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1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien Hans Niedermüller und Gerhard Hofecker Ganten/Ruckpaul (Hrsg.) gemeinsam mit A. Ruiz-Torres Molekularmedizinische Grundlagen von altersspezifischen Erkrankungen © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004 1.2.1 Altern als zellulärer und/oder systemtheoretischer Prozess .......... 9 1.2.2 Inter- und intraspezifische Unterschiede der Lebenserwartung: Allgemeine Betrachtungen und genetische Studien an Wirbellosen, Säugern und Mensch .... 10 1.2.3 Genetische Determination von Altern oder von lebensverlängernden Strategien ..................... 12 1.2.3.1 Alternsprogramme ................ 13 1.2.3.2 Keimzellgene ................... 13 1.2.3.3 Programm für Langlebigkeit .......... 13 1.2.4 Beteiligung von Genen an altersspezifi- schen Merkmalen und Besonderheiten ... 15 1.2.4.1 Vitagene ...................... 15 1.2.4.2 Genexpression .................. 16 1.2.5 Langlebigkeit („longevity“) als Merkmal .. 16 1.2.6 Genexpression und ihre Regulation während des Alterns ............... 20 1.2.6.1 Genexpression .................. 20 1.2.6.2 Regulation ..................... 20 1.2.7 Von den Genen zu funktionellen Genprodukten während des Alterns ..... 25 1.2.7.1 Transkription ................... 25 1.2.7.2 Translation ..................... 26 1.2.7.3 Proteinsynthese .................. 27 1.2.7.4 Postsynthetische Veränderungen ....... 28 1.2.8 Stress und Altern ................ 29 1.2.8.1 Hitzeschockproteine und Chaperone ..... 29 1.2.8.2 Oxidativer Stress und freie Radikale ..... 31 1.2.9 Modellsysteme in der Untersuchung der molekularen Ursachen der Lebenserwartung .............. 31 1.2.9.1 Die Progerie (HGS) ............... 32 1.2.9.2 Das Werner Syndrom (WS) .......... 32 1.2.9.3 Andere Syndrome ................ 33 1.2.9.3.1 Trichothiodystrophie .............. 33 1.2.9.3.2 Bloom-Syndrom ................. 34 1.2.9.3.3 Fazit ........................ 34 1.2.10 Genom-Stabilität, Mutationen, DNA-Schäden und DNA-Reparatur .............. 35 1.2.10.1 Instabilitäten und Mutationen ........ 35 1.2.10.2 Telomeren ..................... 36 1.2.10.3 Replikative Seneszenz ............. 38 1.2.10.4 Reaktive Sauerstoffspezies ........... 39 1.2.11 Bedeutung von Stammzellen für Alter und Lebenserwartung ....... 41 1.2.12 Kern-Mitochondrien-Interaktionen ..... 43 1.2.13 Wachstumsfaktoren und Signaltransduktion – Signale als molekulare Mechanismen . . . 45 1.2.13.1 Zellteilung und Proliferation ......... 45 1.2.13.2 Signaltransduktion ............... 46 1.2.14 Gene, welche die Proliferation kontrollieren und Alternsprozesse beeinflussen (Zellzyklusgene, an Signaltransduktion und Genregulation beteiligte Gene) ..... 48 1.2.14.1 Saccharomyces cerevisiae ........... 48 1.2.14.2 Drosophila melanogaster ........... 48 1.2.14.3 Mensch ...................... 48 1.2.15 Replikative Kapazität und begrenzte Populationsverdopplung .. 49 1.2.15.1 Hayflick-Zahl und Hayflick-Limit ...... 49 1.2.15.2 Genetische Aspekte ............... 50 1.2.16 Molekulare und genetische Ursachen von Apoptose und Nekrose .......... 51 1.2.16.1 Apoptose ..................... 51 1.2.16.2 Nekrose ...................... 51 1.2.17 Altern und Krebs auf molekularer Ebene ............. 52 1.2.18 Modulation auf molekular-zellulärer Ebene: Molekulare Möglichkeiten der Modulation 54 1.2.18.1 Lyophilisierte Zellen und ihre Wirkungs- mechanismen .................. 54 1.2.18.2 Wirkfaktoren auf molekular-zellulärer Ebene ....................... 55 1.2.18.3 Andere Einflussnahmen ............ 57 1.2.19 Biogerontologie und der Alterungsprozess . 58 1.2.20 Literatur ...................... 59 Inhaltsverzeichnis

1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und ... · WTGW, WT MLP maximale Lebenserwartung, G Gefangenschaft, WT Wachstum, W Wildtiere, a Jahre, m Monate, s Wochen. • vorzeitiges

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1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierungund lebensverlängernde StrategienHans Niedermüller und Gerhard Hofecker

Ganten/Ruckpaul (Hrsg.)gemeinsam mit A. Ruiz-TorresMolekularmedizinische Grundlagenvon altersspezifischen Erkrankungen© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004

1.2.1 Altern als zellulärer und/odersystemtheoretischer Prozess . . . . . . . . . . 9

1.2.2 Inter- und intraspezifische Unterschiededer Lebenserwartung: AllgemeineBetrachtungen und genetische Studienan Wirbellosen, Säugern und Mensch . . . . 10

1.2.3 Genetische Determination von Alternoder von lebensverlängerndenStrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

1.2.3.1 Alternsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . 131.2.3.2 Keimzellgene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131.2.3.3 Programm für Langlebigkeit . . . . . . . . . . 13

1.2.4 Beteiligung von Genen an altersspezifi-schen Merkmalen und Besonderheiten . . . 15

1.2.4.1 Vitagene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.2.4.2 Genexpression . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.2.5 Langlebigkeit („longevity“) als Merkmal . . 16

1.2.6 Genexpression und ihre Regulationwährend des Alterns . . . . . . . . . . . . . . . 20

1.2.6.1 Genexpression . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201.2.6.2 Regulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

1.2.7 Von den Genen zu funktionellenGenprodukten während des Alterns . . . . . 25

1.2.7.1 Transkription . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.2.7.2 Translation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261.2.7.3 Proteinsynthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.2.7.4 Postsynthetische Veränderungen . . . . . . . 28

1.2.8 Stress und Altern . . . . . . . . . . . . . . . . 291.2.8.1 Hitzeschockproteine und Chaperone . . . . . 291.2.8.2 Oxidativer Stress und freie Radikale . . . . . 31

1.2.9 Modellsysteme in der Untersuchungder molekularen Ursachender Lebenserwartung . . . . . . . . . . . . . . 31

1.2.9.1 Die Progerie (HGS) . . . . . . . . . . . . . . . 321.2.9.2 Das Werner Syndrom (WS) . . . . . . . . . . 321.2.9.3 Andere Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . 331.2.9.3.1 Trichothiodystrophie . . . . . . . . . . . . . . 331.2.9.3.2 Bloom-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . 341.2.9.3.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

1.2.10 Genom-Stabilität, Mutationen, DNA-Schädenund DNA-Reparatur . . . . . . . . . . . . . . 35

1.2.10.1 Instabilitäten und Mutationen . . . . . . . . 351.2.10.2 Telomeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361.2.10.3 Replikative Seneszenz . . . . . . . . . . . . . 381.2.10.4 Reaktive Sauerstoffspezies . . . . . . . . . . . 39

1.2.11 Bedeutung von Stammzellenfür Alter und Lebenserwartung . . . . . . . 41

1.2.12 Kern-Mitochondrien-Interaktionen . . . . . 43

1.2.13 Wachstumsfaktoren und Signaltransduktion– Signale als molekulare Mechanismen . . . 45

1.2.13.1 Zellteilung und Proliferation . . . . . . . . . 451.2.13.2 Signaltransduktion . . . . . . . . . . . . . . . 46

1.2.14 Gene, welche die Proliferation kontrollierenund Alternsprozesse beeinflussen(Zellzyklusgene, an Signaltransduktionund Genregulation beteiligte Gene) . . . . . 48

1.2.14.1 Saccharomyces cerevisiae . . . . . . . . . . . 481.2.14.2 Drosophila melanogaster . . . . . . . . . . . 481.2.14.3 Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

1.2.15 Replikative Kapazitätund begrenzte Populationsverdopplung . . 49

1.2.15.1 Hayflick-Zahl und Hayflick-Limit . . . . . . 491.2.15.2 Genetische Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . 50

1.2.16 Molekulare und genetische Ursachenvon Apoptose und Nekrose . . . . . . . . . . 51

1.2.16.1 Apoptose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 511.2.16.2 Nekrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

1.2.17 Altern und Krebsauf molekularer Ebene . . . . . . . . . . . . . 52

1.2.18 Modulation auf molekular-zellulärer Ebene:Molekulare Möglichkeiten der Modulation 54

1.2.18.1 Lyophilisierte Zellen und ihre Wirkungs-mechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

1.2.18.2 Wirkfaktoren auf molekular-zellulärerEbene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

1.2.18.3 Andere Einflussnahmen . . . . . . . . . . . . 57

1.2.19 Biogerontologie und der Alterungsprozess . 58

1.2.20 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Inhaltsverzeichnis

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1.2.1 Altern als zellulärer und/odersystemtheoretischer Prozess

Altern ist ein grundlegender physiologischer Pro-zess, der ausnahmslos in allen arbeitsteiligen mul-tizellulären Organismen auftritt. In dieser Arbeitwerden wir uns beim Begriff „Spezies“ besondersauf Mammalia beziehen – auf Abweichungen wirdhingewiesen. Aus medizinisch-biologischer Sichtumfasst der Begriff „Altern“ die regressive Phasedes stetigen Wandels von Struktur und Funktion,den Bürger (1947) als Biomorphose bezeichnete(Abb. 1.2.1).

Ganz allgemein können wir das Altern auch alsAnhäufung von ungünstigen und nachteiligen Än-derungen charakterisieren, welche das Todesrisikoerhöhen. Betrachtet man die altersabhängigen Ver-änderungen physiologischer Parameter des Men-schen, so stellt man fest, dass nach einer Phase ra-schen Zuwachses an funktioneller Kapazität einprogressiver Abbau funktioneller Fähigkeiten er-folgt. Die Rückbildungsphase der Biomorphosewird allgemein als Altern im engeren Sinne oderSeneszenz bezeichnet.

Wenn wir vom Altern sprechen, interessiert unsin erster Linie das Altern des Gesamtorganismus –aus praktischem Interesse das des Menschen undverschiedener Haustiere, im Rahmen der Grund-lagenforschung das von Versuchstieren.

Die Biomorphose physiologischer Funktionenverläuft bei allen Säugetieren in weitgehend analo-ger Weise, sodass die an Säugetieren gewonnenentierexperimentellen Befunde auch Schlüsse auf Ge-setzmäßigkeiten der Biomorphose anderer Speziesdieser Klasse erlauben.

Wenn auch das Altern ein komplexer biologi-scher Prozess ist, der auf den physiologischen Ebe-nen erst Erklärungsmöglichkeiten für die dabeiauftretenden Veränderungen des Organismus lie-fert, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass aufmolekularer und zellulärer Ebene Vorgänge ablau-fen, die grundlegend auch für das organische Al-tern sind.

Zwar hat Rosen (1975) überzeugend nachgewie-sen, dass Organismen auch dann altern, wenn dieZellen selbst keine Alterung zeigten, also ihre opti-male Funktion unabhängig von der Zeit immererfüllten, doch gelänge es den Zellen trotzdem nurdann, das Altern des Organismus zu verhindern,wenn sie in der Lage wären, immer von neuem dieInteraktionen zwischen ihnen so zu justieren, dassdie Funktion der übergeordneten Ebene (Organe)auf optimalem Niveau aufrecht erhalten werdenkann. Diese Eigenschaften von Zellen konnten bisjetzt nur in eingeschränktem Maße beobachtet wer-den. Ein beträchtlicher Teil neuerer experimentell-gerontologischer Untersuchungen befasst sich mitaltersabhängigen Veränderungen im molekular-zel-lulären Bereich, wobei Veränderungen der Nukleo-proteine und Fehler der Proteinsynthese die wich-tigsten Arbeitshypothesen über das Altern darstel-len. Stabilität, Verfügbarkeit und fehlerfreier Flussgenetischer Information sind grundlegende Bedin-gungen für die Erhaltung von Struktur und Funk-tion. Es liegt nahe, in diesem Bereich fundamentaleAlternsprozesse zu vermuten (Abb. 1.2.2).

Es erschöpft sich also, auch in sehr alten Orga-nismen, individuell kein Gewebe, Organ oder Sys-tem funktionell, es sind also ihre kombinierte Tä-tigkeit, Wechselwirkung und Interdependenz, diedas Überleben als Ganzes bestimmen (Abb. 1.2.3).

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 9

Abb. 1.2.1. Biomorphose und Vitalität. Das biologische Al-ter und damit die Veränderung von Struktur und Funktion(Biomorphose) spiegelt sich in einem Parameter, den manVitalität nennt und der die Änderungen der Gesamtkapazität

angibt. Diese steigt während der Entwicklung bis zu einemMaximum, um dann bis zum Tod auf Null abzusinken. Wirddie Abszisse normiert, ergeben sich ähnliche Kurven für alleSäugetierspezies und für viele andere Vertebraten

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Der erwachsene Organismus wird in erster Liniedurch mindestens zehn Mechanismen in einemfunktionalen Zustand erhalten, welche zusammeneinen substanziellen Anteil aller biologischen Pro-zesse darstellen. Schließlich versagen diese Erhal-tungsmechanismen – vielleicht weil der physiolo-gisch-anatomische Entwurf mit einem ewigen Le-ben unvereinbar ist. Weiter ist einsichtig, dass alleMechanismen in quantitativ und qualitativ ver-schiedener Weise zur Erhaltung beitragen, sinddoch alle an der Bewahrung der Homöostase be-teiligt.

1.2.2 Inter- und intraspezifische Unterschiededer Lebenserwartung: AllgemeineBetrachtungen und genetische Studienan Wirbellosen, Säugern und Mensch

Die maximale Lebenserwartung (MLP oder MLSP,„maximum life span potential“) jeder Spezieshängt von der Wirksamkeit der Erhaltung von Zel-len und Geweben ab und es ist einsichtig, dassdiese Erhaltung in langlebigen Arten wirksamerist. Weiter ist offensichtlich, dass eine umgekehrteBeziehung zwischen Reproduktionspotenzial undMLP besteht: die verfügbaren metabolisch-energe-tischen Mittel müssen zwischen dem Einsatz inFortpflanzung und in Erhaltung des erwachsenenSomas aufgeteilt werden.

Gerontologen haben in dieser Hinsicht immerauf die vorhandenen Modelle der Genetiker und

10 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.2. Hierarchie der Alternsprozesse. In der linken Spal-te ist die organische Ebene dargestellt, auf der Alternsprozesseauftreten, in der mittleren deren Manifestation und in derrechten Spalte die messbaren Kenngrößen. Altern taucht zu-

erst auf der molekularen Ebene auf, ist das Resultat zufälligerProzesse und auch eines genetischen Plans, setzt sich auf allenOrganisationsebenen fort und führt schließlich zum Tod. Ge-gen den Alternsprozess arbeiten Langlebigkeitsstrategien

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Immunologen zurückgegriffen. Diese Arten unter-scheiden sich in Bezug auf ihre Lebenserwartung,aber auch in Bezug auf morphologische und funk-tionale Eigenarten. Dabei sind eine Fülle von Da-ten für folgende Arten vorhanden: Hefen, anderePilze (Podospora, Neurospora), Protozoen (Amoeba,

Ciliaten: Tetrahymena pyriformis, Paramecium),Algen (Volvox carteri), Rädertierchen (Rotifer vul-garis), Nemathelminthes (Fadenwürmer: Caeno-rhabditis elegans), Insekten (Frucht- und andereFliegen: Drosophila melanogaster, Musca domesti-ca), die Mäusestämme und Menschen. Die unter-schiedliche genetische Ausstattung bedingt eineunterschiedliche MLP und ist auf die spezifischeSelektion zurückzuführen (Tabelle 1.2.1, 1.2.2).

Der Umfang und die Vielfalt der Erscheinungen,auf die wir bei der Betrachtung des alternden Phä-notyps treffen, zeigen Folgendes: Altern läuft inverschiedenen Arten unterschiedlich ab, ebenso inverschiedenen Individuen innerhalb einer Art undin verschiedenen Organen, Systemen und Gewebeninnerhalb eines Individuums (Abb. 1.2.4), weiterin verschiedenen Zellen innerhalb eines Organs, inverschiedenen Organellen und auch Makromolekü-len innerhalb einer Zelle. Es gibt vier Kennzeichenfür die Beschreibung und den Vergleich der Al-ternsgeschwindigkeit in verschiedenen Arten:• die MLP,• die mittlere (durchschnittliche) Lebenserwartung

(LE) (50% Überlebende einer Kohorte, d. h. einerinnerhalb eines bestimmten Zeitraums gebore-nen Population),

• die initiale Mortalitätsrate (IMR, bestimmtdurch die Hauptursache für den Tod im frühenLeben) und

• die Verdopplungszeit der Mortalitätsrate(MRDT, „mortality rate doubling time“, welchedie Beschleunigung der Mortalität ausdrückt).

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 11

Abb. 1.2.3. Normaler und entarteter Informationsweg. Ent-artete Wege führen zu verschiedenartigen Schäden. In nor-malen Zellen werden die selten auftretenden Schäden durchReparaturmechanismen auf niedrigem Niveau gehalten (di-cke Pfeile). Bei deren Zusammenbruch kommt es zu abnor-malen Wegen (dünne Pfeile)

Tabelle 1.2.1. Maximale Lebenserwartung von Invertebraten

Gattung Art MLP Wo ermittelt?

Schwämme Suberites carnosus 15 a GNesseltiere Cereus pedunculatus 85–95 a GPlattwürmer Taniarhynchus saginatus > 35 a KSchlauchwürmer

Fadenwürmer (Nematoda) Wucheriea bancrofti 17 a KRädertierchen (Rotifera) Callidina 15 m G

RingelwürmerVielborster Sabella pavonina > 10 a G

GliederfüßlerSpinnentiere Filistata insidiatrix 11 a GKrustentiere Astacus 15–25 a xxx

InsektenFliegen Drosophila melanogaster 9 s GTermiten Neotermes castaneus > 25 a wHautflügler Lasius niger > 19 a G

Stachelhäuter Seeigel (Echinus esculentus) > 8 a wWeichtiere

Schnecken (Gastropoda) Patella vulgata 15 a W, WTMuscheln (Bivalvia) Margaritana margaritifera 70–80 a W, WT

MLP maximale Lebenserwartung, G Gefangenschaft, K Kohortenstudien, WT Wachstum, W Wildtiere, a Jahre, m Monate,s Wochen.

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Die MLP und MRDT sind spezifisch für die Arten,da sie die größten Unterschiede zwischen diesenaufweisen (1 : 40). Dies zeigt, dass diese Kennzei-chen durch eine signifikante genetische Kompo-nente bestimmt werden, wie es Finch (1990) aufmehreren hundert Seiten ausgeführt hat.

1.2.3 Genetische Determination von Alternoder von lebensverlängerndenStrategien

Immer noch besteht eine kontroverse Diskussiondarüber, ob das Altern in der Evolution selektiertwurde und von einem oder mehreren Genen ein

kontrollierter Alternsprozess determiniert wirdoder ob die oben erwähnten lebenserhaltendenStrategien selektiert wurden, d. h. die für diese ko-dierenden Gene, die dann für die jeweilige MLPrelevant wurden. Die meisten Daten stützen jedocheinen stochastischen Alternsprozess, dem von le-bensverlängernden Strategien entgegengearbeitetwird. Selektiert wird für reproduktiven Erfolg, waskeinen Spielraum für die Selektion von Altern undTod lässt. Evolutionäre Kräfte arbeiten nur für Le-bensprozesse.

Dafür, dass Altern doch einen genetischen Be-zug aufweist, sprechen verschiedene Beobachtun-gen:• die praktische Grenze der MLP innerhalb einer

Art,• Zwillingsuntersuchungen und Erbkomponenten,

12 H. Niedermüller und G. Hofecker

Tabelle 1.2.2. Maximale Lebenserwartung von Vertebraten

Gattung Art MLP Wo ermittelt?

Primaten Rhesusaffe 45 a GGorilla 54 a GHomo sapiens (Mensch) 122 a G

Raubtiere Katze 28 a GHund 34 a GBraunbär 47 a G

Huftiere Schaf 20 a GSchwein 27 a GPferd 46 a GIndischer Elefant 70 a G

Nager Hausmaus 3 a GHausratte 5 a GEichhörnchen 24 a GStachelschwein 27 a G

Fledermäuse Vampirfledermaus 20 a GIndische Fruchtfledermaus 31 a W

Vögel Ringeltaube 35 a GMöwe 44 a GSteinadler 46 a GEule 68 a G

Reptilien Anakonda 29 a GSchnappschildkröte >58 a GAlligator 52 a GGalapagos-Schildkröte <100 a WT

Amphibien Afrikanische Klauenkröte 15 a WGemeine Kröte 36 a WJapanischer Molch 25 a GOchsenfrosch 16 a W

Fische KabeljauHechtHeilbuttGuppyStör

>20 a>40 a>60 a6 a>80 a

W,WTW,WTW,WTGW,WT

MLP maximale Lebenserwartung, G Gefangenschaft, WT Wachstum, W Wildtiere, a Jahre, m Monate, s Wochen.

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• vorzeitiges Altern von Mutanten und• genetische Marker für außerordentliche MLP.

Wie beide Ansichten zu vereinen sind, soll spä-ter weiter ausgeführt werden.

Die genetische Basis der Lebenserwartung versuchtKirkwood (1985, 1991) anhand von drei Theorienzu erklären. Diese hat er nach neuesten Unter-suchungen erst kürzlich überarbeitet und zusam-mengefasst (Kirkwood u. Austad 2000) und aus-führlich in einem Gemeinschaftswerk (Finch u.Kirkwood 2000) und in seinen letzten Büchern„Aging Vulnerability: Causes and Interventions“,„Atlas“ und „The End of Age“ (Kirkwood 2001)dargestellt. Im Folgenden werden die betreffendenBereiche kurz umrissen.

1.2.3.1 Alternsprogramme

Viele Beobachtungen weisen auf eine weite Verbrei-tung von Alternsprogrammen hin. So korreliert dieLänge der Reifungsphase mit der Länge der Phaseder Seneszenz, sodass ähnlich programmierte gene-tische Prozesse beides kontrollieren könnten (Russel

1978); viele Hormone haben einen Einfluss auf bei-de Phasen (Everitt u. Meites 1989, Regelson 1983,Gresik et al. 1986, Pierpaoli et al. 1991).

Solche Änderungen bei der Aufrechterhaltungder Homöostase im Endokrinium oder Nervensys-tem können entweder programmiert sein oder auf-grund eines Verlusts der Transkriptionskontrolleauftreten, was zur Programmtheorie des Alternsführte.

Dagegen spricht, dass Wildtiere nicht lang ge-nug leben und daher die natürliche Selektion nureine sehr begrenzte Gelegenheit hat, einen direktenEinfluss auf den Alternsprozess auszuüben. Jedeshypothetische das Altern beschleunigende Gen wä-re unvorteilhaft für das Individuum. Mit steigen-dem Alter tritt eine progressive Schwächung derSelektionskraft auf. Diese ist zu schwach, um dieAnhäufung von Keimzellmutationen mit spät auf-tretenden schädlichen Effekten zu verhindern. Me-dawar (1952) spricht vom „Selektionsschatten“.Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass Alternper se selektiert wurde.

1.2.3.2 Keimzellgene

Gene in Keimzellen können Mutationen enthalten,die zwar für die Reproduktion vorteilhaft sind, je-doch später schädliche Wirkungen zeigen; wennsolche in Regionen auftreten, die für Proteine ko-dieren, bei denen die Selektion nicht so streng ist,führt diese später zu Schäden und Seneszenz (Wil-liams 1957), was zur Theorie der pleiotropen Geneführte.

Eine kleine günstige Wirkung früh im Lebenkann eine später schädliche überwiegen. Dies führtzu den nachstehend erläuterten Überlegungen.

1.2.3.3 Programm für Langlebigkeit

Am wahrscheinlichsten ist, dass die Lebenserwar-tung als Folge eines Tauschhandels („trade-off“)zwischen früher Fruchtbarkeit und spätem Überle-ben bestimmt wird. Die beste Anlage in die Erhal-tung des Somas liegt immer unter der hypotheti-schen Schwelle, die für Unsterblichkeit notwendigwäre. Aus diesen Überlegungen ist die Theorie desverfügbaren (disponiblen) Somas entstanden(Kirkwood 2000), welche die zentrale Rolle desEnergiestoffwechsels und der Funktionen zur Er-haltung des Somas bei der Festlegung der MLPvorhersagt (Abb. 1.2.5).

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 13

Abb. 1.2.4. Abnahme an Substanz und Funktion. Die Balkengeben die Prozent erhaltener Funktion im 80. Lebensjahr inBezug auf das 30. Lebensjahr (= 100%) an. HG Hirngewicht,KG Körpergewicht, GU Grundumsatz, GKW Gesamtkörper-wasser, ZZ zerebrale Zirkulation, GZM Gesamtzellmasse, DLDauerleistung, HI Herzindex, GF glomeruläre Filtrationsrate,FPN Fasern in peripheren Nerven, HFmax maximale Herz-frequenz, VK Vitalkapazität, HMK Handmuskelkraft, AGAtemgrenzwert, RPF renaler Plasmafluss, ES Expirations-stoß, maxO2 maximale Sauerstoffaufnahme, KFL Kompressi-onsfestigkeit Lendenwirbel, vpH-Reg Geschwindigkeit derpH-Regulation, TIP Thymushormone im Plasma

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Es käme also zu einer optimalen Zuteilung derStoffwechselressourcen zwischen der Erhaltung desSomas und der Reproduktion. Eine wirksame Er-haltung des Somas ist nur notwendig, um einenfehlerfreien physiologischen Zustand so lange auf-recht zu erhalten, bis eine vernünftige Aussicht fürdas Überleben in der Wildnis besteht. Da wir wis-sen, dass nur ein minimaler Bruchteil der Indivi-duen ein höheres Alter erreicht, ist einzusehen,dass ein weiteres Zuteilen der Energieressourcenin somatische Erhaltungsprozesse nichts zur Selek-tion beiträgt. Dies legt nahe, dass Individuen mehrEnergie zur Aufrechterhaltung der Homöostase,Thermogenese (Berry u. Bronson 1992) und Re-produktion einsetzen, obwohl dadurch späterSchäden auftreten, die unter anderem zur Senes-zenz führen können.

Allgemein gilt, dass die MLP des Wildtyps nied-rig ist, wenn das Niveau der exogenen Mortalitäthoch ist – mit all den oben erwähnten Folgen, wassich auch auf die MLP derselben Spezies ingeschützter Umgebung auswirkt. Daher erklärtsich die unterschiedliche MLP der Mammalia, wo-bei die in der Wildnis besonders geschützten Ar-ten (gepanzerte, fliegende und große Tiere, aberbesonders der Mensch) eine sehr hohe MLP auf-weisen. Der Mensch hat ein extrem leistungsfähi-ges Gehirn, was eine bessere Arterhaltung ermög-licht, besonders in Hinblick auf die Aufzucht derNachkommen, und zwar auch durch die vorvor-

hergehende Generation, also die Großeltern (Haw-kes et al. 1998). Ein weiterer Selektionsvorteil inBezug auf die MLP ist das Lernen (Niedermülleru. Hofecker 1994).

Viele weitere Untersuchungen an verschiedenenArten, auf die hier nur kursorisch eingegangenwerden kann, bestätigen die Überlegungen dieserevolutionären Alternstheorie (Klass u. Hirsh 1976,Masoro 1998, Walford u. Spindler 1997, Shanley u.Kirkwood 2000, Partridge et al. 1999, Buck et al.2000, van Voorheis u. Ward 1999, Walker et al.2000, Finch 1990).

Der Schluss, den wir aus all diesen Unter-suchungen und Befunden ziehen können, ist, dassverschiedenartigste Gene die MLP bestimmen, wo-bei sie aber nicht den Alternsprozess per se beein-flussen, denn nichts weist auf ihre Selektion hin.Altern ist also nicht programmiert, sondern ent-steht weitgehend aus der Anhäufung somatischerSchäden, da begrenzte Energie in die Erhaltungund Reparatur des Somas angelegt wird. Darüberhinaus existieren schädliche und pleiotrope Gene,welche in höherem Alter eine ungünstige Gen-expression verursachen. Welche Gene an der Be-stimmung der MLP beteiligt sind, soll im Folgen-den diskutiert werden.

14 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.5. Theorie des disponiblen Somas. Die Kurve zeigtdas Verhältnis zwischen dem Einsatz metabolischer Ressour-cen und Darwin-Tauglichkeit. Die notwendigen Ressourcenfür unendliche Lebenserwartung, ohne Altern, würden dieTauglichkeit immer unter den optimalen Wert reduzieren.

Um maximale Tauglichkeit zu erreichen, resultiert der opti-male Aufwand zur Erhaltung in endlicher Lebenserwartung.Der für unendliche Lebenserwartung benötigte Aufwand, d.h. Unsterblichkeit, würde immer die Tauglichkeit reduzieren(Kirkwood 1985, Kirkwood u. Austad 2000)

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1.2.4 Beteiligung von Genen an altersspezifi-schen Merkmalen und Besonderheiten

Die Untersuchung altersspezifischer Merkmalekann Schutz- und Risikofaktoren identifizieren. Soist die Identifikation von Genen, die am erfolgrei-chen Altern beteiligt sind, ein wichtiger Beitrag zugenetisch-epidemiologischen Studien des Alterns.Untersucht werden folgende Merkmale:

das Überleben;das erweiterte Überleben (es können z. B. Risi-

kofaktoren gegen ein anderes Risiko schützen),wobei MLP, aktive Lebenserwartung und Gesund-heitserwartung, das verzögerte oder beschleunigteRisiko für Multimorbidität und unerkannte alters-bezogene Pathologien eine Rolle spielen;

die Geschwindigkeit von Altersveränderungen(diese werden von genetischen Faktoren bestimmt,die eben nicht nur physiologische Funktionen zueinem bestimmten Zeitpunkt bestimmen);

die genetischen Polymorphismen dieser Merk-male (Gene für die Selektion erhöhter MLP oderin denen die allelische Variation mit der MLP ver-bunden ist – s. Tabelle 1.2.5, 1.2.6);

die Gene, die progeroide Syndrome verursachen,und

die Gene, die quantitative Merkmale beeinflus-sen, deren Niveau Mortalitätsraten aus vielfältigenUrsachen vorhersagen kann.

1.2.4.1 Vitagene

Durch Selektion wird ein effizientes Vitagennetz-werk aufgebaut, um die Erfüllung des Lebens-zwecks zu garantieren: die Fortpflanzung und denFortbestand der Generationen. Die Suche nach Ge-nen, welche den Alternsprozess programmierensollten – Gerontogene – ist also obsolet. Auchwenn bei manchen Arten solche Gene zu existie-ren scheinen (age1 bei C. elegans usw.) kann sichder Begriff Gerontogene nur auf die funktionaleUmwandlung des Vitagennetzwerks beziehen, her-vorgerufen durch die dauernde Anhäufung von zu-fälligen Schäden, also einen veränderten Zustandder Vitagene; d. h. Gerontogene existieren nur vir-tuell.

Auf den verschiedenen Ebenen der multizellulä-ren Organisation finden sich eine Fülle von Genen:a) auf molekularer Ebene: Erhaltung und Repara-

tur des Genoms, Genauigkeit der Informations-übertragung, Umsatz von Makromolekülen,

Synthese von Stressproteinen, Zerstörung freierRadikale („reactive oxygen species“, ROS);

b) auf zellulärer Ebene: Aufrechterhaltung desDifferenzierungszustands, Regulation derStoffwechselprozesse und der Zellteilung, Auf-rechterhaltung der Homöostase, der Stabilitätdes zellulären Milieus (pH, Ionen, Moleküle,Viskosität), der Stabilität der Membranen;

c) auf der Gewebs- und Organebene: Neutralisati-on und Entfernung toxischer Moleküle, Gewe-beregeneration und Wundheilung, Zelltod und-ersatz und

d) auf physiologischer Ebene: neuronale, humora-le, Immun- und Stressantwort, Thermoregula-tion.

Es ist unseres Erachtens jedoch sinnlos, von genau10 oder 27 oder 131 Genen zu sprechen, wennman bedenkt, dass ein Gen mehrere Strategienoder mehrere Gene zusammen eine Strategie ko-dieren können. Darüber hinaus müssen die ver-schiedenen Leseraster, das „Silencing“ (Verstum-men der transkriptionalen Aktivität durch ein be-stimmtes Sequenzmotiv), und alle regulatorischenWechselwirkungen von der Replikation bis überdie Translation hinaus, berücksichtigt werden,denn jedes trägt in verschiedenem Ausmaß zurKodierung lebensverlängernder Strategien bei.

Uns werden nur die Ebenen a) und b) interes-sieren, die beiden anderen werden nur dannberücksichtigt, wenn molekular-zelluläre Prozessebetroffen sind.

Etwa ein Viertel der Mammaliagene sind konsti-tutive Gene („housekeeping genes“), die ohne wei-tere Regulation allein aufgrund der Wechselwir-kungen zwischen RNA-Polymerase und Promotorexprimiert werden. Sie kodieren oft für Funktio-nen, die in allen Zellen gebraucht und deshalbüberall exprimiert werden. Alle übrigen sind ge-websspezifisch und induzierbar (Antequera u. Bird1993). Deutliche Altersveränderungen sind nur ininduzierbaren Genen bzw. in deren Genexpressionzu finden. Im Gegensatz zur Entwicklung als pro-grammiertem und gut koordiniertem Prozess istAltern, wie oben ausgeführt, eine stochastischeund nichtdeterministische Erscheinung. Die Gene,welche die MLP bestimmen, wurden in Überein-stimmung mit der Lebensgeschichte einer Art se-lektiert, um die essenzielle Lebenserwartung zu si-chern, also die optimale Zeit, die für erfolgreicheReproduktion notwendig ist. Diese Gene – zuerstvon Cutler (1973, 1985) als „longevity determinantgenes“ (LDG) oder „anti-aging genes“ bezeichnet– werden Langlebigkeit sichernde Gene („longevity

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assurance genes“ (Jazwinski 1996, D’Mello et al.1994) oder heute einfacher Vitagene genannt (Rat-tan 1998 a, b, 2001).

Wir können uns die Vitagene in ein Netzwerkorganisiert vorstellen, zu dem verschiedene Syste-me gehören: die DNA-Reparatur, das Immunsys-tem, die Signaltransduktionselemente, antioxidati-ve Prozesse, Informationsweitergabe, Stressabwehr,Wundheilung usw. Obwohl es nach den bisherigenAusführungen nicht sinnvoll erscheint, von „Ge-rontogenen“ zu sprechen, also von Genen, welcheden Alternsprozess per se beeinflussen, ist es viel-leicht angebracht, in heuristischem Sinn diesenTerminus zu verwenden, um genabhängige bioche-mische Prozesse zu beschreiben, die mit dem Al-tern zu tun haben (Rattan 1995 a). Denn spät wir-kende frühe Mutationen und die schon erwähnteantagonistische Pleiotropie von Genen, welche fürgünstige Wirkungen in der frühen Entwicklung se-lektiert wurden und später – nach der Reprodukti-onsphase – schädliche Auswirkungen zeigen, um-fassen ein Repertoire von Genen, deren mutierteAllele den Alternsprozess beschleunigen oder ver-langsamen können (Miller 1999). Doch auch diesesind im eigentlichen Sinn Vitagene.

1.2.4.2 Genexpression

Besonders interessant ist, dass die Expression derVitagene in verschiedenen Arten völlig unähnlichist; aber auch innerhalb einer Art werden verschie-dene metabolische Wege kodiert. Besonders einge-hende Untersuchungen der Hefealternsgenetik hatJazwinski (1998, 1999) durchgeführt und einigeGene und ihre Produkte identifiziert, wie die lag1-und lag2-Gene, welche für eine Transmembran-domäne kodieren, die Signalwege bestimmendenras1 und ras2, welche den Inositphospholipid-umsatz stimulieren und am MAP-Kinase-Weg be-teiligt sind (Abb. 1.2.6), und den sir-Komplex, deraus vier Loci besteht, die eine transkriptionelleStilllegung von Telomeren (Abb. 1.2.7) und HM-(„haploid mating“-)Loci bewirken (Sinclair et al.1997). Im Caenorhabditis (C.) elegans sind die bis-her identifizierten Gene an der Signaltransduktionbeteiligt (Abb. 1.2.8), das age1 reguliert die Phos-phatidylinosit-3-Kinase (PI3K), die Gene daf2 unddaf16 kodieren für ein insulinrezeptorartiges Pro-tein bzw. eine Familie von Transkriptionsfaktorenund das trk1 ist am Aufbau des Tyrosinkinase-rezeptors 1 beteiligt (Morris et al. 1996, Kimura etal. 1997, Lin et al. 1997, Murakami u. Johnson1998). In der Drosophila (D.) melanogaster ist das

Methusalem-Gen mth ebenso mit erhöhter MLPund Widerstand gegenüber Stress verknüpft, wobeies eine Homologie gegenüber G-Protein-gekoppel-ten Rezeptoren aufweist (Lin et al. 1998). Das klot-ho-Gen der Maus, eine membranständige Protein-�-Glukosidase (Kuro-o et al. 1997), und dasmenschliche Werner-Syndrom-Gen wrn, eine DNA-Helikase (Yu et al. 1996), verursachen neben vor-zeitigem Altern eine Vielzahl an Krankheiten.

Weiter wurden bei der Maus MHC-Regionen alsmögliche Gerontogene identifiziert (Gelman et al.1988) und beim Menschen bestimmte Allele desHLA-Locus, der Apolipoproteine und des Angioten-sinkonvertierungsenzyms (ACE) mit seiner hohenLebenserwartung in Verbindung gebracht (Schäch-ter et al. 1994, Jian-Gang et al. 1998). Es gibt auchwichtige Hinweise darauf, dass DNA-Reparatur-Ge-ne, wie die ercc-(„excision repair“)-Gene in Mäusenund Ratten, mit dem Altern verändert werden (vanDuin et al. 1988, Louda u. Niedermüller 1994).

Weitere mögliche Vitagene sind die clk-(„clock“)-Gene, die bisher nur in C. elegans identi-fiziert wurden. Sie werden mit dem Zeitmanage-ment des Zellzyklus in Verbindung gebracht (La-kowski u. Hekimi 1996), was natürlich auch diemeisten anderen an der Regulation des Zyklus be-teiligten Gene zu Kandidaten macht, besonders diep53- und rb-Gene (Pipkin et al. 1997, Chang et al.1999, Hsieh et al. 2000) und die damit verbunde-nen cyclinabhängigen Kinaseinhibitorgene, wiep16 und p21waf1/cip1 (Stein et al. 1999, Chang et al.2000, Dulic et al. 2000, Medcalf et al. 1996, Pantojau. Serrano 1999) in Mammalia. Schließlich ist auchdas jüngst in C. elegans entdeckte age2-Gen vonInteresse (Yang u. Wilson 1999).

Abschließend können wir bemerken, dass prin-zipiell alle Gene des Genoms als Vitagene in Fragekommen, jedoch nur ein Bruchteil von ihnen undbesonders solche, die den induzierbaren angehö-ren, eine wirklich bedeutende Langlebigkeits- undMLP bestimmende Wirkung als Vitagene ausüben.

1.2.5 Langlebigkeit („longevity“) als Merkmal

Die MLP ist leicht zu messen. Die Lebenserwar-tung ist einfach das Alter zum Todeszeitpunktoder als anspruchsvolleres Maß das integrierteMortalitätsrisiko, abgeleitet aus der Summe jähr-licher Risiken bis zum Tod. Doch wenn wir die Le-benserwartung als kontinuierliche Variable (Abb.1.2.9) betrachten, begegnen wir praktischen He-

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Abb. 1.2.6. Ras-MAP-Signalweg. Dieses vereinfachte Schemazeigt die Phosphorylierungsaktivierung einiger Genprodukteüber eine MAP-Kinase-Kaskade ausgehend von Ras (undvon der C-Kinase). „Strahlende“ Proteinenden stellen akti-

vierte Proteine dar. Elk Transkriptionsfaktor, Jun Genpro-dukt des Onkogens jun, MAP mitogenaktiviertes Protein,SRF Serum-Response-Faktor

Abb. 1.2.7. Telomeren. Chromosomen enthalten an den Enden Verlängerun-gen, die aus repetitiven Sequenzen bestehen. Diese Telomeren werden bei jederZellteilung in kleinen Portionen verkürzt, bis bei gealterten Zellen fast keineSequenzen mehr vorhanden sind. Bei Keim- und Krebszellen und bei transfor-mierten Zellen („Unsterblichkeit“) werden sie immer wieder durch das EnzymTelomerase nachsynthetisiert und bleiben daher erhalten

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Abb. 1.2.8. Caenorhabditis elegans (Rundwurm).Links ist der Wildtyp gezeigt, rechts die Mutante,die eine erhöhte Lebenserwartung aufweist. Links:Das reproduktive und sensorische System desWurms sendet Signale aus, welche die Aktivität vonFaktoren verändern, die wiederum – wenigstens –den DAF2-Rezeptor stimulieren. Solche Faktoren be-einflussen die MLP. Rechts: Mutanten leben längerals der Wildtyp, wenn ihre sensorischen Nervenzerstört werden, der Rezeptor genetisch inaktiviertwird oder einzelne reproduktive Zellen verletzt wer-den

Abb. 1.2.9. Überlebenskurven. Zufall: stochastischerZerfall von Dingen oder Tod von Organismen, wie z. B.Wildtierpopulationen, Verlauf nach einer (manchmalmehrerer) abfallenden Exponentiale; Mexiko 1930:durch hohe Kindersterblichkeit zuerst exponentialerAbfall, dann leichte Abweichung, jedoch immer hoheMortalitätsrate; über USA 1900 und Schweden 1960nähert sich die Kurve dem erwünschten Ziel einesRechtecks an, also maximale Abweichung von Sto-chastik dank stark wirksamer, meist molekularerund zellulärer Langlebigkeitsstrategien. Die MLPblieb mit ≥100 Jahren immer gleich

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rausforderungen bei genetisch-epidemiologischenStudien: So ist es schwierig, DNA von Individuenzu gewinnen, bis man das Merkmal (ihr Alterbeim Tod) kennt. Ein Ausweg ist, ihre Genotypi-sierung aus der Verwandtschaft zu gewinnen. All-gemein wird oft die Lebenserwartung als zweige-teiltes Merkmal definiert und DNA von Personengewonnen, deren Alter über dem Schnittpunktliegt.

Es geht hier darum, geeignete Kriterien für dieBestimmung des Alters zu finden, die molekular-genetische Untersuchungen der Altersmechanis-men erlauben. Unsere eigene Arbeitsgruppe hatParameter als Altersparameter oder Biomarker da-nach definiert, wie hoch deren Veränderung mitdem chronologischen Alter korreliert und wiestark die Veränderung selbst ist; beides trägt in ei-nem Faktorenmodell zur Gewichtung (Hofecker etal. 1980) (Abb. 1.2.10) bei. Arking (1998) zählt ei-ne Reihe von Kriterien auf, denen ein Biomarkergehorchen muss, darunter folgende:• Die Änderungsgeschwindigkeit eines Biomar-

kers sollte die des Alterns reflektieren;

• Der Biomarker sollte einen grundlegenden undwichtigen Prozess darstellen und verfolgen, wiez. B. die Genexpression eines Vitagens;

• Die Tests sollten höchst reproduzierbar seinund das biologische Alter reflektieren;

• Die untersuchte Funktion sollte sich schnell ver-ändern und entscheidend für die wirksame Auf-rechterhaltung der Gesundheit sein;

• Der Biomarker sollte in allen Spezies dieselbenEigenschaften, also eine hohe interartliche Kor-relation, haben;

• Er sollte als prospektiver Indikator für die Le-benserwartung und als retrospektiver Markerfür das Altern eingesetzt werden können;

• Er sollte methodologisch nicht durch vorherigeMessungen beeinflusst werden können und wi-derstandsfähig gegenüber experimentellen Be-dingungen sein und

• Er muss das Alter stichhaltig und verlässlichmessen. Es geht also darum, wie und wie genaudieses Etwas gemessen wird. Trotzdem werdenwir wohl nie erreichen, dass ein Marker das Al-tern an sich misst, es werden immer nur Teiler-scheinungen des Prozesses sein (McClearn

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Abb. 1.2.10. Faktorenmodell von Altersparametern. Die Va-rianzaufspaltung verschiedener Altersparameter mittels Fak-torenanalyse zeigt an, welche Anteile der Parametervarianzdurch die Faktoren F1–F4 erklärt werden können. Die leerenAbschnitte der Balken geben die parametereigene Varianz,

die nicht auf die in den Faktoren ausgedrückten Alternspro-zesse zurückgeführt werden können, an (U: Uniqueness).Die Zahlen neben den Balken (Kommunalitäten) geben je-nen Anteil der Varianz an, der durch die extrahierten Fak-toren erklärt wird

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1996). Doch diese Unsicherheit teilt die Geronto-logie mit allen anderen Wissenschaften. Uns gehtes hier darum, auch im Bereich der molekularenund genetischen Prozesse des Alterns denhöchsten wissenschaftlichen Standard zu halten.

1.2.6 Genexpression und ihre Regulationwährend des Alterns

1.2.6.1 Genexpression

Änderungen der Genexpression umfassen die Genefür Enzyme und andere Proteine, sowie stressindu-zierte Gene, Onkogene und Transgene. Weiter er-geben In-vitro-Arbeiten neue Erkenntnisse. VonInteresse sind auch die Reaktivierung, die erhöhteAktivierung, Methylierung, die mtDNA und das al-ternative Spleißen.

Wie schon ausgeführt stellen wir uns die MLPals genetisch determiniert vor, wobei ihre exogeneModulierung die LE ergibt (LE: durchschnittlicheoder mittlere Lebenserwartung, auch MLS: „meanlife span“). Die MLP jeder Spezies hängt von derWirksamkeit der Erhaltung von Zellen und Gewe-ben ab und es ist einsehbar, dass diese Erhaltungin langlebigen Arten wirksamer ist.

Der führende Mechanismus, durch den das Ge-nom seine Kontrolle ausübt, ist die Regulation derGenexpression. Die scharfsinnig differenziertenund ausgeklügelt eleganten Veränderungen, welchewährend des erwachsenen Lebens auftreten,können deshalb im Spiegel der Genexpression be-trachtet werden. Heute erlauben neue Technikeneine sehr genaue Erfassung solcher Änderungenund Mechanismen.

1.2.6.2 Regulation

Die neue Fülle der Erkenntnisse über regulatori-sche DNA-Sequenzen innerhalb und außerhalb ko-dierender Regionen legt nahe, dass die meistenGene physiologischen Regulatoren in erwachsenenZellen unterworfen sind. Die selektive Genexpres-sion verlangt eine ebenso selektive, in verschiede-nen Zellarten unterschiedliche Regulation. Auchmüssen die gewebespezifischen Muster erklärtwerden (Abb. 1.2.11, 1.2.12, 1.2.13, 1.2.14).

Weiter kann ein Verlust der differenziellen Gen-expression auftreten, wie z. B. der von Hornsby etal. (1990) beschriebene Verlust des Steroid-

17�-Hydroxylase-Gens in adrenokortikalen Zellen.Denn die Zellen zeigen ein stochastisches Musterdes Umschlagens von einem Zustand, in welchemsie das Gen exprimieren, in einen, in dem das Gennicht mehr induzierbar ist. Eine wichtige zelluläreFunktion fällt also im Alter aus, wodurch die Syn-these von Androgenen, Östrogenen und Kortisolverhindert bzw. eingeschränkt wird.

Drei Arten von Änderungen der Genexpressionkönnen beim Altern auftreten: Ein Ansteigen, eineVerminderung und keine Änderung. Weiterkönnen Gene, die bis zum Erwachsenenstadiumnicht exprimiert werden, danach aktiviert werden.Uns interessieren besonders die Änderungen, auchwenn Informationen über das molekulare Alternauch von Ereignissen gewonnen werden können,bei denen keine Änderung auftritt.

Wir wollen hier die Expression verschiedenerGenarten untersuchen, für Enzyme, andere Protei-ne, (Proto)Onkogene und nach Stress induzierbareGene; auf die besonderen Verhältnisse in Zellkul-turen werden wir in den Abschnitten 1.2.14, 1.2.15und 1.2.16 eingehen und Veränderungen in dermitochondrialen DNA (mtDNA) in Abschnitt1.2.12 untersuchen.

Die mikrosomalen Enzyme, die in den Organenvon Mammalia, besonders der Leber, wichtige bio-chemische Funktionen erfüllen, werden von wenigs-tens 5 Zytochrom-P450-Genfamilien exprimiert.Untersuchungen der Genexpression (Horbach u.van Bezooijen 1991) in der Rattenleber zeigten kei-ne Altersabhängigkeit, doch ihre exogene Induzier-barkeit sank in alten Tieren auf ein Drittel. Aucheine kalorische Reduktion, welche die Lebens-erwartung um 50% erhöhte, regte die Induzierbar-keit an. Für das genauer untersuchte P450(B+E)-Gen der Leber zeigte sich, dass bei weiblichen undmännlichen Ratten die Induzierbarkeit sinkt, beimännlichen auch die mRNA-Menge abnimmt. Da-bei relaxieren die Nukleosomen in der Promotor-region langsamer, was bedeutet, dass sie kompak-ter sind. In der Promotorregion gibt es auch weni-ger DNAse-I-hypersensitive (DH-)Stellen, die mitGenexpression in Zusammenhang gebracht wer-den. Viele weitere Gene und Genprodukte wurdenuntersucht, darunter solche, die an der oxidativenAbwehr beteiligt sind. So zeigten Tolmasoff et al.(1980) eine positive Korrelation zwischen der spe-zifischen Aktivität der Superoxiddismutase SOD,dem Grundumsatz und der MLP, eine negative mitdem Altern.

Fibronektine (FNT) sind an Prozessen wie Mat-rixaufbau, Differenzierung, Signaltransduktion,Zelladhäsion, Metastasenbildung u.s.w. beteiligt

20 H. Niedermüller und G. Hofecker

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a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 21

Abb. 1.2.11. Altern und differenzielle Genexpression. Überden Genen und genetischen Prozessen ist nochmals die Bio-morphose dargestellt. Das stark vereinfachte Schema zeigt,wie die Entwicklungs- und reproduktive Phase von einzel-nen, bestimmten Genen (A–F bzw. G–L) abhängt. Sie wer-den in aufeinander folgender Weise durch das Einschalteneines Gens mittels des Produkts eines früher aktiviertenGens aktiviert. Das Wachstum endet nach einem bestimm-

ten Zeitraum durch Rückkopplungsrepression eines Wachs-tum fördernden Gens. Fortgesetzte Reproduktion und Stres-soren während der Reifephase verursachen den Verlust vonfür die Erhaltung dieser Phase nötigen Faktoren. AndereFaktoren können sich auch anhäufen. Dadurch kommt es zueiner fortschreitenden Destabilisierung der homöostatischenFunktion von Genen, was in der Zerstörung vieler Funktio-nen und im Altern endet

Abb. 1.2.12. Differenzielle Genexpression. Rückkopplungs-möglichkeiten der differenziellen Genexpression bei Einwir-kung von exogenen Faktoren. Antibiotika, Toxine, Matrix-moleküle, Kleinmoleküle und Ionen können Membranpro-teine so modifizieren, dass die Signaltransduktion verändertwird

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22 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.13. Differenzielle Genexpression am Beispiel vonMatrix-Zell-Wechselwirkungen. Kontakt mit Kollagen I führtzur Aktivierung von Integrinen, gefolgt von Signal-Kaskadenund -Netzwerken und Genaktivierung, die von allen diesenEreignissen abhängt und sich mit dem Alter ändert. Eskommt dabei auch zu posttranslationalen Veränderungen

von Matrixproteinen. EC extrazellulär, ERK-1,2 extrazelluläresignalregulierte Kinase, FAK fokale Adhäsionskinase, IC Int-razellulär, MAPK mitogenaktivierte Proteinkinase, MMP Ma-trixmetalloproteinase, P Phosphat, p130cas p130-Protein-CRK-assoziiertes Substrat; PKC Proteinkinase C, PLC Phos-pholipase C, PM Plasmamembran, T Talin, V Vinculin

Abb. 1.2.14. Geänderte (differenzielle) Genexpression im zellulärenAltern. In der mitotischen Zelle spielt sich das Altern im Ablaufder Zellzyklusphasen ab; dabei wird differenzielle Genexpressiondurch Rück- und Vorwärtskopplungsprozesse im Lauf des Zellal-terns erreicht, wobei die Expression einiger Gene herunter-, die an-derer hinaufreguliert wird

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und werden von einem Gen exprimiert, dessenPromotorregion Antwortelemente für cAMP („cy-clic adenosine monophosphate“), Glukokortikoideund Stress enthält, also über die Signaltransdukti-on reguliert wird. FNT selbst sinkt im Plasma vonRatte und Mensch, wobei eine niedrigere Fließ-gleichgewichtskonzentration der mRNA festgestelltwerden konnte, was einer niedrigeren Transkripti-on entspricht. Auch hier sind die DH-Stellen vonBedeutung (Singh u. Kanungo 1991, 1993). Dieniedrigere Expression scheint der Erniedrigungder trans-wirkenden Faktoren, die an cis-wirkendeElemente (CRE, „cAMP-response element“) bindenund für die Stimulation der Transkription notwen-dig sind, zu entsprechen.

Die Expression von smp1 und smp2, welche dieAltersmarker SMP-1 und SMP-2 kodieren, wurdevon Chatterjee et al. (1987) untersucht. smp1, einandrogeninduzierbares Gen, wird in der Ratte vom40. bis zum 750. Tag, smp2 bis zum 40. Tag expri-miert und dann reprimiert, nach dem 750. Tagwieder exprimiert, ist also durch Androgene repri-mierbar. Beide variieren mit dem Androgenniveau.Beim Calbindin, einem Kalzium bindenden Pro-tein, erfolgt die Expressionsregulation über dieTranslation, da überraschenderweise die mRNAansteigt, aber das Calbindin sinkt (Armbrecht etal. 1989). An der Signaltransduktion ist auch derepidermale Wachstumsfaktor (EGF) bedeutend be-teiligt. Er sinkt um 75%, ebenso der Nerven-GF(�-NGF) (Gresik et al. 1986). Es gibt also beiMammalia dramatische Einflüsse auf wichtige Re-gulationsmechanismen mit dem Altern.

Interessant sind auch die nach Entzündungen inder Leber gebildeten positiven (ansteigenden) undnegativen (sinkenden) Akute-Phase-Reaktantenbzw. -Proteine. Von den positiven ruht die Expressi-on beim T-Kininogen-Gen bei der Ratte bis zu 18Monaten und steigt dann abrupt an (Sierra et al.1989). Auch Haptoglobin, ebenfalls positiv, steigtbis auf das Vierfache (Milman et al. 1988). Beideszeigt, dass dieser Stress sich bei alten Ratten vielstärker auswirkt. Andere von den hsp-Genen expri-mierte Stressreaktionen werden in 1.2.8 behandelt.

Ein ähnliches Expressionsverhalten wie dieAkut-Phase-Proteine zeigen Onkogene: Es kommtzu einer Hinaufregulierung und Überexpressionvon c-fos, c-myc und c-H-ras in Gehirn, Leber undHerz alter Ratten (Fujita u. Maruyama 1991). Ent-weder wird die Expression durch sich anhäufendeSchäden über einen noch unbekannten Mechanis-mus stimuliert oder die in Zellkulturen bekanntenMechanismen der Zellzyklusregulation werden invivo wirksam (s. 1.2.14).

Die komplizierten Verhältnisse der Änderungder Regulation der Genexpression bei einem derbestuntersuchten Modellsysteme der Genetiker,Drosophila (D.) melanogaster (Fruchtfliege), wer-den ausführlich bei Helfand u. Rogina (2000) be-schrieben. D. melanogaster eignet sich ausgezeich-net für solche Untersuchungen, denn fast alle ihreZellen sind postmitotisch. Die Autoren haben mitder „Enhancer-Trap“-(ET-) und der Reporter-Gen-Technik unter Verwendung des Reporterproteins�-Gal, einem genauen Indikator für Änderungender Genaktivität, 49 verschiedene ET-markierteGene untersucht und in 80% davon eine dramati-sche Änderung der Genexpression mit dem Alternfestgestellt. Einige Gene werden dabei durch Me-chanismen reguliert, welche mit der MLP gekop-pelt sind und als Biomarker des Alterns dienenkönnen. Diese Untersuchungen ergaben auch einweiteres interessantes Resultat: Nicht alle Mecha-nismen desintegrieren, wenigstens in D. melano-gaster, was sich aus der konstant bleibenden Varia-bilität der untersuchten Parameter ergibt. DieHomöostase wird also nur partikular und nichtglobal verloren. Die Genexpression ändert sich,doch es kommt zu keinem globalen Verlust derRegulation, die sorgfältig während des ganzen er-wachsenen Lebens kontrolliert wird.

Zur Genexpression gehört auch das Spleißen(Abb. 1.2.15). Es gibt ein konstitutives Spleißen, d. h.die ursprüngliche Ordnung der Folge der Exonsbleibt aufrecht, und ein alternatives Spleißen, d. h.Prä-mRNAs werden auf mehr als eine Art ge-spleißt und liefern eine Familie strukturell ver-wandter mRNAs, die in eine Familie von Protein-isoformen translatiert wird. So können viele Pro-teine von einem Gen kodiert werden. Es gibt vieleIsoformen des FNT, mit dem Altern verändert sichdas Muster beträchtlich (Magnuson et al. 1991).Die FNT-Synthese in alten Fibroblasten steigt.

In diesem Zusammenhang ist auch zu überle-gen, was diese gewonnenen Erkenntnisse über denUnterschied des Alterns in mitotischen und post-mitotischen (hier ist die Expression ganz be-stimmter einzelner Gene auf ewig festgelegt)Zellen aussagen. Die Veränderung des Hormon-musters greift auch in die Expression und damitin die Homöostase ein. Schon subtile Änderungenin diesem Netzwerk können über die Lebensdauerhinweg zu ihrer Destabilisierung führen (Abb.1.2.16).

Mehr über die Genexpression, ihre Regulationund die Änderungen mit dem Altern werden unskünftige Untersuchungen der trans-wirkendenFaktoren, die an cis-Elemente des Promotors bin-

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 23

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Abb. 1.2.15. Spleißen. a Einfaches Schema eines Spleißvor-gangs bei Eukaryonten (Trypanosoma). Ein Teil der Leader-RNA (Mini-Exon) wird zuerst an das primäre Transkript(5�-Ende, analog zur Prä-mRNA) gebunden (gespleißt). Die-ses primäre Transkript weist keine internen Introns auf undist Protein kodierend. Dieses Mini-Exon, das in allenmRNAs der Trypanosomen vorkommt, hilft dabei der Initia-

tion der Translation. Dieses Spleißen löst Spaltung und Po-lyadenylierung am 3�-Ende aus und verändert sich mit demAltern. b Links: Die Prä-mRNA organisiert sich mithilfe vonsnRNA (kleine Kern-RNA) selbst und bringt so die Endender Exons zusammen, um dann die Introns zu entfernen.Rechts: Derselbe Vorgang wird durch den Enzym-Protein-Komplex Spleißosom katalysiert

a

b

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den, des Netzwerks sowie der „cross talks“ derSignaltransduktion aussagen.

1.2.7 Von den Genen zu funktionellenGenprodukten während des Alterns

Nur wenn die genomische Information zur Auf-rechterhaltung der Homöostase präzise in Genpro-dukte übersetzt wird, ist sie funktionell bedeut-sam. Hier sollen die Schritte dazu diskutiert undÄnderungen der wichtigsten Genprodukte auf-gezeigt, aber auch auf posttranslationale Modifika-tionen eingegangen werden.

Die Schritte, also die metabolischen Wege, dievon der DNA-Information zu funktionierendenProteinen und schließlich zu notwendigen Metabo-liten führen, sind alle vom Altern betroffen.

1.2.7.1 Transkription

Zuerst ist die Transkriptionsinitiation vom Alternbetroffen, da sie besonders komplex reguliert wird.Aus den Untersuchungen, die besonders Campisiund Mitarbeiter durchgeführt haben (Dimri u.Campisi 1994), in denen eine Fülle von Faktorengemessen wurden, geht aber kein klares Mustervon Änderungen hervor. Allgemein ist das Niveauder Transkription reduziert, doch das RNA-Musterändert sich nicht. Reduziert sind auch der Nukleo-tidpool und die Aktivität der an der RNA-Synthesebeteiligten Enzyme (Müller et al. 1995). Schröderund Mitarbeiter fanden einen bis zu 60fachen An-stieg der UAG-Suppressor-tRNA, welche das Stopp-kodon unterdrückt (Schröder et al. 1992). Mit demAltern sinken die Gesamtmenge, die Synthese-geschwindigkeit und die Methylierung der tRNA,die Gesamt-Polyadenyl-RNA und ihre Länge sowiedie Halbwertszeit der mRNA in einigen Organen.Weiter fand man in verschiedenen Organen eineReduktion der Aktivität vieler Aminoacyl-tRNA-Synthetasen (aaRS) (Gabius et al. 1982, Takahashiet al. 1985). Da diese Aktivitäten begrenzend für

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 25

Abb. 1.2.16. Destabilisierung der Genexpression. Diese De-stabilisierung wird durch besondere Stressoren hervorgeru-fen, wobei die Abnahme von Energie den zellulären Wider-stand beeinflusst. Energie wird durch die Abwehr- und Re-paratursysteme aufgebraucht, auch Änderungen der Energieproduzierenden Systeme (s. 1.2.12) sind daran beteiligt. Die

Destabilisierung erfolgt in einem wechselwirkenden Netz-werk. Wenn dazu noch eine Unterversorgung mit Energie-substraten kommt, führt dies zum stärkeren Auftreten vonSchäden, beschleunigten Zellaltern und Zelltod (s. auch Abb.1.2.37)

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die Transkriptionsleistung sind, ist ein Zusammen-hang mit dem Altern anzunehmen, obwohl der de-taillierte molekulare Mechanismus und seine Be-deutung noch unklar sind.

Wenig ist bisher über die differenzielle Regulati-on der mRNA-Verfügbarkeit mit dem Altern be-kannt, sie wird jedoch durch eine Änderung derHybridisierung von mRNA an ihre cDNA nahe ge-legt.

In verschiedenen Arten, Organen und Zellenwird von einer signifikanten Abnahme der Mengeund Syntheserate der rRNA berichtet (Medvedev1986). Welche Folgen ein solcher differenziellerVerlust verschiedener rRNA-Spezies hat, ist abernoch völlig unbekannt.

1.2.7.2 Translation

Wie bei der Transkription ist der Initiationsschrittauch bei der Translation das Hauptziel für die Re-gulation der Proteinsynthese. Da Proteine direktund indirekt an allen metabolischen Prozessen be-teiligt sind und auch bei Abwehrreaktionen einegroße Rolle spielen, fallen unter diese Regulationder Zellzyklus, das Wachstum und die Entwick-lung, die endokrine Regulation und die Signal-transduktion, die Bildung von Chaperonen undMolekülen der Immunabwehr und alle molekula-ren Reaktionen auf exogene schädigende Einflüsse.Aus eigenen Untersuchungen und aus der Literatur

hat Rattan (1992) eine Übersicht über Alterns-veränderungen auf der Translationsebene zusam-mengestellt (Tabelle 1.2.3, 1.2.4).

So ist bekannt, dass die gesamte translationaleAktivität vermindert ist, was z. T. an einer vermin-derten rRNA-Synthese und schlechterer Bindungder aatRNA an die Synthetasen und die Riboso-men, aber auch mit einer reduzierten Ribosomen-zahl zusammenhängt. Letzteres könnte mit demAnsteigen des antiribosomalen Assoziationsfaktors(De Rijk et al. 1997, van de Peer et al. 1997) zu-sammenhängen, ersteres mit einer immer chaoti-scher und unkoordinierter werdenden differenziel-len Transkription der verschiedenen RNAs. Zurnäheren Erläuterung dieses komplizierten Systemsder Ribosomenassoziation und -bindung hier eini-ge Hinweise: Die Initiation der Proteinsynthese be-ginnt mit der Bildung eines Präinitiationskomple-xes, wobei zwei eukaryontische Faktoren, eIF3 undeIF6, die ribosomalen Untereinheiten nach der Syn-these eines Proteins auseinander halten. Um danneinen ternären Präinitiationskomplex zu bilden,muss der Komplex aus eIF2, GTP, Met-tRNAi

Met mitder kleinen Ribosomenuntereinheit, die mit eIF3und eIF4 verbunden ist, zusammentreten. Durch Se-rinphosphorylierung der eIF2B-Untereinheit wirddie Proteinsynthese gehemmt, da dann keine Bin-dung von Met-tRNAi

Met mehr möglich ist. Zur Erläu-terung ist ein einfaches Schema in Abb. 1.2.17 dar-gestellt. Auch eIF3 reguliert, indem er durch seineBindung an die kleine eine stabile freie Untereinheit

26 H. Niedermüller und G. Hofecker

Tabelle 1.2.3. Änderungen an den Ribosomen während des Alterns

Parameter Änderung Organ, System, Organismus

Anzahl Abnahme Ratte: Gehirn, Leber; Drosophila; NematodenLeistungsfähigkeit Abnahme Ratte: Leber; NematodenBindung an aatRNA Abnahme Ratte: Leber, Niere; Drosophila; Nematoden

Thermische Stabilität AbnahmeKeine Änderung Drosophila; Nematoden;Maus: Leber

Genauigkeit der Poly-U-Translation Keine Änderung Ratte: Leber, Gehirn, Niere; Maus: LeberEmpfindlichkeit gegenüber Aminoglykosiden Zunahme Mensch: Fibroblasten; Ratte: LeberrRNA-Synthese Abnahme Ratte: Herz; Maus: LeberrRNA-Konzentration Zunahme Mensch: FibroblastenProteinmuster Keine Änderung Maus: Leber; Drosophila

Tabelle 1.2.4. Änderungen der tRNA während des Alterns

Parameter Änderung Organ, System, Organismus

Syntheserate Abnahme Maus: Leber, Niere, Herz, MuskelGesamtkonzentration Abnahme Maus: Leber, Niere, Herz, MuskelAminosäurebindung Variabel Ratte: Leber

Methylierung Abnahme Mensch: Fibroblasten; Ratte: Leber,Niere; Maus: Leber, Niere; Nematoden

Nukleosidmuster Keine Änderung Maus: Leber; Moskitos6-Isopentenyl-Adenosin-Konzentration Zunahme Ratte: Leber

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bildet und die Verbindung mit der großen verhin-dern kann. Er wird daher auch Antiassoziationsfak-tor genannt. Seine Verfügbarkeit bestimmt also dieZahl stabiler freier Untereinheiten. eIF3 wird nichtnur zur Stabilisierung der freien Untereinheiten ge-braucht, er ist auch notwendig, um diese an diemRNA zu heften. Die Wechselwirkung der kleinenUntereinheit mit der methylierten 5�-Cap-Strukturder mRNAs erfordert eine Gruppe von Proteinen,eIF4 genannt, welche die methylierte Cap-Strukturerkennt und durch ihre Helikaseaktivität jede Se-kundärstruktur am 5�-Ende entfernt. Dann gleitetder gebundene Präinitiationskomplex an der mRNAentlang und hält beim ersten AUG. Ist alles richtigerkannt, bildet sich schließlich der 40S-Initiations-komplex, und wenn dieser richtig am Startcodonpositioniert ist, kommt es zur Vereinigung mit dergroßen Untereinheit zum 80S-Initiationskomplexund die Proteinsynthese kann ablaufen.

Relevant für das Altern kann also jeder Schrittin diesem Prozess sein, bekannt ist bisher nur dieAbschwächung der Proteinsynthese durch den An-stieg der Menge an eIF3 (Rattan 1995 b, 1996) unddie Reduktion der Aktivität von eIF2, das zur Bil-dung des ternären Komplexes gebraucht wird(Calés et al. 1986, Castañeda et al. 1986).

1.2.7.3 Proteinsynthese

Die altersspezifische Abnahme der Proteinsynthesewird aber auch noch durch Änderungen in derElongationsphase verursacht. Eine Reduktion derElongation um 30 bis 80% wurde in Drosophila-,Nematoden- und Mammalia-Organen beobachtet(Rattan 1995 a, 1996, Richardson u. Semsei 1987,Khasigov u. Nikolaev 1987, Merry u. Holehan1991). Da alle diese Ergebnisse sich nur auf dieGesamtproteine beziehen, wäre es wünschenswert,auch einzelne Proteine – die ja oft als Vitagenpro-dukte differenzierte Aufgaben haben – zu unter-suchen.

Warum kommt es zu dieser Erniedrigung? Umdiese Frage zu beantworten, bieten sich die Verän-derungen der Elongationsfaktoren-(EF-)Aktivitätan. Genauer untersucht ist EF1� in verschiedenenOrganen und Spezies, dessen Aktivität in diesen,aber auch in vitro in seneszenten menschlichenFibroblasten abnimmt (Webster 1985, 1986). Die-ser Befund hat dazu geführt, transgene Drosophilamit einem zusätzlichen Gen zu erzeugen, die eineerhöhte Lebenserwartung aufwiesen (Shepherd etal. 1989). Rattan (1995 b, 1996) konnte diese Er-gebnisse bestätigen. Andererseits korrelierte eineveränderte Genexpression nicht mit der MLP(Stearns u. Kaiser 1993, Stearns et al. 1993, Dudasu. Arking 1994), was weitere Funktionen deseef1A-Gens nahe legt, die noch nicht bekannt sind.

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 27

Abb. 1.2.17. Translation und eIF-2. eIF-2 ist eine regulatori-sche ATPase. Mit den angezeigten Einheiten bildet es einenKomplex, der den Scanningprozess einleitet. Das eIF-2B-Pro-

tein hat die Funktion eines G-Nukleotid-Austauschproteins.eIF Transkriptionsfaktor

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Der Terminationsprozess wird durch einen Frei-setzungsfaktor („release factor“, eRF1) bewirkt,wobei keine besondere Regulation und Abhängig-keit vom Alter festgestellt werden konnten (Web-ster 1985, 1986).

1.2.7.4 Postsynthetische Veränderungen

Da solche Veränderungen, welche erst nach dervervollständigten Genexpression auftreten, nichtdirekt zur Molekularbiologie und genetischen Pro-zessen gehören, soll nur kurz auf sie hingewiesenwerden.

Eine der wichtigsten Veränderungen, die auchdas Rätsel des Bindegewebsalterns z. T. gelöst hat,ist die nichtenzymatische Glykosylierung (s. Abb.1.2.28), die durch kovalente Bindung von Sacchari-den an Proteine und Polynukleotide zu den „ad-vanced glycation end products“ (AGEs) führt. Die-se AGEs können dann durch verschiedene chemi-sche Reaktionen zu Quervernetzungen zwischenden Makromolekülen führen und dadurch derenFunktion beeinträchtigen; ein Faktor für diesesFortschreiten ist die Zeit, also das Altern, ein an-derer die Saccharidkonzentration in der Molekül-umgebung (z. B. Diabetes), wobei dieses Fort-schreiten zum Funktionsverlust dieser Moleküle –besonders langlebig mit geringem Umsatz – führt.Da meist auch Oxidationen an diesen Reaktionenbeteiligt sind, werden die AGEs auch als „glycoxi-dation products“ bezeichnet. Unter der Fülle anArbeiten seien nur folgende angegeben: Veletzky etal. 1990, Kohn et al. 1984, Lee u. Cerami 1992, Ce-rami 1985, Cerami et al. 1987.

Bei der Untersuchung von Histonen wurde eineeingeschränkte Methylierung gefunden, welche zurAktivierung der Funktionen vieler Proteine dient.Dadurch wird die Funktion der Histone mit demAltern eingeschränkt, was auch eine Veränderungder Konformation und Funktion der DNA nachsich zieht (Rattan et al. 1992, Mays-Hoopes 1985).Die Methylierung gilt wie die Acetylierung, überdie uns keine Alternsveränderungen bekannt sind,auch als Schutz gegen Proteolyse. Ein anderer, fürdas Altern bedeutenderer Ort der Methylierung istdie an Cytosin durch eine Methylase (Holliday1984, Mays-Hoopes 1989). Die normale Zellent-wicklung führt zu differenzierten Zellen mit einemganz bestimmten konstanten Genproduktmuster;im Alter kommt es jedoch in der einen Zelle zurSynthese eines Moleküls einer anderen Zelle, wasCutler zur Aufstellung seiner Dysdifferenzierungs-hypothese (Cutler 1982) bewog. Diese könnte

durch die Einschränkung der Methylierungspro-zesse (Wilson u. Jones 1983, Wilson et al. 1987) er-härtet werden, da das Methylierungsmuster spezi-fisch und stabil durch die Erhaltungsmethylasevererbt wird, die als das Produkt eines Vitagens (s.1.2.4) erscheint. Etwas verwirrend im Zusammen-hang mit dem Altern ist die Tatsache, dass Methy-lierungsstellen als „Hotspots“ besonders anfälligfür Punktmutationen sind, da die Basen spontandesaminiert werden.

Eine weitere Bedeutung für das Altern kann derADP-Ribosylierung, der Phosphorylierung und derOxidation zugesprochen werden (Abb. 1.2.18). Vie-le Proteine werden durch ADP-Ribosylierung mo-duliert und sie spielt eine Rolle bei der induzier-baren DNA-Amplifikation, wobei bekannt ist, dassdie Aktivität der Poly-ADP-Ribose-Polymerase(PARP) in humanen Fibroblasten sowohl in Ab-hängigkeit des Spenderalters als auch der Populati-onsverdopplungen (PD-Zahl) vermindert ist(Dell’Orco u. Anderson 1991). Auch besteht eineKorrelation zwischen PARP-Aktivität und der MLP(Grube u. Bürkle 1992). Die Phosphorylierung istein ubiquitärer metabolischer Schritt zur Aktivie-rung bzw. Deaktivierung von Proteinen und hatgroße Bedeutung bei der Signaltransduktion, da-her wird unter 1.2.13 gesondert auf sie eingegan-gen. Die Oxidation, besonders von Prolin, Argininund Lysin, inaktiviert und denaturiert viele Protei-ne, wobei eine erhöhte Anzahl solcher in humanenSpätpassagenfibroblasten und in Syndromen vor-

28 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.18. Poly-ADP-Ribosylierung (PAR) als Reparatur.PAR beseitigt altersabhängig durch Wechselwirkung mitProteinen und Modulation der Chromatinstruktur die durchoxidative und alkylierende Agenzien entstandenenStrangbrüche. Die PARP-Aktivität korreliert auch mit derMLP (Grube und Bürkle 1992). NO Stickoxid, PARP Poly-ADP-Ribose-Polymerase, ROS reaktive Sauerstoffmoleküle

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zeitigen Alterns festgestellt werden konnte (Stadt-man 1992).

1.2.8 Stress und Altern

Die zelluläre Stressantwort wurde zuerst als Hitze-schockantwort bezeichnet. Die erstmalig an D. me-lanogaster entdeckten Änderungen an Chromoso-men waren verbunden mit einer erhöhten Expres-sion von sog. Hitzeschockgenen („heat shockgenes“). Ausgelöst wird diese Expression durch al-le die Homöostase störenden Einflüsse: physika-lische und chemische Einflüsse aus der Umwelt,Schäden an Proteinen, Pharmaka und Pathogene,Stoffwechselstörungen besonders im Lipidstoff-wechsel und andere. Sie wurde daher später all-gemein „zelluläre“ Stressantwort genannt.

1.2.8.1 Hitzeschockproteine und Chaperone

Zur Auslösung aller Reaktionen ist der intrazellu-läre Hitzeschockfaktor (HSF) notwendig, der andie DNA bindet, was eine erhöhte Aktivität derspezifischen RNA-Polymerasen zur Folge hat. Derlanglebige HSF wird offensichtlich durch post-translationale Einflüsse moduliert. Die RNAs wer-

den in Stressproteine translatiert, eine heterogeneGruppe, deren bekanntestes das Hitzeschockpro-tein (HSP) 70 ist (Abb. 1.2.19).

Die HSP haben viele Funktionen, eine der wich-tigsten ist der Transfer von Proteinen von einemKompartiment zum anderen, wobei sie ihre Kon-formation stabilisieren (Chaperone). Sie markierengeschädigte Proteine für den Abbau und sie helfen,diese in eine funktionale Form neu zu falten, umsie zu schützen. Weiter sind sie Inhibitoren derGenexpression. Wegen der Adaptation des HSF1gegenüber Stressoren durch Abschwächung derBindung an DNA und aus anderen Gründenkommt es zur eingeschränkten Leistung des Sys-tems während des Alterns.

Die Transkription eines wichtigen Stresspro-teins, HSP70, zeigt wegen strukturell veränderterTranskriptionsfaktoren eine Erniedrigung (Fargno-li et al. 1990). Die Untersuchung regulatorischerSysteme, welche soziale und physikalische Wirkun-gen in biologische Mechanismen integrierenkönnen, ist ein erfolgreicher Weg zu einemerhöhten Verständnis, wie genetische und Umwelt-faktoren beim Alternsprozess in Wechselwirkungtreten (stressinduzierter Tod der Beutelmaus oderdes pazifischen Lachses).

In-vivo- und In-vitro-Alternsveränderungen imSystem wurden von verschiedenen Gruppen unter-sucht und bestätigt. So fanden die Arbeitsgruppenvon Holbrook (Blake et al. 1990, 1991) in alten

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 29

Abb. 1.2.19. hsp-Gene. Die Transkription des hsp70 (aberauch anderer hsp-Gene) wird von sehr niedrigem Niveau zuextrem hohen Werten innerhalb von Sekunden nach demStressor induziert, da in Abwesenheit des Stressors dieRNA-Polymerase II die Transkription bei etwa 25 Nukleoti-den einstellt. Nach dem Stressor wird der Hitzeschock-Tran-skriptionsfaktor (HSTF) schnell aktiviert und bindet an Hit-

zeschock-Antwortelemente stromaufwärts des HSP-Promo-tors. Dieser entlässt die Polymerase und es kommt zuschnellster Transkription und auch deren häufigen Wieder-beginn durch neue Polymerase. Dieser Mechanismus scheintauch bei anderen Eukaryonten benutzt zu werden. GAG u.TF Transkriptionsfaktoren

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Ratten eine bis zu 75%-ige Reduktion derHSP70-mRNA in Gehirn, Lungen und Haut nachTemperaturerhöhung auf über 40�C, die Unter-suchungen von Richardsons Gruppe (Heydari etal. 1993) weisen auf eine Reduktion auch in derLeber von alten Nagern hin. In seneszentenmenschlichen Fibroblasten konnten Liu et al.(1989) eine 30%-ige Reduktion der mRNA nach-weisen. In jüngerer Zeit haben die Arbeiten vonJazwinski über die Stressresistenz der Hefe eineFülle an neuer Information über die dabei beteilig-ten Mechanismen und ihre Veränderungen mitdem Altern gebracht. Er zeigte dabei, dass die ras-Gene eine wichtige Rolle bei der Koordination undWechselwirkung von metabolischer Kontrolle undStressresistenz spielen. ras als LDG greifen in dieHomöostase ein und regulieren dadurch die meta-bolische Aktivität, aber auch die Zellteilung, diegenetische Stabilität und das transkriptionale „Si-lencing“. So ist sehr wohl vorstellbar, dass die Er-niedrigung der Stressantwort mit dem Altern aufihre veränderte Regulation zurückzuführen ist. Ein

Vergleich mit höheren Eukaryonten zeigt, dassauch bei anderen Spezies die Stressabwehr nichtnur durch hsp-Gene, sondern auch durch eine Rei-he von an der Signaltransduktion und Genexpres-sionsregulation beteiligten Genen (wie schon ananderer Stelle ausgeführt) kontrolliert wird und invielen Fällen Alternsabhängigkeit zeigt (Jazwinski2000) (Tabelle 1.2.5, 1.2.6).

Je älter ein Organismus wird, desto mehr Stressist er ausgesetzt. Eine suboptimale Antwort altern-der Zellen hat mehr geschädigte Proteine zur Fol-ge. So wird das Wachstum eingeschränkt und beiVerlängerung dieses Zustands erholen sich die Zel-len nicht mehr. Weiter können die geschädigtenProteine als endogene Toxine wirken (Amyloidak-kumulation). Da z. B. langlebige Stämme verschie-dener Organismen höhere hsp-Expression zeigen,wird auch ein Bezug von Langlebigkeit und Stress-proteinen nahegelegt. Daher könnte eine Hinauf-regulierung der Antistressgene auch in Mammaliadurch verbesserte Zytoprotektion zu einer Revitali-sierung führen (s. 1.2.18).

30 H. Niedermüller und G. Hofecker

Tabelle 1.2.5. Altersgene, Vitagene, Gerontogene

Organismus(in aufsteigender Komplexität)

Altersgen(Langlebigkeitsgen, lag)

Substanz, Wildtyp-Funktion

Saccharomyces cerevisiae

lag1, lag2 Protein (47 und 78 kD, Transmembrandomäne)

ras1, ras2Bestandteil des MAP-Kinase-Wegs, regelt das Signal-transduktionsnetzwerk, stimuliert den Umsatzder Phospholipide

uth4 Homologes des Pumillio-Proteins der Drosophila

sir-KomplexVerantwortlich für die Aktivierungshemmung(„silencing“) der Transkription von Telomerenund „Mating-Stellen“ (HM-Loci)

Caenorhabditis elegans

age1, age2 PI3-Kinase, beteiligt am Schutz vor freien Radikalen,Hitze, UV-Licht

clk1, clk2, clk3 Mitochondrienfunktionen: Ubichinonsynthese,Zellatmung

daf2 Kodiert insulinartigen Rezeptor

daf16 Kodiert einen am Insulinsignalweg beteiligtenTranskriptionsfaktor

old1 Wird durch physikalische Stressoren aktivierttrk1 Kodiert Tyrosin-Kinase-Rezeptor

Drosophila melanogastermth („Metuselah“); kodiert G-Protein-gekoppelten Rezeptor

indy („I’m not dead yet“), greift in den Kohlenhydrat-und Fettstoffwechsel ein

Maus klotho Membran-Protein-Glukosidaseprop1 Kodiert für die Synthese von Wachstumshormon

Mensch

ace Kodiert für Angiotensin konvertierendes Enzym,Herz-Kreislauf-System

apc Gastrointestinaler KrebsapoE2, apoE4 Apolipoprotein E, Herz-Kreislauf-System, SDAT, KrebsL-myc-S Brustkrebswrn Helikase, DNA-ReplikationapoC-III Apolipoprotein C-III, neuhla-Komplex Immunsystem, neu

lag „longevity assurance genes“.

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1.2.8.2 Oxidativer Stress und freie Radikale

Oxidativer Stress entsteht durch freie Radikale (s.Abb. 1.2.27) (z. T. durch endogene metabolischeProzesse in den Mitochondrien oder durch Enzy-me produziert), durch zu geringe Konzentrationenvon Antioxidanzien sowie durch abnehmende Ka-pazität antioxidativer Mechanismen (Munkres u.Furtek 1984). Gene, die für 12 antioxidative Enzy-me kodieren, stehen unter der gemeinsamen Kon-trolle eines regulatorischen Netzwerks (Oxy-Regu-lon), das von verschiedenen Faktoren beeinflusstwerden kann (s. Abb. 1.2.43). Wenn dieses nichtrichtig arbeitet oder defiziente Mutanten auftreten,wird der Organismus sehr empfindlich gegenüberoxidativem Stress.

Der Grundumsatz („basal metabolic rate“, BMR)nimmt ab, wenn er nicht auf den Verlust der Mus-kelmasse bezogen wird. Dabei gibt es eine Bezie-hung zur Fähigkeit, oxidativer Schädigung zu wi-derstehen (Feuers et al. 1995). Hohe Niveaus antio-xidativer Enzymaktivitäten verbrauchen NADPH,so dass selektierte Allele auch die NADPH-Depotsauffüllen. Diese Zusammenhänge sind es wert, hieruntersucht zu werden. Inwieweit hat die Stressant-wort mit der Erhaltung der Zellen zu tun (Kirk-wood et al. 1996)?

1.2.9 Modellsysteme in der Untersuchungder molekularen Ursachender Lebenserwartung

Experimentelle Gerontologie am Menschen zu be-treiben ist fast unmöglich. Daher mussten Modell-systeme entwickelt werden: einerseits Organismen,an denen Altersveränderungen und Mechanismen(unter der Voraussetzung, dass sie altern) mit allenwissenschaftlichen Mitteln untersucht werdenkönnen, andererseits Organismen mit auftretendenAbweichungen von der Norm (vorzeitiges Altern,genetisch veränderte Organismen usw.).

Als Modellsysteme wurden bisher eine breitePalette von Organismen verwendet, denn alles, wasaltert, ist auch geeignet, molekulare und geneti-sche Alternsveränderungen darzustellen. Von Ein-zellern, wie der Hefe, beginnend und andere Pilze(z. B. Podospora) verwendend, steigen die Modell-systeme gemäß ihrer multizellulären Organisationauf zu niedrigen Tieren, wie Würmern und Insek-ten, bis zu den höheren Wirbeltieren. Aber auchZellkulturen jeder Art und vorgeschädigte Zellenoder Organismen wurden verwendet. Wichtig fürjeden spezifischen Ansatz sind dabei die Auswahldes Organisationsniveaus, die Wahl des experi-mentellen Organismus und die Beachtung von spe-zifischen Problemen der Gerontologie.

Einen informativen Überblick gibt dabei Arking(1998). Eine prägnante Darstellung in enzyklopädi-scher Form mit besonderer Erwähnung von Mo-dellen für auch molekulare Untersuchungen zeigenJazwinski (1996) für Invertebraten, Hefe und ande-re Pilze und Masoro (1996) für Vertebraten.

Um die Mechanismen des normalen Alterns zuverstehen und aufzuklären, könnte es hilfreichsein, erbliche Störungen mit auftretenden alters-abhängigen Phänotypen auf allen Ebenen des Or-ganismus zu untersuchen. Bisher sind einige sol-cher Störungen bekannt, von denen zwei den Ver-änderungen im normalen Alternsprozess weit-gehend ähneln, sechs weitere aber auch einige Pa-rallelen dazu aufweisen; gemeinsam ist allen, dassdas Altern frühzeitig auftritt.

Die beiden erstgenannten sind das Hutchinson-Gilford-Syndrom (HGS), die als eigentliche Pro-gerie bezeichnete Krankheit, und das Werner-Syn-drom (WS). Die sechs letzteren, die hier nur ge-streift werden sollen, sind Scleroderma pigmento-sum (XP), das Cockayne-Syndrom (CS), die Tri-chothiodystrophie (TTD), das Bloom-Syndrom(BS), die X-Chromosom-verknüpfte �-Thalassämiebzw. das mentale Retardierungssyndrom (ATR-X)

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 31

Tabelle 1.2.6. Hauptaufgaben des Vitagen-Netzwerks

Molekulare EbeneErhaltung und Reparatur des GenomsGenauigkeit der genetischen InformationsübertragungUmsatz von MakromolekülenSynthese von HitzeschockproteinenVernichtung freier Radikale

Zelluläre EbeneAufrechterhaltung der DifferenzierungRegulation der ZellproliferationStabilität (Homöostase)Stabilität der Membranen

Gewebe- und OrganebeneNeutralisierung und Entfernen von ToxinenGewebeerneuerung und WundheilungZelltod und Zellersatz

Physiologische EbeneNeuronale ReaktionEndokrine ReaktionImmunantwortStressantwortThermoregulation

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und das Juberg-Massidi-Syndrom (JMS). Bei allenkonnten Mutationen in bestimmten Genen gefun-den werden, wobei bis auf das HGS ein Gen ge-schädigt ist, das eine Helikase kodiert.

1.2.9.1 Die Progerie (HGS)

Dieses Syndrom ist charakterisiert durch vielfältigephänotypische Veränderungen, welche eindeutiggenetische Ursachen haben und oft den Erschei-nungen des normalen Alterns gleichen. Seit derEntdeckung 1904 kennen wir etwa 100 Fälle (Dun-kelziffer vielleicht 5- oder 10-mal so hoch), d. h.die Inzidenz liegt bei 1 : 108, bzw. 1 : 107. Die Krank-heit tritt schon in den ersten Lebensjahren aufund führt durch Schäden am Herz-Kreislauf-Sys-tem meist vor Ende des zweiten Lebensjahrzehntszum Tod.

Allsopp et al. fanden 1992, dass Progeriehautfib-roblasten kurze Telomeren in Übereinstimmungmit ihrem reduzierten Teilungspotenzial aufwiesen,ein Befund, den danach noch viele Arbeitsgruppenbestätigen konnten (z. B. Quellette et al. 2000). Sozeigten sie, dass die ektopische Expression vonhTERT, welche die katalytische Untereinheit dermenschlichen Telomerase kodiert, die Lebens-erwartung (MLP) normaler menschlicher Zellenohne zelluläre Transformation und genomische In-stabilität erhöhen kann (Quellette et al. 2000, Shayet al. 1998, Wynn et al. 1998). Eine umfassendeund aufschlussreiche, jedoch schon etwas bejahrteund eine rezentere Übersicht gibt Harley (1995,1997).

Die Telomeren (s. Abb. 1.2.7) haben eine Vielfaltvon Funktionen: Sie gestatten den DNA-Polymera-sen, das Ende der Chromosomen vollständig zureplizieren, unterstützen aber auch ihre Reparatur-funktion; weiters verhüten sie die Fusion derChromosomen. Ab dem Unterschreiten einer kriti-schen Länge fallen alle diese Funktionen aus.Ebenso kommt es zur Aufhebung einer Expressi-onsinhibition, sodass Gene Proteine exprimieren,welche zur Zerstörung von Zellen führen. Zur Auf-rechterhaltung der Telomerlänge dient die Telome-rase, daher ist die Annahme möglich, dass das fürdiese kodierende Gen bei HGS besondere Bedeu-tung hat. Es ist aber nicht ohne weiteres möglich,in Zellen das Telomerasegen zu inserieren oder Te-lomerase einzuführen, da dies zu Krebs führenkann.

Interessant war auch ein Vergleich von 384 be-kannten Genen zwischen Fibroblasten alter Spen-der (E), Progeriepatienten (P) und seneszenten

Fibroblasten (Phase IV, S), den 2001 Park et al.durchführten. Alle zeigten seneszente Phänotypen,doch zeigte sich nur eine nähere Verwandtschaftzwischen Progeriefibroblasten und solchen alterSpender, nicht aber solchen der Phase IV mit je-nen beiden. Dabei war die Expression der Genep53 und p21 gegenüber jungen Spendern deutlichbei E und P erhöht, aber weniger als bei S, wäh-rend die der Gene cdc42 („cell division cycle“)und camKII� („cell adhesion molecule KII�“) bei Eund P deutlich erniedrigt, bei S jedoch sogar et-was erhöht war. Diese Befunde trafen für eine Rei-he anderer Gene auch zu, besonders für die an derSignaltransduktion beteiligten. Weiter ist eine in-vertierte Insertion am langen Arm des Chromo-som 1 vorhanden, wobei die Mutation (aufgrundder Erbdynamik autosomal-rezessiv) erst bei denersten Zellteilungen eingetreten sein dürfte. Dochkann bisher kein einziges Gen (bzw. dessen Schä-digung) als eigentliche HGS-Ursache identifiziertwerden.

1.2.9.2 Das Werner-Syndrom (WS)

Diese ebenfalls autosomal-rezessiv vererbte Krank-heit tritt im dritten Lebensjahrzehnt auf (Progerieder Älteren) und führt spätestens am Ende desfünften zum Tod, wobei neben Herz-Kreislauf-Er-krankungen auch (im Gegensatz zu HGS) Krebsdie Ursache ist. Sie ist mit 3 : 106 viel häufiger alsHGS, die Inzidenz ist also 300-mal höher. Bei denBetroffenen finden sich neben den tödlichen Ver-änderungen auch Diabetes, Katarakte und Osteo-porose.

Das bisher für die Krankheit verantwortlicheGen (wrn) wurde am Chromosom 8 in derp12-Region kartiert. WS wird verursacht durchMutation im wrn, die ein Peptid aus 1432 Amino-säuren (AS) kodiert, das zu den Mitgliedern derRecQ-Unterklasse der Helikasen homolog ist (Grayet al. 1997). Dieses Peptid wirkt als 3�-5�-DNA-He-likase (Abb. 1.2.20) und bisher wurden 19 Mutatio-nen beim WS gefunden, welche aus Nonsens- undLeserastermutationen bestehen. Darüber hinauswurde eine umfangreiche Deletion entdeckt. Dasdadurch verkürzte Peptid kann nicht mehr in denKern und verliert seine Funktion (Matsumoto etal. 1997).

Viele Schäden bei der Replikation, Reparatur,Rekombination und Transkription der DNA inLymphoblasten und Fibroblasten wurden gefun-den. Die Reparaturschäden sind nicht einheitlich(Kruk et al. 1995, Webb et al. 1996, Bennett et al.

32 H. Niedermüller und G. Hofecker

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1997). Was Rekombinationen betrifft, zeigen Fibro-blasten und Lymphozyten Chromosomenmutatio-nen (Rearrangements), die nach Salk (1982) vonDeletionen bis zu multiplen Translokationen rei-chen. Hinsichtlich der Transkription fanden Mura-no et al. (1991) und Lecka-Czernik et al. (1996),dass multiple Gensequenzen in Fibroblasten über-exprimiert werden. Weitere Befunde lieferten Bau-er et al. (1986), die zeigten, dass Fibroblasten eineschwächere Antwort auf PDGF (thrombozyten-abhängiger Wachstumsfaktor) und FGF (Fibroblas-tenwachstumsfaktor) aufwiesen. Dies führt zu Feh-lern in dem davon abhängigen Signalnetzwerk undkann die Ursache bestimmter phänotypischer Ver-änderungen sein. Um die Funktionen des wrn unddes von ihm kodierten Proteins besser verstehenzu können, wurden viele Untersuchungen analogerGene bei anderen Organismen (von der Hefe biszur Maus) durchgeführt, auf die hier aber nichtnäher eingegangen werden soll. Interessant ist viel-leicht noch zu erwähnen, dass embryonale Stamm-zellen von WS-Patienten hohe Mutationsinzidenzzeigen und empfindlich gegenüber Topoisomerase-inhibitoren sind. Okada et al. (1998) erklären die-sen Befund mit einer Wechselwirkung zwischendem WRN-Protein und der Topoisomerase. Unter-suchungen embryonaler Stammzellen der Mausdurch Lebel u. Leder (1998) und Yan et al. (1998)zeigten, dass ein bestimmtes Motiv des WRN-Pro-teins von 121 Aminosäuren mit dem Replikations-komplex reagiert und daher Änderungen des Pep-tids massiv in die Replikation eingreifen dürften.Diese genetischen Änderungen in Stammzellenwürden viele Phänotypen erklären: Kleinwuchs,Diabetes mellitus, Arteriosklerose, die Atrophieder Haut und des Kortex sowie das Fehlen von

Unterhautfett. Diese Erklärung ist aber nicht aus-reichend, es müssen auch Veränderungen und Feh-ler der Transkription angenommen werden, daÜber- und Unterexpressionen vieler Gene bekanntsind.

1.2.9.3 Andere Syndrome

Die anderen erwähnten Syndrome, auch auto-somal-rezessiv vererbt, werden zwar als progeroideSyndrome angesehen und zeigen einige wenigeZüge und Merkmale, die sie mit den beschriebe-nen Syndromen des vorzeitigen Alterns gemein-sam haben, sind aber nicht direkt alternsanalogeErscheinungen. So weist die Sklerodermie (XP) ei-ne Reihe von Mutationen in bisher 16 bekanntenGenen auf, die zu einer weitgehenden Inhibitionverschiedener DNA-Reparatur-Mechanismen führen(Cleaver 1994, Sugasawa et al. 1998, Li et al. 1993,Maeda et al. 1995, Andrews et al. 1976). Beim nor-malen Altern sind jedoch Reparaturdefekte auf an-dere Faktoren zurückzuführen, daher ist XP keingutes Modell. Beim Cockayne-Syndrom (CS) wur-den bisher zwei Gene gefunden und untersucht,deren Schäden zur Beeinträchtigung hauptsächlichder Transkription, weniger der Reparatur führen(Henning et al. 1995, Troelstra et al. 1992, Bootsmau. Hoeijmakers 1993). Die Genprodukte interagie-ren mit anderen Proteinen, welche wiederum un-tereinander Wechselwirkungen zeigen und daherdie massiven und vielfältigen phänotypischen De-fekte bedingen (Weeda et al. 1997).

1.2.9.3.1 Trichothiodystrophie

Die ganz seltene Trichothiodystrophie (TTD) zeigtebenfalls Reparaturdefekte, interessanterweise zuunterscheiden von XP-Zellen, wie man aus Kom-plementationsstudien von Stefanini et al. (1993)und Weeda et al. (1997) weiß. Auch ähneln einigeSymptome dem CS, wobei als Ursache Transkripti-onsdefekte möglich sind. Es drängt sich die Frageauf, warum bei drei voneinander klinisch eindeu-tig unterschiedenen Syndromen (TTD, XP und CS)Mutationen in denselben Genen verantwortlichsind. Die wahrscheinlichste Erklärung dafür ist,dass die Wirkungen von den Mutationsorten indiesen Genen abhängen. Es verhindern alsostörungsspezifische Mutationen krankheitsspezi-fische Wechselwirkungen primärer Proteine mitanderen Molekülen (z. B. zwischen XP-D- undP44-Protein) und verursachen so die klinischenPhänotypen, indem innerhalb der Wechselwir-

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 33

Abb. 1.2.20. Arbeitsrichtung der WRN-Helikase und WRN-Exonuklease. Helikase: Fortschreiten auf dem längerenStrang, dessen überstehender Bereich anfangs Helikase bin-det. Exonuklease: Richtung ihrer Aktivität. Die Arbeitsrich-tungen dieses selben Proteins sind per definitionem ent-gegengesetzt. Die Helikase windet den Strang auf, die Exo-nuklease schneidet Nukleotide heraus. WRNp Werner-Heli-kase-Protein

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kungssequenzen Änderungen aufgetreten sindoder es zu Konformationsänderungen gekommenist (de Boer et al. 1998).

1.2.9.3.2 Bloom-Syndrom

Die Zellen des ebenfalls sehr seltenen Bloom-Syn-droms (BS) zeigen Defekte der Replikation (Fou-cault et al. 1997). Weiter sind verschiedene Muta-tionen und eine hohe Inzidenz multipler Chromo-somenaberrationen bekannt. Sirover et al. fanden1990 einen häufigen Schwesterchromatidaustausch(SCE) (Abb. 1.2.21), der auf eine Störung der Re-kombination hinweist. SCEs sind ein Ausdruck derDNA-Reparatur. Sie können durch Mitogene undToxine ausgelöst werden, ihr Auftreten ist alters-abhängig (Abb. 1.2.22).

Das für BS verantwortliche Gen kodiert ein 1417Aminosäurenpeptid mit Homologie zu den RecQ-Helikasen (Ellis et al. 1995). Dieser Befund von El-lis weist auf eine Ähnlichkeit mit den Ursachendes WS hin. 1997 wurde das Peptid von Karow etal. als 3�-5�-Helikase identifiziert. Die vielen Muta-tionen führen nach Kaneko et al. (1997) zu einerVerhinderung der Translokation des Peptids in

den Kern, was sich in einem Verlust der Protein-funktion zeigt.

1.2.9.3.3 Fazit

Was können uns diese heute schon reichlich vor-handenen Erkenntnisse über die genetischen Ursa-chen von Krankheiten, welche zu vorzeitigem Al-tern führen, aber auch die Befunde an tierischenOrganismen, über das normale Altern sagen? Zu-erst einmal sind viele der untersuchten biochemi-schen und Signalwege einzigartig beim Menschen.Sind die veränderten Aktivitäten der Enzyme, be-sonders der Helikasen, auch für das normale Al-tern verantwortlich? Sicherlich haben sie einen Be-zug zu den in hohem Alter auftretenden Krankhei-ten. So führen Schäden in den Reparatur- und Re-kombinationssystemen zum Auftreten von Krebs,der bei den Syndromen auftretende apoptotischeneuronale Zelltod ist auch bei Krankheiten des ho-hen Alters zu finden und resultiert ebenso aus Re-paraturschäden und Transkriptionsveränderungen,welche zu vielen phänotypischen Veränderungenführen; bei gastrointestinalen Tumoren finden sichLeserastermutationen im blm-Gen (Calin et al.1998). Schließlich haben Homozygote, aber nicht

34 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.21. Methode zur Messung des Schwesterchromatid-austauschs (SCE). Die Zellen durchlaufen in Anwesenheitvon 3H-Thymidin und BrdU drei Zyklen. Vor dem erstentreten keine SCE auf, im ersten kommt es zur Markierung

der Chromosomen mit BrdU, was auf SCE hinweist. DieserAblauf verstärkt sich im zweiten und dritten Zyklus. Aus-gezogene Linie Thymidinstrang, gestrichelte Linie BrdU-Strang

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Heterozygote, wie Ye et al. (1997) herausfanden,mit einer Variante bei Aminosäure 1367 im WRN-Protein ein weit höheres Risiko für Herzinfarkt.

WS zeigt von allen Syndromen, besonders wasdie Helikasenschäden betrifft, die größte Ähnlich-keit mit dem normalen Altern. Auch werden einigeGene, die bei WS überexprimiert sind, beim nor-malen Altern überexprimiert, was ein Einmündenin einen ähnlichen metabolischen Weg in beidenArten von Fibroblasten bedeutet (Lecka-Czernik etal. 1996). Wenn also seneszenten Fibroblasten dieFunktionen des WRN-Proteins fehlen, könnte dieseinige Ausprägungen des normalen Alterns erklä-ren. Damit übereinstimmend fanden Matuoka u.Takenawa (1998), dass die wrn-Genexpression he-runterreguliert wird. Ähnlichkeiten von Verände-rungen in beiden Typen von Fibroblasten tretenauch bei der Promotoraktivität sowie bei derApoptose und Expression (Transkription) in Lym-phozyten auf, wobei die stärkere Apoptose nachAggarwal u. Gupta (1998) bei normalem Altern,aber nicht bei WS, zu einer Immundefizienz führt.Berücksichtigen wir noch einige andere heute be-kannten Veränderungen des WRN-Proteins sowieVeränderungen des Telomerstoffwechsels (Bodnaret al. 1998), können wir einen gemeinsamen End-weg postulieren und behaupten, dass die verschie-denen gemeinsamen Züge von WS und normalemAltern kaum unabhängig voneinander auftreten.Mit diesen und weiteren künftigen Erkenntnissen

wären gentechnische Therapien wenigstens von Al-terskrankheiten, vielleicht auch eine Modulationdes normalen Alterns, möglich.

1.2.10 Genom-Stabilität, Mutationen,DNA-Schäden und DNA-Reparatur

Eines der wichtigsten Prinzipien für erfolgreichesAltern ist die Aufrechterhaltung der Stabilität desGenoms. DNA-Schäden, die meist zu Mutationenführen, wirken dieser Stabilität entgegen, Repara-turmechanismen versuchen sie zu erhalten. WelcheBereiche der DNA geschädigt werden, wie Mutatio-nen und Reparatur gemessen und wie die wirken-den Zusammenhänge analysiert werden, ist Inhaltdieses Abschnittes.

1.2.10.1 Instabilitäten und Mutationen

Zuerst muss versucht werden, Zusammenhängezwischen Altern und einer möglichen Instabilitätdes Genoms zu finden. Zu den Instabilitäten gehö-ren:1. Punktmutationen (Änderung eines Basenpaars),

wobei Missense- (resultiert im Austausch einerAminosäure – AA – gegen eine andere), Non-sense- (ein Stoppkodon ersetzt ein AA-Kodon,vorzeitiger Translationsabbruch) und Leseraster-mutationen (führt zur Einführung einer bezie-hungslosen AA, gefolgt von einem Stoppkodon)unterschieden werden können. Die häufigste istdie Transition, wobei ein Purin bzw. ein Pyrimi-din gegen ein anderes ausgetauscht wird:GC�AT, die seltenere die Transversion, der wech-selseitige Austausch eines Pu gegen ein Py:AT�TA und AT�CG (Abb. 1.2.23);

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 35

Abb. 1.2.22. DNA-Schäden und Schwesterchromatidaus-tausch. Das Schema zeigt die Abhängigkeit dieses Reparatur-vorgangs in Rattenfibroblasten einerseits von der Mitomy-cinkonzentration und andererseits vom Alter. Unterschiedezwischen jungen und alten Ratten werden erst bei hoher Mi-tomycinkonzentration (starker DNA-Schädigung) signifikant(*)

Abb. 1.2.23. Mutationen: Transitionen (Diagonalpfeile) undTransversionen (horizontale und vertikale Pfeile)

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2. Vermehrung oder Verminderung von Mikrosa-telliten;

3. Erweiterung und Deletionen von DNA-Sequen-zen;

4. Rearrangements (Umordnungen, wozu Insertio-nen und Deletionen gehören), die meist langeAbschnitte betreffen, und

5. Strukturelle und numerische Chromosomena-berrationen.

Diese Zusammenhänge wurden von Slagboom u.Vijg (1989) in einer ausführlichen Monographieuntersucht, wobei aber schon früh bekannt war,dass Mutationen und Chromosomenaberrationenmit dem Altern in vielen Spezies vermehrt auftre-ten. Eine Rolle für die Instabilität spielt auch derVerlust von Genen für die Wachstumskontrolle, diedas Auftreten von Tumoren unterdrücken (Nigroet al. 1989). Das p53-Gen spielt, wie schon unter1.2.4 ausgeführt, eine zentrale Rolle beim Alternder Zellen. Eine Mutation in diesem Gen bzw. seinVerlust führt zur Immortalisierung, was wiederumeine zwar nicht hinreichende, aber notwendige Vo-raussetzung für eine Tumorentwicklung ist (Iijimaet al. 1966, Pipkin et al. 1997, Hsieh 2000).

1.2.10.2 Telomeren

Ebenfalls zur Stabilität trägt die Aufrechterhaltungder Telomerlänge bei. Da die Funktion von Telo-meren nur dann Sinn macht, wenn die Zelle mito-tisch ist, stellt sich die Frage, welche BedeutungTelomeren z. B. bei Insekten haben, die nur post-mitotische Zellen besitzen.

Telomeren sind die Enden von eukaryontischenChromosomen (s. Abb. 1.2.7). Diese verkürzensich aus bisher nicht endgültig geklärten Gründenmit jeder Zellteilung. Dafür wurde zunächst dassog. „Endreplikationsproblem“ verantwortlich ge-macht (Olovnikov 1971), das die Verkürzung mitdem Ablauf der DNA-Replikation und der räumli-chen Ausdehnung der Polymerase in Verbindungbrachte. Andere Autoren versuchten, ausgehendvon der Existenz von Überhängen am 3�-Ende desDNA-Doppelstranges durch die Postulation von5��3�-Exonukleasen eine Erklärung für die kon-tinuierliche Abnahme der Telomerlänge zu finden(Makarov et al. 1997, McElligott u. Wellinger1997).

Anfang der neunziger Jahre zeigten einige For-schungsgruppen (Allsopp et al. 1992, Harley et al.1990, Hastie et al. 1990, Lindsey et al. 1991), dasssich die Telomeren mitotischer Zellen mit jeder

Teilung verkürzen. Darüber hinaus wurde eine Te-lomerverkürzung während des In-vivo-Alterns inganz verschiedenen Zelltypen wie Fibroblasten,Leukozyten und Epithelzellen beobachtet (Hastieet al. 1990). Die Telomeren könnten also die biolo-gische Struktur sein, die für das Zählen der Zell-teilungen verantwortlich ist (Harley 1991) (Abb.1.2.24). Die Hypothese war, dass eine replikativeSeneszenz eintritt, wenn die Telomeren eine kriti-sche „Minimallänge“ erreicht haben (Allsopp u.Harley 1995).

Wenn man seneszente humane Fibroblasten undEpithelzellen mit dem Gen für die katalytische Un-tereinheit des Enzyms Telomerase (hTERT) trans-fiziert (Bodnar et al. 1998), sind diese Zellen zuunbegrenzter Teilung fähig. Diese spezifische re-verse Transkriptase ist in der Lage, die Länge derTelomeren konstant zu halten. Doch scheint es Un-terschiede zwischen verschiedenen Zellsystemen zugeben. So beschreiben Kiyono et al. (1998), dassfür zwei Typen humaner Epithelzellen (Keratinozy-ten und Mammaepithelzellen) zur Immortalisie-rung durch hTERT noch zusätzlich entweder dasRetinoblastomprotein (RB) oder P16INK4 inaktiviertsein müssen.

Zurücksetzen der Telomerenuhren beim Rind:Lanza et al. (2000) berichteten, dass Zellen ihrergeklonten Kälber Telomeren besitzen, die längerals normal sind. Darüber hinaus zeigen die Zellenandere Zeichen der Jugend und können sich inKulturen viel öfter teilen als normale. Seine Ar-beitsgruppe isolierte Fibroblasten aus fetalen Käl-bern und ließen sie in vitro bis knapp an das Endeihrer erwarteten replikativen Lebenserwartung rep-lizieren. Diese Zellen zeigten Anzeichen replikati-ver Seneszenz und besaßen schon verkürzte Telo-meren. Kerne dieser kultivierten Zellen wurden inenukleierte Rindereizellen transferiert und produ-zierten schließlich sechs Kälber. Im Alter von zehnMonaten waren die Telomeren länger als jenegleich alter normaler Kälber. In einem zweiten Ex-periment wurden fünf Kalbsfeten, die aus altenFibroblastenkernen geklont wurden, nach sechsWochen der Trächtigkeit entfernt und die Fibro-blasten kultiviert. Ihre Klone erreichten 93 PDsverglichen mit 61 der Fibroblasten gleich alter nor-maler Tiere. Offenbar hat die neue Umgebung diealten Nuklei verjüngt. Es ist aber immer noch un-klar, ob und in welchem Ausmaß das funktionaleAltern und eine gesunde Lebenserwartung ver-ändert werden. Dies wirft die Frage auf: Könnenwir den Alternsprozess verzögern? (s. 1.2.18).

36 H. Niedermüller und G. Hofecker

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a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 37

Abb. 1.2.24 a, b. Telomerkürzung begrenzt die proliferativeLebenserwartung. Telomeren, notwendig für jede Replikati-on, werden mit jeder Zellteilung verkürzt. Durch Telomerasewerden sie in Stamm-, Keim- und Krebszellen wieder syn-

thetisiert. Dabei wird die korrekte Bildung des Gewebesdurch den genetischen Plan begrenzt. Die Gegenstrategie be-steht in der biologischen Redundanz und durch adulteStammzellen

a

b

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1.2.10.3 Replikative Seneszenz

Mehrere Gene spielen für die Manifestation derreplikativen Seneszenz eine entscheidende Rolle.Wie schon unter 1.2.4 erwähnt, ist eines davon dasTumorsuppressorgen p53 (Wynford-Thomas 1996),dessen DNA-Bindungskapazität und Transaktivie-rungseigenschaften (Phosphorylierung/Dephos-phorylierung) sich ändern, wenn Zellen altern(Atadja et al. 1995, Bond et al. 1996). Das ebenfallsdort beschriebene Protein P21 ist in seneszentenZellen hochreguliert (Noda et al. 1994, Alcorta etal. 1996). P21 wird durch p53 induziert und inhi-

biert verschiedene cyclinabhängige Kinasen imZellzyklus. Dadurch wird unter anderem die Phos-phorylierung des Retinoblastomproteins (RB) ver-hindert, was zu einer Zellzyklusblockade (Abb.1.2.25) führt (Harper et al. 1993, Dulic et al. 1994).Auch der Zellzyklusinhibitor P16 reguliert die Ak-tivität von RB und auch er wird in der Seneszenzhochreguliert (Alcorta et al. 1996, Rogan et al.1995, Noble et al. 1996, Hara et al. 1996). In senes-zenten Zellen ist RB unterphosphoryliert und kanndamit kein Fortschreiten des Zellzyklus mehr ini-tiieren (Stein et al. 1990, Futreal u. Barrett 1991).Alle diese Gene kooperieren bei der Induktion des

38 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.25 a, b. Mitogensignaltransduktion. a Mit Krebsfol-ge: Wachstumsfaktoren (WF) verursachen über Signaltrans-duktion die Transkription von zur Zellteilung notwendigenGenen, wenn das Retinoblastom-(Rb-)Protein phosphoryliertwird. Es kann zur Zelltransformation kommen. b Ohne

Krebsfolge: Durch spezifische Signaltransduktion kommt eszur Verhinderung der Phosphorylierung des Retinoblastom-(Rb-)Proteins (Hypophosphorylierung), was zur Aktivierungvon p53 und p21 und damit zur Zellzyklusblockade führt;Transformation ist unmöglich

a

b

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seneszenten Phänotyps (Shay et al. 1991, Serranoet al. 1997).

Die Ausschaltung von p53 und/oder die Inakti-vierung von rb durch Tumorviren, Mutationenoder Transfektion mit dominant-negativen Genenbewirken, dass die veränderten Zellen sich überdie normale Lebensspanne der Kultur hinaus teilen(Wynford-Thomas 1996, Rogan et al. 1995, Bondet al. 1994) (Abb. 1.2.26).

Die Seneszenz auf zellulärer Ebene ist also eineindeutiger Tumorsuppressormechanismus. Im Ex-periment von Bodnar et al. (1998) war allein dieAktivierung von Telomerase ausreichend, um dieSeneszenz in Fibroblasten zu verhindern. AndereZellsysteme benötigen evtl. zusätzliche Ereignisse(Kiyono et al. 1998).

Die Telomeraseaktivität wurde auch in einigennormalen, nicht immortalisierten menschlichenZelltypen entdeckt (Counter et al. 1995, Harle-Ba-chor u. Boukamp 1996). Diese Ergebnisse kompli-zieren das Bild, doch ist die Hypothese noch im-mer nicht widerlegt, dass Telomeren wie ein mole-kularer Zähler agieren, der die Anzahl der PDs be-stimmt, bevor eine Zelle die replikative Krise er-reicht (Hayflick-Grenze, s. 1.2.15).

Da bekannt ist, dass genetische Instabilitätdurch eine Fülle von exogenen Agenzien, beson-ders durch Karzinogene, verursacht werden unddie Reaktion der Zelle darauf als Bewältigung des

unreparierten Schadens bzw. als Adaptation an eineungünstige Mikroökologie angesehen werden kann,lag es nahe, nach endogenen physiologischen Ereig-nissen und Ursachen zu suchen. Es konnte bisherauch eine Vielzahl solcher Phänomene, die zum Al-tern beitragen, gefunden werden.

1.2.10.4 Reaktive Sauerstoffspezies

So können Zwischenprodukte des O2-Stoffwechsels(Abb. 1.2.27), bei denen es sich um H2O2-, OH�-und O–

2-Radikale handelt, massive oxidative Reak-tionen an Makromolekülen bedingen. Diese „re-active oxygen species“ (ROS) werden in Mitochon-drien, durch aktivierte Makrophagen, in enzyma-tisch katalysierten Reaktionen wie durch Zyto-chrom P450, bei der Autoxidation von Hämoglobinund Lipiden, bei der Wasserradiolyse durch ioni-sierende Strahlung und durch AGEs (Abb. 1.2.28)gebildet; so ist z. B. das glykosylierte �-Protein derneurofibrillären Knoten bei der Demenz vom Alz-heimer-Typ (SDAT), ein ROS-Produzent (Yan et al.1994, Hensley et al. 1994).

Vor etwa einem Jahrzehnt wurde ein weiteresfreies Radikal, das NO�, entdeckt (Abb. 1.2.29), dasbei vielen physiologischen Prozessen, wie z. B. derRelaxation der glatten Muskulatur, eine bedeuten-de Rolle spielt, jedoch auch zu schädlichen Nitro-

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 39

Abb. 1.2.26. Fehlregulation des TumorsuppressorproteinspRb. Die Proliferation fördernde Wirkung von pRb verstärktdie hohe Aktivität der CDK4-Cyclin-D1-Komplexe durchMutationen bzw. Aufhebung der Hemmung durch CKI. DieProliferation hemmende Wirkung fällt aus: Komplexierung

mit Onkoproteinen oder Mutation. Dann reprimiert E2F dieTranskription von Zellzyklusgenen nicht mehr. CKI cyclin-abhängiger Kinaseinhibitor, CDK cyclinabhängige Kinase,Rb Retinoblastom

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sylierungsreaktionen führen kann, welche mutage-ne und karzinogene Folgen haben (Bartsch et al.1990). Die Präzision der DNA-Replikation ist nichtimmer aufrecht zu erhalten und führt zu Falsch-paarungen in der DNA (Modrich 1995). Endogenkönnen auch hoch mutagene Ethenoderivate (Nairet al. 1995) und viele andere schädliche Metaboli-ten entstehen. Schließlich führt auch die spontaneDesaminierung von 5-Methylcytosin zu Fehlpaa-rungen (Schmutte et al. 1995).

Alle diese Befunde lassen folgende Schlüsse zu:Eine geringe ROS-Bildung erniedrigt die Ge-schwindigkeit der Akkumulation von DNA-Schä-den. Dabei hilft auch eine wirksame antioxidativeAbwehr, die durch bestimmte Enzyme katalysiertwerden, aber auch durch Metaboliten und exogenzugeführte Moleküle erfolgen kann. Wenn aberschon Schäden entstanden sind, ist nur eine effek-tive DNA-Reparatur-Kapazität imstande, die ge-nomische Stabilität aufrechtzuerhalten. Da hiernicht im Einzelnen auf die vielfältigen Reparatur-mechanismen eingegangen werden kann, an denenüber hundert Enzyme (deren Gene Kandidaten fürVitagene sind) beteiligt sind, sei hier auf die aus-führliche Literatur verwiesen (Niedermüller 1985,1995, Friedberg 1985, Tice u. Setlow 1985, Hana-walt 1987).

Obwohl die Diskussion über die Ergebnisse alldieser Untersuchungen noch kontrovers geführtwird, scheint doch ziemlich sicher zu sein, dass ei-ne Korrelation zwischen der Reparaturkapazität

40 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.27. Bildung von freien Radikalen. Sauerstoffradikalesind kurzlebige, aggressive Produkte von Sauerstoff. Sie zer-stören DNA und andere Zellstrukturen. Anderseits sind sienotwendig für die Phagozytose, Biotransformation (Hormone

u. a.) und die Informationsübertragung. Gegenstrategien: An-tioxidanzien, SOD, Katalase und DNA-Reparatur (s. Abb.1.2.44)

Abb. 1.2.28. Nichtenzymatische Glykosylierung. Das Schemazeigt am Beispiel des Kollagens, wie es zur Bildung vonQuervernetzungen kommt. Proteine verlieren ihre Funktio-nen durch stochastische Änderungen. Gegenstrategie: Er-neuerung durch Umsatz, evtl. enzymatische Entfernung derQuervernetzungen. AGE fortgeschrittene Glykosylierungs-endprodukte

Abb. 1.2.29. Bildung von NO�

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und der MLP vieler Arten besteht. Weniger sicherund nicht allzu eindeutig ist die Abnahme der Re-paraturkapazität mit dem Altern, obwohl viele Ar-beiten eine solche in Individuen und Zellkulturengefunden haben, wobei viele Abläufe der Exzisi-onsreparatur darauf hinweisen. Die Kapazität derStrangbruchreparatur bleibt aber bis ins hohe Al-ter gewahrt. Ein wichtiger neuerer Hinweis auf ei-nen Zusammenhang mit dem Altern ist die Ent-deckung, dass das bereits erwähnte p53-Gen einezentrale Stelle als „Wächter des Genoms“ ein-nimmt, das durch DNA-Schäden aktiviert wird.Dabei kommt es neben den bekannten Effektender Deregulation des Zellzyklus (Arrest) und derEinleitung der Apoptose auch zur Induktion derDNA-Reparatur (Abb. 1.2.30).

1.2.11 Bedeutung von Stammzellenfür Alter und Lebenserwartung

Stammzellen sind lebenserhaltende Spuren derEntwicklung. Sie wurden bisher in einer großenAnzahl von Geweben entdeckt und weisen eine be-merkenswerte Plastizität auf. Daher kann ange-nommen werden, dass sie eine wichtige Rolle beider Erhaltung der Gewebsfunktionen spielen. Esist auch bekannt, dass sie kritische Ziele von Schä-den während des Alterns sind und selbst altern.Deshalb ist das Verhältnis zwischen Erhaltung undSchäden von großer Bedeutung. Gesichert ist dieWirkung dieser Zellen auf Krankheiten.

Die jüngste Stammzellforschung (Weissman2000, Anderson et al. 2001, Globerson 1999) gibteine Antwort auf einige wichtige Fragen der Ge-rontologie. Voll funktionierende Stammzellen wur-den in einer Reihe von Geweben erwachsenerMammalia gefunden, sogar im Muskel und Gehirn(Johansson et al. 1999). Stammzellen erneuernsich, wenn sie entwickelt sind, während des gan-zen Lebens immer wieder selbst (Abb. 1.2.31).

Neben den Keimbahnstammzellen („germ linestem cells“, GSC), welche direkt das potenziell un-sterbliche Keimplasma bedienen, existiert eine so-matische Zelllinie unbegrenzt proliferierender Zel-len. Diese können Zellen gemäß ihrer Differenzie-rung in der Leber, im Pankreas, Knochenmarkund Gehirn oder periphere Nerven ersetzen undauffüllen. Erstaunlicherweise zeigen Stammzellenoder ihre Nachkommen eine bemerkenswerte Viel-seitigkeit, an verschiedene Mikroumwelten oderNischen zu adaptieren. Stammzellen scheinenwährend des Alterns viel stärker am Gewebsersatzbeteiligt zu werden. In jungen erwachsenen Mäu-sen treten täglich nur 8% der „Langzeit“-hämato-poetischen Stammzellen (LT-HSC) in den Zell-zyklus ein, wohingegen die meisten von ihnen insehr alten Mäusen replizieren. Neuronale Stamm-zellen im Gehirn können gezielt zu einzelnen Re-gionen wandern, z. B. zum Gyrus dentatus, einerbesonders verletzlichen Region, zum Vorderhirnoder zur subventrikularen Zone. Dies ist für dieErklärung der Wirkung fetaler Zellen von großerBedeutung (s. 1.2.18).

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 41

Abb. 1.2.30. Regulation des apoptotischen Prozesses. Ver-schiedene Faktoren können ein Todessignal auslösen. DasBCL2-Onkoprotein übt dabei einen hemmenden Einfluss aus.

ICE Interleukin konvertierendes Enzym, TGF transformie-render Wachstumsfaktor

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Stammzellen zeigen eine bemerkenswerte Plas-tizität der Entwicklungsprogramme, die sie aus-führen können: So entwickeln sich Zellen aus ei-nem Organ, wenn sie in ein anderes Organ trans-plantiert worden sind, zu Zellen dieses letzteren.Dabei legt die intrazelluläre Mikroumgebung fest,welche Gene transkribiert werden, wie wir es auchvom Klonen von Tieren kennen (Shiels et al. 1999).Dabei bestimmen Signale von außen die Richtungder Entwicklung zu einer bestimmten differenzier-ten Zelle.

Stammzellpopulationen sind Ziele für ROS-Schäden, Stress, genetische Schäden und Genom-instabilität. Daher altern auch sie, obwohl sie sich,wie Transplantationsexperimente bewiesen haben,erneuern können (Osawa et al. 1996). Die Schädenwerden dann klonal weitergegeben, wenn sie zu ei-nem Proliferationsvorteil führen, z. B. eine Mutati-on im ras-, p53-, rb- oder im Telomerasegen auf-tritt, was zum Problem bei der Krebstherapie wer-den kann, da durch eine einzelne geschädigteStammzelle eine Sekundärerkrankung entstehenkann.

Das Altern von Stammzellen zeigt sich auch beiseriellen Transplantationen, wobei Zellen (Ver-gleich von altem und jungem Knochenmark) vonalten Spendern weniger repetitive Transfers ermög-

lichen (Ogden u. Micklem 1976). Die Anzahl derStammzellen steigt meist mit dem Alter an (Haanu. Van Zant 1997) und dieser Anstieg ist abhängigvon der Lebenserwartung; so kann er sich beikurzlebigen Mäusestämmen umkehren und dieAnzahl der Zellen sinkt (Haan u. Van Zant 1999 a).Ebenso wird in allen Stammzellen die Fraktion derS-Phasen-Zellen kleiner. Chen et al. (1999) fandeneine umgekehrte Korrelation zwischen Spenderal-ter und Repopulationskapazität. Diese betrug beider alten Maus trotz der fünffachen Anzahl vonZellen nur ein Viertel der jungen. Konstruiert manChimären aus lang- und kurzlebigen Mäusen unduntersucht die Blutbildung während des Alterns,sind die Stammzellen der kurzlebigen nach zweiJahren verschwunden und die Blutbildung stammtnur noch von den langlebigen (Van Zant et al.1990). Diese Chimären-Experimente trugen we-sentlich zu unserem Verständnis des Stammzellal-terns bei. Die durchschnittliche Lebenserwartung(LE) korreliert mit der Zellzykluskinetik. Verschie-dene experimentelle Ansätze ergaben: je höher dieZyklusgeschwindigkeit, desto niedriger ist die LE.Die dabei wirksamen Genloci kartieren zu densel-ben genomischen Stellen (Haan u. Van Zant1999 b). Ob noch andere Merkmale von diesen Lo-ci kodiert werden, ist nicht bekannt. Ein Problem

42 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.31. Stammzellen-Differenzierung. Wege von Keim-zellen über Stammzellen (SC) zu somatischen Zellen. CNS

Zentralnervensystem, PNS peripheres Nervensystem, HSCHerz-SC, ESC embryonische SC

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bei diesen Autoren ist die analoge Verwendung derBezeichnungen „average (mean) life span“ und„life span“: Sie beziehen sich immer nur auf dieLE, die sie gemessen haben, doch der genetischeEffekt ist sicherlich einer der MLP; denn dieseMäusestämme haben eine fast rektanguläre Über-lebenskurve, daher ist LE und MLP hochkorreliert.

Eine Verbindung von replikativer Seneszenz invitro und der Lebenserwartung (MLP) (Campisi1996) wird durch diese Korrelation nahe gelegt.Ob die Stammzellen dabei die einzige Populationsind, ist unbekannt; dann würde das Schicksal die-ser Zellen allein die MLP bestimmen. Unter-suchungen an Telomerase-Knock-out-Mäusen ha-ben gezeigt, dass das sich erneuernde erwachseneGewebe am meisten von der Telomerverkürzungbetroffen ist. Die oben genannten Genloci könntenauch an der Regulation der Telomerase beteiligtsein.

1.2.12 Kern-Mitochondrien-Interaktionen

Die mitochondriale DNA (mtDNA) unterliegt ausnahe liegenden Gründen starkem oxidativenStress. Die mtDNA hat eine geringe Redundanzund große Informationsdichte (Abb. 1.2.32), Schä-den wirken sich daher weit stärker als in Kern-DNA (nDNA) aus. Diese führen zur Zerstörungvon Mitochondrien, zu Krankheiten und habenEinfluss auf den Alternsprozess. Dabei werden Tei-le der mtDNA auf die nDNA übertragen (Abb.1.2.33).

Miquel (1995) nimmt an, dass Altern z. T. durchmitochondriale bioenergetische Dysfunktion ver-ursacht wird, was nicht nur eine vernünftige Er-klärung vieler altersabhängiger Veränderungendarstellt, sondern auch ermöglicht, einen präventi-ven und therapeutischen Ansatz gegen viele dege-

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 43

Abb. 1.2.32. Mitochondriale DNA und ihre Gene. Dasringförmige doppelsträngige Molekül kodiert 24 RNA und13 Polypeptide, welche alle an der Energieproduktion teil-nehmen. Aminosäuren werden mit den gebräuchlichenBuchstaben abgekürzt und repräsentieren die tRNA-Allele.Die Pfeile weisen auf mögliche Mutationsstellen hin, wobei

die veränderten Nukleotide durch den Basennamen charak-terisiert sind. Beispielhaft seien folgende Mutationen er-wähnt: DEAF Taubheit (mütterlich vererbt oder aminoglyko-sidinduziert), ADPD Alzheimer und Parkinson (für den Al-ternsprozess interessant), LHON, LDYT Neuropathie des N.opticus, MELAS Schlaganfall u. a.

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nerative Krankheiten zu entwickeln. Aufgrund die-ser Überlegungen wurde die Hypothese des mito-chondrialen Schadenenergieverlusts entwickelt,kurz mitochondriale Altershypothese genannt. DieSchäden entstehen besonders in differenziertenZellen, da diese ihre Mitochondrien nicht so effek-tiv regenerieren können. Vor allem kommt oxidati-ve Schädigung in Frage.

Aus dieser Hypothese ergibt sich die Vorher-sage, dass Altern von einem progressiven bioener-getischen und funktionalen Verfall der Mitochond-rien begleitet ist. Die mtDNA ist sicher ein wahr-scheinlicheres Ziel für Mutationen als die nDNA.In jener wurden Deletionen und Mutationen inStrukturgenen festgestellt, die sich mit dem Alternvermehrten. Diese führen zu einer Verschlechte-rung der mitochondrialen Biogenese, aber auchvieler biochemischer Funktionen. Beobachtet wur-den eine Abnahme der mtDNA-Expression beglei-tet von einer Abnahme der mtRNA und vieler an-derer Moleküle. Die Hypothese wird auch durcheine Untersuchung von Bowling et al. (1993) un-terstützt. Die Verschlechterung des Elektronen-transports in Mitochondrien des Primaten-Neokor-tex wird durch Schäden im mtGenom, das Teileder Komplexe I und IV kodiert, verursacht. Es

wurden weitere ähnliche Veränderungen an ande-ren Molekülen gefunden. Auch die Erniedrigungder ATP-Synthese steht im Einklang mit der Hypo-these. Sie wird begleitet von einer vermindertenAktivität der ATPase mit gleichzeitiger Dissipationdes elektrochemischen Protonengradienten unddaher geringerer ATP-Produktion (Abb. 1.2.34).

Die oben erwähnte Insertion von mtDNA innDNA verläuft kontinuierlich und ist ebenfalls einMechanismus der Schadenserzeugung. Die Mecha-nismen wurden am Fadenpilz Podospora anserina,an der Hefe und in menschlichen Zellen unter-sucht. Da diese Insertionen zufällig verlaufen undder größte Teil des Genoms aus nichtkodierendenSequenzen besteht, wird also die Zerstörung derGenfunktion durch solche Transpositionen un-wahrscheinlich sein. Doch auch eine Translokationin nichtkodierende Sequenzen könnte wichtigegenregulatorische Sequenzen zerstören. Bekanntist die Insertion des mtco3-Gens in das Onkogenc-myc des Kerns. Als Folge tritt eine Deregulationder Genfunktion auf (Shay u. Werbin 1992). DerVerlust an mtDNA kann sich also einerseits durchMutationen in einer Mitochondrienschädigungund dadurch einer massiven Beeinflussung auchder höheren Systeme auswirken, andererseits

44 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.33. Übertragung mitochondrialer Nukleinsäuren inden Kern. Dünne Pfeile: normaler Weg des mitochondrialenAbbaus; dicke Pfeile: freie Radikale, Toxine, Hunger u. a.

führen zur Freisetzung von Nukleinsäurefragmenten in dasZytoplasma; diese werden anschließend in das Kerngenomintegriert

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durch die Insertion Schäden in der genomischenDNA mit allen Folgewirkungen auslösen, was denEffekt multipliziert. Dadurch kann der Alternspro-zess angetrieben werden.

1.2.13 Wachstumsfaktorenund Signaltransduktion –Signale als molekulare Mechanismen

Das Zellaltern wird in erster Linie durch Replika-tionen angetrieben. Die Generationszeit wird län-ger und die Zellen verlieren ihre Reaktionsfähig-keit auf Wachstumsfaktoren. Es soll die Regelungund der Stillstand des Zyklus untersucht und derFrage nachgegangen werden, warum nach Stimu-lierung durch die GF die Aktivität der Thymidin-kinase ansteigt und andere metabolische Änderun-gen auftreten.

Dies führt zur Untersuchung der Signaltrans-duktion, welche die GF mit der Genexpression ver-bindet. Schließlich gibt es schon viele Hinweisedarauf, dass sich die Signaltransduktion als mole-kularer Mechanismus mit dem Alter verändert.

1.2.13.1 Zellteilung und Proliferation

Die zelluläre Proliferation wird durch eine Gruppevon Wachstum regulierenden Molekülen positivoder negativ geregelt, z. B. GF, Zytokinen und Hor-monen. Der Verlust replikativer Kapazität spiegelteine verminderte Antwort auf diese Moleküle wi-der (Cristofalo et al. 1989). Es drängt sich die Fra-ge auf, warum solche Moleküle unfähig sind, denseneszenten Zustand zu beseitigen.

An diesen Altersveränderungen können alleTeilsysteme der Signaltransduktion beteiligt sein.Dadurch wird auch die Amplifikation der Signalebeeinflusst (Abb. 1.2.35).

Die GF üben ihre Wirkung durch die Bindung anspezifische Rezeptoren mit intrinsischer Kinase-aktivität aus. Die phosphorylierten Rezeptorenbinden an spezifische zytoplasmatische Moleküle,welche dann aktiviert werden und eine Kaskadevon enzymatischen Reaktionen auslösen. Diese Re-aktionen führen das mitogene Signal durch dieZelle in den Kern, wo es an der DNA die Gen-expression induziert.

Der erste Schritt, der mittels Bindung des vonThrombozyten ausgeschiedenen GF („platelet-de-rived GF“, PDGF) untersucht wurde, zeigt, dass invitro die Bindung mit dem Alter ansteigt. Wäh-rend die Affinität unverändert bleibt, kommt es zueinem Anstieg der Anzahl der Rezeptoren (Cristo-falo et al. 1989, Paulsson et al. 1986, Gerhard et al.1991). Dies erklärt nicht die reduzierte Proliferati-on. Doch fanden Reenstra et al. (1993), dass dieAnzahl der Epidermis-GF-(EGF-)Rezeptoren undauch ihre Internalisierungsgeschwindigkeit mitdem In-vivo-Altern reduziert wird. Es ist daheranzunehmen, dass ein bedeutender Unterschiedzwischen in vitro gealterten embryonalen Zellenund in vivo gealterten erwachsenen Zellen besteht.Auch wurden die Wiederherstellungsraten derPDGF-Bindung nach Ausräumung der PDGF-Re-zeptoren durch Überladung mit PDGF (Downregu-lation) untersucht. Es zeigte sich, dass alte Fibro-blasten höhere Wiederherstellungsniveaus alsjüngere Fibroblasten erreichen (Psarras et al.1994). Daher müssen wir weiter stromabwärts dieUrsachen für die Änderung der GF-Wirkung su-chen.

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 45

Abb. 1.2.34. Vergleich gesunder und schadhafter bzw. alterMitochondrien. Oben: junge bzw. intakte Mitochondrienproduzieren viel Energie (ATP) und kaum freie Sauerstoff-radikale, unten: bei alten bzw. schadhaften Mitochondrienist es genau umgekehrt

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1.2.13.2 Signaltransduktion

Auf dem Weg von der Zelloberfläche zum Kern wirddie Phospholipase D (PLD), welche aus Membran-phospholipiden Diacylglycerol (DAG) erzeugt, in se-neszenten Zellen nicht aktiviert (Venable et al.1994). Dies resultiert dann in einer mangelhaftenBildung von Phosphatidsäure, welche ein starkesMitogen für Fibroblasten ist (Exton 1994), sowieDAG. Die DAG-Bildung ist ein Zwischenschritt inder Aktivierung von Phosphokinase C (PKC), wobeiein wichtiger Schritt die Translokation zur Plasma-membran ist. Die Translokation ist in alten Zellennach Stimulierung durch Serum signifikant redu-ziert, nicht aber nach Stimulierung durch Phorbo-lester (Phorbol-12-Myristat-13-Acetat, PMA). PMA,ein Tumorpromotor, aktiviert PKC direkt durchBindung; alte Zellen erreichen in vitro ihre initialeBindungskapazität viel schneller als junge. Daherist die Erniedrigung der proliferativen Antwortdurch einen Defekt der PLD-Aktivierung ver-ursacht. Da die PLD jedoch nur für einen Teil derSignaltransduktion verantwortlich ist, müssen wiruns auf die Zielelemente der Signaltransduktionkonzentrieren, die nach GF-Stimulierung expri-mierten Gene (Abb. 1.2.36). Es gibt darüber hinausHinweise darauf, dass auch andere Signalwege mitdem Altern eingeschränkt sind (Roth 1997).

Alte Zellen können nicht mehr in die S-Phase,die DNA-Synthese, eintreten, auch nicht nach Be-handlung mit Mitogenen. Es konnte festgestelltwerden, dass ein großer Anteil der zellzyklusregu-lierten Gene auch in seneszenten Fibroblasten ex-

primiert werden, wie die frühen Gene (c-myc,c-jun, junB, c-erb usw.), die immer ein Protein ko-dieren, das für die Transkription der nächstenGenklasse benötigt wird, und die mittleren Gene(c-H-ras, p53, odc, usw.), die ihre Expression be-ginnen, sobald das Regulatorprotein verfügbar ist(Stein u. Dulic 1995).

Andererseits konnten wichtige Expressions-defekte in anderen Genen beobachtet werden. Dasfrühe Gen c-fos kann nicht exprimiert werden(Seshadri u. Campisi 1990). Sein Produkt ist derAP1-Transkriptionsfaktor, der für die Proliferationnach Stimulierung notwendig ist. Zusätzlich wirdseine Bindungsaktivität an die DNA mit dem Al-tern geringer und der Serum-Response-Faktor(SRF), der normalerweise an das Serum-Response-Element (SRE) des c-fos-Promotors gebunden istund als Transkriptionsaktivator für dieses Genwirkt, in alten Zellen hyperphosphoryliert. SolcheSRF können nicht an SRE binden und dies führtzu verminderter c-fos-Expression (Atadja et al.1994).

In vitro exprimieren seneszente Fibroblastenunglaublich reduzierte Mengen von GAS-Proteinen,welche von den wachstumsstillstandspezifischenGenen („growth arrest genes“) kodiert werden(Cowled et al. 1994). Am G1/S-Übergang kommtes ebenfalls zur eingeschränkten Produktion vonmRNA für viele dazu notwendige Proteine.

Doch sind einige weitere Regulationsschritte be-sonders wichtig. Alte Fibroblasten können das Re-tinoblastomprotein (RB) nicht mehr phosphorylie-ren und dieses inhibiert den G1/S-Übergang, in-

46 H. Niedermüller und G. Hofecker

Abb. 1.2.35. Vervielfältigung und Verstärkung einesextrazellulären Signals. Über eine Kaskade aufeinan-der folgender biochemischer Reaktionen wird in je-dem Schritt eine Erhöhung der Zahl von Reaktions-produkten erreicht. Dies kann bis zum Vieltausend-fachen gehen

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dem es an Transkriptionsfaktoren wie EF2 bindet,das für die Expression der späten G1-Gene not-wendig ist (Stein et al. 1990). Andere Gene, wiecdc2, cycA und cycB, die an der RB-Phosphorylie-rungsregulation beteiligt sind, werden ebenfallsnicht mehr exprimiert. Seneszente Zellen haben ei-ne niedrige Cyclin-E/CDK2-Aktivität, die ebensozur RB-Phosphorylierung dient, wahrscheinlichausgelöst durch große Mengen eines Inhibitorsder cyclinabhängigen Kinasen (CDK), der alsp21SDI1, Cip1,Waf1 bekannt ist und an Cyclin-E-CDK2-

Komplexe bindet und sie daher inaktiviert (Steinu. Dulic 1995). Ähnlich liegt die Änderung beimGen p16ink4, sodass diese zwei Cyclin-CDK-Inhibi-toren hauptsächlich für die Verhinderung des Ein-tritts in die S-Phase verantwortlich sein dürften(Serrano et al. 1993).

Da in der Regulation der Signaltransduktion ei-ner der wichtigsten autoreferienziellen Mechanis-men und Prozesse zu sehen ist, muss in derzukünftigen Forschung besonderes Gewicht aufUntersuchungen der gesamten Kaskade gelegt wer-

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 47

Abb. 1.2.36. Beispiel für Signaltransduktion, an der PLD be-teiligt ist. Nach Ligandenbindung an einen TRK-Rezeptorwird dieser aktiviert. Dadurch werden verschiedene zyto-plasmatische Proteine aktiviert. Durch die Aktivierung vonRas und Raf wird eine Phosphorylierungskaskade in Ganggesetzt, die schon erwähnt wurde (Abb. 1.2.6). Diese bringtdas mitogene Signal in den Kern. Zusätzlich verursacht dieaktivierte PLC� die Hydrolyse von PI-4,5-P2 der Membranzu IP3 und DAG. IP3 wiederum setzt Ca++ aus Speichern frei.DAG aktiviert PKC, wobei DAG noch von der PLD aktiviert

wird und PKC verstärkt die schon vorhandene Phosphorylie-rungskaskade. PTK Proteintyrosinkinase; Ras, Src, Myc, Jun,Fos Onkogenprodukte von ras, src, myc, jun, fos; PI Phos-phoinositol PI3-K Phosphoinositolkinase; PLC Phospholipa-se C; PLD Phospholipase D, DAG Diacylglycerol; IP3 Inosi-toltriphosphat; MEK MAP-ERK-Kinase; MAP mitogen-aktiviertes Protein; ERK extrazellulär regulierte Kinase;p62TCF ternärer Komplexfaktor; AP1 Transkriptionsfaktor(Aktivatorproteinkomplex)

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den – und das besonders in Hinblick auf dieMöglichkeit, durch exogene Einflüsse die Signal-kaskade so zu verändern, dass Subsysteme revitali-siert werden (s. 1.2.18). Im Detail sollten sich Stu-dien über Alternsveränderungen auf der Ebene derRezeptoren mit Endozytose, Abbau, Wiedergewin-nung und Synthese befassen und es müssen dieSynthese und Regulation der GF in ihren Ur-sprungszellen untersucht werden. Die Wechselwir-kung zwischen extrazellulärer Matrix und Zellenstellt ein weiteres Problem dar und schließlich sindviele weitere Untersuchungen der Genexpressionnotwendig (s. 1.2.6).

1.2.14 Gene, welche die Proliferation kontrol-lieren und Alternsprozesse beeinflussen(Zellzyklusgene, an Signaltransduktionund Genregulation beteiligte Gene)

Es sind eine Fülle von Genen z. T. schon sehr gutcharakterisiert, welche das Muster des wechselwir-kenden Systems Zellzyklus–Signalübermittlung–Genregulation bestimmen. Dazu gehören Gene,welche die Integrität von Signalwegen aufrecht er-halten, die Onkogene, Gene, die für GF und solche,die für die an der Genexpression beteiligten Regu-latorproteine der verschiedenen Komplexe kodie-ren (s. Abb. 1.2.11).

Viele Gene sind an der Bestimmung der Lebens-erwartung beteiligt, doch ist in den meisten Fällenihre biochemische Funktion unbekannt (s. 1.2.4und Tabelle 1.2.5, 1.2.6). Da eine solche Unter-suchung an Mammalia besonders schwierig ist,wurden eher primitive Eukaryonten herangezogen,um diese Mechanismen aufzuklären und darausauch Schlüsse auf das Altern höherer Mammaliaziehen zu können. Aus der Analyse von rekom-binanten Inzuchtlinien der Nematode C. eleganswurde die Anzahl der Vitagene (LDG) auf maximalsechs bestimmt (Brooks u. Johnson 1991). Ebert etal. (1993) identifizierten fünf Genomregionen. Dasage1 auf Chromosom II ist ein typisches Beispielfür ein Gerontogen, dessen Wildtyp die MLPverkürzt. Die age1-Mutation führt zu einer größe-ren Aktivität der SOD (Larsen 1993) und von an-deren Enzymen, die in die oxidative Abwehr ein-gebunden sind. Eine Mutation im Spermatogenese-Gen spe26 führt zu einer 65%-ig höheren MLPund eine Mutation im daf2 zu einer Verdopplungder MLP (Van Voorhies 1992, Kenyon et al. 1993).Das weist wieder auf den ubiquitären Charakter

der in Abschnitt 1.2.2 referierten Ergebnisse undÜberlegungen zur Theorie des Wegwerf-Somashin.

1.2.14.1 Saccharomyces cerevisiae

Bei Hefe (S. cerevisiae) ist eine solche Bestimmungpraktisch unmöglich, da diese Gene nicht essen-ziell für die vegetative Vermehrung und Zellteilungzu sein scheinen. In dieser Gruppe gibt es abergenügend Kandidaten. Die einzelne Hefezelle iststerblich, doch die Population ist unsterblich, wasaber kein Beispiel für klonale Seneszenz ist. Dadie Sprossung („budding“) asymmetrisch ist, er-weist sich Hefe als Modell für das Altern vonStammzellen (s. 1.2.11). Wenn man berücksichtigt,dass das Maß für die Hefe-MLP nicht das chrono-logische Altern, sondern die Anzahl der Zellteilun-gen ist, was zur Konstanz der MLP innerhalb der-selben Art führt (Muller et al. 1980), kann eineÄhnlichkeit mit dem Altern höherer Eukaryontenfestgestellt werden. Für den Anstieg der Generati-onszeit (zwischen zwei Sprossungen) mit dem Al-tern können wir mehrere Gene verantwortlich ma-chen, die lag-Gene, die für Membranproteine ko-dieren, die ras-Gene, welche an der Signaltrans-duktion beteiligt sind und das Prohibitin-Gen phb,das die Zellteilung reguliert (Jazwinski 1993).

1.2.14.2 Drosophila melanogaster

In D. melanogaster fanden Buck et al. (1993) einenhauptregulatorischen Locus für Langlebigkeit aufChromosom III. Dabei scheinen aber auch andereLoci auf diesem Chromosom bestimmend zu seinund Gene auf den Chromosomen I und II den Lo-cus auf III zu beeinflussen. Zusätzlich zum Genmodulieren Umweltfaktoren vermutlich den längerlebenden Phänotyp (Buck et al. 1993). Oft nehmenGene an Prozessen teil, die gegensätzliche Wirkun-gen auf die MLP haben. Das ist an diesen nied-rigeren Organismen genauer untersucht, dürfte je-doch auch bis zu höheren Mammalia gelten.

1.2.14.3 Mensch

Beim Menschen schätzt Martin (1990) die Zahl derVitagenloci auf 7000. Hier interessieren nur dieZellzyklusgene sowie die an Signaltransduktionund Genregulation beteiligten Gene. Dies soll imfolgenden Abschnitt genauer ausgeführt werden.

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1.2.15 Replikative Kapazitätund begrenzte Populationsverdopplung

Seit den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts istbekannt, dass sich eukaryontische Zellen (mit we-nigen Ausnahmen) nicht unbegrenzt teilen kön-nen. Diese Verminderung der replikativen Kapazi-tät wird auf zelluläres Altern zurückgeführt. Esexistieren aber auch Einwände gegen diese Ansichtund die Verminderung wird auf ultimative Diffe-renzierung zurückgeführt. Dabei werden die Bezie-hungen zwischen zellulärer Seneszenz und Alternin vivo interessant.

Das Alter einer individuellen Zelle hängt vomZeitpunkt ihrer Geburt aus einer Stammzelle ab.Die meisten Zellen haben eine kurze Lebenserwar-tung, daher können die sich in ihr angehäuftenSchäden nicht besonders wichtig sein. EventuelleSchäden werden nicht an ihre Tochterzellen weiter-gegeben. Von Bedeutung sind also nicht die Schä-den, sondern die Fähigkeit eines Gewebes, neuegesunde Zellen zu bilden. Daher ist Zellproliferati-on notwendig, um funktionell effiziente Zellpopu-lationen zu erhalten.

Diese Fähigkeit von Stammzellen in einem Ge-webe ist also nötig, um Zellen so weit wider-standsfähig gegenüber Stresseinflüssen zu machen,dass das Gesamtgewebe gesund bleibt. Als Modellfür solche Untersuchungen hat sich schon früh dieZellkultur angeboten. Dieses Modell verwendetEpithel- und Endothelzellen, aber besonders häufigmesodermale Zellen.

In solchen Kulturen wächst gewöhnlich ein sehrkleiner Bruchteil der Zellen erfolgreich, was einesehr strenge Selektion für erfolgreiche Zellen be-deutet. Man nimmt an, dass die Stammzelle einespezifische Umgebung braucht, wie z. B. andere

Zellen, Membranbindung oder Zytokine, um ihrenCharakter zu bewahren. Werden sie auf Glas ver-pflanzt, verlieren sie die Stammzelleigenschaftenund aus ihnen wächst die In-vitro-Kultur. Anfangsist die Kultur wegen der verschiedenen Zelltypenheterogen. Diese lassen sich aber differenzierenund typenspezifisch weiterzüchten.

1.2.15.1 Hayflick-Zahl und Hayflick-Limit

Das Wachstum dieser Kulturen, also die Anzahlder Generationen (der Zellteilungen), wird als An-zahl der Populationsverdopplungen (PD) definiert.Da es eine abnehmende Wachstumsfraktion in die-sen Kulturen gibt, ist die Anzahl der PD viel klei-ner als die der Zellgenerationen (1 : 3). Die Zellentreten mit der Zeit irreversibel aus dem Zyklus ausund gelangen in eine postmitotische Phase. Diesebestimmte Grenze wurde zum ersten Mal von Swimu. Parker (1957) sowie von Hayflick u. Moorehead(1961) beobachtet und wird als „Hayflick-Limit“bezeichnet. Sie ist altersabhängig, korreliert aberauch mit der MLP (Tabelle 1.2.7). Die Kulturensind reproduktiv heterogen, einige Zellen habenein sehr begrenztes Reproduktionspotenzial, ande-re wieder nützen die volle Reproduktionskapazitätaus (Smith u. Whitney 1980).

Neben diesen Zellen gibt es immortalisierte Zel-len, bei denen wir zwei Gruppen unterscheidenkönnen: nichttransformierte und transformierteZellen. Erstere sind normale Zellen, die weiter mi-totisch bleiben. Transformierte Zellen – vor allemvon Nagern, da sie kaum von Menschen und höhe-ren Mammalia zu gewinnen sind – zeigen gravie-rende Unterschiede zu den nichttransformiertenund sind Ausgangspunkte für Krebszellen.

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 49

Tabelle 1.2.7. Populationsverdopplungszahl (Hayflick-Limit) und maximale Lebenserwartung

Art Populationsverdopplungen MLP (Jahre)

Maus 14–28* 3,5Ratte 15–20* 3,5Ratten-Känguruh 11–15* 3,5Nerz 30–34* 10Kaninchen 21–23* 14Fledermaus 18–22* 15Huhn 15–35* 30Rind 40* 30Pferd 22–38* 45Mensch 50–60* 122Galapagos-Schildkröte: ≥���Junger Spender 112–130+

Alter Spender 90–102+

*embryonale Fibroblasten, +Fibroblasten, MLP maximale Lebenserwartung.

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In Kulturen zeigen die Zellen eine breite Vertei-lung replikativer Fähigkeit. Während des Alternsbewegt sich diese Verteilung zu immer kleinerenKlongrößen. Daher besitzen junge Kulturen einegroße Fraktion von Zellen mit sehr großer replika-tiver Leistung, mittlere Kulturen besitzen aber we-niger Zellen, die sehr große Kolonien bildenkönnen, und in alten Kulturen ist die Streuungweitgehend zu kleinen Kulturen hin verschoben.Smith u. Whitney (1980) schlossen daraus, dassdie Reproduktionsfähigkeit neugeborener Zellenstochastisch determiniert ist und dass die Streu-ung dieser Fähigkeit sich weg von größeren zu im-mer kleineren Kolonien bewegt. Des Weiteren wur-de gefunden, dass intermitotische Perioden in al-ten Kulturen nicht lang genug sind, um das lang-samere Wachstum zu erklären (Macieira-Coelho etal. 1966), sodass die Wachstumsfraktion kleinerist. In jungen Kulturen ist diese sehr groß undwird mit jeder folgenden Passage kleiner, währenddie postmitotische Fraktion langsam ansteigt(Pontén et al. 1983) und schließlich mehr als dieHälfte der Zellen beträgt. Dadurch muss schließ-lich die Kultur absterben, denn bei jeder Teilungwird nun die Anzahl der mitotischen Zellen zuklein, um eine Konfluenz zu erreichen.

Es trifft also nicht zu, dass alle Zellen dieselbeAlternsrate aufweisen, ja es können sogar sehr jun-ge Zellen in alten Kulturen auftreten, was zur Kri-tik am Hayflick-Phänomen führte, dieses als Al-ternsprozess zu interpretieren (Bayreuther et al.1988) – eine bis heute sehr kontroverse Diskussi-on, welche bisher die Verleihung des Nobelpreisesan Hayflick verhinderte. Hinsichtlich der Regulati-on haben Kitano und Imai ein subtiles und an-spruchsvolles kinetisches Modell entwickelt (Kita-no u. Imai 1998, Imai u. Kitano 1998) mit demVorschlag, zwei parallele, unabhängige, aber zeit-abhängige Prozesse anzunehmen, welche die Mor-talisierung regulieren. Der eine sei eine stochasti-sche Wachstumshemmung, der andere eine ver-hängnisvolle oder katastrophale Seneszenz, beideals an die DNA-Replikation gekoppelte Transkripti-onsmechanismen. Der erste wird durch Wachstumhemmende Zell-Zell-Wechselwirkungen hervor-gerufen, der zweite durch die hochgeordnete Chro-matinstruktur kontrolliert (Macieira-Coelho1995 a, b). Aus dieser Hypothese, die durch Com-putersimulationen gut gestützt wird, könnten sichviele Experimente zur Abklärung der kontroversenDiskussion über die zelluläre replikative Seneszenzentwickeln.

1.2.15.2 Genetische Aspekte

Die molekulargenetischen Ursachen der replikati-ven Seneszenz wurden unter 1.2.14 genauer aus-geführt, daher werden hier nur einige kurze Hin-weise gegeben. Frühe Experimente dazu wurdenvon Bunn, Tarrant, Muggleton-Harris und Pereira-Smith durchgeführt (Bunn u. Tarrant 1980, Mug-gleton-Harris u. Hayflick 1976, Muggleton-Harrisu. DeSimone 1980, Pereira-Smith u. Smith 1981).Dabei wurden immortalisierte Zellarten mit mor-talen fusioniert, die entstandenen Hybridzellen wa-ren postmitotisch und hatten ein begrenztes Pro-liferationspotenzial. Spontanmutationen können je-doch zu einer langsamen Reimmortalisierungführen, was bedeutet, dass die Mortalisierung do-minant ist und Immortalisierung durch Inaktivie-rung von Genfunktionen erreicht wird. Diese Ar-beitsgruppen identifizierten eine Anzahl von Kom-plementationsgruppen, welche eine zelluläre Mor-talisierung bewirken. Sie fanden, dass alle Zellenin wenigstens vier Komplementationsgruppen ein-geteilt werden konnten, d. h. dass mindestens vierverschiedene Gene notwendig sind, um eine Mor-talisierung zu erreichen. Jede Zellart wird nur ei-ner Komplementationsgruppe zugeschrieben, unddie Komplementationsgruppen entsprechen wederder Zellart, der Tumorart noch der embryonalenUrsprungsschicht. Dies deutet darauf hin, dass ei-ne sehr begrenzte Anzahl von Genen bei der Im-mortalisierung geändert werden und in die Kon-trolle der Mortalisierung verwickelt sind. Der Ver-lust des Reproduktionspotenzials könnte also ent-weder auf unreparierte Schäden oder auf ein gene-tisches Programm zurückzuführen sein, das Zellenzur Differenzierung in postmitotische, aber meta-bolisch aktive bringt.

Vor etwa 40 Jahren widerlegten also Hayflick u.Moorhead Carrels Dogma, dass sich teilende so-matische Zellen, wenn sie aus der alternden Umge-bung des Organismus entfernt sind, unendlichproliferieren können. Zu jener Zeit am Wistar-In-stitut in Philadelphia entdeckten sie die begrenzteproliferative Kapazität menschlicher fetaler Fibro-blasten in vitro und schufen ein noch immer weitverbreitetes Modell des zellulären Alterns. Es istheute allgemein akzeptiert, dass im multizellulärenOrganismus die mitotische Aktivität proliferieren-der somatischer Zellen limitiert ist (s. auch Abb.1.2.42). Nahe dem Ende der proliferativen Kapazi-tät degenerieren die Zellen (klonale Seneszenz)und sterben schließlich. Nur maligne Transforma-tion kann diese Zellen immortalisieren. Die pro-liferative Seneszenz stellt ein ausgezeichnetes In-

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vitro-Modell für die Einflüsse auf die Replikationmitotisch aktiver Zellen dar. Das PD-Potenzial kor-reliert mit der MLP und mit dem Spenderalter (s.Tabelle 1.2.7), wobei es bis heute nicht ganz klarist, ob Phase 3 (heute 4) jemals unter In-vivo-Be-dingungen erreicht wird. Weiter ist der Stillstanddes Zellzyklus in der G1-Phase nicht notwendiger-weise ein Grund für die Zellzerstörung oder Apop-tose. Nervenzellen können beim Menschen über100 Jahre in diesem Zustand überleben.

1.2.16 Molekulare und genetische Ursachenvon Apoptose und Nekrose

Die zwei bekannten Arten des Zelltods haben ver-schiedene Ursachen, treten zu verschiedenen Zei-ten auf und dienen verschiedenen Zwecken. DieApoptose ist ein programmierter Zelltod und einwesentlicher Bestandteil von Entwicklung undHomöostase (s. Abb. 1.2.30). Sie ist eng verbundenmit der Regulation der Zellproliferation, was dereinzige Hinweis ihrer Rolle beim Altern in vitroist. Ihr bekannter Zweck ist, ohne Entzündung fürneue gesunde Zellen Platz zu machen und dadurchz. B. die Form eines Gewebes zu bestimmen. Nek-rose entsteht durch eine Vielfalt an Schäden, wobeider Zellschwund im Alter auf sie zurückzuführenist. Ihr Zweck ist die Weiterleitung geschädigterabgebauter Bestandteile an für die Entsorgung zu-ständige Subsysteme. Sie tritt im Alter vermehrtauf.

1.2.16.1 Apoptose

Zur Regulation der Masse und Architektur der Ge-webe, sowohl in der Embryonalentwicklung alsauch im erwachsenen Organismus und eventuellbei bestimmten Alternserscheinungen, dient derZelltod durch die zuerst von Kerr und Mitarbei-tern so bezeichnete Apoptose (Kerr et al. 1972,Evan 1994, Wyllie 1994). Sie ist charakterisiertdurch morphologische und biochemische Ände-rungen, die sie von der Nekrose unterscheiden.Der initialen Chromatinkondensation schließt sichdie DNA-Fragmentierung und schließlich die Bil-dung von membrangebundenen apoptotischenKörperchen an. In vivo werden die entstandenenZellfragmente dann von Nachbarzellen und Makro-phagen abgebaut. Die Apoptose ist also eine kon-trollierte Art, ungewollte Zellen ohne immunologi-

sche Reaktion zu eliminieren. Sie kann durch be-stimmte Wachstumsfaktoren wie IGF, PDGF, FGFusw. unterdrückt und durch andere, wie TNF-�oder EGF induziert werden, wobei der jeweiligeEinfluss auch vom Gewebe abhängt (Kerr et al.1994, Reed 1994). GF-gesteuerter Schutz vor Apop-tose tritt auch in den S-, G2- und M-Phasen desZellzyklus auf, deren Fortschreiten GF-unabhängigist, was zeigt, dass die antiapoptotische Funktionder GF nicht direkt mit ihrer proliferativen Aktivi-tät verbunden ist (Harrington et al. 1994). DieseAutoren zeigten auch, dass PDGF und IGF-I ru-hende Rattenfibroblasten vor ihr schützen, diekonstitutiv exprimierte, deregulierte c-myc-Expres-sion aufweisen. Dies ist auch für andere Zellennachgewiesen worden. An bestimmten Zellen zei-gen auch EGF und FGF solche Wirkungen, obwohlsie in vielen anderen Zellen Apoptose verhindern;der Mechanismus der GF-Wirkung ist also zellspe-zifisch. TGF-� („transforming growth factor �“)löst die Eliminierung von transformierten Zellenaus, wobei alle diese Befunde darauf hinweisen,dass die Wechselwirkung zwischen GF und Apop-tose den protektiven Zug der GF erhellen, die sichals Überlebensfaktoren für einerseits die einzelnenZellen, durch deren Elimination aber andererseitsfür die Gewebe herausstellen. Serumentzug, alsoVerlust der GF, in ruhenden jungen menschlichenFibroblasten, aber auch in alten Zellen induziertApoptose, was nahe legt, dass in vitro alterndeZellen resistent gegenüber dem programmiertenZelltod sind. In derselben Untersuchung wurde inalten Zellen eine ungewöhnlich hohe Konzentrationdes Produkts des antiapoptotischen bcl2-Onkogensgefunden, was zusammen mit der Repression derc-fos-Expression, der RB-Phosphorylierung unddes verstärkten Auftretens von p21 als Mechanis-mus angesehen werden kann, mit dem die alten Fi-broblasten ihren eigenen Zellzyklus-Zickzackkursverhindern, um nicht abzusterben. Die Energie-produktion jedoch hilft, Schäden zu vermeiden(Abb. 1.2.37). Das In-vitro-Zellaltern führt also ei-nen Selektionsprozess ein, der Überlebende, d. h.Zellen, die weniger abhängig von GF sind, begüns-tigt (Wang 1995). Auch Reed (1994) kommt zuähnlichen Schlüssen (Abb. 1.2.38).

1.2.16.2 Nekrose

Im Gegensatz zur Apoptose ist Nekrose ein Zelltoddurch Verlust der Kontrolle der Ressourcen fürEnergie, Ionengleichgewicht und Homöostase, derim Anschwellen und Aufbrechen der Zellen resul-

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tiert und eine Entzündungsantwort hervorruft, al-so das Immunsystem involviert. Es sind Zellmas-sen und nicht einzelne Zellen betroffen. Kalziumdringt in Mitochondrien ein und fällt aus. Die Mi-tochondrien schwellen an und lysieren, ebenso dieZelle, wobei intrazelluläre Produkte zurückbleiben.Es folgt eine entzündliche Antwort und Phagozy-ten konsumieren die Reste (Walker et al. 1988).Die Zelle hatte nie eine Chance, mit einer Umstel-lung der Signaltransduktion und des Stoffwechselszu reagieren.

Beide Arten des Zelltodes scheinen also mitdem Altern des Organismus sehr wenig zu tun zuhaben, deshalb die nur sehr oberflächlichen Aus-führungen. Neben umfangreichen früheren Bei-tragswerken (Davies u. Sigee 1984) gibt Driscoll(1995) eine ausführliche Übersicht.

1.2.17 Altern und Krebsauf molekularer Ebene

Mutationen allein verursachen Krebs nicht. Bei sei-ner Entwicklung ist ein kompliziertes vernetztesKaskadensystem beteiligt. Es sind eine Reihe vonGenen bekannt, die an dieser Promotion beteiligtsind. Oft laufen molekulare Altersveränderungenparallel zu solchen ab, die an der Krebsentstehungbeteiligt sind. Diese Zusammenhänge sollen ge-nauer untersucht werden (s. Abb. 1.2.3).

Auf zellulärer Ebene scheinen Altern und Krebseinander diametral entgegengesetzt zu sein. Im Al-ter beenden Zellen ihre Teilungen, während Krebs-zellen eine unendliche Teilungskapazität aufweisen.Dies ist ein Resultat multipler Mechanismen, inwelche genetische und epigenetische Änderungenverwickelt sind. Der wichtigste Mechanismus derAufrechterhaltung der Homöostase ist die Zellver-mehrung, aber bedeutsam sind auch diejenigen,welche für das Gleichgewicht der Zelltod- undProliferationsgeschwindigkeit sorgen. In diesenKontext gehört die Apoptose (s. 1.2.16.1). Die Un-sterblichkeit der Zellen ist so etwas wie eine homö-ostatische Unordnung, in der immer mehr Fehlerder Proliferationskontrolle als Folge von vererb-baren Änderungen wie Mutationen auftreten. Diesesind Ursache eines Klons, der ohne Beschränkungwächst. Krebszellen befinden sich nicht in einerHyperhomöostase, sondern repräsentieren eineFlucht aus der normalen Homöostase in einenneuen Seinszustand.

Was Altern und Krebs gemeinsam haben, ist diesomatische Mutation. Auf diese ist das Spektrumder degenerativen Altersänderungen mit einemVerlust der proliferativen Homöostase zurückzu-führen (Martin 1991). Zur genetischen Instabilitätkommt die Telomerinstabilität (s. 1.2.10) hinzu, so-dass der Verlust der genomischen Integrität in vivozum Verlust der proliferativen Homöostase führt,obwohl eine funktionale Beziehung zwischen repli-kativer Seneszenz und In-vivo-Altern immer nochunklar ist (Campisi 1966).

Mit den heutigen Techniken zur Bestimmungder Mutationen ist ein großer Fortschritt gemachtworden. So konnten viele Gene auf ihre Unver-sehrtheit untersucht werden. Die interessantestensind wohl die, welche an Zellzykluskontrollpunk-ten beteiligt sind, wie z. B. das p53, das durch dieInduktion von P21, einem Kinaseinhibitor, akti-viert wird. In einer Mutante (Maus) des Gens wirddie Mutationsfrequenz mit dem Alter höher (Jackset al. 1994). In Tumoren dieser Tiere ist die Muta-

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Abb. 1.2.37. Zelluläre Antworten auf Stress und seine Be-wältigung durch Energieproduktion. Durch Stressbedingun-gen verursachte Zellschäden brauchen viel Energie für dieAbwehr- und Reparatursysteme und es kommt zu Änderun-gen des Energieproduktions-Systems. Beides führt zu einemEnergiemangel, der durch eine Abnahme an Energiesubstra-ten noch verstärkt wird. All dies führt zu einer Abnahmevon Abwehr, Reparatur und Regulation, was wiederum mehrSchäden und beschleunigtes Zellaltern nach sich zieht

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tionsfrequenz vergleichsweise höher. Das Gen istalso wichtig bei der Aufrechterhaltung der chro-mosomalen Stabilität, nicht aber der Stabilität aufdem Nukleotidniveau. In höherem Alter wird dieMutationsanhäufung beschleunigt, was ansteigendeEmpfänglichkeit für Tumoren zur Folge hat (s.Abb. 1.2.3). Die Apoptose verhindert die Anhäu-fung derart geschädigter Zellen.

Ein Verlust (oder Mutationen in Nukleotid-Exzi-sionsreparatur-Genen, wie dem xpa-Gen, s. 1.2.9),wie er mit dem Altern auftritt (Hoeijmakers 1994),führt zur Einschränkung der DNA-Reparatur, waswiederum Anlass zu weiteren Mutationen gibt. Dieserklärt die hohe Inzidenz von Tumoren bei alten

und besonders bei alten xpa-defizienten Tieren(De Vries et al. 1997). Die höchste Tumorinzidenznach Behandlung mit Benzo[a]pyrene ist bei Mäu-sen mit gleichzeitigen Mutationen im p53- und xpa-Gen zu beobachten. Wie wir von Untersuchungender Signaltransduktion (s. 1.2.14) wissen, sind ansolchen Genmanifestationen immer ein Netzwerkund eine Kaskade von biochemischen Schritten be-teiligt, sodass auch in diesem Netzwerk Alterns-veränderungen die Expression der an der Tumor-entstehung beteiligten Gene regulieren können(Abb. 1.2.39). Wir können also behaupten, dass die-selben Gene beim Altern und der Tumorentstehungbeteiligt sind, nur werden sie je anders reguliert.

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Abb. 1.2.38. Signalkette zum Zellzyklusstillstand und zurApoptose. P53 wird durch DNA-Schädigung, Wachstums-und Stressorsignale aktiviert. Die DNA-Reparatur wird indu-ziert, auch kann es über andere P53-Funktionen zur Caspa-sekaskade und Apoptose kommen. Schließlich werden über

Transaktivierung das p21-Gen und die bax-Gene induziert.Ersteres führt über Hypophosphorylierung des Retinoblas-tomproteins und Hemmung des Transkriptionsfaktors E2Fzur Hemmung des Zellzyklus in G1, letzteres wieder zurApoptose. BCL2 („B-cell lymphoma“) hemmt dies

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1.2.18 Modulation auf molekular-zellulärerEbene: Molekulare Möglichkeitender Modulation

Von großem Interesse ist die positive Modulationdes Alterns, d. h. die Verlangsamung der Alterns-geschwindigkeit, und dies nicht nur wegen des al-ten Menschheitstraums, eine hohe Lebenserwar-tung zu erreichen (Unsterblichkeit), sondern weildamit auch eine hohe funktionelle Kapazität er-reicht wird, die geeignet ist, Alterskrankheiten unddie Multimorbidität zu verhindern.

1.2.18.1 Lyophilisierte Zellenund ihre Wirkungsmechanismen

Obwohl sehr kontrovers diskutiert und von vielenForschern als obsolet betrachtet, scheinen ver-schiedene Anwendungsmodi von fetalen und juve-nilen Zellen (frisch verarbeitet oder lyophilisiert,ebenso Extrakte, meist von Wiederkäuern, aberauch von Nagern gewonnen) einen „revitalisieren-den“ Effekt zu haben. Revitalisierung bedeutet Er-reichen einer Vitalität, die einem jüngeren kalen-darischen Alter entspricht. Mit Vitalität ist funk-tionelle Kapazität gemeint: „ein Maß für dasVermögen eines Organismus, alle lebensnotwendi-

gen biologischen Funktionen zu realisieren“ (s.auch Abb. 1.2.1).

Die Makromoleküle dieser Zellen zeigen einevon kleineren Molekülen grundsätzlich verschiede-ne Pharmakokinetik und Pharmakodynamik undwirken in spezifischer Weise auf verschiedene Sub-systeme. Weiter erhöhen sie die Lebenserwartungund heilen durch Retroviren hervorgerufeneKrankheiten. Weil sie keine Oberflächenantigenebesitzen, rufen sie auch keine Immunreaktionenhervor. Dieser ganze Komplex soll hier diskutiertwerden.

Verzögert also fetales oder embryonales Gewebe-material das Altern und das Auftreten von Krank-heiten? Eine andere mögliche Modulation der Al-ternsgeschwindigkeit beruht auf der Überlegung,dass die Applikation fetalen Materials Verluste oderSchäden von zellulären und subzellulären Struktu-ren kompensieren kann. Hofecker et al. (1980) teste-ten diese Hypothese in einer Reihe von Experimen-ten mittels fetaler Testis-, Plazenta- und Mesen-chymzellen vom Schaf. Eine Reihe von Alters-parametern zeigten signifikante Langzeitverbes-serungen nach s.c.-Applikation dieser Zellen. Inmehreren Überlebensstudien nach Zellapplikationwar die durchschnittliche Lebenserwartung LE,und sogar die MLP einer Kohorte signifikant erhöht.

An Mäusen zeigte die Applikation von fetalenMesenchymzellen ebenfalls eine stark erhöhte ma-ximale Lebenserwartung, d. h. eine MLP von 700Tagen (Kontrolle) auf 1100 Tage! Diese OF1-Mäusesind aber charakterisiert durch das Auftreten vonlymphatischer Leukose ab einem Alter von 7 Mo-naten, wobei nach den ersten äußeren Anzeichennach drei Wochen der Tod eintritt. Nachdem dieHälfte der Kohorte gestorben war, erhielt die Hälf-te der verbliebenen Tiere fetale Mesenchymzellen.Die Studie ergab dann die vorhin erwähnte Wir-kung auf die Lebenserwartung.

Da das Material kaum mehr lebensfähige Zellenenthält, muss die Wirkung von Zellfragmentenoder Signalmolekülen ausgehen, die der Empfän-ger verwerten kann. Der von uns gefundeneschwächere Effekt denaturierter Zellen weist daraufhin, dass in frischen oder lyophilisierten Zellennoch intakte Strukturen vorhanden sein müssen,Makromoleküle oder deren Cluster, und dass derEffekt nicht unspezifisch ist. Dies wird auch da-durch erhärtet, dass diese Beobachtung nur bei äl-teren Tieren oder bei zerstörten Strukturen (s.Leukose) gemacht wurde. Dieser Effekt ist so dra-matisch, dass es angezeigt ist, in Zukunft die daranbeteiligten Signaltransduktionsmechanismen zuuntersuchen.

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Abb. 1.2.39. DNA-Schädigung und Zellaltern. Die im Laufedes Alterns auftretenden DNA-Schäden werden weiterbear-beitet, z. B. mittels DNA-Reparatur, und enden unrepariertals irreversibel mutierte genomische DNA

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Durch die jüngsten umfangreichen Erkenntnisseder Stammzellenforschung bietet sich auch eineErklärung der Wirkung an: Teile des injizierten fe-talen Materials werden spezifisch in geschädigtenStrukturen abgefangen, eingebaut und regen dortdurch bestimmte Faktoren die Teilung von Stamm-zellen an. Die Wirkung von TGF-� sowohl auf dieTranskription als auch auf die Zellteilung lässt sichheute ebenfalls erklären.

Unsere Hypothese geht von der vielfältigen Wir-kung von TGF-� aus, der durch Bindung an denT-II-Rezeptor einerseits die Transkription beein-flusst (Abb. 1.2.40, 1.2.41), andererseits in geringenMengen die Proliferation fördernde und in hoherKonzentration eine Zellzyklus inhibierende Funk-tion aufweist (Abb. 1.2.42). Das Wirkprinzip fetalerZellen wäre dann über TGF-�-abhängige Prozessezu erklären, wie es durch unsere jüngsten Unter-suchungen an YAC-Zellen und Lymphozyten nahegelegt wird. Künftige Studien über die Konzentra-tion der beteiligten Faktoren und die Kinetik derdamit verbundenen Signalwege sollten genauerenAufschluss darüber geben.

Diese Hypothese wird auch durch pharmakoki-netische Studien verstärkt (Niedermüller et al.1986), welche zeigten, dass Abbauprodukte inji-zierter fetaler Zellen eine weit höhere Verweildauerin Organen zeigen als die zu ihrer Markierung ver-wendeten Präkursoren, Pharmaka und die meisten

Metaboliten. Interessant ist, dass in der Stammzell-forschung heute oft der Ausdruck „Zelltherapie“verwendet wird (Bordignon et al. 1999): Hierdrängt sich auch die Frage auf, inwieweit sichembryonale und fetale Zellen von Stammzellen un-terscheiden.

1.2.18.2 Wirkfaktorenauf molekular-zellulärer Ebene

Es gibt keinen Bereich der Modulation des Alterns,über den mehr Untersuchungen publiziert wurden,als den Komplex der Ernährung; wobei wegen ver-ständlicher Schwierigkeiten weniger der Einflussdes Nahrungsmusters als der reduzierter Kalorien-aufnahme studiert wurde. Trotzdem liegen nur we-nige Informationen über Mechanismen und Aus-wirkungen auf molekularem und genetischem Ni-veau vor.

Dies gilt in noch stärkerem Maß für den Ein-fluss physischen Trainings, über das immer nochkontrovers diskutiert wird, da bisher ein Zusam-menhang mit dem Altern kaum nachgewiesen wer-den konnte, wohl aber ein Einfluss auf die Multi-

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 55

Abb. 1.2.40. Regulation der TGF-�-Wirkung. Bei kurzer In-kubation induziert TGF-� die Expression der PDGF-A-Kette(PDGFR-� wird dabei herunterreguliert), bei langer Inkuba-tion die des PDGFR-�. TGF-� induziert also anfangs (I) diePDGF-AA-Ketten, welche an die PDGFR-� binden und durcheinen autokrinen Mechanismus deren Herunterregulationinduzieren und eine verminderte PDGF-Bindung bewirken.Später wird die Zelle durch die PDGFR-�-Synthese wiederempfindlicher auf PDGF. Der Prozess ist altersabhängig.PDGF thrombozytenständiger Wachstumsfaktor, TGF trans-formierender Wachstumsfaktor

Abb. 1.2.41. Transkriptionsaktivierung durch TGF-�. Isofor-men des Wachstumsfaktors TGF-� binden an Typ-II-Rezep-toren mit endogener Ser/Thr-Kinase-Aktivität und induzie-ren die Verbindung mit Typ-I-Rezeptoren. Dadurch werdendiese phosphoryliert und können durch die neu gewonneneKinaseaktivität Smads phosphorylieren. Diese bilden Hetero-dimere, die in den Kern transportiert werden. Dort lösen sieTranskriptionsaktivität aus. TGF transformierender Wachs-tumsfaktor („transforming growth factor“, Wirkung wie EGF„epidermal growth factor“); Smads transkriptionale Aktiva-toren („small mothers against dpp“, ein Drosophila-Gen), dieubiquitär vorkommen

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morbidität. Zusätzlich kommen die Untersuchun-gen zu widersprüchlichen Resultaten, da manchesTraining zu einer Verkürzung der Lebenserwar-tung führt (Coleman et al. 1987 a, b, Lichtig et al.1987).

Veränderungen beider Maßnahmen auf moleku-larem Niveau werden hier diskutiert. Zusätzlichsoll auf den Einfluss der Umwelt hingewiesen wer-den, der sich auch in molekularen Veränderungenim Nervensystem manifestiert.

Das Standardmodell zur Beeinflussung des Al-terns ist die Verlängerung der gesunden Lebens-erwartung bei Nagern durch kalorische Restriktion(CR) (McCay et al. 1935), das immer noch als einGoldstandard für die Modifikation der Alterns-geschwindigkeit verwendet wird. Eine umfassendeForschung in diesem Bereich wurde von vielen Ar-beitsgruppen, aber besonders von Masoro (1988,1989) durchgeführt. Die Mechanismen, durch wel-che CR das Leben verlängert, sind immer nochzum großen Teil unklar. Doch fand man neben ei-nem verzögerten Kollagenaltern (Everitt et al.1980) positive Wirkungen auf das Altern des Im-munsystems (Weindruch et al. 1979, Weindruch u.Walford 1988), die DNA-Reparatur (Lipman et al.1989) und auf die Verbreitung von Tumoren undNierenerkrankungen.

Spontanes Laufradtraining (Skalicky u. Viidik1999) erhöhte die Expression von aus Gehirn ge-wonnenem Wachstumsfaktor („brain-derived GF“,BNDF) in Pyramidenzellen des CA1-Felds des Hip-pocampus und dem kaudalen Drittel des Neokor-tex, einer sehr alterssensitiven Region in Bezug aufdas Lernen und Gedächtnis (Neeper et al. 1996).

Einige Untersuchungen weisen auf einen Anstiegder muskarinischen Rezeptordichte im Hippocam-pus und parietalen Kortex sowie der Dopamin-rezeptordichte im Striatum hin. Ratten, die in ab-wechslungsreicher Umgebung gehalten werden,zeigen einen etwa 10%-igen Anstieg der Dicke desokzipitalen und frontalen Kortex verglichen mitihren altersgleichen Kontrollen. Neurotrope Fak-toren beteiligen sich an einem der fundamentalenMechanismen, die das Wachstum oder die Spros-sung nach Verletzungen regulieren. Da Wachs-tumsfaktoren (GF) das neuronale Wachstum sti-mulieren, sollten deren höhere Konzentrationen,angeregt durch aktivitätsabhängige Mechanismen,die reaktive Sprossung und den Reichtum der Ver-knüpfungen zwischen den Zellen während des Al-terns erhöhen. Diese Erkenntnisse leiten zu neuro-naler Aktivität und neurotropen Faktoren über.

Das Eintreten dieser Erhöhung dauert nur einpaar Tage und ist in den höheren, kognitivenFunktionen dienenden Regionen, z. B. Hippocam-pus, besonders deutlich. Die aktivitätsabhängigeProduktion neurotroper Faktoren kann gemein-same Mechanismen für die Wirkung physischerund mentaler Aktivität auf die Erhaltung der Ge-hirnfunktionen induzieren. Neurotrope Faktoren,wie BDNF und Neurotropin-3 (NT-3), werden vonNeuronen produziert und ausgeschüttet undkönnen durch ihre Rezeptoren über parakrine Me-chanismen auf dieselben Neuronen zurückwirken.Das erhöhte Niveau bestimmter Faktoren kannNeuronen hinsichtlich des Wachstumspotenzialsund metabolischer Funktionen lebens- und leis-tungsfähiger machen und sie dadurch gesund und

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Abb. 1.2.42. Zellzyklusregulation. Das Schema zeigt einigeder an der Regulation teilnehmenden Faktoren. Im Zusam-menhang mit der Wirkung fetaler Zellen ist besonders derEinfluss von TGF-� auf die Zellteilung (geringe Konzentrati-

on: stimulierend, hohe Konzentration: inhibierend) interes-sant. PCNA „proliferation nuclear antigen“, cyc Cycline, CDKcyclinabhängige Kinase, p am Zyklus beteiligte Proteine,INK Inhibitor der CDK, CIP Cyclininhibitorprotein

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anpassungsfähig erhalten. In Hinblick auf das Vor-handensein neuronaler Stammzellen in den Regio-nen, die am Lernen, Gedächtnis und an Motivationbeteiligt sind, könnte ein möglicher Einfluss neu-rotroper Faktoren auf die Stammzellaktivität eineinteressante Hypothese sein.

1.2.18.3 Andere Einflussnahmen

Moleküle (Pharmaka), die auf dieser Ebene wir-ken, sind Antioxidanzien (von Tocopherol bis Ura-te), MAO-Hemmer und Ubichinol. Bisher ist esnur möglich, ihre Wirkung auf den Alternsprozess– sollte es tatsächlich eine geben, was zwar biolo-gisch einzusehen wäre, bis jetzt aber noch nichteindeutig belegt ist – auf molekularer Ebene so-weit zu erklären, als uns ihre biochemischen Funk-tionen bekannt sind. MAO-Hemmer wirken inner-halb der Signaltransduktion in Neuronen und An-tioxidanzien als DNA-Schadensbegrenzer, auch aufder Ebene der Mitochondrien, die ja oxidativemStress am stärksten ausgesetzt sind (Abb. 1.2.43).

Weitere Moleküle sind Zytokine im Immunsys-tem und anderswo, HSP-Chaperone und Wachs-tumsfaktoren aller Art (TNF, IFN, GF). Ihr Einflussauf das Altern liegt im Bereich der Signaltransduk-tion und Genexpression; es gibt aber kaum Arbei-ten über die Modulation des Alterns durch sie.

Die Verbesserung der Funktion des Zytokin-netzwerks dürfte zur Erhaltung der Immunkapazi-tät, aber auch der Leistungsfähigkeit anderer Ge-webe beitragen. Weiter könnten auch Eingriffe indie Stressantwort und die Verbesserung der im Al-ter eingeschränkten Reaktion von Zellen auf GFund ähnliche Moleküle (auch Fibronektin, Kolla-gen, Proteoglykane usw. haben Bedeutung) zurVerlangsamung des Altersprozesses beitragen. Da-her könnte eine Hinaufregulierung der Antistress-gene auch in Mammalia durch eine verbesserte Zy-tokinprotektion zu einer Revitalisierung führen.Untersuchungen dieser Hypothesen und Fragenwären sehr wünschenswert.

a 1.2 Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien 57

Abb. 1.2.43. DNA-Schäden und deren Abwehr. Mitochond-rien wandeln Glukose und Sauerstoff in Energie um, dabeibilden sich als normales Nebenprodukt Sauerstoffradikale.Diese zerstören Proteine, DNA und Membranen. Besondersempfindlich ist die mitochondriale DNA (mtDNA). Die anti-

oxidative Abwehr bremst die Schäden durch Neutralisationder meisten Radikale: SOD wandelt Superoxidradikale inWasserstoffperoxid um, das durch Katalase in Sauerstoff undWasser zerlegt wird

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1.2.19 Biogerontologieund der Alterungsprozess

Für den interessierten Leser ist es sicher von Be-deutung, mehr über die Möglichkeiten der Ein-flussnahmen auf Krankheiten auf molekularer Ebe-ne zu erfahren. Krankheiten können den Alterns-prozess beschleunigen und den Lebenswert in derPhase der Seneszenz reduzieren. Die Kenntnisseder genetischen Ausstattung, die für das Auftretenvon Krankheiten verantwortlich ist, sowie der mo-lekularen Mechanismen deren Ablaufs könnenwiederum Informationen über molekulare Grund-lagen des Alterns liefern, was auch umgekehrt giltund für die Aufrechterhaltung der Vitalität in derSeneszenz verwendet werden kann.

Von der genetischen und molekularen Ebeneausgehend können Schäden des Genoms aufgeho-

ben oder unschädlich gemacht und die Genexpres-sion neu reguliert werden. Den Störungen der Sig-nalübermittlung kann begegnet und dieses Netz-werk neu justiert werden und die Leistungen desImmunsystems könnten verbessert werden. All dasdient zum Großteil der Prävention oder Therapievon Krankheiten, also der Bekämpfung der Multi-morbidität des hohen Alters (Abb. 1.2.44).

Wenn es jedoch tatsächlich gelänge, den Al-ternsprozess zu verlangsamen, dann hätten wir ne-ben den unbestreitbaren Problemen, die auf vielenEbenen auftreten können, auch eine dadurch be-dingte Zurückdrängung der Multimorbidität undkönnten auch in dieser ausgedehnten Periode deshohen Alters eine hohe Vitalität erhalten. Die ein-zige Möglichkeit dazu scheint ein Eingreifen indas Genom, also eine gentechnische Veränderungdes Gen- und Regulationsmusters zu sein, wobeisich aber sofort zwei Fragen ergeben:

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Abb. 1.2.44. Schematische Übersicht über die Natur von molekularen Altersveränderungen in somatischen Zellen kontinu-ierlich alternder Arten

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1. Wie wird besonders beim Menschen die Rich-tung dieser Veränderung zur Optimierung hinbestimmt, da wir doch keinen länger lebendenOrganismus als Muster haben?

2. Genügt eine immer weitergehende Optimierungdes Genoms, ohne die lebenserhaltenden Syste-me auf höherer Ebene neu zu justieren?

Die heutzutage schon rasanten Entwicklungen indiesen Bereichen der Biogerontologie und moleku-laren Biomedizin erwecken natürlich diesbezüglichdie größten Hoffnungen.

1.2.20 Literatur

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1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns –eine EinführungChristian Behl

Ganten/Ruckpaul (Hrsg.)gemeinsam mit A. Ruiz-TorresMolekularmedizinische Grundlagenvon altersspezifischen Erkrankungen© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2004

1.3.1 Altern – Phänomen und Theorien . . . . . . 67

1.3.2 Replikative Seneszenzals zelluläres Altersmodell . . . . . . . . . . . 68

1.3.2.1 Das Hayflick-Limit . . . . . . . . . . . . . . . 681.3.2.2 Gene der replikativen Seneszenz . . . . . . . 691.3.2.3 Replikative Seneszenz in vivo . . . . . . . . . 70

1.3.3 Die Freie-Radikale-Theorie . . . . . . . . . . 701.3.3.1 Quellen der Sauerstoffradikale . . . . . . . . 711.3.3.2 Apoptose und Nekrose:

Die beiden grundlegenden Mechanismendes Zelltods . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

1.3.3.3 Schutz durch Antioxidanzien . . . . . . . . . 751.3.3.4 Verlängerung der Lebensspanne

durch Antioxidanzien . . . . . . . . . . . . . 76

1.3.4 Die Telomertheorie . . . . . . . . . . . . . . . 761.3.4.1 Biologische Funktion der Telomere . . . . . 78

1.3.4.2 Telomerbiologie in vivo . . . . . . . . . . . . . 781.3.4.3 Das Enzym Telomerase . . . . . . . . . . . . . 781.3.4.3.1 Struktur und Funktion . . . . . . . . . . . . . 781.3.4.3.2 Regulation der Telomeraseaktivität . . . . . . 801.3.4.4 Telomere in der Pathophysiologie . . . . . . 801.3.4.4.1 Telomere bei Altersphänomenen und bei

Syndromen mit beschleunigtem Altern . . . 801.3.4.4.2 Telomerase – Zielstruktur zukünftiger

Krebs- und Anti-Aging-Therapien? . . . . . . 81

1.3.5 Klotho – ein Anti-Aging-Hormon? . . . . . . 82

1.3.6 Expressionsprofile in der molekularenAlternsforschung – ein Ausblick . . . . . . . 82

1.3.7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

1.3.8 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Inhaltsverzeichnis

1.3.1 Altern – Phänomen und Theorien

Jeanne L. Calment, geboren am 21. Februar 1875,gestorben am 4. August 1997 im Alter von 122Jahren in einem Alterspflegeheim in Arles, Frank-reich, war der bisher älteste Mensch, dessen Le-bensalter bestätigt ist. In den westlichen Industrie-staaten steigt der Anteil der älteren Bevölkerungstetig an. Dies wird dazu führen, dass bis zumJahr 2050 etwa ein Viertel der Bevölkerung über65 Jahre alt sein wird. Noch zu Beginn des letztenJahrhunderts lag die durchschnittliche Lebens-erwartung des Menschen in den entwickelten Län-dern bei etwa 37 Jahren. Heute beträgt diese etwa73 Jahre, Tendenz steigend. Den steilsten Anstiegin der Lebenserwartung erlebt seit 1950 Japan, wodas durchschnittliche Lebensalter sogar 87 Jahrebei Frauen und 78 Jahre bei Männern beträgt(Wemmer 1993). Die Gründe für diese immenseVerlängerung der Lebenserwartung seit dem letz-ten Jahrhundert sind vielfältig und werden unteranderem in der verbesserten Hygiene, der verän-derten Ernährung und nicht zuletzt in den wesent-

lich weiterentwickelten Behandlungsmethoden derMedizin gesehen.

Auch wenn die Diskussion, ob „unendliches Le-ben“ wirklich erstrebenswert ist oder nicht, eineeher philosophische ist, hat die Frage nach demWann, Warum und Wie wir altern und sterben er-hebliche, vor allem auch medizinische Bedeutung.Hohes Alter hat oftmals einen hohen persönlichenPreis, der in einer ganzen Reihe von altersassozi-ierten Erkrankungen sichtbar wird. Beispiele sindArteriosklerose, Katarakte, Osteoporose und vorallem auch neurodegenerative Erkrankungen wiedie Alzheimer-Krankheit. Der amerikanische Alz-heimer-Forscher Dennis Selkoe antwortete in ei-nem Vortrag auf die Frage nach Möglichkeiten,der altersbedingten Alzheimer-Demenz vorzubeu-gen: „Choose your parents properly and die young.“Hiermit hat er die wesentlichen Komponenten die-ses Krankheitsprozesses sowie generell aller alters-assoziierter Erkrankungen in einfacher Weise zu-sammengefasst. Entscheidend sind der genetischeHintergrund, die genetische Prädisposition unddas Alter. Aber welche molekularen Mechanismeninduzieren den Altersprozess und treiben diesen

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voran? Welche genetischen Programme sind betei-ligt und wie kann man den Altersprozess mögli-cherweise modifizieren?

„Aging is the accumulation of diverse adversechanges that increase the risk of death“, sagt Den-ham Harman. Er erklärt das Altern mit der ver-stärkten Belastung des Organismus durch Sauer-stoffradikale und definiert es als die Akkumulationverschiedener negativer Veränderungen, die dasTodesrisiko erhöhen. Der Alterungsprozess ist be-gleitet von Veränderungen, deren Entstehungsratesich mit steigendem Alter unaufhaltsam und expo-nentiell erhöht. Dies führt dazu, dass nach dieserMeinung nur wenige Menschen das 100. Lebens-jahr erreichen (Harman 1998 a). Auf zellulärerEbene bedeutet Seneszenz das Ende der DNA-Re-plikation und somit das Ende eines wesentlichenMerkmals des Lebens, der Zellteilung. Die Zelle istder Ausgangspunkt altersassoziierter Veränderun-gen. Die Frage, ob sich der zelluläre Alterungspro-zess kultivierter Zellen (in vitro) auf das physiolo-gische Altern des gesamten Organismus (in vivo)einfach linear übertragen lässt, soll hier nicht de-tailliert besprochen werden. Aber ohne klares Ver-ständnis der molekularen und biochemischen Ve-ränderungen auf zellulärer Ebene wird ein Verste-hen des gesamten Alterungsprozesses nichtmöglich. In der Alternsforschung werden unter-schiedliche Modellsysteme eingesetzt, beginnendbei kultivierten Fibroblasten über Kulturen intak-ter Gewebe bis hin zu Modellorganismen, wie etwadem Fadenwurm Caenorabditis elegans (C. ele-gans), der Hefe Saccharomyces cerevisiae (S. cerevi-siae), der Fruchtfliege Drosophila melanogaster (D.melanogaster) und dem Säugetier Maus (Mus mus-culus), welche sich vor allem auch für genetischeManipulationen eignen.

Verschiedene molekulare Theorien versuchen,das Altern zu erklären (zur Übersicht: Kirkwoodu. Austad 2000). Mittelpunkt aller dieser Theoriensind jeweils spezifische zelluläre und molekulareProzesse. Folgende Theorien, die sich in bestimm-ten Aspekten überschneiden, lassen sich u. a. un-terscheiden (zur Übersicht: Harman 1998 b):• Die Kreuzvernetzungstheorie, welche die gegen-

seitige chemische Vernetzung von Proteinen alswesentlichen Alterungsprozess auf molekularerEbene beschreibt. So wurde beispielsweise ge-zeigt, dass aus jungen humanen Gehirnen iso-lierte Proteine durch die Behandlung mit Kreuz-vernetzungsagenzien (z. B. Glutaraldehyd) che-misch so verbunden werden können, dass sieden Proteinen aus alten humanen Gehirnengleichen (Bjorksten u. Tenhu 1990).

• Die Immuntheorie, die eine Dysfunktion desImmunsystems und die sich daraus ergebendenentzündlichen Prozesse sowie die zerstöreri-schen Aktivitäten von Immunmediatoren (z. B.Zytokine) für das Altern verantwortlich macht(Cheney u. Walford 1974).

• Die Seneszenzgentheorie, welche die Aktivitätdefinierter Genprodukte als Ursache für die Ein-leitung und das Fortschreiten des Alterungspro-zesses beschreibt (Hayflick 1987).

• Die Freie-Radikale-Theorie.• Die Telomertheorie.

Die Telomertheorie ist die jüngste dieser Sichtwei-sen und wird momentan auf molekularer Ebene,unterstützt durch die Technologien der modernenMolekular- und Zellbiologie, intensiv untersucht.Auch wenn die molekularen Belege die Telomer-theorie entscheidend stützen, sind die alternativenSichtweisen nicht völlig verdrängt. Vielmehr gibtes eine Vielzahl von Untersuchungen, die einenZusammenhang zwischen der Telomertheorie undder Freie-Radikale-Theorie aufzeigen. Diese beidenbiochemischen und molekularen Erklärungsmodel-le des zellulären Alterungsprozesses sollen hier be-sonders diskutiert werden.

1.3.2 Replikative Seneszenzals zelluläres Altersmodell

1.3.2.1 Das Hayflick-Limit

Viele unterschiedliche molekulare Mechanismensind am Alterungsprozess beteiligt. Erstmals be-schrieben wurde der Verlauf der replikativen oderzellulären Seneszenz von Hayflick (Hayflick 1965).Die replikative Seneszenz beginnt nach Erreichendes Hayflick-Limits, das als die begrenzte Zahl vonTeilungen, die primäre humane Zellen in der Kul-turschale durchführen können, definiert wird. Inder Kultur geht die Teilungsfähigkeit verloren. Die-ser Verlust ist irreversibel und mit charakteristi-schen morphologischen, zellphysiologischen, mo-lekularen und biochemischen Veränderungen ver-bunden (zur Übersicht: Kanungo 1994). Die Ver-suchung ist sehr groß, dieses Modell der begrenz-ten Zellteilung in vitro (replikative Seneszenz) indie In-vivo-Situation zu übertragen, was vom heu-tigen Wissensstand aus gesehen nur mit großenEinschränkungen möglich ist. In der Tat wurde zu-nächst gefunden, dass die Anzahl der in der Kul-

68 Ch. Behl

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tur noch möglichen Zellteilungen von Ex-vivo-Zel-len direkt vom Lebensalter des Spenderorganismusund der maximalen Lebensdauer der Spenderspe-zies abhängt (Hayflick 1965; Rohme 1981). Inzwi-schen wurden aber auch andere Befunde vorgelegt,die diese inverse Beziehung zumindest bezweifeln(Cristofalo et al. 1998). Dennoch, die replikativeSeneszenz bietet als Altersmodell die Grundlage ei-ner Reihe von molekularen Mechanismen, die amAltersprozess beteiligt zu sein scheinen. WelcheGene sind an den Vorgängen der replikativen Se-neszenz beteiligt?

1.3.2.2 Gene der replikativen Seneszenz

Bei der Untersuchung des Verlustes der Zelltei-lungsfähigkeit stehen zunächst der Mechanismusder Zellteilung, der Zellzyklus sowie die zellzyklus-assoziierten Gene im Mittelpunkt. Eine Zelle mussin jedem einzelnen Zellteilungszyklus ihre DNA re-plizieren. In den meisten Fällen ist hiermit gleich-zeitig ein Zellwachstum und damit eine Verdoppe-lung der Zellinhaltsstoffe verbunden. Der Zell-zyklus lässt sich in verschiedene Phasen einteilen(Abb. 1.3.1). In der mitotischen oder M-Phasewerden die replizierten Chromosomen in getrennteZellkerne aufgeteilt. Damit teilt sich die Mutterzel-le in zwei Tochterzellen. Der Zeitabschnitt zwi-schen zwei Zellteilungen wird als Interphase be-zeichnet, welche sich wiederum in einzelne Phaseneinteilen lässt. In der Synthese- oder S-Phase läuftdie DNA-Replikation ab. Die Zeitspanne zwischender S- und der M-Phase wird in die G1- und dieG2-Phase unterteilt. Die Abfolge der Zellzykluspha-sen lautet somit: M-, G1-, S-, G2-, M-Phase. DieG0-Phase wird als Zustand der Ruhe im Eukaryon-ten-Zellteilungszyklus definiert. Differenzierte Zel-len befinden sich in der G0-Phase des Zellzyklus.

Die Reihenfolge der Prozesse während des Zell-zyklus sowie die in den einzelnen Phasen ablau-fenden Vorgänge werden durch Kontrollsystemereguliert, welche die DNA-Replikation und dieChromosomentrennung periodisch auslösen. DieseKontrollsysteme werden durch Proteinkinasen kon-trolliert. Die Proteinkinasen bestehen aus der Fa-milie der cyclinabhängigen Proteinkinasen (CDK),welche die nachfolgenden Prozesse durch diePhosphorylierung bestimmter Proteine an Serin-und Threoninresten auslösen. Die aktivierendenProteine sind die Cycline, die an CDK-Proteinebinden können und diese somit in ihrer Phospho-rylierungsaktivität regulieren. Die periodische Bil-dung von solchen Cyclin-CDK-Komplexen ist die

treibende Kraft des Zellzyklus (Abb. 1.3.2) (zurÜbersicht: Zhu u. Skoultchi 2001).

Mehrere Gene spielen für die Einleitung unddas Fortschreiten der replikativen Seneszenz einezentrale Rolle. Tumorsuppressorproteine, wie p53,die Transkriptionsfaktoren darstellen, zeigen in al-ternden Zellen eine veränderte DNA-Bindungs-

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 69

Abb. 1.3.1. Zellzyklusphasen: Mitose-Phase, Synthese-Phase(S-Phase), verschiedene G-Phasen (G = „gap“, Lücke). Auf-grund fehlender Wachstumssignale (z. B. Wachstumsfak-toren) oder in pathologischen Situationen können Zellenvon der G1-Phase in die G0-Phase eintreten und in dieserPhase sehr lange Zeit (bis zu lebenslang) verharren. (Modifi-ziert nach Löffler u. Petrides 1998)

Abb. 1.3.2. Der Zellzyklus wird durch Kontrollsysteme regu-liert, welche wiederum durch Proteinkinasen kontrolliertwerden. Die Aktivität zellzyklusspezifischer Proteinkinasenhängt von der Ausbildung eines heterodimeren Proteinkom-plexes mit einem sog. Cyclinprotein ab. Cyclinproteine sindfür die jeweilige Zellzyklusphase spezifisch. Die Proteinkina-sen werden auch als cyclinabhängige Kinasen (Cdk) bezeich-net. Während in Hefezellen nur eine Cdk vorkommt, die alsCdc2 bezeichnet wird, findet sich bei Säugerzellen einegrößere Familie. (Modifiziert nach Löffler u. Petrides 1998)

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kapazität. Ebenso ist die Aktivität der p53-indu-zierten Transkriptionsaktivierung modifiziert(Bond et al. 1996). Der Transkriptionsfaktor p53ist somit in seiner wesentlichen Funktion, der In-duktion der Gentranskription, altersabhängig ver-ändert. p53 induziert das Protein p21, dessen Ex-pression in seneszenten Zellen hoch reguliert ist.p21 wiederum inhibiert verschiedene cyclinabhän-gige Kinasen im Zellzyklus und wirkt somit direktauf den Verlauf des Zellzyklus ein (Noda et al.1994). Dadurch wird die Phosphorylierung des Re-tinoblastomproteins (RB) verhindert, was zu einerBlockade des Zellzyklus führt (Harper et al. 1993).

Das RB ist ebenfalls das Produkt eines Tumorsup-pressorgens und bindet an verschiedene genregula-torische Proteine im Zellkern, die Transkriptions-faktoren. Dabei hängt seine Bindungsaffinität vomPhosphorylierungsgrad ab. In unphosphorylierterForm bindet das RB an regulatorische Proteine,die für die Zellproliferation verantwortlich sindund inaktiviert sie. Diese Regulatorproteine werdenerst freigesetzt, wenn das RB phosphoryliert ist. Inseneszenten Zellen ist das RB wenig oder nichtphosphoryliert und kann somit den Verlauf desZellzyklus nicht mehr induzieren. Neben dem p21wird die Aktivität des RB auch durch den Zellzyklu-sinhibitor p16 reguliert, der in seneszenten Zellenstark hochreguliert ist. In diesem Modell der repli-kativen Seneszenz sind die Prozesse der Alterung,das Einstellen der Replikation und somit der Zelltei-lung alleine durch die Wechselwirkung von Tumor-suppressorproteinen (z. B. p53, RB) und Zellzyklus-modulatoren (z. B. p16, p21) erklärbar (Abb. 1.3.3).

1.3.2.3 Replikative Seneszenz in vivo

Wie bereits erwähnt, ist die Rolle der replikativenSeneszenz für das Altern humaner Zellen und Ge-webe in vivo noch unklar. In der Tat ist die Anzahlpostmitotischer Fibroblasten in humanen Epithe-lien im Alter erhöht. Auch ist die Bedeutung desveränderten Expressionsprofils in alternden Zellennoch unklar. Die Frage, ob eine veränderte Gen-expression für den Seneszenzprozess kausal odernur ein Sekundärphänomen ist, ist noch offen.Der direkte Einfluss verschiedener in alterndenZellen verändert regulierter Proteine, z. B. die Pro-dukte der Tumorsuppressorgene, auf die Initiationund das Fortschreiten des Zellzyklus deuten eherauf eine kausale Rolle hin. Für Gewebe mit hoherRegenerationsrate, wie Epidermis, Mukosa oderImmunsystem, könnten die Prozesse der replikati-ven Seneszenz eine besondere Bedeutung haben.An solchen Geweben lassen sich die molekularenGrundlagen der replikativen Seneszenz besondersgut untersuchen.

1.3.3 Die Freie-Radikale-Theorie

Die Freie-Radikale-Theorie des Alterns macht diezerstörerische Wirkung sog. freier Sauerstoffradi-kale für die altersassoziierten Störungen in Zellenund Geweben verantwortlich (Harman 1956). Die-se Theorie wurde in überarbeiteter Form verschie-

70 Ch. Behl

Abb. 1.3.3. Einfluss von Tumorsuppressorgenen auf denZellzyklus. p53, Tumorsuppressorprotein und Transkripti-onsfaktor, induziert das Protein p21, welches verschiedenecyclinabhängige Kinasen inhibiert. Damit wirkt p53 direktauf den Zellzyklusverlauf ein. Das TumorsuppressorproteinRb bindet in unphosphorylierter Form an genregulatorische

Proteine (P), die für die Zellproliferation verantwortlichsind. Durch die Anbindung von Rb ist deren transkriptio-nelle Aktivität inhibiert. Die Phosphorylierung von Rb setztdiese regulatorischen Faktoren frei, was transkriptionelleAktivität ermöglicht. Die Proteine p21 und p16 regulieren u.a. die Aktivität des Rb

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dentlich neu aufgelegt, was deren Aktualität unter-streicht (zur Übersicht: Beckman u. Ames 1998;Finkel u. Holbrook 2000). Unser Leben steht unterdem ständigen Einfluss von molekularem Sauer-stoff (O2), wodurch sich schützende enzymatischeund nichtenzymatische Systeme entwickelt haben.Entstehende Sauerstoffradikale werden durch dieseSchutzsysteme (z. B. Antioxidanzien) entgiftet, waszur Einstellung eines oxidativen Gleichgewichts inden Zellen führt. Eine Störung dieses ausgewoge-nen Gleichgewichts zwischen prooxidativen Sig-nalen (z. B. Sauerstoffradikale) und Antioxidanzien(z. B. Vitamine C, E) ist definiert als oxidativerStress, ein Begriff, der durch Helmut Sies ein-geführt wurde (Sies 1986). Heute ist die Freie-Ra-dikale-Theorie nicht nur für das Altern von beson-derer Bedeutung, sondern bildet auch die Grund-lage der Prävention und Therapie einer Vielzahlvon altersassoziierten neurodegenerativen Erkran-kungen, z. B. des Morbus Parkinson oder des Mor-bus Alzheimer (Beal 1995; Behl 1999). Wo und wieentstehen freie Sauerstoffradikale?

1.3.3.1 Quellen der Sauerstoffradikale

Die verschiedenen reaktiven Sauerstoffspezies (Su-peroxidradikal, O��2 ; Hydroxylradikal, OH�; Was-serstoffperoxid, H2O2) können, wenn extrazellulärgebildet, auf Zellen einwirken (exogene Noxen)oder werden endogen erzeugt (Abb. 1.3.4). Für diezelleigene Produktion stehen verschiedene enzy-matische Systeme im Zytosol zur Verfügung. Hier-zu gehört vor allem die wachsende Familie derNADPH-Oxidasen. Diese Oxidasen erzeugen Su-peroxidradikale und wurden zuerst in Phagozyten,einer wichtigen zellulären Komponente der körper-eigenen Abwehr („oxidative burst“), charakteri-siert. Auch die nicht phagozytären NADPH-Oxida-sen erzeugen Superoxidradikale, induzieren aber,

abhängig vom spezifischen Enzymtyp, entwederzelluläre Transformation oder replikative Senes-zenz (Suh et al. 1999; Geiszt et al. 2000).

Der größte Teil der intrazellulär erzeugten reak-tiven Sauerstoffspezies entsteht in den Mitochon-drien und dort vor allem am mitochondrialenKomplex I und Komplex III. Die Produktionsrateder freien Radikale hängt somit stark von der me-tabolischen Rate der Zelle ab. Zusätzlich zu der Er-zeugung reaktiver Sauerstoffspezies bildet der Me-tabolismus eine ganze Reihe anderer Nebenpro-dukte, die ihrerseits oxidative Veränderungen be-wirken können, so etwa die Bildung von „advan-ced glycation end products“ (AGEs). Mit dem phy-siologischen Alterungsprozess geht auch ein An-stieg an AGEs einher; diese sind am Phänotyp desAlterns beteiligt (zur Übersicht: Smith et al. 1995;Golubev 1996). Die AGEs entstehen nichtenzyma-tisch durch Glykosylierung von Proteinen und ver-ursachen die Vernetzung von Proteinen, sog.„cross linkings“ (siehe 1.3.1). Dadurch werdenProteine, Enzyme und Strukturkomponenten derZelle funktionsuntüchtig.

Zellen beziehen den größten Teil ihrer Energieaus der oxidativen Phosphorylierung während derAtmungskette in den Mitochondrien. Dabei wirdder Sauerstoff durch sukzessive Übertragung vonElektronen und Protonen zu Wasser reduziert(Abb. 1.3.4). Durch eine fehlerhafte Weiterleitungder hoch energetischen Elektronen entstehen toxi-sche Superoxidradikale (Halliwell u. Gutteridge1999). Die Superoxiddismutase (SOD) wandelt dasSuperoxid in H2O2 um, das ebenfalls ein Substratfür die Bildung Membran oxidierender Hydroxyl-radikale sein kann. Weitere enzymatische undnichtenzymatische Prozesse verursachen die Bil-dung und die Anhäufung von Superoxid und des-sen Metabolit, dem H2O2. Im Zentralnervensystemspielen dabei vor allem verschiedene Oxidasen(z. B. Xanthinoxidase, Flavinoxidasen) und Oxy-

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 71

Abb. 1.3.4. Entstehung von reaktiven Sauerstoffspezies.Durch sukzessive Übertragung von Elektronen und Protonenentstehen z. B. bei der oxidativen Phosphorylierung in denMitochondrien das Superoxidradikal (O��2 ), Wasserstoffper-

oxid (H2O2) sowie das hochreaktive Hydroxylradikal (OH�).In Anwesenheit z. B. von zweiwertigen Eisenionen entstehenüber die Fenton-Reaktion aus H2O2 zusätzliche OH�-Radika-le. (Zur Übersicht: Halliwell u. Gutteridge 1999)

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genasen (z. B. Lipooxygenasen, Zyklooxygenasen)sowie die Oxidation der Katecholamine durch Mo-noaminooxidasen eine wichtige Rolle (zur Über-sicht: Behl 1999).

Wie erwähnt, existiert in gesunden Zellen einausgewogenes Gleichgewicht zwischen der Erzeu-gung reaktiver Sauerstoffradikale sowie H2O2 ei-nerseits und der Entgiftung dieser hochreaktivenMoleküle durch eine Reihe von enzymatischenund nichtenzymatischen Antioxidanzien anderer-seits (Abb. 1.3.5). Die wesentlichen antioxidativwirksamen Enzyme sind die SOD, die Katalase(CAT) sowie die Glutathionperoxidase (GPx) (Sies1993). Die beiden letzteren wandeln H2O2 um. Diewesentlichen nichtenzymatischen Antioxidanziensind das Vitamin C (Ascorbinsäure) und das Vita-min E (�-Tocopherol) sowie das Tripeptid Gluta-thion (GSH). Vitamin C gilt als das wichtigstewasserlösliche Antioxidans, das Vitamin E zeichnetsich durch hohe Fettlöslichkeit aus.

Freie Radikale sind hochreaktive Atome oderMoleküle, die zelluläre Biomoleküle oxidierenkönnen. Die Funktion von Proteinen (z. B. Enzy-me) wird durch Oxidation gestört (Abb. 1.3.6).Oxidative Modifikationen der DNA können zurMutagenese und Tumorentstehung führen (Prolife-ration). Besonders oxidationsgefährdet sind dienichtgesättigten Kohlenwasserstoffseitenketten derMembranlipide. Die Oxidation der Seitenketten lei-tet eine Kettenreaktion ein, was zur strukturellenZerstörung und zur Zelllyse führen kann (Degene-ration).

Die Lipidperoxidation ist die am häufigsten be-obachtete oxidative Modifikation bei verschiedenenchronischen (z. B. Morbus Alzheimer, Morbus Par-kinson) und akuten (z. B. Schlaganfall, Trauma)neurodegenerativen Ereignissen. Experimentell las-sen sich Lipidperoxidationen durch die Zugabevon Oxidanzien zur Zellkultur einleiten. Krank-heitsrelevante Noxen, wie beispielsweise die exzita-torische Aminosäure L-Glutamat oder das Alzhei-mer-assoziierte Amyloid-�-Protein (A�), und aucheine Reihe von Umwelttoxinen (z. B. Asbest)können nach Zugabe zu den Zellen Lipidperoxida-tionen und damit letztendlich den Zelluntergangdurch Zelllyse initiieren (zur Übersicht: Halliwellu. Gutteridge 1999; Behl 1999). Vielfach werdenvon den unterschiedlichen Neurotoxinen die glei-chen intrazellulären oxidativen Wege eingeleitet.So kommt es durch A�, aber auch durch exzitato-rische Konzentrationen des Glutamat zur Aktivie-rung einer NADPH-Oxidase. Dies führt zur Pro-duktion von Superoxidradikalen und nachfolgendzur Akkumulation von H2O2 in den Zellen. NachUmwandlung des H2O2 zum hochreaktiven Hydro-xylradikal kommt es direkt zur Attacke der Koh-lenwasserstoffseitenketten der Lipide (Abb. 1.3.7).Vor allem aufgrund des hohen Gehalts an vielfachungesättigten Kohlenhydraten in den Seitenkettender membranären Phospholipide sind die Nerven-zellen des Gehirns besonders anfällig gegenüberOxidationen. Hinzu kommen im Gehirngewebeweiterhin die vergleichsweise niedrigen Konzentra-tionen an endogenen Antioxidanzien, wie etwa

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Abb. 1.3.5. Enzymatische und nichtenzymatische Antioxi-danzien. Das wichtigste fettlösliche (lipophile) Antioxidansist das ±-Tocopherol (Vitamin E), das zentrale wasserlös-liche das Vitamin C (Ascorbinsäure). Katalase (CAT) undGlutathionperoxidase (GPx) entgiften H2O2. GPx wird durchdie Aktivität der Glutathionreduktase (GR) regeneriert. Glu-

tathion (GSH) ist ein zentrales, antioxidativ wirkendes Tri-peptid der Zelle. Stickstoffmonoxidsynthase (NOS) kataly-siert die Bildung von Stickstoffradikalen (NO�). Die Reaktionzwischen dem Superoxidradikal O��2 ) und NO� führt zur Bil-dung des höchst reaktiven Peroxinitrit (ONOO��). (Zur Über-sicht: Sies 1993)

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dem Enzym Glutathionperoxidase (GPx) oder Vita-min E, und die sehr starke Anreicherung an enzy-matisch aktiven Metallionen (z. B. Eisenionen),welche die Bildung von Radikalen (v. a. OH�) überdie Fenton-Reaktion direkt beschleunigen und so-mit als Katalysator wirken (siehe Abb. 1.3.4) (zurÜbersicht: Halliwell u. Gutteridge 1999).

Neue Befunde unterstreichen die Rolle vonOxidanzien und oxidativem Stress beim zellulären

Altern. Die Überexpression des Gens ras – dasRAS-Protein ist Mitglied einer großen Familie vonGTP-Bindungsproteinen, die an der intrazellulärenSignaltransduktion beteiligt sind – induziert einenseneszenten Zustand in humanen Fibroblasten(Serrano et al. 1997), der unter anderem auchdurch einen erhöhten Spiegel an intrazellulär gene-rierten reaktiven Sauerstoffspezies gekennzeichnetist. Dieser konnte durch Antioxidanzien wieder ge-

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 73

Abb. 1.3.6. Reaktive Sauerstoffspezies attackieren die zen-tralen Biomoleküle der Zelle. Die Oxidation der DNA kannzur Ausbildung von Mutationen und somit zur Tumorentste-hung führen (Proliferation). Oxidierte Proteine werden dys-

funktional. Enzyme und Strukturproteine der Zelle verlierenihre Funktion. Die Peroxidation von Membranlipiden führtzum Aufbrechen der Membran und somit zum Zellunter-gang (Degeneration)

Abb. 1.3.7. Lipidperoxidation. Hydroxylradikale oxidierendie ungesättigten Kohlenwasserstoffseitenketten der Mem-branlipide. Die Reaktionsfolge lässt sich in unterschiedliche

Schritte unterteilen, erfolgt als Kettenreaktion und endet mitder Ausbildung von Lipidperoxiden (ROOH). (Zur Übersicht:Halliwell u. Gutteridge 1999)

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senkt werden (Lee et al. 1999). Intrazelluläre Oxi-danzien könnten somit als zelleigene Induktorendes Alterns agieren und als molekulare Schalterwirken.

Reaktive Sauerstoffradikale und oxidativerStress spielen ebenfalls eine entscheidende Rollebeim Zelltod. Oxidanzien können Initiatoren desZelltods sein, können aber auch nach der Einlei-tung des Zelluntergangs als Nebenprodukte auftre-ten, die den Zelltod beschleunigen. Allgemein un-terscheidet man beim Zelluntergang zwei grund-sätzliche Formen: die Apoptose und die Nekrose.

1.3.3.2 Apoptose und Nekrose:Die beiden grundlegenden Mechanismendes Zelltods

Auf der Grundlage biochemischer und morpholo-gischer Kriterien können die Apoptose und die Ne-krose als Mechanismen des Zelltods unterschiedenwerden, zwei völlig unterschiedliche, aber oftmalssich überschneidende Prozesse. Die Apoptose, diehäufig auch als „programmierter Zelltod“ bezeich-net wird, ist ein aktiver, durch bestimmte Genekontrollierter Prozess. Die Aktivierung solcherproapoptotischer Gene ist durch eine ganze Reihevon Stimuli möglich, u. a. durch oxidativen Stress,Hormone, Entzug trophischer Moleküle, Zellgifteund Viren. Die Apoptose ist – sofern sie kontrol-liert abläuft – ein notwendiger physiologischerProzess, der beispielsweise während der Embryo-genese, aber auch im adulten Organismus für diegeordnete Entfernung überschüssiger Zellen ver-antwortlich ist (Wyllie et al. 1980). Diese Aktivitätwird besonders im Nervensystem deutlich. Annä-hernd 50% der postmitotischen Nervenzellen wer-den durch Apoptose während der Entwicklung desNervensystems entfernt (Burek u. Oppenheim1996). Der Wettbewerb zu vieler Nervenzellen umein nur beschränktes Angebot an Neurotrophinenbewirkt den Untergang vieler Nervenzellen; diesesterben „vor Hunger“ (Raff 1993).

Die biochemischen Exekutoren der Apoptosesind die Caspasen, die zur Familie der Cysteinpro-teasen gehören. Derzeit sind etwa 14 unterschiedli-che Caspasen bekannt. Viele liegen in der Zelle alsinaktive Vorläufermoleküle (Procaspasen) vor. DieSpaltung der Procaspasen bewirkt die Freisetzungund Stimulierung der Enzymaktivität. Die ver-schiedenen Caspasen bilden vielfach ein intrazellu-läres Netzwerk, wobei die Caspase 3 eine zentraleStellung einnimmt. Dies wird beispielhaft durchfolgenden Befund verdeutlicht: Mäuse, deren Gen

für die Caspase 3 experimentell deletiert wurde(„caspase-3-knock-out“) zeigen eine dramatischeHypertrophie des Nervensystems (Kuida et al.1996). Die durch die Aktivität der Caspase 3 nor-malerweise bewirkte physiologische Entfernungvon Nervenzellen ist in diesem Modell nicht mehrmöglich. Aber wie führt nun die Aktivität derCaspasen zum Zelltod?

Verschiedene Substrate der Caspaseaktivitätsind bekannt. Vielfach werden durch die caspase-vermittelte Proteolyse lebenswichtige zelluläre Pro-teine in ihrer Funktion gestört. Ein Beispiel ist dieSpaltung des Inhibitorproteins der caspaseaktivier-ten DNase („inhibitor of caspase-activated deoxy-ribonuclease“, ICAD), eines Enzyms, das die DNAdirekt zerstört (Liu et al. 1997; Enari et al. 1998).Weitere bekannte Beispiele für Caspasesubstratesind antiapoptotische Proteine der BCL2-Familie(Adams u. Cory 1998; Reed 2001). Caspasenkönnen durch ihre proteolytische Aktivität auchStrukturproteine spalten und somit direkt die Zell-architektur beeinträchtigen (Kothakota et al. 1997).Die Aktivität der Caspasen lässt sich experimentellu. a. durch spezifische Antikörper mit proteinana-lytischen Verfahren (z. B. Western-Blotting-Metho-de) nachweisen.

Morphologisch zeichnet sich die Apoptose vorallem durch folgende Eigenschaften aus: Schrump-fen der Zellen, Ausstülpungen der Zellmembran(„blebbing“) und Kondensation des Chromatinsim Zellkern. Die Morphologie der Mitochondrienund der meisten Organellen bleibt unverändert.Die Disintegration der Zelle erfolgt verzögertdurch das Abschnüren von Apoptosekörperchen(„apoptotic bodies“). In Geweben (in situ) werdendiese apoptotischen Vesikel durch benachbarteMakrophagen phagozytiert und somit eine inflam-matorische Reaktion im apoptotischen Gewebeverhindert (Williams u. Smith 1993).

Dazu in krassem Gegensatz steht der Zelltod-prozess der Nekrose. Diese ist durch eineEntzündungsreaktion im nekrotischen Gewebecharakterisiert. Nekrotischer Zelltod ist nicht ge-netisch reguliert, sondern ein passiver Prozess, derin Zellen häufig durch einen spontanen Insult oderein Trauma induziert wird. Die Nekrose zeichnetsich morphologisch durch ein schnelles Anschwel-len der Zellen und der Organellen sowie durch diePyknose des Zellkerns aus. Nachfolgend löst sichdie Zellmembran auf und der Zellinhalt entleertsich, was eine massive Entzündungsreaktion imGewebe auslöst. Während die DNA bei der Apop-tose durch die Aktivität spezifischer DNasen indistinkte Fragmente gespalten wird, erfolgt wäh-

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rend der Nekrose eine zufällige enzymatische Zer-störung der DNA. Gerade die DNA-Fragmentie-rung wird häufig als Indikator für Apoptose bzw.Nekrose eingesetzt, da sich die gerichtet gespalteneDNA apoptotischer Zellen nach gelelektrophoreti-scher Auftrennung als „DNA-Leiter“ („laddering“)darstellen lässt und die DNA aus nekrotischen Zel-len als „DNA-Schmier“ („smear“) identifiziert wer-den kann (Williams u. Smith 1993; Behl 2000). Ab-schließend soll hier nochmals betont werden, dassdie Apoptose einen aktiven genetisch kontrollier-ten Prozess darstellt, während die Nekrose passivverläuft. Interessanterweise können unter bestimm-ten Voraussetzungen beide Prozesse ineinanderübergehen, sodass ein Zelltod, der als Apoptosebeginnt, nachfolgend einen nekrotischen Verlaufnimmt.

Eine gestörte Apoptose kann sowohl zur Tumor-entstehung (verringerte Apoptose) als auch zuneurodegenerativen Prozessen (verstärkte Apopto-se) führen. Tatsächlich sind apoptotische Zellen inpathologischen Geweben einer Reihe neurodegene-rativer Erkrankungen nachgewiesen worden. Auchhier kann sowohl Apoptose als auch Nekrose ab-laufen. In Post-mortem-Geweben von Alzheimer-Patienten wurden beide Prozesse klar gezeigt, wo-bei die Differenzierung zwischen Apoptose undNekrose oftmals ein eher technisch experimentel-les Problem darstellt (Behl 2000). Oxidative Sig-

nale, etwa ausgelöst durch Neurotoxine, welche dieintrazelluläre Akkumulation von Oxidanzien indu-zieren (z. B. Glutamat), können beide Arten desNervenzelltods auslösen. Vielfach scheint die ge-naue Art des Prozesses (Apoptose versus Nekrose)von der Art des oxidativen Signals, der Stärke desoxidativen Stresses und vom jeweiligen Zelltyp ab-hängig zu sein.

1.3.3.3 Schutz durch Antioxidanzien

Exogen den Zellen zugeführte Antioxidanzienkönnen die zerstörerischen oxidativen Prozesseverhindern. Besonders geeignet zur Verhinderungder Lipidperoxidation und somit zum Membran-und Zellschutz sind monophenolische Antioxi-danzien, wie das �-Tocopherol (Vitamin E). DurchAbgabe eines Protons an das Sauerstoffradikalwird dieses entgiftet (Abb. 1.3.8).

Andere Antioxidanzien wurden in verschiede-nen Modellen des oxidativen Nervenzelltods in vi-tro, aber auch in vivo getestet, insbesondere dasPinealhormon Melatonin (Reiter et al. 2000), sowieSubstanzen mit einer steroidalen Grundstruktur,wie die 21-Aminosteroide, auch Lazaroide ge-nannt. Verschiedenen Steroiden, die sich durch ih-re hohe Fettlöslichkeit auszeichnen, wurde einepotenzielle antioxidative Aktivität zugeschrieben.

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 75

Abb. 1.3.8. Monophenolische Antioxidanzien als Radikal-fänger. Die monophenolischen Antioxidanzien 17�-Estradiol(Östrogen) und �-Tocopherol (Vitamin E) bestehen aus ähn-lichen Molekülgruppen, einer phenolischen Radikalfänger-

gruppe (OH-R) und einem fettlöslichen Schwanz (-R). Diephenolische Gruppe entlässt ein Proton, welches das freieElektron des Radikalmoleküls absättigt und somit entgiftet

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Der bekannte Glukokortikoid- und Progesteron-Rezeptorantagonist RU 486 (Mifepriston) kannebenfalls Nervenzellen vor der Lipidperoxidationund somit dem Zelluntergang schützen. SteroidaleStrukturen sind somit Prototypen für die Neusyn-these antioxidativer Substanzen, sofern die ent-scheidenden antioxidativ wirkenden chemischenGruppen (z. B. phenolische OH-Gruppen) verfüg-bar sind. Auch das weibliche Sexualhormon Östro-gen ist ein biochemisches monophenolisches An-tioxidans (Abb. 1.3.8) (Behl et al. 1995). Unter-schiedliche Mechanismen sind beschrieben, dieden durch Östrogen vermittelten Nervenzellschutzin vitro und in vivo beschreiben (zur Übersicht:Behl u. Holsboer 1999; Behl 1999). Die antioxidati-ve Wirkung des Östrogens kann hierzu ebenfallseinen entscheidenden Beitrag leisten.

Ein wesentliches Merkmal des Alterns weibli-cher Organismen ist der Verlust des Östrogens mitder Menopause. Verschiedene degenerative Prozes-se gehen mit diesem Östrogenverlust einher. Bei-spiele hierfür sind Osteoporose, Arteriosklerose,kognitive Veränderungen sowie neurodegenerativeErscheinungen. Durch Östrogenersatz versuchtman, diesen Östrogenverlust auszugleichen, zumTeil mit Erfolg, etwa zur Prävention der Arterio-sklerose und der Alzheimer-Krankheit (zur Über-sicht: Behl 2001). In vivo spielen vor allem diehormonellen genomischen und somit östrogen-rezeptorabhängigen Prozesse ein zentrale Rolle.

1.3.3.4 Verlängerung der Lebensspannedurch Antioxidanzien

Die wichtigsten Antioxidanzien des Menschen, diezum Zellschutz beitragen, sind die Vitamine Cund E. Die Verabreichung von Antioxidanzien ver-längert das Leben von D. melanogaster (Miquel u.Economos 1979). Auch die kombinierte Über-expression der Gene der antioxidativen EnzymeCu/Zn-SOD und der Katalase in transgenen Droso-phila-Fliegen verlängert die mittlere und die maxi-male Lebensdauer (Orr u. Sohal 1994; Parkes et al.1998). Kürzlich wurde zudem gezeigt, dass synthe-tische SOD- und Katalase-Mimetika das Überlebenvon transgenen Mäusen, die ein ALS-Modell reprä-sentieren, verlängern (Jung et al. 2001). DieseSOD- und Katalase-Mimetika verlängerten eben-falls die Lebensspanne des Fadenwurms C. elegans(Melov et al. 2000). Zusammenfassend lässt sichfesthalten, dass folgende Beobachtungen die Freie-Radikale-Theorie des Alterns stark stützen:

• Die Überexpression antioxidativer Enzymeverzögert den altersassoziierten oxidativen Scha-den und verlängert die maximale Lebensspannevon Modellorganismen.

• Die unterschiedlichen Lebenserwartungen ver-schiedener Spezies ist umgekehrt proportionalzu der Rate der erzeugten Superoxidradikaleund des H2O2 in den Mitochondrien.

• Kalorische Restriktion bei der Nahrungsaufnah-me erniedrigt den generellen oxidativen Stressund den damit verbundenen oxidativen Scha-den, verzögert altersassoziierte Veränderungenund verlängert die maximale Lebensspanne beiSäugetieren (zur Übersicht: Mattson et al. 2001;Mockett et al. 2001).

Nachdem die Mitochondrien die Hauptquelle derEntstehung der reaktiven Sauerstoffspezies sind,müssen die Elektronentransportvorgänge bei dermitochondrialen Energiegewinnung und die Fol-gen von Mutationen der mitochondrialen DNAbeispielsweise besonders beachtet werden (zurÜbersicht: Wallace 1999; Sastre et al. 2000).

Oxidativer Stress führt zu Proliferation oder De-generation (siehe Abb. 1.3.6). Freie Sauerstoffradi-kale können somatische Genmutationen, Chromo-somenabnormalitäten, Aneuploidien, mitotischeund rekombinante Genkonversionen und Genampli-fikationen verursachen. Alle diese genetischen Ver-änderungen betreffen sowohl die chromosomaleals auch die mitochondriale DNA und können po-tenziell eine bedeutende Rolle bei der Einleitungund dem Fortschreiten des Alterungsprozesses so-wie bei altersassoziierten Erkrankungen spielen.Die experimentellen Hinweise an kultivierten Zellenund im Tier sind vielfältig (zur Übersicht: Halliwellu. Gutteridge 1999). Verschiedenes deutet auf eineRolle von Oxidationen bei den Veränderungen derchromosomalen Telomere hin.

1.3.4 Die Telomertheorie

Die Chromosomen des Menschen sowie aller Eu-karyonten sind lineare Strukturen, deren Endenals Telomere bezeichnet werden (Abb. 1.3.9). DieReplikation der zellulären DNA während derS-Phase des Zellzyklus beginnt mit der syntheti-schen Verlängerung kleiner RNA-Stücke, genanntRNA-Primer, durch die DNA-Polymerase. DieRNA-Primer werden nach der Neusynthese derDNA entfernt und interne Lücken mit DNA auf-

76 Ch. Behl

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gefüllt. Der Ersatz der RNA-Primer kann entlangder gesamten DNA-Replikationsgabel mit Ausnah-me der äußersten 5�-Enden des DNA-Strangs statt-finden. Die Folge ist die Verkürzung des Tochter-DNA-Stranges durch die jeweilige Länge des RNA-Primers am Strangende. Diese Prozesse sind die

molekulare Basis der „Endreplikationsproblematik“(Olovnikov 1996) (Abb. 1.3.10).

Bei fast allen Eukaryonten sind die Telomereaus langen DNA-Abschnitten kurzer Tandemwie-derholungen zusammengesetzt. Diese DNA-Se-quenz lautet TTAGGG, wobei das G-reiche 3�-DNA-

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 77

Abb. 1.3.9. Telomere sind Chromosomen-Endstücke. Die li-nearen Chromosomen aller eukaryontischen Zellen habenTelomere an beiden Enden. Mit der andauernden Proliferati-

on der Zellen verkürzt sich die Länge der Telomere. Die Zel-len stellen die Proliferation ein. (Modifiziert nach Takahashiet al. 2000)

Abb. 1.3.10. Das „Endreplikationsproblem“. DoppelsträngigeDNA wird durch das Fortschreiten der Replikationsgabelverdoppelt. RNA-Primer dienen als Startpunkte der DNA-Polymerase (POL). Diese RNA-Primer werden am gesamtenChromosom durch DNA ersetzt mit Ausnahme der äußers-

ten 52�-Enden der DNA. Folglich ist jeder neu synthetisierteDNA-Strang etwas kürzer als sein parentaler Templatestrang.Es gehen ungefähr 50–200 Basenpaare pro Zellteilungspro-zess verloren. (Modifiziert nach Klapper et al. 2001)

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Ende etwa 200 Nukleotide länger ist als der C-rei-che Strang. Die DNA-Sequenzen der Telomere tra-gen keine kodierenden Sequenzen und sind somitmit Blick auf den genetischen Informationsgehaltverzichtbar. Allerdings haben Telomere wichtigeFunktionen während der Replikation (siehe1.3.4.1.). So verhindern sie, dass das Chromoso-menende als Doppelstrangbruch erkannt wird, undbeeinflussen die korrekte Paarung der Nukleotid-stränge sowie die Bewegung der Chromosomenbei der Mitose und Meiose. Die Struktur der Telo-mere und einiger Telomer bindender Proteine, dieihrerseits die Telomerfunktion modulieren können,ist beschrieben (zur Übersicht: Collins 2000). Feststeht, dass sich mit jeder Zellteilung die Telomereverkürzen. Diese konstante Telomerverkürzung istdas biochemische Substrat des Hayflick-Limits(zur Übersicht: Klapper et al. 2001).

Verschiedene Telomerbindungsproteine wurdenbereits vor allem in der Hefe S. cerevisiae identifi-ziert. Beim Menschen sind ebenfalls einige Bin-dungsproteine bekannt, beispielsweise die Duplex-Telomer-TTAGGG-Repeat-Bindungsfaktoren TRF1und TRF2, die Einzelstrangbindungsproteine Telo-merase Reverse Transkriptase (TERT), das telome-raseassoziierte Protein 1 (TEP1) und das ProteinhnRNP A1 (van Steensel et al. 1998; Nakamura etal. 1997; Meyerson et al. 1997; Harrington et al.1997; Nakayama et al. 1997; LaBranche et al. 1998).Vermutlich sind alle Telomer bindende Proteine inirgendeiner Weise an der Regulation der Telomer-struktur und -funktion beteiligt.

1.3.4.1 Biologische Funktion der Telomere

Folgende Funktionen der Telomere lassen sich klarunterscheiden:• Schutz der Chromosomenenden vor Rekombina-

tion, Fusion und Abbau durch Exonukleasenund Ligasen,

• Regulation der Chromosomenerkennung und-auftrennung bei der Mitose,

• Positionierung und Verankerung der Chromso-men innerhalb der funktionellen Kernkomplexezur Erleichterung der DNA-Replikation auf ver-schiedenen Stufen der Meiose und Mitose.

Die Signalwege, die zur Einleitung der zellulärenSeneszenz durch die Telomerverkürzung führen,sind bisher nur schlecht beschrieben. Dennochgeht man davon aus, dass kurze Telomere ver-schiedene Signalwege direkt aktivieren können(Vojta u. Barrett 1995). Mechanistisch könnte dies

durch die Beeinflussung der Transkription telo-merbenachbarter Gene durch die Verkürzung derTelomere vermittelt werden. Für den Hefemodell-organismus S. cerevisiae ist bereits bekannt, dassdie Transkription von Genen in der Nähe der Telo-mere reversibel blockiert ist (Gottschling et al.1990). Dies wird als Telomerpositionseffekt (TPE)bezeichnet. Das Verschwinden der Telomerekönnte somit zur Aufhebung dieser Transkripti-onsblockade und zur Aktivierung der Gentran-skription führen. Die Identifizierung dieser Gene,die gegenüber der Telomerverkürzung sensitiv sind(„telomer shortening-sensitive genes“, TSSG), istsomit von zentraler Wichtigkeit für das Verständ-nis der zellulären Effekte des Telomermetabolis-mus (zur Übersicht: Liu 1999). Ein solches TSSGkönnte das Tumorsuppressorgen p53 sein. So wur-de kürzlich für Mäuse gezeigt, dass eine signifi-kante Telomerverkürzung die Aktivierung der Ex-pression von p53 sowie einen Wachstumsstillstandund eine Apoptose auslöst (Chin et al. 1999). ImGegensatz dazu führt die Zerstörung des p53-Genszur Immortalisierung von Zellen und zum Tumor-wachstum (Metz et al. 1995).

1.3.4.2 Telomerbiologie in vivo

Zu Beginn der neunziger Jahre wurde das Telo-merphänomen von verschiedenen Laboratorien ge-zeigt (Harley et al. 1990; Lindsey et al. 1991; All-sopp et al. 1992). Die Telomerverkürzung ist keinausschließliches In-vitro-Phänomen, sondern wur-de auch in Geweben während des Alterungsprozes-ses in vivo beobachtet, so etwa an Fibroblasten,Leukozyten und Schleimhautzellen. Diese Beobach-tungen ließen den Schluss zu, dass auch in vivo ei-ne bestimmte kritische minimale Länge der Telo-mere die Vorgänge der replikativen Seneszenz ein-leitet.

1.3.4.3 Das Enzym Telomerase

1.3.4.3.1 Struktur und Funktion

Die Funktion des Enzyms Telomerase besteht da-rin, der Telomerverkürzung entgegenzuwirken undhierfür die sich wiederholende DNA-Sequenz derTelomere zu verlängern, um den Nukleotidverlustnach Möglichkeit zu verhindern. Telomerase istein großer Ribonukleoproteinkomplex, der aus ei-ner RNA-Untereinheit und verschiedenen Protein-komponenten besteht. Die RNA-Einheit ist essen-

78 Ch. Behl

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ziell für die enzymatische Funktion der Telomera-se. Die humane Telomerase-RNA (hTR) ist 445Nukleotide lang und beinhaltet eine 11 Nukleotidelange Templatesequenz (5�-CUAACCCUAAC-3�),die für die Telomerwiederholungssequenzen(TTAGGG)n kodiert (Morin 1989). Die Telomerasefunktioniert somit wie eine reverse Transkriptase.Zusätzlich zu ihrer Aufgabe, als Template für diereverse Transkription bei der Synthese der Telo-mer-DNA zu fungieren, ist die RNA-Untereinheitam aktiven Zentrum des Enzyms beteiligt (Bhatta-charyya u. Blackburn 1997). Das Entfernen derRNA-Untereinheit führt zur• Inhibition der Telomerase,• Verkürzung der Telomere und• Beeinflussung des replikativen Potenzials,

vor allem von embryonalen Stammzellen und an-deren Zellen mit hohem proliferativen Potenzial(Niida et al. 1998). Obwohl bisher nur ein einzigesGen für die Telomerase-RNA-Untereinheit identifi-ziert wurde, konnten mindestens drei Gene klo-niert werden, die Telomeraseproteinkomponentenkodieren.

Der genaue molekulare Mechanismus der Telo-meraseaktivität ist nur unvollständig verstanden.Es gibt eine Reihe von Hinweisen, die darauf hin-deuten, dass das Telomeraseholoenzym direkt mitdem Einzelstrang der 3�-GT-reichen Telomerpri-mersequenzen interagiert und dabei Deoxynukleo-sidtriphosphate in der 5�–3�-Richtung polymeri-siert. Hat die Telomerase erst einmal an die Telo-merprimer gebunden und sich damit so positio-niert, dass die RNA-Templatesequenz an den telo-meren DNA-Primersequenzen anliegt, beginnt dieenzymatische Transkription der DNA-Nukleotide.Sobald ein vollständiger Telomerenrepeat(TTAGGG) gebildet ist, kann die Telomerase andie nächste Stelle translozieren und sich der ge-samte Vorgang wiederholen. Weder die Tertiär-oder die Quartärstruktur des Enzyms Telomerasenoch die Kinetik der Wechselwirkung zwischender Telomerase und den Telomeren sind bekannt.Auch ist die Frage der Assemblierung des Telome-raseholoenzyms im Zellkern noch ungeklärt (zurÜbersicht: Liu 1999).

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Te-lomerase ist ein Ribonukleoprotein, bestehend auszwei Kernkomponenten: der katalytischen Unter-einheit hTERT und der RNA-Komponente hTR(Collins 2000). Die Telomerase besitzt eine spezi-fische Reverse-Transkriptase-Aktivität und hält dieLänge der Telomere konstant. Unterstützt wird die-se Hypothese durch Befunde, bei denen nach

Transfektion und Überexpression der katalytischenUntereinheit des Enzyms Telomerase (hTERT) pri-märe humane Fibroblasten und Endothelzellen un-sterblich werden. Die Zellen erhalten hiermit eineunbegrenzte Teilungsfähigkeit, sind immortal undentgehen dem Hayflick-Limit, dem mortale Zellenansonsten unterliegen (Bodnar et al. 1998; Yang etal. 1999). Die Telomerase ist in immortalen Zell-linien aktiv, ebenso in Tumorzellen und Stammzel-len in vivo. Darüber hinaus ist die Telomerase insolchen Zellen exprimiert und aktiv, die generellein erhöhtes replikatives Potenzial besitzen, wie et-wa embryonale Zellen, T- und B-Lymphozyten unddie Zellen der regenerativen Gewebe (zur Über-sicht: Dhaene et al. 2000). Trotz der eindeutigenBefunde, die den Verlust der Telomere als Haupt-grund der replikativen Seneszenz und somit desAlterns erklären, kann dieser Telomerverlust nichtalle zellulären Alterungsphänomene in vitro erklä-ren. Von großer Bedeutung sind – wie bereits dis-kutiert – ebenso die Folgen von oxidativem Stress,z. B. der oxidative Schaden der mitochondrialenDNA sowie anderer Träger vitaler Funktionen in-nerhalb der Zelle. Auch diese Faktoren bestimmendie Lebensspanne der Zellen (zur Übersicht: John-son et al. 1999). Andererseits kann ohne die Akti-vierung der Telomerase oder eine andere Lösungdes Endreplikationsproblems keine unsterblicheZelle in vitro erzeugt werden. In der Tat sind nurwenige immortale Zelllinien bekannt, die keine Te-lomeraseaktivität exprimieren. Diese müssen alter-native Mechanismen zur Bewahrung der Telomer-längen und somit zur Umgehung des Hayflick-Li-mits aufweisen (Bryan et al. 1997). Obgleich diesealternativen Mechanismen für eine Vielzahl unter-schiedlicher Zelltypen sehr bedeutsam seinkönnten, sind die Telomere zumindest in vitro ein-deutig die Schlüsselstruktur der replikativen Se-neszenz.

Telomere wirken in vitro als Sensoren für ku-mulativen oxidativen Stress. Die durch hyperoxi-sche Behandlung in vitro künstlich gealterten Zel-len weisen eine Reihe von Merkmalen auf, dieexakt denen der normal gealterten kultiviertenZellen entsprechen. Sowohl die Morphologie derZellen als auch die charakteristische Anhäufungdes Alterspigments Lipofuszin, eine veränderte At-mungsaktivität und die Arretierung der Zellen inder G1-Phase des Zellzyklus waren zwischen denbeiden experimentellen Ansätzen (induziertes Al-tern im Vergleich zu natürlichem Altern) identisch(Saretzki et al. 1998; Sitte et al. 2000). Bereits sehrfrühe Studien ergaben, dass humane Fibroblasten,die unter reduzierten Sauerstoffbedingungen (hy-

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 79

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poxisch) kultiviert wurden, eine verlängerte Le-bensspanne haben (Packer u. Fuehr 1977). Zellenunter erhöhtem Sauerstoffpartialdruck (hyper-oxisch) haben eine reduzierte Lebensdauer (vonZglinicki et al. 1995). Auch nicht letale Dosen vonH2O2 aktivieren einen schnellen altersähnlichenWachstumsstillstand (Chen u. Ames 1994). Auchdie Telomerlänge von hyperoxischen Fibroblastenzeigte eine sogar noch deutlichere Verkürzung alsdiejenige, die bei normal seneszenten Fibroblastenvorliegt. Oxidativer Stress, ausgelöst durch hyper-oxische Bedingungen, führt zu einer beschleunig-ten Telomerverkürzung. Konsequenterweisekönnten somit Antioxidanzien diese Prozesseverzögern oder sogar verhindern, was z. Z. inten-siv untersucht wird. Die Telomerlänge ist somitauch ein Maß des in den Zellen herrschenden oxi-dativen Stresses (Serra et al. 2000).

1.3.4.3.2 Regulation der Telomeraseaktivität

Die Aktivität der Telomerase ist reversible regu-liert. So lässt sich in den meisten normalen (nichttransformierten, mortalen) humanen somatischenZellen keine Telomeraseaktivität nachweisen. In et-wa 85% aller humanen Krebszellen und immortali-sierten (transformierten) Zelllinien jedoch ist dieTelomeraseaktivität sehr stark erhöht (Kim et al.1994; Shay u. Bacchetti 1997). Ruhende Lymphozy-ten zeigen nur eine geringe Telomeraseaktivität,die jedoch nach Stimulation der Antigenrezeptorenverstärkt wird (Igarashi u. Sakaguchi 1997; Wenget al. 1998). In Krebszellen wird die hohe Telome-raseaktivität durch Verlassen des Zellzyklus un-terdrückt (Sharma et al. 1996; Bestilny et al. 1996).Viele Fragen der molekularen Mechanismen derRepression und Induktion der Telomeraseaktivitätsind noch offen. Allerdings wurde kürzlich einSchlüsselelement der Repression entdeckt. Eine diehTERT reprimierende Aktivität wurde auf demChromosom 3 lokalisiert (zur Übersicht: Shay1999).

Die Regulation der Telomeraseaktivität erfolgtaller Voraussicht nach auch durch posttranskrip-tionelle Mechanismen (Li et al. 1997; Kang et al.1999). Da die Telomerase mit einer Halbwertszeitvon etwa 24 h nur vergleichsweise langsam meta-bolisiert wird, können direkte Protein-Protein-Wechselwirkungen sowie Phosphorylierungs- undDephosphorylierungsreaktionen am Enzym diesesmodifizieren. Hier sind allerdings noch viele Fra-gen offen (zur Übersicht: Liu 1999; Poole et al.2001).

1.3.4.4 Telomere in der Pathophysiologie

1.3.4.4.1 Telomere bei Altersphänomenen und beiSyndromen mit beschleunigtem Altern

Bei unterschiedlichen Altersphänotypen wurdenTelomerlängen untersucht. Eine Auswahl zeigt Ta-belle 1.3.1. Mit Blick auf die wohl wichtigste alters-assoziierte pathologische Veränderung, die Arte-riosklerose, wurde gezeigt, dass die Telomere wäh-rend der Gefäßalterung kürzer werden. Es wirdvermutet, dass die beobachtete Telomerverkürzungdie Folge einer erhöhten Replikationsrate der vas-kulären Zellen ist. Diese erhöhte Teilungsratekönnte eine Reaktion sein, die den Zellverlustkompensieren soll, dabei aber zur Bildung arterio-sklerotischer Plaques beiträgt (Chang u. Harley1995). In der Tat korreliert die Telomerlänge inversmit dem Grad der Arteriosklerose (Okuda et al.2000).

Während Phänomene, die allgemein mit Alte-rungsprozessen assoziiert sind („normales Al-tern“), die Folge unterschiedlicher Prozesse aufmolekularer und zellulärer Ebene mit einer anstei-genden Zahl nicht funktionierender Zellen sind,werden Alterssyndrome durch einige definierbaregenetische Defekte verursacht. Alle Zellen weisendabei die gleichen genetischen Veränderungen auf.Dennoch zeigen manche der genetisch bedingtenSyndrome eine Kombination verschiedener Phäno-

80 Ch. Behl

Tabelle 1.3.1. Telomerbiologie bei altersassoziierten Erkrankungen. (Modifiziert nach Klapper et al. 2001)

Phänotyp Telomerbiologie in vivo

Verringerte Immunfunktion Altersabhängige Telomerverkürzung in B- und T-LymphozytenArteriosklerose Altersabhängige Telomerverkürzung, vor allem in den arteriosklerotischen Gefäßen

und im Endothelgewebe unter StressErhöhtes Krebsrisiko Telomeraseaktivität und zumeist kurze Telomere im KrebsgewebeMuskelatrophie Kürzere Telomere in dystrophem MuskelgewebeVerringerung kognitiver Leistung Keine altersassoziierte Telomerverkürzung im GehirngewebeErgrauen des Haares und Haarverlust Keine verringerte Telomeraseaktivität in Haarfollikelzellen

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typen normalen Alterns, allerdings in zeitlich starkbeschleunigter Art und Weise. Die größte Ähnlich-keit zum normalen Altern zeigen die folgendenSyndrome: Werner-Syndrom (WS), Bloom-Syn-drom (BS), Hutchinson-Gilford-Syndrom undDown-Syndrom (DS). Alle diese Krankheitsbilderzeigen Veränderungen in ihrer Telomerbiologie(Nakura et al. 2000; Miki et al. 2000) (Tabelle1.3.2)

Der genetische Defekt beim WS betrifft daswrn-Gen, das zur Familie der RecQ-DNA-Helika-sen gehört (Gray et al. 1997). Helikasen sind ander Entwindung der DNA-Stränge beteiligt. Ver-schiedene Mutationen des wrn-Gens in WS-Patien-ten sind beschrieben (Moser et al. 2000; Wyllie etal. 2000). Obwohl wrn weder an die Telomerstruk-tur bindet noch ein Teil des Telomerenzymkomple-xes ist, zeigen kultivierte Fibroblasten von WS-Pa-tienten eine reduzierte Proliferation und eine be-schleunigte Telomerverkürzung. Diese wird durchdie Überexpression des hTERT und durch die so-mit erhöhte Telomeraseaktivität verhindert (Wyllieet al. 2000). Weiterhin wird die Hypersensitivitätder kultivierten WS-Zellen gegenüber oxidativemStress zumindest teilweise durch die Überexpressi-on des Wildtyps wrn oder des hTERT-Gens auf-gehoben (Hisama et al. 2000).

Auch beim BS, dem DS und dem Hutchinson-Gilford-Syndrom wurden Telomerdefekte beobach-tet. Welche Rolle die Telomerbiologie und die pa-thologischen Veränderungen der Telomere beiSyndromen des beschleunigten Alters genau spie-len und welche kausalen Verbindungen möglicher-weise bestehen, ist bisher noch offen.

1.3.4.4.2 Telomerase – Zielstruktur zukünftigerKrebs- und Anti-Aging-Therapien?

Die Reaktivierung der Telomeraseaktivität erhöhtdie replikative und damit proliferative Lebensspan-ne kultivierter Zellen. Hieraus ergeben sich Ansät-ze dafür, die Telomeraseaktivität als Zielstrukturfür mögliche Krebstherapien zu definieren. EineTelomeraseaktivität wurde in etwa 85% aller unter-suchten Krebsformen nachgewiesen (Kim et al.1994; Dhaene et al. 2000). Zur Unterdrückung desWachstums bestimmter Tumoren werden Antitelo-merasekomponenten diskutiert (Yamaguchi et al.1999; Pallini et al. 2001; Sasgary et al. 2001).

Mit Blick auf Alterungsprozesse sowie degenera-tive Erscheinungen, die sich im Gegensatz zurKrebsentwicklung durch eine gegenteilige Eigen-schaft auszeichnen, nämlich durch ein Ende derReplikation und der Proliferation, wäre eher dieStimulierung der Telomeraseaktivität wünschens-wert. Obwohl, wie bereits oben beschrieben, dieAktivierung des Enzyms Telomerase die replikativeSeneszenz verzögert und Telomerase noch weitereEffekte hat, die das Zellüberleben stabilisieren,sind solche Ansätze natürlich auch mit Risikenverbunden. So wird etwa die sekundäre Aktivie-rung des Onkogens c-myc durch Telomerase dis-kutiert (Wang et al. 2000). Allerdings sind die re-plikative Expansion von Ex-vivo-Zellen mit patho-logisch verkürzter Replikation und die nachfolgen-de Reimplantation in Zukunft zumindest denkbar.Erkrankungen, wie die Arteriosklerose, Diabetes,Muskelatrophie oder neurodegenerative Krankhei-ten, wären zukünftige Anwendungsgebiete. Ein sol-ches „tissue engineering“ unter Einsatz der Telo-

a 1.3 Molekulare Grundlagen des Alterns – eine Einführung 81

Tabelle 1.3.2. Telomerbiologie bei Syndromen mit beschleunigtem Altern. (Modifiziert nach Klapper et al. 2001)

Syndrom Alterspathologie Genetischer Defekt Molekulare Veränderungen Telomerveränderungen

Werner-Syndrom

Ausgeprägte Ähnlich-keiten zu: Arterioskle-rose, Osteoporose,Muskelatrophie, Katarakt,Diabetes u. a.

Mutation in derWRN-Helikase

Erhöhte Mutationsrate,Chromosomenverlust,DNA-Hypersensitivität

Reduzierte proliferativeKapazität, beschleunigteTelomerverkürzung

Bloom-Syndrom

Immundefizienz, Unfrucht-barkeit, kleine Statur,Krebsprädisposition

Mutation in derBLM-Helikase

Schwesterchromatid-austausch, somatischeMutationen

Beschleunigte Telomer-verkürzung in vitro, nor-male Telomerlänge in vivo

Down-Syndrom

Ergrauen und Haarverlust,Amyloidose, alzheimer-ähnliche ZNS-Pathologie,Katarakt, Diabetes mellitusII, Hypogonadismus,häufig Leukämie

Trisomie 21 Schwere trans-kriptionelle Dys-regulation

Altersabhängige, beschleu-nigte Telomerverkürzungin Blutlymphozyten

Hutchinson-Gilford-Syndrom

Arteriosklerose, Ergrauenund Haarverlust, Haut-und Knochenatrophie,Hypogonadismus

Unbekannt Unbekannt Verringerte proliferativeKapazität in vitro,verkürzte Telomere

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meraseaktivität wird bereits in vitro untersucht(Halvorsen et al. 2000; Thomas et al. 2000).

1.3.5 Klotho – ein Anti-Aging-Hormon?

Obwohl verschiedene Syndrome beschleunigtenAlterns die Folge einer Vielzahl pathophysiologi-scher Veränderungen und deren Wechselwirkun-gen mit teilweise genetischem Hintergrund (z. B.Trisomie 21, Down-Syndrom) sind, gibt es auchPhänomene, die durch die funktionelle Zerstörungeines einzelnen Gens hervorgerufen werden. Einsolches Gen wurde mit klotho in der Maus gefun-den (Kuroo et al. 1997). Die klotho-Mausmutantezeigt eine ganze Reihe verschiedener Merkmalehumanen Alterns, einschließlich einer reduziertenLebensspanne, verringerter Aktivität, Unfruchtbar-keit, Osteoporose, Arteriosklerose und Atrophiender Haut. Alle diese Phänotypen wurden durch dieZerstörung eines einzigen Gens, des klotho-Gens,verursacht. Dieses Gen kodiert für ein sekretori-sches Protein und unterscheidet sich somit vonden anderen bisher identifizierten Genprodukten,die ein beschleunigtes Altern verursachen und zu-meist im Kern aktiv sind. Das Klotho-Protein be-sitzt Homologien zu �-Glukosidasen und Hinweisemehren sich, dass dieses sekretorische Proteinmöglicherweise direkt als humoraler Faktor wirkt.Klotho könnte somit ein Anti-Aging-Hormon sein.Tatsächlich verhindert wieder eingebrachtes Klotho-Protein die altersassoziierten Veränderungen imentsprechenden Zielgewebe der Maus (Kuroo et al.1997). Zusätzlich ist die Insulinproduktion in denKlotho-Mutanten gestört (Utsugi et al. 2000).Störungen der Insulinfunktion und des Glukose-stoffwechsels sind häufig ein Merkmal des Alterns.Inzwischen wurde noch ein weiteres klothover-wandtes Protein identifiziert (Yahata et al. 2000).Obwohl es weitere funktionelle Analysen desKlotho-Proteins abzuwarten gilt, ist diese Knock-out-Maus ein interessantes Modell zum weiterenStudium von Altersprozessen auf zellulärer undmolekularer Ebene.

1.3.6 Expressionsprofile in der molekularenAlterungsforschung – ein Ausblick

Obwohl in einer Reihe von Tiermodellen (D. mela-nogaster, C. elegans, Mus musculus) die Manipula-tion eines Gens, Überexpression oder Deletion Al-tersprozesse direkt beeinflussen können, werdendie Mechanismen des physiologischen („norma-len“) Alterns auf molekularer Ebene sehr wahr-scheinlich durch komplexe überlappende geneti-sche Programme und die Wechselwirkungen gan-zer Expressionsmuster gesteuert. Moderne Tech-nologien wie die sog. DNA-Array-Technologie(Duggan et al. 1999) ermöglichen die Identifizie-rung solcher Expressionsmuster, die mit Alte-rungsprozessen assoziiert sind. So wurde beispiels-weise im Mausmodell eine erste globale Analyseder Gehirnalterung durchgeführt. Es zeigte sich,dass im alternden Neokortex und Kleinhirn derAlterungsprozess von einem mRNA-Expressions-profil begleitet ist, das auf verstärkten oxidativenStress, Entzündung sowie einen reduzierten neuro-trophen Input hinweist. Eine kalorische Restrikti-on, welche bekanntermaßen Alterungsprozesseverzögert, verzögerte ebenfalls selektiv diese alters-assoziierte Genexpression (Lee et al. 2000). Interes-santerweise wurden hier Genexpressionsprofile ge-funden, die auf oxidativen Stress als wichtige Al-ternskomponente hinweisen. Somit erfährt dieFreie-Radikale-Theorie des Alterns von Denis Har-man aus dem Jahre 1956 erneut Unterstützung.

Durch die Methoden der strukturellen Protein-analyse (Proteomik), die nach zweidimensionalerAuftrennung von Proteingemischen mit nachfol-gender Massenspektrometrie Expressionsprofileauf Proteinebene erstellen kann, wird ein immergenaueres Bild der am Alterungsprozess beteiligtenProteine entstehen (Toda 2000; Maggio u. Ramna-rayan 2001). Erst eine genaue Analyse des Phos-phorylierungszustandes dieser Proteine sowie dieUntersuchung der Interaktionen werden die mole-kularen Grundlagen des Alterns weiter aufklärenkönnen. Diese könnten dann therapeutische Ansät-ze zur Verhinderung und Behandlung von Syndro-men mit beschleunigtem Altern sowie anderer al-tersassoziierter degenerativer Erkrankungen lie-fern.

In der Literatur, vor allem in populärwissen-schaftlichen Schriften, werden häufig sog. Anti-Aging-Hormone diskutiert. Der wissenschaftlicheHintergrund dabei ist beispielsweise, ein physiolo-gisches Hormon, dessen Spiegel bekanntermaßenwährend des Alterns absinkt, dem Körper wieder

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zuzuführen und somit der Alterung entgegen-zuwirken. Allerdings ist oft nur wenig über die Ef-fizienz und die Sicherheit solcher Substanzen be-kannt. Hormone und Hormonvorläufer wie dasDehydroepiandrosteron (DHEA), das humaneWachstumshormon, Östrogen oder Testosteronsinken altersabhängig ab. Eine bloße Ersatzthera-pie eines einzelnen Hormons wird die komplexenVorgänge des Alterns nicht umkehren können.Natürlich hat ein Hormon wie das weibliche Sexu-alhormon Östrogen einige positive und neuropro-tektive Effekte hinsichtlich altersassoziierter dege-nerativer Prozesse (Behl 2001). Dennoch sollte esnicht als Anti-Aging-Hormon bezeichnet werden.Mit Blick auf das DHEA und das Wachstumshor-mon werden erst groß angelegte klinische Studiengenauere Kenntnisse bringen. Auf der Grundlagedes heutigen Wissens solche Hormone als Anti-Aging-Hormone einzusetzen und als Quelle ewigerJugend anzupreisen, ist sicherlich nicht wün-schenswert (Butler et al. 2000).

1.3.7 Ausblick

Verschiedene Alterungsmodelle versuchen die mo-lekularen Grundlagen des Alterns aufzuklären. Un-terschiedliche Theorien des Alterns sind formuliertund zahlreiche Belege finden sich für alle dieseSichtweisen. Besonders prominent und aktuell sinddie Freie-Radikale-Theorie und die Telomertheoriedes Alterns. Die modernen Methoden der Geno-mik, Proteomik und funktionellen Genomik wer-den langfristig diejenigen Gene identifizieren, diedas zelluläre Altern, das Ende der Zellteilung (re-plikative Seneszenz) und andere Alternsmerkmalebedingen. Die Telomertheorie des Alterns zeigt ei-ne Struktur auf, die in vielen Modellsystemen eineIndikatorfunktion für Alterungsprozesse besitzt.Auch bei der Aufklärung des genauen Mechanis-mus der Aktivität und Regulation des Enzyms Te-lomerase sind noch viele Fragen offen. In einemweiteren Schritt müssen in vitro gewonnene Be-funde in die In-vivo-Situation übertragen und ve-rifiziert werden. Aufgrund der stetig steigendenLebenserwartung des Menschen ergibt sich diedringende Notwendigkeit, Alterungsprozesse zuverstehen, um auch altersbedingten Erkrankungenbesser entgegenwirken zu können. Ziel wäre dasgesunde Altern, was im angloamerikanischen Be-reich gerne als „successful aging“ bezeichnet wird.Das Verständnis der komplexen Alternsprozesse,

des Zusammenspiels genetischer und nichtgeneti-scher Prozesse, muss zunächst ein rein molekula-res sein.

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