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1 1. Aufbau und Struktur der Erbsubstanz 1.1 Der Fluss der genetischen Erbinformation In jeder Zelle fungiert DNA als der Träger der genetischen Erbinformation. Das DNA Molekül besteht aus einem Zuckerphosphat-Rückgrat, an das vier verschiedenen Heterocyclen angeknüpft sind. Das DNA Molekül speichert die Information. Es selber übernimmt keine funktionellen Aufgaben, wie z. B. Katalyse von Stoffwechselvorgängen, Stütz- oder Regulierungs- funktionen in der Zelle. Es kodiert aber den Aufbau von Proteinen, die alle diese Funktionen übernehmen. Hierzu muss die Information der DNA abgelesen (Transkription) und in eine Aminosäuresequenz übersetzt (Translation) werden. In einem ersten Schritt wird hierzu die DNA-Information in eine RNA-Information umgeschrieben. Das RNA-Molekül kann dann aus dem Zellkern herausdiffundieren und die Information so in die Zelle transportieren.

1.1 Der Fluss der genetischen Erbinformation - carellgroup.de · Da immer eine Purin-Base mit einer Pyrimidin-Base paart, passen beide N H ONOHNNH2 N H NH Keto Enol Amin Imin N N

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1. Aufbau und Struktur der Erbsubstanz

1.1 Der Fluss der genetischen Erbinformation

In jeder Zelle fungiert DNA als der Träger der genetischen Erbinformation. Das DNA

Molekül besteht aus einem Zuckerphosphat-Rückgrat, an das vier verschiedenen

Heterocyclen angeknüpft sind.

Das DNA Molekül speichert die Information. Es selber übernimmt keine funktionellen

Aufgaben, wie z. B. Katalyse von Stoffwechselvorgängen, Stütz- oder Regulierungs-

funktionen in der Zelle. Es kodiert aber den Aufbau von Proteinen, die alle diese

Funktionen übernehmen. Hierzu muss die Information der DNA abgelesen

(Transkription) und in eine Aminosäuresequenz übersetzt (Translation) werden.

In einem ersten Schritt wird hierzu die DNA-Information in eine RNA-Information

umgeschrieben. Das RNA-Molekül kann dann aus dem Zellkern herausdiffundieren

und die Information so in die Zelle transportieren.

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2

An diesem Prozess der Transkription sind viele Proteine beteiligt.

Die in RNA (oder genauer messenger-RNA (m-RNA) umgeschriebene Information

wird dann am Ribosom in eine Aminosäuresequenzinformation übersetzt. Hierzu sind

Adapter-Moleküle,die sogenannten transfer-RNA Moleküle (t-RNA) nötig.

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Auch das Ribosom besteht zum grössten Teil aus RNA (r-RNA). Diese RNA

katalysiert die Übersetzung der in der m-RNA gespeicherten Information mit Hilfe der

t-RNA. Am Ribosom findet sich demnach RNA, die auch chemische

Transformationen katalysiert. Hier verwischen sich die Grenzen zwischen der

Informationsspeicherung (Genotyp) und den Eigenschaften tragenden Proteinen

(Phänotyp). Informationsspeicherung, Ablesen der Information und das Übersetzen

der Information am Ribosom sind alles wesentliche Prozesse des Lebens. An allen

diesen Prozessen sind Nukleinsäuren massgeblich beteiligt.

Die Vorlesung gliedert sich daher in zwei wesentliche Teile:

Genotyp. Aufbau, Struktur, Synthese und Eigenschaften von Nukleinsäuren

Phänotyp. Aufbau, Struktur, Synthese von Peptiden und Proteinen

1.2 Die Nukleinsäuren

Nukleinsäuren sind sehr lange, fadenförmige Polymere. Sie speichern die

genetische Erbinformation.

Als Abkürzung für die Länge eines Abschnittes werden die Einheiten kbp für (Kilo,

tausend Basenpaare) oder sogar Mbp für Millionen Basenpaare verwendet.

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Die Chromosomen des E. coli Bakterium enthalten ca. 4 Mbp = 4x106

Basenpaare. Das Molekulargewicht der Erbsubstanz beträgt ca. 3x109 Da und hat

eine Länge von 1.5 mm.

Das Genom der haploiden Fruchtfliege enthält 180 Mbp welche auf 4

Chromosomen verteilt vorliegen. Die Gesamtlänge der DNA Fäden zusammen

beträgt 56 mm.

Das kürzlich total entschlüsselte menschliche Genom ist in jeder Zelle aus 3900

Mbp aufgebaut und hat eine Gesamtlänge von 990 mm.

Uns interessieren die Fragen:

Wie ist das Genom aufgebaut, und wie können wir Chemiker mit Hilfe der

Organischen Synthese, Ausschnitte herstellen und einer chemischen Veränderung

zugänglich machen?

Welche Parameter bestimmen die Struktur und Funktionsweise der Nukleinsäuren?

Wie können wir Menschen die Prinzipien der Informationsspeicherung nutzen z. B.

zur Herstellung neuartiger Medikamente oder von Diagnostika?

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1.2.1 Struktur und Nomenklatur der konstituierenden Bausteine

N

NNH

N

NH2

NH

NNH

N

O

NH2

N

NH

NH2

O

NH

NH

O

O

NH

NH

O

O

Adenin Guanin Cytosin Thymin Uracil

Purine Pyrimidine

Alle Nukleotide enthalten einen Heterocyclus. Dieser Heterocylus wird auch Base

genannt. Die monocyclischen Basen sind die Pyrimidine Cytosin, Thymin und

Uracil. Die bicyclischen Basen sind die Purine. Hier kennen wir als Inhaltsstoffe der

DNA und RNA vor allem das Adenin und das Guanin.

In den Nukleosiden ist jeweils ein Ringstickstoff mit dem Zucker C1' verküpft. Im Fall

der Pyrimidine ist die Verknüpfungsstelle die Position N-1. Die Purine sind über die

Position N-9 verbunden. Diese Bindung nennt man glycosische Bindung. Der Zucker,

die D-Ribose liegt im Fünfring, d.h. in der Furanoseform vor. Die D-Ribose ist eine

Pentose (5C-Atome).

Die Verknüpfung zwischen dem Heterocyclus und dem Zucker nennt man eine -

glycosidische Bindung.

In der DNA (Desoxyribonukleinsäure) wird die Base Uridin durch Thymidin ersetzt. In

der RNA (Ribonukleinsäure) wird meist das Uridin verwendet. In einigen RNA

Verbindungen wird allerdings auch das Thymidin gefunden. Es ist daher wichtig

HO

N

NN

N

NH2

O

OH H

HO

NH

N

N

O

NH2N

O

OH H

HOO

OH

N

N

NH2

O

H

HOO

OH

N

NH

O

O

H(OH)(OH) (OH) (OH)

HOH Adenosin Guanosin Cytidin

R= H: UridinR= Me: Thymidin

Desoxy-

R

1

2

34

5

61

2

34

5 67

8

9

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zwischen Desoxyuridin und Uridin sowie Desoxythymidin und Thymidin zu

unterscheiden.

Diese Nukleoside werden in der Zelle zu langen Makromolekülen miteinander

verknüpft. Erst dann entsteht die DNA oder RNA als Träger der genetischen

Erbinformation. Die Verknüpfung erfolgt über Phosphordiester.

Die Monomeren in der DNA oder der RNA sind daher die Phosphatmonoester der

Nukleoside. Hier müssen drei Sorten unterschieden werden. Die 2‘-Phosphate, die

3‘-Phosphate und die 5‘-Phosphate. Beispiele: Uridin-3‘-monophosphat oder auch

cyclische Phosphatester wie der Botenstoff Adenosin-3‘,5‘-cyclophosphat (cAMP)

oder das 2‘,3‘-AMP. Daneben gibt es die energiereichen Di- und Tri-phosphate z.B.

das ATP.

Die Nukleotide treten häufig auch als Bestandteil von Coenzymen wie dem NAD auf.

Die Nukleotide sind also nicht nur Informationsspeicher sondern in einer ganzen

Reihe von biochemischen Prozessen von immenser Bedeutung.

O

N

NN

N

NH2

O

O

HOO

O

N

NH

O

O

OH OH

PO O

O3'-UMP

PO

O

cAMP

O

N

NN

N

NH2

O

OH OH

P

O

O

OPOPHO

O O

OO

HO

N

NN

N

NH2

O

O O2',3'-AMPP

O O

ATP

O

N

NN

N

NH2

O

OH OH

P

O

O

OP

O

OO

O

OHOH

N

O

H2NNAD+

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Die Nucleotide werden in der

DNA oder der RNA zu langen

Ketten miteinander verknüpft.

Hierbei wird eine 3‘,5‘-

Verknüpfung der einzelnen

Bausteine durchgeführt. Jedes

Phosphordiester-Bindeglied

trägt eine negative Ladung.

DNA und auch RNA sind daher

Polyanionen. Lagern sich zwei

dieser Einzelstränge zu einem

Doppelstrang zusammen, so ist

die Coulomb Repulsion durch

die negativen Ladungen enorm.

Es werden daher Metallionen benötigt, die mit ihrer positiven Ladung die negativen

Ladungen der DNA oder RNA kompensieren. Für Experimente mit DNA oder RNA ist

daher die Anwesenheit von Salzen im Puffer eine immer sehr kritische Variable. In

der Regel arbeitet man bei 150 mM NaCl in einem Puffer bei pH = 7. Mehr Salz führt

zu stabileren Doppelsträngen. Weniger Salz destabilisiert. Auch DNA bindende

Proteine nutzen die negativen Phosphordiester als Bindungsstellen aus. Alle DNA

bindenden Proteine haben viele positive Oberflächenladungen, mit denen der

Kontakt zur DNA hergestellt wird.

Die Sequenz eines Oligonukleotides wird oft verkürzt als Buchstabensequenz

dargestellt. Uridin = U, Thymidin = T, Adenosin = A, Guanosin = G und Cytidin = C.

Für Desoxy wird der Buchstabe d vorgesetzt: dU, dT, dA, dG und dC.

Das Trinucleotid-Diphosphat G-C-U heisst z.B. vollständig: Guanylyl-3‘,5‘-cyctidylyl-

3‘,5‘-uridin. Man schreibt GpCpU oder kurz GCU mit dem G am 5‘-Ende und dem U

am 3‘-Ende des Oligonukleotids. Es wird also Grundsätzlich von der 5‘ in die 3‘-

Richtung notiert.

-O

N

NN

N

NH2

O

OH

OP

O-

O

O

NH

N

N

O

NH2N

O

OH

OP

O

O-

O

N

NH2

ONO

OH

OP

O-

O

O

NH

O

ONO

OHOH

OP

O-

O

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Synthetische Homopolymere nennt man z.B. poly(U) oder poly (dA). Heteropolymere

mit alternierender Sequenz heissen z.B. poly(dA-dT) oder wenn dT und dA zufällig

verteilt sind: poly(dA,dT).

Zur Bildung eines Doppelstranges lagern sich zwei Einzelstränge in anti-paralleler

Ausrichtung zusammen. Man schreibt dann poly(A)poly(T)

Zwei Einzelstränge

bilden einen anti-

parallelen

Doppelstrang. Das

Zuckerphosphat-

Rückgrad liegt

aussen.Die Basen

zeigen nach innen.

Die beiden

Einzelstränge

winden sich um

eine zentrale

Achse. Diese läuft

im idealen Fall

genau durch die

Mitte der

Doppelhelix.

Neben der idealen DNA-Konformation, auch B-Konformation, genannt, gibt es

weitere Doppelstrangkonformationen, die wesentlich von der gezeigten Struktur

abweichen. Ins Auge fällt, dass die B-DNA über zwei Furchen verfügt. Eine kleine

schmale Furche (minor groove) nennt und eine grosse, weite Furche (major groove)

Neben den normalen Doppelsträngen kennen wir auch Tripelstränge.

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1.2.2 Physikalische Eigenschaften der Nukleoside und strukturelle Parameter,

die die Struktur der Doppelhelix bestimmen

Für die Bildung des Doppelstranges ist vor allem das Säure/Base Verhalten der

Heterocyclen entscheidend. Es determiniert wie und wo die Basen H-Brücken

ausbilden können. Die pKa-Werte der Basen sind in Tabelle 1 zusammengestellt.

Base Gruppe Nucleosid 3’-Nucleotid 5’-Nucleotid

Adenin N-1 3.52 3.70 3.88

Cytosin N-3 4.17 4.43 4.56

Guanin N-7 3.3 3.5 3.6

Guanin N-1 9.42 9.84 10.00

Thymin N-3 9.93 10.47

Uracil N-3 9.38 9.96 10.06

Tab. 1: pKa-Werte der Basen bei 20C und ohne Salz.

Alle Basen sind also unter physiologischen Bedingungen ungeladen 5 < pH < 9. Das

gilt natürlich auch für die Pentose, deren sekundären und primären OH-Funktionen

einen pKa-Wert von ca. 12 besitzen.

Die Phosphat-Gruppe verliert das erste Proton bei pH =1 und das zweite Proton im

Fall eines Monoesters bei pH = 7 (pKa-Werte der Phosphorsäure bei 25ºC H3PO4 =

pK1 = 2.16, pK2 = 7.20 und pK3 = 12.33). Die drei Basen A, C, und G werden zuerst

an einem Ringstickstoff protoniert und erst dann an der exocylischen NH2-Gruppe.

Protonierung der NH2-Gruppe würde die Resonanz des einsamen Elektronenpaares

mit dem aromatischen System stören.

Die C-NH2 Bindungen sind ca. 1.34 Å lang. D. h. sie haben einen deutlichen

Doppelbindungscharakter (C-N: 1.47 Å ;C=N: ca. 1.25 Å )

N

NNH

N

NH2

NH

NNH

N

O

NH2

N

NH

NH2

O

NH

NH

O

O

NH

NH

O

O

Adenin Guanin Cytosin Thymin Uracil

1

2

34

5

6

12

3

45

67

8 9

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Für das Tautomerengleichgewicht gilt, dass alle Nukleobasen zu > 99.99% in der

gezeigten Amino- und Ketoform vorliegen. Gäbe es Gemische, wäre das fatal für die

Präzision der Basenpaarung s.u.

Tautomere sind Verbindungen, die sich nur in der Position eines Protons

unterscheiden.

1.2.3 Wasserstoffbrückenbindungen verbinden die Basen

Jeder der vier Basen ist in der Lage eine Serie von H-Brücken auszubilden. Hierbei

sind die NH-Gruppen im Ring und die exocyclischen NH2-Gruppen die H-Donoren

(d). Die Keto-Gruppen (C=O) fungieren auf Grund der einsamen Elektronenpaare als

H-Akzeptoren (a). Die in der H-Brücke dominierenden Kräfte sind im wesentlichen

elektrostatischer Natur mit +0.2e am H und –0.2e am C=O. Die Stärke einer H-

Brücke dürfte ca. 6-10 kJmol-1 betragen. Natürlich tragen diese H-Brücken nicht

sonderlich zur Triebkraft für die Doppelstrangbildung bei, da die Zentren ja auch im

Wasser durch H2O in H-Brücken involviert sind. Das ändert sich ja nicht im

Doppelstrang.

Im Doppelstrang bilden sich vor allem sogenannte Watson-Crick H-Brückenmuster

aus.

In diesen H-Brücken beträgt der Abstand zwischen den N...O Zentren zwischen 2.8

Å – 2.95 Å. Da immer eine Purin-Base mit einer Pyrimidin-Base paart, passen beide

NH

O N OH N NH2 NH

NH

Keto Enol Amin Imin

NN

HN

O

N

N N

NO

NH

r

r

H

H

H

N

N

O

O

N

N N

N

HN

H

Hr

r

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Kombinationen in den gleichen Rahmen, der durch den Abstand der Zucker-

Phosphat Ketten in der Doppelhelix vorgegeben ist.

Man unterscheidet von der Watson-Crick Basenpaarung im Fall des A--T

Basenpaares noch die reversed Watson-Crick Paarung

Neben der Watson-Crick und reversed Watson-Crick Basenpaarung kennt man für

das A—T Basaenpaar auch noch die sogenannte Hoogsteen und reversed

Hoogsteen Basenpaarung.

Hierbei paart das Adenin via N-6 und N-7. Das G kann nur nach Protonierung mit

dem C+ ein Hoogsteen Basenpaar bilden. Das passiert tatsächlich in Tripelhelices

(s.u.).

Manchmal beobachtet man, dass sich ein G—U Basenpaar bildet, dass über zwei H-

Brücken miteinander verknüpft ist. Die entsprechenden Basenpaarung nennt man

NN

O

ON

N

NN

HN

H

r

rH

N

N

O

O

N

N

NN

HN

H

r

r

H

Hoogsteen reverse Hoogsteen

NN

HN

ON

HN

NN

O

H

r

rH2N

H

GC+ Hoogsteen Basenpaar

N

N

O

ON

N N

N

HN

H

Hr

r

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Wobble-Basenpaarung. Die Basen sind im Vergleich zum Watson-Crick Basenpaar

gegeneienader verschoben.

Diese ungewöhnlichen Basenpaarungen sind für t-RNA und Tripelhelixstrukturen

massgeblich verantwortlich (s.u.)

Exkurs: Die Wasserstoffbrücke

Die Wasserstoffbrücke ist die bedeutenste orientierende zwischenmolekulare

Wechselwirkung in der Biologie. Das Konzept der H-Brücke wurde bereits 1919 von

Huggins an der UC Berkeley entwickelt.

Bei einer H-Brücke handelt es sich um die Bindung eines kovalent gebundenen H-

Atoms an ein zweites Atom.

Starke H-Brücken bestehen zwischen: O-H...O, OH...N, N-H...O

Schwächere H-Brücken bestehen zwischen: N-H...N

Sehr schwache Wechselwirkungen bestehen

zwischen: Cl2C-H...O, Cl2C-H...N

O-H...-Systeme (Aromaten,

Alkine oder Alkene)

Im Fall der hier beschriebenen H-Brücken scheint die dominierende Kraft

elektrostatischer Natur zu sein. Die Beschreibung erfolgt mit dem Coulombschen

NN

O

O

N

N N

NO

H2N

r

r H

H

R-X-H Y-R'+ R-X-H ---- Y-R'

H-Donore sind: -OH, -NH2, -COOH, -CONH2, NH2CONH2

H-Akzeptoren sind: O-Atome in Alkoholen, Ether, C=O und N-Atome in Aminen und N-Heterocyclen

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Gesetz. Das H-Atom ist deutlich positiv. Das Akzeptor-Zentrum trägt eine negative

Partialladung. Man erwartet deshalb, dass eine gute H-Brücke linear ist, d.h. Winkel

D-H...A sollte ca. 180º betragen. Analysiert man Kristalle, so findet man einen Winkel

von typischerweise 167±20º für O-H...O und 161±20º für O-H...N H-Brücken.

In einem solchen Fall ist die H-Brücke unsymmetrisch. Die X-H Binduing ist klar

kovalent. Die H...Y BIndung ist eindeutig nichtkovalent.

Das Coulomb-Potential fällt sehr langsam mit 1/r ab. H-Brücken sind daher recht

weitreichende Wechselwirkungen.

Neben diesen normalen H-Brücken gibt es noch sehr starke sogenannte low-barrier

H-bonds (LBHB) . Hier ist die H-Brücke symmetrisch. D.h. gleichmässig zwischen

Donor und Akzeptorzentrum verteilt. In einigen Enzymreaktionen wird zur Zeit

diskutiert, dass sich solche LBHB zu Übergangszustand ausbilden könnten.

Hierdurch würde die Energie des ÜZ sehr stark reduziert, womit ungewöhnlich hohe

Ratenbeschleunugungen erklärt werden können.

Beispiele für sehr starke H-Brücken, die in das Regime LBHB fallen sind:

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F-H...F- , O-H...O- , O+-H...O. Der H-Akzeptor Abstand ist hier mit 1.2 Å – 1.5 Å sehr

kurz. Der Het-Het Abstand sinkt auf unter 2.5 Å. Die Bindungsenergie beträgt > 40KJ

mol-1 Der Winkel ist 180 º. Im IR sieht man Schwingungen von < 1600 cm-1. Im 1H-

NMR ist das Proton bei > 17 ppm beobachtbar.

Normale und schwache H-Brücken sind die z.B. zwischen den Nukleobasen. Das H-

Atom kann in ihnen auch zu mehr als zu nur einem Zentrum gebunden sein. Der H-

Akzeptor Abstand ist hier 1.5 Å – 3.0 Å. Die Bindungsenergie beträgt < 20KJ mol-1.

Schwingungen im IR sind bei Frequenzen zwischen 2000-3000 cm-1 beobachtbar.

Der Winkel beträgt ca. 160±20º. Im 1H-NMR ist das Proton bei < 17 ppm

beobachtbar.

Gegabelte H-Brücke:

In den normalen H-Brücken variieren sowohl die Distanzen als auch die Winkel

beträchtlich. Die Stärke einer normalen H-Brücke beträgt 3 – 7 kcal/mol in der

Gasphase und in unpolaren Lösungsmitteln. In Wasser ist die Stärke einer H-Brücke

zwischen D-H...A sehr gering. Hier konkurriert das Lösungsmittel mit dem Akzeptor

um das H-Atom. Die H-Brücke zum Wasser ist ähnlich stark wie zum Akzeptor A, so

dass die Assoziationskraft zwischen D-H und A eben sehr schwach, d.h. kaum

messbar ist.

Die Stärke einer H-Brücke in unpolaren Lösungsmittel ist stark von den pKa-Werten

der beteiligten Zentren abhängig.

Bei konstanter H-Donorstärke (H-OH) ist die Basizität des Akzeptors

entscheidend

Bei konstanter Akzeptorstärke ist die Azidität des Donors massgebend.

Beispiele: HO-H...B

D H

A

A

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B-Spezies: MeNH2 (-6.8 kcal/mol) ist besser als B: CH3CN (-4.9 kcal/mol) weil

MeNH2 der bessere Akzeptor (basischer) ist. MeOH (-6.8 kcal/mol) ist besser als

Wasser (-6.2 kcal/mol), weil MeOH das basischere O hat.

In der Carbonylreihe wird die H-Brücke zum C=O schwächer in der folgenden Reihe.

Harnstoff > N-Methylacetamid > Essigsäure > Essigsäuremethylester > Aceton

Beispiele: HO-H...B

HOH-Spezies: Vergleicht man mit Wasser als Akzeptor, so stellt man fest: Alle

Amine sind wegen der niedrigen Acidität schwache H-Donoren (CH3NH2...OH2: 3.5

kcal/mol zum Wasser). In Amiden ist die NH-Acidität wieder höher, so dass die H-

Brücken stärker werden (CH3CONHCH3 ... OH2, -6.7 kcal/mol). Gut ist Essigsäure,

wegen der höheren Acidität (CH3COOH...OH2 = -8.8 kcal/mol)

Berechnungen von W. L. Jorgensen in der Gasphase mit dem OPLS-Kraftfeld

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Sekundäre elektrostatische Wechselwirkungen

Betrachtet man die vier Komplexe und speziell die Bindungskonstanten die in

Chloroform gemessen wurden, so stellt man fest, das die oben beide Komplexe sehr

stabil sind. Die unteren beiden sind wesentlich schächer ((G) 3-4 kcal/mol). Alle

vier Komplexe werden aber über drei H-Brücken zusammengehalten

Ein Modell, dass diese Tatsache erklärt wurde von W. Jorgensen (Yale Universität)

entwickelt. Das Modell wurde experimentell in vielen Versuchen belegt.

Die drei Wasserstoffbrücken sind in den Komplexen gleich stark. Die primären

Wechselwirkungen sollten also zu gleich stabilen Komplexen führen. Neben diesen

primären Wechselwirkungen gibt es jedoch noch sekundäre Wechselwirkungen. Hier

zeigt sich erneut der elektrostatische Charakter der Wasserstoffbrücke.

Eine positive Partialladung tragen die H’s in jeder H-Brücke

N

N

N

N

O

NHEt

N N

O

HN

R

H

H

N NBr

N CH3

O

N OHN

BzAr

H H H

N

N

N

N

HN

NHEt

N N

O

O

R

H

H

H

N N N C3H7

O

N

N

OO

RH3C

HH

C3H7

H

O

Ka ca. 104 -105 Lmol-1 Ka = 1.7 x 104 Lmol-1

Ka = 170 Lmol-1 Ka = 90 Lmol-1

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17

Eine negative Partialladung besitzen die N und O Akzeptoratome.

Unten sind drei prinzipielle Systeme gezeigt, indenen diese sekundären

Wechselwirkungen A: nur anziehend, B: Kompensatorisch und C: nur abstossend

sind. Für Systeme wie C werden nur Bindungstärken wie für Associate bestehend

aus zwei H-Brücken gefunden (Ka ca. 40 – 130 M-1). Die sekundären

Wechselwirkungen heben also die Stärke einer ganzen H-Brücke auf.

Zum Vergleich nochmal die Bindungskonstanten in Chloroform der folgenden vier

Komplexe:

+

+

+

-

-

-

4 günstige WW

+

-

-

-

+

+

2 günstige WW2 ungünstige WW

+

-

+

-

+

-

4 ungünstige WW

N N N PhPh

O

H

N NN

O

OC3H7

O

OC3H7

HH

HH

N N N

N

N OHN

H

O

Me

H

N

CO2C8H17

CO2C8H17

H

N N N PhPh

HN NN

O

C3H7O

O

OC3H7

HHH H

ArH

(DAD)-(ADA)

Ka 78 M-1

(DDA)-(AAD)

Ka 9.3 x 103 M-1

(DDD)-(AAA)

Ka > 105 M-1

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Exkurs: Wechselwirkungen ungeladener Teilchen untereinander

a. Dipol-Dipol Wechselwirkungen

Molekulare Dipole orientieren sich in einer Kopf-Schwanz Anordnung, so dass sich

entgegengesetzt geladene Positionen gegenüberstehen. Dieser Orientierung arbeitet

die Brown'sche Molekularbewegung entgegen. Nur wenn die anziehende

Wechselwirkung grösser als die thermische Energie ist kommt es zur Orientierung.

Dipolwechselwirkungen werden durch die untenstehende Gleichung beschrieben.

Die Wechselwirkungsenergie ist temperaturabhängig.

1 22

1 2

2 UDipol-Dipol = - ---------- ------------------- 4o 3kB T r6

ist das Dipolmoment. Mit steigender Temperatur wird die Wechselwirkungsenergie

kleiner. Die Reichweite der Dipolwechselwirkungen wird durch die Abhängigkeit von

1/r6 beschränkt.

Kopf-Schwanz

Antiparallel

Beispiele für derartige Dipol-Dipol-Wechselwirkungen sind die DMSO Dimere oder

auch die Anordnung von N-Methylacetamid, das sich in Wasser den Dipolkräften

folgend stapelnd orientiert.

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S OH3C

H3C

SO

CH3

CH3S O

H3C

H3C

S OH3C

H3C

Me O

NH Me Me O

NH Me

H-Brücke in Chloroform

NO

Me

Me

H

NO

Me

Me

H

+

-

Stapelung in Wasser

DMSO-Dimere

N-Methylacetamid in Wasser und Chloroform

b. Induzierte Dipol-Dipol Wechselwirkungen

Ein in einem Molekül vorhandener Dipol kann in einem zweiten Molekül einen Dipol

induzieren. Die Größe der Induktion hängt von der Größe des Dipols und der

Polarisierbarkeit des wechselwirkenden Moleküls ab.

1 1 2

2 + 2 2

1 UInd.Dipol-Dipol = - ---------- ------------------------- 4o r

6

Hier ist die Polarisierbarkeit

Auch Ionen induzieren Dipole. Hier erhält man für die Potentielle Energie:

1 z2

e2

UInd.Dipol-Dipol = - ---------- ------------------------- 4o 2 r

4

Als Dipersionswechselwirkungen bezeichnet man anziehende Kräft, die entstehen

wenn ein induzierter Dipol einen Dipol im Nachbarmolekül induziert. Man nennt diese

Kräfte auch London-Dispersionskräfte. Sie sind mit 1/r6 vom Abstand abhängig. Die

Kräfte sind klein, summieren sich aber bei großer Kontaktfläche auf. Es handelt sich

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vermutlich um die bedeutenste anziehende Wechselwirkung unpolarer Moleküle.

Diese Kräfte sind verantwortlich für das nichtideale Verhalten von Edelgase, die sich

ja bei tiefer Temperatur verflüssigen lassen. Kommen die Moleküle zu nah

zusammen, so greifen die abstoßenden Wechselwirkungen, die von 1/r12 abhängen.

A B U = -------- ----------

r12

r6

Der erste A-Term beschreibt die abstoßenden Wechselwirkungen. Der zweite B-

Term die anziehenden Wechselwirkungen. Beschrieben wird das Lennard-Jones

Potential.

Ein unpolares Molekül, das keinen permanenten Dipol hat, hat doch temporäre

Dipole durch Fluktuationen in der Elektronenhülle. Diese temporär induzierten Dipole

reichen aus, um in einem Nachbarmolekül ebenfalls temporäre Dipole zu induzieren.

Der anziehende Parameter B im obigen Lennard-Jones Potential wird durch die

Slater-Kirkwood-Gleichung beschrieben:

3/2 e (h/2m1/2) l j B = ------------------------------------

(ai/Ni)1/2 + (aj/Nj)

1/2

In dieser Gleichung ist die Polarisierbarkeit, e die Elementarladung, m die

Elektronenmasse, h die Planck'sche Konstante, N die effektive Zahl der Elektronen in

der äusseren Schale.

Mit zunehmender Zahl an Valenzelektronen und mit zunehmender Polarisierbarkeit

der wechselwirkenden Moleküle nimmt die Dispersionsanziehungskraft zu. Die

molekularen Polarisierbarkeiten werden aus den Brechungsindizes bestimmt.

Aus der folgenden Tabelle wird ersichtlich, dass O wenig, -CH, -CH2 und -CH3

Gruppen mittel und S hochpolarsierbar ist.

Jede Anziehung von Molekülen stößt an eine natürliche Begrenzung, wenn sich die

Moleküle berühren. Dann nehmen die abstoßenden Kräfte mit 1/r12 zu. Jedes Atom

hat, abhängig von dem Bindungszustand, einen spezifischen Van-der-Waals Radius.

Diese Radien sind additiv. So ganz genau sind die Radien nicht definiert. Sie

variieren ein wenig, je nachdem welche Berechnunsgmethode angewendet wird.

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Die Van-der-Waals- oder Dispersionskräfte sind schwache Wechselwirkungen, die

jedoch auf Grund der Additivität beträchtliche Gesamtbeträge annehmen können.

Jede CH2-Gruppe in einem kristallinen Kohlenwasserstoff bringt 2 kcal/mol an

anziehender Energie. Jede CH-Gruppe im Benzolkristall trägt mit 1.6 kcal/mol zur

anziehenden Wechselwirkung bei. Die Van-der-Waals Energie für die

Wechselwirkung des D-Teils der Lysozym Bindungsstelle zum komplementär

gebundenen Glucopyranosering soll Berechnungen zufolge ca. 14 kcal/mol betragen.

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c. Die hydrophobe Bindung

Werden hydrophobe Moleküle in Wasser eingebracht, so ordnen sich die

Wassermoleküle um die Oberflächen herum. Die treibende Kraft ist die Maximierung

der H-Brücken Wechselwirkungen (5-6 kcal/mol) der Wassermoleküle. Das Wasser

nimmt eine quasi-kristalline Struktur um die hydrophobe Oberfläche herum an.

Assoziieren zwei hydrophobe Moleküle miteinander, so wird ein Teil der

Wassermoleküle freigesetzt. Dieser Schritt ist mit einem Gewinn an Entropie

verbunden. Dieser Energiebeitrag ist z. B. bei der Bildung von Membranen, Mizellen

und auch bei der Proteinfaltung beträchtlich. Für alle diese Prozesse misst man eine

positive Entropieänderung und nur eine kleine bis gar keine Enthalpieänderungen.

meistens ist die Enthalpie gering negativ, oder sogar leicht positiv.

Der hydrophobe Effekt wird auch deutlich, wenn man den Eintritt von Alkanen aus

der Gasphase in ein unpolares Lösungsmittel oder in eine wässrige Phase

untersucht. Hier kommt es zu einer Entropieerhöhung des Systems. Besonders in

Wasser müssen sich die H2O-Moleküle um das hydrophobe Molekül herum stark

ordnen.

Die stark negative Lösungsentropie ist der Hauptgrund für die positive freie

Lösungsenthalpieänderung. Diese übertrifft die negative Lösungsenthalpie und

macht den gesammten Prozess endotherm. Die sehr starke negative

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Entropieänderung in Wasser geht auf die notwendige Ordnung der Wassermoleküle

zurück.

Zur kompletten energetischen Beschreibung der Wechselwirkung unpolarer Moleküle

in Wasser müssen noch enthalpische Faktoren berücksichtigt werden.

A) Auch die Dispersionskräft zwischen dem Kohlenwasserstoff und den

Wassermolekülen an der Oberfläche sind geringer als zwischen zwei assoziierten

Kohlenwasserstoffen wegen der geringen Polarisierbarkeit der O-Atome

B) Die Wassermoleküle an der Oberfläche hydrophober Moleküle sind nicht durch 4

H-Brücken komplett abgesättigt. Werden die Wassermoleküle durch Assoziation

zweier unpolarer Moleküle freigesetzt, so können sie alle 4 H-Brücken ausbilden.

Dieser Enthalpiegewinn ist gerade bei Wasser sehr gross.

Der hydrophobe Charakter einer Gruppe lässt sich aus dem Verteilungskoeffizienten

einer Verbindung zwischen Wasser und Octanol bestimmen. Hierbei stellt man fest,

dass viele Substituenten einen konstanten additiven Beitrag zum hydrophoben

Charakter einer Verbindung beitragen. Ist das Verhältnis der Lösichkeit einer

Stammverbindung H-S in der organischen Phase zur Löslichkeit in der wässrigen

Phase = Po und dasselbe Verhältnis der substituierten Verbindung R-S = P, so ist die

Hydrophobizitätskonstante für R definiert als: = P/Po

Man kann so aus RT(lnP/Po) eine inkrementelle freie Enthalpie für den Transfer der

Gruppe R aus n-Octanol in Wasser relativ zum H-Atom. Die folgende Tabelle liefert

einige Daten:

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Je größer P, umso besser ist also die Löslichkeit in der organischen Pase. Eine

solche Verbindung löst sich schlecht in Wasser wird aber gut von komplementären

hydrophoben Hohlräumen gebunden. Dieses ist für die Entwicklung von Wirkstoffen

entscheidend. Hier werden die logP-Werte mit Hilfe von Computerprogrammen für

neue Verbindungen berechnet. Aus den logP-Werten entnimmt man die Verteilung

von Verbindungen in Membranen und auch die zu erwartenden Wechselwirkungs-

energien in hydrophoben Protein-Taschen.

Die -Werte sind additiv. Die -Werte hängen nicht davon ab, wie der Rest des

Moleküls aussieht. Jede Methylengruppe hat z. B. ein Inkrement von 0.5. Das

entspricht einer Enthalpieänderung von 0.68 kcal/mol (2.85 kJ/mol).

Man findet eine empirische Korrelation zwischen der Grösse einer hydrophoben

Aminosäureseitenketten-Oberfläche und der freien Enthalpie des Transfers aus

Wasser in eine organische Phase. 1Å2 Oberfläche gibt eine hydrophobe Energie, die

bei Transfer freigesetzt wird von 20-25 cal/mol. Die grösse der Oberfläche wird

gemessen, indem man eine Kugel mit dem Radius des Van-der-Waals Radius von

Wasser über die Oberfläche rollt. Die Oberfläche wird am Zentrum des "Wasserballs"

gemessen. Moderne Computerprogramme wie das Macromodel berechnen heute die

Oberflächengrösse und die hydrophobe Energie.

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1.3 Parameter, die auf Nukleotid-Ebene die Struktur der

Doppelhelix bestimmen

In der Zelle begegnen uns DNA und RNA Moleküle, die sich in der Anwesenheit

(RNA) oder Abwesenheit (DNA) einer weiteren OH-Gruppe am C2’ des Zuckers

unterscheiden. Diese unterschiedliche Substitution ist dafür verantwortlich, dass sich

die Konformationen der jeweiligen Nukleotide unterscheiden. Die Konformation der

Monomere bestimmt die Konformation des doppelhelikalen Makromoleküls.

Tatsächlich kennt man eine ganze Reihe unterschiedlicher Doppelhelixstrukturen.

Am bekanntesten ist die B-DNA gefolgt von der A- und der Z-DNA.

Exkurs: Definition von Winkel in chemischen Molekülen

Die dreidimensionale Struktur von Molekülen wird bestimmt durch Bindungslängen,

Bindungswinkel und Rotationen von Atomgruppen um Bindungen. Die Rotation um

eine zentrale Bindung B-C wird im Fall von A-B-C-D durch den Torsionswinkel

beschrieben.

beschreibt den Winkel zwischen den Bindungen A-B und C-D beim schauen

entlang der zentralen Achse B-C. Hierbei kann man in Richtung B-C oder C-B

schauen. = 0 wenn A-B und C-D eklipsed stehen (cis und coplanar, syn-

periplanar). Das Vorzeichen von ist positive, wenn die entfernte Bindung im

Uhrzeigersinn relativ zur nahen Bindung gedreht wird. Man gibt Torsionswinkel daher

im Bereich 0 – 360 an oder von –180 bis + 180. Gleichwertig ist die Beschreibung

von Torsionswinkel durch das Verhältnis der zwei Ebenen ABC und BCD

zueinander.

Neben den Torsionswinkel können auch Diederwinkel angegeben werden. Der

Diederwinkel ist der Winkel zwischen den Normalen auf den Ebenen. In der Literatur

werden diese Winkel oft vertauscht. Beide Winkel sind halt komplemetär. Sie

ergänzen sich zu 180 (siehe Abbildung)

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Die Konformation der monomeren Nukleotide wird durch eine Reihe von

Torsionswinkel beschrieben. Besonders wichtig für die Konformation des gesamten

Doppelstranges sind die beiden Torsionswinkel und . Ebenso entscheidend ist die

Konformation des Zuckers, die durch die An- oder Abwesenheit der 2’-OH Gruppe

massgebend beeinflusst wird.

Insgesamt wird die Konformation eines Nukleotids durch sechs Torsionswinkel

beschrieben. Die Benennung der Winkel erfolgt entlang P-O5’-C5’-C4’-C3’-O3’-P.Die

jeweiligen Winkel heissen . Der Torsionswinkel der glycosidischen

Bindung heisst . Viele der Winkel sind nicht unabhängig voneinander. Entscheidend

für die Doppelhelixstruktur sind vor allem vier Parameter:

1. Die Konformation des Zuckers

2. Der Winkel der glycosidischen Bindung

3. Der Scharnierwinkel

4. Der Winkel

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1.3.1 Der Winkel

Für die Ausbildung des Doppelstranges ist der Winkel entscheidend. Ist = 60 so

kann sich keine Helixstruktur ausbilden. Der Einzelstrang bildet dann eine lineare

Zick-Zack Kette. Ist > 60 so windet sich das Rückgrat zu einer Helix auf. Im Fall

der DNA oder RNA ist = 80. Das liegt an der Verwendung des Zuckers in der

Fünfring, d.h. Ribofuranose Form.

Der Winkel wird deshalb als der Scharnierwinkel bezeichnet.

Vor allem in der AG von Prof. Eschenmoser (ETH Zürich) wurden Nukleinsäuren

basierend auf anderen Zucker hergestellt und untersucht (s.u.). Besonders

interessant sind DNA Strukturen basierend auf der Pyranoseform der Ribose. Diese

als homo-DNA bezeichneten Stränge weisen einen relativ starren Winkel von 60

auf.

Der Sechsring der Pyranose ist konformationell sehr viel starrer und bevorzugt stark

die Sesselkonformation. Die Fünfring Ribofuranose ist konformationell flexibler. Die

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homo-DNA bildet stabile Doppelstränge. Diese sind jedoch nicht helikal sondern

linear.

Durch die Repetition einfacher Konformationselemente wird die Doppelhelixstruktur

aufgebaut. Der fünfgliederige Zucker mit einem -Winkel von 80 erzeugt eine leichte

Helikaltität, die durch das lineare Aneinanderreihen der Bausteine zur Ausbildung

einer Doppelhelix-Struktur führt.

1.3.2 Der Torsionswinkel

Die Ebenen durch die Base und durch den Zucker stehen nahezu senkrecht

aufeinander. Die Ebene durch die Base schneidet den Winkel O4’-C1’-C2’ des

Zuckers. Der Winkel wie die Ebene durch die Base zum Zucker steht wird mit

bezeichnet.

Dieser Winkel beschreibt also die Konformation der Base relativ zum Zucker. Dieser

Winkel ist extrem wichtig. Der Winkel bestimmt, ob sich überhaupt eine Doppelhelix

ausbilden kann. Man unterscheidet im wesentlichen zwei Konformationen.

In der syn-Konformation zeigen die H-Brücken-Donoren und Akzeptoren in Richtung

des O5’, also weg von der Helixachse. In dieser Konformation kann die Base in der

Regel keine Wasserstoffbrücken zur gegenüberliegenden Base ausbilden. Watson-

Crick-Basenpaarung ist nicht möglich. In einer Doppelhelix wird diese Konformation

nur in der Z-DNA von einem Teil der Basen ausgebildet.

In der anti-Konformation zeigen die H-Brücken-Donoren und Akzeptoren zur

Helixachse. Diese Konformation ist für die Ausbildung normaler Doppelstränge

notwendig.

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In der anti-Konformation steht das 6H (Pyrimidine) und das 8H (Purine) über dem

Zuckerring. In der syn-Konformation befindet sich das O2 (Pyrimidin) oder das

N3(Purin) über dem Zucker. Pyrimidine liegen meist in der anti-Konformation vor.

Purine können anti oder sogar high-anti beforzugen. Nur selten, bei sehr grossen

Basen, vor allem C8-substituierten Purine findet man die syn-Konformation. Die syn-

Konformation ist z. B. vorhanden in alternierenden Sequenzen d(CpGpCpG). Hier

findet man das G in der syn-Konformation. Möglicherweise liegt das an einer H-

Brücke zwischen dem NH2-Gruppe des G’s und dem negative geladenen Phosphat-

Rückgrat (geladene H-Brücke).

1.3.3 Die Konformation des Zuckers (Zuckerpucker)

Die makroskopische Gestalt der Doppelhelix wir durch den Zuckerpucker bestimmt.

Der Fünfring liegt aus sterischen Gründen nicht planar vor. sondern in einer

Briefumschlagsform. Hierbei wir ein Ringatom aus der Ebene herausgedreht. Ein

ebener 5-Ring wäre zwar ohne Bayer- (Winkel) Spannung (CCC-Valenzwinkel =

108), besässte aber erhebliche Pitzer- (transanulare) Spannung, da die Bindungen

alle eklitisch wären. Der Kompromiss ist, dass die Valenzwinkel kleiner als 108

werden. Ein Ringatom wird ca. 50 pm aus der Ebene herausgehoben. Im

Cyclopentanring wandert diese Unebenheit den Ring entlang (Pseudorotation). In der

Furanose ist die unebene Struktur etwas fixierter.

In der Furanose wird die Ebene C1’-O4’-C4’ fixiert. Endo-pucker bedeutet, dass das

C2’ oder das C3’ aus der Ebene heraus in Richtung O5’ gehoben wird. Verschiebung

in die anderen Richtung wird mit exo bezeichnet. Ist die endo-Verschiebung von C2’

grösser als die exo-Verschiebung von C3’ so spricht man von einem C2’-endo

Pucker. C2’-endo und C3’-endo stehen miteinander im Gleichgewicht. Die

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Energiebarriere beträgt ca. 20 kJ mol-1. Die Vorzugskonformation wird durch den

Substituenten an C2’ bestimmt. Ein elektronenziehender Substituent (OH) bevorzugt

an C2’ eine axiale Position um die “Hyperkonjugation” mit dem Ringsauerstoff zu

verbessern. Das bedeutet C3’-endo Konformation des Zuckers in der RNA. In der

DNA kann der Zucker leicht beide Konformationen annehmen. Es wird C2’-endo

etwas bevorzugt. syn-Konformation der glycosidischen Bindung bedeutet C2’-endo

Pucker.

Für die unterschiedlihen Zuckerpucker hat sich die folgende Nomenklatur

eingebürgert.

Die Briefumschlagsform wird mit E bezeichnet

Daneben gibt es noch eine Twist-form die mit T bezeichnet wird.

In der Twist form sind zwei nebeneinander angeordnete Atome aus der 5-Ring

Ebene zu unterschiedlichen Seiten herausgedreht.

In der Kurznotation werden endo-Atome hochgestellt und exo-Atome tiefgestellt vor

oder nach dem Grossbuchstaben T oder E plaziert. Ob vorher oder nachher wird

entschieden je nach dem wie stark die Abweichung von der Planarität ist. Der

Hauptpucker steht vorne. Der Nebenpucker steht hinten. Wenn beide Pucker gleich

stark sind, stehen beide vorne.

Aufgrund des unterschiedlichen Zuckerpuckers nehmen DNA und RNA

unterschiedliche Doppelhelixstrukturen an. DNA kann sowohl in der B- als auch in

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der A-Konformation existieren, liegt zumeist aber in B vor. Ein RNA Doppelstrang ist

auf die A-Konformation beschränkt. Die Röntgenstruktur des Doppelstranges

d(CGCGCG) durch Wang in 1979 zeigt, dass DNA noch in einer dritten

Konformation, dem Z-DNA Doppelstrang, vorliegen kann. Wir kennen also als

Hauptkonformationen von DNA die A, B und die Z-Konformation. Ein RNA

Doppelstrang ist auf die A-Konformation beschränkt.

Wir wissen heute, dass es neben diesen drei Hauptstrukturen weitere

Konformationsmodulationen gibt, die von der Sequenz der Stränge abhängen. Es

gibt lokale Strukturvariationen. Durch diese Konformationsmodulationen werden

sterische Wechselwirkungen minimiert und das Basen-Stacking s.u. erhöht. Daneben

gibt es auch ganz andere Strukturen, wie z. B. Kruzifix-Strukturen.

In der Zelle ist das DNA-Molekül darüeberhinaus verpackt. Der Doppelstrang wickelt

sich dabei um ein Histon-Oktamer, von dem die Richmond Gruppe vor wenigen

Jahren eine Kristallstrukturanalyse machen konnte.

Im Histon wird die DNA um ein Proteinoktamer, das Coreparticle, zum Histon

gewickelt. Zwei Histone sind über eine Linker DNA miteinander verknüpft. An dieser

Linker DNA sitzt ein Histon H1, dass stabilisierend wirkt. Diese sehr dichte Histon-

Verpackung ermöglicht es Organismen ihre DNA im Zellkern abzulegen. Hierbei

werden die Histone eng aneinander gepackt.

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1.4 Helicale Parameter der Doppelstränge

Die Doppelhelix wird im Wesentlichen von drei Parametern charakterisiert:

P: P ist die Ganghöhe. Das ist die Distanz, die nach 360 entlang der Helixachse

zurückgelegt wird.

n: n ist die Zahl der Nukleotide innerhalb einer 360 Drehung um die Helixachse.

h: h ist die Höhendifferenz zwischen zwei Basen.

Ein von diesen Groessen abhängiger Parameter ist der unit twist, die Drehung, die

pro Base erreicht wird. t = 360/n

Durch die helikale Aufwindung der beiden Einzelstränge zu einem Doppelstrang

entstehen Doppelstränge mit charakteristischen Furchen. Die Furchenstruktur wird

auch durch Lage der Basen relativ zur Helixachse bestimmt. Bei der

Doppelstrangbildung entstehen eine kleine und eine große Furche. Die

Furchenbreite und Furchentiefe, sowie die Art der funktionellen Gruppen, die in diese

Furchen hineinragen sind von großer Bedeutung. Sie erlauben das Ausbilden von

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H-Brücken, welche für die Wechselwirkung der DNA mit kleinen organischen

Molekülen (auch Naturstoffen) und Proteinen wichtig sind. Die molekulare Erkennung

der Doppelhelix findet in wesentlichen in diesen Furchen statt. Die Protein-DNA

Wechselwirkungen sind z. B. für dei Regulation der Genaktivität entscheidend.

Die Lage der Basen zur Helixachse wird durch drei Winkel und einen

Abstandsparameter beschrieben:

D: Abstand des Basenpaar-Zentrums von der Helixachse.

T: Basenpaar-tilt, Abweichung der Basenpaar-Längsachse von der Senkrechten

zur Helixachse.

r: Basenpaar-roll, Abweichung der Basenpaar-Querachse von der Senkrechten

zur Helixachse.

p: Propeller-twist, Verdrehung der Basen gegeneinander.

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1.5 Die Konformationen der Oligonukleotid Doppelstränge

Die DNA Doppelstränge nehmen im Wesentlichen drei unterschiedliche

Konformationen an (A, B und Z). RNA-Doppelstränge und alle RNA-enthaltenden

Doppelstränge liegen in der A-Konformation vor. Hier wirkt sich der

elektronenziehende Einfluss der 2’-OH Gruppe aus. Diese OH-Gruppe führt zu einer

starken Begünstigung der C3’-endo Konformation und damit zur Bildung eines A-

Doppelstranges. Die Desoxyribose kann hingegen sowohl eine C3’-endo als auch

eine C2’-endo Konformation einnehmen und damit sowohl A- als auch B-

Doppelstränge bilden.

In der A-Familie ist der P...P Abstand durch die C3’-endo Konformation von 7.0 Å (B-

Konformation) auf 5.9 Å reduziert. Entsprechend verringert ist die Ganghöhe pro

Nukleotid von h = 3.30–3.37 Å (B-Konformation) auf 2.59-3.29 Å in der A-

Doppelhelix. Die A-DNA ist leicht entwunden und stellt 11-12 Nukleotide pro 360º pro

turn (Vergleich B-Konformation: 10 Nukleotide).

Die Tabelle fast die wichtigsten Parameter der A- und B-Helix zusammen.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen den beiden Helixtypen ist die

Abweichung der Basenpaare von der Helixachse (D). In der B-Form beträgt D = -0.2

Å. Das heisst die Achse läuft durch den Schwerpunkt der Basenpaare. In der A-Form

beträgt D = 4.5 Å. Die Basen winden sich also um die Helixachse. Daraus resultiert

eine sehr schmale und tiefe große Furche, in die nur Wasser oder Metallionen

hineinpassen. Die kleine Furche ist sehr weit und flach. In der B-Form sind beide

Furchen etwa gleich tief. Die weiten differieren sehr stark. Beide Furchen stehen

damit einer molekularen Erkennung zur Verfügung. In der kleinen Furche binden vor

allem kleine Moleküle wie z. B. anti-Tumor Wirkstoffe. Die große Furche ist der

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Ankerpunkt für Proteine, die an der Genregulation oder Reparatur beteiligt sind.

Manche Proteine besitzen zusätzliche Seitenarme, mit denen auch Kontakte in die

kleine Furche ausgebildet werden können.

Die Z-DNA ist keine rechtsgängige sondern linksgängige Helix in der die

glycosidischen Bindungen der G-Basen in der ungewöhnlichen syn-Konformation

vorliegen. Für weitere Informationen bezüglich der Z-DNA sei auf die Literatur

verwiesen.

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B-DNA

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A-DNA

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2. Synthese der Oligonukleotide

2.1 Synthese der Nukleoside

2.1.1 Allgemeines

Effiziente Syntheserouten zu Nucleosiden werden zur Synthese verschiedenster

Analoga benötigt. Diese Nukleosid Analoga konkurrieren im zellulären Geschehen

mit den natürlichen Nukleosiden T, U, C, G und A. Sie stören daher die zellulären

Prozesse. Viele derartiger Verbindungen haben anti-virale oder anti-proliferative

Eigenschaften. Die t-RNA enthält eine ganze Reihe modifizierter Nukleoside. Das

Studium wieso die Natur für die Übersetzung des genetischen Codes auf diese

Substanzen zurückgreift bedingt die Synthese dieser modifizierten Nukleoside und

deren Einbau in DNA und RNA.

Prinzipiell werden heute drei Wege (A, B und C) zur Synthese von Nukleosiden

beschritten. Auf dem Weg A, findet eine nukleophile Substitution statt. Die

Abgangsgruppe befindet sich am anomeren Zentrum des Zuckers. Weg B liegt

ebenfalls eine nukleophile Substitution zugrunde. Hier ist das Nukelophil allerdings

der Zucker. Weg C bedeutet Aufbau des Heteroyclus am Zuckergerüst.

HO

NH

N

N

O

NH2N

O

OH

HOO

OH

XNH

N

N

O

NH2N

H

HOO

OH

NH2 NH

N

YCN

O

NH2Z

HO NH2

CYN

NO

OH

B

C

A

C

A

B

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2.1.2 Synthesen basierend auf Weg A

Ältere Methoden der Nukleosidsynthese beruhen auf der Umsetzung der

Schwermetallsalze der Heteroyclen mit einem Chlor- oder Bromzucker. Diese als

Fischer-Helferich oder Koenigs-Knorr Synthesen bekannte Methoden werden heute

nur noch vereinzelt angewendet. Als Schwermetallsalze fungieren die weichen HgII+

oder AgI+ Salze. Für die Synthese müssen alle anderen potentiell nukleophilen

Stellen geschützt werden. Nachteilig ist auch die oft schlechte Löslichkeit der

Schwermetallsalze. Die Halogenzucker müssen unter wasserfreien Bedingungen

gehandhabt werden, da sie sehr hydrolyseanfällig sind.

Die Methode liefert in der Regel die richtige regiochemische Verknüpfung d.h. N1 für

die Pyrimidine und N9 für die Purine. Die Reaktion verläugft nach einem SN2-

Mechanismus.

Statt der Schwermetallsalze lassen sich auch die alkylierten Basen verwenden.

Deren N-Atome im Heterocyclus sind in der Regel bereits nukleophil genug. Die

Methode heisst Hilbert-Johnson Nukleosidierung.

HOO

HO OH

N

N

N

NH2

N

AcOO

AcO

Br

OAc

N

N

N

HN

NClHg

O

O

AcOO

AcO OAc

N

N

N

HN

N

O

O

AcOO

AcO

Br

OAc

N

N

N

Cl

NClHg

NH

Ac

HOO

HO OH

NH

N

N

N

O

NH2

Xylen, 120oC

NH3/MeOH

Alternativ

1. Xylen, 120oC

2. NaOH, H2O

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41

Eine moderne Variante der Hilbert-Johnson Methode ist die Silyl-Hilbert-Johnson

Methode, die auch Nukleosidierung nach Vorbrüggen genannt wird. Hierbei wird ein

stabilerer Zuckervorläufer, z.B. mit einer schlechteren Abgangsgruppe wie dem

Acetat am anomeren Zentrum eingesetzt. Vor der Kupplung wird der Zucker mit einer

Lewissäure zur „Aktivierung“ umgesetzt. In situ werden die nukleophilen Zentren

geschaffen.

BzOO

BzO

Br

OBz BzOO

BzO

OBz

NN

NS

O

BzOO

BzO

Cl

OBz

BzOO

BzO OBz

N

N

O

OEt

BzOO

BzO OBz

N

N

O

OEt

BzOO

BzO OBz

N

N

O

NH2

BzOO

BzO OBz

N

NH

O

O

N

N N

O

S

N

N

O

O

NH3, MeOH

OH-

Br-

Auch für:

CH3CN, 10oC

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42

Es entsteht eine Oxycarbenium-Ion Zwischenstufe. Die Nukleosidierung erfolgt daher

mehr nach einem SN1-Mechanismus und liefert daher meist Gemische des und

des Produktes. Befindet sich am C2‘ eine weitere Acetat oder Benzoat-Gruppe so

kann das Oxycarbeniumion von dieser Gruppe unter Nachgruppenbeteiligung

stabilisiert werden. Die Base kann entweder direkt nach Deprotonierung mit Base

(regiochemisch oft uneinheitliche Produkte) oder nach Silylierung (Vorbrüggen)

eingesetzt werden. Durch die Silylierung nimmt die Nukleophilie der N im

Heterocyclus zu. Das freie Elektronenpaar ist nicht mehr an der aromatischen

Stabilisierung beteiligt.

Es ist allerdings schwer abzuschätzen wo die Reaktion am Heterocyclus erfolgt und

oft werden keine einheitlichen Produkte erhalten. Der Angriff erfoklgt immer vom

elektronenreichsten d.h. basischsten N im Heterocyclus. Durch den SN1-Charakter

bedingt ist auch die Bildung einen -/-Anomerengemisches. Zwei weitere Beispiele:

AcOO

AcO

OAc

O O

AcOO

AcO

OAc

OAc

AcOO

AcO OO

AcOO

AcO OO

AcOO

AcO OAc

N

N

O-Si

O AcOO

AcO OAc

N

NH

O

O

N

N

O

O

Si

Si

HN

NH

O

O

Me3SiCl

H2O

TfO-

Si OTf

N

N

O

O

Si

Si

TMS-Tf oderSnCl4, Hg(OAc)2

Acetonitril oder1,2-Dichlormethan

-20oC - 50oC

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43

Mechanistisch erfolgt also zunächst die Bildung eines elektrophilen

Oxycarbeniumions. Dann bildet sich ein -Komplex aus der silylierten Base und der

Lewis-Säure. Dann erfolgt die Kupplungsreaktion.

Krtisch ist die s-Komplexbildung. Bei schwachen Lewissäuren liegt nur wenig

Komplex vor. Es reagiert dann das basischste N im Heterocyclus also z.B. das N1

bei Pyrimidinen. Starke Lewissäuren (SnCl4) führen zur totalen Komplexierung dann

reagiert unter Umständen das weniger elektronenreiche Zentrum. Hier hilft dann das

Arbeiten in nukleophilen Lösungsmitteln. Das Nukleosidierungen oft Gleichgewichts-

reaktionen sind, kann durch Rühren bei leicht erhöhter Temperatur noch ein

Umlagern des primär gebildeten kinetischen Produktes zum thermodynamisch

günstigeren Produkt erfolgen.

AcOO

AcO OAc

N

N

S

NHTMS

O

AcOO

AcO

OAc

OAc

AcOO

AcO OAc

N

N

S

NH2

O

BzOO

AcO

Cl

N3

N

NN

HN

Cl

BzOO

AcO

N3

N

NN

N

Cl

BzOO

AcO

N3 N

NN

N

Cl

NH

N

S

NH2

O

(Me3Si)2NH

N

N

S

NHTMS

OTMS

SnCl4

NH3, MeOH

+

+

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44

2.1.3 Kontrolle der Stereochemie am anomeren Zentrum

Wie oben bereits erwähnt, führen nukleophile Gruppen am C2‘ zu einer

Koordinierung des Oxycarbeniumions. Das ist besonders bei 2‘-Acyloxy-oder 2‘-

benzoylocygruppen der Fall. Das Oxycarbeniumion wird durch Verbrückung, unter

Nachbargruppenbeteiligung stabilisiert. Die Reaktion mit dem Nukleophil erfolgt dann

trans zur Nachbargruppe. Diese Gesetzmässigkeit trägt den Namen Bakers-1,2-trans

Regel.

Aus der Regel folgt, dass die Reaktion der 1‘-Chlor-D-Arabinose und 1‘-Chlor-D-

Lyxose mit einer Base hauptsächlich die -Anomeren ergibt. Aus der 1‘-Chlor-D-

Ribose und der 1‘-Chlor-D-Xylose entstehen als Hauptproduke die -Anomeren.

Der Nachbargruppeneffekt ist augenfällig wenn die -Verteilung bestimmt wir mit

einer p-Nitrobenzoylschutzgruppe an der C2‘-OH Gruppe. Der elektronenziehende

Effekt der p-Nitrogruppe reduziert die Basizität der einsamen Elektronenpaare am

Carboxyl-O-Atom, so dass die Stabilisierung des Oxycarbeniumions schlechter sein

N

NN

NSi

NBz Si

N

N

O

O

Si

Si

Me3SiOX

N

NN

NSi

NBz Si

Si

N

N

O

O

Si

SiSi

N

NN

N

NBz Si

Si

Reaktion an verschiedenenStellen

N

N

NH

HN O

O

Alloxazin

N

N

N

N O

O

Si

Si

1

2

3

3

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45

sollt. Genau das wird beobachtet. Es entsteht mehr vom nicht Baker-Regel Produkt

als vorausgesagt wird. Die Reaktion wird deutlich weiter ins SN1-Regime verlagert.

2.1.3 Synthesen basierend auf Strategie B

Prinzipiell sind die Basen elektronenarme Heterocylen, in denen durch Alkylierung

oder Silylierung nukleophile Zentren geschaffen werden müssen. Den

elektronenarmen Charakter der Basen kann man ausnutzen, wenn ein

Zuckernukleophil eingesetzt wird. Die Base enthält als Substrukturelement quasi ein

„vinyloges Säurechlorid“. Dieses wird mit dem Aminozucker umgesetzt. Diese Art der

BzOO

BzO

Cl

O O

BzOO

BzO OBz

BzOO

BzO O O

H

BzOO

BzO O O

Base

BzOO

BzO

Cl

OAc BzOO

Cl

OAcOBzO

Base

BzOO

BzO

Cl

OAcBzO

O

BzO

Cl

OAc

OBase

HgCl+

O O

NO2

Base-HgCl

D-Arabinose D-Lyxose Anomere

AnomereD-Ribose D-Xylose

p-Nitrobenzoat

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46

Nukleosidierung wird relativ selten angewendet. Vom Reaktionstyp her handelt es

sich um eine nukleophile Substitution an einem Heteroaromaten, ähnlich wie bei der

Umsetzung von Peptiden mit dem Saenger‘s-Reagenz zur Endgruppenbestimmung.

2.1.4 Aufbau des Heterocyclus am Zucker

Führen alle Nukleosierungen nur zurBildung des falschen Regioisomeren oder

reagiert die Base gar nicht, so muss der heterocyclus am Zuckergerüst aufgebaut

werden. Dieser Weg führte z.B. zur erfolgreichen Synthese von Flavin-Basen, die

aus den Alloxazinen nicht hergestellt werden können, da andere, im Alloxazin

basischere Zentren, bevorzugt reagieren.

AcOO

AcO OAc

NH2AcO

O

AcO OAc

HN NH

NHO2N

O

NHAc

NH

NHO2N

O

NHAcCl

N

N

NH

HN O

O

Alloxazin

N

N

N

N O

O

Si

Si

1

2

3

3

AcOO

AcO

NH2

OAc

NO2

NO2

NH4Cl

AcOO

AcO OAc

HN

NO2

1. H2, Pd/C

NH

NH

O

O

O O

AcOO

AcO OAc

N

N

N

NH

O

O

2.

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47

Ganz ähnlich gelangen auch die Totalsynthesen, der in t-RNA vorkommenden Basen

Pseudouridin und Wyosin. bei Pseudouridin handelt es sich um ein C-Nukleosid.

Diese Verbindungen sind aufgrund des fehlens einer Acetal-Substruktur wesentlich

resistenter gegenüber Hydrolysen. C-Nukleoside werden daher als Glycosylase-

Inhibibitoren eingesetzt. Glycosylasen sind Enzyme die glycosidische Bindungen

spalten.

2.1.5 Stereoselektiver Zugang zu - und -Nukleosiden

Für die stereoselektive Synthese wurden eigene Synthesen entwickelt. Die selektive

Darstellung von -Anomeren gelingt mit Hilfe der Oxazilidin-Methode. Gezeigt ist die

Synthese von -Arabinofuranosyl-Adenin. Zur Reduktion von OH-Gruppen wie hier

zur Darstellung der Desoxyriboden aus den Ribosevorläufern wird häufig die Barton-

McCombi Reaktion angewendet.

Die stereoselektive Synthese von -anomeren Zuckern gelingt mit Hilfe des 2-Fluor-

1-methylpyridiniumtosylats. Reaktion mit dem Zucker unter thermodynamischer

Kontrolle fixiert das anomere Zentrum so das der grosse Pyridiniumrest die sterisch

HOO

HO OH

NHHN

O

O

AcOO

AcO OAc

NCO

AcOO

AcO OAc

N

NNH2

O

NHMeHO

O

HO OH

N

N

N

N

N

O

O O

O OO

Ph

Ph

N

NO

O

t-Bu

t-Bu

Li O O

O O

OH

Ph

Ph N N

Ot-Bu

O t-Bu

THF, -78oC

Swern Oxidation

H+ Mild

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48

günstigere -Position einnimmt. SN2-Substitution durch die silylierte Base erfolgt

hauptsächlich unter inversion der Konfiguration zum -Anomeren.

BzOO

O

OH

O

BzOO

O O

O N

BzOO

O OBase

ORO

ROO

NH

S

ORO

ROO

N

S

N

NH2N

O2N

ORO

RO OH

N

HN

N

NS

NH2

ORO

RO O

N

N

N

N

NH2

S

SMe

NaHDMFHgBr2

Ra-NiH2O, NH4OH

Bu3SnH, AIBN

ORO

ROO

N

S

HgBr

NF

ORO

ROO

N

S

N

NH2N

H2N

ORO

RO OH

N

N

N

N

NH2

N

N

Cl

O2N

NH2

ORO

RO

N

N

N

N

NH2

, H2O

N

N

OSi(Me3)

(Me3)SiO

NH

O

Al/Hg

NaH,Cs2

MeJ

Ts-

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49

2.2 Synthese der Nukleotide

2.2.1 Die Chemie der Phosphor- und Phosphorigsäureester

Der in der Biologie relevante Phosphor (P) hat die Oxidationsstufe P(V) und ist

vierfach koordiniert. Zur Synthese biologisch relevanter Strukturen ist deshalb die

Kenntnis der Chemie dieser Phosphorverbindungen notwendig.

Die P-O Einfachbindungen sind sp3 Hybridorbitale und ca. 1.6 Å lang.

In den Triestern und in anderen Verbindungen sind die P=O Bindungen 1.46 Å lang.

Es handelt sich um pd Hybridorbitale. Der Phosphor weitet also seine Schale unter

Beteiligung von d-Orbitalen auf.

Die Triester wie PO(OEt)(OBu)(OPh) sind löslich in vielen organischen

Lösungsmitteln und leicht an Kieselgel Chromtografierbar. Der P bildet ein stabiles

chirales Zentrum.

Die Diester wie PO(OEt)(OBu)(OH) sind wasserlösliche Verbindungen und mit einem

pKa-Wert von 1.5 wesentlich stärker sauer als Essigsäure (pKa = 4.75). Sie liegen in

Wasser deprotoniert vor. Die Ladung ist zwischen den zwei O-Atomen am P

delokalisiert (deshalb der niedrige pKa-Wert).

PO

OH

HO

HOP O

PO

O

O

O PhBu

EtP

O

OH

O

OBu

EtP

O

OH

O

HO

Et

PO

O

O

OBu

Et

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50

Die Monoester wie PO(OEt)(OH)2 sind ebenfalls wasserlöslich. Die pKa-Werte

betragen 1.6 und 6.6. Unter physiologischen Bedingungen liegten die Monoester als

Gemisch der Mono- und Dianionen vor.

Die negativ geladenen Mono- und Diester der Phosphorsäure sind sehr

hydrolysebeständig. Ein angreifendes Nukleophil hat kaum eine Chance das durch

die negativen Ladungen abgeschirmte P-Atom anzugreifen. Diese hohe

Hydrolysestabilität ist die Grundlage des Lebens auf der Erde. Sie garantiert, das

Oligonukleotide stabile Verbindungen sind, die Informationen kodieren können.

PO

A

B

OBuO

R

HP

O

O O BuR PO

BO

A

RB A

PO

OMeO

MeO

H3CI- CH3-I PO

OMe

-O

MeO

Me > Et > R2CHS-

Thiophenolat

A

B

C

PO

OMeO

MeO

NC

Base

HH

PO

OMeO

MeO

Cl

Zn

ClCl

2e-

PO

O-EtO

Oi-Pr

N

H

O-

NO2

Cl

N

H

O

NO2

PO

OR2OR1

Base

CN

NO2

P

O-O

R1O

OR1

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51

Die Triester der Phosphorsäure werden auf drei Reaktionswegen (A, B und C)

angegriffen. Sie besitzen nicht die schützende negative Ladung sondern werden

hydrolysiert.

Reaktionsweg A beschreibt eine Substitution nach dem SN2P-Mechanismus. Es ist

ein assoziativer Prozess bei dem das Nukleophil zuerst an das P-Atom addiert. Erst

anschließend zerfällt das Zwischenprodukt. In diesem Prozess ist die Pseudorotation

oft langsamer als der Zerfall des Zwischenproduktes, so dass chirale Information

teilweise erhalten bleibt. Dieser Hydrolysemechanismus ist besonders schnell, wenn

es sich um Arylester handelt (s.o.) Der niedrigere pKa-Wert der Phenolate (pKa-Wert

ca. 10) im Vergleich zu nichtaromatischen Alkoholen (pKa-Wert ca. 15) zeigt bereits,

dass Phenolate wesentlich bessere Abgangsgruppen sind, die die negative Ladung

besser, durch Delokalisation in den Ring, stabilisieren können. Zur Abspaltung von

Arylestern als Schutzgruppen verwendet man meist Oximat-Anionen als Nukleophile,

die dann in einer -Eliminierung (s.u.) in einem zweiten Schritt abgespalten werden.

Als Arylester-Schutzgruppe werden meist p-Chlorphenolester verwendet (warum?).

Reaktionsweg B beschreibt den Angriff sehr weicher Nukleophile. Sie greifen nicht

am P-Atom sondern an den Alkylgruppen eines Esterrestes an. Das sind typische

SN2-Reaktionen indenen der Phosphorsäuremonoester als gute Abgangsgruppe

fungiert. Diese Reaktion wird zum entschützen von Phosphorsäuretriestern

verwendet. Sie funktioniert phantastisch bei Methylestern, ist bei Ethyl- oder

sekundären Zentren allerdings schon relativ schlecht. Me > Et > R2CH.

Ausgenutzt wird diese Reaktivität bei der Entschützung von Phosphorsäure-

methylestern mit Thiophenolat.

Reaktionsweg C beschreibt eine -Eliminierung von Alkylphosphat-Triestern. Diese

Reaktion ist dann besonders gut wenn am -C-Atom noch eine elektronenziehende

Gruppe vorhanden ist, die die H-Atome acidifiziert. Hier hat sich die Cyanoethyl-

Gruppe sehr bewährt. Sie wir heute als Schutzgruppe in der Oligonukleotidchemie

angewendet. Ein weiteres Beispiel ist die Trichlorethylester-Schutzgruppe, die

Reduktiv mit Zn entfernt werden kann. Durch -Eliminierung werden auch die

Oximat-Ester abgespalten.

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52

Die Phosphorsäuredi- und Monoester sind wie schon gesagt sehr

hydrolysebeständig. Das st im Fall der DNA sehr wichtig. RNA muss jedoch,

nachdem die Information in ein Protein translatiert wurde abgebaut werden, sonst

würde die Zelle nach der Produktion eines m-RNA Stranges ewig das kodierte

Protein erzeugen. Zum Abbau der DNA durch Enzyme (Ribonukleasen) nutzt man

aus, dass Aktivierungsenergien durch Proximitätseffekte und Ringspannung

(Aktivierungsentropie) stark reduziert werden können. Fünfring enthaltende,

cyclische Phosphorsäurediester werden aufgrund der Spannung im 5-Ring 107 mal

schneller hydrolysiert als die nicht zyklischen Diester. Das entspricht einer

Verringerung der freien Aktivierungsenthalpie G# um 36 kJ/mol. Genau dieses

Prinzip nutzen die Ribonukleasen, die RNA nach dem unten gezeigten Mechanismus

hydrolysieren.

Die intrinsische Stabilität der Mono- und Diester wird durch die 5-Ring

Zwischenstruktur überwunden. Hydrolyse kann so erfolgen.

2.2.2 Kondensierte Phosphate und Synthese von

Phosphorsäureesrtern

Die Synthese von Phosphorsäureester kann mit Hilfe von Dicyclohexylcarbodiimid

(DCC) analog einer Carbonsäureester Synthese erfolgen. Hierzu wird die

Phosphorsäure durch Umsetzung mit DCC aktiviert. Dann erfolgt der Angriff des

Alkohols. DCC erlaubt hauptsächlich Synthese von Diestern aus Monoestern.

OO

O OH

Py

PO

OO

OO

O O

Py

PHO O

P

RO

OR

O O-

H2O

OP

O OH

O

B

BH

OP

O OHOH

OH OP

OOH

OH

HO

Nu

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53

Triester werden nicht gebildet. Hierzu reicht die Aktrivität des DCC nicht aus. Zur

Triestersynthese verwendet man meistens Mesitylensulfonylchlorid oder die

entsprechenden Tetrazolide und Nitrotriazolide. Die Azolid-Anionen haben den

Vorteil, dass sie sehr wenig nukleophil sind. Schon das Cl- bereitet manchmal

Probleme und führt zur Phosphorsäureester Spaltung. Das Mesityle wird auf Grund

der sterischen Abschrimung des S-Zentrum verwendet. So wir der nukleophile Angriff

des Alkoholats auf das P-Atom gefördert.

Viele heute verwendeten Synthesen laufen über den P in der Oxidationsstufe P(III),

also über die Phosphit-Trister. Hier nutzt man die größere Reaktivität der P(III)-

Spezies aus (Vgl. PCl3 versus POCl3). Bahnbrechend war die Entwicklung der

Phosphoramidit-Chemie durch Caruthers und Matteucci (Abbildung A unten).

Hier werden die Diamide der Phosphorigsäure mit Tetrazol umgesetzt. Dabei reicht

die Acidität des Tetrazol aus um das N-Atom im Phosphorigsäureamid zu

protonieren. Erst nach der Protonierung werden die N-Substituenten zu sehr guten

Abgangsgruppen. Man kann also die stabilen Amide einsetzen und so das Arbeiten

mit den Hydrolyseanfälligen Halogenverbindungen vermeiden. Intermediär entstehen

die Tetrazolide der P(III)-Spezies, als Reaktivester. Diese reagieren mit Nukleophilen

wie z.B. Alkoholen z. B. zu den Triestern. Unter bestimmten Umständen

(Stöchiometrie) kann auf der Stufe der Diester die Reaktion gestoppt werden. Die

P

OR

OH

O OR

P

HO

HO

O ORN

C

N

S

O

O

NN

NN

N

C

NH

PO

HO

ROO

P

OR

OR

O NN N

NP

OR

OR

O OR'

NH

C

NHO

P

OR

OR

O O S

O

O

PO

OH

RO OR'

R'-OH

HOR'

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54

Phosphit-triester sind in der Regel auch instabil und werden nach erfolgter Bildung

mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den Phosphat-triestern aufoxidiert.

Basierend auf alten Arbeiten der Todd-Gruppe hat sich in den letzten Jahren auch

die H-Phosphonat Chemie (Abbildung B oben) stark entwickelt. Durch Umsetzung

von PCl3 mit Imidazol und nachfolgender milder Hydrolyse entstehen H-Phosphonate

als Tautomere der Phosphit-Monoester. Diese H-Phosphonate sind im Gegensatz zu

den Phosphit-Monoester relativ stabil. Sie lassen sich durch Umsetzung mit einem

sperrigen Säurechlorid wie Pivaloylsäurechlorid oder Adamantylsäurechlorid in

gemischte Anhydride als aktivierte H-Phosphonate überführen. Diese reagieren dann

mit Alkoholen zu den H-Phosphonat Diestern. Erst ganz am Ende werden auch die

H-Phosphonate durch Umsetzung mit Iod oder tert-Butylhydroperoxid zu den

Phosphorsäurediestern aufoxidiert.

P

N

N OR

TetrazolP

N

N OR

NNN

R'OHP

OR'

N OR

R''OHTetrazol

P

OR'

O ORR'' THF, Et3N

I2, H2OP

OR'

O ORR''O

A

B

PCl3 HN NMilde Hydrolyse

P

O

OHROHROH

O

Cl

P

O

OROH

OR'OH P

O

OR'ROH

AmEnde

P

O

OR'ROHO

iPr2NH

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55

2.2.3 Synthese biologisch wichtiger Phosphat-Monoester

Zur Synthese der Phosphat-Monoester bedient man sich zweier Methoden. Sie sind

aus den Triestern durch Hydrolyse erhältlich. Zur Synthese der Monoester wurde das

Catechol-Phosphorsäurechlorid entwickelt. Es reagiert mit Alkoholen zum Triester,

der dann selektiv zum Monoester aufgrund der hohen Reaktivität des Catechol-

System (phenolisch und cyclisch) hydrolysiert werden kann. Darüberhinaus wurden

Reagenzien entwickelt, die Aufbrund ihres großen Raumbedarfs nur mit primären

Alkoholen zu den Phosphorsäuremonoestern reagieren können. Das ist wichtig, da in

der Natur zumeist die primäre 5‘-Position der Ribose phosphoryliert vorliegt. Die

gebräuchlichsten Reagienzen sind das Bis(2-tert-butylphenyl)phosphorchloridat

(Hydrolyse mit H2O) oder das Bis(2,2,2,-Trichlor-1,1-dimethylethyl)phosphorchloridat

(Hydrolyse mit Zn).

Besonders gut funktionieren auch Methoden, die von Yoshikawa und Sowa-Ouchi

entwickelt wurden. Hierbei wird Phoshorylchlorid in einem Phosphorsäuretriester

Lösungsmittel mit dem Alkohol zur Reaktion gebracht (Yoshikawa). Nachfolgende

HOO

HO OH

Base H2O3POO

HO OH

Base

O

O

PO

Cl

Cl3C

Cl3C

O

O

PO

Cl

ROH

ROH

O

O

PO

Cl

POCl3(RO)3P=O

H2O

O

O

PO

OR

O

O

PO

OR

Zn

H2O

HO

HOP

O

OR

HO

HOP

O

OR

oder AcCN, Pyridin, H2O 80% Ausbeute, >90% Selektivität

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56

Hydrolyse gibt die Monoester. Wichtig hier sind die Reaktionsbedingungen.

Umsetzung von Phosphorylchlord mit dem Alkohol in Acetonitril/Pyridin/H2O (Sowa-

Ouchi) führt ebenfalls in 80%-iger Ausbeute und >90%-iger Selektivität zur Synthese

der Monoester.

2.2.4 Synthese kondensierter Phosphate, Pyrophosphate

Einige Beispiele zeigen wie verbreitet und in der Natur wichtig kondensierte

Phosphate sind. Das ATP ist der wichtigste Energiespeicher in unsere Zellen.

Verbindungen wie das NAD+ oder das FAD sind wichtige Coenzyme, die

entscheidend an der Zellatmung teilnehmen. Die Biosynthese der komplexen Zucker

auf den Oberflächen unserer Zellen geschieht im Wesentlichen mit Hilfe der UDP-

Zucker Vorlaüfer z.B. UDP-Glucose oder UDP-Galaktose. cADP-Ribose ist an der

Regulierung des Calziumhaushaltes wesentlich als second messenger beteiligt.

Die Synthese derartiger Verbindungen im Laboratorium erfolgt über die Aktivierung

der Monoester. So können Monoester mit DCC aktiviert werden.Umsetzung mit

Morpholin oder Diisopropylamin führt zur Bildung der Amadiate, die mit Diphosphaten

OO

HO OH

N

N

N

N

NH2

PO

PO

PO

O O O O O O

OO

HO OH

N

N

N

N

NH2

PO

PO

O O O O

R

ROO

HO OH

N

NH2

O

OO

HO OH

NPO

PO

O O O O

NH

O

O

O

OHHOHO

OHH

O

O

HO OH

N

N

N

N

NH2

POO

O

O

OHHO

P

O

O

ON

N

NH

N O

O

OH

HO OH

ORATP

NAD+ FAD

(OH)

(H)

UDP-Glucose(UDP-Galactose)

cADP-Ribose

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zu den Triphosphaten umgesetzt werden können. Direkte Reaktion der

Monophosphate mit dem Diphenylphosphorchloridat führt nach Hydrolyse zur

Bildung der Diphosphate. Das Intermedär entstehende Diphenyloxy-geschützte

Diphosphate kann mit Phosphat in einer SN2-Reaktion zum Triphosphat umgesetzt

werden.

Wichtig bei der Synthese ist, dass sichergestellt wird, das jedes Phosphatzentrum

am Besten schon in der Synthese eine negative Ladung trägt, weil sonst rasche

Hydrolyse erfolgt. Alle Synthese von kondensierten Phosphaten vermeiden die

Bildung von Triphosphat Zwischenstufen.

Poulter hat z.B. auch die 5‘OH Tosylate direkt mit Diphosphat oder sogar

Triphosphat umgesetzt, was eine direkte Synthese ermöglichte.

OHP

OP

HO

O O O O

TsOO

AcO OAc

Ad

O

AcO OAc

ThyOP

O

O O

O

AcO OAc

AdOP

OP

HO

O O O O

O

AcO OAc

ThyOP

OP

PhO

PhO O O O

O

AcO OAc

ThyOP

O

N O

O

OHP

OP

HO

O O O O O

AcO OAc

ThyOP

OP

O

O O O OP

O

O O

DCC,NH

O

PO

Cl

PhO

PhO

dTTP

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2.2.5 Festphasensynthese

Bei der Festphasensynthese von Oligonukleotiden müssen

Phosphordiesterbindungen zwischen den Nukleosiden eingeführt werden. Hierfür ist

es notwendig, dass eine Hydroxylgruppe des einen Nukleosids mit einer aktivierten

Phosphorspezies des zweiten Nukleosids reagiert. Dabei müssen alle anderen

nukleophilen Positionen mit permanenten Schutzgruppen versehen werden, welche

erst am Ende der Synthese abgespalten werden. Als Standartschutzgruppen

werden meist Benzoyl- bei der 6-Aminogruppe von Adenin, iso-Butyryl- bei der 2-

Aminogruppe von Guanin und Acetyl- bei der 4-Aminogruppe von Cytosin verwendet.

Am Ende der DNA-Synthese werden diese Schutzgruppen mit aq. NH3/Ethanol

entschützt. Phenoxyacetylgruppen (PAC) werden ebenfalls zur Schützung der

exozyklischen Aminogruppen verwendet. Diese können milder abgespalten werden

z.B. mit 0.05 M K2CO3 in Methanol.

N

NN

N

HN

O

OH

HO

NH

N

N

O

NH

NO

OH

HOO

OH

HO N

N

HN

O

O

OO

N

NN

N

HN

O

OH

HO

O

OH

HO N

N

HN

O

OO

O OPAC

Schutzgruppen der Basen bei der DNA-Festphasensynthese

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Für die DNA-Synthese müssen nacheinander die 3’-Hydroxyl- und die 5’-

Hydroxylgruppe mit einer Phosphordiesterbindung verbunden werden. Hierfür ist es

notwendig eine dieser beiden Gruppen mit einer temporären Schutzgruppe zu

versehen, die während jedes Synthesezykulses entfernt wird (analog zu z.B. Fmoc

bei der Peptidsynthese). Heutzutage wird meistens die primäre 5’-OH Gruppe mit der

Dimethoxytritylschutzgruppe (DMT) versehen, welche mittels Säuren nach einem

E1-Mechanismus abgespalten wird. Da Säuren die glykosidische Bindung zwischen

Zucker und Base spalten können, ist es notwendig schwache Säuren zu verwenden.

Typischerweise wird für 20 Sekunden mit 3 % CHCl2COOH in DCM behandelt.

Bei der RNA-Synthese wird zusätzlich noch eine permanente Schutzgruppe auf der

2’-OH Gruppe benötigt. Hierfür werden meist die TBDMS- oder auch die TOM-

Schutzgruppe verwendet, welche beide nach der Oligonukleotidsynthese mit

Fluoriden (TBAF oder HF in NEt3) abgespalten werden.

DMT-Schutzgruppe auf der 5’-OH und TBDMS bzw. TOM auf der 2’-OH Gruppe

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Bei der Festphasensynthese von Oligonukleotiden werden alle oben genannten

Verfahren kombiniert. Unten ist ein DNA-Synthesezyklus abgebildet.

Phosphoramidit Synthesezyklus

- Die temporäre Schutzgruppe (DMT) an 5’-OH wird mit CHCl2COOH entfernt.

- Die neue Base wird, als Phosphoramidit, mit Tetrazol aktiviert und mit der

freien 5’-OH Gruppe gekuppelt.

- Nicht abreagierte, trägergebundenen 5'-Hydroxylgruppen werden mit Ac2O

behandelt, um die Aufreinigung zu vereinfachen.

- Der Phosphor(III) wird mir Iod in Wasser zu Phosphor(V) oxidiert.

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Bei der H-Phosphonat Synthese wird ein sehr ähnlicher Zyklus verwendet. Der

wichtigste Unterschied ist, dass die Oxidation nicht nach jedem Zyklus, sondern nur

einmal am Ende der Oligonukleotidsynthese durchgeführt wird. Da die Oxidation

unter leicht basischen Bedingungen durchgeführt wird, ist es möglich, dass es zur

Spaltung des Diesters kommt. Bei Sonderbasen mit sperrigen Resten kann dies zum

Problem werden, da aus sterischen Gründen eine längere Oxidationszeit benötigt

wird.

H-Phosphonat DNA-Synthese Zyklus