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Journal 54|2014 universität konstanz Der Geruch von Krebs

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Journal 54 |2014

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Der Geruchvon Krebs

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Herr Dr. Ezli, warumsprechen wir heutevon einem »neuen«Deutschland?

Dafür gibt es sehr viele Gründe. MitSicher heit hat es sehr viel damit zu tun,dass Deutschland nicht mehr ausschließ-lich an seiner Rolle im Zweiten Weltkriegoder an der Zeit des Wirtschaftswundersgemessen wird. Heute ist vielmehr dieRede von einer geglückten, stabilen Demokratie, und so-wohl der nationale als auch der internationale Blick aufdie Geschichte Deutschlands heben den heterogenen ge-sellschaftlichen und kulturellen Wandel hervor, der diedeutsche Geschichte seit mehreren Jahrzehnten prägt.Hierzu haben unterschiedliche globale und europäischeEntwicklungen, letztlich Prozesse der Migration und Inte -gration beigetragen. Prozesse, die sich auch darin aus-drücken, dass sich heute viele national wie internationalsehr erfolgreiche deutschsprachige Autorinnen und Autorenund Filmemacher mit Migrationshintergrund als »spät da-zugekommene« oder als »neue Deutsche« begreifen. Pro-zesse, die aber auch den Wandel der Spielernamen undder Spielweise der deutschen Nationalmannschaft betref-fen und bis hin zur Tatsache reichen, dass der »echte Ber-liner Döner« gegen den »amerikanischen Hamburger« aufdem globalen Fastfood-Markt mittlerweile als erfolgrei-ches deutsches Exportgut gilt. Sprich: Das Neue am»neuen« Deutschland ist, dass es sich auf unterschied-lichsten Ebenen nicht mehr aus einer Einheit, sondernaus seiner Vielfalt heraus definiert und beschreibt.

❱ Dr. Özkan Ezli

(Özkan Ezli ist Literaturwissenschaftler am Exzellenzcluster»Kulturelle Grundlagen von Integration« an der

Universität Konstanz und Mitkurator der Ausstellung»Das neue Deutschland« am Deutschen Hygiene-Museum.

Siehe auch S. 22)

Dr. Özkan Ezli

Editorial

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❱ Der Geruch von KrebsDass Hunde Krebs riechen können ist bekannt. Eine Forschergruppeum den Biologen Prof. Dr. Giovanni Galizia hat nun erstmals Krebs -zellen über den Geruchssinn von Fruchtfliegen nachgewiesen.4

❱ Themenschwerpunkt FußballDas Entscheidungsverhalten von Elfmeterschützen, die Politik derTrainer-Entlassungen und Fußball aus netzwerkanalytischer Sicht:Drei Konstanzer Wissenschaftler forschen zu Fußballthemen. MitKommentaren von Günter Netzer.8

❱ Von Katz und HundFür die Historiker Prof. Dr. Clemens Wischermann und Dr. AlineSteinbrecher sind Tiere in der Geschichte eigenständige Akteure.In einem Zwiegespräch erklären sie, warum.18

❱ »Das geht nicht«Studierende der Universität Konstanz fordern in einer Petition an dasLand Baden-Württemberg mehr Master-Studienplätze. Der FachbereichPsychologie ist ein Beispiel für die prekäre Master-Studienplatzsituation.30

❱ Menschen zusammenbringenSolarzellen auf den Dächern und interdisziplinäre Forschung zumThema nachhaltige Energien: Rektor Prof. Dr. Ulrich Rüdiger antwortetim Interview auf Fragen zur nachhaltigen Entwicklung an derUniversität Konstanz.36

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❱ Editorial 1

❱ Titel 4

❱ Preise 7

❱ Themenschwerpunkt Fußball 8

❱ LUKS-Preisträger 13

❱ Forschung 14

❱ Lehre 26

❱ International 34

❱ Interview 36

❱ Gleichstellung 38

❱ Kommunikation 39

❱ Kultur 40

❱ Hochschulsport 44

❱ Preise 45

❱ Personalia – Neue Professoren 46

❱ Personalia – Promotionen 48

❱ PersonaliaBerufung – Lehrbefugnis – Jubiläum 49

❱ Kurz berichtet 50

❱ Impressum 56

Inhalt

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TitelTitel

Krebs riecht. Er ist schwer zu erkennen, bedrohlich vorallem, weil er sich ungeahnt im Körper ausbreitet und einesichere medizinische Diagnose oft erst gestellt werdenkann, wenn die Krankheit sich schon weit in den Körperhineingefressen hat. Noch immer wird ein Großteil derDiag nosen über bildgebende Verfahren gestellt, die Tumo-ren erst zeigen können, wenn sie eine Größe erreichthaben, die lebensbedrohlich sein kann. Je früher man denKrebs erkennt, desto größer sind die Chancen auf eine Hei-lung. Die weltweite Suche nach diagnostischen Verfahrenhat sich daher einer weiteren Eigenschaft der gefährlichenTumorzellen gewidmet: Dem Geruch von Krebs.

Seit einigen Jahren weiß man, dass Tumorzellen einenspezifischen Geruch absondern. Dies liegt am verändertenStoffwechsel der Krebszellen, der sich im Blut, Schweißund schließlich auch im Atem von Patienten bemerkbarmacht. Dabei gibt es verschie-dene Ansätze, um die Düfte zuunterscheiden. Es ist bekannt,dass Hunde am Atem eineskrebs kranken Menschen riechenkönnen, dass etwas andersriecht als bei einem gesundenMenschen. Eine Eigenschaft, diebei sogenannten Krebssuchhun-den, wie es sie in Österreichgibt, bereits eingesetzt wird. Man kann Atemproben einschi-cken und durch die Krebssuchhunde überprüfen lassen. Al-lerdings ist die Zuverlässigkeit einer medizinischen Diagnoseaufgrund eines Hundebellens in Zusammenhang mit einer soschwerwiegenden Krankheit fragwürdig. Es ist nicht messbar,inwiefern diverse Faktoren wie Tagesform und Trainingsstanddes Hundes oder ähnliches die Urteilskraft des Tieres beein-flussen können. Daher liegt ein großes wissenschaftlichesInteresse darin, den Geruch von Tumorzellen im Labor ob-jektivierbar zu machen und physiologisch belegen zu kön-nen. Den dafür bisher entwickelten künstlichen Nasen undGaschromatographen mangelt es dabei aber oft an Geschwin-digkeit, Empfindlichkeit und Genauigkeit.

In einem internationalen Kooperationsprojekt hat eineForschergruppe um den Konstanzer Neurobiologen undZoologen Prof. Dr. Giovanni Galizia nun erstmals nachwei-sen können, dass auch Fruchtfliegen über ihren Geruchs-sinn Krebszellen von gesunden Zellen unterscheidenkönnen. In einem im internationalen Wissenschaftsmaga-zin »Scientific Report« aus dem Hause »Nature« veröffent-lichten Artikel stellten die Forscher dar, wie sich anhandvon transgenen Drosophila eindeutige Muster in derendurch die Gerüche aktivierten Duftrezeptoren zeigen.Dabei konnte nicht nur klar zwischen den gesunden undden kranken Zellen unterschieden werden, sondern auchinnerhalb der verschiedenen Tumorzellen Gruppierungendefiniert werden. »Das Neue und Spektakuläre an diesemErgebnis ist die Kombination aus einem objektiven, spe-zifischen und quantifizierbaren Laborergebnis mit der ex-

trem hohen Sensitivität einesnatürlichen Lebewesens, diedurch künstliche Nasen oderGaschromatographie nicht er-reicht werden kann«, erläutertGiovanni Galizia. Um die sehrgeringen Verschiebungen desGeruches von Krebszellen imVergleich zu gesunden Zellenzu erkennen, sei der natürliche

Geruchssinn besser geeignet, der bisher aber nicht objek-tivierbar und daher für eine systematische medizinischeDiagnose ungeeignet war. Natürliche Nasen und Duftre-zeptoren von Insekten sind nicht nur sehr sensitiv, son-dern haben auch eine hohe Spezifität. Ginge es allein umdie Feinheit des Geruchssinns, erläutert Giovanni Galizia,wären andere Insekten viel geeigneter, und verweist aufdie enormen olfaktorischen Fähigkeiten der Ameise. DieFruchtfliege ist jedoch als Modell deswegen besonders ge-eignet, weil ihr Erbgut komplett bestimmt und sie genetischleicht zu manipulieren ist. Alle ihre Sinneszellen und auchdie Moleküle, die in den Sinneszellen für die Duftwahrneh-mung zuständig sind, sind den Wissenschaftlern bestens

Der Geruch von KrebsEine Forschergruppe um Prof. Dr. Giovanni Galizia hat erstmals Krebszellenüber den Geruchssinn von Fruchtfliegen nachgewiesen

»Über die Antenne derDrosophila scheinen sogarverschiedene Brustkrebszellendifferenzierbar zu sein.«

Dr. Alja Lüdke

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Titel

bekannt, denn die Drosophilamelanogaster ist weltweiteines der populärsten Labor-tiere.

Für die Versuchsreihe wur-den die »Nasen« der Fliegen,ihre Antennen, genutzt, aufderen Rezeptorneuronen ein-zelne Duftmoleküle andockenund die Nervenzellen aktivie-ren. In dem Experiment wur-den also die Fruchtfliegenunter dem Mikroskop mit denAusdünstungen der verschie-denen Zellkulturen angebla-sen. Die unterschiedlichenDuftmoleküle wurden über die Riechantennen der Fliegenregistriert und so die entsprechenden Nervenzellen akti-viert. In einem speziellen bildgebenden Verfahren erzeug-ten die jeweiligen Geruchsproben dabei unter demFluoreszenz-Mikroskop charakteristische Erregungsmusterauf der Antenne der Fliege – eine Art Duftabdruck. Wichtigist, dass dafür eine spezielle genetische Linie der Fliegenverwendet wurde: Durch genetische Manipulation produ-zieren diese Tiere ein fluoreszierendes Protein in denRiechnervenzellen, welches bei Aktivität der Neurone stär-ker fluoresziert und somit die Aktivität dieser Nervenzellenunter dem Mikroskop sichtbar macht. Die Verteilung deraufleuchtenden Punkte in den Aufnahmen bildet auf dieseWeise ein Aktivitätsmuster der Riechsinneszellen unddamit den Duftabdruck ab.

Im Experiment wurden fünf verschiedeneBrustkrebszelllinien im Vergleich zu ge-sunden Zellen ausgewertet und eindeu-tig divergente Muster festgestellt. »Danicht nur kranke und gesunde Zellen un-terschieden werden können, sondernauch Untergruppen innerhalb der Krebszellenerkennbar waren, scheinen über die Antenne derDrosophila sogar verschiedene Brustkrebszellarten diffe-renzierbar zu sein«, erklärt Dr. Alja Lüdke, Mitarbeiterinder Forschergruppe und Wissenschaftlerin an der Univer-sität Konstanz. Die Forscher vermuten, dass in den gesun-den Zellkulturen andere Substanzen vorkommen als inden Krebszellekulturen, da Krebszellen einen veränderten

Stoff wechsel haben. Sie neh-men Stoffe aus dem umge-benden Medium in andererMenge auf und geben auchandere Stoffwechselprodukteab als gesunde Zellen. Dadurchzeigen die Ausdünstungen ausden Krebszellkulturen einenanderen Duftabdruck. Unter-schiedliche Tumore könntenebenfalls unterschiedlicheSubstanzen aufnehmen undausscheiden und dadurch un-terscheidbar werden.

Die Erkenntnisse der inter-disziplinären Forschergruppe

von Biologen aus Konstanz und Ingenieuren aus dem Be-reich Electronic Engineering in Rom sind eine entschei-dende Grundlagenarbeit für die Krebsdiagnose. Falls sichbestätigt, dass ein Tumor schon über den Geruch wahrge-nommen werden kann, während er für eine Diagnose durchdie bisher üblichen Verfahren noch zu klein ist, ließe sichanhand der gewonnenen Ergebnisse aus Konstanz ein großerSchritt in der Krebsdiagnose tun. »Die hohe Sensitivitätder natürlichen Duftrezeptoren gepaart

Die Fruchtfliege sitzt im Fluoreszenz-Mikroskop aufeinem Podest in der Mitte des Bildes. Durch denSchlauch auf der linken Seite, der auf die Fliegegerichtet ist, werden die verschiedenen Aromengeblasen. Oben ist das Objektiv des Mikroskops zusehen, durch das Bilder von den Fliegenantennenaufgenommen werden.

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TitelTitel

mit der Geschwindigkeit, mit der wir diese Testergebnissegewinnen, könnten es ermöglichen, ein sehr preiswertes,schnelles und hocheffizientes Pre-Screening zu entwi-ckeln, das Krebszellen möglicherweise nachweisen kann,lange bevor wir sie in den bisherigen bilddiagnostischenVerfahren erkennen können«, betont Giovanni Galizia.

In den nächsten Schritten will das Forscherteam die Er-gebnisse ausarbeiten und das Verfahren verfeinern. Dabeisoll geklärt werden, welche Rezeptoren auf welche Düftereagieren, mit welchen Ansätzen noch klarer die Aktivitätder einzelnen Rezeptoren visualisiert werden kann und obman zum Beispiel Duftproben der menschlichen Haut oder

der Atemluft für dieses Experiment anwenden kann. Wich-tige Fragen wären dann auch, in welchem Stadium der un-terschiedlichen Tumorerkrankungen welche Verschiebungvon Molekülkonzentrationen stattfindet und ob und wiesich die bisherigen Ergebnisse verallgemeinern lassen. Ausden spektakulären Ergebnissen in der Grundlagenarbeitder Konstanzer Biologen ist viel neue Arbeit entstanden.Aber eines ist schon jetzt klar: Aus den eher nervenstra-pazierenden Flugtieren am sommerlichen Küchentisch sindschon jetzt wertvolle Spürnasen für die Krebsfrüherken-nung geworden.

❱ hd.

Dem Geruch von Krebs auf der Spur:Thomas Laudes, Dr. Alja Lüdke, Martin Strauch,Prof. Dr. Giovanni Galizia und Daniel Münch (von links).

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Preise

Juniorprofessor Dr. Bent Gebert erhält den Heinz Maier-Leibnitz-Preis 2014. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft(DFG) zeichnet den Literaturwissenschaftler damit für seineForschung zum Thema Mythos als Wissensform aus. Mit demHeinz Maier-Leibnitz-Preis, der als wichtigste Auszeichnungfür den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland giltund der mit jeweils 20.000 Euro dotiert ist, wurden 2014bundesweit insgesamt zehn Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler geehrt. »Meine allerbesten Glückwünsche fürdiese herausragende Auszeichnung. Die Universität Konstanzschätzt sich glücklich, einen solch hervorragenden For-schenden zu ihrem wissenschaftlichen Nachwuchs zählen zukönnen. Ganz besonders freut mich, dass Bent Gebert nichtnur als Wissenschaftler eine große Bereicherung für die Uni-versität Konstanz darstellt, sondern auch als überaus enga-gierter und innovativer Hochschullehrer«, erklärt Prof. Dr.Ulrich Rüdiger, Rektor der Universität Konstanz.

Bent Gebert habe »die mediävistische Mythosforschungerheblich vorangetrieben«, heißt es in der Begründung derDFG zur Preisverleihung. Er widme sich damit einem in dieverschiedensten Diskurstraditionen ausgreifenden Themen-feld der Wissenskulturen und der gesamten Wissensfor-schung. Mittels subtiler Textbeobachtungen zeige er, dassdie wachsenden Wissensansprüche spätmittelalterlichen Er-zählens dichterische Konsequenzen hätten. »Ich freue michriesig über den Heinz Maier-Leibnitz-Preis. Das ist ein großer

Zuspruch für meine Arbeit, aber auch für den mediävisti-schen Akzent innerhalb der Literaturwissenschaft an derUniversität Konstanz. Der Preis eröffnet großartige Möglich-keiten, um mein aktuelles Forschungsprojekt zu ›Wettkampf-kulturen‹ weiterzuentwickeln«, bedankt sich Bent Gebert.

Bent Gebert ist seit 2012 Juniorprofessor für DeutscheLiteratur mit Schwerpunkt Mittel alter an der UniversitätKonstanz. In seinem aktuellen Forschungsprojekt »Wett-kampfkulturen. Erzählformen der Pluralisierung in der deut-schen Literatur des Mittelalters«, das gleichzeitig seinHabilitationsprojekt ist, geht es um die kulturvergleichendeFrage, wie Gesellschaften, die keine symbolischen Konzepteder Diversität oder Pluralität im modernen Sinne ausbilden,dennoch Vielfalt zur Geltung bringen. Neben diesem For-schungsprojekt verfolgt der Heinz Maier-Leibnitz-Preisträgerdas Lehrentwicklungsprojekt »Wissen im Prozess: Kollabo-rativ erstellte Online-Publikationen von Studierenden an denUniversitäten Freiburg und Konstanz«, für das er 2013 denInstructional Development Award der Universität Freiburgerhalten hat, und leitet den Arbeitskreis »MittelalterlicheLiteratur und Schule«.

Der Heinz Maier-Leibnitz-Preis, benannt nach dem Physi-ker und ehemaligen Präsidenten der Deutschen Forschungs-gemeinschaft, wird seit 1977 an junge Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler in Anerkennung herausragender Leis-tungen vergeben. ❱ msp.

GroßeBereicherungNachwuchswissenschaftlerder Universität Konstanz mitHeinz Maier-Leibnitz-Preis 2014ausgezeichnet

Juniorprofessor Dr. Bent Gebertkam von der Universität Freiburgnach Konstanz. In Freiburgstudierte er von 2001 bis 2007Neuere deutsche Literatur -geschichte, Ältere deutscheLiteratur und Sprache sowiePhilosophie. An der Universityof Oxford, Großbritannien, ab -solvierte er zwischenzeitlich den»Master of Studies in EuropeanLiterature«. 2009 war er VisitingScholar an der Stanford Univer-sity, USA. Im Jahr 2011 wurdeer an der Universität Freiburg imFach Ältere deutsche Literaturmit seiner Arbeit zum Themen-feld »Mythos als Wissensform«promoviert.

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TitelThemenschwerpunkt Fußball

Anstoß für die WissenschaftDrei Konstanzer Wissenschaftler erforschen Fußball ausungewöhnlicher Perspektive – Günter Netzer kommentiert.

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Die Angst des Schützenbeim ElfmeterJan Hausfeld erforscht den Einflussvon Druck auf das Entscheidungs-verhalten von Elfmeterschützen»Der Tormann überlegt, in welche Ecke der andere schießenwird. Wenn er den Schützen kennt, weiß er, welche Ecke ersich in der Regel aussucht. Möglicherweise rechnet aberauch der Elfmeterschütze damit, dass der Tormann sich dasüberlegt. Also überlegt sich der Tormann weiter, dass derBall heute einmal in die andere Ecke kommt. Wie aber,wenn der Schütze noch immer mit dem Tormann mitdenktund nun doch in die übliche Ecke schießen will?« (Peter Handke, Die Angst des Tormanns beim Elfmeter)

Ein Elfmeter im Fußball ist ein Nervenspiel, ein Duell fastwie im Westernfilm. Hier gibt es nur den Torwart und denSchützen, kein anderer Spieler steht zwischen ihnen. Hiergeht es nur um die Frage, ob nach rechts oder links oderdoch in die Mitte, ob tief gezogen oder unter die Lattegehoben. Gerade die Schlichtheit der Entscheidung machtdie Situation so gnadenlos, denn wer versagt, der tut diesstets im Rampenlicht.

Auf dem Elfmeterschützen und dem Torwart lastet einbeträchtlicher öffentlicher Druck, denn nicht selten hängtein Spiel von diesem einen Schuss ab, der ach so einfachaussieht. Wie dieser Druck sich auf das Entscheidungsver-halten und den Erfolg des Elfmeterschützen auswirkt, dasuntersucht Jan Hausfeld, Doktorand der Konstanzer Gra-duiertenschule Entscheidungswissenschaften. Fünf Saisonsder Bundesliga und zwei Saisons der englischen PremierLeague analysierte er bereits – stets auf Elfmeter, die po-tentiell spielentscheidend wären.

»Sobald es um etwas geht, wird häufig konservativergeschossen, als eigentlich für die Erfolgschancen optimalwäre. Ein Rechtsfuß schießt dann gemäß seiner ›natürli-chen Seite‹ vermehrt nach links, obwohl der Torwart genaudies erwartet«, beobachtete Hausfeld in seinen Videoana-lysen von Profispielen. Unter Hochdruck verlassen sichSchützen offensichtlich auf vertraute Verhaltensmuster,auch wenn kreativere Schüsse eine höhere Erfolgswahr-scheinlichkeit hätten.

uni’kon: Herr Netzer, ein Konstanzer Wissenschaftleranalysierte die Erfolgschancen von Elfmetern. WusstenSie, dass man, um einen Elfmeter zu verwandeln, sta-tistisch gesehen direkt in die Mitte schießen sollte?Günter Netzer: Ja, das ist eigentlich eine Unver-schämtheit, dass ein Spieler sich so etwas traut! Dashaben sich die Spieler in unserer Generation nichtgetraut, solche Elfmeter zu schießen. Wenn der Tor-wart dann mal stehenbleibt und den Ball ganz leichtaufnehmen kann, ist das die größte Blamage, die einElfmeterschütze erfahren kann. Ich glaube, es war1978, als erstmals sichtbar auf diese Art und Weisegeschossen wurde. Man muss es sich so vorstellen:Der Torwart hat nichts zu verlieren. Wenn er den Elf-meter hält, ist er der große Held. Nur der Schützehat etwas zu verlieren, er steht unter Druck. Es sindnur elf Meter, der Torwart muss sich für eine Ecke ent-scheiden. Wenn er die richtige Ecke wählt, hat er einesehr gute Chance, den Ball zu halten. Nur der Über-raschungsmoment spielt eine Rolle – und der hat sichvergrößert, indem der Schütze jetzt eine dritte Mög-lichkeit hat: In die Mitte zu schießen.

Wann haben Sie sich entschieden, in welche Ecke Sieschießen? Schon vor dem Schuss oder erst mit demFuß am Ball? Es ist so ein Gefühl, das lässt sich nicht erklären. Ichbin angelaufen und habe noch immer nicht gewusst,wohin ich schießen werde. Und dann kommt ein Se-kundenbruchteil, in dem man sich entscheiden muss.Sehr viele Schützen schauen den Torwart bis zumletzten Augenblick an: Er muss sich ja irgendwie frü-her bewegen, sich für eine Ecke entscheiden – unddann schießen sie in die andere Ecke.

»Das haben sich dieSpieler in unsererGeneration nicht getraut«

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TitelThemenschwerpunkt Fußball

Hausfeld unterteilte das Tor in 28 Vierecke und beobach-tete die Ballplatzierung der Elfmeterschützen. »Die meis-ten Schüsse gehen nach außen, nicht ganz an denPfosten; nach oben wird wenig geschossen. Interessantist dabei, dass viele Schützen die Stärke des Torhüters imKopf haben: Ein starker Torwart verleitet sie dazu, den Ballintuitiv noch einen Tick weiter zur Seite zu schießen alsbei einem weniger guten Torhüter«, illustriert Hausfeld.Die Persönlichkeit des Torwarts nimmt folglich einen Platzin der Auffassungsgabe des Spielers ein und verändert des-sen Verhalten.

Für angehende Elfmeterschützen hat Jan Hausfeldeinen Geheimtipp parat: Genau in die Mitte schießen, ambesten mittig nach oben. »Würde der Tormann sich nichtbewegen und deshalb den Ball nicht halten, so wäre diesin der Außenwahrnehmung für ihn fatal. Der öffentlicheDruck ist so hoch, dass ein Torwart in neun von zehn Fäl-len springen wird«, erläutert Hausfeld. Hinzu kommt, dassein Torwart spätestens im Moment des Schusses absprin-gen muss, um einen gut platzierten Ball zu halten: »Manmüsste so schnell springen, wie Usain Bolt sprintet, damitman einen Elfmeter oben rechts in die Ecke mit einem Ab-sprung nach dem Schuss noch halten könnte«, werteteHausfeld Reaktionszeit und Schussgeschwindigkeit aus.Wer nun gar nicht mehr weiß, wohin er schießen soll, dersollte diese Entscheidung seinem Trainer überlassen: »Dasist eine gute Strategie«, befindet Jan Hausfeld: »Der Trai-ner sagt den Schützen, wohin sie schießen sollen. Dasentbindet sie von dem Entscheidungsdruck und macht denSchuss weniger berechenbar.«

»Eine Art Systemtheoriedes Fußballs«Informatiker PD Dr. Sven Kosubuntersucht Fußball ausnetzwerkanalytischer SichtSensoren in den Fußballschuhen, in den Torwarthandschu-hen, im Ball. Im Fußball hat die Informatik längst dasSpielfeld betreten und bietet Datenmessungen, zur Unter-stützung des Trainings und für wissenschaftliche Zwecke.In einem einzigen Spiel können durchaus 15.000 undmehr Positionsdaten gemessen werden – pro Sekunde, ver-steht sich. Aus diesem Berg an Daten lassen sich unteranderem Passgenauigkeit und Laufleistung der Spieler he-rauslesen, taktische Positionsfiguren lassen sich beobach-ten, Spielerleistungen können bewertet werden. DerKonstanzer Informatiker PD Dr. Sven Kosub sieht jedocheinen anderen Horizont der sensordatenbasierten Spiel-analyse, er will weg von der Beobachtung einzelner Ereig-nisse: Was ihn interessiert, das sind die Kontexte hinterden Daten – die unsichtbaren Bedingungen, unter denendie Ereignisse erst stattfinden.

»In der bisherigen Fußballanalyse werden die Ereig-nisse von ihrem Kontext entkoppelt. Da wird etwa gezählt,wie oft ein Ball in die Ecke geht oder welche Strecke einSpieler mit welcher Intensität läuft. Es geht darin aberdie komplette Information über den Spielverlauf verlo-ren«, wirft Sven Kosub ein: »Ein erfolgreicher Pass istnicht einer, der ankommt, sondern einer, der eine sinn-volle nächste Aktion ermöglicht. Ankommende Bälle zumessen reicht nicht«, gibt Kosub ein Exempel. Ihm gehtes in seinen Datenanalysen daher nicht um die gemesse-nen Ereignisse an sich, sondern um die Analyse von Spiel-verläufen. Durch welche Operationen lässt sich ein Spiel

Jan Hausfeld am Ball,PD Dr. Sven Kosub in der Abwehr,Prof. Dr. Axel Kind im Tor.

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beschreiben? Welche Phasen des Spiels treten auf? WelcheKommunikationsabläufe finden auf der Spielfläche statt –und damit sind nicht zwangsläufig die verbalen gemeint –,welche Operationen gehen daraus hervor? »Meine Vorstel-lung von Fußballanalyse ist vielmehr eine Art Systemtheo-rie des Fußballs im Luhmann’schen Sinne. Es geht mirdarum, die Operationen der Mannschaften als Netzwerk-strukturen zu erfassen, mit denen zum Beispiel der geg-nerische Ballbesitz zur Seitenlinie kanalisiert wird.«Fußball schaut Sven Kosub daher am liebsten im Replay,alleine und ohne Ton: »So dass man die reinen Operatio-nen, die auf dem Spielfeld ablaufen, sieht.«

Absolute Datenergebnisse gibt es für Sven Kosub nicht,sie alle gewinnen ihren Wert erst durch den relationalenKontext, unter dem die jeweilige Spielsituation stattfin-det. »Typischerweise wird nur das gezählt, was man sieht.Aber für die Bewertung der Ereignisse spielen die Ereig-nisse, die nicht stattfinden, eine viel größere Rolle«, er-klärt der Informatiker. Kosub geht daher in seinenFragestellungen einen Schritt zurück: Er fragt nicht nachden gemessenen Werten, sondern nach den Bedingungen,unter denen die Leistungen von Teams und einzelnenSpielern stattfinden. Für die Analyse eines Spiels bedeutetdies, zunächst die Motivationsstrukturen für die Mann-schaften und somit die Wettbewerbsstrukturen zu durch-leuchten. Kein Wunder, dass Sven Kosubs Fußballanalysevon oben nach unten ansetzt und zunächst mit der quan-titativen Analyse von Meisterschaftsstrukturen und Rang-listen beginnt.

Im Sommersemester 2014 bietet Sven Kosub gemein-sam mit Prof. Dr. Ulrik Brandes das Seminar »Soccer Ana-lytics« an. Auch hier wird es nicht nur um die Auswertungvon Sensordaten gehen, sondern vor allem um die richtigeHerangehensweise an die Datensätze. »Wie bei allen em-pirischen Fragen braucht man zuallererst eine gewisseTheorie, welche Daten denn nun wirklich relevant sind«,

erläutert Kosub. Ein paar Fragestellungen seiner Fußball-analyse gibt er uns bereits mit auf den Weg: Wie lässt sichbeurteilen, wie »schnell« ein Spiel ist? Wenn jeder Spielerzu fast jeder Minute an jedem Platz des Feldes sein könnte– wie verändert dies das Spiel? Und könnte es eine Mög-lichkeit sein, eine Mannschaft positionslos spielen zu las-sen, also rein selbstorganisierend? »Ich glaube, dieVorstellung, was alles in den Daten steckt, ist noch garnicht angekommen«, schildert Kosub: »Die Herausforde-rung für die Forschung wird sein, die Erkenntnisse, die manaus den Daten gewinnt, auch für’s Training umzusetzen.«

uni’kon: Computerchips in Trikots, in Schuhen, imBall: Die Informatik gibt uns heute die Möglichkeit,Daten live vom Spielfeld zu erheben. Verändert dasden Fußball?Günter Netzer: Ich bin ein erklärter Gegner der gan-zen Statistiken, die da inzwischen erstellt werden.Es begann mit der Messung von Laufwegen, da wur-den plötzlich Kilometerleistungen von Spielern ge-lobt. Es galt als gute Leistung, wenn ein Spielerzwölf Kilometer im Spiel läuft. Ich bin extrem dage-gen, weil ich sage: Von den zwölf Kilometern ist erunter Umständen sechs Kilometer in die falsche Rich-tung gelaufen. Es ist ja nicht automatisch gut, wennzwölf Kilometer gelaufen werden, es muss ja effektivfür das Spiel sein.

Die Kriterien, ein guter Fußballspieler zu sein,sind heute leichter feststellbar, als sie es früherwaren: Das kriegt man jetzt alles digital geliefert. Fürmich sind das aber technische Spielereien, eine Ver-einfachung dessen, was im Fußball wichtig ist.

Themenschwerpunkt Fußball

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TitelThemenschwerpunkt Fußball

Rote Karte für den TrainerProf. Dr. Axel Kind ergründet die»Politik der Trainer-Entlassungen«Wenn die Saison verloren geht, wird der Trainer gefeuert,lautet eine Daumenregel beim Fußball. Das hat jedoch wenigmit der Suche nach einem Sündenbock zu tun, sondern ge-hört zum System der Leistungsregulierung im Spitzenmana-gement, beobachtet Prof. Dr. Axel Kind, Professor fürCorporate Finance an der Universität Konstanz. Er zieht Pa-rallelen zwischen den Entlassungen von Fußballmanagernund von CEOs in Wirtschaftsunternehmen: Der »unfreiwilligeTrainerwechsel« im Fußball wird zur Modellstudie für wirt-schaftswissenschaftliche Fragestellungen der Corporate Fi-nance. Doch sorgt die Entlassung eines Trainers im Regelfallwirklich für eine positivere Torbilanz?

Für seine Studie untersuchte Axel Kind rund 2.370 Trai-nerwechsel im englischen Spitzenfußball, darunter 1.200Entlassungen, im Zeitraum von den 1950er-Jahren bis hinzur Gegenwart. Er verglich die Spielstände und Trainerkarrie-ren, die Erfahrungen der Trainer sowie die unterschiedlichenFührungsstile und beobachtete die kurzfristige und langfris-tige Leistung der Mannschaften vor und nach der Entlassung.

Ein erstes Fazit: »Trainer stehen heute unter viel höheremDruck als vor 60 Jahren«, fasst Axel Kind zusammen. Die Fre-quenz der Entlassungen erhöhte sich signifikant; bereits einerelativ kurzfristige Welle an schlechten Ergebnissen kannheute das Aus für einen Trainer bedeuten. Während in den1950er-Jahren etwa jeder fünfte Trainer einer abstiegsge-fährdeten Mannschaft gefeuert wurde, sind es heute rund 65Prozent.

Entlassungen gelten in der Wirtschaft wie im Fußball alsDruckmittel gegenüber Spitzenmanagern, um Leistung zu er-zwingen – oder um eine Misserfolgsbilanz zu »korrigieren«.Doch hat es tatsächlich einen Effekt auf die Leistung, bereitsnach einer kurzfristigen Misserfolgsserie zu entlassen? »Esist nicht ganz klar, ob dies etwas bringt«, wägt Axel Kindab: »Es ist ein Trugschluss zu denken, dass unmittelbare Ver-besserungen der Performance nach dem Trainerwechsel durchdie Entlassung bedingt sind«, führt Kind näher aus. Im Mit-telpunkt steht die Frage: Was wäre gewesen, wenn der Trai-ner nicht entlassen worden wäre? Für die entsprechendeUntersuchung zieht der Wirtschaftswissenschaftler vergleich-bare Fälle heran, in denen es nicht zur Entlassung kam. DieVergleiche zeigen, dass zumindest für die langfristige Leis-tung des Vereins keine Verbesserungen aufgrund der Trainer-entlassungen angenommen werden können. »Nach mehrerenNiederlagen ist es bereits statistisch wahrscheinlich, dass eseinen Umkehrtrend hin zu einem normalen Erfolgsniveaugibt«, wirft Axel Kind ein.

Mit seiner Studie geht es Axel Kind nicht nur um die Weltdes runden Leders: Der Fußball bietet ihm vielmehr ein Mo-dell, anhand dessen sich allgemeine Mechanismen der Leis-tungssteuerung in der Corporate Finance nachvollziehenlassen. »Ein CEO kann mit einem Fußballmanager nach eng-lischem Bild verglichen werden, der Trainer- und Managertä-tigkeiten in sich vereint«, erklärt der Ökonom. Alswirtschaftswissenschaftliches Untersuchungsfeld hat derFußball gegenüber der »echten« Wirtschaft einen zentralenVorteil: Während es in der Wirtschaft eher schwierig ist,verlässliche Indikatoren der Leistung von Unternehmenund ihren Managern zu ermitteln, genügt im Fußball einBlick auf die Liga-Tabelle und in die FIFA-Datenbank:Kaum ein Bereich dürfte so gut dokumentiert sein undeinen so gut erschlossenen, öffentlich zugänglichen Da-tensatz bieten wie der Fußball. Der Ball ist rund – undbirgt viel Inhalt für Forschung.

❱ gra.

uni’kon: Trainer werden heute schneller und häufigerentlassen als noch vor 60 Jahren. Auf ihnen liegt heut-zutage ein sehr viel höherer Druck, schnelle Ergebnissezu liefern.Günter Netzer: Das ist wie vieles ein Ausdruck unsererZeit, die schnelllebiger und kompetitiver geworden ist,die einen schnelleren Erfolg verlangt, als es früher derFall war. Es hängt mit den Medien zusammen, die Druckausüben auf den Verein. Kaum ein Präsident traut sich,eine Misserfolgsserie über längere Zeit verantwortlichmitzumachen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass schnelle Entlas-sungen nennenswerte Erfolge bringen. Man kann eineMannschaft nicht auf den Kopf stellen. Wenn ein neuerTrainer daherkommt und die Mannschaft fängt schonnach drei Tagen plötzlich zu gewinnen an – ja, da müs-sen Sie sich Gedanken über die Mannschaft machen,nicht über den Trainer!

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LUKS-Preisträger

Selber lernen

Die Philosophin Prof. Dr. DinaEmundts sagt: »Sowohl inner-halb als auch außerhalb des Se-minarraums ist es wichtig, eineoffene Gesprächskultur zu fördernund intensiv mit den Studieren-den über ihre Arbeiten zu reden.Ich versuche, jeden meiner Stu-dierenden mindestens einmal be-reits während des Semesters zurBesprechung eines von ihm/ihrverfassten Textes in meine Sprech -

stunde einzuladen. Die Besprechung der Hausarbeitenmache ich zum Bestandteil der Prüfungsleistung. Diese in-dividuelle und konkrete Betreuung scheint mir wichtig: Eszeigt Respekt, motiviert und hilft konkret bei Schwierig-keiten.«

Die Sprachwissenschaftlerin Prof.Dr. Bettina Braun geht auch schonmal durch die Reihen, um Kontaktmit ihren Studierenden aufzuneh-men. »Dadurch bekomme ich oftauch mal Fragen von Studierendenin den letzten Reihen gestellt,und die Anonymität und die Angst,sich zu blamieren, werden redu-ziert.« Außerdem ist für BettinaBraun problemorientiertes Lernenein zentraler Aspekt: »Zur Steige-

rung des Interesses ist es meiner Meinung nach notwen-dig, erst die (theoretischen oder methodischen) Problemebewusst zu machen, bevor Lösungen angeboten werden.Die Zeit von der Problemstellung zur Besprechung der Lö-sung lässt sich hin und wieder erfolgreich dazu nutzen, dieStudierenden zur eigenen Problemlösung zu motivieren.«

Der Mathematiker Prof. Dr. ReinhardRacke ist überzeugt davon, dass großeVorlesungen nicht von vornherein ungüns-tiger für die Lehr- und Lernsituation seinmüssen als kleinere: »Es ist insbesondereeine Frage der Persönlichkeit des Dozentenbeziehungsweise der Dozentin, ob manetwas – auch über längere Zeit hinweg –einer größeren Gruppe vermitteln kann be-ziehungsweise eine ruhige Atmosphäreauch bei größerer Hörerzahl schaffenkann. Letztlich geht es darum, die Inhalteunabhängig von der Gruppengröße zu vermitteln. Die Fragenach guter Lehre in Vorlesungen hängt in meinem Fach we-niger von der Größe ab, durch eine fehlende Anwesenheits-pflicht sind auch die Studierenden in der Regel während derVorlesung sehr gut motiviert.«

Gute Lehre hat viel mit Anleitung zum selbständigen Lernen, individueller Betreuung, persönlichem Kontakt und großemEngagement zu tun. In der Reihe zu den Preisträgerinnen und Preisträgern des Lehrpreises der Universität Konstanz vonStudierenden, kurz LUKS, sagen Prof. Dr. Sophie-Charlotte Lenski, Prof. Dr. Dina Emundts, Prof. Dr. Bettina Braun und Prof.Dr. Reinhard Racke, was ihnen wichtig ist.

Die Rechtswissenschaftlerin Prof. Dr.Sophie-Charlotte Lenski legt großenWert darauf, dass ihre Studierenden aktivan den Lehrveranstaltungen teilnehmen.»Gerade in kleineren Veranstaltungen, indenen die juristische Falllösung eingeübtwird, ist mir eine Beteiligung der Studie-renden in der Form wichtig, dass die Lö-sung gemeinsam erarbeitet wird und alleStudierenden einen mündlichen Beitragleisten.« Die Juristin weiter: »Es hilftihnen dabei, den Stoff selber anwendenzu können. Außerdem versuche ich auf diese Weise, auchden etwas unsicheren Studierenden zu zeigen, dass siemanchmal schon viel mehr wissen bzw. sich mit dem ju-ristischen Handwerkszeug erarbeiten können, als sie sel-ber glauben.«

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TitelForschung

Ein Verbund von Chemikern der Universität Konstanz ent-wickelte eine innovative Methode, um Proteinstrukturenmittels magnetischer Markierungen zu untersuchen. DerClou: Die magnetischen Marker werden bei der natürlichenBiosynthese des Proteins direkt in die Zelle eingebaut. DieForschungsergebnisse, die Auswirkungen auf viele Berei-che der Strukturbiologie haben könnten, wurden im Januar2014 im renommierten Wissenschaftsjournal »Journal ofthe American Chemical Society« veröffentlicht.

»Künstliche Aminosäuren mit speziellen Eigenschaften,die direkt in der Zelle in Proteine eingebaut werden, sindschon seit Jahren bekannt. Trotz intensiver Bemühungenwar es bisher jedoch noch nicht gelungen, eine magneti-sche künstliche Aminosäure zu entwickeln. Hier ist uns

jetzt der Durchbruch gelungen«, erklärt der KonstanzerChemiker Dr. Daniel Summerer den Hintergrund des For-schungsprojektes, das in Zusammenarbeit mit der Arbeits-gruppe des Konstanzer Physikochemikers Dr. Malte Drescherstattfand. »Damit sind wir dem großen Ziel, Struktur undDynamik von Proteinen mit hoher Genauigkeit direkt inder Zelle zu messen, einen großen Schritt näher gekom-men«, führt Summerer weiter aus.

Die Proteine, die mit den künstlichen Aminosäuren ausKonstanz modifiziert wurden, können mit Hilfe sogenannterElektronenspinresonanz-Spektroskopie (ESR-Spektroskopie)vermessen werden. An strategisch ausgesuchten Stellendes Proteins werden hierfür magnetische Markierungen an-gebracht, die miteinander wechselwirken. »Misst man die

Die Vermessungvon Eiweißen in der ZelleKonstanzer Forscher entwickeln Methode zur exaktenStrukturbestimmung von Proteinen in ihrer natürlichen Umgebung

Dr. Daniel Summerer leitet die Arbeitsgruppe»Chemische Biologie des Genetischen Codes« ander Universität Konstanz und ist seit 2011 Fellowdes Zukunftskollegs.

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Forschung

Stärke der magnetischen Wechselwirkung, lässt sich darausauf den Abstand schließen«, erläutert Malte Drescher.»Aus der Messung mehrerer Abstände im Nanometerbe-reich lässt sich dann die Struktur des Proteins bestim-men«, verrät Drescher das Schlüsselprinzip.

Die Wissenschaftler wollen ihre Methode, die sie zumPatent angemeldet haben, nun in weiteren Schritten fürdie Erforschung von Proteinstrukturen in Zellen einsetzen:»Unsere Vorstellung ist, dass wir künftig auf Basis unsererMethode biologisch relevante Systeme untersuchen wer-den, die zum Beispiel bei der Parkinson-Krankheit oderder Regulation der Expression von krankheitsrelevantenGenen eine Rolle spielen«, gibt Malte Drescher einen Aus-blick auf die Fortführung der Forschungsarbeiten.

Die Forschung fand in enger Kopplung an die KonstanzerGraduiertenschule Chemische Biologie statt. »Ich freue

mich besonders, dass durch diesen Erfolg die wertvolle Ar-beit der beiden beteiligten Doktoranden, Moritz Schmidtund Julia Borbas, in einem besonders kompetitiven Umfelddie gebührende Anerkennung erhält«, so Summerer. FürMoritz Schmidt, der seine Promotion als Hoechst-Stipendiatder Aventis-Stiftung erst vor weniger als zwei Jahrenbegonnen hat, bedeutet die Studie bereits die zweite Ver-öffentlichung als Erstautor in einem besonders renom-mierten Chemie-Journal.

❱ gra.

Originalveröffentlichung:M. J. Schmidt, J. Borbas, M. Drescher and D. Summerer, A gene-tically encoded spin label for EPR distance measurements J. Am.Chem. Soc., 2014, doi: 10.1021/ja411535q.

Heisenberg-Stipendiumfür Dr. Malte DrescherEine besondere Ehre wurde Dr. Malte Drescher zuteil:Der Konstanzer Physikochemiker wurde von derDeutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit demHeisenberg-Stipendium ausgezeichnet. Drescherforscht und lehrt seit 2008 am Fachbereich Chemieder Universität Konstanz und erhält dasStipendium für seine erfolgreichen Arbeiten auf demGebiet der Elektronenspinresonanz-Spektroskopie(ESR-Spektroskopie).

Zusammen mit seinem Team aus acht Doktoran -dinnen und Doktoranden arbeitet Malte Drescherschwerpunktmäßig daran, Methoden zur Unter -suchung von Dynamik und Struktur von Makromole-külen zu entwickeln und anzuwenden.Malte Drescher wird sein Heisenberg-Stipendiumnutzen, um seine Arbeiten zur Weiterentwicklung derESR-Methoden in biologischen Zellen fortzuführenund um die Ansätze auf die Untersuchung vonNanopartikeln in den Materialwissenschaften zuübertragen. Malte Drescher erhielt 2008 das Emmy-Noether- Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG) und leitet seitdem eine Arbeitsgruppe fürPhysikalische und Biophysikalische Chemie ander Universität Konstanz. Er arbeitet im Sonder -forschungsbereich 969 »Chemical and BiologicalPrinciples of Cellular Proteostasis« mit und istVorstandsmitglied der Graduiertenschule ChemischeBiologie der Universität Konstanz.

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TitelForschung

Biochemikern der Universität Konstanz und des DeutschenKrebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg ist es gelun-gen, über einen Genschalter onkolytische Viren – das heißtViren, die Krebszellen vernichten – zu steuern. Die Konstan-zer Forschungsgruppe um Prof. Dr. Jörg Hartig entwickeltehierfür einen künstlichen RNA-Schalter, der anders als bis-herige Genschalter ohne den sogenannten Transkriptionsfak-tor auskommt und dadurch eine einfachere und präzisereKontrolle der Genexpression in beliebigen Organismen er-möglicht. Die Forschungsergebnisse mit hohem Potential fürdie Krebsforschung wurden Anfang Februar im renommiertenWissenschaftsjournal »Proceedings of the National Academyof Sciences« (PNAS) veröffentlicht.

Sogenannte Genschalter bieten die Möglichkeit zu steu-ern, welche Gene einer Zelle ausgeprägt werden und welcheEigenschaften die Zelle besitzt: Gene können ein- und aus-geschaltet werden, eine Zelle lässt sich dadurch »program-mieren«. Eine Genexpression erfolgt in zwei Schritten: DasErbgut in Gestalt von Desoxyribonukleinsäure (DNA) wird zu-nächst in Ribonukleinsäure (RNA) umgeschrieben (»Tran-skription«), die dann wiederum in eine Proteinsequenz inder Zelle übersetzt wird (»Translation«). Bisherige Genschal-ter wirken zumeist mittels eines sogenannten Transkripti-onsfaktors auf das erste Glied dieses Prozesses, die DNS, ein.»Transkriptionsfaktorbasierte Systeme sind im Prinzip sehrleistungsfähig, aber sie haben Nachteile: Sie erfordern einsehr feines Ausbalancieren der Konzentration des Transkrip-tionsfaktors in Bezug auf das Gen und funktionieren damitschlechter in Virensystemen, in denen die Vermehrung star-ken Schwankungen unterliegt«, erklärt Jörg Hartig.

Gemeinsam mit seiner Forschungsgruppe gelang es demKonstanzer Biochemiker, künstliche RNA-Schalter zu entwi-ckeln, die von solchen Schwankungen nicht beeinträchtigtwerden und mit denen sich somit unter anderem auch ver-schiedene Viren steuern lassen: »Unsere künstlichen RNA-Schalter kommen ohne die Notwendigkeit solcher Trans -

kriptionsfaktoren aus. Das System wird dadurch einfacherund präziser, denn die Kontrolle findet auf Ebene der RNAstatt: Unsere Schalter sind Teil der proteinkodierenden RNA«,erläutert Hartig.

Mit Hilfe dieses Schalters lassen sich nun auch onkolyti-sche Viren kontrollieren, was ein hohes Potential für dieKrebsforschung in Aussicht stellt: Onkolytische Viren befallengezielt Krebszellen und töten diese ab. Hartigs Genschalterbietet ein Sicherheitsnetz für den Einsatz onkolytischerViren, mit dem verhindert werden kann, dass die Vermehrungder Viren außer Kontrolle gerät.

Doch nicht nur zur Kontrolle von onkolytischen Viren kannHartigs Genschalter genutzt werden. »Unsere Genschaltersind vielseitig einsetzbar. Die hohe Modularität der RNA-Schalter ermöglicht, dass man sie in den verschiedensten Or-ganismen einsetzen kann: Zum Beispiel in Viren, Bakterien,Hefen oder auch Säugerzellen«, führt Hartig weiter aus.

❱ gra.

Originalveröffentlichung:P. Ketzer et al.: Artificial riboswitches for gene expression and re-plication control of DNA and RNA viruses, PNAS 2014, 111, E554–E562, doi: 10.1073/pnas.1318563111

Tumorfresser zumAn- und AusschaltenBiochemiker aus Konstanz entwickeln Genschalterzur Steuerung von krebsbekämpfenden Viren

Jörg Hartig ist Professor für Biopolymerchemie ander Universität Konstanz. Seine Arbeitsgruppe er-forscht ungewöhnliche Strukturen und Eigenschaf-ten von Nukleinsäuren, insbesondere katalytischaktive RNA-Motive (Ribozyme) und viersträngigeNukleinsäuren.

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Forschung

Ähnlich wie bei dem Zucker Glukose wird auch sein schwefel -haltiges Pendant Sulfo-Glukose von sämtlichen photosynthe-tisch aktiven Organismen hergestellt. Die Sulfo-Glukose-Produktion in der Natur wird auf zehn Milliarden Tonnen proJahr geschätzt. Forscher aus dem Fachbereich Biologie derUniversität Konstanz um die Mikrobiologen Dr. DavidSchleheck und Prof. Dr. Alasdair Cook haben nun mit Unter-stützung von Teammitarbeitern und Kollegen aus dem Fach-bereich Chemie herausgefunden, wie der schwefelhaltigeZucker wieder abgebaut wird. Einen Abbauweg konnten dieWissenschaftler in dem am besten untersuchten bakteriellenModellorganismus, dem Bakterium Escherichia coli, identifi-zieren. Es handelt sich dabei um die Sulfo-Glykolyse, die vonzehn Genen codiert ist und deren Funktion bislang völlig un-bekannt war. Die Ergebnisse sind in der »Nature«-Ausgabevom 13. März 2014 nachzulesen.

Sulfo-Glukose kommt in allen Pflanzen, Moosen, Farnenund Algen vor. Der Abbau- oder Stoffwechselweg für Sulfo-Glukose, die Sulfo-Glykolyse, ist somit ein wichtiger Bestand-teil der Stoffkreisläufe in Ökosystemen.

Da Sulfo-Glukose nicht kommerziell erhältlich ist, wurdediese spezielle Form von Zucker am benachbarten Konstanzer

Fachbereich Chemie von Dr. Thomas Huhn eigens in ausrei-chender Menge synthetisiert. Die chemische Analytik für denBeweis von Zwischenprodukten wurde anhand moderner Mas-senspektrometrie von Doktorand Alexander Schneider undden Chemikern Prof. Dr. Christoph Mayer, inzwischen Univer-sität Tübingen, sowie von Prof. Dr. Dieter Spiteller erbracht.»Die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Biologen undChemikern war ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit. Siespricht auch für den Erfolg des Forschungsverbundes zwi-schen Biologie und Chemie im Rahmen der Graduierten-schule Chemische Biologie an der Universität Konstanz«,so David Schleheck.

Anhand ihrer mikrobiologischen, molekularen und bio-chemischen Arbeiten konnten die Biologin Karin Dengersowie die Doktoranden Michael Weiss und Ann-KatrinFelux zeigen, dass Escherichia coli für die Sulfo-Glykolysenicht seine bereits gut bekannten Enzyme für die »nor-male« Glykolyse verwendet, sondern dass eine Folge vonzehn Genen, deren Funktion bisher noch völlig unbekanntwar, für den Abbau der Sulfo-Glukose verantwortlich ist.Damit konnten sie eine weitere Wissenslücke im bestun-tersuchten Modellorganismus Escherichia coli schließen.

Zehn Gene weisen den WegKonstanzer Wissenschaftler haben einen wichtigen Stoffwechselweg aufgeklärt

(von links) Prof. Dr. Dieter Spiteller, Michael Weiss,Ann-Katrin Felux, Prof. Dr. Alasdair Cook, Dr. ThomasHuhn, Karin Denger und Dr. David Schleheck.Auf dem Bild fehlen die Kollegen der Universität TübingenProf. Dr. Christoph Mayer und Alexander Schneider.

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TitelForschung

Das Forum »Tier und Geschichte« wurde 2011 an der Univer-sität Konstanz gegründet, ein Jahr später folgte am gleichenOrt die Forschungsinitiative Tiertheorie (FITT). Dank Prof. Dr.Clemens Wischermann spielt die Universität Konstanz in derErforschung des Verhältnisses von Mensch und Tier imdeutschsprachigen Raum eine Vorreiterrolle. Seit 2013 wirdder Bereich »Animal Studies« zusätzlich verstärkt durch Dr.Aline Steinbrecher, die im Zukunftskolleg der UniversitätKonstanz über Tiere als Teil einer Kulturgeschichte forscht.Die Historikerin und der Historiker sprechen über ihre For-schung.Dr. Aline Steinbrecher: Wir vertreten die These, dass Ge-schichte nicht nur aus Menschengeschichte besteht, sondernimmer gleichzeitig von Mensch und Tier handelt. UnsererAuffassung nach ist Geschichtswissenschaft erst vollständig,wenn sie auch die Tiere in den Blick nimmt. Prof. Dr. Clemens Wischermann: Wir wollen das Tier inswissenschaftliche Programm einbringen. Zu diesem Zweckarbeiten wir auch an einem Publikationsprojekt, in dem wirbestimmte Begrifflichkeiten, Zugangsweisen und methodi-

sche Konzepte für eine Beziehungsgeschichte entwickeln.Steinbrecher: Schaut man, wie ich, in die Vormoderne, wirdklar, welch wichtige Rolle die Tiere damals im Alltag der Men-schen gespielt haben. Dennoch bildeten die Tiere in der Ge-schichtsschreibung bis in die 1990er Jahren eine Leerstelle.Diese Leerstelle wollen wir besetzen.Wischermann: Meine Forschung beschäftigt sich hauptsäch-lich mit der Frage, wie die Tiere an den Menschen heranrü-cken und nach und nach einen quasi menschlichen Statuserhalten. Ich untersuche das anhand der Katzen. Steinbrecher: Es heißt, dass im 19. Jahrhundert das Haustier»erfunden« worden sei. Es gibt aber Quellen aus dem 17.und 18. Jahrhundert und teilweise schon früher, die vonengem und emotionalem Zusammenleben von Menschen undTieren berichten. Ich untersuche das anhand der Hunde. Dagibt es im 17. Jahrhundert zum Beispiel das Phänomen des»Lusttieres«. Der Hund war das beliebteste Lusttier. InSelbstzeugnissen, wie etwa Tagebüchern, ist nachzulesen,wie um einen Hund getrauert wurde, wie das Leben miteinem Hund empfunden wurde, bis hin, welchen Einfluss der

Von Katz und HundFür die Historiker Prof. Dr. Clemens Wischermann undDr. Aline Steinbrecher sind Tiere eigenständige Akteure

Zudem entdeckten sie neue Enzyme, die an der Sulfo-Gly-kolyse beteiligt sind.

Es stellte sich auch heraus, dass Escherichia coli Sulfo-Glukose nicht vollständig verwerten kann und ein schwefel-haltiges Zwischenprodukt ausscheidet, das anderen in derUmwelt verbreiteten Bakterien als Nahrungsquelle dient.»Auf diese Weise konnten wir zeigen, dass Sulfo-Glukose inder Natur durch die Zusammenarbeit verschiedener Bakterienvollständig abgebaut wird«, erklärt Karin Denger.

Die Ergebnisse der Mikrobiologen haben neben der Bota-nik auch Bezug zur Humanbiologie und Zoologie, da Esche-richia coli ein wichtiger und nützlicher Bewohner desmenschlichen und tierischen Darms ist und dort durch diepflanzliche Nahrung auch mit Sulfo-Glukose als bisher nochnicht beachtete Nährstoffquelle versorgt wird. Der Abbauweg

kommt aber auch in krankheitserregenden Bakterien vor, bei-spielsweise in Salmonellen.

Das Projekt wurde durch den Young Scholar Fund zur För-derung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der von derUniversität Konstanz im Rahmen der Exzellenzinitiative ein-gerichtet wurde, durch die Graduiertenschule Chemische Bio-logie sowie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft(DFG) unterstützt.

❱ msp.

Originalveröffentlichung:Sulphoglycolysis in Escherichia coli K-12 closes a gap in the bio-geochemical sulphur cycle. Denger K., M. Weiss, A.-K. Felux, A.Schneider, C. Mayer, D. Spiteller, T. Huhn, A.M. Cook and D. Schle-heck, Nature (2014) 507: 114-117.

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Forschung

Hund auf die Ehe des Schreibers hatte. Das widerlegt die Be-hauptung, der Hund werde erst im 19. Jahrhundert zum Fa-milienmitglied. Natürlich bedeutete Familie damals etwasanderes als heute oder im 19. Jahrhundert. Dennoch: DerEinzug des Hundes in die Familie begann damals, und zwarin der Upper Class. Wischermann: Ein gewisser Wohlstand ist immer nötig fürsolche Entwicklungen. Den Menschen muss ausreichendWohnraum und Nahrung zur Verfügung stehen, damit sieTiere in einer anderen Rolle und Position zulassen können.Das gilt ja nicht nur für die Beziehung zu Tieren. Das lässtsich genauso gut auf die Beziehung von Mensch zu Menschübertragen. Voraussetzung auch dafür, dass Menschen anderenMenschen Spielräume überlassen, ist ein gewisser Wohlstand.Steinbrecher: Tatsächlich zeigten die Bürger in der Vormo-derne mit einem Hund ihren Wohlstand. Er war ein Prestige-objekt. In manchen Stadthäusern lebten 40, 50 Hunde. InZürich gab es im 18. Jahrhundert pro Einwohner dreimal soviele Hunde wie heute. Die Hunde torpedierten geradezu diestädtische Ordnung. Überhaupt hatte das Hundehalten in derStadt natürlich Auswirkungen auf die Hygiene- und Lärmver-

hältnisse, was wiederum der Obrigkeit ein Dorn im Auge war.Die versuchte, die Leute zu überzeugen, weniger Hunde zuhalten. Da wurde argumentiert, dass mit dem, was die Hundeessen, arme Menschen ernährt werden könnten, oder eswurde mit der Erhöhung der Hundesteuer gedroht. Alles ohneErfolg. Nachts ließen sie ihre Hunde übrigens auf die Gasse.Für die Hunde war das sicher ein tolles Leben: Nachts trafman sich im Rudel, tagsüber ruhte man sich in der Wärme aus.Wischermann: So leben heute die Katzen. Die Katzen ge-langen später in den Innenraum der Familie. Es ist überhaupttypisch für eine bürgerliche städtische Welt, dass Hund undKatze in die Innenräume dürfen. Um dieses Verhältnis ge-nauer zu untersuchen, müssen wir sehr nahe an die Men-schen ran. Wir haben das in gemeinsamen Seminaren schonüber Generationeninterviews gemacht. Bereits bei drei Ge-nerationen, mit denen vielleicht noch die unmittelbare Nach-kriegszeit einbezogen ist, ist bereits ein ungeheurer Wandelin der Mensch-Tier-Beziehung festzustellen, wenn zum Bei-spiel ein älterer Mensch davon erzählt, wie in seiner Jugendmit Tieren umgegangen wurde oder welches emotionale Ver-hältnis die Menschen zu ihren Tieren hatten.

Dr. Aline Steinbrecher ist seit2013 Mitglied des Zukunftskollegsder Universität Konstanz. Zuvorwar sie Oberassistentin am His -torischen Institut der Uni versitätZürich und wurde durch ein MarieHeim-Vögtlin- Stipendium desSchweizerischen Nationalfonds(SNF) gefördert. Sie forscht zumThema »Animal Culture«.

Prof. Dr. Clemens Wischermann ist seit 1999Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichteund Mitglied des Exzellenzclusters »KulturelleGrundlagen von Integration« an der UniversitätKonstanz.

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TitelForschung

Steinbrecher: Andererseits wurden die Hunde meines Unter-suchungszeitraums bereits als Kindersozialisationspartnereingesetzt. Das ist in der damaligen aufklärerischen Erzie-hungsliteratur und in Kinderbüchern zu sehen. Da kommt derHund dem heutigen Bild von einem Familienhund sehr nahe,der den Kindern beibringen soll, der Kreatur gegenüber Ach-tung zu erweisen. Wischermann: Das sind Dinge, die fälschlicherweise eher derjüngsten Gegenwart zugeschrieben werden, den 1970er Jah-ren mit ihrer Tierethik-Debatte. Tatsächlich hat dieses Ge-dankengut eine lange Vorgeschichte. Heute ist die Diskussionzum Thema Tiere essen im Vergleich zu früher ein Mas-senphänomen. Gleichzeitig gibt es jedoch die Massentierhal-tung. Beides läuft völlig konträr nebeneinander her. Immermal wieder entsteht ein bisschen öffentliche Diskussiondazu, aber keine durchgreifende. An der Diskussion um ve-getarisch essen, vegan essen usw. ist jedoch zu erkennen,dass sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzieht, der abernoch nicht dominant auf der politischen Bühne angekommenist. Ich bin gespannt, wie diese Entwicklung weitergeht.Steinbrecher: Auf jeden Fall gehört das Thema Mensch – Tierin die Reihe großer Debatten, ähnlich der Gegenüberstellungvon Natur und Kultur mitsamt der Frage, ob Tiere Subjekteoder Objekte sind. Wischermann: Für uns sind Tiere Subjekte. Es geht in unse-rem Untersuchungsgebiet vornehmlich um ein einzelnes Tier,das eine Individualität und auch Identität erhält. Ich habemit diesem Tier eine einzigartige Beziehung und begleite esquasi von der Geburt bis in den Tod. Es handelt sich immerum ein bestimmtes, einzigartiges Lebewesen. Steinbrecher: Inzwischen gehen einige Forscher von einer»symmetrischen Anthropologie« aus, das heißt, der Menschwird nicht lediglich als Subjekt und das Tier nicht ausschließ-lich als Objekt gesehen, sondern beide befinden sich auf der-selben Untersuchungsebene. Dies vorausgesetzt lässt sichGeschichte ganz neu schreiben. Es ändert unsere Blickfüh-rung radikal, deshalb wird diese interdisziplinäre Debatteauch so heftig ausgefochten. Im Fall der Haustiere arbeitenwir konkret mit einem Beziehungsansatz. Das Tier wird alsBeziehungspartner verstanden und bekommt dadurch denStatus als Subjekt. Wenn ich davon ausgehe, dass meine Un-tersuchungseinheit nicht der Hund allein ist, sondern die in-teraktive und reziproke Beziehung von Mensch und Hund,dann bringe ich als Historikerin andere Resultate hervor.Schaue ich mit diesem Blick etwa auf die Quellen, die von

frühen Versuchen am lebenden Tier berichten, würde ich viel-leicht Sätze in den Selbstzeugnissen der Forscher finden, diees bedauern, dass er ein Tier, das er großgezogen hat, fürein Experiment benutzt. Damit untersuchen wir nicht denNutzen, den das Tier als Objekt für die Forschung gebrachthat, sondern inwieweit der Subjekt-Status des Tieres Rück-wirkungen hat auf den Forscher. Das Thema beginnt, die Wis-senschaftslandschaft in Bewegung zu bringen.Wischermann: Beim diesjährigen Historikertag wird es zumersten Mal eine eigene Sektion zur Mensch-Tier-Geschichtegeben.

❱ Das Gespräch wurde aufgezeichnetvon Maria Schorpp.

Das Forum »Tier und Geschichte« wurde 2011auf Initiative des Konstanzer Historikers Prof.Dr. Clemens Wischermann und Prof. Dr. StefanZahlmann von der Universität Wien gegründet.Der Plattform für wissenschaftlichen Austauschgeht es zunächst darum, die Forschung zu»Animal Studies« bzw. »Human-Animal- Studies« auf den historischen Bereich zukonzentrieren. Animal Studies bedeutet hier dieEinbeziehung der Rolle von Tieren in dieBetrachtung von Epochen und Zeiträumen, inden Entwurf von geschichtlichen Situationen –auch als Subjekt mit eigenständiger, histori-scher Wirkungsrelevanz. Die 2012 ebenfallsan der Universität Konstanz gegründete»Forschungsinitiative Tiertheorien. Grundlagender Mensch-Tier-Beziehung in den Kultur- undSozialwissenschaften« (FITT) hat das Ziel, diekultur- und sozialwissenschaftlichen Grundlagender Mensch-Tier-Beziehung systematisch zuerarbeiten und die theoretischen Ansätze undMethoden im interdisziplinären Diskurs weiter-zuentwickeln. Dabei spielt der Austausch übergeschichtswissenschaftliche, philosophische,literaturwissenschaftliche, medienwissenschaft-liche, kunstwissenschaftliche, rechtswissen-schaftliche und soziologische Zugänge einewesentliche Rolle.

Forum »Tier und Geschichte«

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Exzellente Projekte

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Forschung

Auf die Frage, welches sein Lieblingsexponat bei derAusstellung »Das neue Deutschland« im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden sei, zögert Dr. Özkan Ezli, Literatur-wissenschaftler am Exzellenzcluster »Kulturelle Grundlagenvon Integration« der Universität Konstanz. Er ist Mitkuratorder Ausstellung und Herausgeber der begleitenden Publika-tion »Das neue Deutschland. Von Migration und Vielfalt« –einem vielschichtigen »Lesebuch« zu Migration und Vielfalt.In ihm wird das Thema Integration mit Beiträgen aus Wis-senschaft, Kunst und Politikaus den verschiedenstenPerspektiven der Ge-sellschaft beleuchtet.

Schließlich erzählt Ezli von einem Exponat, in dem einKünstler anhand eines Fadenlaufs auf einem Holzbrett dieverschiedenen Stationen von Asylanträgen nachvollzogenhat. »Von den unzähligen Fäden, die zu Beginn der Antrag-stellung auf dem Tableau los laufen, bleibt nur ein Bruchteilübrig. Es fasziniert mich, wie gut es dem Künstler gelungenist, dieses Thema zu visualisieren und die Auseinanderset-zungen, den Weg und den Kampf eines Antragstellers greifbarzu machen«, erklärt Ezli.

Die Ausstellung, die einen Rundgang durch unterschied-liche Stationen von Migration in Deutschland anbietet, stelltein Deutschland in den Mittelpunkt, das sich zu einer Ein-wanderungsgesellschaft entwickelt hat und von Migrationund ethnischer Vielfalt geprägt ist. Dabei legten die Entwick-ler der Ausstellung großen Wert darauf, dem sehr herausfor-dernden und gesellschaftspolitisch aufgeladenen Themaeinen Zugang zu bieten, der weder zu trocken, noch zu pla-kativ ist: »Uns ging es darum, das Thema zu entdramatisierenund für die Öffentlichkeit so neu zu justieren, dass Migrationund ihre Folgen als eine gesamtgesellschaftliche Frage be-griffen werden«, so Özkan Ezli. Während Fragen zur Integra-tion vor allem in oft hitzigen politischen Debatten diskutiertwürden, sei das Anliegen der Ausstellung, Gelassenheit, auchSinnlichkeit und Komik in die Diskussion miteinzubringen.

Özkan Ezli wurde von der Ausstellungsleitung als Expertefür das Kuratorium und die Herausgeberschaft des Buchesnach Dresden eingeladen. Seit einigen Jahren forscht er amExzellenzcluster »Kulturelle Grundlagen von Integration«,der seit 2006 im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundesund der Länder gefördert wird. In seinem Habilitationsprojekt»Narrative der Integration in der deutsch-türkischen Litera-tur und im deutsch-türkischen Film: Eine andere deutscheLiteratur- und Kulturgeschichte« setzt er sich mit der Ent-wicklung von Integration seit den 1960er Jahren bis heuteauseinander. Dabei stellt er die untersuchten Erzählungenimmer in den direkten Zusammenhang mit der gesamtge-sellschaftlichen Dynamik und den aktuellen Integrations-debatten.

Diversität als Normalität begreifenDr. Özkan Ezli ist Mitkurator der Ausstellung»Das neue Deutschland« am Deutschen Hygiene-Museum

Dr. Özkan Ezli ist seit März 2008wissenschaftlicher Mitarbeiter im Ex-zellenzcluster »Kulturelle Grundlagenvon Integration« der Universität Kon-stanz, wo er an seinem Habilitations-projekt zu Narrativen der Integrationin der deutsch-türkischen Literaturund im deutsch-türkischen Film forscht.Seit 2011 hat er für das DeutscheHygiene-Museum Dresden als Mit -kurator für die Sonderausstellung»Integration, Kulturelle Diversität undMigration« gearbeitet, die am 7. März2014 eröffnet wurde und noch biszum 12. Oktober 2014 zu sehen ist.

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Forschung

Den Zeitraum seit den 1960er Jahren, in denen die erstentürkischen Gastarbeiter nach Deutschland kamen, hat ÖzkanEzli in vier Phasen eingeteilt, die er mit Leitsätzen betitelt,welche Ausdruck der jeweils aktuellen Narrative und Diskus-sionen sind. Filme, Literatur und auch gesamtgesellschaft -liche Phänomene der Migration und Integration summiertder Konstanzer Wissenschaftler unter diesen Überschriften.In den 1960er und 1970er Jahren steht »Wir wollten alleAmerikaner werden« für die Zeit der Gastarbeiter und ihreMotive, die mit dem Bedürfnis nach einem besseren Lebennach Deutschland kamen. »Wie lebt es sich als Türke inDeutschland?« ist die Überschrift für die Zeit der 1980erJahre, in denen die Familien der Gastarbeiter nachgezogenkamen und mit dem Einzug der Familien in die deutsche Ge-sellschaft eine Debatte um die Ausländerpolitik aufkam.

In den 1990ern konstatiert Ezli eine starke gesellschaft-liche Veränderung hin zu einer körperlichen Expressivität, inder sich auch die Erzählweisen verändern und Randbereicheausgeleuchtet werden. Das Narrativ des körperlichen Kon-flikts fasst er unter dem Titel »Wie lebt es sich in Deiner

Haut?« zusammen. Die Zeit ab 2003 thematisiert demnachverstärkt soziale Bindungen und Identitätspolitik, so dassFamiliengeschichten und Familienkonstellationen ins Zen-trum der Erzählungen rücken. Mit der Frage »Was lebst Du?«betitelt Ezli diese letzte und aktuelle Phase seiner »anderen«Literatur- und Kulturgeschichte.

Die Geschichte der Integration sieht der Literaturwissen-schaftler dabei auch als eine Geschichte des Prozesses, indem Deutschland sich in sich selbst integriert habe, wie eres ausdrückt. Mit der Zu- und Aufnahme gesellschaftlicherVielfalt und Differenz habe eine Erweiterung nationalerSelbstbeschreibungen stattgefunden, so dass den Deutscheneine Identifikation mit ihrem Land heute leichter falle. »Einestabile Einwanderungsgesellschaft erkennt ihre Heterogeni-tät und schafft dafür eine gesetzliche Infrastruktur – undentsprechende historische, politische und ästhetische Erzäh-lungen«, betont Özkan Ezli. »Denn um die Vielfalt und Kom-plexität von Integration beschreiben zu können, brauchenwir Erzählungen.«

❱ hd.

Der Konstanzer Chemiker Prof. Dr. Sebastian Polarz hat fürsein Projekt zur Erforschung einer neuen Klasse von Tensid-systemen einen ERC Consolidator Grant eingeworben. Insge-samt 1,9 Millionen Euro stellt der European Research Council(ERC) dem Konstanzer Wissenschaftler zur Verfügung, um inden kommenden fünf Jahren seine Pionierarbeit auf dem Ge-biet der anorganischen Tenside voranzutreiben. Mit dem ERCConsolidator Grant fördert der Europäische Forschungsrat ex-zellent ausgewiesene Forscher, deren Promotion mindestenssieben, aber höchstens zwölf Jahre zurückliegt, bei der Kon-solidierung eines unabhängigen Forschungsteams. In einemhochkompetitiven Verfahren konnte sich Sebastian Polarzmit seinem Forschungsprojekt unter 3.700 Bewerbungendurchsetzen.

Unter dem Titel Inorganic surfactants with multifunctio-nal heads (I-SURF) startete im März 2014 das Projekt zur Ex-ploration der neuartigen Tenside. Ziel des I-SURF-Projektesist es, anorganische Tenside herzustellen, die ein deutlicherweitertes Eigenschaftsspektrum aufweisen. Dabei wird die

organische Kopfgruppe des Tensides durch eine anorganischeBaueinheit ausgetauscht und so beispielsweise mit katalyti-schen, speziellen elektronischen oder magnetischen Eigen-schaften ausgerüstet. Am Beispiel magnetischer Tenside lässtsich erahnen, dass durch die zusätzlichen, langreichweitigenWechselwirkungen, die bei konventionellen Tensiden so nichtvorkommen, neue und gegebenenfalls emergente Eigenschaf-ten kreiert werden und sich von außen steuern lassen, wiebeispielsweise durch extern angewendete Magnetfelder.

Es kann erwartet werden, dass die Ergebnisse nicht nurzur Grundlagenforschung beitragen, sondern auch für zu-künftige, materialwissenschaftliche Technologien verwendetwerden können. Sebastian Polarz wird die anorganischenTenside beispielsweise auch einsetzen, um selbstorganisie-rende Smart-Materials zu erzeugen. Bei einem Smart-Materialoder auch »intelligentem Material« handelt es sich um einenStoff, der je nach äußeren Bedingungen auf verschiedeneWeise reagieren kann.

❱ hd.

Exploration der Tenside

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Forschung

»Traditionell war es so, dass Ausländer Fremde waren, diekeine Rechte hatten.« Die Situation, wie sie der KonstanzerRechtswissenschaftler Prof. Dr. Daniel Thym zusammenfasst,ist für Deutschland weitgehend Vergangenheit. Migrantenfielen noch in den 1980er und 1990er Jahren ausschließlichunter das Ordnungsrecht, das ähnlich dem Polizeirecht vomPrinzip der Gefahrenabwehr geprägt ist. Heute gibt es inDeutschland jedes Jahr rund 100.000 Einbürgerungen. Deut-sche Unternehmen suchen in der ganzen Welt nach qualifi-zierten Mitarbeitern. »Am spannendsten ist jedoch, dass wirheute wie selbstverständlich davon ausgehen, dass ein Zu-wanderer zur Gesellschaft gehören soll«, sagt der Professorfür Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an derUniversität Konstanz.

Mit »vom Fremden zum Kunden« beschreibt Thym denWandel, den er in seinem vom Kulturwissenschaftlichen Kol-leg des Exzellenzclusters »Kulturelle Grundlagen von Inte-gration« geförderten Projekt »Migrant und Staatsverwaltung:Fremder – Kunde – Bürger?« erfasst und theoretisch fundiert.Der Rechtswissenschaftler wurde damit als Fellow ins Kultur-wissenschaftliche Kolleg des Konstanzer Exzellenzclusters»Kulturelle Grundlagen von Integration« aufgenommen, woer mit seinem Projekt auch zum aktuellen Themenschwer-punkt »Bürokratie« beiträgt.

»Es geht darum, die traditionelle Gegenüberstellung vonIn- und Ausländern zu relativieren und die Dichotomie zwi-schen ›Fremden‹ und ›Bürgern‹ mithilfe verschiedener Kate-gorien in ein Kontinuum abgestufter Mitgliedschaftsrechtezu überführen«, beschreibt Thym seine theoretische Zielrich-tung. Mit diesem fließenden Übergang soll der TatsacheRechnung getragen werden, dass die Art, wie der Staat unddie Verwaltung heute mit Migration umgehen, sehr vielfältigist. Längst treten Migranten ihrem Gastland nicht mehr nurals Bittsteller gegenüber. Tatsächlich kann das Verhältnisheute auch völlig anders aussehen. »Im Bereich der Zuwan-derung von Hochqualifizierten müssen die Gesetze so at-traktiv gestaltet werden, dass solche hochqualifiziertenMenschen überhaupt nach Deutschland kommen wollen«,so der Rechtswissenschaftler. Eine »Hochqualifizierten-Richtlinie« der Europäischen Union soll bei der Anwerbung

gut ausgebildeter ausländischer Arbeitnehmer helfen. DanielThym: »Hier soll den ausländischen Fachkräften der Zugangzum deutschen Arbeitsmarkt auch dadurch erleichtert wer-den, dass die traditionell bürokratisch-ordnungsrechtlicheStruktur der Ausländerbehörden durch eine Kundenorientie-rung ergänzt wird.«

Thyms Projekt zielt auf einen verfassungstheoretischenRahmen, der das neue vielfältige Verhältnis von Migrant undStaat – »vom Fremden zum Kunden« – berücksichtigt undOrientierung für rechtliche Einzelfragen liefert. Darüber hi-naus geht es um Fragen wie: Wo verlaufen heute die Grenzenzwischen Bürger und Migrant? Wie spielt sich dieser Wandelab? Das Recht alleine beantwortet solche Fragen nicht. Lö-sungsansätze erfordern einen »Brückenschlag der Rechtswis-senschaft hin zur politischen Theorie«, wie der Juristeinräumt, der seine Analysen mit anderen Disziplinen ab-gleichen wird. »Der fachübergreifende Charakter des Kultur-wissenschaftlichen Kollegs stellt ein ideales Umfeld für dieerfolgreiche Umsetzung des Vorhabens dar«, so Thym.

Dass es überhaupt zu solcher »Ausdifferenzierung der Bür-gerschaftsrechte« kam, ist letztlich dem Völkerrecht, demEU-Recht sowie der fortschreitenden EU-Integration zu ver-danken. Solche transnationalen Institutionen schränkten dieEntscheidungsfreiheit einzelner Staaten zugunsten derRechte von Ausländern ein. Auf dieser Grundlage schlägtThym für das deutsche und europäische Migrationsrecht eine»kosmopolitische Grundierung« vor, die Gerechtigkeit überdie Grenzen hinweg gewährleisten soll, indem internationaleNormen zur Geltung kommen. Kosmopolitismus soll hier je-doch »kein Übergang zu einem Weltstaat« bedeuten, sondern

Vom Fremden zum KundenProf. Dr. Daniel Thym erforscht das neue Verständnis von Migranten

Prof. Dr. Daniel Thym lehrt seit 2010 Öffentliches Recht,Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz. Er istmaßgeblich beteiligter Wissenschaftler des Exzellenzclusters»Kulturelle Grund lagen von Integration« und Ko-Direktor desForschungszentrums Ausländer- und Asylrecht (FZAA) derUniversität Konstanz. Seine Forschungsschwerpunkte umfas-sen das deutsche, europäische und internationale Migrations-recht sowie die europäische Verfassungsentwicklung.

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Forschung

kann auch innerhalb eines Landes stattfinden. Soll heißen:Staaten unterliegen gegenüber Migranten gemeinsamen Nor-men, wie sie etwa in den internationalen Menschenrechtenzum Ausdruck kommen. »Dies bedeutet jedoch keinen Ver-zicht auf demokratische Selbstregulierung durch partikulareGemeinschaften«, stellt der Europarechtler klar. Aus dieserkosmopolitischen Grundierung könnte sich ergeben, dass

sich nicht nur diejenigen Personen auf Bürgerrechte berufenkönnen, die sich bereits länger in einem Land aufhalten undschon deshalb einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit In-ländern haben. Ausländer werden dadurch jedoch nicht zuBürgern, sie werden gemäß der kosmopolitischen Grundie-rung »aufgrund ihres Menschseins geschützt«.

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TitelLehre

Bessere Studienbedingungen und mehrQualität in der Lehre – in der Reihe überdas Projekt »b3 – beraten, begleiten, be-teiligen«, für das die Universität Kon-stanz im Rahmen des »QualitätspaktsLehre« mit 8,4 Millionen Euro gefördertwird, werden in uni’kon die einzelnen Teil-projekte vorgestellt. In dieser Ausgabe sind esdie Projekte Schreibpatenschaften und das Kon-stanzer Online-Studieninformationssystem (KOS).

SchreibpatenschaftenBianca Grudzinska spricht Deutsch, aber nicht nur. Sie istmehrsprachig aufgewachsen, in ihrem Elternhaus wurdeausschließlich Polnisch gesprochen, während sie in ihrerFreizeit und in der Schule deutsch sozialisiert wurde. ImSchreiben fühlte sie sich während ihrer Schulzeit immersicher, dennoch spürte die Jura-Studentin die erhöhten An-forderungen an der Universität deutlich. Gerade in derRechtswissenschaft ist die exakte schriftliche Formulierungbesonders wichtig. Deshalb griff sie gleich zu, als in einerVorlesung Schreibpatenschaften zwischen emeritierten Pro-fessorinnen und Professoren und zweisprachigen Studieren-den beworben wurden. »Ich sehe das als große Chance, michzu verbessern«, sagt die Studentin im vierten Semester.

Ein »kleines, feines Teilprojekt«, nennt b3-KoordinatorinAnja Weng die Schreibpatenschaften. Emeritierte oder ak-tive Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begleitenzweisprachige Studierende bei der Entwicklung ihrerSchreibkompetenz. Dr. Svenja Kornher, Referentin für Di-versity in Studium und Lehre, betreut das Teilprojekt undnimmt interessierte Studierende jederzeit gerne auf. Sieweiß um die von Studierenden wie Lehrenden oft ausge-blendeten Schwierigkeiten, das akademische Schreiben zu

erlernen. Als Ergänzung zum Schreibzentrum, das allen Stu-dierenden offensteht, bietet die Universität Konstanz imRahmen ihrer Diversity-Aktivitäten Mehrsprachigen zusätz-lich Schreibpatenschaften an.

Svenja Kornher möchte Mehrsprachigkeit vor allem alsgroße Chance verstanden wissen. Sie zu ergreifen bedeute,sich ehrgeizig auch mit sprachlichen Feinheiten auseinan-

derzusetzen, deshalb bieten die Schreibpatenschaf-ten die Möglichkeit, sich den letzten Schliff

zu erarbeiten. Zum Vorteil, mehrereMuttersprachen zu besitzen, kommthinzu, dass durch das Mehrfachlernenvon Kindes beinen an zusätzliches in-tellektuelles Potential entwickelt wird.»Mehrsprachigkeit ist ein großerSchatz«, so Svenja Kornher, die auchMitglied des an der Universität Kon-

stanz neu eingerichteten »Zentrums fürMehrsprachigkeit« ist.

Bianca Grudzinska hat in Prof. Dr. Hans-WolfgangSträtz ihren Schreibpaten gefunden, der bis 2005 die Pro-fessur für Deutsche Rechtsgeschichte, Kirchenrecht undBürgerliches Recht an der Universität Konstanz innehatte.»Da ich mit Sprache immer gern umgegangen bin und inJura Sprachkompetenz ganz entscheidend ist, habe ichmich bereit erklärt mitzumachen«, beschreibt der Juristseine Motivation. Besprochen werden bei den Treffen vonBianca Grudzinska und Hans-Wolfgang Strätz ganz konkreteDinge. Zum Beispiel eine Hausarbeit, die die Studentinkorrigiert zurückbekam. Dabei geht es bei den Gesprächenweniger um Inhalte, als vielmehr um Textstellen, an denenunklare Formulierungen präzisiert werden. »Ich bin mitProfessor Strätz Satz für Satz durchgegangen«, so dieStudentin.

Dass beide Tandem-Partner aus dem gleichen Fach kom-men, ist im Fall der Rechtswissenschaft, in der die Spracheeine ganz besondere Rolle spielt, gewollt. »Generell findenwir aber die fachübergreifende Betreuung förderlich«, stelltSvenja Kornher fest. Acht Tandems sind derzeit aktiv. Dabeiwird es von Seiten der Wissenschaftler oft auch als Chancebegriffen, etwas Neues kennenzulernen, beispielsweise hatein Chemie-Professor seine Liebe für die Philosophie ent-deckt. Oder es ist einfach so wie bei Hans-Wolfgang Strätz,der sagt: »Es macht mir einfach Freude, jemandem helfenzu können.«

Mittel aus dem »Qualitätspakt Lehre«ermöglichen Schreib patenschaftenund ein neues Portal fürStudieninteressierte

Besser im Studiumankommen

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Lehre

Konstanzer Online- Studien informationssystem (KOS)»Eine übersichtliche Darstellung des Studienangebots, dieMöglichkeit abzuschätzen, ob das favorisierte Studienfachzu einem passt und gleichzeitig dem derzeitigen Mediennut-zungsverhalten junger Menschen gerecht werden – all dassoll KOS vereinen«, so beschreibt Anja Weng die Anforderun-gen an das Konstanzer Online-Studieninformationssystem.KOS ist ein noch in der Entwicklung begriffenes eigenstän-diges Online-Portal für Studieninteressierte, das neben demÜberblick über das gesamte Studienangebot der UniversitätKonstanz auch Informationen zu den jeweiligen Fächern bie-tet. Die Faktensammlung ist in einer Datenbank hinterlegt.Auf diese Weise können die Informationen auch auf anderenWebseiten der Universität eingesetzt werden. Bei Änderun-gen ist dann nur noch eine Aktualisierung in der Datenbankerforderlich. Denn die neue Information wird automatischauf allen Seiten aktualisiert.

Das Portal wird die bisherigen Seiten zum Studienangebotder Studentischen Abteilung auf Dauer ablösen. Interaktivund multimedial soll es auch der leichten Orientierung die-nen. So wird es zum Beispiel eine Suchmaske geben, mitderen Hilfe anhand unterschiedlicher Schlagwörter recher-chiert werden kann. Zulassungsfreie Bachelorstudiengängekönnte solch ein Suchkriterium sein. Außerdem können biszu drei Studiengänge in einer tabellarischen Ansicht vergli-chen werden. Wenn ein Studieninteressierter weitere Fragenhat und gern beraten werden möchte, findet er leichte Über-gänge zu den Ansprechpartnern in den Fachbereichen und

den Angeboten der Zentralen Studienberatung, deren Online-Beratungsangebot derzeit ebenfalls in Zusammenarbeit mitdem KOS-Team erweitert wird.

KOS bietet Studieninteressierten jedoch nicht nur Infor-mation und Beratung. Wer sich nicht sicher ist, ob der insAuge gefasste Studiengang auch wirklich »passt«, kann sichkünftig im Internet einem Selbsttest unterziehen. Dieses so-genannte Online-Self-Assessment setzt sich aus verschiede-nen Testabschnitten zusammen. Gleich zu Beginn wird dasaktuelle Wissen über den angestrebten Studiengang abge-prüft. Danach werden Erwartungen, Interessen und typischeStudiensituationen abgefragt und mit den Erfordernissen desfavorisierten Studiengangs verglichen. Im Test, aber auchauf den Informationsseiten, werden multimediale Elementewie Videoclips und Fotos eingesetzt. Schon jetzt gibt es übereinzelne Studiengänge Clips und kurze Filme einzelner Fach-bereiche; sie können künftig auf dem YouTube-Kanal der Uni-versität Konstanz eingespeist und über eine Verlinkung aufden Seiten des KOS-Portals eingebunden werden. Angesiedeltist KOS im Zentrum für Studien- und Karriereberatung. Unterder Leitung von Heike Schwartz besteht das KOS-Team ausStefanie Forst (Entwicklung der Online-Self-Assessments),Julia Hüfner (Multimedia-Redaktion) und Matthias Landwehr,der sich um alle technischen Belange kümmert, die das Teil-projekt von b³ mit sich bringt. Weitere Informationen über das Projekt b³ unter:www.lehre.uni-konstanz.de/b3-projekt/

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Prof. Dr. Hans-Wolfgang Strätzund Bianca Grudzinska.

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TitelLehre

Immer mehr Studieninteressierte schauen nicht nur nach,welche Studiengänge für sie interessant sein könnten, sondernob ihre Studienwahl tatsächlich das Qualitätssiegel der Akkre-ditierung ziert. Wer sich für einen Studiengang entscheidet,muss sich darauf verlassen können, dass dieser bestimmteStandards erfüllt. In sogenannten Akkreditierungsverfahrenwerden den einzelnen Studiengängen im positiven Fall be-scheinigt, dass sie diesen Qualitätsstandards entsprechen.Dabei beschreibt das lateinische Verb »accredere« nicht ganztreffend den Akkredierungsvorgang. »Glauben schenken«, sodie wörtliche Übersetzung, trifft die Sache nicht ganz: Tat-sächlich geht es um das begründete Vertrauen, dass Kriterienerfüllt sind, die den geregelten Studienalltag ermöglichen.Dr. Christine Abele ist an der Universität Konstanz als Leiterinder Stabsstelle Qualitätsmanagement für die Akkreditierungs-verfahren zuständig. Dabei geht es nicht mehr um die Ak-kreditierung einzelner Studiengänge. Die StabsstelleQualitätsmanagement bereitet die Systemakkreditierung vor.

Bislang wurden die Studiengänge einzeln und von einerexternen Agentur akkreditiert. Im Fall einer Systemakkredi-

tierung wird die Zulassung einzelner Studiengänge in dieHände der Universität gelegt. Dazu muss diese nachweisen,dass sie über ein Qualitätssicherungssystem verfügt, dasdiese Standards einhält. Mit der Erarbeitung eines solchenSystems ist die Stabsstelle seit 2011 betraut. »Die System-akkreditierung soll die Qualitätssicherung der Studiengängegarantieren, aber auch mehr Autonomie an die Hochschulenholen«, fasst die Stabsstellen-Leiterin zusammen. Ein zu-sätzlicher Vorteil besteht in der Möglichkeit, eigene Schwer-punkte zu setzen. An der Universität Konstanz ist dieStudieneingangsphase solch ein Schwerpunkt, auf den hindie Studiengänge begutachtet werden. Die Systemakkredi-tierung unterliegt ebenfalls einem Akkreditierungsverfahren.Nach der ersten im vergangenen November wird für den kom-menden Juni die zweite Begehung durch eine von der Uni-versität Konstanz beauftragte Akkreditierunsagentur erwartet.

Für das in Entwicklung begriffene Qualitätssicherungssys-tem hat Christine Abele mit ihrem Team ein Monitoringver-fahren aufgebaut. Dieses sieht vor, dass die Fachbereiche imZweijahresrhythmus von der Stabsstelle zusammengetragene

Für mehrAutonomieDie Stabsstelle Qualitäts -management bereitet einQualitätssicherungssystemfür die eigenständigeAkkreditierung vonStudiengängen vor

Dr. Christine Abele,Leiterin der StabsstelleQualitätsmanagement.

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Lehre

Zahlen etwa zur Kapazitätsauslastung, zum Personal oder zuden Bewerbungen ihrer Studiengänge erhalten. Diese soge-nannten Kennzahlen werden durch Ergebnisse von Studie-renden-, Absolventen- und Abgängerbefragungen ergänzt.Auf dieser Grundlage und eigener Erfahrungen erstellen dieFachbereiche alle vier Jahre eine Selbstbeurteilung ihrer Stu-diengänge, die dem Ausschuss für Lehre und Weiterbildung(ALW) vorgelegt wird. Für Studium und Lehre verantwortlicheFachbereichsvertreter werden anschließend eingeladen, Fra-gen zu beantworten. »Wir haben das im Sommersemester2013 das erste Mal mit fünf Fachbereichen durchgeführt. Ichbin begeistert, wie gut es funktioniert hat«, so Abele. DerALW bewertet schließlich die Studiengänge und spricht ge-gebenenfalls Empfehlungen aus. »Dieses interne Akkreditie-rungsverfahren macht uns fit für die Systemakkreditierung«,stellt Christine Abele fest.

Einmal zugelassene Studiengänge werden so regelmäßigüberprüft. Zu der vierjährigen Selbstbeurteilung durch dieFachbereiche kommen alle acht Jahre Peer Review-Verfahren,das heißt eine externe fachliche Begutachtung durch Exper-ten, meist Professoren des betreffenden Fachs. Diese PeerReview-Verfahren haben gegenüber den herkömmlichen Ak-kreditierungsverfahren einen entscheidenden Vorteil: »Durchdie Systemakkreditierung im Haus haben wir die Möglichkeit,die Verfahrenskriterien auf unsere eigenen Verhältnisseabzustimmen und so aus dem Verfahren mehr Nutzen zuziehen«, so Christine Abele. So kann auch den in der Ver-gangenheit laut gewordenen Klagen aus den Fachberei-chen über unpassend gewählte Gutachter und entsprechendwenig nützliche Empfehlungen reagiert werden. Auf dassStudieninteressierte nicht Glauben schenken müssen, son-dern vertrauen können.

❱ msp.

Teurer als die Wissenschaft erlaubtUniversität Konstanz bricht Lizenzverhandlungen mit Wissenschaftsverlag Elsevier ab

Aufgrund der erheblichen Verteuerung der Leistungen desWissenschaftsverlages Elsevier in den vergangenen Jahrenbeschloss die Universität Konstanz, ihren Lizenzvertrag mitdem Großverlag für wissenschaftliche Fachzeitschriften nichtlänger fortzuführen. Elsevier war bereits 2012 wegen seineraggressiven Preispolitik in die Schlagzeilen geraten, als Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftler international im Rah-men der Initiative »The Cost of Knowledge« zu einemBoykott dieses Verlages aufgerufen hatten.

»Für die Universität Konstanz verschlechterte sich dasKosten-Nutzen-Verhältnis mit Elsevier in den vergangenenJahren erheblich. Aufgrund der geringen Verhandlungsbe-reitschaft des Verlages sehen wir keine andere Möglichkeitals den Abbruch der Verhandlungen«, erklärt Prof. Dr. UlrichRüdiger, Rektor der Universität Konstanz.

Fachzeitschriften bilden in der Wissenschaft eine unab-dingbare Grundlage für den wissenschaftlichen Austausch.Der Bezug von Wissenschaftsjournalen ist daher essentiellfür die Forschung und Lehre einer Universität. »Universitäten

sind in gewisser Weise gezwungen, in Form von Abonne-mentgebühren ein Gut teuer zurückzukaufen, das eigentlichvon ihren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern produ-ziert wird«, veranschaulicht Petra Hätscher, Direktorin desKommunikations-, Informations-, Medienzentrums (KIM) derUniversität Konstanz.

Der Großverlag Elsevier, der aktuell jährlich mehr als2.500 wissenschaftliche Zeitschriften publiziert, betrieb inden vergangenen Jahren eine erhebliche Preissteigerung. DerDurchschnittspreis einer bei Elsevier lizenzierten Zeitschriftlag an der Universität Konstanz zuletzt bei 3.400 Euro proJahr und damit fast dreimal höher als beim zweitteuerstengroßen Verlag. »Die Universität Konstanz kann und will beidieser aggressiven Preispolitik nicht länger mithalten undwird ein solches Vorgehen nicht unterstützen. Aus diesemGrund haben wir uns entschlossen, den Lizenzvertrag mit El-sevier durch alternative Beschaffungswege zu ersetzen«, soUlrich Rüdiger weiter.

❱ gra.

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TitelLehre

Es war ein Trauerzug der besonderen Art: Als Studierendeim November 2013 über den Campus der Universität Kon-stanz zogen, trugen sie – zumindest symbolisch – ihre Be-rufsperspektive zu Grabe. Der Grund für die ungewöhnlicheAktion lieferte der »eklatante Mangel an Master-Studien-plätzen an den baden-württembergischen Hochschulen«,wie es in der Petition heißt, die kurz vor Weihnachten beimentsprechenden Ausschuss des Landes Baden-Württembergeingereicht wurde und in der die »konsequente Umsetzungder Versprechen der Landesregierung« gefordert wird. Dassdie Konstanzer Fachschaft Psychologie – auch landesweit– vorneweg ging, hat ebenfalls gute Gründe: Psychologie-Studierende sind allgemein ganz besonders betroffen vomMangel an Master-Studienplätzen.

An der Universität Konstanz kommt im Besonderenhinzu, dass der Fachbereich Psychologie in Forschung undLehre hohes Ansehen genießt und somit verstärkt Be-werbungen auch für seinen Master-Studiengang anzieht.Aktuell stehen hier 112 Bachelor-Studienplätze 60 Master- Studienplätzen gegenüber. Mitdieser Relation sind nicht nurdie Studierenden, sondernauch der Fachbereich und dieUniversitätsleitung höchst un-zufrieden. Bachelor-Absolven-tinnen und Absolventen imFach Psychologie – und daraufzielte der »Trauerzug« der Stu-dierenden ab – haben kaumChancen, in einem psychologischen Berufsfeld eine Stellezu bekommen: Der Bachelor-Abschluss in Psychologie wirdnicht als berufsqualifizierend anerkannt. »Bei den Psycho-logie-Studierenden streben 80 bis 90 Prozent eine psy-chotherapeutische Ausbildung an«, schätzt AenneBrielmann. »Eine solche Ausbildung ist aber nur mit einemMaster-Abschluss möglich.« Sie hat selbst im vergangenenWintersemester das zweisemestrige Master-Studium Psy-chologie an der Universität Konstanz aufgenommen.

Dass die prekäre Master-Studienplatzsituation wedervom Fachbereich noch von der Universität verursacht

wurde, ist den Studierenden klar. »Es ist die Aufgabe desBundeslandes, zusätzliche Gelder und Stellen zu ermögli-chen«, sagt die Fachschaftsvertreterin. Sie befindet sichdamit auf einer Linie mit Prof. Dr. Ulrich Rüdiger, demRektor der Universität Konstanz. »Die Landesregierungsteht in der Pflicht, hier eine Grundsatzentscheidung zutreffen. Wir brauchen in etwa so viele Master-Plätze wieBachelor-Plätze«, so seine Forderung.

Im Akkreditierungsantrag des Konstanzer FachbereichsPsychologie für den achtsemestrigen Bachelor- und zwei-semestrigen Master-Studiengang »war eine Durchlässigkeitvon eins zu eins angestrebt: Gleichviel Bachelor-Studien-plätze wie Master-Studienplätze«, so Prof. Dr. BrigitteRockstroh, die Studiendekanin des Fachbereichs. Tatsächlichwurde aus dem angestrebten ausgeglichenen Verhältnis –auch aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs 2012 – dieRelation von 112 Bachelor- zu 60 Master-Studienplätzen.»Das geht nicht. Ein Bachelor-Abschluss in Psychologieist nicht berufsqualifizierend«, sagt auch die Psychologie-

Professorin, womit sie mit derDeutschen Gesellschaft fürPsychologie (DPGs) konformgeht, die »mit großer Sorge«diese Entwicklung in ihremFach sieht und sich ebenfallsfür eine hundertprozentigeÜbergangsquote vom Bachelor-ins Master-Studium ausspricht.Zumal: »Die Nachfrage nach

qualitativ hochwertigen psychologischen Dienstleistungensteigt zunehmend«, so der DGPs-Präsident Prof. Dr. JürgenMarkgraf in einem Brief an die einzelnen Wissenschafts-ministerien der deutschen Bundesländer.

Dass an der Universität Konstanz überhaupt diese 60Master-Studienplätze zur Verfügung stehen, ist dem Fach-bereich Psychologie zu verdanken. Er hat aus Eigenmittelnum 25 Plätze aufgestockt. »Wir sind damit an die Grenzendes Machbaren gegangen«, sagt Brigitte Rockstroh. DasWissenschaftsministerium in Stuttgart hat mit dem Ausbau-programm »Master 2016«, das bis 2016 landesweit fächer-

»Das geht nicht«Studierende der Universität Konstanz fordern mehr Master-Studienplätze

»Bei den Psychologie-Studierendenstreben 80 bis 90 Prozent einepsychotherapeutische Ausbildungan. Eine solche Ausbildung ist abernur mit einem Master-Abschlussmöglich.«

Aenne Brielmann

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Lehre

übergreifend 6.300 zusätzliche Master-Studienplätze finan-zieren soll, auf die Misere reagiert. Aufgrund des Programmsbekam der Konstanzer Fachbereich Psychologie Mittel füreine zusätzliche Professur. Weshalb sich der FachbereichPsychologie für die Aufstockung durch eine Professur anstattdurch die zusätzliche Einstellung von wissenschaftlichen Mit-arbeitern entschied, begründet die Studiendekanin miteinem spezifischen Aspekt der Betreuung im Fach Psycho-logie: »Qualifikationsarbeiten werden im Rahmen von For-schungsprojekten geschrieben, und Professuren werbenDrittmittel und Forschungsprojekte ein«, macht BrigitteRockstroh den Zusammenhang deutlich.

Die Studierenden beklagen die »unzureichende Um-setzung der Ausbauprogramme »Hochschule 2012« und»Master 2016«, die unter anderem zusätzliche Stellenversprechen. Sie fordern eine nachhaltige und strukturbil-dende Umsetzung der Programme. Doch sowohl das Aus-bauprogramm 2012 als auch das Ausbauprogramm 2016sind befristet. »Es sieht aber nicht so aus, dass es nachAuslaufen der Programme weniger Studierende gibt«, sagtAenne Brielmann. In ihrer Petition warten die Studieren-den mit Zahlen des Statistischen Bundesamtes auf: Wäh-rend die Anzahl der Studierenden zwischen 2010 und 2013um fast 15 Prozent stieg, wurde das Hochschulpersonalnur um knapp 6,5 Prozent aufgestockt. »Diese Diskrepanzwird allen Erwartungen nach nicht geringer, sondern inden nächsten Jahren wesentlich eklatanter werden«, wiees in der Petition weiter heißt. Rektor Ulrich Rüdigermacht eine ähnliche Rechnung auf: »Die baden-württem-bergischen Universitäten haben seit 1997/1998 mit denbeiden Phasen des Solidarpaktes einen eingefrorenenHaushalt. Damit haben wir den Verlust eines Viertels unseresEtats hinnehmen müssen«, so Rüdiger. »Wir haben keineReserven mehr für zusätzliche Betreuungskapazität.«

Dabei erhalten aufgrund des hohen Numerus claususnur die Abiturbesten einen Bachelor-Studienplatz in Psy-chologie. Von diesen haben wiederum nur diejenigen mitden besten Bachelor-Abschlussnoten Aussicht, einen Mas-ter-Studienplatz zu ergattern. Studiendekanin Rockstrohweist – im Einklang mit Rektor Rüdiger – auf den großenDruck der Studierenden hin, »exzellente Bachelor-Ab-schlussnoten zu produzieren«. Der Fachbereich Psycholo-gie musste dennoch im ersten Durchlauf des neuenMasterstudiengangs 43 gültige Bewerbungen abweisen.Die Studierenden können jedenfalls mit einhelliger Unter-

stützung für ihre Forderungen rechnen. Nicht nur die DGPsbesteht auf der hundertprozentigen Durchlässigkeit zwi-schen Bachelor- und Master-Studiengang. Das Ziel derKonstanzer Universitätsleitung ist ebenso klar: »Ich er-warte vom Land, dass der Bedarf zusätzlicher Master-Stu-dienplätze im Fach Psychologie anerkannt wird. So kannman nicht mit Studierenden umgehen«, sagt der Rektor.

Aenne Brielmann wartet noch auf Antwort aus Stutt-gart. Die Studierenden in Hamburg haben bereits eineAntwort auf ihre Petition erhalten. Der Stadtstaat schiebtdas Finanzierungsproblem, um das es sich letztlich han-delt, an den Bund weiter.

❱ msp.

Aenne Brielmann studiert an der UniversitätKonstanz Psychologie im Master-Studiengang.

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TitelLehre

Studieren onlineNeuer Master-Studiengang lehrt die Funktionsweisen von Online-Forschung

Wie funktioniert Forschung im Internet? Dieser Frage gehtder neue Master-Studiengang »Webdatametrics« nach, andessen Konzeption der Konstanzer Psychologe Prof. Dr. Ulf-Dietrich Reips maßgeblich beteiligt ist und der vom KonstanzerFachbereich Psychologie mitgetragen wird. Das Besonderean »Webdatametrics« wird sein: Es handelt sich um ein On-line-Studienangebot, das Online-Forschung zum Thema hat.Vorgesehen sind zusätzlich zur Online-Lehre auch Präsenz-veranstaltungen. Der zweijährige, englischsprachige Vollzeit-studiengang mit Lehrenden von Universitäten aus elfLändern spricht insbesondere Bachelor-Absolventinnen und-Absolventen der Soziologie, Psychologie, Ökonomie, Medien -

wissenschaften und Computerwissenschaften an. Er beginntim Herbst 2014 an der federführenden Universidad de Sala-manca, Spanien, mit zwei Wochen Lehre vor Ort. Bewerbungensind ab Ende April unter www.webdatametrics.org möglich.

»Die Entwicklung geht immer mehr hin zu E-Learning undOnline-Lehre«, stellt Ulf-Dietrich Reips fest, der sich mit demThema Online-Forschung bereits in seiner Promotionszeit be-fasst hat, als er das weltweit erste experimentalpsychologi-sche Labor im Internet eröffnete. Mit dem Online-Studiengangwird das Angebot an internationalen Master-Studienplätzenerweitert. »Wir schaffen damit auch Plätze für Bachelor-Ab-solventinnen und -Absolventen, die gern weiterstudierenwollen und vielleicht nicht umziehen können«, so Reips. DieBerufsaussichten sind zahlreich und vielfältig, da Datener-hebung und -management im Internet für viele Wissensbe-reiche eine immer größere Bedeutung erhält. Das Verhältnis von interaktivem Online-Studium und Prä-senzveranstaltungen wird im Master-Studiengang Webdata-metrics bei zirka 80 Prozent zu 20 Prozent liegen. »Derpersönliche Kontakt wird zum individuell angepassten Aus-tausch genutzt, Routineelemente wie Übungen, Aufgaben-lösen oder Wissensabfragen werden ins Internet verlagertund können dem jeweiligen Lerntempo individuell angepasstwerden«, erklärt Ulf-Dietrich Reips das Konzept.

Der Studieninhalt gliedert sich in drei Säulen: Zum einenDaten-Management und -Analyse, zum anderen Umfragefor-schung und schließlich Experimente, Tests und Nutzungsoge nannter nicht-reaktiver Daten im Internet. KonkreteKursangebote werden lauten: Online-Forschung und ihre ge-setzlichen und ethischen Aspekte, die Durchführung von Be-fragungen oder die verschiedenen Arten von Experimentenim Internet, das Schwerpunktthema des Konstanzer Psycho-logen. Ins Studium integriert ist ein halbjähriges Praktikumin einer der beteiligten Institutionen oder einer Internet-firma wie zum Beispiel Google und Oracle.

Der neue Studiengang ist ein Projekt, das unter Mitwirkenvon Ulf-Dietrich Reips aus einer Initiative der European Co-operation in Science and Research (COST) hervorgegangen ist.In diesem gemeinsamen europäischen Forschungsnetzwerk ar-beiten Forschende aus über 30 europäischen Ländern mit.

❱ msp.

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Wie soll ichheißen?

Für Ihr Seminarhaben sich

23 Teil nehmerangemeldet.

Wie viele Studierendewollen von mirgeprüft werden?

Semesterbeitragist bezahlt.

Immatrikulations -bescheinigung wurde

erstellt.

Ist meinKlausur ergebnis

schon da?

Hab’ ich einenPlatz im Seminar

bekommen?

Ein Rundum-Portal

Wie soll es heißen?Neues Campusmanagement-Systeman der Universität Konstanz

Ein neues Campus-Managementsystem, das auf die Abläufeder Universität Konstanz angepasst ist, wird von AnnetteManz, Joachim Ptak und ihrem Team gerade auf Basis derSoftware HISinOne entwickelt. Eine maximal hilfreiche Platt-form, die für jede(n) auf ihre/seine eigenen Bedürfnisse zu-geschnitten wird. Dieses Portal wird allen – Studierenden,Lehrenden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – an derUniversität Konstanz das Arbeitsleben rund um Studium undLehre erleichtern. Deshalb sind auch alle aufgerufen, fürdieses neue Portal einen Namen zu finden.

Wem etwas Schönes, Lustiges, Treffliches, Kurzes, Präg-nantes und sowieso Originelles einfällt, ist hiermit aufge-fordert, ihre/seine Idee mitzuteilen.

Bis zum 31. Mai 2014 können Ideen an die E-Mail-Adresse [email protected] gesendet werden. Die fünf bes-ten Ideen unter den hoffentlich zahlreichen Vorschlägenwerden ausgewählt und mit Produkten aus dem neuenMerchandising-Sortiment der Universität Konstanz prämiert.Weitere Informationen unter:www.kim.uni-konstanz.de/projekte/campusmanagement

Das Ziel lautet: Bestmöglich ausgebildeteStu dierende. Ein wichtiger Baustein dafür:Eine Plattform schaffen, die die Zeit und Mühein die verwaltungstechnische Organisation desStudiums reduziert. Auch die Lehrenden werdenprofitieren. Digitale Dienstleistungsprozesse rundum Studium und Lehre werden es in naherZukunft möglich machen, dass Bewerbungen,Prüfungstermine oder Seminarteilnahmen vonallen Beteiligten direkt am Computer eingesehenund erledigt werden können.

Bildelemente:

© Julien Eichinger – Fotolia.com

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TitelInternational

University of Excellence – auf dem Flyer der JawaharlalNehru University (JNU) ist es gleich auf der Titelseite zulesen. Die JNU gehört zu den Top-Universitäten Indiens, wiedie Universität Konstanz zu den deutschen Top-Universitä-ten zählt. Es gibt weitere Parallelen, die beide Hochschulenverbinden: Klein, ungefähr gleich alt, Reformuniversität undmit ähnlich gelagerter Forschungsausrichtung. Von einemvor ein paar Jahren anvisierten statischen Netzwerk zwi-schen der Universität Konstanz, der englischen Universityof Essex und der JNU haben sich die drei Institutionen mitt-lerweile zugunsten einer »strategischen« Partnerschaft ver-abschiedet. Beim Besuch einer Delegation aus Konstanz undEssex in New Delhi wurden auf dieser neuen Basis Koopera-tionsmöglichkeiten sondiert.

Bereits seit 2009 besteht eine Kooperation zwischen derJNU in New Delhi und dem Konstanzer Studiengang »Kultu-relle Grundlagen Europas«. Für die Studierenden des Mas-ter-Studienganges, der auf den Exzellenzcluster »KulturelleGrundlagen von Integration« der Universität Konstanz zu-

rückgeht, ist die JNU eine der sechs internationalen Uni-versitäten, an denen sie ihr obligatorisches außereuropäi-sches Auslandssemester verbringen können. Mit derindischen Universität kommt das International Office derUniversität Konstanz auch einem allgemeinen Trend entge-gen: »Jenseits der klassischen außereuropäischen Länderwie USA, Kanada oder Neuseeland gehen die Studierendenfür ihre Auslandssemester zunehmend in ungewohntereWeltregionen«, berichtet Regina Sonntag-Krupp, die Leiterindes International Office.

Die Delegationen aus Konstanz und Essex gelangten ge-meinsam mit ihren indischen Gastgebern zu der Überzeu-gung, »dass ein starres Netzwerk keinem der Beteiligtenentgegenkommt«, wie Regina Sonntag-Krupp berichtet. DasKonzept strategischer Partnerschaften, »jeweils passendzum Projekt«, wird derzeit international ohnehin favorisiert.»Von unten gewachsene Interessen«, wie es Prof. Dr. SilviaMergenthal, Prorektorin für Internationales und Gleichstel-lung, ausdrückt, sollen die Zusammenarbeit bestimmen.

Mit dem Tenno auf der HomepageEine Delegation der Universität Konstanz und der University of Essexbesuchte die Jawaharlal Nehru University in New Delhi

(von links) Regina Sonntag-Krupp, Leiterin des International Office,Prof. Dr. Silvia Mergenthal, Prorektorin für Internationales undGleichstellung, und die Doktorandin Christin Schätzle.

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International

Wie beispielsweise der Studierendenaustausch des Master-Studiengangs, der im Gegenzug Germanistik-Studierendevon der JNU an die Universität Konstanz führt. Die indischePartneruniversität verdankt ihren Ruf als Top-Einrichtungganz besonders ihrem sozialwissenschaftlichen und geistes-wissenschaftlichen Bereich – mit einer starken germanisti-schen Abteilung.

Solche »von unten gewachsenen Interessen« bestehenbereits seit Jahren auch mit der Konstanzer Linguistin Prof.Dr. Miriam Butt, deren Doktorandin Christin Schätzle zurKonstanzer Delegation gehörte. Eigens aus Anlass des Be-suchs der beiden Delegationen veranstalteten die Fachkol-legen in New Delhi einen Tagesworkshop zum Thema Kasus.Christin Schätzle forscht zum Genitiv im Deutschen. »Es istsehr wichtig, Einblicke von Menschen zu erhalten, die aufganz andere Sprachen spezialisiert sind, um möglicherweiseauch Zusammenhänge festzustellen«, beschreibt sie ihr In-teresse an solchen internationalen Treffen.

Mit dem Besuch der beiden europäischen Delegationenwarb die JNU jedenfalls einige Wochen auf ihrer Homepage– gleichzeitig mit einem Besuch des japanischen Kaisers aufdem Campus. »Wir hatten den Eindruck, dass die Universi-tätsleitung das Treffen mit uns ziemlich hoch aufgehängthat«, schildert Silvia Mergenthal ihre Eindrücke. »Sonstwären wir nicht mit dem Tenno auf der Homepage erschie-nen«, fügt sie nur halb im Spaß hinzu. Nebenbei könnendie Gäste aus Europa auch noch darauf verweisen, dass

sich die höchste Rektoratsebene Zeit für den Informati-onsaustausch genommen hat.

Ins Auge gefasst werden nun über fachliche Kooperatio-nen hinaus Austauschmöglichkeiten in strukturellen Belan-gen. Das spezielle Reformkonzept der JNU könnte etwaeinen Ansatzpunkt liefern: Studierende, die aus sozialenGründen normalerweise nicht an die JNU mit ihren vorwie-genden Master- und Promotionsprogrammen gelangen, wer-den in Vorbereitungskursen für das weitere Studium fitgemacht. »Auch an der Universität Konstanz gibt es Über-legungen, wie ein Angebot zur Studienvorbereitung ausse-hen könnte«, verweist Regina Sonntag-Krupp auf einpotentielles gemeinsames Thema. Außerdem empfiehlt sichdas an der JNU eingerichtete Ethikzentrum als Plattform füreinen Erfahrungsaustausch.

Für Christin Schätzle hat sich der kurze Aufenthalt an derJNU gelohnt. Sie konnte sich fachlich austauschen, Datensammeln und hatte bei ihrer Rückkehr die Zusage ihrer in-dischen Doktorandenkollegen in der Tasche, weitere Sprach-aufnahmen für sie zu machen. Außerdem hat sie sich nachweiteren Möglichkeiten umgesehen: »Ich wollte auch imdortigen linguistischen Fachbereich mit Studierenden undDoktoranden über eventuelle Forschungsgrundlagen spre-chen.« Dabei ging es dann auch um strukturelle Deckungs-gleichheiten, »damit keine Semester oder Credits verlorengehen« – um von unten gewachsene Interessen eben.

❱ msp.

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TitelInterview

Rektor Prof. Dr. Ulrich Rüdiger zum Thema Nachhaltigkeitan der Universität Konstanz

Menschen zusammenbringen

uni’kon: Der Begriff Nachhaltigkeit wird in den unterschied-lichsten Zusammenhängen genutzt und hat viele sehr ver-schiedene Facetten. Was bedeutet nachhaltige Entwicklungan der Universität Konstanz?Rektor Prof. Dr. Ulrich Rüdiger: Uns geht es immer umdie Fragestellung: Wie vorsichtig und umsichtig gehen wirmit unseren Ressourcen um? Und damit meine ich nichtnur ökologische und finanzielle, sondern alle Ressourcen,die wir an der Universität Konstanz brauchen und haben.Nachhaltige Entwicklung hat für die Universität vor allemzwei Komponenten: Einerseits eine wissenschaftliche He-rangehensweise und andererseits gleichzeitig die infra-strukturellen Maßnahmen, die bei uns bereits in großemUmfang durchgeführt werden.

Welche konkreten Maßnahmen hat die Universität bisherunternommen?Allein infrastrukturelle Maßnahmen gibt es zahlreiche: Fürunsere Klimatisierung wird aus dem Bodensee das kalteTiefenwasser genutzt und als Kühlmittel durch unsere Kli-maanlage gepumpt. Die Universität hat einen Energiema-nager, der dafür zuständig ist, die ganz konkretenenergetischen Einstellungen zur Beleuchtung, Heizungetc. immer wieder kritisch zu untersuchen und an unsereNachhaltigkeitskriterien anzupassen. Schon bald werdenwir ein Blockheizkraftwerk eröffnen, mit dem wir Stromund Wärme selber produzieren und den Energieverbrauchder Hochschule um 30 Prozent senken können. Dafür hatdas Land dieses Kraftwerk vorfinanziert. Durch die Ein-sparnisse bei den Energiekosten können wir es innerhalbvon wenigen Jahren zurückzahlen. Auf eben diesem Wegplanen wir auch ein Projekt, in dem alle Flächen auf un-seren Dächern mit Solarzellen belegt werden. DerenStromertrag wird in die Grundlast der Universität einge-speist werden, wodurch wir Ersparnisse bei den Stromkos-ten der Universität erwirtschaften und auch dieseMaßnahme finanzieren können. Und das ist nur ein Teilvom Ganzen – von den unzähligen energetischen Sanie-rungen und anderen Projekten ganz zu schweigen.

Es gibt an der Universität Konstanz eine studentische Ini-tiative, den Nachhaltigkeitsrat, NUK, die sich stark enga-giert und diverse Projekte umsetzt. Wie arbeiten Sie mitden Studierenden zusammen und welche weiteren Gremienoder Einrichtungen der Universität sind beim Thema Nach-haltigkeit eingebunden?Mit dem Nachhaltigkeitsrat stehe ich in einem sehr pro-duktiven Kontakt, gerade auch in der Frage, wie wir dasThema in die Lehre holen können. Aber: Auch wenn dieMaßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung längst eingewisser Standard sind, stelle ich immer wieder fest, wiewenig die einzelnen engagierten Gruppen voneinanderwissen. Das bezieht sich nicht nur auf die Fachbereiche,sondern beispielsweise auch auf die Studierenden, diewenig von unseren Bestrebungen im Facility Managementder Universität wissen und umgekehrt. Nachhaltigkeit istein disziplinübergreifendes Thema. An unserer Universitätgibt es in diversen Bereichen mit sehr unterschiedlichenVorstellungen Bestrebungen für eine nachhaltige Entwick-lung. Das Rektorat kann hier keinen »Masterplan« fürnachhaltige Entwicklung verordnen, aber durchaus eineVerknüpfung der verschiedenen Fachbereiche und Einrich-tungen anleiten. Hier gilt es jetzt, Kompetenzen und En-gagement aus allen Bereichen der Universität miteinanderzu verknüpfen.

Wie kann das gelingen? Welche Rolle können die Hochschu-len übernehmen, um eine nachhaltige Entwicklung der Ge-sellschaft zu fördern?Die größte Chance, die ich für unsere Universität sehe,ist, dass wir als Hochschule einen Beitrag leisten können,indem wir Menschen aus den unterschiedlichsten Diszip-linen zu diesem Thema zusammenbringen und sie gemein-sam an Lösungsansätzen für Themen wie eine nachhaltigeEnergiewirtschaft arbeiten. Es scheint mir sinnvoll, einLehrangebot zu schaffen, zu dem auf der einen Seite dienaturwissenschaftlichen Grundvoraussetzungen gehörenund gleichzeitig die Verknüpfungen mit politik- und ver-waltungswissenschaftlichen Bereichen, mit den Wirt-

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Interview

schaftswissenschaften und auch der Soziologie angebotenwerden. Gerade in der interdisziplinären Arbeit am Themanachhaltige Energien liegt das Potenzial von Hochschulen,da wir Gruppen zusammenbringen können, die im gesamt-

gesellschaftlichen Kontext noch weit entfernt voneinanderarbeiten. Ich denke dabei zum Beispiel an ein kombinier-tes Angebot von naturwissenschaftlicher Forschung zu er-neuerbaren Energien mit ganz konkreten Fragen zuBürgerbeteiligung, Raumordnungsverfahren, Genehmi-gungsverfahren und anderem. So wird der Dialog zwischenden technischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen undpolitischen Bereichen ermöglicht, und wir können Exper-ten für nachhaltige Entwicklung ausbilden.

Gerade auch im Zusammenhang mit der Exzellenzinitiativedes Bundes und der Länder wird sehr oft Nachhaltigkeit ge-fordert. Inwiefern kann die Universität Konstanz den zwei-fachen Erfolg ihres Zukunftskonzepts nachhaltig nutzen?Wir stehen derzeit mitten in den Verhandlungen um eineStruktur- und Entwicklungsplanung der Universität, beider wir langfristig ausarbeiten, ob und wie die durch dieExzellenzinitiative geschaffenen Einrichtungen und Posi-tionen erhalten werden können. Das hängt auch eng vom

Prof. Dr. Ulrich Rüdiger,Rektor der Universität Konstanz.

An der Universität Konstanz engagieren sichStudierende aus den verschiedensten Bereichenfür eine nachhaltige Universität. Zu den Initia-tiven zählen der Nachhaltigkeitsrat UniversitätKonstanz www.asta.uni-konstanz.de, die GrüneHochschulgruppe www.uni-konstanz.de/ghg,Oikos, www.oikos-international.org/konstanz/,Lead Ahead www.lead-ahead.com, die Veggie-Hochschulgruppe www.facebook.com/Veggie-HochschulgrulgruppeUniKonstanz,CampusGemüse www.facebook.com/GruenerCampusKonstanz?ref=hl, FoodSharingwww.facebook.com/Food sharingKonstanz.Mitmachen ist erwünscht!Interessierte sind immer willkommen undeingeladen, sich bei den jeweiligen Gruppenzu melden und zu beteiligen.

Studentisches Engagementfür Nachhaltigkeit

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TitelGleichstellung

Zwölf deutsche Hochschulen haben sich in dem Verbund BestPractice-Club »Familie in der Hochschule« bundesweit zu-sammengeschlossen, um sich für mehr Familienfreundlichkeitan Hochschulen einzusetzen. Die Gruppe, zu der auch dieUniversität Konstanz gehört, veröffentlichte im Januar 2014die Charta »Familie in der Hochschule«, die Standards für dieVereinbarkeit von Familienaufgaben und Studium, Lehre, For-schung sowie wissenschaftsunterstützenden Tätigkeiten ent-hält. Die Universität Konstanz wird die Charta im Rahmender Ende Mai 2014 stattfindenden Tagung »Familienorientie-rung als Anspruch« unterzeichnen. Die Hochschulen ver-pflichten sich damit öffentlich dazu, die in der Chartafestgelegten Standards selbstverantwortlich umzusetzen undlangfristig weiterzuentwickeln.

Die Universität Konstanz ist seit 2011 Mitglied im BestPractice-Club »Familie in der Hochschule« und hat an derEntwicklung der Charta mitgearbeitet. Während der Projekt-laufzeit entwickelte sie Module für Führungskräftetrainingszu familienbewusster Führung. Ziel ist es, die deutschenHochschulen noch familienfreundlicher zu gestalten. Mit der Charta etabliert sich ein unverwechselbares Marken-und Qualitätskennzeichen für Familienorientierung an deut-schen Hochschulen. Das Dokument thematisiert die BereicheFührung und Betreuung, Forschung, Arbeits- und Studienbe-dingungen, Gesundheitsförderung, Infrastruktur und Vernet-

zung. Hochschulen, die die Charta unterzeichnen, dokumen-tieren damit öffentlich ihre gesellschaftliche Verantwortungals Bildungs- und Lebensort, an dem die Vereinbarkeit vonStudium, Beruf und Wissenschaft gelebt wird.

Mit dem seit 2008 existierenden Hochschulverbund BestPractice-Club »Familie in der Hochschule« ist ein bundesweitwirkendes Netzwerk von Hochschulen entstanden. Alle Mit-gliedshochschulen weisen langjährige Erfahrung in der Ini-tiierung und Umsetzung von Maßnahmen für mehrFamilienorientierung an Hochschulen auf. Die im BestPractice-Club erarbeiteten Handreichungen, Werkzeuge undLeitfäden gehen somit auf praxiserprobte und sich bereitsdurch ihre Qualität ausgezeichnete Maßnahmen zurück.

Die Robert Bosch Stiftung und das Centrum für Hoch-schulentwicklung unterstützen die Charta »Familie in derHochschule« als Strategieentwicklung für eine nachhaltigeChancengerechtigkeit und Familienorientierung in der Wis-senschaft.

Der Wortlaut der Charta ist nachzulesen unter:www.familie-in-der-hochschule.de/chartaInformationen zur Charta sowie zur Arbeit des Best Practice-Clubs unter:www.familie-in-der-hochschule.de

❱ msp.

Die Universität Konstanz unterzeichnet die Charta »Familie in der Hochschule«

Solidarpakt III, in dem die finanzielle Grundausstattungder Hochschulen in Baden-Württemberg festgelegt wird,und weiteren bundesweiten Programmen ab. Was wir aberschon jetzt wissen: Wir haben Nachhaltigkeitszusagenvom Land bekommen, die uns zusichern, dass der Landes-anteil in den Projekten der Exzellenzinitiative – und dassind 25% – den jeweils erfolgreichen Universitäten erhal-ten bleiben soll. Nach einer Qualitätsüberprüfung, was ichaber für sehr legitim halte.

Darüber hinaus ist ein großer Teil unserer Investitionen,die wir im Rahmen der Exzellenzinitiative getätigt haben, ja

bereits auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Im Zukunftskolleg kön-nen derzeit Fellows rekrutiert werden, deren Vertragslaufzeitüber die Laufzeit der Exzellenz initiative hinweg geht, aberauch unsere forschungsbezogenen, geschaffenen Einrichtun-gen wie die Infrastrukturplattformen und Transferplattformensind langfristige Einrichtungen. Verschiedene Baumaßnah-men und neue Gebäude haben wir über den Overhead finan-ziert. Man kann also sagen: In vielen Teilbereichen derExzellenzinitiative wurde Nachhaltigkeit von vornehereineingeplant.

❱ Das Gespräch führte Helena Dietz.

Mehr Qualität dank Familien orientierung

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Als weltweit sichtbare Visitenkarte kommt der Website derUniversität Konstanz eine hohe Bedeutung in der Wissen-schaftskommunikation und im Hochschulmarketing zu. AlsInformationsmedium ist sie insbesondere durch die Viel-falt ihrer Besucher gekennzeichnet. Kaum ein anderesKommunikationsinstrument adressiert sowohl junge Stu-dienanfängerinnen und -anfänger, Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler und weitere Universitätsbeschäftigte,Studierende, ehemalige Studierende und die interessierteÖffentlichkeit, um nur einige Zielgruppen zu nennen.

Die Universitätswebsite wurde zuletzt im Jahr 2004grundlegend überarbeitet. Seither ist die Seitenstrukturstark gewachsen und mir ihr die Änderungen, die an derWebsite durchgeführt wurden. Aufbauend auf Veränderun-gen und stetigen Optimierungsmaßnahmen, die im Laufeder Jahre vorgenommen worden sind, hat die Universitäts-leitung beschlossen, die Website umfassend zu überarbeiten.

Mit dem Start des Relaunches im Jahr 2013 wurde eineArbeitsgruppe aus Experten innerhalb der Universität Kon-stanz eingesetzt, um den Website-Relaunch zu begleiten.Unterstützt wird sie von einer externen Agentur, die imMärz dieses Jahres ausgewählt werden konnte. Gemeinsamwird in der jetzigen Konzeptionsphase daran gearbeitet,wie die Benutzerfreundlichkeit der Website erhöht werdenkann. Zum einen gilt es zu ermitteln, welche Inhalte imFokus der Nutzerinnen und Nutzer stehen, und zum anderen,welche digitalen Wege auf der Website zurückgelegt werden,um zu den gesuchten Inhalten zu gelangen. Darüber hinauswird ein Screendesign entwickelt, das den Gesamtauftritt derWebsite optimal präsentiert. »Eine besondere Herausforde-rung liegt darin, die Website so zu gestalten, dass sie beiihrem sehr hohen Informationsgehalt für alle Nutzergruppenintuitiv zu bedienen ist« stellt Miriam Leifeld, Koordinatorindes Website-Relaunches, heraus.

Dieses Ziel im Auge, wurde im September 2013 eine Online-Umfrage mit einer Stichprobe der Beschäftigten und Stu-dierenden der Universität Konstanz – als zwei derZielgruppen der Universitäts-Website – durchgeführt.Neben der Wahrnehmung des jetzigen Webauftritts wurdenauch die Bedürfnisse und Erwartungen an die neue Web-site abgefragt. Die erhobenen Ergebnisse fließen in dieKonzeptionsphase ein und bilden die Basis für die Ent-wicklung der neuen Navigation, des für mobile Endgeräteoptimierten Designs und der überarbeiteten Inhalte. Dieseund die vielen anderen Bestandteile der Website, die imZuge des Relaunches er- und überarbeitet werden, bildenden Grundpfeiler für den neuen Internetauftritt der Uni-versität Konstanz.Informationen zum Projektfortschritt sowie die Umfrage-ergebnisse unter:www.website-relaunch.uni.kn

❱ msp.

Kommunikation

Intuitiv klarDie Universität Konstanzüberarbeitet ihre Website

Miriam Leifeld koordiniert innerhalb der StabsstelleKommunikation und Marketing den Website-Relaunchder Universität Konstanz und ist für den BereichInterne Kommunikation zuständig.

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TitelKultur

uni’kon: Herr Bauer, Sie haben im Wintersemester 2013/2014 die Leitung des Unitheaters übernommen. Warumhaben Sie sich für das Unitheater entschieden?Andreas Bauer: In erster Linie hat sich das Unitheater fürmich entschieden. Ich hatte 2010 mit Nino HaratischwilisTheaterstück »Z« bereits eine Arbeit im Audimax realisiert

und bin damals erstmals damit in Berüh-rung gekommen, dass es neben derWerkstatt des Stadttheaters auch nocheine zweite bespielte Studiobühne inKonstanz gibt. Was mich dann bewogenhat, mich für die Leitung des Unitheaterszu bewerben, waren – neben den positi-

ven Erinnerungen an die Gemeinschaftsar-beit mit der Universität – die Erfahrungen,

die ich in der Produktion »Der Glöcknervon Notre Dame« mit Laienschau-

spielern gemacht habe. Das hatwahnsinnig viel Spaß ge-macht, so dass ich mir sicherwar: Das möchte ich weiterin meinem künstlerischenLeben haben – mit moti-vierten Menschen zu ar-beiten, die keineVollprofis sind. Miteiner künstlerischenFreiheit umzugehen,die ich im subventio-nierten Theaterbe-reich nicht in diesemMaße hätte.

Steckt im Theater mehr Persönlichkeit, wenn die Beteiligtenes als reines Freizeitprojekt umsetzen?Gute Frage. Ich glaube, ohne Leidenschaft und Persönlich-keit geht es nicht, auch im professionellen Bereich nicht.Auch dort kann es keiner nur des Geldes wegen machen,weil man davon eher schlecht als recht leben kann. Dasist ein deutlicher Berührungspunkt zwischen Profibereichund Laienschauspiel, dass Theater aus einem Idealismusheraus und aus Spaß am Spiel angetrieben wird.

Der härtere Weg ist natürlich der des Laienschauspie-lers, weil Amateure zu ihrer Leidenschaft nebenher nochein anderes Berufsleben haben – in unserem Fall ist ihrJob eben, Student oder Studentin zu sein, und da sind diezeitlichen Anforderungen alles andere als gering.

Welche Pläne haben Sie für das Universitätstheater? Wohinwollen Sie es führen?Ein ganz großer Reiz an solch einem Theaterprojekt ist,dass es nicht nur darum geht zu spielen. Ein wichtiger Teilmeines Konzepts ist, ein eigenes Theater mit durchlässi-gen Strukturen zu schaffen. Mir geht es sehr viel um Teilhabeund Partizipation – dass das Unitheater ein offener Ortist, auch durchlässig in den Abteilungen und Aufgaben-gebieten. Es gibt zum Beispiel viele Leute, die gar nichtauf der Bühne stehen wollen – die Licht und Ton machenwollen, sich nur mit Kostümen oder der Maske beschäftigenwollen, die sich um Website, PR und Marketing kümmernwollen. Hier will ich die Durchlässigkeit zwischen demBühnenbereich und den anderen Arbeitsbereichen fördernund die Leute ermutigen, sich auch in andere Bereicheeinzubringen. Theater ist immer eine Gemeinschaftsleis-tung, es geht sehr viel darum, in den unterschiedlichstenFunktionen an einem gemeinsamen Projekt teilzuhaben.

In welche Richtung wollen Sie den künstlerischen Bereichentwickeln?Ich möchte den zeitgenössischen Strang stärken. Die Klas-siker sollen natürlich nicht vergessen werden, aber ich

Ein offener OrtDer neue Leiter des Universitätstheaters, Andreas Bauer, im Interview:Welche Freiheiten bietet das Laienschauspiel, soll Theater mitSehgewohnheiten brechen – und darf man Theater schlecht finden?

Andreas Bauer, Leiter des Universitätstheaters.

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habe den Anspruch, ein bisschen davon wegzukommenund die Sehgewohnheiten etwas aufzubrechen. Mir istaufgefallen, dass im Unitheater überwiegend klassischeStücke inszeniert wurden. Das hat mich überrascht.

Tessa Theodorakopoulos, Ihre Vorgängerin, wunderte sichstets darüber, dass ihre Ensembles vorzugsweise klassischeStücke ausgewählt haben.Ja, absolut: Klassische Inszenierungen von klassischenStoffen. Man hört oft von Studierenden, »so neue Inter-pretationen und so Regietheater-Schnickschnack« würdesie nicht interessieren. Das wäre mal ein Seminar wert, zuschauen: Warum wollen die das nicht – und gibt es Wege,ihnen solche Arbeiten vermittelbar zu machen?

Ich würde mir wünschen, dass unser Unitheater einenanderen Anspruch vermittelt, was Theater sein kann. Dasdeckt sich mit Themen, die mich umtreiben, zum Beispiel:Wie rezipiere ich Theater? Welche Sehgewohnheiten haben

sich eingeschlichen? Wann bin ich unzufrieden mit einemTheaterabend? Darf man es schlecht finden, wenn eseinem nicht gefällt, und wie gehe ich mit meiner Unzu-friedenheit um?

Darf man es denn schlecht finden?Meine Wahrnehmung ist: Meistens freut sich das Publikum,»wenn man’s eben verstanden hat«. Jeder möchte das er-klärte Theatererlebnis – egal, in welchen Altersstrukturenman sich bewegt. Der Theaterzuschauer hat es gelernt undgeübt, wie man Theater zu schauen hat.

Unzufrieden wird man, wenn man etwas gezeigt be-kommt, das etwas sperriger daherkommt. Ich denke, wirsollten da etwas mehr Neugier und Geduld für das Neueentwickeln – das würde uns allen gut tun. Ich glaube, dassgerade eine Unibühne der richtige Ort ist, um programma -tisch mit ungewöhnlicheren Stücken aufzutreten.

Sie kämpfen gegen fremde Stimmen an. Es sind dieIdeologien und Versprechungen der Gesellschaft, dieaus ihren Mündern sprechen und zu deren Worthülsensie geworden sind. Sich dagegen aufzulehnen istzwecklos – oder etwa doch nicht? Das Universitäts-theater Konstanz inszenierte mit »Die EuropäischenMedien« des dänischen Autors Nielsen das ersteStück unter neuer Leitung von Andreas Bauer.

Zu den spannendsten Konstellationen des Theaterszählen Ein-Personen-Stücke: Denn wenn nur einSchauspieler allein auf der Bühne steht, muss erzwangsläufig sein eigener Widersacher werden. Ermuss gegen sich selbst anreden, quasi mit zweiStimmen, er muss zugleich Pro und Contra sein.Zwei Seelen wohnen, ach! in seiner Brust.

Das Universitätstheater Konstanz greift in »DieEuropäischen Medien« dieses Prinzip auf und ver-achtfacht es: Acht Schauspielende stehen auf derBühne, doch gesprochen werden nur Monologe, jedergegen sich selbst. Denn ein jeder von ihnen verkör-pert keine Rolle, noch nicht einmal einen Menschen,sondern ist ein Sprachrohr für fremde Stimmen ge-worden, die aus den Schauspielern sprechen undgegen die sie beständig anreden müssen: ZweiStimmen sprechen, ach! aus ihrem Mund.

Hinter den fremden Stimmen verbergen sich Googleund Nike, Rupert Murdoch und China, ein Terroristund ein Bootsflüchtling, ein taiwanesischer Jungeund schließlich sogar Gott. Sie alle sprechen dieIdeologien und Versprechungen unserer Gesellschaft

aus, sie reden von der Zukunft Europas, klagen diewestliche Gesellschaft an, machen ihr den Prozessund werden gleichsam selbst gerichtet. Der eigent -liche Prozess geht jedoch mitten durch den Schau-spieler hindurch, der sich gegen die übermächtigeFremdbeeinflussung wehrt und um seine Identitätringt. Die tatsächliche Biographie des Schauspielersverschwimmt mit seiner Rolle und den fremdenStimmen. Dieses unentwegte Ringen um die eigeneIdentität ist in Nielsens Theaterstück letzten Endesdie eigentliche Bühne, auf der die Seele Europasverhandelt wird.

Es ist kein leichtes Stück, das Andreas Bauer fürseine erste Regie am Universitätstheater Konstanzausgesucht hat. Die Schauspieler müssen nicht nurden Zwiespalt der verschiedenen Identitäten zumAusdruck bringen, die durch ihre Zunge sprechen.An ihnen liegt vor allem die schwere Aufgabe, denfremden Stimmen zwar eine unverwechselbareCharakteristik zu geben, aber sie dennoch nicht mitPersönlichkeit zu füllen – denn das Stück erfordertes, dass die Stimmen stets fremd und ungreifbarbleiben. Dass sich das Ensemble neben Studium undPrüfungen dieser schwierigen Aufgabe gestellt hat,ist alle Achtung wert. Die neuen Schauspieler unddie neue Regie haben damit ihre Bewährungsprobebestanden – mit einem Stück, das es seinem Zu-schauer nicht leicht machen will, das ihn aber auchnach gefallenem Vorhang nicht so einfach entlässt.

❱ gra.

Sprachrohr fremder Stimmen – Theaterkritik zu »Die Europäischen Medien«

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TitelKultur

»Peter Bauer hat heute nach den Sternen gegriffen. Und erhat sie erreicht«, resümierte eine der sicher erfahrenstenZuhörerinnen des Universitätsorchesters, Agnes Schlensag,Witwe des Gründungskanzlers der Universität GüntherSchlensag, den Abend. Universitätsmusikdirektor PeterBauer hatte das Sinfoniekonzert zum 40-jährigen Bestehendes Orchesters mit Werken von Leonard Bernstein, BerndAlois Zimmermann und Antonín Dvořák besetzt und so einebeeindruckende, humorvolle und äußerst anspruchsvolle Mi-schung zusammengestellt.

Das Universitätsorchester Konstanz ist mit nahezu sieb-zig Musikerinnen und Musikern das größte Sinfonieorches-

ter der Stadt und der Region. Vor vierzig Jahren wurde esgegründet. Am 3. Februar 2014 hat es mit einem Jubilä-umskonzert unter der Leitung von Peter Bauer im Audimaxder Universität seinen runden Geburtstag gefeiert. Nach derschwungvollen und schelmischen Eröffnung mit drei Sätzenaus Leonard Bernsteins »Divertimento for orchestra«, dasdieser 1984 dem Jubiläum des Boston Symphony Orchestrawidmete, hielt Prof. Dr. Ulrich Rüdiger, der Rektor der Uni-versität Konstanz, ein Grußwort zu Ehren des Orchesters.Darin griff er die augenzwinkernde Anspielung auf das Bos-ton Symphony Orchestra auf und machte sich des Marsch-titels habhaft, um ihn in eigener Sache umzudichten. Statt

»Konstanz University Orchestra forever!«Mit einem triumphierenden Aufgebot feierte das UniversitätsorchesterKonstanz sein 40-jähriges Bestehen in einem Jubiläumskonzert

Sie sind zugleich Projektleiter der Werkstatt im KonstanzerStadttheater. Bereits 2010 leiteten Sie mit »Z« ein erstesKooperationsprojekt zwischen Stadttheater und Universität.Wird es künftig vermehrt solche Kooperationen geben?Als Leiter des Unitheaters möchte ich mich zunächst aufdie Universität konzentrieren. Ich werde da wunderbar un-terstützt, gerade auch auf administrativer Ebene, aber ichbin immer noch in der Eingewöhnungsphase. Wenn manes so nennen will, dann findet »Kooperation« eher aufeiner funktionalen Ebene statt: Dass wir zum Beispieleinen kurzen Dienstweg in die verschiedenen technischenBereiche des Stadttheaters wie Kostümfundus und Requi-site haben. Wenn ich etwas eingespielter bin, kann ichmir sehr gut Kooperationen des Unitheaters mit der uni-versitären Lehre vorstellen.

Sprechen wir über Ihr aktuelles Stück, »Die europäischenMedien«. Warum haben Sie sich für genau dieses Stück alsDebut entschieden?»Die europäischen Medien« ist ein sehr anspruchsvollesStück, so dass man zunächst meint, es sei nichts für Ama-teure. Es ist aber auch ein Stoff, der an eine Universitätvielleicht sogar noch besser passt als an eine professionelle

Bühne. Es hat eine Thematik, die einfach in unsere Zeitpasst und Studierende womöglich noch intensiver beschäf-tigt als ein klassisches Stadttheaterpublikum: PersönlicheFreiheit und Meinungsfreiheit, Einfluss der Medien und dieFrage, ob Revolution möglich ist. Genau zu der Zeit, als wirproduziert haben, begannen die Aufstände in der Ukraine.Da hat uns die Aktualität eingeholt.

Ursprünglich war »Die europäischen Medien« meinezweite Wahl, ich hatte zunächst ein anderes Stück für einegrößere Besetzung im Hinterkopf. Als sich dann eine Kern-gruppe von neun Spielern herauskristallisiert hat, habenwir gezielt nach Stücken gesucht, die zu ihnen passen.Ich bin also nicht etwa mit einem Stück angetreten undhabe gesagt: Dafür suche ich nun eine Besetzung. Sondernich habe genau andersherum geschaut: Welche Leute habeich und was könnte zu ihnen passen? Das ist mir ganzwichtig, weil es ein Ausdruck dessen ist, wie ich das Lai-entheater verstehe: Es soll ein Ort sein, der sehr viel Frei-heit mit sich bringt, weil er auf der anderen Seite auchsehr viel Freizeit kassiert. Ein Ort, an dem wir viel schaffenund möglich machen können.

❱ Das Gespräch führte Jürgen Graf.

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Kultur

Boston Symphony Orchestra forever, rief er »Konstanz Uni-versity Orchestra forever!« und erntete begeisterten Zwi-schenapplaus aus dem vollbesetzten Audimax.

Ebenfalls große Zustimmung erhielt der Rektor für seinenaufrichtigen und herzlichen Dank an Peter Bauer, der seit1989 das Orchester leitet, ebenfalls Leiter des Universitäts -chores ist und 1995 zum Universitätsmusikdirektor ernanntwurde. Dass die Arbeit mit dem inzwischen 40-jährigenOrchester weit mehr als nur ein kulturelles Sahnehäubchensei, zeige sich nicht zuletzt daran, dass der Großteil derMitglieder des Orchesters gerade mal halb so alt sei wie dasOrchester selbst.

Im Anschluss wurde als einer der vielen Höhepunkte desAbends das Trompetenkonzert »Nobody knows de trouble Isee« aus dem Jahr 1954 gespielt, ein Hauptwerk des Avant-garde-Komponisten Bernd Alois Zimmermann. Der dafüreingeladene Solist Ferenc Mausz ist Solotrompeter der Ber-gischen Symphoniker und wurde mit diesem hochvirtuosen,

an die Grenzen der Spielbarkeit gehenden Trompetenkon-zert Preisträger des weltweit renommierten ARD-Musikwett-bewerbes 2011. Mit herausragender Empfindsamkeit undeindrucksvoller Präsenz meisterten Solist und Orchesterdiese Herausforderung und begeisterten die Gäste.

Anschließend hat sich das Universitätsorchester mitAntonín Dvořák wohl populärstem Werk, der Sinfonie Nr. 9»Aus der Neuen Welt«, sowohl einen musikalischen Wunscherfüllt als auch eine besondere Aufgabe gestellt. Mit Erfolg!Die euphorisierende und triumphale Dynamik des Stücksdurchfluteten das Audimax und rissen seine Hörerschaft mitauf die Reise in die neue Welt – und das beim Genuss einesder bedeutendsten Juwelen der Musikgeschichte.

Der Abend klang bei einem Sektempfang aus, zu dem derRektor eingeladen hatte. Einige der Musiker ließen sich zuspontanen Ständchen hinreißen, was einem äußerst stim-mungsvollen Abend mit einem überglücklichen Musikdirek-tor zusätzlichen Glanz verlieh. ❱ hd.

(von links) Rektor Prof. Dr. Ulrich Rüdiger undMusikdirektor Peter Bauer beim Jubiläumskonzert.

4354|2014

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TitelHochschulsport

SportermöglichenPetra Borchert istdie neue Leiterindes Hochschulsportsan der UniversitätKonstanz

Am nächsten Tag geht es nach Moskau. Die kleine KonstanzerDelegation aus einer Hiphop-Tanzgruppe, dem Rektor undder Leiterin des Hochschulsports wird in Moskau an der dor-tigen Plechanow-Wirtschaftsuniversität erwartet, einer Part-nerhochschule der Universität Konstanz. Es handelt sich umden Gegenbesuch zur Teilnahme Moskauer Studierender ander Eurokonstantia vor zwei Jahren und beim 40-jährigen Ju-biläum des Konstanzer Hochschulsports im vergangenenJahr. Petra Borchert wird mit ganzem Herzen dabei sein: Mitanderen ins Gespräch kommen, Möglichkeiten ausloten,Neues ausprobieren, das ist ihre Sache. Und wenn es der wei-teren Internationalisierung der Universität Konstanz dient –umso besser.

Seit Wintersemester 2013/2014 ist Petra Borchert Leiterindes Hochschulsports an der Universität Konstanz. IhreHauptaufgabe umschreibt sie schlicht mit »Sport ermögli-chen«. Was sich dahinter verbirgt, weiß sie selbst am besten.Seit 1992 war Petra Borchert stellvertretende Leiterin desHochschulsports auf dem Gießberg und hat damit entschei-dend mit zur Erfolgsgeschichte des Konstanzer Hochschul-sports beigetragen, die 2009 in der Auszeichnung als»Hochschule des Jahres« gipfelte. Mittlerweile ist sie im Vor-stand des Landesverbands Hochschulsport Baden-Württemberg.»Wir versuchen, den Hochschulsport im Land weiter voran-zubringen.«

Sport ermöglichen, und das nun als Leiterin der Hoch-schuleinrichtung, bedeutet für die gebürtige Niedersächsin:»Die Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, um die Begeisterung

für den Sport an die jungen Leute weiterzugeben, und dafürzu sorgen, dass sie neben dem Studium eine vernünftige undgesunde Freizeitbetätigung betreiben.« Eine Aufgabenstel-lung, die Petra Borchert bereits verinnerlicht hatte, als sieselbst noch in Göttingen studierte. Dort hat sie sich, nebenihrem Studium der Germanistik und (natürlich) der Sportwis-senschaft, bereits unter anderem als Sportreferentin imHochschulsport engagiert.

Handball und Fußball gehörten lange Jahre zu Petra Bor-cherts aktiven Freizeitsportarten, Tennis spielt sie heutenoch. Es ist kein Zufall, dass es sich bei allen dreien umWettkampfsportarten handelt. »Der Wettkampfsport liegt miram Herzen«, lautet auch ihr Statement, das wiederum Konse -quenzen hat für ihre Arbeit als Lenkerin des Hochschulsportsan der Universität Konstanz. »Zumindest unter den mittel-großen Hochschulen wollen wir die Universität Konstanz inDeutschland weit vorn platzieren«, formuliert sie ein Zielihrer Arbeit. Um sogleich wieder vom Leistungssport zumBreitensport zu kommen: »Ganz wichtig ist mir vor allenDingen, die langen Wartelisten, die wir in manchen Hallen -sportarten haben, abzubauen.« Von den rund 12.000 Stu-dierenden nutzen rund 4.000 das über 200 Sportartenumfassende Sportangebot in der Halle in Konstanz-Eggund im Outdoor-Bereich.

Mit der Sportszene der Stadt Konstanz und der Region be-stehen gute Verbindungen, es sei »ein Geben und Nehmen«,beschreibt Petra Borchert das Verhältnis. Ohne Kooperationmit der Stadt wäre auch das seit 2006 stattfindende Hoch-

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Preise

Dr. Miriam Lay Brander vom Fachbereich Literaturwissen-schaft, Dr. Daniele Brida vom Fachbereich Physik und Dr.Andreas Thum vom Fachbereich Biologie der UniversitätKonstanz sind ins Eliteprogramm für Postdoktorandinnenund Postdoktoranden der Baden-Württemberg Stiftungaufgenommen worden. Für ihre eingereichten Projektewerden sie in den kommenden zwei Jahren jeweils miteiner Summe zwischen 85.000 Euro und 95.000 Euro un-terstützt. Die Postdocs erhalten die bewilligten Mittel zurDurchführung eines eigenen Forschungsprojektes. Damitkönnen Personalkosten sowie benötigte Sachmittel finan-ziert werden. Die Nachwuchswissenschaftlerin und diezwei Nachwuchswissenschaftler sind Mitglied des Zu-kunftskollegs der Universität Konstanz.

Das Projekt der Romanistin Miriam Lay Brander trägtden Titel »Gattung und Globalisierung. Zum transkulturel-len Transfer von Gattungen in (post-)kolonialen Kontex-ten«. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt fragtdanach, wie bestimmte Textgattungen durch kulturelleAustauschprozesse in (post-)kolonialen Kontexten fran-zösischer, spanischer und portugiesischer Sprache ange-eignet, umcodiert und transformiert werden und wie aufdiese Weise neue Gattungen entstehen, die sich nichtmehr in ihrem ursprünglichen Kontext verankern lassen.Die Romanistin ist seit 2011 wissenschaftliche Mitarbei-terin im Arbeitsbereich »Romanische Literaturen« vonProf. Dr. Ulrike Sprenger. Zuvor wurde sie im Doktoranden-kolleg »Zeitkulturen« des Exzellenzclusters »KulturelleGrundlagen von Integration« der Universität Konstanzpromoviert. Sie ist assoziiertes Mitglied des Exzellenzclus-ters sowie des Zukunftskollegs der Universität Konstanz. Das Projekt »Ultraschneller Elektronentransport in Quanten-

Nanosystemen« des Physikers Daniele Brida verfolgt dasZiel, extrem kurze Lichtimpulse als optische Schalter innanoelektronischen Schaltkreisen zu nutzen.

Die innerhalb des Projektes entwickelte Technik ermög-licht den Zugang zu fundamentalen physikalischen Eigen-schaften des Elektronentransportes in prototypischenSystemen. Damit wird eine Tür für neue physikalische Phä-nomene geöffnet. Daniele Brida ist seit 2013 Mitglied desZukunftskollegs an der Universität Konstanz. Seit 2012leitet er eine Nachwuchsgruppe am Fachbereich Physik.

Das Forschungsprojekt von Andreas Thum ist mit »Therole of dopamine in learning and memory: A single cellapproach in Drosophila larvae« betitelt. Der Neurobiologenutzt Drosophila-Fliegenlarven als Modell-Organismen, umzu verstehen, wie ein sehr einfaches, elementares Gehirnlernt und neue Informationen als Gedächtnis speichert.Dank der Simplizität des Larvengehirns ist es erstmalsmöglich zu analysieren, wie einzelne Zellen im Gehirn denBotenstoff Dopamin einsetzen, um »Belohnung« und »Be-strafung« zu codieren. Dopamin besitzt im menschlichenGehirn ähnliche Funktionen, daher können diese Studienmittelfristig auch Arbeiten inspirieren, die nicht auf einInsektengehirn limitiert sind. Andreas Thum ist seit 2011Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter und Mitglied desZukunftskollegs an der Universität Konstanz.

Das Eliteprogramm für Postdoktorandinnen und Post-doktoranden der Baden-Württemberg Stiftung wird seit2002 regelmäßig ausgeschrieben. Die Baden-WürttembergStiftung will damit junge Wissenschaftlerinnen und Wis-senschaftler aus Baden-Württemberg auf ihrem Weg zurHochschulprofessur unterstützen.

❱ msp.

Ins Eliteprogramm aufgenommenBaden-Württemberg Stiftung fördert drei Konstanzer Nachwuchswissenschaftler

schulsportfest Eurokonstantia nicht möglich. Das Miteinan-der wird groß geschrieben, ob in der unmittelbaren Nach-barschaft oder draußen in der Welt. »Über den Sport gibt esviele Anknüpfungspunkte. Auch ausländische Studierendekönnen so schneller Anschluss finden«, sagt Petra Borchert.

Und so lassen sich »Partnerschaften auch einmal außerhalbder Wissenschaft pflegen« – wie in Moskau mit der Plecha-now-Universität. Die Hiphop-Tanzgruppe hat begeistert, wiezu hören war.

❱ msp.

4554|2014

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Was bedeutet es für die »Psychologie desInternets«, wenn Facebook WhatsAppkauft? Was hat dies für Auswirkungenauf das Verhalten der Internetnutzer?Mit derartigen Fragen befasst sich Prof.Dr. Ulf-Dietrich Reips, der seit Oktober2013 an der Universität Konstanz dieProfessur für Psychologische Methodenund Diagnostik innehat (http://isci-ence.uni-konstanz.de/). Im Zentrum sei-ner Forschung steht das Internet auchals neue Methode, Lehre und vor allemForschung zu betreiben. Studien, die

noch vor wenigen Jahren über Wochen liefen, könnenheute über Twitter an einem Nachmittag durchgeführtwerden. Und das nicht lokal begrenzt, sondern weltweit.

In einer dieser Online-Studien untersuchte Reips, der vorseiner Konstanzer Professur vier Jahre Forschungsprofessorder Basque Foundation for Science an der Universidad deDeusto in Bilbao, Spanien, war, welche EigenschaftenMenschen Vornamen zuschreiben. Wird mit »Hans« einekompetente oder weniger kompetente, eine sympathischeoder weniger sympathische Person verbunden? Entspre-chende, traditionell durchgeführte Studien im Raum vonLos Angeles kamen zum Ergebnis, dass kurze Vornamen we-niger Kompetenz vermitteln als längere. Durch das For-schungstool zur Analyse von Twitter-Nachrichten, das derPsychologe Ulf-Dietrich Reips mit seiner Arbeitsgruppeentwickelt hat, lassen sich diese Datenerhebungen gleich-zeitig weltweit durchführen und weiter regional differen-zieren.

Personalia – Neue Professoren

Prof. Dr. Axel Kind – Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

Welchen ökonomischen Wert habenStimmrechte von Aktien? Lässt sich die-ser empirisch berechnen? Wie sollten dieStrukturen der Führungsetage eines Un-ternehmens optimal beschaffen sein undwelche Rolle spielen dabei Manager-wechsel? Mit einer stark empirischenAusrichtung und unter Nutzung von nu-merischen Berechnungsverfahren gehtProf. Dr. Axel Kind Fragestellungen derCorporate Finance und der Corporate Go-vernance nach. Seit Oktober 2013 hatder Wirtschaftswissenschaftler die Pro-

fessur für Corporate Finance an der Universität Konstanzinne. Eine große Rolle für seine Forschung spielen dabeiBewertungseigenschaften im Finanzbereich, insbesonderedie Bewertung von Finanzkontrakten mit Optionscharak-ter. So nutzt Axel Kind Verfahren aus der Optionsbewer-tungstheorie, um daraus ökonomische Werte derStimmrechte von Aktien abzuleiten, oder untersucht dieEntscheidungen über die Berufungen und Entlassungen

von Spitzenmanagern in Abhängigkeit von berechnetenLeistungsparametern. Über das klassische Feld der Corpo-rate Finance hinaus weitet Axel Kind seine Analysen unteranderem auf den Bereich der Sportökonomie aus (vgl. Ar-tikel auf S. 12).

»Die Universität Konstanz ist eine hervorragende Uni-versität mit klarem Forschungsprofil und starken Forscher-persönlichkeiten. Sie bietet mir Kooperations- undAustauschmöglichkeiten in einem konstruktiven Arbeits-umfeld – die Rahmenbedingungen stimmen!«, begründetAxel Kind seine Entscheidung für die Universität Konstanz.Axel Kind profitiert insbesondere auch von der geographi-schen Nähe zu den Universitäten St. Gallen und Basel, andenen er zuvor tätig war und zu denen er enge Koopera-tionen in Forschung und Lehre unterhält. Im Rahmen vonLehr- und Forschungsaufenthalten arbeitete er des Wei-teren in den USA an der New York University, an der Uni-versity of California (UCLA) sowie an der ColumbiaUniversity (New York) wie auch in Russland an der Uni-versität von Novosibirsk.

❱ gra

Prof. Dr. Ulf-Dietrich Reips – Fachbereich Psychologie

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Prof. Dr. Wolfgang Gaissmaier – Fachbereich Psychologie

Wie können Menschen gute Entscheidungen für eine un-gewisse Zukunft treffen, obwohl sie nur begrenzte Zeit, In-formationen und Verarbeitungskapazität haben? DieserFrage widmet sich Prof. Dr. Wolfgang Gaissmaier, der seitFebruar 2014 die Professur für Sozialpsychologie und Ent-scheidungsforschung an der Universität Konstanz innehat.

Dabei wird der gebürtige Erlanger auch der Graduierten-schule Entscheidungswissenschaften als Mitglied angehö-ren und freut sich auf den interdisziplinären Austausch.Den ökonomischen Entscheidungsmodellen, die auf derMaximierung des erwarteten Nutzens beruhen, stellt ereinfache Entscheidungsregeln, Heuristiken und Intuitiongegenüber. Dabei legt er Wert darauf, dass diese nicht ein-fach unerwünschte Folge kognitiver Begrenztheit seien:»In Situationen mit hoher Ungewissheit, in denen ichnicht einmal alle Optionen kenne, geschweige denn Wahr-scheinlichkeiten verschiedener Ergebnisse, muss ich Infor-mationen ignorieren, um gute Entscheidungen zu treffen– selbst, wenn ich alle Zeit der Welt hätte.«

Dies heiße aber nicht, dass man sich stets auf Intuitionund Einfachheit verlassen sollte. Vielmehr müssten wir derSituation entsprechend das richtige Entscheidungswerk-zeug auswählen. »Befinde ich mich in einer Situation, inder ich alle Optionen und auch ungefähre Ergebniswahr-

scheinlichkeiten kenne – wir nennen dasEntscheiden unter Risiko –, dann braucheich statistisches Denken«, erläutert derPsychologe. Das sei zum Beispiel bei vie-len Gesundheitsentscheidungen der Fall,wo sich Nutzen und Schaden gut quanti-tativ abschätzen lassen. Gaissmaier er-forscht hierzu Methoden, die Menschendabei helfen, solche statistisch informier-ten Abwägungen im Gesundheitsbereichzu treffen.

Zusammen mit seinem langjährigen Men-tor Prof. Dr. Gerd Gigerenzer hat Gaissmaierdie letzten Jahre das Harding-Zentrum für Risikokompetenzam Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin ge-leitet. Zu seiner Forschung dort wurde er 2007 an der FreienUniversität Berlin promoviert und habilitierte er sich 2013an der Universität Heidelberg. Er wurde mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft für herausragendewissenschaftliche Leistungen ausgezeichnet und ist Mit-glied der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgi-schen Akademie der Wissenschaften und der DeutschenAkademie der Naturforscher Leopoldina.

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Auch eine Open Source-Applikation, mit der die Arbeits-gruppe ein »Facebook-Labor« gebaut hat, werden wie alleübrigen Tools Forschenden weltweit zur Verfügung gestellt(www.iscience.eu). »Wir haben mit SocialLab (www.soci-allab.es) eine Art soziale Laborumgebung geschaffen, inder die Versuchsteilnehmenden all das machen können,was sie auf Facebook auch machen können, jedoch wer-befrei unter der Schirmherrschaft der Forschung«, wieReips erklärt.

Seine Online-Forschungsmethode fließt selbstverständ-lich auch in seine Lehre mit ein. So hat Reips gemeinsammit der spanischen Universität Salamanca und Kollegen auszehn weiteren europäischen Institutionen einen Online- Masterstudiengang entwickelt (siehe auch S. 32). »Gerade

in den Sozial- und Verhaltenswissenschaften ist die Inte-gration von Online-Forschung und Online-Lehre besondersgünstig«, stellt er fest. Studien mit Befragungen oder Ex-perimenten bieten sich geradezu an, online durchgeführtzu werden. So bringt der Hochschullehrer Reips seinenStudierenden nicht nur die Methoden bei, wie im InternetForschung getrieben wird, sondern führt auch entspre-chende Lehrveranstaltungen online durch.

Vor seiner Zeit als Forschungsprofessor in Bilbao warUlf-Dietrich Reips insgesamt zwölf Jahre an der Universi-tät Zürich als Assistent und Oberassistent tätig. Seine Pro-motion und Habilitation legte er an der UniversitätTübingen ab.

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Personalia – Neue Professoren

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TitelPersonalia – Promotionen

Dr. rer. nat. Elisa Andresen, Effects of nanomolar cadmiumconcentrations on water plants – comparison of biochemicaland biophysical mechanisms of toxicity under environmentallyrelevant conditions.Dr. rer. nat. Nina Blatter, DNA Synthesis from Aberrant Substratesby Klen Taq DNA Polymerase. A Functional and Structural Analysis.Dr. rer. nat. Nils Hendrik Brinkmann, Analyse der elektri-schen, optischen und strukturellen Eigenschaften von Emitterund TCO Schichten für kristalline Silizium-Heterosolarzellen.Dr. rer. nat. Anja Deutzmann, The role of the oncoprotein DEKin DNA replication stress and demage repair.Dr. rer. nat. Alexander Edler, Development of bifacial n-typesolar cells for industrial application.Dr. rer. nat. Stephanie Essig, Entwicklung von GaInP/GaAs/Si-Mehrfachsolarzellen mittels Wafer-Bonding.Dr. rer. nat. Florian Geyer, Interactive Spaces for SupportingEmboldied Collaborative Design Practices.Dr. rer. nat. Iris Raquel Gutiérrez, Toxicity Screening of WoodCombustion. Fine Dust Using a Microbial Test Battery.Dr. rer. nat. Tobias Heikamp, Selbstregulation bei Kindern imVorschulalter: Eine kulturvergleichende Studie in Deutschlandund Indien.Dr. rer. nat. Julia Hildmann, Nuclear Spin Phenomena in Opti-cally Active Semiconductor Quantum Dots.Dr. rer. nat. Natalie Indlekofer, Methods for Diagnosis andInterpretation of Stochastic Actor-oriented Models for DynamicNetworks.Dr. rer. nat. Daniel Issenmann, Studium der Phononendynamikmit Pump-Probe-Experimenten im Röntgenbereich.

Dr. rer. nat. Philipp Karzel, Analysis and Reduction of Lifetime-limiting Defects in Multicrystalline Silicon.Dr. rer. nat. Anne-Kathrin Krug, Evaluation of new alternativestrategies to predict neurotoxicity with human based test systems.Dr. rer. nat. Oliver Lass, Reduced order modeling and parameteridentification for coupled nonlinear PDE systems.Dr. rer. nat. Daniel Münch, Odor Representations in DrosophilaReceptor Neurons analyzed by in Vivo Calcium Imaging.Dr. rer. nat. Christine Naegele, Cortical Correlates of SocialExclusion.Dr. rer. nat. David Polster, Wechselwirkung zwischen Gitter-defekten in zweidimensionalen kolloiden Systemen.Dr. rer. nat. Matthias Sachse, Regulation of the Calvin cyclein the diatom Phaeodactylum tricornutum.Dr. rer. nat. Aimilia Sempou, Molecular roles of the Prion Proteinin zebrafish embryos and cultured cells.Dr. rer. nat. Ana Catarina Sequeira Nunes Coutinho de Miranda,Effects of urbanization on animal behavior: patterns, underlyingmechanisms and ultimate causes.Dr. rer. nat. George Thomas, Effects of nanomolar copper onwater plants – comparison of biochemical and biophysical me-chanisms of efficiency and sublethal toxicity under environ-mentally relevant conditions.Dr. rer. nat. Jonas Weickert, Nanostructured Interfaces in HybridSolar Cells.Dr. rer. nat. Franziska Zabel, Primary and memory B cell responsesto Qß-VLP in mice.Dr. rer. nat. Jeanette Ziehm, Intuitive Erziehungstheorien vonMüttern im Kulturvergleich.

Doktor der Naturwissenschaften

Doktor der PhilosophieDr. phil. Daniela Martina Bister, Identidad de víctima: La re-presentación de las víctimas de la Guerra Civil española y delfranquismo en la novella ibérica contemporánea.Dr. phil. Eva Brugger, Passagepunkte der Frömmigkeit. EineMediengeschichte göttlicher Gnade am Beispiel der bayerischenWallfahrt (1650-1800).

Dr. phil. Caroline Lafitte, Addressing Women: Gender, Creditand the Periodical in Eighteenth-Century England.Dr. phil. Daniel Schumacher, Strategies of World War II Com-memoration in Hong Kong and Singapore.Dr. phil. Sören Urbansky, Beyond the Steppe Hill. The Makingof the Sino-Russian Border (1890-1990).

Dr. rer. soc. Wolfram Brehmer, Mitbestimmung im öffentlichenDienst – eine empirische Analyse der Determinanten vertiefterPersonalratsbeteiligung.

Dr. rer. soc. Co�kun Kökel, Der »Güvenç Abdal«-Orden (GüvençAbdal Oca�i (Die Aleviten der Schwarzmeerregion) als Organi-sationsmodell am Beispiel der Ortschaft Sakarli.

Doktor der Sozialwissenschaften

Dr. rer. pol. Tim Eggebrecht, Three Essays on Education Investments.Dr. rer. pol. Moritz Heimes, Three Essays on Executive Compensation.

Dr. rer. pol. Steffen Seemann, Essays on Executive Compensation.

Doktor der Wirtschaftswissenschaften

Dr.-Ing. Sebastian Graf, Flexible Secure Cloud Storage.

Doktor der Ingenieurwissenschaften

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Promotionen – Berufung – Lehrbefugnis – Jubiläum

Dr. jur. Vanessa Fleischer, Gesetzesverletzung als Lauterkeits-rechtsverstoß.Dr. jur. Kerstin Christa Margareta Kern, Ausschließliche Patent-lizenzen im Europäischen Insolvenzrecht. Die Einordnung derausschließlichen Patentlizenz unter die Europäische Insolvenz-verordnung auf der Basis des französischen und deutschen Patent-und Insolvenzrechts.Dr. jur. Clemens Florian Muñoz Greschuchna, Kompetenz-

und finanzverfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mitder Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in derKindertagespflege.Dr. jur. Salih Polater, Designschutz nach dem deutschen, euro-päischen und türkischen Geschmacksmusterrecht.Dr. jur. Björn Reith, Der Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungs-auftrag des Staates im Vorschulbereich. VerfassungsrechtlicheGrundlagen der frühkindlichen Förderung.

Doktor der Rechtswissenschaft

Dr. Filip Mess, Sportwissenschaft, auf eine W3-Professur für Sport-wissenschaft an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd.

Einen Ruf hat erhalten

Prof. Dr. Regine Eckardt, Universität Göttingen, auf die W3-Pro-fessur für »Allgemeine und Germanistische Sprachwissenschaft«.Dr. Florian Kunze, Universität St. Gallen, auf die W3-Professurfür »Organizational Studies«.Prof. Dr. Judith Meinschaefer, FU Berlin, auf die W3-Professurfür »Romanistische Sprachwissenschaft«.

Dr. Susanne Strauß, Gastwissenschaftlerin am DeutschenInstitut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, auf die W3-Professur für »Soziologie mit Schwerpunkt Gender Studies«.Prof. Dr. Christina Wald, HU Berlin, auf die W3-Professur für»Englische Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft«

Einen Ruf nach Konstanz haben erhalten

Prof. Dr. Marcel Fischer, Copenhagen Business School, Däne-mark, auf die W3-Professur für »Finanzwirtschaft«.Prof. Dr. Susanne Goldlücke, Universität Mannheim, auf dieW3-Professur für »Volkswirtschaftslehre, insbesondere Mikro-ökonomische Theorie«.Prof. Dr. Heike Schäfer, PH Karlsruhe, auf die W3-Professurfür »Nordamerikanische Literatur und Kultur«.

Prof. Dr. Guido Schwerdt, Universität Siegen, auf die W3-Professur für »Public Economics«.Juniorprofessor Dr. Thomas Weitin, Fachbereich Literatur-wissenschaft, Universität Konstanz, auf die W2-Professur für»Neuere Deutsche Literatur im europäischen Kontext«.Professor Dr. Petra Wirtz, Universität Bern, Schweiz, auf dieW3-Professur für »Psychologie Arbeit und Gesundheit«.

Einen Ruf nach Konstanz haben angenommen

Dr. rer. nat. Michael Basler hat die Lehrbefugnis für die FächerImmunologie und Biochemie erhalten.Docteur Suzanne Kadereit hat die Lehrbefugnis für die FächerZellbiologie und Immunologie erhalten. Dr. rer. nat. Daniel Laumann hat die Lehrbefugnis für dasFach Mathematik erhalten.

Dr. rer. nat. Susanne Schaal hat die Lehrbefugnis für das FachPsychologie erhalten.Dr. rer. nat. Stefan Schildknecht hat die Lehrbefugnis für dieFächer Pharmakologie und Toxikologie erhalten.Dr. phil. Monika Suchan hat die Lehrbefugnis für das FachMittelalterliche Geschichte erhalten.

Lehrbefugnis

Ursula Haake, Personalrat (1.4.2014),Rosa Maria Heim, Bibliothek (15.3.2014),Sabine Richter, FB Wirtschaftswissenschaften (16.2.2014),

Danuta Schulz, Bibliothek (1.4.2014),Bernhard Weibert, Fachbereich Chemie (31.3.2014).

25-jähriges Dienstjubiläum

Dr. Werner Röll, Fachbereich Chemie (23.4.2014).

40-jähriges Dienstjubiläum

4954|2014

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Platz eins für Trampolinteam derUniversität Konstanz

Der Höhenflug im Trampolinturnen geht für die UniversitätKonstanz weiter. Ihr Trampolinteam setzte sich bei derDeutschen Hochschulmeisterschaft (DHM) im Trampolin-turnen an der Universität Heidelberg überraschend deut-lich durch und erreichte Rang eins. In der Teamwertungwar es für die Universität Konstanz der zweite Podestplatzbei der zweiten DHM-Teilnahme. Bei der Konstanzer DHM-Premiere im vergangenen Jahr erturnte die Universitäts-mannschaft »aus dem Stand« die Bronzemedaille.

Nun steigerte sie sich mit dem Hochschulmeistertitelnochmals. Entsprechend glücklich äußerte sich auch ArvidKuritz, der Trainer des Konstanzer Trampolinteams, nachdem Titelgewinn: »Auf diese Goldmedaille bin ich ganzbesonders stolz.« Der rasante Aufstieg ist nicht zuletztmit seinem Namen verbunden. Der Student ist selbst zwei-facher Hochschulmeister im Einzel (2009 und 2013) undMitglied der Sieger-Mannschaft. Darüber hinaus wurdeArvid Kuritz mit seinem Partner von der Universität Re-gensburg in Heidelberg erneut Hochschulmeister im Syn-chronwettbewerb.

Frauen für die Endrunde qualifiziertDie Handball-Kooperation der Universität Konstanz mitder Handball Spielgemeinschaft (HSG) Konstanz und neu-erdings dem Handball-Sportmanagement Allensbach (HSA)zeigen erste Erfolge. So gelang dem Frauenteam der Kon-stanzer Hochschulen mit Unterstützung der AllensbacherStudentinnen ein Sieg auf ganzer Linie: Mit einem über-ragenden 45:31 gewann die Wettkampfgemeinschaft (WG)Konstanz, bestehend aus Spielerinnen der Universität Kon-stanz und der HTWG Konstanz, die Vorrunde der Deutschen

Hochschulmeisterschaften (DHM) im Frauenhandball ander Universität Tübingen. Das Konstanzer Frauenteam istsomit nicht nur aktueller Landeshochschulmeister vonBaden-Württemberg, sondern bereits für die Endrunde derDeutschen Hochschulmeisterschaften vom 11. bis 13. Juli2014 in Berlin qualifiziert.

Bei den Männern gelang dies in der Konstanzer Universi-tätssporthalle leider nicht auf Anhieb. Gegen den DeutschenHochschulmeister von 2013, die Universität Stuttgart,reichte es für das Team der WG Konstanz beim 16:19 im Fi-nale nicht ganz. Das Konstanzer Team hat aber eine zweiteChance über die im Mai stattfindende Zwischenrunde.

Frau des JahresDr. María Moreno-Villanueva wurde zum Weltfrauentag 2014der Preis »Mujer del Año« – »Frau des Jahres« – der RegionMurcia in Spanien verliehen. Die Konstanzer Biologin wirddamit vom »La Consejería de Sanidad y Política Social deMurcia«, einem für Familienpolitik zuständigen Ministerium,zu dem das Referat für Gleichstellung gehört, als Anerken-nung für ihren herausragenden Werdegang und für ihre be-sonderen Leistungen in der Forschung ausgezeichnet. Derjährlich verliehene Preis richtet sich ausschließlich an Frauen

Kurz berichtet

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der Region Murcia und soll außerordentliche weibliche Bio-grafien, insbesondere mit Vorbildcharakter in Bezug auf ethi-sches, moralisches und ökologisches Handeln, ehren. DiePreisjury entschied sich unter insgesamt acht Kandidatinnenfür die Konstanzer Forscherin, die zuvor von der »FederaciónMurciana de Asociaciones de Amas de Casa, Consumidores yUsuarios Thader Consumo« nominiert wurde.

Entscheidend für die Auszeichnung war insbesondere derWerdegang von María Moreno-Villanueva. Die Spanierin be-gann 1988 ihr Biologiestudium an der Universität Murcia.Als die damalige Leistungssportlerin im Rahmen eines Sport-stipendiums für einen Monat nach Deutschland kam, ent-schied sie sich, ihr Studium in Deutschland fortzusetzen. UmDeutsch lernen zu können und ihren Lebensunterhalt zu ver-dienen, arbeitete sie in verschiedenen Anstellungen, unteranderem absolvierte sie eine Ausbildung zur Zytologie-Assis-tentin. Im Jahr 2001, beinahe zehn Jahre nachdem sie nachDeutschland gekommen war, konnte sie ihr Biologiestudiuman der Universität Konstanz wieder aufnehmen.

Die Auszeichnung würdigt auch María Moreno-Villanuevasbesondere wissenschaftliche Leistungen für den Tierschutz.2011 bekam die Biologin den Ursula M. Händel-Tierschutz-preis für die Entwicklung eines Testverfahrens, das ohne Tier-versuche auskommt. Seit 2010 ist Marìa Moreno-Villanueva,die aktuell an ihrer Habilitation arbeitet, wissenschaftlicheAngestellte im Arbeitsbereich Molekulare Toxikologie vonProf. Dr. Alexander Bürkle. In ihrer Forschung konzentriertsie sich vor allem auf die Untersuchung von Reparaturme-chanismen bei geschädigtem Erbgut, von Biomarkern desmenschlichen Alterns und von Veränderungen der DNA beipsychisch kranken Menschen.

❱ Sabrina Mühlbach

Verdienstmedaille für Dr. Kai HandelFür sein Engagement für den Hochschulstandort Konstanzwurde Dr. Kai Handel, ehemaliger Präsident der HochschuleKonstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG), mitder Verdienstmedaille der Universität Konstanz ausge-zeichnet. Bei der Verleihung der Medaille im Rahmen derfeierlichen Verabschiedung Kai Handels hob Rektor Prof.Dr. Ulrich Rüdiger das partnerschaftliche Zusammenwirkender beiden Hochschulen hervor. Kai Handel war seit Juni2006 Präsident der HTWG. Zum 15. April 2014 schied er ausseinem Amt, sein Nachfolger ist Prof. Dr. Carsten Manz.

»Entscheidend für den Hochschulstandort Konstanz ist,dass HTWG und Universität Konstanz stets als Team undnicht als Konkurrenten zusammenarbeiten. Bestimmendist dabei das Bewusstsein, dass wir zusammen für unsereHochschulen, die Stadt und die Region mehr bewirkenkönnen als jeweils einzeln«, unterstrich Ulrich Rüdiger inseiner Laudatio den Wert der Zusammenarbeit zwischenUniversität Konstanz und HTWG und insbesondere ihremPräsidenten Kai Handel. Rüdiger schildert Kai Handel als»stets verlässlichen, ideenfreudigen und hochaktiven Part-ner«, der die gemeinsamen Projekte der Hochschulen aktivvorantrug.

Zu den Erfolgen der gemeinsamen Standortentwicklunggehören die Verbesserung der Wohnsituation für Studie-rende, für die sich Kai Handel und Ulrich Rüdiger Seite anSeite im Verwaltungsrat des Studentenwerks seezeit ein-setzten, sowie die Gründung des gemeinsamen Innovati-ons- und Gründungszentrums »Campus Startup Konstanz«. Dank des Schulterschlusses zwischen HTWG und Universi-tät Konstanz können die Konstanzer Studierenden undWissenschaftler auf Angebote und Infrastruktur beiderHochschulen zurückgreifen, vom Hochschulsport über dasSprachlehrinstitut bis hin zu Mentoringprogrammen; auchdie Bibliotheken beider Hochschulen stehen jeweils bei-den Seiten offen. Eine besonders enge Kooperation be-steht zwischen den Fachbereichen Informatik der beidenKonstanzer Hochschulen.

Jüngstes gemeinsames Projekt ist die Beantragung desPromotionskollegs »Visual Sensor-Data Processing«, dasderzeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)begutachtet wird. Das Promotionskolleg würde es ermög-lichen, Doktorandenstipendien im Rahmen eines gemein-sam betreuten, strukturierten Doktorandenprogrammes anAbsolventinnen und Absolventen beider Einrichtungensowie auch an Externe zu vergeben.

Kurz berichtet

5154|2014

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Hölderlin und die ReligionIm Zentrum der diesjährigen internationalen Tagung der Höl-derlin-Gesellschaft vom 12. bis 15. Juni 2014 in Konstanzsteht ein aktuelles Thema. Hölderlin reflektierte in seinerDichtung und seinen theoretischen Schriften Fragen, die bisheute brisant sind: Was bedeutet »Religion« in der modernenWelt? Wo liegen die Grenzen eines aufgeklärten, säkularenWeltbildes? Welche Aufgabe kommt dabei der Literatur zu?Wann kann Dichtung Gemeinschaft stiften und Aufgabenübernehmen, wie man sie oft der Politik oder Religion zu-schreibt?

Literaturwissenschaftler, Philosophen und Theologen ausden USA, auch Großbritannien, Frankreich, Belgien und Ita-lien diskutieren Hölderlins Vorstellungen von Religion undarbeiten seine damit verbundenen poetologischen Auffas-sungen heraus. Grundlegende Texte sind vor allem: Hölderlins

Briefroman »Hyperion« und die großen Gesänge. Zentralsind »Patmos«, »Der Mutter Erde« und das »Madonnen«-Fragment.

Verschiedene Veranstaltungsformen wechseln sich ab: Inder Podiumsdiskussion geht es um die Frage nach der Be-deutung von Religion in unserer modernen Welt, die fünfVorträge behandeln verschiedene Aspekte des Tagungsthe-mas, fünf Arbeitsgruppen konzentrieren sich auf gemeinsameTextanalysen, zwei auf didaktisch-methodische Fragestellun-gen, in zwei Foren werden junge Wissenschaftler ihre Arbei-ten zu Hölderlin zur Diskussion stellen. Zwei Veranstaltungenvon Konstanzer Hölderlin-Spezialisten bereiten im Sommer-semester 2014 auf die Tagung vor: Der Germanist Prof. Dr.Ulrich Gaier hält eine Vorlesung über Hölderlin mit beson-derer Betonung des religionsphilosophischen Aspekts. Prof.Dr. Elena Polledri wird als Konstanzer Gastprofessorin ineinem Kompaktseminar in die Texte Hölderlins einführen, diebei der Tagung im Zentrum stehen.

Zum kulturellen Programm gehört ein Jazz-Konzert mitTexten von Hölderlin und Celan sowie ein Ausflug nachMeersburg zum »Fürstenhäusle« der Annette von Droste-Hülshoff. Detailliertes Programm: www.hoelderlin-gesell-schaft.de und [email protected]

Digitale Bibliothekfür historische ZeitschriftenDie bislang vollständigste Sammlung historischer Zeitschrif-ten der Bodenseeregion wurde mittels eines Digitalisierungs-projektes weltweit frei zugänglich gemacht: Der »Verein derBibliotheken der Regio Bodensee« schuf – unter Beteiligungder Universität Konstanz – eine digitale Bibliothek der his-torischen Zeitschriften des Bodenseeraums. Rund 350.000Seiten an historischen und naturwissenschaftlichen Zeit-schriften wurden digitalisiert, von der ersten Ausgabe biszur Gegenwart, und im Volltext auf der digitalen Plattformdes Bibliotheksservice-Zentrums Baden-Württemberg (BSZ)zur Verfügung gestellt.

Die Digitalisierung der Zeitschriften erfolgte im Rahmendes INTERREG IV-Projektes »Kulturelles Erbe der Regio Bo-densee online«. Die durchgehend deutschsprachigen Zeit-schriften gehen teils bis auf das 18. Jahrhundert zurück undsind in Baden-Württemberg, Bayern, Vorarlberg sowie in denSchweizer Kantonen Appenzell-Innerrhoden, Schaffhausen,St. Gallen und Thurgau erschienen.

Kurz berichtet

HÖLDERLINUND DIE »KÜNFTIGE SCHWEIZ«

Eine Ausstellung der Hölderlin-Gesellschaftvom 13. Juni bis 6. Juli 2014

1798 -1803 Besetzung der Schweiz durch Frankreich: »Helvetik«.Kantone aufgelöst, Einheitsstaat.

1799 Schweizer, Deutsche, Franzosen, Politiker, Philosophen,Dichter erarbeiten den Plan einer »künftigen Schweiz«:Bundesstaat, selbständige Kantone, zentrale Regierung

1848 Verwirklichung dieses Plans: Confoederatio HelveticaHeute »Vereinigtes Europa« nach Schweizer Modell?

Ausstellung: 13. Juni bis 6. Juli 2014 im Museum Rosenegg, Bärenstrasse 6, KreuzlingenÖ7nungszeiten: Mittwoch 17.00 bis 19.00 Uhr, Freitag und Sonntag 14.00 bis 17.00 Uhr,

Gruppen auch nach AnfrageFührungen: (Prof. Ulrich Gaier) am 18.6., 25.6. und 2.7. jeweils um 17.30 UhrFinissage: 6. Juli 2014 um 15.00 Uhr

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Die digitale Bibliothek macht es möglich, die Bestände vonrund um den See verstreuten Bibliotheksstandorten virtuellzusammenzuführen. »Die gescannten Zeitschriften sind inkeiner einzigen der beteiligten Bibliotheken vollständig vor-handen. Indem wir einen virtuellen Bestand all dieser Zeit-schriften geschaffen haben, ermöglichen wir es allenNutzerinnen und Nutzern, ohne zu reisen auf den vollen Be-stand zuzugreifen«, erläutert Petra Hätscher, Direktorin desKommunikations-, Informations-, Medienzentrums (KIM) derUniversität Konstanz.

Die virtuelle Bibliothek bietet damit insbesondere der his-torischen Bodenseeforschung neue Potentiale. Die digitali-sierten Texte sind im Volltext recherchierbar, was einezeitschriftenübergreifende Suche nach Stichworten – zumBeispiel Orte, Personen oder Flurnamen – möglich macht undbislang unentdeckte Querverbindungen aufzeigen kann.

Die digitale Bibliothek wird vom Bibliotheksservice-Zen-trum Baden-Württemberg betreut und – nach Abschluss desINTERREG IV-Projektes – künftig aus Mitteln des Vereins derBibliotheken der Regio Bodensee finanziert werden. Alsnächster Schritt ist eine Verknüpfung mit der Bodenseeda-tenbank geplant, einer seit 1976 geführten Bodenseebiblio-grafie, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht und über98.000 Titel verzeichnet. Die digitale Bibliothek ist frei verfügbar unter:www.bodenseebibliotheken.eu/zeitschriften.htm

Sieg für das Humboldt-GymnasiumBeim 30. Tag der Mathematik an der Universität Konstanzkamen 150 Elft- und Zwölftklässler aus der Schweiz, Öster-reich und Deutschland zum mathematischen Wettstreit zu-sammen. Als Sieger auf der ganzen Linie erwies sich dabeidas Konstanzer Alexander-von-Humboldt-Gymnasium. ImGruppenwettbewerb konnte sein Team 2 den begehrten Wan-derpokal erobern. Den Sieg im Einzelwettbewerb ging mitLorenz Denk ebenfalls an das Konstanzer Gymnasium.

Den zweiten Platz des Gruppenwettbewerbs, an dem ins-gesamt 34 Teams teilgenommen haben, erreichte das Jus-tus-von-Liebig-Gymnasium Neusäß. Den dritten Platz belegtedas Team 2 der Kantonsschule St. Gallen. Hinter Lorenz Denkwurde Vincent Weinreich vom Gymnasium am Obertor inÜberlingen Zweiter im Einzelwettbewerb. Den dritten Platzerreichten hier punktgleich Janine Ye und Jiaxiang Cao vomSalem College Spetzgart in Überlingen.

Insgesamt haben 20 Schulen an dem Wettbewerb teilge-nommen. Dass der Tag der Mathematik seit 30 Jahren mitgroßem Gewinn für beide Seiten durchgeführt werden kann,liegt auch am Rahmenprogramm. Der Fachbereich Mathema-tik und Statistik nutzt den Tag auch dazu, mit den Schüle-rinnen und Schülern in Kontakt zu kommen, während dieInformationsmöglichkeit bei den jungen Leuten sehr gerneangenommen wird.

Großer Beliebtheit erfreute sich auch wieder ein Pro-grammpunkt, bei dem sich die begleitenden Lehrerinnen undLehrer und die Professoren austauschen konnten. So erfahrendie Lehrkräfte die neuesten Entwicklungen an der Universitätim Fach Mathematik, während die wissenschaftlichen Dozen-ten über neuere Anforderungen im Schulunterricht Bescheidwissen. Dass Mathematik sehr unterhaltsam sein kann bewiesdazwischen Mathematikprofessor Oliver Schnürer mit seinemVortrag »Spielereien mit Seil und Würfel«.

»Junge Innovatoren«-Förderungfür Prolago Biotec

Die Gründungsinitiative Prolago Biotec der Universität Kon-stanz wird vom Programm »Junge Innovatoren 2014« desMinisteriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK)Baden-Württemberg gefördert. Für die Entwicklung einesmaßgeschneiderten und anwendungsfreundlichen Enzyms,das in der Forschung und für die klinische Diagnostik einge-setzt werden soll, erhält das junge Unternehmen von Kon-stanzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eineFördersumme von insgesamt rund 88.000 Euro.

»Unser hochaktives Enzym ›RapidScript‹ vereint die Ei-genschaften aus mehreren Enzymen und ist somit multifunk-tional für vielfältige Aufgaben einsetzbar – zum Beispiel fürden schnellen Nachweis von Grippeviren oder Noroviren«, er-

Kurz berichtet

Foto: Eberhard Luik

5354|2014

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Kurz berichtet

klärt der Konstanzer Chemiker Prof. Dr. Andreas Marx, der dasProjekt von Seiten der Universität Konstanz aus begleitet.Der Nachweis von Nukleinsäuren (RNA), der in der klinischenDiagnostik und in der Forschung häufig durchgeführt wird,wird durch das Enzym einfacher, schneller und kostengüns-tiger. Auf diese Weise könnte ein wichtiger Beitrag zur per-sonalisierten Medizin und zur Senkung der allgemeinenGesundheitskosten geleistet werden. »Das Enzym zeichnetsich darüber hinaus durch seine besonders hohe Robustheitaus: Es kann gefroren, erhitzt und gefriergetrocknet werden«,führt Marx weiter aus. Diese Unempfindlichkeit erleichtertdie Anwendung, Lagerung und den Transport, da das Enzym– anders als viele andere Enzyme, die in der Diagnostik ein-gesetzt werden – bei Raumtemperatur versandt werden kann.Prolago Biotec wurde im Februar 2014 von Wissenschaftle-rinnen und Wissenschaftlern der Universität Konstanz ge-gründet. Das junge Unternehmen entwickelt innovativeProdukte für die Lebenswissenschaften und die medizinischeDiagnostik. Prolago Biotec wird maßgeschneiderte und an-wendungsfreundliche molekulare Werkzeuge anbieten, dieschnelle Krankheitserregernachweise und vereinfachte Erb-gutuntersuchungen ermöglichen. Von November 2012 bis Ok-tober 2013 wurde die Gründungsinitiative durch eineinjähriges EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeri-ums für Wirtschaft und Energie in Höhe von rund 100.000Euro finanziert. Die Universität Konstanz stellt Laborplätzeund die universitäre Infrastruktur zur Verfügung. ❱ gra.

Raimar Zons neuer HonorarprofessorDie Universität Konstanz ernennt Prof. Dr. Raimar Zons,der über Jahrzehnte den Fink Verlag leitete, zum Hono-rarprofessor. Mit der Universität Konstanz ist Raimar Zonsin vielfacher Weise verbunden. Seine Zusammenarbeit mitder Konstanzer Literaturwissenschaft reicht bis in die1970er Jahre zurück. Damals gab er die gleichnamige Pu-blikationsreihe der Forschergruppe ›Poetik und Hermeneu-tik‹ heraus – einer Gruppe, die den Weltruhm der»Konstanzer Schule« in den Literaturwissenschaften mit-begründete. Jüngst trug Raimar Zons wesentlich zum Ge-lingen einer Initiative des Exzellenzclusters »KulturelleGrundlagen von Integration« an der Universität Konstanzbei: Der Gründung von Konstanz University Press (KUP)als einem sogenannten Imprint des Fink Verlags. KUP istein unabhängiger Verlag, der seit 2010 ein anspruchsvol-les kulturwissenschaftliches Buchprogramm betreibt.

Raimar Zons wurde 1975 in Freiburg mit der Arbeit »GeorgBüchner. Dialektik der Grenze« promoviert. Nach einerTätig keit als Redakteur im Verlag Ferdinand Schöninghwechselte er zu Wilhelm Fink, wo er das Lektorat leitete,bevor er 2004 die Gesamtleitung des Verlags übernahm.Parallel dazu verfasste er seine Habilitationsschrift underhielt mit dieser 1989 an der Universität Paderborn dieLehrberechtigung im Fach Allgemeine Literaturwissen-schaft. 1995 wurde ihm dort der Titel eines außerplan -mäßigen Professors verliehen. Seine Führungsposition imFink Verlag legte er 2012 nieder, um sich künftig wiederverstärkt auf seine Forschungsinteressen zu konzen trieren.

❱ msp.

An die Hector Fellow AcademyaufgenommenDie Biologin Maggie Sefton wird im Rahmen ihrer Promotionan der Universität Konstanz von der Hector Fellow Academydurch eine Doktorandenstelle gefördert. Die vom Ehrense-nator der Universität Konstanz Dr. h.c. Hans Werner Hectoreingerichtete Hector Stiftung II unterstützt Doktoranden fürdrei Jahre mit einer institutsüblichen Stelle und mit jährlichbis zu 15.000 Euro Sachmitteln für ihr Forschungsvorhaben.Die Hector Fellow Doktoranden führen ein persönlich erar-beitetes Forschungsvorhaben durch, das einem Hector Fellowvorgeschlagen wurde und ihn inhaltlich überzeugt hat.

In ihrer Doktorarbeit »The Genetic Basis and Evolution ofColoration patterns in Cichlid Fishes« wird Maggie Sefton diewichtigsten Gene und genetischen Signalwege untersuchen,die den Farbmustern von Buntbarschen zugrunde liegen. Sieinteressiert sich für die Frage, wie sich die Farben in der brei-ten Palette von verschiedenen Farbmustern entwickeln. DieUS-Amerikanerin hat ihr Biologiestudium an den Universitä-ten San Diego (USA) und Schottland (Großbritannien) ab-solviert und wird seit März 2014 über das Programmgefördert.

Maggie Sefton ist an der Universität Konstanz Mitgliedder Arbeitsgruppe von Prof. Axel Meyer, Professor für Zoolo-gie und Evolutionsbiologie, der selbst ein Hector Fellow istund ihre Arbeit betreut. Bisher wurden bundesweit insgesamt18 herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftleran deutschen Universitäten mit dem Wissenschaftspreis derHector Stiftung II ausgezeichnet und in den Kreis der HectorFellows aufgenommen. ❱ hd.

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Kurz berichtet

Weltweit unter den besten 100Die Universität Konstanz platziert sich im aktuellen »QSWorld University Rankings by Subject 2014« in den FächernPhilosophie und Politik & Internationale Studien weltweitunter den besten 100 Plätzen. Der Konstanzer Philosophiegelang mit dieser herausragenden Platzierung eine Verbes-serung von über 100 Rängen und ein Sprung in die interna-tionale Spitzengruppe. Die Konstanzer Politikwissenschafterreicht im deutschlandweiten Vergleich Rang 4, die Kon-stanzer Psychologie Rang 5. Jeweils weltweit unter den ers-ten 150 Rängen platzieren sich ferner die Konstanzer FächerSprachwissenschaft, Neue Philologien, Psychologie und So-ziologie.

Das »QS World University Rankings« zählt zu den inter-national einflussreichsten Hochschulrankings. Bei seinem

Ranking »by Subject« handelt es sich um eine fächerbezo-gene Auswertung von 30 Studienfächern mit insgesamt10.639 Studiengängen. Über 3.000 Hochschulen wurdenhierfür evaluiert, 689 Hochschulen davon wurden in das Ran-king aufgenommen und fächerbezogen miteinander vergli-chen. ❱ gra.

Naturphotographie von Max von TilzerIn einer Benefiz-Veranstaltung für den Biotopverbund Bo-densee der Heinz Sielmann Stiftung sind ab 7. Mai 2014 inder Musikschule Konstanz am Benediktinerplatz Nr. 6 Natur-fotografien von Prof. Dr. Max von Tilzer zu sehen. Die Aus-stellung steht unter der Schirmherrschaft der UniversitätKonstanz.

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TitelKurz berichtet

Im Jahre 2004 hat der ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell, Prof. Dr. Peter Bert-hold, gemeinsam mit der Heinz Sielmann Stiftung»Sielmanns Biotopverbund Bodensee« ins Leben gerufen.Ziel dieses Biotopverbunds ist es, durch das Anlegen natur-naher Lebensräume den Artenschwund bei Tieren und Pflan-zen zu stoppen. Die Erfolge sind beachtlich. In einer Reihevon Projektgebieten hat die Artenvielfalt bereits wieder be-trächtlich zugenommen. Max von Tilzer, der frühere Leiterdes Limnologischen Instituts der Universität Konstanz, fo-

tografierte im Laufe des vergangenen Jahres einen kleinenWeiher am Bodanrück. Die Ausstellung ist keine Dokumen-tation einzelner Pflanzen- und Tierarten. Vielmehr sollen demBetrachter die Schönheiten der Natur, die im Jahreslauf aufengstem Raum erlebte erstaunliche Vielfalt direkt vor derHaustüre, durch künstlerische Aufnahmen vor Augen geführtwerden.

Die Ausstellung geht vom 7. Mai bis 20. Juli 2014. DieÖffnungszeiten sind von Montag bis Donnerstag, 9 Uhr bis20 Uhr, am Freitag von 9 Uhr bis 17.30 Uhr.

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HerausgeberProf. Dr. Dr. h.c. Ulrich Rüdiger,Rektor der Universität Konstanz

VerantwortlichJulia Wandt,Leitung Kommunikation und Marketing

RedaktionDr. Maria Schorpp (msp., Leitung),Helena Dietz (hd.), Jürgen Graf (gra.),Stabsstelle Kommunikation und Marketing

GestaltungRothe Grafik, Georgsmarienhütte

Druckwerk zwei, Print+Medien Konstanz GmbH, Konstanz

AnzeigenverwaltungPublic Verlagsgesellschaft und Anzeigenagentur mbH, Bingen

BildmaterialJespah Holthof, Inka Reiter, Andreas Sauer, Pressestelle,Titelfoto: Studiotouch – fotolia.com

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