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1. Aufbau und Struktur der Erbsubstanz
1.1 Der Fluss der genetischen Erbinformation
In jeder Zelle fungiert DNA als der Träger der genetischen Erbinformation. Das DNA
Molekül besteht aus einem Zuckerphosphat-Rückgrat, an das vier verschiedenen
Heterocyclen angeknüpft sind.
Das DNA Molekül speichert die Information. Es selber übernimmt keine funktionellen
Aufgaben, wie z. B. Katalyse von Stoffwechselvorgängen, Stütz- oder Regulierungs-
funktionen in der Zelle. Es kodiert aber den Aufbau von Proteinen, die alle diese
Funktionen übernehmen. Hierzu muss die Information der DNA abgelesen
(Transkription) und in eine Aminosäuresequenz übersetzt (Translation) werden.
In einem ersten Schritt wird hierzu die DNA-Information in eine RNA-Information
umgeschrieben. Das RNA-Molekül kann dann aus dem Zellkern herausdiffundieren
und die Information so in die Zelle transportieren.
2
An diesem Prozess der Transkription sind viele Proteine beteiligt.
Die in RNA (oder genauer messenger-RNA (m-RNA) umgeschriebene Information
wird dann am Ribosom in eine Aminosäuresequenzinformation übersetzt. Hierzu sind
Adapter-Moleküle,die sogenannten transfer-RNA Moleküle (t-RNA) nötig.
3
Auch das Ribosom besteht zum grössten Teil aus RNA (r-RNA). Diese RNA
katalysiert die Übersetzung der in der m-RNA gespeicherten Information mit Hilfe der
t-RNA. Am Ribosom findet sich demnach RNA, die auch chemische
Transformationen katalysiert. Hier verwischen sich die Grenzen zwischen der
Informationsspeicherung (Genotyp) und den Eigenschaften tragenden Proteinen
(Phänotyp). Informationsspeicherung, Ablesen der Information und das Übersetzen
der Information am Ribosom sind alles wesentliche Prozesse des Lebens. An allen
diesen Prozessen sind Nukleinsäuren massgeblich beteiligt.
Die Vorlesung gliedert sich daher in zwei wesentliche Teile:
Genotyp. Aufbau, Struktur, Synthese und Eigenschaften von Nukleinsäuren
Phänotyp. Aufbau, Struktur, Synthese von Peptiden und Proteinen
1.2 Die Nukleinsäuren
Nukleinsäuren sind sehr lange, fadenförmige Polymere. Sie speichern die
genetische Erbinformation.
Als Abkürzung für die Länge eines Abschnittes werden die Einheiten kbp für (Kilo,
tausend Basenpaare) oder sogar Mbp für Millionen Basenpaare verwendet.
4
Die Chromosomen des E. coli Bakterium enthalten ca. 4 Mbp = 4x106
Basenpaare. Das Molekulargewicht der Erbsubstanz beträgt ca. 3x109 Da und hat
eine Länge von 1.5 mm.
Das Genom der haploiden Fruchtfliege enthält 180 Mbp welche auf 4
Chromosomen verteilt vorliegen. Die Gesamtlänge der DNA Fäden zusammen
beträgt 56 mm.
Das kürzlich total entschlüsselte menschliche Genom ist in jeder Zelle aus 3900
Mbp aufgebaut und hat eine Gesamtlänge von 990 mm.
Uns interessieren die Fragen:
Wie ist das Genom aufgebaut, und wie können wir Chemiker mit Hilfe der
Organischen Synthese, Ausschnitte herstellen und einer chemischen Veränderung
zugänglich machen?
Welche Parameter bestimmen die Struktur und Funktionsweise der Nukleinsäuren?
Wie können wir Menschen die Prinzipien der Informationsspeicherung nutzen z. B.
zur Herstellung neuartiger Medikamente oder von Diagnostika?
5
1.2.1 Struktur und Nomenklatur der konstituierenden Bausteine
N
NNH
N
NH2
NH
NNH
N
O
NH2
N
NH
NH2
O
NH
NH
O
O
NH
NH
O
O
Adenin Guanin Cytosin Thymin Uracil
Purine Pyrimidine
Alle Nukleotide enthalten einen Heterocyclus. Dieser Heterocylus wird auch Base
genannt. Die monocyclischen Basen sind die Pyrimidine Cytosin, Thymin und
Uracil. Die bicyclischen Basen sind die Purine. Hier kennen wir als Inhaltsstoffe der
DNA und RNA vor allem das Adenin und das Guanin.
In den Nukleosiden ist jeweils ein Ringstickstoff mit dem Zucker C1' verküpft. Im Fall
der Pyrimidine ist die Verknüpfungsstelle die Position N-1. Die Purine sind über die
Position N-9 verbunden. Diese Bindung nennt man glycosische Bindung. Der Zucker,
die D-Ribose liegt im Fünfring, d.h. in der Furanoseform vor. Die D-Ribose ist eine
Pentose (5C-Atome).
Die Verknüpfung zwischen dem Heterocyclus und dem Zucker nennt man eine -
glycosidische Bindung.
In der DNA (Desoxyribonukleinsäure) wird die Base Uridin durch Thymidin ersetzt. In
der RNA (Ribonukleinsäure) wird meist das Uridin verwendet. In einigen RNA
Verbindungen wird allerdings auch das Thymidin gefunden. Es ist daher wichtig
HO
N
NN
N
NH2
O
OH H
HO
NH
N
N
O
NH2N
O
OH H
HOO
OH
N
N
NH2
O
H
HOO
OH
N
NH
O
O
H(OH)(OH) (OH) (OH)
HOH Adenosin Guanosin Cytidin
R= H: UridinR= Me: Thymidin
Desoxy-
R
1
2
34
5
61
2
34
5 67
8
9
6
zwischen Desoxyuridin und Uridin sowie Desoxythymidin und Thymidin zu
unterscheiden.
Diese Nukleoside werden in der Zelle zu langen Makromolekülen miteinander
verknüpft. Erst dann entsteht die DNA oder RNA als Träger der genetischen
Erbinformation. Die Verknüpfung erfolgt über Phosphordiester.
Die Monomeren in der DNA oder der RNA sind daher die Phosphatmonoester der
Nukleoside. Hier müssen drei Sorten unterschieden werden. Die 2‘-Phosphate, die
3‘-Phosphate und die 5‘-Phosphate. Beispiele: Uridin-3‘-monophosphat oder auch
cyclische Phosphatester wie der Botenstoff Adenosin-3‘,5‘-cyclophosphat (cAMP)
oder das 2‘,3‘-AMP. Daneben gibt es die energiereichen Di- und Tri-phosphate z.B.
das ATP.
Die Nukleotide treten häufig auch als Bestandteil von Coenzymen wie dem NAD auf.
Die Nukleotide sind also nicht nur Informationsspeicher sondern in einer ganzen
Reihe von biochemischen Prozessen von immenser Bedeutung.
O
N
NN
N
NH2
O
O
HOO
O
N
NH
O
O
OH OH
PO O
O3'-UMP
PO
O
cAMP
O
N
NN
N
NH2
O
OH OH
P
O
O
OPOPHO
O O
OO
HO
N
NN
N
NH2
O
O O2',3'-AMPP
O O
ATP
O
N
NN
N
NH2
O
OH OH
P
O
O
OP
O
OO
O
OHOH
N
O
H2NNAD+
7
Die Nucleotide werden in der
DNA oder der RNA zu langen
Ketten miteinander verknüpft.
Hierbei wird eine 3‘,5‘-
Verknüpfung der einzelnen
Bausteine durchgeführt. Jedes
Phosphordiester-Bindeglied
trägt eine negative Ladung.
DNA und auch RNA sind daher
Polyanionen. Lagern sich zwei
dieser Einzelstränge zu einem
Doppelstrang zusammen, so ist
die Coulomb Repulsion durch
die negativen Ladungen enorm.
Es werden daher Metallionen benötigt, die mit ihrer positiven Ladung die negativen
Ladungen der DNA oder RNA kompensieren. Für Experimente mit DNA oder RNA ist
daher die Anwesenheit von Salzen im Puffer eine immer sehr kritische Variable. In
der Regel arbeitet man bei 150 mM NaCl in einem Puffer bei pH = 7. Mehr Salz führt
zu stabileren Doppelsträngen. Weniger Salz destabilisiert. Auch DNA bindende
Proteine nutzen die negativen Phosphordiester als Bindungsstellen aus. Alle DNA
bindenden Proteine haben viele positive Oberflächenladungen, mit denen der
Kontakt zur DNA hergestellt wird.
Die Sequenz eines Oligonukleotides wird oft verkürzt als Buchstabensequenz
dargestellt. Uridin = U, Thymidin = T, Adenosin = A, Guanosin = G und Cytidin = C.
Für Desoxy wird der Buchstabe d vorgesetzt: dU, dT, dA, dG und dC.
Das Trinucleotid-Diphosphat G-C-U heisst z.B. vollständig: Guanylyl-3‘,5‘-cyctidylyl-
3‘,5‘-uridin. Man schreibt GpCpU oder kurz GCU mit dem G am 5‘-Ende und dem U
am 3‘-Ende des Oligonukleotids. Es wird also Grundsätzlich von der 5‘ in die 3‘-
Richtung notiert.
-O
N
NN
N
NH2
O
OH
OP
O-
O
O
NH
N
N
O
NH2N
O
OH
OP
O
O-
O
N
NH2
ONO
OH
OP
O-
O
O
NH
O
ONO
OHOH
OP
O-
O
8
Synthetische Homopolymere nennt man z.B. poly(U) oder poly (dA). Heteropolymere
mit alternierender Sequenz heissen z.B. poly(dA-dT) oder wenn dT und dA zufällig
verteilt sind: poly(dA,dT).
Zur Bildung eines Doppelstranges lagern sich zwei Einzelstränge in anti-paralleler
Ausrichtung zusammen. Man schreibt dann poly(A)poly(T)
Zwei Einzelstränge
bilden einen anti-
parallelen
Doppelstrang. Das
Zuckerphosphat-
Rückgrad liegt
aussen.Die Basen
zeigen nach innen.
Die beiden
Einzelstränge
winden sich um
eine zentrale
Achse. Diese läuft
im idealen Fall
genau durch die
Mitte der
Doppelhelix.
Neben der idealen DNA-Konformation, auch B-Konformation, genannt, gibt es
weitere Doppelstrangkonformationen, die wesentlich von der gezeigten Struktur
abweichen. Ins Auge fällt, dass die B-DNA über zwei Furchen verfügt. Eine kleine
schmale Furche (minor groove) nennt und eine grosse, weite Furche (major groove)
Neben den normalen Doppelsträngen kennen wir auch Tripelstränge.
9
1.2.2 Physikalische Eigenschaften der Nukleoside und strukturelle Parameter,
die die Struktur der Doppelhelix bestimmen
Für die Bildung des Doppelstranges ist vor allem das Säure/Base Verhalten der
Heterocyclen entscheidend. Es determiniert wie und wo die Basen H-Brücken
ausbilden können. Die pKa-Werte der Basen sind in Tabelle 1 zusammengestellt.
Base Gruppe Nucleosid 3’-Nucleotid 5’-Nucleotid
Adenin N-1 3.52 3.70 3.88
Cytosin N-3 4.17 4.43 4.56
Guanin N-7 3.3 3.5 3.6
Guanin N-1 9.42 9.84 10.00
Thymin N-3 9.93 10.47
Uracil N-3 9.38 9.96 10.06
Tab. 1: pKa-Werte der Basen bei 20C und ohne Salz.
Alle Basen sind also unter physiologischen Bedingungen ungeladen 5 < pH < 9. Das
gilt natürlich auch für die Pentose, deren sekundären und primären OH-Funktionen
einen pKa-Wert von ca. 12 besitzen.
Die Phosphat-Gruppe verliert das erste Proton bei pH =1 und das zweite Proton im
Fall eines Monoesters bei pH = 7 (pKa-Werte der Phosphorsäure bei 25ºC H3PO4 =
pK1 = 2.16, pK2 = 7.20 und pK3 = 12.33). Die drei Basen A, C, und G werden zuerst
an einem Ringstickstoff protoniert und erst dann an der exocylischen NH2-Gruppe.
Protonierung der NH2-Gruppe würde die Resonanz des einsamen Elektronenpaares
mit dem aromatischen System stören.
Die C-NH2 Bindungen sind ca. 1.34 Å lang. D. h. sie haben einen deutlichen
Doppelbindungscharakter (C-N: 1.47 Å ;C=N: ca. 1.25 Å )
N
NNH
N
NH2
NH
NNH
N
O
NH2
N
NH
NH2
O
NH
NH
O
O
NH
NH
O
O
Adenin Guanin Cytosin Thymin Uracil
1
2
34
5
6
12
3
45
67
8 9
10
Für das Tautomerengleichgewicht gilt, dass alle Nukleobasen zu > 99.99% in der
gezeigten Amino- und Ketoform vorliegen. Gäbe es Gemische, wäre das fatal für die
Präzision der Basenpaarung s.u.
Tautomere sind Verbindungen, die sich nur in der Position eines Protons
unterscheiden.
1.2.3 Wasserstoffbrückenbindungen verbinden die Basen
Jeder der vier Basen ist in der Lage eine Serie von H-Brücken auszubilden. Hierbei
sind die NH-Gruppen im Ring und die exocyclischen NH2-Gruppen die H-Donoren
(d). Die Keto-Gruppen (C=O) fungieren auf Grund der einsamen Elektronenpaare als
H-Akzeptoren (a). Die in der H-Brücke dominierenden Kräfte sind im wesentlichen
elektrostatischer Natur mit +0.2e am H und –0.2e am C=O. Die Stärke einer H-
Brücke dürfte ca. 6-10 kJmol-1 betragen. Natürlich tragen diese H-Brücken nicht
sonderlich zur Triebkraft für die Doppelstrangbildung bei, da die Zentren ja auch im
Wasser durch H2O in H-Brücken involviert sind. Das ändert sich ja nicht im
Doppelstrang.
Im Doppelstrang bilden sich vor allem sogenannte Watson-Crick H-Brückenmuster
aus.
In diesen H-Brücken beträgt der Abstand zwischen den N...O Zentren zwischen 2.8
Å – 2.95 Å. Da immer eine Purin-Base mit einer Pyrimidin-Base paart, passen beide
NH
O N OH N NH2 NH
NH
Keto Enol Amin Imin
NN
HN
O
N
N N
NO
NH
r
r
H
H
H
N
N
O
O
N
N N
N
HN
H
Hr
r
11
Kombinationen in den gleichen Rahmen, der durch den Abstand der Zucker-
Phosphat Ketten in der Doppelhelix vorgegeben ist.
Man unterscheidet von der Watson-Crick Basenpaarung im Fall des A--T
Basenpaares noch die reversed Watson-Crick Paarung
Neben der Watson-Crick und reversed Watson-Crick Basenpaarung kennt man für
das A—T Basaenpaar auch noch die sogenannte Hoogsteen und reversed
Hoogsteen Basenpaarung.
Hierbei paart das Adenin via N-6 und N-7. Das G kann nur nach Protonierung mit
dem C+ ein Hoogsteen Basenpaar bilden. Das passiert tatsächlich in Tripelhelices
(s.u.).
Manchmal beobachtet man, dass sich ein G—U Basenpaar bildet, dass über zwei H-
Brücken miteinander verknüpft ist. Die entsprechenden Basenpaarung nennt man
NN
O
ON
N
NN
HN
H
r
rH
N
N
O
O
N
N
NN
HN
H
r
r
H
Hoogsteen reverse Hoogsteen
NN
HN
ON
HN
NN
O
H
r
rH2N
H
GC+ Hoogsteen Basenpaar
N
N
O
ON
N N
N
HN
H
Hr
r
12
Wobble-Basenpaarung. Die Basen sind im Vergleich zum Watson-Crick Basenpaar
gegeneienader verschoben.
Diese ungewöhnlichen Basenpaarungen sind für t-RNA und Tripelhelixstrukturen
massgeblich verantwortlich (s.u.)
Exkurs: Die Wasserstoffbrücke
Die Wasserstoffbrücke ist die bedeutenste orientierende zwischenmolekulare
Wechselwirkung in der Biologie. Das Konzept der H-Brücke wurde bereits 1919 von
Huggins an der UC Berkeley entwickelt.
Bei einer H-Brücke handelt es sich um die Bindung eines kovalent gebundenen H-
Atoms an ein zweites Atom.
Starke H-Brücken bestehen zwischen: O-H...O, OH...N, N-H...O
Schwächere H-Brücken bestehen zwischen: N-H...N
Sehr schwache Wechselwirkungen bestehen
zwischen: Cl2C-H...O, Cl2C-H...N
O-H...-Systeme (Aromaten,
Alkine oder Alkene)
Im Fall der hier beschriebenen H-Brücken scheint die dominierende Kraft
elektrostatischer Natur zu sein. Die Beschreibung erfolgt mit dem Coulombschen
NN
O
O
N
N N
NO
H2N
r
r H
H
R-X-H Y-R'+ R-X-H ---- Y-R'
H-Donore sind: -OH, -NH2, -COOH, -CONH2, NH2CONH2
H-Akzeptoren sind: O-Atome in Alkoholen, Ether, C=O und N-Atome in Aminen und N-Heterocyclen
13
Gesetz. Das H-Atom ist deutlich positiv. Das Akzeptor-Zentrum trägt eine negative
Partialladung. Man erwartet deshalb, dass eine gute H-Brücke linear ist, d.h. Winkel
D-H...A sollte ca. 180º betragen. Analysiert man Kristalle, so findet man einen Winkel
von typischerweise 167±20º für O-H...O und 161±20º für O-H...N H-Brücken.
In einem solchen Fall ist die H-Brücke unsymmetrisch. Die X-H Binduing ist klar
kovalent. Die H...Y BIndung ist eindeutig nichtkovalent.
Das Coulomb-Potential fällt sehr langsam mit 1/r ab. H-Brücken sind daher recht
weitreichende Wechselwirkungen.
Neben diesen normalen H-Brücken gibt es noch sehr starke sogenannte low-barrier
H-bonds (LBHB) . Hier ist die H-Brücke symmetrisch. D.h. gleichmässig zwischen
Donor und Akzeptorzentrum verteilt. In einigen Enzymreaktionen wird zur Zeit
diskutiert, dass sich solche LBHB zu Übergangszustand ausbilden könnten.
Hierdurch würde die Energie des ÜZ sehr stark reduziert, womit ungewöhnlich hohe
Ratenbeschleunugungen erklärt werden können.
Beispiele für sehr starke H-Brücken, die in das Regime LBHB fallen sind:
14
F-H...F- , O-H...O- , O+-H...O. Der H-Akzeptor Abstand ist hier mit 1.2 Å – 1.5 Å sehr
kurz. Der Het-Het Abstand sinkt auf unter 2.5 Å. Die Bindungsenergie beträgt > 40KJ
mol-1 Der Winkel ist 180 º. Im IR sieht man Schwingungen von < 1600 cm-1. Im 1H-
NMR ist das Proton bei > 17 ppm beobachtbar.
Normale und schwache H-Brücken sind die z.B. zwischen den Nukleobasen. Das H-
Atom kann in ihnen auch zu mehr als zu nur einem Zentrum gebunden sein. Der H-
Akzeptor Abstand ist hier 1.5 Å – 3.0 Å. Die Bindungsenergie beträgt < 20KJ mol-1.
Schwingungen im IR sind bei Frequenzen zwischen 2000-3000 cm-1 beobachtbar.
Der Winkel beträgt ca. 160±20º. Im 1H-NMR ist das Proton bei < 17 ppm
beobachtbar.
Gegabelte H-Brücke:
In den normalen H-Brücken variieren sowohl die Distanzen als auch die Winkel
beträchtlich. Die Stärke einer normalen H-Brücke beträgt 3 – 7 kcal/mol in der
Gasphase und in unpolaren Lösungsmitteln. In Wasser ist die Stärke einer H-Brücke
zwischen D-H...A sehr gering. Hier konkurriert das Lösungsmittel mit dem Akzeptor
um das H-Atom. Die H-Brücke zum Wasser ist ähnlich stark wie zum Akzeptor A, so
dass die Assoziationskraft zwischen D-H und A eben sehr schwach, d.h. kaum
messbar ist.
Die Stärke einer H-Brücke in unpolaren Lösungsmittel ist stark von den pKa-Werten
der beteiligten Zentren abhängig.
Bei konstanter H-Donorstärke (H-OH) ist die Basizität des Akzeptors
entscheidend
Bei konstanter Akzeptorstärke ist die Azidität des Donors massgebend.
Beispiele: HO-H...B
D H
A
A
15
B-Spezies: MeNH2 (-6.8 kcal/mol) ist besser als B: CH3CN (-4.9 kcal/mol) weil
MeNH2 der bessere Akzeptor (basischer) ist. MeOH (-6.8 kcal/mol) ist besser als
Wasser (-6.2 kcal/mol), weil MeOH das basischere O hat.
In der Carbonylreihe wird die H-Brücke zum C=O schwächer in der folgenden Reihe.
Harnstoff > N-Methylacetamid > Essigsäure > Essigsäuremethylester > Aceton
Beispiele: HO-H...B
HOH-Spezies: Vergleicht man mit Wasser als Akzeptor, so stellt man fest: Alle
Amine sind wegen der niedrigen Acidität schwache H-Donoren (CH3NH2...OH2: 3.5
kcal/mol zum Wasser). In Amiden ist die NH-Acidität wieder höher, so dass die H-
Brücken stärker werden (CH3CONHCH3 ... OH2, -6.7 kcal/mol). Gut ist Essigsäure,
wegen der höheren Acidität (CH3COOH...OH2 = -8.8 kcal/mol)
Berechnungen von W. L. Jorgensen in der Gasphase mit dem OPLS-Kraftfeld
16
Sekundäre elektrostatische Wechselwirkungen
Betrachtet man die vier Komplexe und speziell die Bindungskonstanten die in
Chloroform gemessen wurden, so stellt man fest, das die oben beide Komplexe sehr
stabil sind. Die unteren beiden sind wesentlich schächer ((G) 3-4 kcal/mol). Alle
vier Komplexe werden aber über drei H-Brücken zusammengehalten
Ein Modell, dass diese Tatsache erklärt wurde von W. Jorgensen (Yale Universität)
entwickelt. Das Modell wurde experimentell in vielen Versuchen belegt.
Die drei Wasserstoffbrücken sind in den Komplexen gleich stark. Die primären
Wechselwirkungen sollten also zu gleich stabilen Komplexen führen. Neben diesen
primären Wechselwirkungen gibt es jedoch noch sekundäre Wechselwirkungen. Hier
zeigt sich erneut der elektrostatische Charakter der Wasserstoffbrücke.
Eine positive Partialladung tragen die H’s in jeder H-Brücke
N
N
N
N
O
NHEt
N N
O
HN
R
H
H
N NBr
N CH3
O
N OHN
BzAr
H H H
N
N
N
N
HN
NHEt
N N
O
O
R
H
H
H
N N N C3H7
O
N
N
OO
RH3C
HH
C3H7
H
O
Ka ca. 104 -105 Lmol-1 Ka = 1.7 x 104 Lmol-1
Ka = 170 Lmol-1 Ka = 90 Lmol-1
17
Eine negative Partialladung besitzen die N und O Akzeptoratome.
Unten sind drei prinzipielle Systeme gezeigt, indenen diese sekundären
Wechselwirkungen A: nur anziehend, B: Kompensatorisch und C: nur abstossend
sind. Für Systeme wie C werden nur Bindungstärken wie für Associate bestehend
aus zwei H-Brücken gefunden (Ka ca. 40 – 130 M-1). Die sekundären
Wechselwirkungen heben also die Stärke einer ganzen H-Brücke auf.
Zum Vergleich nochmal die Bindungskonstanten in Chloroform der folgenden vier
Komplexe:
+
+
+
-
-
-
4 günstige WW
+
-
-
-
+
+
2 günstige WW2 ungünstige WW
+
-
+
-
+
-
4 ungünstige WW
N N N PhPh
O
H
N NN
O
OC3H7
O
OC3H7
HH
HH
N N N
N
N OHN
H
O
Me
H
N
CO2C8H17
CO2C8H17
H
N N N PhPh
HN NN
O
C3H7O
O
OC3H7
HHH H
ArH
(DAD)-(ADA)
Ka 78 M-1
(DDA)-(AAD)
Ka 9.3 x 103 M-1
(DDD)-(AAA)
Ka > 105 M-1
18
Exkurs: Wechselwirkungen ungeladener Teilchen untereinander
a. Dipol-Dipol Wechselwirkungen
Molekulare Dipole orientieren sich in einer Kopf-Schwanz Anordnung, so dass sich
entgegengesetzt geladene Positionen gegenüberstehen. Dieser Orientierung arbeitet
die Brown'sche Molekularbewegung entgegen. Nur wenn die anziehende
Wechselwirkung grösser als die thermische Energie ist kommt es zur Orientierung.
Dipolwechselwirkungen werden durch die untenstehende Gleichung beschrieben.
Die Wechselwirkungsenergie ist temperaturabhängig.
1 22
1 2
2 UDipol-Dipol = - ---------- ------------------- 4o 3kB T r6
ist das Dipolmoment. Mit steigender Temperatur wird die Wechselwirkungsenergie
kleiner. Die Reichweite der Dipolwechselwirkungen wird durch die Abhängigkeit von
1/r6 beschränkt.
Kopf-Schwanz
Antiparallel
Beispiele für derartige Dipol-Dipol-Wechselwirkungen sind die DMSO Dimere oder
auch die Anordnung von N-Methylacetamid, das sich in Wasser den Dipolkräften
folgend stapelnd orientiert.
19
S OH3C
H3C
SO
CH3
CH3S O
H3C
H3C
S OH3C
H3C
Me O
NH Me Me O
NH Me
H-Brücke in Chloroform
NO
Me
Me
H
NO
Me
Me
H
+
-
Stapelung in Wasser
DMSO-Dimere
N-Methylacetamid in Wasser und Chloroform
b. Induzierte Dipol-Dipol Wechselwirkungen
Ein in einem Molekül vorhandener Dipol kann in einem zweiten Molekül einen Dipol
induzieren. Die Größe der Induktion hängt von der Größe des Dipols und der
Polarisierbarkeit des wechselwirkenden Moleküls ab.
1 1 2
2 + 2 2
1 UInd.Dipol-Dipol = - ---------- ------------------------- 4o r
6
Hier ist die Polarisierbarkeit
Auch Ionen induzieren Dipole. Hier erhält man für die Potentielle Energie:
1 z2
e2
UInd.Dipol-Dipol = - ---------- ------------------------- 4o 2 r
4
Als Dipersionswechselwirkungen bezeichnet man anziehende Kräft, die entstehen
wenn ein induzierter Dipol einen Dipol im Nachbarmolekül induziert. Man nennt diese
Kräfte auch London-Dispersionskräfte. Sie sind mit 1/r6 vom Abstand abhängig. Die
Kräfte sind klein, summieren sich aber bei großer Kontaktfläche auf. Es handelt sich
20
vermutlich um die bedeutenste anziehende Wechselwirkung unpolarer Moleküle.
Diese Kräfte sind verantwortlich für das nichtideale Verhalten von Edelgase, die sich
ja bei tiefer Temperatur verflüssigen lassen. Kommen die Moleküle zu nah
zusammen, so greifen die abstoßenden Wechselwirkungen, die von 1/r12 abhängen.
A B U = -------- ----------
r12
r6
Der erste A-Term beschreibt die abstoßenden Wechselwirkungen. Der zweite B-
Term die anziehenden Wechselwirkungen. Beschrieben wird das Lennard-Jones
Potential.
Ein unpolares Molekül, das keinen permanenten Dipol hat, hat doch temporäre
Dipole durch Fluktuationen in der Elektronenhülle. Diese temporär induzierten Dipole
reichen aus, um in einem Nachbarmolekül ebenfalls temporäre Dipole zu induzieren.
Der anziehende Parameter B im obigen Lennard-Jones Potential wird durch die
Slater-Kirkwood-Gleichung beschrieben:
3/2 e (h/2m1/2) l j B = ------------------------------------
(ai/Ni)1/2 + (aj/Nj)
1/2
In dieser Gleichung ist die Polarisierbarkeit, e die Elementarladung, m die
Elektronenmasse, h die Planck'sche Konstante, N die effektive Zahl der Elektronen in
der äusseren Schale.
Mit zunehmender Zahl an Valenzelektronen und mit zunehmender Polarisierbarkeit
der wechselwirkenden Moleküle nimmt die Dispersionsanziehungskraft zu. Die
molekularen Polarisierbarkeiten werden aus den Brechungsindizes bestimmt.
Aus der folgenden Tabelle wird ersichtlich, dass O wenig, -CH, -CH2 und -CH3
Gruppen mittel und S hochpolarsierbar ist.
Jede Anziehung von Molekülen stößt an eine natürliche Begrenzung, wenn sich die
Moleküle berühren. Dann nehmen die abstoßenden Kräfte mit 1/r12 zu. Jedes Atom
hat, abhängig von dem Bindungszustand, einen spezifischen Van-der-Waals Radius.
Diese Radien sind additiv. So ganz genau sind die Radien nicht definiert. Sie
variieren ein wenig, je nachdem welche Berechnunsgmethode angewendet wird.
21
Die Van-der-Waals- oder Dispersionskräfte sind schwache Wechselwirkungen, die
jedoch auf Grund der Additivität beträchtliche Gesamtbeträge annehmen können.
Jede CH2-Gruppe in einem kristallinen Kohlenwasserstoff bringt 2 kcal/mol an
anziehender Energie. Jede CH-Gruppe im Benzolkristall trägt mit 1.6 kcal/mol zur
anziehenden Wechselwirkung bei. Die Van-der-Waals Energie für die
Wechselwirkung des D-Teils der Lysozym Bindungsstelle zum komplementär
gebundenen Glucopyranosering soll Berechnungen zufolge ca. 14 kcal/mol betragen.
22
23
c. Die hydrophobe Bindung
Werden hydrophobe Moleküle in Wasser eingebracht, so ordnen sich die
Wassermoleküle um die Oberflächen herum. Die treibende Kraft ist die Maximierung
der H-Brücken Wechselwirkungen (5-6 kcal/mol) der Wassermoleküle. Das Wasser
nimmt eine quasi-kristalline Struktur um die hydrophobe Oberfläche herum an.
Assoziieren zwei hydrophobe Moleküle miteinander, so wird ein Teil der
Wassermoleküle freigesetzt. Dieser Schritt ist mit einem Gewinn an Entropie
verbunden. Dieser Energiebeitrag ist z. B. bei der Bildung von Membranen, Mizellen
und auch bei der Proteinfaltung beträchtlich. Für alle diese Prozesse misst man eine
positive Entropieänderung und nur eine kleine bis gar keine Enthalpieänderungen.
meistens ist die Enthalpie gering negativ, oder sogar leicht positiv.
Der hydrophobe Effekt wird auch deutlich, wenn man den Eintritt von Alkanen aus
der Gasphase in ein unpolares Lösungsmittel oder in eine wässrige Phase
untersucht. Hier kommt es zu einer Entropieerhöhung des Systems. Besonders in
Wasser müssen sich die H2O-Moleküle um das hydrophobe Molekül herum stark
ordnen.
Die stark negative Lösungsentropie ist der Hauptgrund für die positive freie
Lösungsenthalpieänderung. Diese übertrifft die negative Lösungsenthalpie und
macht den gesammten Prozess endotherm. Die sehr starke negative
24
Entropieänderung in Wasser geht auf die notwendige Ordnung der Wassermoleküle
zurück.
Zur kompletten energetischen Beschreibung der Wechselwirkung unpolarer Moleküle
in Wasser müssen noch enthalpische Faktoren berücksichtigt werden.
A) Auch die Dispersionskräft zwischen dem Kohlenwasserstoff und den
Wassermolekülen an der Oberfläche sind geringer als zwischen zwei assoziierten
Kohlenwasserstoffen wegen der geringen Polarisierbarkeit der O-Atome
B) Die Wassermoleküle an der Oberfläche hydrophober Moleküle sind nicht durch 4
H-Brücken komplett abgesättigt. Werden die Wassermoleküle durch Assoziation
zweier unpolarer Moleküle freigesetzt, so können sie alle 4 H-Brücken ausbilden.
Dieser Enthalpiegewinn ist gerade bei Wasser sehr gross.
Der hydrophobe Charakter einer Gruppe lässt sich aus dem Verteilungskoeffizienten
einer Verbindung zwischen Wasser und Octanol bestimmen. Hierbei stellt man fest,
dass viele Substituenten einen konstanten additiven Beitrag zum hydrophoben
Charakter einer Verbindung beitragen. Ist das Verhältnis der Lösichkeit einer
Stammverbindung H-S in der organischen Phase zur Löslichkeit in der wässrigen
Phase = Po und dasselbe Verhältnis der substituierten Verbindung R-S = P, so ist die
Hydrophobizitätskonstante für R definiert als: = P/Po
Man kann so aus RT(lnP/Po) eine inkrementelle freie Enthalpie für den Transfer der
Gruppe R aus n-Octanol in Wasser relativ zum H-Atom. Die folgende Tabelle liefert
einige Daten:
25
Je größer P, umso besser ist also die Löslichkeit in der organischen Pase. Eine
solche Verbindung löst sich schlecht in Wasser wird aber gut von komplementären
hydrophoben Hohlräumen gebunden. Dieses ist für die Entwicklung von Wirkstoffen
entscheidend. Hier werden die logP-Werte mit Hilfe von Computerprogrammen für
neue Verbindungen berechnet. Aus den logP-Werten entnimmt man die Verteilung
von Verbindungen in Membranen und auch die zu erwartenden Wechselwirkungs-
energien in hydrophoben Protein-Taschen.
Die -Werte sind additiv. Die -Werte hängen nicht davon ab, wie der Rest des
Moleküls aussieht. Jede Methylengruppe hat z. B. ein Inkrement von 0.5. Das
entspricht einer Enthalpieänderung von 0.68 kcal/mol (2.85 kJ/mol).
Man findet eine empirische Korrelation zwischen der Grösse einer hydrophoben
Aminosäureseitenketten-Oberfläche und der freien Enthalpie des Transfers aus
Wasser in eine organische Phase. 1Å2 Oberfläche gibt eine hydrophobe Energie, die
bei Transfer freigesetzt wird von 20-25 cal/mol. Die grösse der Oberfläche wird
gemessen, indem man eine Kugel mit dem Radius des Van-der-Waals Radius von
Wasser über die Oberfläche rollt. Die Oberfläche wird am Zentrum des "Wasserballs"
gemessen. Moderne Computerprogramme wie das Macromodel berechnen heute die
Oberflächengrösse und die hydrophobe Energie.
26
1.3 Parameter, die auf Nukleotid-Ebene die Struktur der
Doppelhelix bestimmen
In der Zelle begegnen uns DNA und RNA Moleküle, die sich in der Anwesenheit
(RNA) oder Abwesenheit (DNA) einer weiteren OH-Gruppe am C2’ des Zuckers
unterscheiden. Diese unterschiedliche Substitution ist dafür verantwortlich, dass sich
die Konformationen der jeweiligen Nukleotide unterscheiden. Die Konformation der
Monomere bestimmt die Konformation des doppelhelikalen Makromoleküls.
Tatsächlich kennt man eine ganze Reihe unterschiedlicher Doppelhelixstrukturen.
Am bekanntesten ist die B-DNA gefolgt von der A- und der Z-DNA.
Exkurs: Definition von Winkel in chemischen Molekülen
Die dreidimensionale Struktur von Molekülen wird bestimmt durch Bindungslängen,
Bindungswinkel und Rotationen von Atomgruppen um Bindungen. Die Rotation um
eine zentrale Bindung B-C wird im Fall von A-B-C-D durch den Torsionswinkel
beschrieben.
beschreibt den Winkel zwischen den Bindungen A-B und C-D beim schauen
entlang der zentralen Achse B-C. Hierbei kann man in Richtung B-C oder C-B
schauen. = 0 wenn A-B und C-D eklipsed stehen (cis und coplanar, syn-
periplanar). Das Vorzeichen von ist positive, wenn die entfernte Bindung im
Uhrzeigersinn relativ zur nahen Bindung gedreht wird. Man gibt Torsionswinkel daher
im Bereich 0 – 360 an oder von –180 bis + 180. Gleichwertig ist die Beschreibung
von Torsionswinkel durch das Verhältnis der zwei Ebenen ABC und BCD
zueinander.
Neben den Torsionswinkel können auch Diederwinkel angegeben werden. Der
Diederwinkel ist der Winkel zwischen den Normalen auf den Ebenen. In der Literatur
werden diese Winkel oft vertauscht. Beide Winkel sind halt komplemetär. Sie
ergänzen sich zu 180 (siehe Abbildung)
27
Die Konformation der monomeren Nukleotide wird durch eine Reihe von
Torsionswinkel beschrieben. Besonders wichtig für die Konformation des gesamten
Doppelstranges sind die beiden Torsionswinkel und . Ebenso entscheidend ist die
Konformation des Zuckers, die durch die An- oder Abwesenheit der 2’-OH Gruppe
massgebend beeinflusst wird.
Insgesamt wird die Konformation eines Nukleotids durch sechs Torsionswinkel
beschrieben. Die Benennung der Winkel erfolgt entlang P-O5’-C5’-C4’-C3’-O3’-P.Die
jeweiligen Winkel heissen . Der Torsionswinkel der glycosidischen
Bindung heisst . Viele der Winkel sind nicht unabhängig voneinander. Entscheidend
für die Doppelhelixstruktur sind vor allem vier Parameter:
1. Die Konformation des Zuckers
2. Der Winkel der glycosidischen Bindung
3. Der Scharnierwinkel
4. Der Winkel
28
1.3.1 Der Winkel
Für die Ausbildung des Doppelstranges ist der Winkel entscheidend. Ist = 60 so
kann sich keine Helixstruktur ausbilden. Der Einzelstrang bildet dann eine lineare
Zick-Zack Kette. Ist > 60 so windet sich das Rückgrat zu einer Helix auf. Im Fall
der DNA oder RNA ist = 80. Das liegt an der Verwendung des Zuckers in der
Fünfring, d.h. Ribofuranose Form.
Der Winkel wird deshalb als der Scharnierwinkel bezeichnet.
Vor allem in der AG von Prof. Eschenmoser (ETH Zürich) wurden Nukleinsäuren
basierend auf anderen Zucker hergestellt und untersucht (s.u.). Besonders
interessant sind DNA Strukturen basierend auf der Pyranoseform der Ribose. Diese
als homo-DNA bezeichneten Stränge weisen einen relativ starren Winkel von 60
auf.
Der Sechsring der Pyranose ist konformationell sehr viel starrer und bevorzugt stark
die Sesselkonformation. Die Fünfring Ribofuranose ist konformationell flexibler. Die
29
homo-DNA bildet stabile Doppelstränge. Diese sind jedoch nicht helikal sondern
linear.
Durch die Repetition einfacher Konformationselemente wird die Doppelhelixstruktur
aufgebaut. Der fünfgliederige Zucker mit einem -Winkel von 80 erzeugt eine leichte
Helikaltität, die durch das lineare Aneinanderreihen der Bausteine zur Ausbildung
einer Doppelhelix-Struktur führt.
1.3.2 Der Torsionswinkel
Die Ebenen durch die Base und durch den Zucker stehen nahezu senkrecht
aufeinander. Die Ebene durch die Base schneidet den Winkel O4’-C1’-C2’ des
Zuckers. Der Winkel wie die Ebene durch die Base zum Zucker steht wird mit
bezeichnet.
Dieser Winkel beschreibt also die Konformation der Base relativ zum Zucker. Dieser
Winkel ist extrem wichtig. Der Winkel bestimmt, ob sich überhaupt eine Doppelhelix
ausbilden kann. Man unterscheidet im wesentlichen zwei Konformationen.
In der syn-Konformation zeigen die H-Brücken-Donoren und Akzeptoren in Richtung
des O5’, also weg von der Helixachse. In dieser Konformation kann die Base in der
Regel keine Wasserstoffbrücken zur gegenüberliegenden Base ausbilden. Watson-
Crick-Basenpaarung ist nicht möglich. In einer Doppelhelix wird diese Konformation
nur in der Z-DNA von einem Teil der Basen ausgebildet.
In der anti-Konformation zeigen die H-Brücken-Donoren und Akzeptoren zur
Helixachse. Diese Konformation ist für die Ausbildung normaler Doppelstränge
notwendig.
30
In der anti-Konformation steht das 6H (Pyrimidine) und das 8H (Purine) über dem
Zuckerring. In der syn-Konformation befindet sich das O2 (Pyrimidin) oder das
N3(Purin) über dem Zucker. Pyrimidine liegen meist in der anti-Konformation vor.
Purine können anti oder sogar high-anti beforzugen. Nur selten, bei sehr grossen
Basen, vor allem C8-substituierten Purine findet man die syn-Konformation. Die syn-
Konformation ist z. B. vorhanden in alternierenden Sequenzen d(CpGpCpG). Hier
findet man das G in der syn-Konformation. Möglicherweise liegt das an einer H-
Brücke zwischen dem NH2-Gruppe des G’s und dem negative geladenen Phosphat-
Rückgrat (geladene H-Brücke).
1.3.3 Die Konformation des Zuckers (Zuckerpucker)
Die makroskopische Gestalt der Doppelhelix wir durch den Zuckerpucker bestimmt.
Der Fünfring liegt aus sterischen Gründen nicht planar vor. sondern in einer
Briefumschlagsform. Hierbei wir ein Ringatom aus der Ebene herausgedreht. Ein
ebener 5-Ring wäre zwar ohne Bayer- (Winkel) Spannung (CCC-Valenzwinkel =
108), besässte aber erhebliche Pitzer- (transanulare) Spannung, da die Bindungen
alle eklitisch wären. Der Kompromiss ist, dass die Valenzwinkel kleiner als 108
werden. Ein Ringatom wird ca. 50 pm aus der Ebene herausgehoben. Im
Cyclopentanring wandert diese Unebenheit den Ring entlang (Pseudorotation). In der
Furanose ist die unebene Struktur etwas fixierter.
In der Furanose wird die Ebene C1’-O4’-C4’ fixiert. Endo-pucker bedeutet, dass das
C2’ oder das C3’ aus der Ebene heraus in Richtung O5’ gehoben wird. Verschiebung
in die anderen Richtung wird mit exo bezeichnet. Ist die endo-Verschiebung von C2’
grösser als die exo-Verschiebung von C3’ so spricht man von einem C2’-endo
Pucker. C2’-endo und C3’-endo stehen miteinander im Gleichgewicht. Die
31
Energiebarriere beträgt ca. 20 kJ mol-1. Die Vorzugskonformation wird durch den
Substituenten an C2’ bestimmt. Ein elektronenziehender Substituent (OH) bevorzugt
an C2’ eine axiale Position um die “Hyperkonjugation” mit dem Ringsauerstoff zu
verbessern. Das bedeutet C3’-endo Konformation des Zuckers in der RNA. In der
DNA kann der Zucker leicht beide Konformationen annehmen. Es wird C2’-endo
etwas bevorzugt. syn-Konformation der glycosidischen Bindung bedeutet C2’-endo
Pucker.
Für die unterschiedlihen Zuckerpucker hat sich die folgende Nomenklatur
eingebürgert.
Die Briefumschlagsform wird mit E bezeichnet
Daneben gibt es noch eine Twist-form die mit T bezeichnet wird.
In der Twist form sind zwei nebeneinander angeordnete Atome aus der 5-Ring
Ebene zu unterschiedlichen Seiten herausgedreht.
In der Kurznotation werden endo-Atome hochgestellt und exo-Atome tiefgestellt vor
oder nach dem Grossbuchstaben T oder E plaziert. Ob vorher oder nachher wird
entschieden je nach dem wie stark die Abweichung von der Planarität ist. Der
Hauptpucker steht vorne. Der Nebenpucker steht hinten. Wenn beide Pucker gleich
stark sind, stehen beide vorne.
Aufgrund des unterschiedlichen Zuckerpuckers nehmen DNA und RNA
unterschiedliche Doppelhelixstrukturen an. DNA kann sowohl in der B- als auch in
32
der A-Konformation existieren, liegt zumeist aber in B vor. Ein RNA Doppelstrang ist
auf die A-Konformation beschränkt. Die Röntgenstruktur des Doppelstranges
d(CGCGCG) durch Wang in 1979 zeigt, dass DNA noch in einer dritten
Konformation, dem Z-DNA Doppelstrang, vorliegen kann. Wir kennen also als
Hauptkonformationen von DNA die A, B und die Z-Konformation. Ein RNA
Doppelstrang ist auf die A-Konformation beschränkt.
Wir wissen heute, dass es neben diesen drei Hauptstrukturen weitere
Konformationsmodulationen gibt, die von der Sequenz der Stränge abhängen. Es
gibt lokale Strukturvariationen. Durch diese Konformationsmodulationen werden
sterische Wechselwirkungen minimiert und das Basen-Stacking s.u. erhöht. Daneben
gibt es auch ganz andere Strukturen, wie z. B. Kruzifix-Strukturen.
In der Zelle ist das DNA-Molekül darüeberhinaus verpackt. Der Doppelstrang wickelt
sich dabei um ein Histon-Oktamer, von dem die Richmond Gruppe vor wenigen
Jahren eine Kristallstrukturanalyse machen konnte.
Im Histon wird die DNA um ein Proteinoktamer, das Coreparticle, zum Histon
gewickelt. Zwei Histone sind über eine Linker DNA miteinander verknüpft. An dieser
Linker DNA sitzt ein Histon H1, dass stabilisierend wirkt. Diese sehr dichte Histon-
Verpackung ermöglicht es Organismen ihre DNA im Zellkern abzulegen. Hierbei
werden die Histone eng aneinander gepackt.
33
1.4 Helicale Parameter der Doppelstränge
Die Doppelhelix wird im Wesentlichen von drei Parametern charakterisiert:
P: P ist die Ganghöhe. Das ist die Distanz, die nach 360 entlang der Helixachse
zurückgelegt wird.
n: n ist die Zahl der Nukleotide innerhalb einer 360 Drehung um die Helixachse.
h: h ist die Höhendifferenz zwischen zwei Basen.
Ein von diesen Groessen abhängiger Parameter ist der unit twist, die Drehung, die
pro Base erreicht wird. t = 360/n
Durch die helikale Aufwindung der beiden Einzelstränge zu einem Doppelstrang
entstehen Doppelstränge mit charakteristischen Furchen. Die Furchenstruktur wird
auch durch Lage der Basen relativ zur Helixachse bestimmt. Bei der
Doppelstrangbildung entstehen eine kleine und eine große Furche. Die
Furchenbreite und Furchentiefe, sowie die Art der funktionellen Gruppen, die in diese
Furchen hineinragen sind von großer Bedeutung. Sie erlauben das Ausbilden von
34
H-Brücken, welche für die Wechselwirkung der DNA mit kleinen organischen
Molekülen (auch Naturstoffen) und Proteinen wichtig sind. Die molekulare Erkennung
der Doppelhelix findet in wesentlichen in diesen Furchen statt. Die Protein-DNA
Wechselwirkungen sind z. B. für dei Regulation der Genaktivität entscheidend.
Die Lage der Basen zur Helixachse wird durch drei Winkel und einen
Abstandsparameter beschrieben:
D: Abstand des Basenpaar-Zentrums von der Helixachse.
T: Basenpaar-tilt, Abweichung der Basenpaar-Längsachse von der Senkrechten
zur Helixachse.
r: Basenpaar-roll, Abweichung der Basenpaar-Querachse von der Senkrechten
zur Helixachse.
p: Propeller-twist, Verdrehung der Basen gegeneinander.
35
1.5 Die Konformationen der Oligonukleotid Doppelstränge
Die DNA Doppelstränge nehmen im Wesentlichen drei unterschiedliche
Konformationen an (A, B und Z). RNA-Doppelstränge und alle RNA-enthaltenden
Doppelstränge liegen in der A-Konformation vor. Hier wirkt sich der
elektronenziehende Einfluss der 2’-OH Gruppe aus. Diese OH-Gruppe führt zu einer
starken Begünstigung der C3’-endo Konformation und damit zur Bildung eines A-
Doppelstranges. Die Desoxyribose kann hingegen sowohl eine C3’-endo als auch
eine C2’-endo Konformation einnehmen und damit sowohl A- als auch B-
Doppelstränge bilden.
In der A-Familie ist der P...P Abstand durch die C3’-endo Konformation von 7.0 Å (B-
Konformation) auf 5.9 Å reduziert. Entsprechend verringert ist die Ganghöhe pro
Nukleotid von h = 3.30–3.37 Å (B-Konformation) auf 2.59-3.29 Å in der A-
Doppelhelix. Die A-DNA ist leicht entwunden und stellt 11-12 Nukleotide pro 360º pro
turn (Vergleich B-Konformation: 10 Nukleotide).
Die Tabelle fast die wichtigsten Parameter der A- und B-Helix zusammen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen den beiden Helixtypen ist die
Abweichung der Basenpaare von der Helixachse (D). In der B-Form beträgt D = -0.2
Å. Das heisst die Achse läuft durch den Schwerpunkt der Basenpaare. In der A-Form
beträgt D = 4.5 Å. Die Basen winden sich also um die Helixachse. Daraus resultiert
eine sehr schmale und tiefe große Furche, in die nur Wasser oder Metallionen
hineinpassen. Die kleine Furche ist sehr weit und flach. In der B-Form sind beide
Furchen etwa gleich tief. Die weiten differieren sehr stark. Beide Furchen stehen
damit einer molekularen Erkennung zur Verfügung. In der kleinen Furche binden vor
allem kleine Moleküle wie z. B. anti-Tumor Wirkstoffe. Die große Furche ist der
36
Ankerpunkt für Proteine, die an der Genregulation oder Reparatur beteiligt sind.
Manche Proteine besitzen zusätzliche Seitenarme, mit denen auch Kontakte in die
kleine Furche ausgebildet werden können.
Die Z-DNA ist keine rechtsgängige sondern linksgängige Helix in der die
glycosidischen Bindungen der G-Basen in der ungewöhnlichen syn-Konformation
vorliegen. Für weitere Informationen bezüglich der Z-DNA sei auf die Literatur
verwiesen.
37
B-DNA
38
A-DNA
39
2. Synthese der Oligonukleotide
2.1 Synthese der Nukleoside
2.1.1 Allgemeines
Effiziente Syntheserouten zu Nucleosiden werden zur Synthese verschiedenster
Analoga benötigt. Diese Nukleosid Analoga konkurrieren im zellulären Geschehen
mit den natürlichen Nukleosiden T, U, C, G und A. Sie stören daher die zellulären
Prozesse. Viele derartiger Verbindungen haben anti-virale oder anti-proliferative
Eigenschaften. Die t-RNA enthält eine ganze Reihe modifizierter Nukleoside. Das
Studium wieso die Natur für die Übersetzung des genetischen Codes auf diese
Substanzen zurückgreift bedingt die Synthese dieser modifizierten Nukleoside und
deren Einbau in DNA und RNA.
Prinzipiell werden heute drei Wege (A, B und C) zur Synthese von Nukleosiden
beschritten. Auf dem Weg A, findet eine nukleophile Substitution statt. Die
Abgangsgruppe befindet sich am anomeren Zentrum des Zuckers. Weg B liegt
ebenfalls eine nukleophile Substitution zugrunde. Hier ist das Nukelophil allerdings
der Zucker. Weg C bedeutet Aufbau des Heteroyclus am Zuckergerüst.
HO
NH
N
N
O
NH2N
O
OH
HOO
OH
XNH
N
N
O
NH2N
H
HOO
OH
NH2 NH
N
YCN
O
NH2Z
HO NH2
CYN
NO
OH
B
C
A
C
A
B
40
2.1.2 Synthesen basierend auf Weg A
Ältere Methoden der Nukleosidsynthese beruhen auf der Umsetzung der
Schwermetallsalze der Heteroyclen mit einem Chlor- oder Bromzucker. Diese als
Fischer-Helferich oder Koenigs-Knorr Synthesen bekannte Methoden werden heute
nur noch vereinzelt angewendet. Als Schwermetallsalze fungieren die weichen HgII+
oder AgI+ Salze. Für die Synthese müssen alle anderen potentiell nukleophilen
Stellen geschützt werden. Nachteilig ist auch die oft schlechte Löslichkeit der
Schwermetallsalze. Die Halogenzucker müssen unter wasserfreien Bedingungen
gehandhabt werden, da sie sehr hydrolyseanfällig sind.
Die Methode liefert in der Regel die richtige regiochemische Verknüpfung d.h. N1 für
die Pyrimidine und N9 für die Purine. Die Reaktion verläugft nach einem SN2-
Mechanismus.
Statt der Schwermetallsalze lassen sich auch die alkylierten Basen verwenden.
Deren N-Atome im Heterocyclus sind in der Regel bereits nukleophil genug. Die
Methode heisst Hilbert-Johnson Nukleosidierung.
HOO
HO OH
N
N
N
NH2
N
AcOO
AcO
Br
OAc
N
N
N
HN
NClHg
O
O
AcOO
AcO OAc
N
N
N
HN
N
O
O
AcOO
AcO
Br
OAc
N
N
N
Cl
NClHg
NH
Ac
HOO
HO OH
NH
N
N
N
O
NH2
Xylen, 120oC
NH3/MeOH
Alternativ
1. Xylen, 120oC
2. NaOH, H2O
41
Eine moderne Variante der Hilbert-Johnson Methode ist die Silyl-Hilbert-Johnson
Methode, die auch Nukleosidierung nach Vorbrüggen genannt wird. Hierbei wird ein
stabilerer Zuckervorläufer, z.B. mit einer schlechteren Abgangsgruppe wie dem
Acetat am anomeren Zentrum eingesetzt. Vor der Kupplung wird der Zucker mit einer
Lewissäure zur „Aktivierung“ umgesetzt. In situ werden die nukleophilen Zentren
geschaffen.
BzOO
BzO
Br
OBz BzOO
BzO
OBz
NN
NS
O
BzOO
BzO
Cl
OBz
BzOO
BzO OBz
N
N
O
OEt
BzOO
BzO OBz
N
N
O
OEt
BzOO
BzO OBz
N
N
O
NH2
BzOO
BzO OBz
N
NH
O
O
N
N N
O
S
N
N
O
O
NH3, MeOH
OH-
Br-
Auch für:
CH3CN, 10oC
42
Es entsteht eine Oxycarbenium-Ion Zwischenstufe. Die Nukleosidierung erfolgt daher
mehr nach einem SN1-Mechanismus und liefert daher meist Gemische des und
des Produktes. Befindet sich am C2‘ eine weitere Acetat oder Benzoat-Gruppe so
kann das Oxycarbeniumion von dieser Gruppe unter Nachgruppenbeteiligung
stabilisiert werden. Die Base kann entweder direkt nach Deprotonierung mit Base
(regiochemisch oft uneinheitliche Produkte) oder nach Silylierung (Vorbrüggen)
eingesetzt werden. Durch die Silylierung nimmt die Nukleophilie der N im
Heterocyclus zu. Das freie Elektronenpaar ist nicht mehr an der aromatischen
Stabilisierung beteiligt.
Es ist allerdings schwer abzuschätzen wo die Reaktion am Heterocyclus erfolgt und
oft werden keine einheitlichen Produkte erhalten. Der Angriff erfoklgt immer vom
elektronenreichsten d.h. basischsten N im Heterocyclus. Durch den SN1-Charakter
bedingt ist auch die Bildung einen -/-Anomerengemisches. Zwei weitere Beispiele:
AcOO
AcO
OAc
O O
AcOO
AcO
OAc
OAc
AcOO
AcO OO
AcOO
AcO OO
AcOO
AcO OAc
N
N
O-Si
O AcOO
AcO OAc
N
NH
O
O
N
N
O
O
Si
Si
HN
NH
O
O
Me3SiCl
H2O
TfO-
Si OTf
N
N
O
O
Si
Si
TMS-Tf oderSnCl4, Hg(OAc)2
Acetonitril oder1,2-Dichlormethan
-20oC - 50oC
43
Mechanistisch erfolgt also zunächst die Bildung eines elektrophilen
Oxycarbeniumions. Dann bildet sich ein -Komplex aus der silylierten Base und der
Lewis-Säure. Dann erfolgt die Kupplungsreaktion.
Krtisch ist die s-Komplexbildung. Bei schwachen Lewissäuren liegt nur wenig
Komplex vor. Es reagiert dann das basischste N im Heterocyclus also z.B. das N1
bei Pyrimidinen. Starke Lewissäuren (SnCl4) führen zur totalen Komplexierung dann
reagiert unter Umständen das weniger elektronenreiche Zentrum. Hier hilft dann das
Arbeiten in nukleophilen Lösungsmitteln. Das Nukleosidierungen oft Gleichgewichts-
reaktionen sind, kann durch Rühren bei leicht erhöhter Temperatur noch ein
Umlagern des primär gebildeten kinetischen Produktes zum thermodynamisch
günstigeren Produkt erfolgen.
AcOO
AcO OAc
N
N
S
NHTMS
O
AcOO
AcO
OAc
OAc
AcOO
AcO OAc
N
N
S
NH2
O
BzOO
AcO
Cl
N3
N
NN
HN
Cl
BzOO
AcO
N3
N
NN
N
Cl
BzOO
AcO
N3 N
NN
N
Cl
NH
N
S
NH2
O
(Me3Si)2NH
N
N
S
NHTMS
OTMS
SnCl4
NH3, MeOH
+
+
44
2.1.3 Kontrolle der Stereochemie am anomeren Zentrum
Wie oben bereits erwähnt, führen nukleophile Gruppen am C2‘ zu einer
Koordinierung des Oxycarbeniumions. Das ist besonders bei 2‘-Acyloxy-oder 2‘-
benzoylocygruppen der Fall. Das Oxycarbeniumion wird durch Verbrückung, unter
Nachbargruppenbeteiligung stabilisiert. Die Reaktion mit dem Nukleophil erfolgt dann
trans zur Nachbargruppe. Diese Gesetzmässigkeit trägt den Namen Bakers-1,2-trans
Regel.
Aus der Regel folgt, dass die Reaktion der 1‘-Chlor-D-Arabinose und 1‘-Chlor-D-
Lyxose mit einer Base hauptsächlich die -Anomeren ergibt. Aus der 1‘-Chlor-D-
Ribose und der 1‘-Chlor-D-Xylose entstehen als Hauptproduke die -Anomeren.
Der Nachbargruppeneffekt ist augenfällig wenn die -Verteilung bestimmt wir mit
einer p-Nitrobenzoylschutzgruppe an der C2‘-OH Gruppe. Der elektronenziehende
Effekt der p-Nitrogruppe reduziert die Basizität der einsamen Elektronenpaare am
Carboxyl-O-Atom, so dass die Stabilisierung des Oxycarbeniumions schlechter sein
N
NN
NSi
NBz Si
N
N
O
O
Si
Si
Me3SiOX
N
NN
NSi
NBz Si
Si
N
N
O
O
Si
SiSi
N
NN
N
NBz Si
Si
Reaktion an verschiedenenStellen
N
N
NH
HN O
O
Alloxazin
N
N
N
N O
O
Si
Si
1
2
3
3
45
sollt. Genau das wird beobachtet. Es entsteht mehr vom nicht Baker-Regel Produkt
als vorausgesagt wird. Die Reaktion wird deutlich weiter ins SN1-Regime verlagert.
2.1.3 Synthesen basierend auf Strategie B
Prinzipiell sind die Basen elektronenarme Heterocylen, in denen durch Alkylierung
oder Silylierung nukleophile Zentren geschaffen werden müssen. Den
elektronenarmen Charakter der Basen kann man ausnutzen, wenn ein
Zuckernukleophil eingesetzt wird. Die Base enthält als Substrukturelement quasi ein
„vinyloges Säurechlorid“. Dieses wird mit dem Aminozucker umgesetzt. Diese Art der
BzOO
BzO
Cl
O O
BzOO
BzO OBz
BzOO
BzO O O
H
BzOO
BzO O O
Base
BzOO
BzO
Cl
OAc BzOO
Cl
OAcOBzO
Base
BzOO
BzO
Cl
OAcBzO
O
BzO
Cl
OAc
OBase
HgCl+
O O
NO2
Base-HgCl
D-Arabinose D-Lyxose Anomere
AnomereD-Ribose D-Xylose
p-Nitrobenzoat
46
Nukleosidierung wird relativ selten angewendet. Vom Reaktionstyp her handelt es
sich um eine nukleophile Substitution an einem Heteroaromaten, ähnlich wie bei der
Umsetzung von Peptiden mit dem Saenger‘s-Reagenz zur Endgruppenbestimmung.
2.1.4 Aufbau des Heterocyclus am Zucker
Führen alle Nukleosierungen nur zurBildung des falschen Regioisomeren oder
reagiert die Base gar nicht, so muss der heterocyclus am Zuckergerüst aufgebaut
werden. Dieser Weg führte z.B. zur erfolgreichen Synthese von Flavin-Basen, die
aus den Alloxazinen nicht hergestellt werden können, da andere, im Alloxazin
basischere Zentren, bevorzugt reagieren.
AcOO
AcO OAc
NH2AcO
O
AcO OAc
HN NH
NHO2N
O
NHAc
NH
NHO2N
O
NHAcCl
N
N
NH
HN O
O
Alloxazin
N
N
N
N O
O
Si
Si
1
2
3
3
AcOO
AcO
NH2
OAc
NO2
NO2
NH4Cl
AcOO
AcO OAc
HN
NO2
1. H2, Pd/C
NH
NH
O
O
O O
AcOO
AcO OAc
N
N
N
NH
O
O
2.
47
Ganz ähnlich gelangen auch die Totalsynthesen, der in t-RNA vorkommenden Basen
Pseudouridin und Wyosin. bei Pseudouridin handelt es sich um ein C-Nukleosid.
Diese Verbindungen sind aufgrund des fehlens einer Acetal-Substruktur wesentlich
resistenter gegenüber Hydrolysen. C-Nukleoside werden daher als Glycosylase-
Inhibibitoren eingesetzt. Glycosylasen sind Enzyme die glycosidische Bindungen
spalten.
2.1.5 Stereoselektiver Zugang zu - und -Nukleosiden
Für die stereoselektive Synthese wurden eigene Synthesen entwickelt. Die selektive
Darstellung von -Anomeren gelingt mit Hilfe der Oxazilidin-Methode. Gezeigt ist die
Synthese von -Arabinofuranosyl-Adenin. Zur Reduktion von OH-Gruppen wie hier
zur Darstellung der Desoxyriboden aus den Ribosevorläufern wird häufig die Barton-
McCombi Reaktion angewendet.
Die stereoselektive Synthese von -anomeren Zuckern gelingt mit Hilfe des 2-Fluor-
1-methylpyridiniumtosylats. Reaktion mit dem Zucker unter thermodynamischer
Kontrolle fixiert das anomere Zentrum so das der grosse Pyridiniumrest die sterisch
HOO
HO OH
NHHN
O
O
AcOO
AcO OAc
NCO
AcOO
AcO OAc
N
NNH2
O
NHMeHO
O
HO OH
N
N
N
N
N
O
O O
O OO
Ph
Ph
N
NO
O
t-Bu
t-Bu
Li O O
O O
OH
Ph
Ph N N
Ot-Bu
O t-Bu
THF, -78oC
Swern Oxidation
H+ Mild
48
günstigere -Position einnimmt. SN2-Substitution durch die silylierte Base erfolgt
hauptsächlich unter inversion der Konfiguration zum -Anomeren.
BzOO
O
OH
O
BzOO
O O
O N
BzOO
O OBase
ORO
ROO
NH
S
ORO
ROO
N
S
N
NH2N
O2N
ORO
RO OH
N
HN
N
NS
NH2
ORO
RO O
N
N
N
N
NH2
S
SMe
NaHDMFHgBr2
Ra-NiH2O, NH4OH
Bu3SnH, AIBN
ORO
ROO
N
S
HgBr
NF
ORO
ROO
N
S
N
NH2N
H2N
ORO
RO OH
N
N
N
N
NH2
N
N
Cl
O2N
NH2
ORO
RO
N
N
N
N
NH2
, H2O
N
N
OSi(Me3)
(Me3)SiO
NH
O
Al/Hg
NaH,Cs2
MeJ
Ts-
49
2.2 Synthese der Nukleotide
2.2.1 Die Chemie der Phosphor- und Phosphorigsäureester
Der in der Biologie relevante Phosphor (P) hat die Oxidationsstufe P(V) und ist
vierfach koordiniert. Zur Synthese biologisch relevanter Strukturen ist deshalb die
Kenntnis der Chemie dieser Phosphorverbindungen notwendig.
Die P-O Einfachbindungen sind sp3 Hybridorbitale und ca. 1.6 Å lang.
In den Triestern und in anderen Verbindungen sind die P=O Bindungen 1.46 Å lang.
Es handelt sich um pd Hybridorbitale. Der Phosphor weitet also seine Schale unter
Beteiligung von d-Orbitalen auf.
Die Triester wie PO(OEt)(OBu)(OPh) sind löslich in vielen organischen
Lösungsmitteln und leicht an Kieselgel Chromtografierbar. Der P bildet ein stabiles
chirales Zentrum.
Die Diester wie PO(OEt)(OBu)(OH) sind wasserlösliche Verbindungen und mit einem
pKa-Wert von 1.5 wesentlich stärker sauer als Essigsäure (pKa = 4.75). Sie liegen in
Wasser deprotoniert vor. Die Ladung ist zwischen den zwei O-Atomen am P
delokalisiert (deshalb der niedrige pKa-Wert).
PO
OH
HO
HOP O
PO
O
O
O PhBu
EtP
O
OH
O
OBu
EtP
O
OH
O
HO
Et
PO
O
O
OBu
Et
50
Die Monoester wie PO(OEt)(OH)2 sind ebenfalls wasserlöslich. Die pKa-Werte
betragen 1.6 und 6.6. Unter physiologischen Bedingungen liegten die Monoester als
Gemisch der Mono- und Dianionen vor.
Die negativ geladenen Mono- und Diester der Phosphorsäure sind sehr
hydrolysebeständig. Ein angreifendes Nukleophil hat kaum eine Chance das durch
die negativen Ladungen abgeschirmte P-Atom anzugreifen. Diese hohe
Hydrolysestabilität ist die Grundlage des Lebens auf der Erde. Sie garantiert, das
Oligonukleotide stabile Verbindungen sind, die Informationen kodieren können.
PO
A
B
OBuO
R
HP
O
O O BuR PO
BO
A
RB A
PO
OMeO
MeO
H3CI- CH3-I PO
OMe
-O
MeO
Me > Et > R2CHS-
Thiophenolat
A
B
C
PO
OMeO
MeO
NC
Base
HH
PO
OMeO
MeO
Cl
Zn
ClCl
2e-
PO
O-EtO
Oi-Pr
N
H
O-
NO2
Cl
N
H
O
NO2
PO
OR2OR1
Base
CN
NO2
P
O-O
R1O
OR1
51
Die Triester der Phosphorsäure werden auf drei Reaktionswegen (A, B und C)
angegriffen. Sie besitzen nicht die schützende negative Ladung sondern werden
hydrolysiert.
Reaktionsweg A beschreibt eine Substitution nach dem SN2P-Mechanismus. Es ist
ein assoziativer Prozess bei dem das Nukleophil zuerst an das P-Atom addiert. Erst
anschließend zerfällt das Zwischenprodukt. In diesem Prozess ist die Pseudorotation
oft langsamer als der Zerfall des Zwischenproduktes, so dass chirale Information
teilweise erhalten bleibt. Dieser Hydrolysemechanismus ist besonders schnell, wenn
es sich um Arylester handelt (s.o.) Der niedrigere pKa-Wert der Phenolate (pKa-Wert
ca. 10) im Vergleich zu nichtaromatischen Alkoholen (pKa-Wert ca. 15) zeigt bereits,
dass Phenolate wesentlich bessere Abgangsgruppen sind, die die negative Ladung
besser, durch Delokalisation in den Ring, stabilisieren können. Zur Abspaltung von
Arylestern als Schutzgruppen verwendet man meist Oximat-Anionen als Nukleophile,
die dann in einer -Eliminierung (s.u.) in einem zweiten Schritt abgespalten werden.
Als Arylester-Schutzgruppe werden meist p-Chlorphenolester verwendet (warum?).
Reaktionsweg B beschreibt den Angriff sehr weicher Nukleophile. Sie greifen nicht
am P-Atom sondern an den Alkylgruppen eines Esterrestes an. Das sind typische
SN2-Reaktionen indenen der Phosphorsäuremonoester als gute Abgangsgruppe
fungiert. Diese Reaktion wird zum entschützen von Phosphorsäuretriestern
verwendet. Sie funktioniert phantastisch bei Methylestern, ist bei Ethyl- oder
sekundären Zentren allerdings schon relativ schlecht. Me > Et > R2CH.
Ausgenutzt wird diese Reaktivität bei der Entschützung von Phosphorsäure-
methylestern mit Thiophenolat.
Reaktionsweg C beschreibt eine -Eliminierung von Alkylphosphat-Triestern. Diese
Reaktion ist dann besonders gut wenn am -C-Atom noch eine elektronenziehende
Gruppe vorhanden ist, die die H-Atome acidifiziert. Hier hat sich die Cyanoethyl-
Gruppe sehr bewährt. Sie wir heute als Schutzgruppe in der Oligonukleotidchemie
angewendet. Ein weiteres Beispiel ist die Trichlorethylester-Schutzgruppe, die
Reduktiv mit Zn entfernt werden kann. Durch -Eliminierung werden auch die
Oximat-Ester abgespalten.
52
Die Phosphorsäuredi- und Monoester sind wie schon gesagt sehr
hydrolysebeständig. Das st im Fall der DNA sehr wichtig. RNA muss jedoch,
nachdem die Information in ein Protein translatiert wurde abgebaut werden, sonst
würde die Zelle nach der Produktion eines m-RNA Stranges ewig das kodierte
Protein erzeugen. Zum Abbau der DNA durch Enzyme (Ribonukleasen) nutzt man
aus, dass Aktivierungsenergien durch Proximitätseffekte und Ringspannung
(Aktivierungsentropie) stark reduziert werden können. Fünfring enthaltende,
cyclische Phosphorsäurediester werden aufgrund der Spannung im 5-Ring 107 mal
schneller hydrolysiert als die nicht zyklischen Diester. Das entspricht einer
Verringerung der freien Aktivierungsenthalpie G# um 36 kJ/mol. Genau dieses
Prinzip nutzen die Ribonukleasen, die RNA nach dem unten gezeigten Mechanismus
hydrolysieren.
Die intrinsische Stabilität der Mono- und Diester wird durch die 5-Ring
Zwischenstruktur überwunden. Hydrolyse kann so erfolgen.
2.2.2 Kondensierte Phosphate und Synthese von
Phosphorsäureesrtern
Die Synthese von Phosphorsäureester kann mit Hilfe von Dicyclohexylcarbodiimid
(DCC) analog einer Carbonsäureester Synthese erfolgen. Hierzu wird die
Phosphorsäure durch Umsetzung mit DCC aktiviert. Dann erfolgt der Angriff des
Alkohols. DCC erlaubt hauptsächlich Synthese von Diestern aus Monoestern.
OO
O OH
Py
PO
OO
OO
O O
Py
PHO O
P
RO
OR
O O-
H2O
OP
O OH
O
B
BH
OP
O OHOH
OH OP
OOH
OH
HO
Nu
53
Triester werden nicht gebildet. Hierzu reicht die Aktrivität des DCC nicht aus. Zur
Triestersynthese verwendet man meistens Mesitylensulfonylchlorid oder die
entsprechenden Tetrazolide und Nitrotriazolide. Die Azolid-Anionen haben den
Vorteil, dass sie sehr wenig nukleophil sind. Schon das Cl- bereitet manchmal
Probleme und führt zur Phosphorsäureester Spaltung. Das Mesityle wird auf Grund
der sterischen Abschrimung des S-Zentrum verwendet. So wir der nukleophile Angriff
des Alkoholats auf das P-Atom gefördert.
Viele heute verwendeten Synthesen laufen über den P in der Oxidationsstufe P(III),
also über die Phosphit-Trister. Hier nutzt man die größere Reaktivität der P(III)-
Spezies aus (Vgl. PCl3 versus POCl3). Bahnbrechend war die Entwicklung der
Phosphoramidit-Chemie durch Caruthers und Matteucci (Abbildung A unten).
Hier werden die Diamide der Phosphorigsäure mit Tetrazol umgesetzt. Dabei reicht
die Acidität des Tetrazol aus um das N-Atom im Phosphorigsäureamid zu
protonieren. Erst nach der Protonierung werden die N-Substituenten zu sehr guten
Abgangsgruppen. Man kann also die stabilen Amide einsetzen und so das Arbeiten
mit den Hydrolyseanfälligen Halogenverbindungen vermeiden. Intermediär entstehen
die Tetrazolide der P(III)-Spezies, als Reaktivester. Diese reagieren mit Nukleophilen
wie z.B. Alkoholen z. B. zu den Triestern. Unter bestimmten Umständen
(Stöchiometrie) kann auf der Stufe der Diester die Reaktion gestoppt werden. Die
P
OR
OH
O OR
P
HO
HO
O ORN
C
N
S
O
O
NN
NN
N
C
NH
PO
HO
ROO
P
OR
OR
O NN N
NP
OR
OR
O OR'
NH
C
NHO
P
OR
OR
O O S
O
O
PO
OH
RO OR'
R'-OH
HOR'
54
Phosphit-triester sind in der Regel auch instabil und werden nach erfolgter Bildung
mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den Phosphat-triestern aufoxidiert.
Basierend auf alten Arbeiten der Todd-Gruppe hat sich in den letzten Jahren auch
die H-Phosphonat Chemie (Abbildung B oben) stark entwickelt. Durch Umsetzung
von PCl3 mit Imidazol und nachfolgender milder Hydrolyse entstehen H-Phosphonate
als Tautomere der Phosphit-Monoester. Diese H-Phosphonate sind im Gegensatz zu
den Phosphit-Monoester relativ stabil. Sie lassen sich durch Umsetzung mit einem
sperrigen Säurechlorid wie Pivaloylsäurechlorid oder Adamantylsäurechlorid in
gemischte Anhydride als aktivierte H-Phosphonate überführen. Diese reagieren dann
mit Alkoholen zu den H-Phosphonat Diestern. Erst ganz am Ende werden auch die
H-Phosphonate durch Umsetzung mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den
Phosphorsäurediestern aufoxidiert.
P
N
N OR
TetrazolP
N
N OR
NNN
R'OHP
OR'
N OR
R''OHTetrazol
P
OR'
O ORR'' THF, Et3N
I2, H2OP
OR'
O ORR''O
A
B
PCl3 HN NMilde Hydrolyse
P
O
OHROHROH
O
Cl
P
O
OROH
OR'OH P
O
OR'ROH
AmEnde
P
O
OR'ROHO
iPr2NH
55
2.2.3 Synthese biologisch wichtiger Phosphat-Monoester
Zur Synthese der Phosphat-Monoester bedient man sich zweier Methoden. Sie sind
aus den Triestern durch Hydrolyse erhältlich. Zur Synthese der Monoester wurde das
Catechol-Phosphorsäurechlorid entwickelt. Es reagiert mit Alkoholen zum Triester,
der dann selektiv zum Monoester aufgrund der hohen Reaktivität des Catechol-
System (phenolisch und cyclisch) hydrolysiert werden kann. Darüberhinaus wurden
Reagenzien entwickelt, die Aufbrund ihres großen Raumbedarfs nur mit primären
Alkoholen zu den Phosphorsäuremonoestern reagieren können. Das ist wichtig, da in
der Natur zumeist die primäre 5‘-Position der Ribose phosphoryliert vorliegt. Die
gebräuchlichsten Reagienzen sind das Bis(2-tert-butylphenyl)phosphorchloridat
(Hydrolyse mit H2O) oder das Bis(2,2,2,-Trichlor-1,1-dimethylethyl)phosphorchloridat
(Hydrolyse mit Zn).
Besonders gut funktionieren auch Methoden, die von Yoshikawa und Sowa-Ouchi
entwickelt wurden. Hierbei wird Phoshorylchlorid in einem Phosphorsäuretriester
Lösungsmittel mit dem Alkohol zur Reaktion gebracht (Yoshikawa). Nachfolgende
HOO
HO OH
Base H2O3POO
HO OH
Base
O
O
PO
Cl
Cl3C
Cl3C
O
O
PO
Cl
ROH
ROH
O
O
PO
Cl
POCl3(RO)3P=O
H2O
O
O
PO
OR
O
O
PO
OR
Zn
H2O
HO
HOP
O
OR
HO
HOP
O
OR
oder AcCN, Pyridin, H2O 80% Ausbeute, >90% Selektivität
56
Hydrolyse gibt die Monoester. Wichtig hier sind die Reaktionsbedingungen.
Umsetzung von Phosphorylchlord mit dem Alkohol in Acetonitril/Pyridin/H2O (Sowa-
Ouchi) führt ebenfalls in 80%-iger Ausbeute und >90%-iger Selektivität zur Synthese
der Monoester.
2.2.4 Synthese kondensierter Phosphate, Pyrophosphate
Einige Beispiele zeigen wie verbreitet und in der Natur wichtig kondensierte
Phosphate sind. Das ATP ist der wichtigste Energiespeicher in unsere Zellen.
Verbindungen wie das NAD+ oder das FAD sind wichtige Coenzyme, die
entscheidend an der Zellatmung teilnehmen. Die Biosynthese der komplexen Zucker
auf den Oberflächen unserer Zellen geschieht im Wesentlichen mit Hilfe der UDP-
Zucker Vorlaüfer z.B. UDP-Glucose oder UDP-Galaktose. cADP-Ribose ist an der
Regulierung des Calziumhaushaltes wesentlich als second messenger beteiligt.
Die Synthese derartiger Verbindungen im Laboratorium erfolgt über die Aktivierung
der Monoester. So können Monoester mit DCC aktiviert werden.Umsetzung mit
Morpholin oder Diisopropylamin führt zur Bildung der Amadiate, die mit Diphosphaten
OO
HO OH
N
N
N
N
NH2
PO
PO
PO
O O O O O O
OO
HO OH
N
N
N
N
NH2
PO
PO
O O O O
R
ROO
HO OH
N
NH2
O
OO
HO OH
NPO
PO
O O O O
NH
O
O
O
OHHOHO
OHH
O
O
HO OH
N
N
N
N
NH2
POO
O
O
OHHO
P
O
O
ON
N
NH
N O
O
OH
HO OH
ORATP
NAD+ FAD
(OH)
(H)
UDP-Glucose(UDP-Galactose)
cADP-Ribose
57
zu den Triphosphaten umgesetzt werden können. Direkte Reaktion der
Monophosphate mit dem Diphenylphosphorchloridat führt nach Hydrolyse zur
Bildung der Diphosphate. Das Intermedär entstehende Diphenyloxy-geschützte
Diphosphate kann mit Phosphat in einer SN2-Reaktion zum Triphosphat umgesetzt
werden.
Wichtig bei der Synthese ist, dass sichergestellt wird, das jedes Phosphatzentrum
am Besten schon in der Synthese eine negative Ladung trägt, weil sonst rasche
Hydrolyse erfolgt. Alle Synthese von kondensierten Phosphaten vermeiden die
Bildung von Triphosphat Zwischenstufen.
Poulter hat z.B. auch die 5‘OH Tosylate direkt mit Diphosphat oder sogar
Triphosphat umgesetzt, was eine direkte Synthese ermöglichte.
OHP
OP
HO
O O O O
TsOO
AcO OAc
Ad
O
AcO OAc
ThyOP
O
O O
O
AcO OAc
AdOP
OP
HO
O O O O
O
AcO OAc
ThyOP
OP
PhO
PhO O O O
O
AcO OAc
ThyOP
O
N O
O
OHP
OP
HO
O O O O O
AcO OAc
ThyOP
OP
O
O O O OP
O
O O
DCC,NH
O
PO
Cl
PhO
PhO
dTTP
58
2.2.5 Festphasensynthese
Bei der Festphasensynthese von Oligonukleotiden müssen
Phosphordiesterbindungen zwischen den Nukleosiden eingeführt werden. Hierfür ist
es notwendig, dass eine Hydroxylgruppe des einen Nukleosids mit einer aktivierten
Phosphorspezies des zweiten Nukleosids reagiert. Dabei müssen alle anderen
nukleophilen Positionen mit permanenten Schutzgruppen versehen werden, welche
erst am Ende der Synthese abgespalten werden. Als Standartschutzgruppen
werden meist Benzoyl- bei der 6-Aminogruppe von Adenin, iso-Butyryl- bei der 2-
Aminogruppe von Guanin und Acetyl- bei der 4-Aminogruppe von Cytosin verwendet.
Am Ende der DNA-Synthese werden diese Schutzgruppen mit aq. NH3/Ethanol
entschützt. Phenoxyacetylgruppen (PAC) werden ebenfalls zur Schützung der
exozyklischen Aminogruppen verwendet. Diese können milder abgespalten werden
z.B. mit 0.05 M K2CO3 in Methanol.
N
NN
N
HN
O
OH
HO
NH
N
N
O
NH
NO
OH
HOO
OH
HO N
N
HN
O
O
OO
N
NN
N
HN
O
OH
HO
O
OH
HO N
N
HN
O
OO
O OPAC
Schutzgruppen der Basen bei der DNA-Festphasensynthese
59
Für die DNA-Synthese müssen nacheinander die 3’-Hydroxyl- und die 5’-
Hydroxylgruppe mit einer Phosphordiesterbindung verbunden werden. Hierfür ist es
notwendig eine dieser beiden Gruppen mit einer temporären Schutzgruppe zu
versehen, die während jedes Synthesezykulses entfernt wird (analog zu z.B. Fmoc
bei der Peptidsynthese). Heutzutage wird meistens die primäre 5’-OH Gruppe mit der
Dimethoxytritylschutzgruppe (DMT) versehen, welche mittels Säuren nach einem
E1-Mechanismus abgespalten wird. Da Säuren die glykosidische Bindung zwischen
Zucker und Base spalten können, ist es notwendig schwache Säuren zu verwenden.
Typischerweise wird für 20 Sekunden mit 3 % CHCl2COOH in DCM behandelt.
Bei der RNA-Synthese wird zusätzlich noch eine permanente Schutzgruppe auf der
2’-OH Gruppe benötigt. Hierfür werden meist die TBDMS- oder auch die TOM-
Schutzgruppe verwendet, welche beide nach der Oligonukleotidsynthese mit
Fluoriden (TBAF oder HF in NEt3) abgespalten werden.
DMT-Schutzgruppe auf der 5’-OH und TBDMS bzw. TOM auf der 2’-OH Gruppe
60
Bei der Festphasensynthese von Oligonukleotiden werden alle oben genannten
Verfahren kombiniert. Unten ist ein DNA-Synthesezyklus abgebildet.
Phosphoramidit Synthesezyklus
- Die temporäre Schutzgruppe (DMT) an 5’-OH wird mit CHCl2COOH entfernt.
- Die neue Base wird, als Phosphoramidit, mit Tetrazol aktiviert und mit der
freien 5’-OH Gruppe gekuppelt.
- Nicht abreagierte, trägergebundenen 5'-Hydroxylgruppen werden mit Ac2O
behandelt, um die Aufreinigung zu vereinfachen.
- Der Phosphor(III) wird mir Iod in Wasser zu Phosphor(V) oxidiert.
61
Bei der H-Phosphonat Synthese wird ein sehr ähnlicher Zyklus verwendet. Der
wichtigste Unterschied ist, dass die Oxidation nicht nach jedem Zyklus, sondern nur
einmal am Ende der Oligonukleotidsynthese durchgeführt wird. Da die Oxidation
unter leicht basischen Bedingungen durchgeführt wird, ist es möglich, dass es zur
Spaltung des Diesters kommt. Bei Sonderbasen mit sperrigen Resten kann dies zum
Problem werden, da aus sterischen Gründen eine längere Oxidationszeit benötigt
wird.
H-Phosphonat DNA-Synthese Zyklus