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Tribune: Majestät, Sie haben die Gesetze gegen die Sozialdemo- kratie wieder abgeschafft. Wa- rum? Wilhelm II: Meine Untertanen sind mir treu ergeben. Mit dem Erfolg meiner Sozialgesetze wird die Unterstützung der SPD von selbst schwinden. Tribune: Was unsere Leser na- türlich besonders interessiert. Wie ist Ihr Verhältnis zu den USA? Wilhelm II: Wir haben keine sich widersprechende Interessen. Wie mein Reich ist auch Ameri- ka ein aufstrebendes, wirtschaft- lich starkes Land mit dem wir gerne und gewinnbringend Han- del führen. Tribune: Euer Majestät, wir bedanken uns höflichst für die Ehre, dass Sie uns dieses Inter- view gewährten. Wir hatten die große Ehre, mit dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. ein Interview führen zu dürfen. Tribune: Eure Majestät, wie schätzen Sie die europäische Lager zur Jahrhundertwende ein? Wilhelm II: Ich blicke sehr positiv auf das neue Jahrhun- dert. Unsere Wirtschaft und unser Wohlstand blüht aufgrund der deutschen Leistungsfähig- keit. Tribune: Nun gibt es Menschen, die behaupten, Sie würden mit Ihrem Hobby, dem Flottenbau, diese Zukunft gefährden. Wilhelm II: Diesen Vorwurf wei- se ich natürlich weit von mir! Es handelt sich natürlich auch nicht um mein Hobby. Unser Reich ist eine Weltmacht und wird dies auch auf den Ozeanen zeigen. Auch wir haben einen Anspruch auf einen Platz an der Sonne und müssen unseren Handel und unsere Kolonien verteidigen können. Tribune: Welche politischen Ziele verfolgen Sie? Wilhelm II: Mein Reich muss stark sein, um den Frieden zu sichern. Nur am deutschen We- sen kann die Welt genesen! ExclusivInterview mit dem Deutschen Kaiser THEMEN IN DIESER AUSGABE: Anlässlich unserer Jahrhundertserie „Berichte aus einem anderen Land“: Das Deutsche Reich an der Wende zum 20. Jahrhundert Unsere Korresponden- ten berichten aktuell aus allen Lebensberei- chen des Kaiserreichs Sensation: Kaiser Wil- helm II. im Interview! IN DIESER AUSGABE: Kaiser Wilhelm Modernes Reich 1 Flottenbau—Gefahr für den Frieden? 2 Innenpolitik 3 Berichte aus den Kolonien 4 Berlin—europäische Metropole 5 Wirtschaft 6 Seiten für die Frau 7/8 Jugend im Kaiser- reich 9 Bildungsbericht 10 Die aktuelle Mode 11 Aus der deutschen Küche 12 Sport 13 L I S E - M E I T N E R - G Y M N A S I U M Tribune Geschichtszeitung der 9c 13. Februar 1900 Tribune Das Deutsche Reich auf dem Weg in die Moderne Ab 1880, als die Schulpflicht in Deutschland durchgesetzt wurde, konnten alle Kinder, egal welcher Herkunft, eine Grundlage an schuli- scher Bildung erhalten. In Berlin wurde im selben Jahr die erste Vermittlungsanlage für Telefongespräche eingerichtet. 1890 gab es zum ersten Mal mehr Arbeiter in der Industrie und im Bergbau als in der Landwirtschaft. Die Elektro- und Chemieindustrie des Reichs ist weltweit führend. Wissenschaft und Bil- dung tragen zur industriellen Entwicklung bei, da Fachkräfte an Technischen Hochschu- len ausgebildet werden. Die neu errichteten Großlabore, wo man systematisch und breitgefächert forscht, erringen unter Kaiser Wilhelms II. Herrschaft 17 Nobelpreisen. Es werden Massenverkehrsmittel, wie Eisenbahnen und elektrische Straßenbahnen ge- baut. Außerdem wird mit dem Auto und Fahrrad die individuelle Fortbewegung revolutioniert. Der Fort- schritt der Wissenschaft für die private Kommunikati- on vervielfältigt die Möglichkeiten der Unterhaltung, wie zum Beispiel die Schallplatte und Grammofon. Jetzt beginnt auch die Eroberung der Luft mit den unvergleichlichen Zeppelinen. In diesem Jahr eröffnet in Berlin das erste Kaufhaus, eine Revolution für den Konsum.

13. Februar 1900 Tribune - lise-meitner … · Tribune: Majestät, Sie haben die Gesetze gegen die Sozialdemo- ... auch in dem Daily-Telegraph-Interview gesagt hat, stark ab. Er sagt,

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Page 1: 13. Februar 1900 Tribune - lise-meitner … · Tribune: Majestät, Sie haben die Gesetze gegen die Sozialdemo- ... auch in dem Daily-Telegraph-Interview gesagt hat, stark ab. Er sagt,

Tribune: Majestät, Sie haben die

Gesetze gegen die Sozialdemo-

kratie wieder abgeschafft. Wa-

rum?

Wilhelm II: Meine Untertanen

sind mir treu ergeben. Mit dem

Erfolg meiner Sozialgesetze

wird die Unterstützung der SPD

von selbst schwinden.

Tribune: Was unsere Leser na-

türlich besonders interessiert.

Wie ist Ihr Verhältnis zu den

USA?

Wilhelm II: Wir haben keine

sich widersprechende Interessen.

Wie mein Reich ist auch Ameri-

ka ein aufstrebendes, wirtschaft-

lich starkes Land mit dem wir

gerne und gewinnbringend Han-

del führen.

Tribune: Euer Majestät, wir

bedanken uns höflichst für die

Ehre, dass Sie uns dieses Inter-

view gewährten.

Wir hatten die große Ehre, mit

dem Deutschen Kaiser Wilhelm

II. ein Interview führen zu dürfen.

Tribune: Eure Majestät, wie

schätzen Sie die europäische

Lager zur Jahrhundertwende

ein?

Wilhelm II: Ich blicke sehr

positiv auf das neue Jahrhun-

dert. Unsere Wirtschaft und

unser Wohlstand blüht aufgrund

der deutschen Leistungsfähig-

keit.

Tribune: Nun gibt es Menschen,

die behaupten, Sie würden mit

Ihrem Hobby, dem Flottenbau,

diese Zukunft gefährden.

Wilhelm II: Diesen Vorwurf wei-

se ich natürlich weit von mir! Es

handelt sich natürlich auch nicht

um mein Hobby. Unser Reich ist

eine Weltmacht und wird dies

auch auf den Ozeanen zeigen.

Auch wir haben einen Anspruch

auf einen Platz an der Sonne und

müssen unseren Handel und

unsere Kolonien verteidigen

können.

Tribune: Welche politischen

Ziele verfolgen Sie?

Wilhelm II: Mein Reich muss

stark sein, um den Frieden zu

sichern. Nur am deutschen We-

sen kann die Welt genesen!

E x c l u s i v I n t e r v i e w m i t d e m

D e u t s c h e n K a i s e r T H E M E N I N

D I E S E R

A U S G A B E :

Anlässlich unserer

Jahrhundertserie

„Berichte aus einem

anderen Land“:

Das Deutsche Reich an

der Wende zum 20.

Jahrhundert

Unsere Korresponden-

ten berichten aktuell

aus allen Lebensberei-

chen des Kaiserreichs

Sensation: Kaiser Wil-

helm II. im Interview!

I N D I E S E R

A U S G A B E :

Kaiser Wilhelm

Modernes Reich 1

Flottenbau—Gefahr

für den Frieden? 2

Innenpolitik 3

Berichte aus den

Kolonien 4

Berlin—europäische

Metropole 5

Wirtschaft 6

Seiten für die Frau 7/8

Jugend im Kaiser-

reich 9

Bildungsbericht 10

Die aktuelle Mode 11

Aus der deutschen

Küche 12

Sport 13

L I S E - M E I T N E R - G Y M N A S I U M

Tribune Geschichtszeitung der 9c

13. Februar 1900 Tribune

D a s D e u t s c h e R e i c h a u f d e m

W e g i n d i e M o d e r n e

Ab 1880, als die Schulpflicht in Deutschland

durchgesetzt wurde, konnten alle Kinder, egal

welcher Herkunft, eine Grundlage an schuli-

scher Bildung erhalten. In Berlin wurde im

selben Jahr die erste Vermittlungsanlage für

Telefongespräche eingerichtet. 1890 gab es

zum ersten Mal mehr Arbeiter in der Industrie

und im Bergbau als in der Landwirtschaft.

Die Elektro- und Chemieindustrie des Reichs

ist weltweit führend. Wissenschaft und Bil-

dung tragen zur industriellen Entwicklung

bei, da Fachkräfte an Technischen Hochschu-

len ausgebildet werden. Die neu errichteten

Großlabore, wo man systematisch und breitgefächert

forscht, erringen unter Kaiser Wilhelms II. Herrschaft

17 Nobelpreisen. Es werden Massenverkehrsmittel,

wie Eisenbahnen und elektrische Straßenbahnen ge-

baut. Außerdem wird mit dem Auto und Fahrrad die

individuelle Fortbewegung revolutioniert. Der Fort-

schritt der Wissenschaft für die private Kommunikati-

on vervielfältigt die Möglichkeiten der Unterhaltung,

wie zum Beispiel die Schallplatte und Grammofon.

Jetzt beginnt auch die Eroberung der Luft mit den

unvergleichlichen Zeppelinen. In diesem Jahr eröffnet

in Berlin das erste Kaufhaus, eine Revolution für den

Konsum.

Page 2: 13. Februar 1900 Tribune - lise-meitner … · Tribune: Majestät, Sie haben die Gesetze gegen die Sozialdemo- ... auch in dem Daily-Telegraph-Interview gesagt hat, stark ab. Er sagt,

Nach den Wahlen in diesem Jahr spielen

die Sozialdemokraten eine führende Rolle

im Reichstag. Doch, was genau macht

diese Partei eigentlich aus, dass sie es

geschafft hat, so viele Menschen von sich

zu überzeugen?

In der gescheiterten Märzrevolution 1848

entwickelte sich auch in Deutschland die

Sozialdemokratie. Es entstanden die ersten

Arbeitervereine, die jedoch keine politi-

sche Wirkung erreichen konnten. Einer

der ersten Vereine war der Allgemeine

Deutsche Arbeiterverein (ADAV), der

1863 von Ferdinand Lassalle gegründet

wurde. 1869 wurde die Sozialdemokrati-

sche Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP)

von August Bebel und Wilhelm Lieb-

knecht gegründet. Diese schlossen sich

1875 mit der ADAV zur Sozialistischen

Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) zusam-

men, doch 15 Jahre später nannten sie sich

in Sozialdemokratische Partei Deutsch-

lands (SPD) um. Doch von 1878 bis 1890

wurden sozialdemokratische Aktivitäten

außerhalb des Reichstags von Reichskanz-

ler Otto von Bismarck strengstens verbo-

ten, auf Grund zweier Attentate auf Kaiser

Wilhelm I, für die fälschlicher Weise die

Sozialdemokraten beschuldigt worden

waren, doch trotz aller Bekämpfungen

gegen die Sozialdemokratie, bei denen

aktive Mitglieder verfolgt, verhaftet und

ausgewiesen wurden, entwickelt sie

sich langsam zu eine der stärksten poli-

tischen Kräfte in Deutschland. Doch

wofür steht die Sozialdemokratie ei-

gentlich? Die deutsche Sozialdemokra-

tie zeichnet sich durch ein humanisti-

sches Menschenbild aus. Jeder Mensch

soll die gleichen Chancen und ein Maß

ein Freiheit und Wohlfahrt genießen.

Sozialdemokraten setzen sich mit de-

mokratischen und sozialistischen Mit-

teln für eine freiheitliche und sozial

gerechte Gesellschaft ein. Sie hatten

immer den Anspruch eine internationa-

le Bewegung zu sein und 1864 gründe-

te Karl Marx die Internationale Arbei-

terassoziation (IAA), die jedoch 1876

wieder zerbrach, doch 1889 wurde die

neue Sozialistische Internationale gegrün-

det. Sie arbeitet gegen den verschärften

Nationalismus, die Aufrüstungspolitik in

den europäischen Staaten, sowie für die

Stärkung der Arbeiterbewegung weltweit.

Doch die Sozialdemokraten haben es

schwer in Deutschland, da sie nicht mit

der Mehrheit der Gesellschaft überein-

stimmen und so werden sie als

„Reichsfeind“ bezeichnet. Sie wollen eine

grundlegende Umgestaltung von Staat

und Gesellschaft, auf Grund dessen stehen

sich Arbeiter und Staat weiterhin feindse-

lig gegenüber.

Polizei durchsucht eine Arbeiterwohnung

Reichsfeinde—

SPD

Nachdem Bismarck sein Amt unter Kai-

ser Wilhelm den ll abgegeben hat, be-

ginnt die Außenpolitik unberechenbar

zu werden. Der Spielraum der Diploma-

ten wird im europäischen Raum durch

das Berücksichtigen der Interessenver-

bände stark eingeschränkt. Die Kompro-

missbereitschaft der Staaten sinkt zu-

nehmend und die Bündnisse sind gefähr-

det. Durch die Kündigung des Rückver-

sicherungsvertrages mit Russland haben

sie den Zweibundvertrag zwischen

Russland und Frankreich eingeleitet.

Das bedeutet für das Deutsche Reich,

dass es zu einem Zweifrontenkrieg kom-

men könnte.

Kommentar

Essen, Deutsches Reich. Lautes Ge-

töse erschallt, Rauchschwaden bilden

sich aus riesigen Hochöfen und Wa-

genladung für Wagenladung fährt

durch die Tore der Krupp‘schen Hal-

len. Eine Familien-Dynastie in enger

Verbindung zum Kaiser.

Kaiser Wilhelm II lässt eine Flotte,

bauen, gleich derer der britischen.

Größter Lieferant für jene Flotte ist

der Familienkonzern Krupp. Bereits

im deutsch-französischen Krieg lie-

ferte Krupp Kanonen für die deutsche

Armee. Nach Reichsgründung ver-

doppelte sich die Produktion der

Firma und wurde zum größten Unter-

nehmen in Übersee. Sympathien

beim Kaiser erlangten sie unter anderem

durch den gemeinsamen Kampf gegen

die deutschen Sozialdemokraten. Ganz

Europa, mit Ausnahme Frankreichs

wird mittlerweile mit Krupp’schen Waf-

fen beliefert.

Der momentane Schwerpunkt der in-

zwischen mehr als 20.000 Mann starken

Firma ist der Flottenbau und die militä-

rische Ausrüstung der kaiserlichen

Schiffe. Der Meinung US-

amerikanischer Experten zufolge, könn-

te ein maritimes Wettrüsten zwischen

dem Vereinigten Königreich und dem

Deutschen Reich auch große finanzielle

Probleme der beiden Staaten hervorru-

fen.

Wilhelm rüstet,

Krupp liefert

S e i t e 3 T r i b u n e

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In Deutschland spielt sich momentan

Unglaubliches ab: Wettrüsten der Flotte

gegen England…

Die Herausforderung Deutschlands

bestanden vor wenigen Jahren

noch in Wissenschaft, Technologie,

Wirtschaftswachstum und Konkur-

renz im Welthandel, speziell mit

Großbritannien. In den meisten

wirtschaftlichen Bereichen hat

Deutschland England, das vor ein

paar Jahren noch am besten indust-

riell entwickelt war, inzwischen

überholt. 1907 produzierte

Deutschland die doppelte Menge an

Stahl wie Großbritannien. Während

der britische Welthandel zwischen

1887 und 1907 lediglich um 80

Prozent zunahm, konnte der deut-

sche ein Plus von 250 Prozent ver-

zeichnen. Das ist der Grund, dass

das Deutsche Reich 1898 mit dem

Bau der Flotte beginnt.

Die anderen Supermächte wie

Großbritannien, Russland, USA

und Japan fingen schon Jahrzehnte

vorher an eine Flotte zu bauen. Doch nun

will das Deutsche Reich auch mithalten.

In dem deutschen Volksmund ist der

Flottenbau schon sehr populär. Die meis-

ten Deutschen sind auch stolz auf den

Bau der Flotte, weil man als Deutscher

auch für die Industrie ist. Also ist man als

Deutscher auch Stolz auf das neue Flot-

ten-Projekt von dem Kaiser. Doch in

England wird das schärfer betrachtet als

in dem Deutsch Reich selber, denn man

sieht die Aufrüstung der Flotte als große

Provokation und als militärische Bedro-

hung. Der Kaiser aber streitet es, was er

auch in dem Daily-Telegraph-Interview

gesagt hat, stark ab. Er sagt, dass es für

die Aufrüstung der Flotte 4 Gründe gibt:

1. Schutz der deutschen Fischerei.

Weil die deutschen Fischer bis jetzt öf-

ters von englischen Fischern bedrängt

und an dem Fischfang behindert worden

sind.

2. Schutz des deutschen Welthandels.

England war durch seine Seemacht ge-

nerell in der Lage, weltweit Handel zu

dulden, zu behindern oder zu unterbin-

den. Deshalb will ich Sicherheit.

3. Brechen von möglichen Seeblocka-

den

Dieses Motiv findet seine Ursache in

der britischen Tradition der Seeblocka-

den, mit denen schon häufig sowohl

gegnerische als auch neutrale Länder

von ihren Rohstoff und Nahrungsmittelim-

porten abgeschnitten wurden. Deshalb

sollte meine Flotte so stark sein, dass sie

eine „enge Blockade“ (Erfindung der engli-

schen Flotte) vor den deutschen Nordsee-

häfen durchschlagen kann.

4. Erreichung einer Bündnisfähigkeit mit

Großbritannien

Dieser letzte, hat politische Gründe: Für

den Fall eines Konfliktes zwischen Groß-

britannien und anderen Seemächten erhoffe

ich mir, mit einer respektablen Flotte als

Verbündeter attraktiv zu sein und zu einer

Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe kom-

men zu können. Der Kaiser selbst sagte im

Daily-Telegraph-Interview: „Es mag sogar

sein, dass selbst England einmal froh sein

wird, dass Deutschland eine Flotte hat,

wenn sie beide zusammen gemeinsam auf

derselben Seite in den großen Debatten der

Zukunft ihre Stimmen erheben werden.“

Zudem gibt es eine defensive Intention

gegenüber Großbritannien, insofern man

damit rechnet, dass England im Konflikt-

fall gegenüber einer ausreichend starken

Seemacht Deutschland lieber Frieden hal-

ten oder verhandeln würde.

So rechtfertig er den Bau der Flotte. Dabei

gibt es sehr viel Gegenwind, doch man

wird sehen was aus dem Projekt wird.

Flottenbau—Gefahr für den

Frieden in Europa?

Der Stolz der kaiserlichen Marine: der Panzerkreuzer Friedrich

S e i t e 2 T r i b u n e

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Von 1850 bis jetzt erlebte die

Stadt einen starken Zuwachs

aus den preußischen Ostpro-

vinzen. 1877 hatte Berlin

bereits mehr als eine Million

Einwohner. Nach der Volks-

zählung von 1895 waren es

schon knapp 1,7 Millionen,

davon hatten 12.000 pol-

nisch, 7.000 russisch und

knapp 2.000 eine andere sla-

wische Sprache als Mutter-

sprache. Insgesamt gaben

rund 23.000 Einwohner (1,35

%) eine fremde Mutterspra-

che und nahe 5.000 deutsch

und eine fremde Sprache an.

Knapp 27.000 Berliner (1,6

%) waren Ausländer, die

meisten davon aus Öster-

reich-Ungarn(13.000) und

Russland (4.000). Anfang

1850 gab es nur rund

424.000 Einwohner. 50 Jah-

re später waren es fast 2

Millionen Einwohner in

Berlin. Wegen des zahlrei-

chen Zuwachs in Berlin

musste sich die Stadt schnell

etwas einfallen lassen um

die Menschen von Ort zu Ort

zu transportieren. Nach Wer-

ner von Siemens’ Vorschlag

baute die Stadt Berlin eine U-

Bahn, aber nur durch so ge-

nannte ,Armenviertel’’, weil

diese schon als schmutzig

galten und man die reichen

Viertel nicht verschmutzen

und sie dem Lärm aussetzen

wollte. Die Stadt Berlin wollte

auf jeden Fall den Bau durch

die Leipziger Straße verhin-

dern, weil sie als reich und

edel galt. Die Firma ,,Siemens

Elend in einer Kellerwohnung

Die große Nachfrage nach Woh-

nungen erlaubt es den Eigentü-

mern, höhere Mieten zu verlangen.

So sind Mieter gezwungen, Schlaf-

gänger aufzunehmen, die sich an-

stelle eines Zimmers nur einen

Schlafplatz leisten können.

Viele wohnen in

Mietskasernen

Jeder von uns hat schon mal

etwas über die Mietskasernen

in den Armenvierteln unserer

Stadt gehört, einige haben

sie sogar gesehen und wahr-

scheinlich wissen sie auch in

was für einem Elend die

Menschen dort leben. Die

Mietskasernen sind vor allem

die Folgen der starken Urba-

nisierung Berlins. Man

brauchte schnell viel Platz.

Die Lösung; waren die be-

rühmten Mietskasernen. Sie

sind hoch mit 4, 5 Etagen, die

Wohnungen sind klein, alles in

allem — viele Menschen auf

wenig Platz. Doch um welchen

Preis? Der Typus ist ausgebro-

chen, die Menschen sind ein-

geengt in einem sehr schlecht

belüftetem und belichtetem

Hof und warten bis das Elend

aufhört. Natürlich sollte man

aufhören solche Häuser zu

bauen, vor allem wegen

Die Firma ,,Siemens &

Halske’’ führte als Bauherr

auch alle Bauarbeiten aus. Der

erste Spatenstich war am 10.

September 1896 in der

Gitschiner Straße. Die Bauar-

beiten mussten schnell gehen,

denn der bei der Konzessions-

vergabe abgeschlossene Ver-

trag mit Berlin sah vor, dass

die Strecke innerhalb von

zwei Jahren fertig sein musste,

sonst würde eine Strafe von

50.000 Mark drohen.

Berlin—die Metropole wächst

S e i t e 5 T r i b u n e

den Wohnungen im Keller und

auf dem Dachboden. Deshalb

wandte sich der Berliner Stadt-

planer Hobrecht häufig mit schar-

fen Worten gegen die verbreitete

Praxis der Bauherren. Schon im

Jahr 1868: schrieb er "Fort mit

den Kellerwohnungen, die gut

sind für Fässer und Kartoffeln

und Gemüse, aber nicht für Men-

schen! Raum für die Höfe!" Er

hatte recht, die Kellerwohnungen

sind schlecht für die Menschen.

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Als Otto von Bismarck noch Reichs-

kanzler war, hat er sich strikt gegen die

Kolonialherrschaft ausgesprochen, da

er vermutete, dass die Kolonien zu

hohe Kosten mit sich bringen würden.

Als 1900 England und andere Groß-

mächte Europas immer größer wurden,

entließ Wilhelm II. Bismarck, um end-

lich mitzuziehen und Kolonien erwer-

ben zu können. Daraufhin fing

Deutschland an Teile Afrikas, China

und fernere Teile in der Südsee in

seinen Besitz zu nehmen. Mit diesem

Vorgehen wollten sie das Reich ver-

größern und den Handel antreiben.

Immer mehr Deutsche wandern mit der

Hoffnung, ein neues Leben in den

Kolonien zu beginnen, aus. Sie haben

dort ihre eigenen Häuser und führen

ihre eigenen Unternehmen oder haben

ihre eigenen Plantagen.

Später stellte sich heraus, dass Bismarck mit

seiner Vermutung rechtgehabt hatte. Doch

das war nicht das einzige Problem. Weil die

Deutschen ihre eigenen Unternehmen und

Plantagen nicht nur mit deutschen Arbeitern

führen konnten, brauchten sie afrikanische

Arbeiter. Natürlich haben die Eingeborenen

für die Deutschen gearbeitet, dies geschah

jedoch nicht immer freiwillig. Meisten wur-

den sie versklavt. Die Arbeit war auch nicht

gerade leicht. Auf Plantagen wurden sie z.B.

gepeitscht, damit sie wirklich durchgehend

gearbeitet haben. Von solchen Maßnahmen

sind auch einige gestorben..

Die Propaganda im des Deutschen Kolonial-

vereins stellt die Situationen in den Kolo-

nien natürlich ganz anders da:

Krieg in deutschen Kolonien

In Deutschlands Kolonien herrscht

momentan Krieg. Doch wie kam

Deutschland dazu Länder zu unterwer-

fen und wie konnte Deutschland den

Krieg in diesen Gebieten zulassen?

Wenn das Kaiserreich

etwas will, dann müs-

sen eben andere da-

runter leiden!

Um die Afrikaner möglichst billig zum

Arbeiten zu bewegen, wurden diese ver-

sklavt.

Doch hat Deutschland auch einen Grund

dazu die Menschen dort so zu quälen?

Deutschland begründet diese Maßnahmen

damit, dass die Eingeborenen der Kolo-

nien nicht in die oberste „Rasse“ gehören

und keine Erziehung wie die Deutschen

hatten. Sie sagen die Eingeborenen seien

faul und müssten deswegen geschlagen

werden, damit sie überhaupt arbeiten.

In einem Interview mit dem Häuptling aus

Togo wurde bekannt, dass die Einwohner

bei der Arbeit z.B. mit der Kreuzhacke

sich nicht mal kurz aufrichten durften

oder kurz durchatmen durften, sonst wur-

de so sehr auf sie eingeschlagen, dass

manche es nicht überlebt haben.

Dieser unmenschliche Umgang der Deut-

schen mit den Ureinwohnern der Kolo-

nien hat den großen Maji-Maji-Aufstand

in Afrika ausgelöst. Viele afrikanische

Stämme haben sich zusammen getan und

ihren Aufstand geplant. Damit hatten

die Deutschen nicht gerechnet und

wurden somit total unerwartet von den

Afrikanern überrumpelt. Die Afrika-

ner glaubten sie könnten sich mit dem

Zauberwasser (Maji genannt) gegen

die deutschen Geschütze wappnen,

doch dieser Irrtum kostete vielen Afri-

kanern das Leben. Außerdem ver-

brannten die Deutschen aus Rache die

Häuser und Felder der Stämme.

Aus der britischen Presse

S e i t e 4 T r i b u n e

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Dossier: Situation der deutschen Frau

milie nicht alleine ernähren kann. Also küm-

mert sich die Ehefrau um die Erziehung und

Haushalt, unterstützt vom Hausmädchen und

den älteren Töchtern, sodass diese gleich ler-

nen, was später als Hausfrau ihre Aufgabe

sein wird. Wenn das Geld allzu knapp ist ver-

dienen die Töchter noch etwas Geld, indem

sie als Hausmädchen in reicheren Haushalten

arbeiten, währenddessen das Geld dann oft in

die Ausbildung der Jungen gesteckt wird, dass

dieser später auch seine Familie wird ernähren

können.

In den ärmeren Familien wachsen oft sehr

viele Kinder auf, womit die Eltern ihre Alters-

versorgung sicher stellen. Den Luxus einer

Schulausbildung der Jungen können sich hier

die wenigsten leisten und so arbeiten neben

dem Vater zusätzlich die meisten Söhne und

Töchter in Handwerksbetrieben oder als

Dienstboten um das Leben der Familie zu

finanzieren, während sich die Mutter zu Hause

unterstützt von einigen älteren Töchtern um

die Jüngsten, die noch nicht arbeiten können,

und den Haushalt kümmert. In dieser Gesell-

schaftsschicht sterben die Menschen oft frü-

her, da sie lebenslang hart arbeiten müssen.

Auch in der untersten Gesellschaftsschicht

wachsen zur Altersversorgung der Eltern sehr

viele Kinder pro Familie auf. Die Großfami-

lien leben in schlechten Verhältnissen auf sehr

engem Raum und jedes Familienmitglied

muss täglich hart arbeiten, um die Familie

irgendwie über Wasser zu halten. Der Ehe-

mann kann sich seinen Stolz die Familie allei-

ne ernähren zu wollen nicht leisten, sodass

auch die Mutter und Ehefrau außerhaus arbei-

tet. Und trotzdem reicht das Geld oft nicht

aus, sodass es nicht selten vorkommt, dass der

Ehemann aus Resignation die Familie verlässt,

woraufhin die Mutter noch härter arbeiten

muss und das Geld trotzdem noch viel zu

knapp ist. Die Frau schuftet oft an der Grenze

ihrer Belastbarkeit, da sie sich zusätzlich auch

um den Haushalt kümmern muss, und stirbt

oft tatsächlich an Überarbeitung. Da es meist

an Essen mangelt und die Mutter oft außer-

haus ist, sind die Kinder komplett auf sich

alleine gestellt und müssen selbst einen Weg

finden, an ein paar Groschen zu kommen, um

sich am Leben zu halten. Die einzige Mög-

lichkeit ist für viele die Prostitution, womit

der Kreis geschlossen wäre und die reichen,

jungen Herren aus der oberen Gesellschafts-

schicht genug Möglichkeiten haben sich aus-

zutoben.

Die deutsche Frau hat wenig Rechte und

braucht diese laut des deutschen Mannes

auch nicht, doch sie weiß genau, was von

ihr erwartet wird und was sie zu tun hat,

um in der Gesellschaft und von ihrem

Mann anerkannt zu werden. Ihre Rolle in

der Familie und gegenüber ihrem Ehe-

mann ist klar definiert.

Neben ihren täglichen Pflichten als Haus-

frau, soll die deutsche Frau ihrem Mann

stets freundlich und unterwürfig gegen-

übertreten und ihn in der Öffentlichkeit

gut repräsentieren. Sie soll ihrem Mann

stets geduldig zuhören, wenn er beispiels-

weise von seinen Geschäften erzählt, und

in seiner Freizeit möchte er von ihr gut

unterhalten werden, wozu auch die ständi-

ge Bereitschaft zum Erfüllen der ehelichen

Pflichten gehört, wann immer der Mann es

wünscht. Zärtlich, sanft und gutmütig soll

sie sein, wobei sie durchaus auch etwas

Temperament zeigen darf. Sie darf zum

Beispiel gerne impulsiv und gefühlsge-

steuert handeln, muss sich aber zu jedem

Zeitpunkt von ihrem Mann leicht kontrol-

lieren lassen. Eigene Meinungen oder gar

Kritik am Ehemann sind selbstverständ-

lich nicht gestattet.

In wohlhabenderen Kreisen werden Dinge

wie Hausarbeit selbstverständlich von

Hausmädchen übernommen, ebenso wie

das Stillen der Jüngsten von kräftigen,

gesunden Ammen vom Lande, um die

Figur nicht zu gefährden. Gouvernanten

kümmern sich um die standesgemäße

Erziehung der Heranwachsenden und

Privatlehrer unterrichten sie. Während die

Jungen eine umfangreiche Ausbildung

erhalten, werden die Mädchen in der fran-

zösischen Konversation, der Literatur und

dem Musizieren gelehrt. Auch wenn seit

1895 die Frauen zur Abiturprüfung

zugelassen sind, nimmt kaum eine diese

Möglichkeit war, denn gebildete Frauen

ernten allenfalls Gespött oder Verach-

tung, niemals aber Respekt. Gemeinsam

mit der Mutter wählen die Mädchen

nach gründlichem Abwägen ihre zu-

künftigen Ehegatten aus. Wohlhabend

muss er sein, gebildet – eine möglichst

gute Partie, denn auf seinen Verdienst

werden die Mädchen angewiesen sein,

wenn sie erst einmal die Familie verlas-

sen haben, da sie selbst natürlich keine

Möglichkeit haben Geld zu verdienen.

Aus diesem Grunde wird kein Wert

darauf gelegt, ob es nun Liebe ist oder

nicht, wenn eine Grundsympathie

herrscht, ist das bereits mehr als zu

erwarten ist. Bis zu Hochzeit müssen

die Mädchen selbstverständlich Jung-

frau sein, während es den heranwach-

senden Männern regelrecht geraten wird

sich vorher schon mal auszuprobieren.

Und wenn dafür nicht die standesglei-

chen, jungen Mädchen in Frage kom-

men, müssen eben die armen aus den

unteren gesellschaftlichen Schichten

herhalten, die ihr Geld mit Prostitution

zusammenkratzen.

Für das Ansehen innerhalb ihrer Kreise,

wird auch in mittelbürgerlichen Haus-

halten nicht auf den Luxus verzichtet,

ein Hausmädchen zu engagieren, auch

wenn für dessen Bezahlung teilweise an

Essen und Kleidung gespart werden

muss. Arbeiten, etwa als Kindermäd-

chen in reicheren Familien, um weiteres

Geld zu verdienen, ist der Frau meist

von ihrem Mann untersagt, da dieser

sonst nicht als vollwertiger Mann res-

pektiert werden würde, da er seine Fa-

S e i t e 7 T r i b u n e

Page 7: 13. Februar 1900 Tribune - lise-meitner … · Tribune: Majestät, Sie haben die Gesetze gegen die Sozialdemo- ... auch in dem Daily-Telegraph-Interview gesagt hat, stark ab. Er sagt,

Exclusiv im Interview

.Zwei Frauenrechtlerinnen

aus Deutschland berichten

uns von ihrem Kampf um die

Rechte der Frau

Helene Lange ist im Vorstand des Bun-

des deutscher Frauenvereine. Sie enga-

giert sich seit Jahren für die Bildungs-

und Berufschancen von Frauen.

Redaktion: Frau Lange, was ist diesen

Monat Hauptthema in ihrer Zeitschrift

Die Frau?

H. Lange: Diesen Monat beschäftigen

wir uns mit dem derzeitigen Bildungs-

system für Mädchen. Wir wollen er-

reichen, dass Mädchen wissenschaft-

lich ausgebildet werden und ihre Leh-

rerinnen mehr Einfluss auf die Erzie-

hung der Mädchen haben, damit diese

sich nicht für ihre gute Bildung schä-

men.

Redaktion: Also wollen Sie, dass

Frauen genauso gut gebildet werden

wie Männer?

H. Lange: Ja, denn ich möchte, dass

Frauen die gleichen Berufschancen

haben und vor allem unter den glei-

chen Bedingungen arbeiten dür-

fen. Ich will damit nicht sagen,

dass Mann und Frau gleich sein

sollen, doch Frauen sollen auch

das Recht auf Bildung erlangen

und diese auch sinnvoll nutzen

dürfen.

Redaktion: Und was wird aus dem

Haushalt und der Erziehung der

Töchter?

H. Lange: Die Mütterlichkeit steht

immer noch an erster Stelle, nur

dass in die Erziehung der Töchter

zu Klavierunterricht und Etikette

auch noch Allgemeinwissen und

Wissenschaft mit einfließen soll,

doch das geht nur, wenn die Mut-

ter selbst auch gebildet ist. Später

werden die Töchter dann gute

Ehefrauen sein, denn sie werden in

Anita Augspurg ist Vorsitzende des

Bundes deutscher Frauenvereine und

war nach erfolgreichem Abschluss ihres

Jurastudiums an einer Züricher Univer-

sität die erste promovierte Juristin des

deutschen Kaiserreiches.

Redaktion: Wie sind Sie zu dem Bund

deutscher Frauenvereine gekommen?

A. Augspurg: Ich habe angefangen mich

für die Rechte der Frauen einzusetzen,

weil ich der Meinung bin, dass Frauen

genauso in der Lage sind politisch zu

urteilen und sich zu bilden wie Männer

auch.

Redaktion: Und was wollen Sie für

Frauen erreichen?

Augspurg: Ich möchte erreichen, dass

Frauen vor allem das uneingeschränkte

Wahlrecht zugesprochen wird, aber

auch ihren Beruf frei wählen können

und endlich politisch wie gesellschaft-

lich als voll erkannt werden. Zudem fin-

de ich, dass Frauen vor einer Eheschlie-

ßung genauso zustimmen müssen wie

ihre Männer und das Familienleben

ebenso beeinflussen dürfen wie Männer.

Radikalere Forderungen werden

von den Frauen aufgestellt, die

sich in den sozialistischen Frau-

envereinen organisieren und in

der SPD mitarbeiten:

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nasien, Realgymnasien oder Ober-realschulen bzw. höheren Mäd-chenschulen unterrichtet, sobald sie die Unterstufe, also die ersten 3 Schuljahre abgeschlossen haben.

Während Jungen insgesamt bis zu 12 Jahre zur Schule gehen können, um dann auf eine Universität zu gehen, besuchen Mädchen erst die höhere Mädchenschule, die aus 10 Klassen besteht, und da-nach das Lyzeum. Dort können die Mädchen entweder zur Lehrerin für Mittel- und höhere Mädchen-schulen ausgebildet werden, oder sie lernen, eine pflichtbewusste Hausfrau zu werden.

Doch jetzt, zu Anfang dieses Jahr-hunderts, möchte der Kaiser nach Vorbild unseres Schulwesens ge-mischte Schulen auch in den höhe-ren Klassen einführen.

Neben den Schulen für die bessere Gesellschaft gibt es das mittlere Schulwesen, welches Lateinschu-

len, Realschulen, höhere oder mittle-re Bürgerschulen und Rektorschulen umfasst, welche man nach der Volks-schule besucht, und wo man ver-sucht, den Schülern Handel und Ge-werbe zu vermitteln Es gibt auch noch sogenannte „Sonderschulen“ welche für Kinder gedacht sind, die körperlich beeinträchtigt sind oder die nicht leicht zu erziehen sind.

Auf Erlaubnis des Kaisers werden die Schüler zwar immer noch geschlagen und bestraft, wenn sie dem Lehrer nicht gehorchen, doch hält der Kaiser dazu an, die Kinder nicht zu schlimm zu misshandeln, denn es sei eine Sün-de, Kinder zu misshandeln.

Auch möchte der Kaiser Wilhelm II. nun Schulen einführen, in der alle drei Stände unterrichtet werden, da dann keine Bildungsunterschiede und somit auch keine Klassenunterschiede mehr entstehen können. Dies trifft nicht in allen Kreisen auf volle Zustimmung!

Schule im Kaiserreich Deutschland

Disziplin und Gehorsam sind für die Schulen im Kaiserreich unum-gänglich, denn die Kinder werden auf den Krieg vorbereitet. Wer Autoritäten nicht anerkennt, so heißt es, kann später auch nicht dem Kaiser dienen. Doch dies ist der größte Ehrgeiz der Jungen. Während des Unterrichts singt man Loblieder auf den Kaiser und spielt Szenen aus dem Krieg. Doch wird natürlich auch lesen, schrei-ben und rechnen unterrichtet so-dass die Kinder auf die nächsten Jahre vorbereitet sind . Viele Kin-der aus Arbeiter- oder Bauernfa-milien brechen die Schule nach den ersten 3-9 Jahren ab um auf dem Hof der Eltern zu helfen oder einen einfachen Beruf zu erlernen. Nur wenige Jungen gehen in die Oberstufe und danach studieren.

Das Schulwesen an sich ist ge-trennt. Jungen und Mädchen wer-den getrennt voneinander in Gym-

Lehrer in den Volksschulen sind oft noch ehemalige Feldwebel

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Die aktuelle Mode in Berlin

Die deutsche Damenmode wandelte sich

in den letzten Jahren häufig.

Die Rockstützen, nun endgültig aus der

Mode gekommen, werden durch teils

glockenförmige, weichfallende und ro-

mantisch verzierte Röcke ersetzt, taillen-

betonende Korsetts sind Standard und das

meist blusenähnliche Oberteil bedeckt den

geschnürten Oberkörper der Dame ver-

meintlich locker.

So gekleidet erscheint die Silhouette der

Dame sanduhrförmig.

Dieser Stil ist nun schon seit einigen Jah-

ren hoch im Kurs doch die Form der Är-

mel änderte sich stetig. Zuerst lagen sie

schlank an, doch schon bald wurden sie

an den Schultern verbreitert bevorzugt.

Die Ärmel wurden immer voluminöser,

bis hin zu den altbekannten Ballonärmeln

teils aufgebauscht, teils hängend getragen.

Doch schon bald setzten sich die kleinen

Puffärmel durch und halten sich bis jetzt in

der Modewelt.

Das neue S-Form-Korsett, das Brust und

Gesäß betont, ist länger als die altbekannten,

somit vor allem beim Sitzen oft schmerzver-

ursachend, und im Moment stark im Kom-

men. Neben dem Korsett werden unter der

Oberbekleidung außerdem diverse Unterrö-

cke, sowie eine Untertaille getragen.

Sehr beliebte Accessoires sind Sonnenschir-

me, Spazierstöcke, neuerdings auch verschie-

denfarbige Handschuhe und weiterhin muss

die Haut der Dame möglichst blass sein.

Die Herrenmode dagegen war in den letz-

ten Jahren sehr beständig.

Schlicht und zweckmäßig aber durchaus

elegant ist das Motto. Dunkle, schlichte

Farben, wie Schwarz, Braun, Grau und

Blau, sind gern gesehen. Lediglich die

Krawatte bietet farbenfrohe Abwechslung.

Über dem Hemd wird das Sakko zu einer

meist andersfarbigen Hose getragen.

Außerhaus trägt der Mann einen Überrock,

einen niedrigen, steifen Hut und Schuhe

mit niedrigen Absätzen.

Im Freien werden Gehröcke getragen oder

der zurzeit sehr beliebte Cutaway, wenn es

kälter ist, wärmere Mäntel.

Zu festlichen Anlässen sind die Fracks ein

bewehrtes Modell und momentan kommen

die etwas schlichteren Smokings in Mode.

Für die ganz modebewussten Herren sind

auch helle Zylinder eine Möglichkeit die So kleidet sich der feine Herr

Aufmerksamkeit ein wenig auf sich zu

lenken.

Außerdem trägt der Mann einen Bart und

eine einfache Kurzhaarfrisur, das Haar mit

Öl am Kopf liegend. Der kaisertreue Bür-

ger trägt oft den Kaiser Wilhelm II Bart.

In Deutschland beginnt gerade eine neue Epoche eine kunstgeschichtliche

Epoche. Die wichtigste Rolle spielt da bei der „Jugendstil“. Die Anhänger

des Jugendstils sind vor allem Studenten, welche sich von dem Altmodi-

schen und Kaiserlichem abheben wollen um etwas Neues zu schaffen. Um

neu Inspiration zu bekommen verlassen die meisten Studenten die Stadt

und ziehen aufs Land. Dort bekommen sie neu Anregungen und Ideen für

ihre Kunst. Das sich die Studenten ihre Ideen aus der Natur holen hat Aus-

wirkungen auf die Kunstgegenstände des Jugendstils. So gut wie alle sind

recht einfach gehalten und es lassen sich viele Organische-Formen entde-

cken. Es werden aber nicht nur Kunstgegenstände hergestellt auch Möbel,

Leuchter etc. Es werden auch Gemälde von den

Studenten Gemalt auf diesen so gut wie immer

Junge Menschen, meist Frauen, in der Natur zuse-

hen.

Fortsetzung Seite 14

Aus der Kunstszene

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Die Küche in Europa ist auf nur

etwa 6 - 9 qm eingerichtet, dies ist

zur Zeit "in". Sie sind stets so auf-

gebaut, dass man sobald man nach

Hause kommt, sofort alles was

man zum Beispiel zum Abendbrot

benötig findet, und verwenden

kann. Seitdem es in den Küchen

den Rauchabzug gibt, ist die Küche

sogar gut bewohnbar, da der vorher

Ruß verräucherte Raum jetzt keine

tränenden Augen und verräucherte

Kleidung hervorruft. Seitdem ist

sie auch der eigentliche Mittel-

punkt des Hauses, denn sie ist die

Quelle für Wärme und Licht. Die

"Wohnküche" ist auch sehr or-

dentlich, und stets geputzt, damit

man auch ein Wohngefühl hat, und

sich zu hause fühlt. Die Herdplatte

glänzt blankgescheuert, die Griffe

sind mit Chrom oder Messing ver-

kleidet und auf dem Umlauf sind

Topflappen aufgehängt. Die Fa-

milien sind sehr stolz auf ihre

glänzenden teilweise aber auch

teuren Küchen. In manchen Kü-

chen gibt es sogar ein Sofa, wel-

ches den ganzen Raum noch sym-

pathischer und gemütlicher

macht. Ein sehr starkes Motto

Europas lautet: "Eigener Herd ist

Goldes wert." , weshalb in jeder

Küche ein Herd steht. In dem

glänzenden oft polierten Küchen-

schrank befinden sich die wich-

tigsten Zutaten, und Werkzeuge

( z.B. Kartoffeln, Zucker, Obst/

Gemüse und Bestecke )

Eine moderne Küche in einem bürgerlichen Haushalt

Aus der deutschen Küche

Ein typisches

Rezept

Zuerst die äußeren Blätter vom

Weißkrautkopf entfernen, den Kopf

vierteln, den Strunk herausschneiden

und das Kraut in Streifen schneiden.

Als zweiten Schritt alles in Salzwas-

ser weich dampfen und anschließend

fein hacken. Danach beliebig viel

Zwiebeln schneiden, schälen, wür-

feln und mit Hackfleisch, dem in

Würfel geschnittenen Schweine-

fleisch, den Gewürzen und Butter in

einer Pfanne anbraten. Als nächstes

alles in eine Schüssel geben, ein paar

Semmeln in etwas Milch einweichen,

ausdrücken und mit dem Fleisch ver-

mischen. Nun den Speck in Scheiben

schneiden und das Kraut und den

Fleischteig abwechselnd in eine ge-

fettete Auflaufform schichten mit

Kraut abschließen. Zuletzt die Speck-

scheiben drauflegen. Dann in einer

vorgeheizten Röhre bei 200°C ca. 60

Minuten backen. Hin und wieder mit

Sauerrahm begießen bis der Braten

schön gebräunt ist. Am besten zum

Abschluss mit Salzkartoffeln servie-

ren.

Neu! In vielen deutschen Küchen hält jetzt auch der prakti-

sche Fleisch-Extract Einzug. Vorbei ist das mühsame Brühe-

kochen. Ein Löffel Liebigs bewährten Fleisch Extracts

macht aus einem Teller heißen Wasser eine kräftige, und

sättigende Rinderbrühe.

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Im 19. Jahrhundert gibt es drei verschie-

dene Gruppen der Jugend: die Landju-

gend, die Arbeiterjugend und die bür-

gerliche Jugend.

Die Kinder aus der Landjugend packen

täglich mit an und werden so erzogen,

dass sie später einmal den Bauernhof

übernehmen können.

Die Kinder aus der bürgerlichen Jugend

wachsen behütet und streng getrennt von

den Jugendlichen aus den Unterschich-

ten auf. Sie haben mit Arbeit nicht viel

zu tun. Für sie sind wichtig: die Schule,

eine Ausbildung und ein privates Zu-

sammenleben mit der Familie.

Die Arbeiterkinder wachsen selbststän-

dig und ohne feste Bindung zu

ihren Eltern auf, da diese oft arbei-

ten und selten zu Hause sind.

¾ der Jugendlichen erlernen einen

Beruf, davon sind es mehr Jungen

als Mädchen.

Die meisten Mädchen arbeiten

nach Schulende in

einer Werkstatt oder

in einer Fabrik. Ein

Teil der Jungen gehen

zu Berufs- und Fort-

bildungsschulen.

Jugendspiele im

Kaiserreich

Die Schüler singen

viele Lieder mit denen

sie den Kaiser ehren.

Zu Hause spielen sie

oft Krieg und in der

Schule Schlachten,

das ist heut zu Tage

nicht ungewöhnlich.

Am Sedantag

Der Sedantag ist ein

Feiertag, der sowohl

für die Jugendlichen, als auch für

die Älteren ein Festanlass ist. Auf

öffentlichen Feiern und Paraden

trifft man sich und singt patrioti-

sche Lieder. Dieser Tag wird am

2. September gefeiert und erin-

nert Jahr für Jahr an den militä-

rischen Sieg über Frankreich.

Mode im Kaiserreich

Ein sehr verbreitetes Kleidungs-

stück ist der Matrosenanzug.

Viele Jungen in ganz Europa

tragen ihn. Beson-

ders beliebt sind

die bequemen

langen Hosen. Der

erste Matrosenan-

zug entstand

1773. Karoline

von Hessen-

Darmstadt fertigte

damals das erste

Exemplar für ih-

ren Enkelsohn

dem preußischen

König Friedrich

Wilhelm III an.

Für die Mädchen

ist zurzeit eine

Matrosenbluse

zum Faltenrock

modisch. Wir hof-

fen, dass diese

Mode auch noch lange Zeit spä-

ter getragen wird.

Jugend im Kaiserreich

Schon die Kinder zeigen sich in der Uniform!

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Nicht nur politisch gesehen gewinnt

das Deutsche Reich unter Kaiser

Wilhelm immer mehr an Macht,

nein, auch an wirtschaftlicher, vor

allem industrieller Stärke nimmt

Deutschland zu. Nach deutscher

Reichsgründung durch Bismarck

erfuhr das Reich einen Aufschwung

von kolossaler Kraft. Selbst das in

seinem Stolz so starke Groß-

Britannien zieht gegenüber Wilhelm

II den Kürzeren.

Anstoß für jenen konjunkturellen

Aufschwung und die rasante wirt-

schaftliche Entwicklung sind die 5

Milliarden Francs, die Frankreich

nach dem verlorenen Krieg zahlen

musste.

Banken und Industrien sprießen nur

so aus dem Boden. Trotz der

„Gründerkrise“, in der der Auf-

schwung des Reiches ein wenig

stockte, befindet sich dieses weiter-

hin in auf dem Weg nach oben und

entwickelt starkes Nationalbewusst-

sein. Der starke industrielle Zu-

wachs hat natürlich Abzug in der

Agrarwirtschaft zufolge. Dies führt

zu einem großen Städtewachstum,

wie es auch US-amerikanische Städ-

te, wie New York und Chicago er-

lebt haben. Durch Firmen, wie Sie-

mens und der Allgemeinen-

Elektricitäts-Gesellschaft werden die

Städte nun übrigens großteilig mit

Strom versorgt. Während 1971 noch

ungefähr die Hälfte aller Beschäftig-

ten in Landwirtschaft tätig war,

schätzen Experten jetzt mit einem

Minus von bis zu 16% bis 1907, also

auf 34% aller Beschäftigten in Land-

wirtschaft.

Auch der Bergbau wächst. Sowohl

Erz- als auch Kohleförderung wer-

den stark betrieben. Die Steinkoh-

leförderung stieg seit 1870 bis heute

von knapp 30 Millionen bis über 200 Millionen Tonnen und man rechnet

mit einem Wachstum über weitere 50 Millionen. Extrem nützlich für dieses

Ressourcenförderung ist auch eine verbesserte Infrastruktur, vor allem die

Eisenbahn, beliefert von Krupp, die zum Langstreckentransport quer durch

das Reich dient.

Der industrielle Aufschwung des

deutsches Reichs

Wie wohnt eine

Arbeiterfamilie?

Heute war ich zu Besuch in einer Arbeiterfamilie. Familie Hinrichs

besteht aus 9 Personen. Den beiden Eltern, Wilhelmine und Adolf, 5

Söhnen und 2 Töchtern. Sie leben alle zusammen in einem Zimmer,

nur die Küche ist in einem extra Raum. In dem Zimmer gibt es 3

Betten und einen kleinen Tisch zum Essen. Außerdem gibt es eine

kleine Kommode, in der die wenige Kleidung und Spielsachen auf-

bewahrt werden. Die Toilette ist im Innenhof von 2 Häuserreihen

und wird von allen Bewohnern benutzt. Die Küche hat einen Herd

der mit Holz oder Kohle beheizt wird. Die Küche ist der beheizte

Raum dieser Wohnung. In der die Kinder spielen oder Hausaufga-

ben machen, wenn sie von der Arbeit oder Schule kommen. Die Kin-

der schließen mit 12 die Schule ab und gehen dann arbeiten. Die El-

tern arbeiten zu verschiedenen Zeiten und deswegen muss die größte

Schwester Annelise immer auf ihre kleineren Geschwister, die ent-

weder noch nicht zur Schule gehen oder nachmittags aus der Schule

kommen, aufpassen und sie versorgen. Familie Hinrichs hat nicht

besonders viel Geld und deswegen beherbergt sie 2 Schlafleute, die

vormittags in den leeren Betten schlafen. Da nicht alles besonders

sauber ist breiten sich Krankheiten schnell aus.

Wie viele andere Arbeiter ist Adolf Hinrichs aktives Mitglied in der

SPD. Mit den Krupps und dem Kaiser will er nichts zu tun haben.

Seine Hoffnung ist eine gerechtere Zukunft im Sozialismus, die er

sich für seine Kinder wünscht.

Krupp in Essen

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Wie Fußball nach

Deutschland kam:

Fußball kam im Jahre 1873 offizi-

ell nach Deutschland, der Sport

kommt aus England. Sport zu

treiben ist für fast alle Deutschen

ein Privileg. In erster Linie jedoch

wird nur Turnen angeboten, von

den Schulen und den meisten

Sportclubs, Fußball wird zunächst

überall verboten! Es wird nicht als

Sport angesehen und wird nur als

‚Lümmelei‘ oder ‚Englische

Krankheit‘ bezeichnet.

Konrad Koch, Lehrer an dem

Martino-Katharineum in Braun-

schweig, war der erste Lehrer, der

es schaffte, die Vorbehalte denen

Fußball entgegen gebracht wor-

den waren auszuräumen und so-

mit schaffte er es auch im Jahre

1874 das erste Fußballspiel auf

deutschem Boden auszutragen.

1875, vor nun 25 Jahren, grün-

dete er an seiner Schuleden ers-

ten Fußballverein im Deutschen

reich .

Erste Turniere und

Regeln

In diesem Jahr, 1900, wurde in

Deutschland auch der DFB

(deutscher Fußballbund) ge-

gründet. Er bestand aus 86

Gründungsmannschaften. Die-

ses Jahr wurde auch der Fußball

Olympisch. Die Regeln von

Konrad wurden übernommen

vom DFB, dieser Regelsatz

heißt ‚Regeln des Fußball-

Vereins der mittleren Klassen

des Martino-Katharineum Gym-

nasiums‘. Dies ist ein großer

Schritt für den Fußball in Deutsch-

land. Denn in den letzten Jahren

wurden viele Fußballmannschaf-

ten gegründet, wie z.B. Britannia

Berlin, Karlsruher FC, Karlsruher

FV, FC Phönix, BFC Viktoria

1899, Duisburger SV und Holstein

Kiel.

Bei den ersten Olympischen Spie-

len, wo Fußball zum ersten Male

dabei war, wurden 4 Vereine ein-

geladen. Eine deutsche, eine belgi-

sche, eine französische und eine

englische.

Doch Deutschland musste sich aus

diesem Turnier zurückziehen,

denn sie verfügten nicht über die

vorausgesetzten Geldmittel und

konnten auch keine passende

Mannschaft stellen.

Eine neue Sportart erobert das

Kaiserreich

Auch im Süden des Reichs, im König-

reich Bayern entstehen jetzt die ersten

Fußballvereine. In diesem Jahr ist der

Verein des FC Bayern aus München ge-

gründet worden. Hier eine Photographie

der Mannschaft

Wichtigste Sportart ist und

bleibt im Deutschen Kaiserreich

aber sicherlich weiterhin das

Turnen.

In jeder deutschen Stadt gibt es

Turnvereine und Turnstätten in

der Tradition des sogenannten

Turnvaters Jahn, der schon zu

Beginn des vergangenen Jahr-

hunderts die Regeln für das

Männerturnen aufschrieb.

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Worpswede

Worpswede ist ein Dorf bei Bre-

men, es liegt im Moor und ist da-

her sehr klein und liegt sehr abge-

schieden.

Es gibt keine richtigen Wege, ge-

schweige denn Straßen. Doch als

vor ein paar Jahren eine Schar von

Künstlern in das Dorf kam, fingen

sie sofort an Bäume und Büsche

zu pflanzen, um die moorige Um-

gebung bewohnbar zu machen.

Schon bald errichteten sie auch

Straßen und Wege. Seitdem kom-

men nach und nach immer mehr

Maler in das Dorf. Die Künstler gehen hier

ihrer Arbeit nach und zeichnen und malen in

der Umgebung des Dorfes. Durch das Leben

im Wald fühlen sie sich der Natur sehr ver-

bunden und bringen

diese in ihre Gemälde

ein.

Durch diesen neuen

Malstil ist das kleine

Dorf berühmt geworden

und aus allen Ecken

Deutschlands kommen

Besucher und lassen

sich von diesen Bildern

beeindrucken.

Geschichtszeitung der Klasse 9c / 2011/12

Redakteure:

Geworg Gero

Thorben Henning

Philipp Daniela

Leonie Sonja

Annika Chantal

Frederik Tom Benedikt

Philipp Lukas

Vincent Marina

Melina Andrej

Tobias Talha

Rebecca Claudius

Johanna

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