück.

● Die Entlastungskurve verläuft parallel zur Geraden im linear elastischen Bereich.

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Metalle ohne ausgeprägte Fließgrenze:

– Aluminiumlegierungen

– vergütete Stähle

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Bei den meisten Metallen tritt kein ausgeprägtes Fließen auf.

– Anstelle einer Streckgrenze wird die 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 definiert.

– Die Spannung Rp0,2 führt nach Entlasten zu einer bleibenden Dehnung εp von 0,2 %.

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Nichtlineare Elastizität:

– Bei Grauguss und vielen nichtmetallischen Werkstoffen gibt es keinen Bereich, in dem die Spannungen proportional zu den Dehnungen sind.

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Duktile Werkstoffe:

– Ein Werkstoff, der vor dem Bruch stark gedehnt werden kann, heißt duktil oder zäh.

– Duktile Werkstoffe● können Stöße und Energie absorbieren● zeigen die Gefahr von Versagen durch Überlastung durch

eine große Verformung an● sind für spanloses Umformen geeignet

– Zu den duktilen Werkstoffen gehören z. B. unlegierte Stähle und Aluminium.

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Spröde Werkstoffe:

– Bei spröden Werkstoffen tritt kein oder nur geringes Fließen vor dem Bruch auf.

– Spröde Werkstoffe sind sehr stoßempfindlich und können wenig Energie aufnehmen.

– Zu den spröden Werkstoffen gehören gehärtete Stähle und Grauguss.

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

● Beispiel: Stahlstift in Kupferbuchse

– In einer Buchse aus Kupfer befin-det sich ein Stahlstift.

– Buchse und Stift tragen eine starre Platte, auf die die Kraft F wirkt.

– Gesucht:● Spannungen in Buchse und Stift● Verschiebung der Platte

L

Kupfer: A

K , E

K

Stahl: A

S , E

S

F

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Kupferbuchse:

● Spannung:

● Dehnung:

● Verschiebung:

uK

FK

x

FK✄

σK=−F K

AK

ϵK=−F K

E K AK

uK=−Δ LK=F K L

E K AK

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Stahlstift:

● Spannung:

● Dehnung:

● Verschiebung:

FS

uS

FS

x

✄σ S=−F S

AS

ϵS=−F S

E S AS

uS=−Δ LS=F S LE S AS

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Platte:

– Verträglichkeitsbedingung:

– Einsetzen in Kräftegleichgewicht:

F

FS

FK

x

∑ F x=0 : F−F S−F K=0 → F=F S+F K

F K LE K AK

=F S LE S AS

→ F K=E K AK

E S ASF S

uK=uS

F=(1+E K AK

E S AS)F S=

E S AS+E K AK

E S AS

F S

→ F S=E S AS

E S AS+E K AKF , F K=

E K AK

E S AS +E K AKF

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07.09.20

1.3.1 Spannung und Dehnung

– Ergebnisse:● Spannungen:

● Verschiebung der Platte:

– Anmerkungen:● Die Gleichgewichtsbedingungen alleine reichen nicht aus, um

die Kräfte zu bestimmen. Das System ist statisch unbestimmt.● Zur Berechnung von statisch unbestimmten Systemen müs-

sen auch die Verformungen betrachtet werden.● Bei statisch unbestimmten Systemen tragen die steiferen

Bauteile eine höhere Last.

σ S=−E S

E S AS+E K AKF , σK =

−E K

E S AS+E K AKF

u=uS=F L

E S AS+E K AK

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07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

● Die durch eine Temperaturänderung verursachte Deh-nung heißt Wärmedehnung.

● Materialgesetz:

– Für viele Werkstoffe ist die Wärmedehnung εT proportional zur Temperaturänderung ΔT :

– Der Proportionalitätsfaktor αT heißt Wärmeausdehnungsko-effizient.

– Er hat die Einheit 1/K.

ϵT=αT ΔT

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07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

– Wirkt sowohl eine Spannung σ als auch eine Temperatur-änderung ΔT, so ergibt sich die Gesamtdehnung durch Überlagerung.

– Im linear elastischen Bereich gilt:

– Auflösen nach der Spannung ergibt:

ϵ=σE +αT ΔT

σ=E (ϵ−αT ΔT )

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07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

● Typische Werkstoffkennwerte:

Material E in N/mm2 αT in 1/K

Stahl 2,1·105 1,2·10-5

Aluminium 0,7·105 2,3·10-5

Kupfer 1,2·105 1,6·10-5

Messing 1,0·105 1,8·10-5

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-58

07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

● Beispiel:

– Der abgebildete Stab wird durch die Kraft F und die Tempe-raturänderung ΔT(x) belastet.

ΔT

ΔT0

x

F

L

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-59

07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

– Gegeben:● Länge L = 1 m, Querschnittsfläche A = 5 cm2

● Elastizitätsmodul E = 70000 MPa, Wärmeausdehnungskoeffi-zient αT = 2,3·10-5 1/K

● Kraft F = 10 kN● Temperaturänderung:

– Gesucht:● Längenänderung ΔL

ΔT ( x )=ΔT 0xL

mit ΔT 0=20 K

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07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

– Normalkraft (rechter Teilbalken):

– Spannung:

– Dehnung:

x FNN (x)=∑ F x=F

σ=NA

=FA

=const .

ϵ(x)= σE

+αT ΔT (x)=F

E A+αT ΔT 0

xL

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-61

07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

– Längenänderung:

– Zahlenwert:

Δ L=∫0

L

ϵ( x)dx=F

E A∫0

L

dx+αT

ΔT 0

L ∫0

L

x dx

=F

E A[ x ]x=0

x=L+αT

ΔTL [ x 2

2 ]x=0

x=L

=F LE A

+12

αT ΔT 0 L

Δ L=10⋅103 N⋅103 mm

7⋅104 N /mm2⋅5⋅102 mm2

+12⋅2,3⋅10−5 1

K⋅20 K⋅103 mm

=0,2857 mm+2,3⋅10−1 mm=0,5157 mm

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07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

● Beispiel: Beidseitig eingespannter Stab

– Der homogene Stab mit konstantem Querschnitt A ist an beiden Enden gelenkig gelagert.

– Er wird durch eine konstante Temperaturänderung ΔT be-lastet.

– Gesucht sind die Kräfte in den Lagern A und B.

E, A, αT

L

ΔTA B

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-63

07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

– Gleichgewicht:

● Es steht nur eine Gleichgewichtsbedingung zur Ermittlung der zwei unbekannten Kräfte zur Verfügung.

● Das System ist statisch unbestimmt: Die Gleichgewichts-bedingungen reichen zur Bestimmung der Kräfte nicht aus.

● Eine weitere Gleichung liefert die Verträglichkeitsbedingung.

Ax

Bxx

∑ F x=0 : Ax−B x=0 → Ax=B x

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07.09.20

1.3.2 Wärmedehnung

– Verträglichkeitsbedingung:● Verträglichkeitsbedingungen sind kinematische Bedingungen,

die zusätzlich zu den Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein müssen.

● Da sich der Abstand der beiden Lager nicht ändert, kann der Stab seine Länge nicht ändern.

● Damit lautet die Verträglichkeitsbedingung:

● Mit folgt:

Δ L=0 : 0=L ϵ=L (σE +αT ΔT )=L ( N

E A +αT ΔT )

N=−B x 0=−B x

E A +αT ΔT → B x=E AαT ΔT

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07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

● Die tatsächlich auftretende Spannung weicht in der Regel von der berechneten Spannung ab.

● Ursachen dafür sind:

– vereinfachende Annahmen bei der Berechnung

– Fertigungsungenauigkeiten

– ungenaue Kenntnis der Lasten

– ungleichmäßige Spannungsverteilung

● Diese Abweichungen können durch Sicherheiten und zu-lässige Spannungen berücksichtigt werden.

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07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

● Grenzspannung:

– Die Grenzspannung σG ist die im Versuch ermittelte Spannung, bei der Ver-sagen eintritt.

● Sicherheit:

– Die Sicherheit S ist das Verhältnis der Grenz-spannung σG zur berech-neten Spannung σ :

● Zulässige Spannung:

– Die zulässige Spannung σzul ist das Verhältnis der Grenzspannung σG zur Sicherheit S :

S=σGσ >1

σ zul=σG

S <σG

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-67

07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

● Die Grenzspannung hängt von der Art der Beanspru-chung und der Art des Versagens ab.

● Die geforderte Sicherheit hängt außerdem von den Fol-gen des Versagens ab.

● Zugbeanspruchung:

– Bei Zugbeanspruchung kann Versagen durch Fließen oder Versagen durch Bruch erfolgen.

– Versagen durch Fließen tritt bei duktilen Werkstoffen auf.

– Versagen durch Bruch kann bei duktilen und spröden Werk-stoffen auftreten.

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-68

07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

– Versagen durch Fließen:● Sicherheit und zulässige Spannung werden mithilfe der

Streckgrenze Re oder der 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 definiert:

– Versagen durch Bruch:● Sicherheit und zulässige Spannung werden mithilfe der Zug-

festigkeit Rm definiert:

S F=σFσ , σ zul=

σF

S Fmit σF=Re oder σF=R p 0,2

S B=Rmσ , σ zul=

Rm

S B

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-69

07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

– Anhaltswerte für die Sicherheit bei Zugbeanspruchung:

● Bei einem spröden Werkstoff ist eine große Sicherheit erfor-derlich, da sich ein Bruch nicht durch eine vorhergehende große Verformung ankündigt.

Werkstoffart Versagensart Sicherheit

duktil Fließen 1,2 - 2,0

Bruch 2,0 - 4,0

spröde Bruch 4,0 - 9,0

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-70

07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

● Druckbeanspruchung:

– Bei Druckbeanspruchung kann Versagen durch Fließen, Bruch oder Kni-cken auftreten.

– Versagen durch Bruch:● Sicherheit und zulässige

Spannung werden mithil-fe der Druckfestigkeit σdB definiert:

– Versagen durch Fließen:● Sicherheit und zulässige

Spannung werden mithil-fe der Druckfließgrenze σdF oder der Stauch-grenze σdp definiert:

S B=σdBσ , σ zul=

σdB

S B

S F=σFσ , σ zul=

σF

S F

mit σF=σdF

oder σF=σdp

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-71

07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

– Versagen durch Knicken:● Sicherheit und zulässige Spannung werden mithilfe der

Knickspannung σK definiert:

● Die Knickspannung ist kein Werkstoffkennwert. Sie hängt von der Länge des Stabs, seinem Querschnitt und dem Elastizi-tätsmodul ab.

S K=σKσ , σ zul=

σK

SK

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Prof. Dr. Wandinger 1. Grundbelastungsarten TM 2 1.1-72

07.09.20

1.4 Zulässige Spannung

– Anhaltswerte für die Sicherheit bei Druckbeanspruchung:

Werkstoffart Versagensart Sicherheit

duktil Fließen 1,2 - 2,0

Knicken 2,5 - 5,0

spröde Bruch 4,0 - 9,0

Knicken 2,5 - 5,0

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07.09.20

1.5 Kerbwirkung

● Definition:

– Als Kerbwirkung werden alle Einflüsse bezeichnet, die zu einer ungleichmäßigen Spannungsverteilung führen.

– Dazu gehören● Bohrungen● Rillen● Nuten● Querschnittsübergänge

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07.09.20

1.5 Kerbwirkung

– Flachstab mit Bohrung: – Rundstab mit Rille:

σk

σ

σn

d

b

Dicke h N

N

σk

σ

σn

d

D

N

N

Amin= (b−d ) h Amin=14

πd 2

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1.5 Kerbwirkung

● Nennspannung und Kerbspannung:

– Die auf den kleinsten Querschnitt Amin bezogene Spannung

heißt Nennspannung.

– Die maximale Spannung σk wird als Kerbspannung bezeich-net.

σn=N

Amin

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1.5 Kerbwirkung

● Formzahl:

– Die Formzahl αk ist das Verhältnis von Kerbspannung zu Nennspannung:

– Sie ist abhängig von Form, Abmessungen und Beanspru-chungsart.

– Mithilfe der Formzahl kann die Kerbspannung aus der Nennspannung berechnet werden:

αk=σ kσn

σ k=αk σn

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1.5 Kerbwirkung

– Zur Berechnung der Sicherheit wird die Kerbspannung ver-wendet:

– Für die Nennspannung muss gelten:

S B=Rmσ k

=Rm

αk σn, S F=

σFσk

=σF

αk σn

σ n≤σ zul=Rm

αk S Bbzw. σn≤σ zul=

σF

αk S F

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1.5 Kerbwirkung

● Stützwirkung:

– Bei spröden Werkstoffen wird die Bruchgefahr durch die Kerbwirkung immer erhöht.

– Bei duktilen Werkstoffen werden die Spannungsspitzen durch Fließen abgebaut, bevor die Nennspannung die Streckgrenze überschreitet.

– Dieser Effekt kann durch die Stützziffer n0,2 berücksichtigt werden, mit der die Werkstofffließgrenze multipliziert wer-den darf.

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1.5 Kerbwirkung

– Für die Sicherheit SF gegenüber Fließen und die zulässige Spannung gilt dann:

– Für den Wertebereich der Stützziffer gilt:

– Für spröde Werkstoffe gilt n0,2 = 1. Es gibt keine Stützwir-kung.

– Für Werkstoffe mit ausgeprägtem Fließen gilt n0,2 = αk. Die Kerbe hat bei statischer Belastung keine Wirkung.

S F=n0,2 σFαk σn

und σ zul=n0,2 σF

αk S F

1≤n0,2≤αk

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1.5 Kerbwirkung

● Beispiel:

– Ein 2 mm dicker gekerbter Flachstab aus dem Werkstoff 18CrNi8 wird ruhend mit der Zugkraft F = 3 kN belastet.

– Gesucht ist die Sicherheit ge-gen Erreichen der Streckgren-ze.

– Werkstoffdaten:● Rp0,2 = 800 N/mm2

● n0,2 = 1

1,5 1,5

0,5

15

F

F

Dicke: 2 mm

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1.5 Kerbwirkung

t t

r

B

F

F

b

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1.5 Kerbwirkung

– Nennspannung:

– Formzahl:

– Kerbspannung:

– Sicherheit:

σn=N

Amin=

3000 N12 mm⋅2 mm

=125 N /mm2

rt =

0,5 mm1,5 mm

=0,3333,bB =

12 mm15 mm

=0,8

→ αk=3,7

σ k=αk σn=3,7⋅125 N /mm2=462,5 N /mm2

S F=R p 0,2σ k

=800 N /mm2

462,5 N /mm2 =1,7

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1.5 Kerbwirkung