1
348 150 psychologische Aha-Experimente 91 Sind Mädchen, die immer nur lächeln, immer vergnügt? Lächeln: Geschlechterspezifische Unterschiede und Eindrucksbildung Gemeinhin behauptet man, Mädchen seien überwiegend eher vergnügt und heiter und Jungen eher muffelig. Einige Forscher gingen dieser Hypothese nach. Dodd, Russell und Jenkins (1999) zählten auf mehr als 16 000 Klas- senfotos (vom Kindergarten bis zur Universität), wie viele Mädchen und wie viele Jungen darauf lächelten. Diese Bilddokumente umfass- ten eine Zeitspanne von 30 Jahren. Die Forscher berücksichtigten auch die abgebildeten Lehrkräfte in ihrer Untersuchung. Wie sich herausstellte, machten vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse 63 Prozent der Jungen ein fröhliches Gesicht, während der Anteil bei den Mädchen 82 Prozent betrug. In der Gruppe von der siebten [in Frankreich wird umgekehrt gezählt, Abschlussklasse = 1. bzw. Terminale] Klasse bis zur Universität lag der Anteil der heiteren Jungen bei 60, der der Mädchen bei 75 Prozent. Ebenfalls anhand von Klassenfotos, aber auch von Zeitschriften und Zeitungen zeigten andere Forscher (DeSantis und Nathan, 2000), dass die Unterschiede zwischen Männern und Frauen auch die Quali- tät des Lächelns betreffen: Fast 80 Prozent der Frauen lächeln breit (alle Zähne sichtbar), aber nur 58 Prozent der Männer. Dieser Unterschied ist mit Sicherheit eher kulturell als genetisch bedingt, denn vor dem Alter von fünf Jahren unterscheiden sich Mädchen und Jungen nicht in der Häufigkeit, mit der sie lächeln (Otta, 1998). Jedoch interessierte das Lächeln die Forscher nicht nur im Hinblick auf geschlechterspezifische Unterschiede. Auch die Art, wie wir eine lächelnde Person wahrnehmen, wurde zum For- schungsgegenstand,

150 Psychologische Aha-Experimente (2011) 351

  • Upload
    nadja

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

DESCRIPTION

150 Psychologische Aha-Experimente (2011) 351

Citation preview

  • 348 150 psychologische Aha-Experimente

    91 Sind Mdchen, die immer nur lcheln, immer vergngt? Lcheln: Geschlechterspezifische Unterschiede und Eindrucksbildung

    Gemeinhin behauptet man, Mdchen seien berwiegend eher vergngt und heiter und Jungen eher muffelig. Einige Forscher gingen dieser Hypothese nach.

    Dodd, Russell und Jenkins (1999) zhlten auf mehr als 16 000 Klas-senfotos (vom Kindergarten bis zur Universitt), wie viele Mdchen und wie viele Jungen darauf lchelten. Diese Bilddokumente umfass-ten eine Zeitspanne von 30 Jahren. Die Forscher bercksichtigten auch die abgebildeten Lehrkrfte in ihrer Untersuchung.

    Wie sich herausstellte, machten vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse 63 Prozent der Jungen ein frhliches Gesicht, whrend der Anteil bei den Mdchen 82 Prozent betrug. In der Gruppe von der siebten [in Frankreich wird umgekehrt gezhlt, Abschlussklasse = 1. bzw. Terminale] Klasse bis zur Universitt lag der Anteil der heiteren Jungen bei 60, der der Mdchen bei 75 Prozent.

    Ebenfalls anhand von Klassenfotos, aber auch von Zeitschriften und Zeitungen zeigten andere Forscher (DeSantis und Nathan, 2000), dass die Unterschiede zwischen Mnnern und Frauen auch die Quali-tt des Lchelns betreffen: Fast 80 Prozent der Frauen lcheln breit (alle Zhne sichtbar), aber nur 58 Prozent der Mnner.

    Dieser Unterschied ist mit Sicherheit eher kulturell als genetisch bedingt, denn vor dem Alter von fnf Jahren unterscheiden sich Mdchen und Jungen nicht in der Hufigkeit, mit der sie lcheln (Otta, 1998).

    Jedoch interessierte das Lcheln die Forscher nicht nur im Hinblick auf geschlechterspezifische Unterschiede. Auch die Art, wie wir eine lchelnde Person wahrnehmen, wurde zum For-schungsgegenstand,