105 gesamt reduziert - Abenteuer · PDF fileAbenteuer Philosophie 3/2006 ozart hat über 600 Werke kom-poniert, obwohl er bereits mit 35 Jahren starb. Mit der „Zau-berflöte“ hat

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  • Die Zauberflte

    T E X T : A N N A H O L U B - P S Z Y W Y J ,

    R E D A K T I O N E L L B E A R B E I T E T

    V O N H E L M U T K N O B L A U C H

    Mrchen und Mysterium

  • A b e n t e u e r P h i l o s o p h i e 3 / 2 0 0 6

    ozart hat ber 600 Werke kom-poniert, obwohl er bereits mit35 Jahren starb. Mit der Zau-

    berflte hat er uns ein Werk hinterlassen,das uns begeistert und berhrt. Alleine dieMusik Mozarts vermag uns zu verzau-bern, doch Die Zauberflte ist auer-dem noch ein Mysterienspiel im Geist derantiken Mysterien.

    Der Inhalt

    Zu Beginn der Oper sehen wirPrinz Tamino, der vor einer Rie-senschlange flieht. Drei Da-men, Dienerinnen der Kniginder Nacht, retten ihn.

    In einer spteren Szenezeigt sich dieselbe Kniginder Nacht und beauftragtden Prinzen, ihre TochterPamina zu retten, die vombsen Sarastro geraubtwurde. Papageno, ein un-wissender Mensch, bedecktmit Vogelfedern, wird Tami-no bei der Suche begleiten.Die Reisenden bekommen eineZauberflte und ein magischesGlockenspiel als Geschenke.

    Papageno begegnet als Erster Pa-mina und flieht mit ihr vor Monostatos,dem Gefngniswrter. In der Zwischen-zeit fhren drei Knaben Tamino zu dreiTempeltoren (Natur, Vernunft und Weis-heit). Stimmen weisen ihn beim Versucheinzutreten zurck, nur das mittlere Torder Weisheit ffnet sich. Tamino trifft ei-nen Priester, der ihm erklrt, dass er be-trogen wurde und dass Sarastro kein B-sewicht ist.

    Im weiteren Verlauf mssen Taminoseine Zauberflte und Pagageno sein Glo-ckenspiel einsetzen, um die wilden Tierezu verzaubern, den Zorn zu besnftigen

    und Frieden in die Herzen zu bringen. Am Ende des ersten Aktes werden Ta-

    mino, Papageno und Pamina von Mono-statos gefangenen genommen und erwar-ten die Ankunft des Hohepriesters Saras-tro. Dieser erscheint in einem Wagen, ge-zogen von 6 Lwen.

    Sarastro befiehlt, dass Tamino und Papa-geno in den Prfungstempel gefhrt wer-den, und bestraft Monostatos.

    Im zweiten Akt werden sowohl Taminoals auch Pamina verschiedenen Probenunterzogen. So erhlt Pamina von ihrerMutter den Auftrag, Sarastro zu ermor-den. Pamina will aber eher Selbstmord be-gehen, als dem Befehl der Mutter zu ge-

    horchen. Und sie glaubt, die Liebe vonTamino verloren zu haben, da er nichtmehr mit ihr spricht. Die drei Knaben ret-ten sie und versichern ihr Taminos Liebe.Inzwischen erkennt Papageno, dass dieMysterien und Proben nichts fr ihn sind.

    Wieder vereint, mssen sich Taminound Pamina der gefhrlichsten Probe stel-len, dem Durchschreiten der vier Elemen-te, in der Oper durch Wasser und Feuer

    symbolisiert. Die Zauberflte fhrt siesicher hindurch. Am Ende wird ihr

    Triumph, ihre Aufnahme in dieMysterien der Isis, verkndet.

    Papageno ist unterdessenzum Selbstmord entschlos-sen, da er meint, das Lebensei ungerecht mit ihm. Diedrei Knaben retten auchihn, und endlich trifft erauf seine Papagena.Monostatos hat sich in-zwischen mit der Kniginder Nacht verbndet undgemeinsam dringen sie in

    den Sonnentempel ein, umdiesen zu zerstren. Aber die

    dunklen Krfte werden fr im-mer gestrzt.

    Die Zauberflte - Mrchen oder Mysterium?

    Was ist Die Zauberflte? Warum gibtes diesen scheinbaren Bruch zwischendem 1. Akt, in dem ein Mrchen erzhltwird, und dem 2. Akt, der das Ritual einerInitiation beschreibt?

    Wir fragen uns auch verwundert nachdem wirklichen Charakter und Wesen derKnigin der Nacht und des Sarastro. Wirverstehen nicht, warum die Knigin derNacht zunchst wie die Gttin Isis und lei-dende Mutter dargestellt wird, um im Lau-fe der Handlung zu einer rachschtigen

    Mp h i l o A R T 15

  • und mrderischen Dmonin der Finsterniszu mutieren.

    hnliches gilt fr Sarastro, den wir alseinen gttlichen Weisen und Priesterknigverstehen sollen, der aber gleichzeitig einen Monostatos in seinen Diensten hat.

    Fragen ber Fragen, die sich einer line-aren Erklrung entziehen. Versuchen wirdaher, den Geist des Werkes zu erfassen,um die Handlung einordnen zu knnen.

    Dazu erinnern wir an das Naheverhlt-nis von Mozart mit der Freimaurerei. Moz-art war selbst Freimaurer und stand demWiener Illuminatenorden um Ignaz vonBorn nahe.

    In diesem Zusammenhang kann dieOper als ein Mysterientheater im antikenSinne gesehen werden. Hauptthema ist dieinnere Verwandlung des Menschen, voneinem rein den ueren Sinnen zugewand-ten Menschen zu einem, der seine Tugen-den zu leben imstande ist.

    Proben und Initiationen

    Die Initiationsprfungen fr die Myste-rien der Isis im zweiten Akt stellen dem-zufolge keinen Bruch mit dem Mrchendes ersten Aktes dar.

    Vielmehr ist das Mrchen ein Teil der In-itiationsprfung. Es dient der Illusionie-rung der Protagonisten und mit ihnenauch der Zuschauer, indem falsche Erwar-tungen ber den weiteren Fortgang derHandlung aufgebaut werden.

    Wir werden gemeinsam mit Tamino, Pa-mina und Papageno einem wahren Wech-selbad der Gefhle, Werturteile und Neu-orientierungen ausgesetzt.

    Die Zauberflte zeigt uns den ewigenKampf zwischen Licht und Finsternis. DasMysterium des Weiblichen und desMnnlichen, das Geheimnis von Isisund Osiris, sind nur auf dem Initiations-weg zu erfahren. Proben sind innerseeli-sche Vorgnge, die Gelegenheit zu einer

    inneren Reifung und Entwicklung geben.Die Mysterien lehrten, dass jeder Menschsterblich ist, dass seine Seele aber zu denGttern gelangen kann. Sarastro drcktdies durch seine Anrufung von Isisund Osiris aus: Oh, Isis und Osiris,schenkt der Weisheit Geist dem neu-en Paar! Die ihr der Wan-drer Schrittelenkt, strkt mit Ge-duld sie in Gefahr.Lasst sie der Prfung Frchtesehen; doch sollten sie zuGrabe gehen, so lohnt derTugend khnen Lauf, nehmtsie in euren Wohnsitz auf.

    Das Mysterium von Leben undTod

    In den antiken Mysterienwurde die innere Transfor-mation des Menschen indrei Schritten gelehrt:

    1. Befreiung von Irrtmernund Illusionen,2. Erkenntnis der Wahrheitund Erwerb hherer Ein-sichten und3. berwindung, Ver-wandlung und Verede-lung der eigenen, mensch-lichen Natur.

    Die beiden ersten Aspek-te betreffen die kognitivenFhigkeiten, der dritte hingegendie Affekte, Triebe und Leiden-schaften.

    Die angestrebte Verwandlung desSelbst ist nur durch eine Art emotio-nale Schocktherapie mglich.

    Die Gefhlsebene musste erscht-tert werden, um Platz fr die hheren

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  • Gefhle der Liebe zu schaffen. In diesemSinne wurde der Neophyt allen mglichenSchrecknissen und Versuchungen ausge-setzt und schwere Prfungen stellten sei-nen Mut, seine Entschlossenheit und seinDurchhaltevermgen auf die Probe. Diessollte seine Selbstbeherrschung zeigen.

    Er musste einen symbolischen Tod ster-ben und wurde belohnt durch Erfahrun-gen, die seine Auferstehung in einem pa-radiesischen Elysium vorwegnahmen. DieBeschreibung dieser Erfahrungen ent-

    spricht weitgehend den Glck ver-mittelnden Erlebnissen einer Nah-

    todeserfahrung.Diese rituell erfahrbare Symbolik

    von Tod und Wiedergeburt ist in denEinweihungsriten der Vlker uni-versell verbreitet.

    Die Weisheitslehre

    Zusammen mit den Protago-nisten empfangen wir in der

    Zauberflte die Weisheits-lehren: ber Liebe und Bru-derbund, Zufriedenheit

    und Menschenglck, die gttli-che Bedeutung von Mann undFrau sowie die Wiederkehr eines

    Goldenen Zeitalters. Wir erkennen und erleben einer-

    seits Sarastro als edlen, weisenVertreter der Menschheit, seinePriester als Vorkmpfer von Weis-heit, Strke und Schnheit, und aufder anderen Seite die Knigin derNacht als personifiziertes Reichder Finsternis und des Aberglau-bens.

    Die Groen Mysterien werdensymbolisiert durch den Gangdurch die vier Elemente, denPamina und Tamino zusammengehen, untersttzt von der Zau-

    berflte. Am Ende werden Pamina und Ta-mino in weie Gewnder gekleidet undmit Kronen geschmckt.

    Sie haben die Finsternis in ihren Seelenund damit den Irrtum, die Verzweiflungund die Angst vor dem Tod besiegt. Siewurden damit zu Herrschern ber sichselbst.

    Die Musik und die Liebe

    Ein weiteres bedeutendes Thema in derZauberflte ist die Liebe, und zwarnicht nur die Liebe zwischen zwei Men-schen, sondern die aller Menschen unter-einander.

    Die Liebe ist mit dem Thema der Ein-weihung in der Oper eng verbunden. Sieist ihr in gewissem Sinn sogar bergeord-net, weil die Liebe zu Pamina Tamino aufden Weg der Einweihung fhrt und dazunoch beflgelt, diesen Weg unter allenUmstnden zu Ende zu gehen.

    Die Verbindung von Liebe und Er-kenntnis steht auch im Zentrum von Pla-tons Dialog Symposion. Hier stellt dieLiebe eine Kraft dar, die den Menschenzum Aufstieg in immer hhere Sphrender Erkenntnis befhigt.

    Der platonische Eros ist der stufenweiseWeg zur Erkenntnis des Schnen und Gu-ten an sich. Der echte Philosoph geht dem-nach von der Liebe zu einem schnenMenschen aus und beginnt allmhlich, dieLiebe zu allem Schnen und schlielichdie Liebe zur Idee des Schnen an sich zuentwickeln.

    In dem Mae, wie der Mensch die F-higkeit besitzt, sich den Gttern anzun-hern, kann die Erde ein Himmelreich wer-den. Die Liebe, die hier besungen wird, istdie Vorahnung solcher Glckseligkeit. Indieser Hinsicht ist sie ein Mysterium, denndas Ziel der Mysterien ist die Vervoll-kommnung des Menschen zum Gttlichenhin.

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    Fortsetzung auf Seite 21

  • p h i l o A R T

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    Die Knigin der Nacht

    Herrscherin des Waldes und Beherrscherin der psy-chischen Krfte. Sie erscheint auf einem sternenum-flammten Thron. Ihr Ziel ist es, den Sonnentempel zuzerstren und die Macht, den siebenstrahligen Son-nenkreis, zurckzuerobern.

    Sarastro

    Sein Name erinnert an Zarathustra, Zoroaster, denSonneneingeweihten. Er erscheint auf einem Wagen,der von sechs Lwen (Sonnensymbole) gezogenwird und lehrt die Menschen Gte, Duldsamkeit u