32
FRANS PLANK PRÄDIKATIV UND KOPRÄDIKATIV 1. Vorbilder 2. Koprädikativ-Typologie 3. Prädikativ als Vorbild 4. Nachworte Literatur 1. Vorbilder Von einzelsprachlichen Grammatiken wird man erwarten, daß sie die syntak- tischen Konstruktionen der betreffenden Sprache möglichst angemessen und vollständig in ihrer Struktur beschreiben und daß sie möglichst genau angeben, welche Bedeutungen die einzelnen Konstruktionen ausdrücken und welche kom- munikativen Funktionen sie erfüllen. Dabei wird man von guten Grammatiken, in Kombination mit Lexika, auch erwarten, daß sie nicht nur die syntaktischen Konstruktionen als solche beschreiben, sondern auch möglichst detailliert die Möglichkeiten und Beschränkungen der Verwendung lexikalischer Ausdrucksmit- tel in diesen Konstruktionen angeben, seien diese durch die konstruktionellen Bedeutungen und Funktionen bedingt oder nicht. Was man auch von sonst guten Grammatiken vielfach nicht erwarten kann, sind Begründungen der beschriebe- nen Zusammenhänge zwischen morphosyntaktischen Strukturen und ihren Bedeutungen bzw. Funktionen: es wird kaum je die Frage gestellt, was bestimmte Strukturen eher als alternative Strukturen zum Ausdruck bestimmter Bedeutun- gen und zur Erfüllung bestimmter Funktionen prädestinieren könnte, so daß es aus deskriptiver Sicht eigentlich keinen Unterschied macht, ob solche Zusammen- hänge arbiträr (also unbegründbar) oder in der Tat motiviert sind. Des weiteren sucht man in einzelsprachlichen Grammatiken vielfach vergebens nach Trennun- gen des Besonderen, des nur für diese Sprache allein Charakteristischen, vom Allgemeinen: mutmaßlich legitimiert durch die Begrenzung des Gegenstandsbe- reichs eben auf eine einzelne Sprache, wird kaum je die Frage gestellt, was an den Konstruktionen der beschriebenen Sprache - ihre Verfügbarkeit, Struktur und Bedeutung bzw. Funktion betreffend - in der Tat einzelsprachspezifisch ist und worin sich allgemeinere, also typologische oder universelle Gesetzmäßigkeiten manifestieren (deren Beschreibung in den Grammatiken aller einschlägigen Ein- zelsprachen strenggenommen also redundant ist). Die Auswahl der Fragestellungen, für die sich deskriptive einzelsprachliche Grammatiken zuständig fühlen, mag sich von der intendierten Nutzung solcher Grammatiken her rechtfertigen lassen (mehr schlecht als recht, meine ich, wenn als Nutzer der Fremdsprachlerner ins Auge gefaßt ist). Wenn das Erkenntnisinter-

PRÄDIKATIV UND KOPRÄDIKATIV - uni-konstanz.de

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

FRANS PLANK

PRÄDIKATIV UND KOPRÄDIKATIV

1. Vorbilder2. Koprädikativ-Typologie3. Prädikativ als Vorbild4. Nachworte

Literatur

1. Vorbilder

Von einzelsprachlichen Grammatiken wird man erwarten, daß sie die syntak-tischen Konstruktionen der betreffenden Sprache möglichst angemessen undvollständig in ihrer Struktur beschreiben und daß sie möglichst genau angeben,welche Bedeutungen die einzelnen Konstruktionen ausdrücken und welche kom-munikativen Funktionen sie erfüllen. Dabei wird man von guten Grammatiken, inKombination mit Lexika, auch erwarten, daß sie nicht nur die syntaktischenKonstruktionen als solche beschreiben, sondern auch möglichst detailliert dieMöglichkeiten und Beschränkungen der Verwendung lexikalischer Ausdrucksmit-tel in diesen Konstruktionen angeben, seien diese durch die konstruktionellenBedeutungen und Funktionen bedingt oder nicht. Was man auch von sonst gutenGrammatiken vielfach nicht erwarten kann, sind Begründungen der beschriebe-nen Zusammenhänge zwischen morphosyntaktischen Strukturen und ihrenBedeutungen bzw. Funktionen: es wird kaum je die Frage gestellt, was bestimmteStrukturen eher als alternative Strukturen zum Ausdruck bestimmter Bedeutun-gen und zur Erfüllung bestimmter Funktionen prädestinieren könnte, so daß esaus deskriptiver Sicht eigentlich keinen Unterschied macht, ob solche Zusammen-hänge arbiträr (also unbegründbar) oder in der Tat motiviert sind. Des weiterensucht man in einzelsprachlichen Grammatiken vielfach vergebens nach Trennun-gen des Besonderen, des nur für diese Sprache allein Charakteristischen, vomAllgemeinen: mutmaßlich legitimiert durch die Begrenzung des Gegenstandsbe-reichs eben auf eine einzelne Sprache, wird kaum je die Frage gestellt, was an denKonstruktionen der beschriebenen Sprache - ihre Verfügbarkeit, Struktur undBedeutung bzw. Funktion betreffend - in der Tat einzelsprachspezifisch ist undworin sich allgemeinere, also typologische oder universelle Gesetzmäßigkeitenmanifestieren (deren Beschreibung in den Grammatiken aller einschlägigen Ein-zelsprachen strenggenommen also redundant ist).

Die Auswahl der Fragestellungen, für die sich deskriptive einzelsprachlicheGrammatiken zuständig fühlen, mag sich von der intendierten Nutzung solcherGrammatiken her rechtfertigen lassen (mehr schlecht als recht, meine ich, wennals Nutzer der Fremdsprachlerner ins Auge gefaßt ist). Wenn das Erkenntnisinter-

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 155

esse primär aber ist zu verstehen, w a r u m syntaktische Konstruktionen (undsprachliche Strukturen schlechthin) so strukturiert sind, wie sie - nach Maßgabeangemessener Beschreibungen - strukturiert sind, rücken die zuletztgenannten, inGrammatiken vielfach vernachlässigten Fragestellungen in den Vordergrund,denn soweit ihre Bedingtheit nicht historischer Art ist, sollten sich einzelsprachli-che Strukturen eben als funktional oder (ob funktional oder nicht) typologischbzw. universell bedingt erweisen lassen. Mit anderen Worten: Es hilft mir zuverstehen, warum einzelsprachliche Konstruktionen so strukturiert sind, wie sie essind, wenn ich plausibel machen kann, daß die vorgefundenen Strukturen geeigne-ter sind als mögliche andere, um die jeweiligen Bedeutungen auszudrücken unddie jeweiligen kommunikativen Funktionen zu erfüllen; oder wenn ich zeigenkann, daß die fraglichen einzelsprachlichen Konstruktionen gar nicht andersstrukturiert sein könnten, ohne universelle oder sprachtypspezifische Gesetzmä-ßigkeiten zu verletzen (gleich ob diese selber funktional begründbar sind odernicht). In gewissem Sinn ist es natürlich auch verständnisfördernd, wenn ichzeigen kann, daß eine Konstruktion so ist, wie sie ist, weil sie historisch sogeworden ist; doch wird man sich hierbei nicht ohne die Berufung auf Gesetzmä-ßigkeiten des sprachlichen Wandels zufrieden geben - und damit können auch beidiesem Verstehensansatz funktionale und universelle bzw. typologische Gesichts-punkte ins Spiel kommen. Die Frage nach funktionalen, typologisch-universellenund auch historischen Bedingtheiten einzelsprachlicher Konstruktionen kann sichschließlich für die bescheidenere, nicht so sehr verstehensorientierte Zielsetzungdeskriptiver Grammatiken als fruchtbar erweisen: indem sie nämlich beiträgt zuklären, welche Beschreibungen als angemessen gelten können.

Dieser Beitrag beleuchtet einen Aspekt der Frage, warum bestimmte Artensyntaktischer Konstruktionen so strukturiert sind, wie sie es sind: die hier zurDiskussion gestellte These ist, sehr allgemein und vereinfacht formuliert, daße r w e i t e r t e und m a r k i e r t e Konstruktionen so weit wie möglich analogentsprechenden e i n f a c h e n und u n m a r k i e r t e n Konstruktionen strukturiertsind. A priori könnte man erwarten, daß sich erweiterte und markierte Konstruk-tionen beliebig und unter Umständen drastisch von den einfachen und unmarkier-ten Konstruktionen einer Sprache unterscheiden; nach unserer These der Vorbild-funktion einfacher, unmarkierter Konstruktionen (um die Motivation deren eige-ner Struktureigenschaften es uns hier weniger geht) sollte diese Erwartung aberenttäuscht werden. Soweit für die gegenwärtigen Zwecke notwendig, wird dieseThese sogleich noch erläutert. Exemplifiziert wird sie anschließend an zweideutschen (aber auch in vielen anderen Sprachen ausgeprägten) Satzkonstruktio-nen, deren für uns interessante Satzglieder einmal ein Prädikativ, das andere Malein Koprädikativ ist.1

Der aus der russischen Grammatik entlehnte Terminus ,Koprädikativ' ist für die deutscheGrammatik vielleicht ungewohnt, meines Erachtens jedoch treffender als der von Her-mann Paul (1959) bis Heidolph/Flämig/Motsch (1981) verwendete, aber auch keineswegsallgemeinverbindliche Terminus »prädikatives Attribut'. Terminologisch zeichnet .sich die

156 ZGL 13.1985, 154-185

Ein wesentlicher und einflußreicher Bestandteil der Syntax einer Sprache istdas mehr oder weniger differenzierte Inventar der einfachen und unmarkiertenKonstruktionen, auf der Phrasen- wie auf der Satz-Ebene. Im einzelnen mag dieErmittlung dieser Kernkonstruktionen nicht immer ganz unproblematisch sein(wie die einschlägige Literatur zur Genüge zeigt); ein für alle praktischen Zweckebrauchbares Resultat liefert jedoch das Ausschlußverfahren: einfache, unmar-kierte Konstruktionen sind negativ definiert als diejenigen Konstruktionen, dieweder (syntagmatisch oder paradigmatisch) erweitert noch markiert noch redu-ziert sind. Reduzierte Konstruktionen ermangeln, syntaktisch oder kontextuellsanktioniert, anderweitig obligatorischer Konstruktionsbestandteile. Syntagma-tisch erweiterte Konstruktionen enthalten fakultative Bestandteile, deren Weglas-sung zwar informationsärmere, aber sonst nicht bedeutungsveränderte, syntak-tisch jedenfalls vollständige Konstruktionen - bei Weglassung aller fakultativerBestandteile eben einfache Konstruktionen - ergibt. Außer durch ihre Fakultativi-tät zeichnen sich syntagmatisch erweiternde Bestandteile häufig noch dadurch aus,daß mehrere Instanzen der gleichen Art unkoordiniert nebeneinander in einermehr als minimal erweiterten Konstruktion vorkommen können. Paradigmatischerweiterte Konstruktionen enthalten zwar keine fakultativen Bestandteile undqualifizieren sich folglich als (syntagmatisch gesehen) einfach, erlauben jedocheine Vergleichung mit anderen Konstruktionen, die in wesentlichen Hinsichtenidentische Bestandteile besitzen, aber um mindestens einen Bestandteil wenigerkomplex sind. Von zwei (oder mehr) alternativen Konstruktionen, die im wesent-lichen den gleichen Sachverhalt ausdrücken, wird die der anderen gegenüber alsmarkiert bezeichnet, die spezifischeren Verwendungsbedingungen unterliegt (auswelchen Gründen auch immer: wegen beschränkterer Möglichkeiten der dis-kurspragmatischen Strukturierung zum Beispiel). Bei manchen Konstruktionenwird man nicht zögern, sie nicht zu den Kernkonstruktionen zu rechnen, wohlaber bei der Entscheidung, ob sie als markiert oder als erweitert zu charakterisie-ren sind. Kausativ-Konstruktionen mit morphologischer Verbmarkierung wie inDie Mutter schläfert den Säugling ein beispielsweise könnten als markiert gegen-über nicht-kausativen Entsprechungen wie Der Säugling schläft ein angesehenwerden, obwohl die ausgedrückten Sachverhalte nicht genau identisch sind; siekönnten aber auch als mindestens paradigmatische Erweiterungen davon einge-stuft werden, da die Agens-Angabe bei dem betreffenden Verb prinzipiell ver-zichtbar ist, obwohl sie andererseits aus der Kausativ-Konstruktion nicht ohne

fragliche Relation überhaupt durch große, mit beschriebenen und Beschreibungssprachenvariierende Vielfalt aus, die zudem mit einer gewissen konzeptuellen Unsicherheiteinherzugehen neigt. So sollte etwa gleich darauf hingewiesen werden, daß wir nichtnotwendigerweise alles unter den Begriff des Koprädikativs subsumieren wollen, wasmanche Grammatiker des Russischen darunter verstehen - wie z. B. Veyrenc (1980), deretwa Präpositionalphrasen wie u otca in Konstruktionen wie Uotca byla masina (bei Vaterwar Wagen) ,Vater hatte einen Wagen' als Koprädikative klassifiziert. Andererseitswerden wir später eine Weiterung des Koprädikativ-Begriffs ins Auge fassen, die inanderen Hinsichten wieder weiter geht, als sonst oft vorgesehen.

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 157

weiteres weglaßbar ist. Wenn wir von solchen Charakterisierungsproblemen beimanchen Nicht-Kernkonstruktionen absehen und reduzierte Konstruktionen ein-mal ausklammern, erlaubt unsere Konstruktionstypologie also eine vierfacheUnterscheidung (illustriert durch unkontroverse Beispiele von Aktiv-Passiv-Ent-sprechungen und fakultativen Agens- und Instrument-Angaben): nämlich zwi-schen syntagmatisch gesehen einfachen unmarkierten Konstruktionen (wie DerBauer tötet das Entchen), erweiterten unmarkierten Konstruktionen (wie DerBauer tötet das Entchen mit der Axt), einfachen markierten Konstruktionen (wieDas Entchen wird getötet) und erweiterten markierten Konstruktionen (wie DasEntchen wird vom Bauern l mit der Axt getötet). Diese Typologie läßt sich nocherweitern, wenn man syntagmatisch gesehen einfache Konstruktionen selbst alsparadigmatisch erweitert klassifizieren kann (wie etwa bei transitiven Konstruk-tionen relativ zu intransitiven).

Kernkonstruktionen sind, so unsere bereits genannte These, besonders des-halb so einflußreich, weil sich aus ihren Bauformen Beschränkungen für diemorphosyntaktischen Operationen und Bauprinzipien einer Sprache generellableiten lassen: die syntagmatisch oder paradigmatisch erweiterten oder markier-ten Konstruktionen sollen so gebaut sein, daß sie sich strukturell so eng wiemöglich an die Muster einfacher unmarkierter Konstruktionen halten, wie immerdiese in verschiedenen Sprachen aussehen mögen. Bekannte Konstruktionen, teilsbereits erwähnt, illustrieren gut diese als universell gültig unterstellte Beschrän-kung. Markierte Passiv- bzw., je nach Sprachtyp, Antipassiv-Konstruktionen sindin ihren wesentlichen Struktureigenschaften nicht innovativ, sondern kopierenvielmehr ziemlich getreu in den jeweiligen Sprachen bereits existierende unmar-kierte Konstruktionen, in der Regel einfache intransitive Aktiv-Konstruktionen.Ohne gewisse Detailunterschiede (z.B. bei der Perfekt-Bildung: ... ist getötetworden vs. ... ist groß geworden) leugnen zu wollen, orientieren sich so etwadeutsche Passiva (wie Das Entchen wird getötet) in der relationalen Struktur undKodierung und der Wortart-Gestaltung des Prädikatsteils an einfachen unmar-kierten aktiven Satzkonstruktionen mit subjektsbezüglichem adjektivischen Prädi-kativ (wie Das Entchen wird groß). Und auch subjektlose Passiva (wie Ihm wirdgeholfen) finden ein Vorbild in subjektlosen Aktiva (Ihm wird schlecht). AnalogeOrientierungen an existierenden Mustern findet man in Sprachen mit morpholo-gisch komplexen Kausativ-Verben: in ihren wesentlichen Struktureigenschaftensind Kausativ-Konstruktionen, die man (s. o.) als markiert oder erweitert ansehenmag, aber jedenfalls nicht als Kernkonstruktionen, vergleichbar mit einfachenunmarkierten Satzkonstruktionen, die morphologisch nicht komplexe transitiveoder bitransitive Verben enthalten. In paradigmatisch erweiterten transitivenSatzkonstruktionen wird die relationale Morphosyntax von intransitiven Satzkon-struktionen kopiert, insofern von den zwei Aktanten der transitiven Konstruktioneiner so konstruiert wird, z.B. was seine relationale Kodierung mittels Kasus,Kongruenz oder Position betrifft, wie der einzige Aktant von intransitiven Kon-struktionen. Analog orientieren sich paradigmatisch erweiterte bitransitive Kon-struktionen an transitiven Konstruktionen: die relationale Morphosyntax von zwei

158 ZGL 13.1985, 154-185

ihrer drei Aktanten, eventuell sogar aller drei, ist keine wesentlich andere als dieder zwei Aktanten von transitiven Verben. Zentrale Struktureigenschaften vonNominalisierungen, speziell was die relationale Morphosyntax von attributivenAktanten in syntägmatisch erweiterten Fassungen von solchen markierten Kon-struktionen betrifft (vgl. z.B. die Eroberung (der Stadt) (durch den Feind))dürften sich aus teilweise konfligierenden Vorbildkonstruktionen erklären: einfa-chen unmarkierten verbalen Konstruktionen (der Feind erobert die Stadt); eventu-ell auch demgegenüber markierten, Nominalisierungen gegenüber aber wenigermarkierten passivischen Verbalkonstruktionen (die Stadt wird (durch den Feind)erobert); einfachen oder syntägmatisch erweiterten unmarkierten (d.h. nichtnominalisierten) Nominalphrasen (die Mauer (der Stadt)).2

Selbstredend bedarf die Hypothese der Strukturbewahrung in erweitertenund/oder markierten Konstruktionen noch einer intensiven empirischen Prüfung.Weitere Präzisierungen im Zuge dieser Bewährungsprobe sind wünschenswert,manche Modifizierung vermutlich unvermeidlich. Aber auch wenn die These imPrinzipiellen bestätigt wird (woran man nicht zweifeln wird), bleiben noch Fragen:Genau welche einfachen unmarkierten Konstruktionen dienen jeweils als struktu-relle Vorbilder für erweiterte oder markierte Konstruktionen, vorausgesetzt dieVorbilder werden nicht beliebig gewählt? Und warum sollte es in der Tat eineuniverselle Beschränkung innovativer Strukturbildung in erweiterten und mar-kierten Konstruktionen geben? Man ist versucht, die Existenz der Beschränkungganz allgemein durch Ökonomiegesichtspunkte zu begründen: ökonomisch gese-hen ist ein möglichst kleines Inventar von Konstruktionstypen erstrebenswert, mitmöglichst vielseitiger Nutzbarkeit der einzelnen Bauformen. So gesehen müssenSprachen mit gänzlich eigenständigen Konstruktionstypen für erweiterte undmarkierte Konstruktionen unökonomischer erscheinen als Sprachen, deren Kern-und andere Konstruktionen im wesentlichen die gleichen Struktureigenschaftenbesitzen. Ich möchte die Stichhaltigkeit solcher ökonomischer Begründungsversu-che nicht gänzlich bestreiten; aber ich denke, Ökonomie als solche ist nicht immerein so zentraler motivierender Faktor, wie es zunächst scheinen könnte. Wennman stattdessen der ersten der eben aufgeworfenen Fragen mehr Aufmerksamkeitschenkt, so könnte es sein, daß Antworten darauf die zweite Frage gleichmitbeantworten. Das heißt: Wenn ich begründen kann, daß zum Ausdruckbestimmter Bedeutungen bzw. zur Erfüllung bestimmter kommunikativer Funk-tionen bestimmte sprachliche Strukturen besser geeignet sind als andere, undwenn eben diese Bedeutungen bzw. Funktionen in Kernkonstruktionen undgenauso oder ähnlich in markierten und erweiterten Konstruktionen realisiertwerden können, dann ergibt sich damit eine Auszeichnung der funktionstüchtig-sten gegenüber weniger funktionsadäquaten Konstruktionstypen. Diese funktio-

2 Hinweise zu solchen Beschränkungen von Passiv-/Antipassiv-Konstruktionen findet manetwa bei Herok 1985, von Kausativ-Konstruktionen bei Comrie 1976 a, von bitransitivenund transitiven Konstruktionen bei Plank 1979 a/1985 und Bossong 1980, von Nominali-sierungen bei Comrie 1976 b.

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 159

nal jeweils am besten motivierten Konstruktionstypen werden bevorzugt struktu-relle Vorbilder sein; sie werden vermutlich in ihrer strukturellen Vielfalt, alsoauch ihrer Zahl beschränkt sein - ohne daß man strukturell arbiträre, reinzahlenmäßige Beschränkungen aus Ökonomiegründen bemühen müßte. Im fol-genden werden nun Koprädikativ-Konstruktionen mittels der These von derStrukturbewahrung zu erhellen versucht, um (a) das Verständnis dieser Konstruk-tion im Deutschen zu fördern, (b) die empirische Basis unserer theoretischenHypothese zu erweitern und (c) die zuletzt angestellten Überlegungen zu funktio-nal bevorzugten Strukturierungen bestimmter Bedeutungen etwas weiterzu-spinnen.

2. Koprädikativ- Typologie

Auch wenn sich in deskriptiven Grammatiken des Deutschen und auchanderer Sprachen kaum befriedigende zusammenfassende Darstellungen der Viel-falt von Satzkonstruktionen mit Koprädikativen finden und die Abgrenzungenvon anderen Satzgliedern, speziell Prädikativen und Adverbialien, in der Regelunklar bzw. ganz außer Betracht bleiben, fehlt es allgemein nicht an Versuchen,Koprädikativ-Konstruktionen selbst in eine beschränkte Zahl von Typen zudifferenzieren.3 Als Differenzierungskriterien dienen dabei vor allem (a) die Artder semantischen Beziehungen, in denen Koprädikative stehen, (b) der pragmati-sche Status von Koprädikativen relativ zu den übrigen Satzbestandteilen, (c) dieBeziehbarkeit des Koprädikativs auf Subjekt oder Objekte, ob ausdrucksseitigmanifest (mittels Kongruenz) oder nicht, und (d) die interne Struktur des Koprä-dikativs, hinsichtlich der Wort- bzw. Phrasenart der Elemente in dieser Relationund auch der Art der Relationskodierung. Beim folgenden, recht summarischenÜberblick allein über deutsche Koprädikativ-Konstruktionen stütze ich mich aufKriterien (a), (b) und (c). Kriterium (d) wird bei dieser Typologie einfach deshalbvernachlässigt, weil ich mich für Demonstrationszwecke auf adjektivische Koprä-dikative beschränken möchte; andersartige Realisierungsmöglichkeiten derKoprädikativ-Relation werden später noch erwähnt. Worum es mir im folgendennicht geht, ist, detailliert die syntaktischen, semantischen sowie kontextuell-pragmatischen Faktoren zu erörtern, die die eine oder die andere Interpretationeiner Koprädikativ-Konstruktion verlangen bzw. (falls mehrere Interpretationeneiner Konstruktion möglich sind) ermöglichen oder favorisieren. Es werden fürjeden Interpretationstyp jeweils nur ganz wenige, möglichst repräsentative Bei-spiele gegeben. Bei aller notwendigen Differenzierung der Interpretationen, sounsere Behauptung, sollen Koprädikative syntaktisch ja eine einheitliche Relationdarstellen, auch wenn sie nicht immer ganz scharf von anderen syntaktischenRelationen abgrenzbar ist (aus guten Gründen).

Als gerade unter einem sprachvergleichenden Gesichtspunkt besonders aufschlußreichseien hier nur Green 1973 (zum Englischen und Französischen), Nichols 1978 a/b (zumEnglischen, Russischen und Finnischen) und Marko 1982 (zum Deutschen und Slowaki-schen) genannt.

160 ZGL 13.1985, 154-185

Nun aber zu unserem Versuch, den Bereich der Koprädikative möglichstangemessen zu ordnen (wobei sich in manchen Hinsichten über die Angemessen-heit sicherlich noch streiten läßt).

(A) I. a. Sport macht mich krank.Sport hält mich gesund.Sport macht dir den Sinn des Lebens klar.

b. Diese Ansichten stimmen mich bedenklich.. a. Der Sträfling kommt frei.

Er kommt mir nahe.

Beispiele des Obertyps (A) illustrieren sogleich zwei Abgrenzungsproblemevon Koprädikativen: einmal vis a vis Prädikativen, zum anderen vis a vis Wortbil-dungskonstruktionen. Koprädikative sind per definitionem syntagmatische Erwei-terungen einfacher Satzkonstruktionen, während Prädikative obligatorischeBestandteile einfacher Satzkonstruktionen sind. Obwohl Verben wie die in (A)prinzipiell ohne adjektivische Erweiterungen konstruierbar sind, machen dieAdjektive in Beispielen wie unter (A) doch nicht den Eindruck freier, beliebigweglaßbarer Erweiterungen: zum Ausdruck der fraglichen Bedeutungen bedürfendie wenigen einschlägigen Verben vielmehr adjektivischer Ergänzungen (oderauch der Ergänzung durch Präpositionalphrasen: z. B. Sport hält mich bei Gesund-heit). Bei strikterer Handhabung des Fakultativitätskriteriums hätten wir in (A)also keinen Typ von koprädikativen Konstruktionen zu sehen, sondern schlichtAdjektive in prädikativer Funktion, vergleichbar den obligatorischen Ergänzun-gen der prototypischen Kopula-Verben (wie in Er nennt mich krank, Er wirdkrank). Mit geleitet durch häufig bevorzugte Zusammenschreibungen (etwa beiklarmachen, klarlegen, saubermachen, sauberhalten, nahe-lfrei-lloskommen u.dgl.) könnte man desweiteren in Kombinationen von Adjektiven und Verben wieunter (A) eher lexikalische als syntaktische Konstruktionen vermuten, und folg-lich hier auch keine eigentlich syntaktischen Relationen wie Prädikativ oderKoprädikativ anerkennen. Wenn man allerdings die Trennungslinie zwischensyntaktisch frei bildbaren und lexikalisch einzeln zu listenden Adjektiv-Verb-Kombinationen so zieht, daß das Kriterium ist, ob Form und Bedeutung vonKombinationen sich regelhaft aus Form und Bedeutung der kombinierten Teileergibt oder nicht, bleiben auch bei Zusammenschreibung viele der einschlägigenKombinationen des Typs (A) in der Domäne der Syntax: nur mehr oder wenigerdeutlich idiomatisierte Bildungen (wie z.B. klarkommen im Unterschied zufreikommen, jemanden freihalten im Unterschied TM jemandem einen Stuhl freihal-ten) wären dann in der Domäne des Lexikons, und somit verfügbar ohne dasOperieren syntaktisch-semantischer Bildungsregeln. Im übrigen: Die These derStrukturbewahrung beansprucht Geltung für syntaktisch wie morphologisch kom-plexe Konstruktionen; man vergleiche obige Illustration mittels morphologischerKausativ-Verben. Demnach sollten Konstruktionen mit (eventuell lexikalisierten)Verb-Adjektiv-Komposita eben in ihren Struktureigenschaften Konstruktionenmit einfachen Verben nacheifern.

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 161

In einer Hinsicht ähneln die Beispiele des Obertyps (A) jedoch eher typi-schen Koprädikativ- als Prädikativ-Konstruktionen, ausgeprägter vielleicht beiden Untertypen mit objektsbezüglichem Adjektiv (I) als bei Subjektsbezug (II):die kompakten Ein-Satz-Konstruktionen, bei denen Verb und Adjektiv durchkeine Satzgrenze getrennt sind, lassen sich durch semantisch explizitere Satzge-füge paraphrasieren. Als charakteristisch für den Obertyp (A) erweist sich dabei,daß die Adjektive Resultatszustände der Objekts- bzw. Subjektsreferentenbezeichnen, die durch genannte (I, eventuell auch ) oder ungenannte (II) kausalwirkende oder auch nur bedingende Faktoren herbeigeführt sind, wobei dieVerben der kompakten Konstruktionen keine spezifischen Modi des Bewirkensoder Bedingens bezeichnen, sondern fast schon den Status allgemeiner kausativerHilfsverben besitzen. Das in den folgenden Paraphrase-Schemata unter (A')bevorzugte Verb bewirken kann entsprechend durch alternative allgemeine Kau-sativa (wie verursachen, bedingen, dazu beitragen, machen) ersetzt werden.

(A') I. a. NPo u. bewirkt, daß (NP. A \ NP . ADJ KOPULA , xv ' Subj v indirObf dirObj werden/bleiben/(sein)b. NPc u. bewirkt, daß NP _. ADJ geVERBt KOPULA

Subj dirObj & werden. Etwas/jemand bewirkt, daß NPc . (M> ) ADJ KOPULA

Subj Obj iwerden/sein

Zur Erläuterung der schematischen Schreibweise hier noch eine Paraphrasenach (A' I a) ganz in Prosa: Sport bewirkt, daß dir der Sinn des Lebens klar wird.

Im Hinblick auf die Allgemeinheit oder Spezifizität der kausativen Verbenunterscheidet sich der Obertyp (A) denn auch vom folgenden, unzweifelhaftkoprädikativen Typ.

(B) I. a. Die Schwester pflegt den Patienten gesund.Sie zieht ihm die Bettdecke glatt.

b. Der Medizinmann betet den Kranken gesund.Die Gläubigen beten sich die Knie wund.

II. b. Der Redner schreit sich heiser.

Die Adjektive in koprädikativer Relation bezeichnen wieder bewirkte oderbedingte Resultatszustände, entweder des Objektsreferenten (I) oder des Sub-jektsreferenten (II, mit obligatorischem Reflexiv). Die Untertypen (a) und (b)sind danach differenziert, ob die Bezugsphrase des koprädikativen Adjektivs ohnedie Erweiterung um dieses Adjektiv mit dem Verb kompatibel wäre (a) oder nicht(b, *Der Medizinmann betet den Kranken, *Die Gläubigen beten sich die Knie,*Der Redner schreit sich). Charakteristisch für alle Spielarten des Obertyps (B)sind jedenfalls die spezifische Modi des Bewirkens oder Bedingens bezeichnendenVerben, die mit Adjektiven in kompakten Ein-Satz-Konstruktionen kombiniertsind. Die Art der semantischen Beziehungen, in denen die Koprädikative hierstehen, läßt sich durch diese weniger kompakten, komplexere Satzgefüge involvie-renden Paraphrasen explizieren:

162 ZGL 13.1985, 154-185

(B') I. a. NP bewirkt, daß (NP ) NP ._ ADJ KOPULAv J Subj v indirObj' dirObj werdenindem NP NP VERB

Subj dirObjb. NP bewirkt, daß (NP ) NP ADJ KOPULA

Subj indirObj dirObj werdenindem NP VERBSubj

. b. NP bewirkt, daß NP ADJ KOPULASubj Subj werden

indem NP VERBSubj

Auch hier zur Verdeutlichung noch einmal eine Prosa-Paraphrase: DieSchwester bewirkt, daß der Patient gesund wird, indem sie ihn pflegt (B' I a). DasVerb der Koprädikativ-Konstruktion erscheint in diesen Paraphrasen im amtiefsten eingebetteten adverbialen Nebensatz, der modaler oder instrumentalerArt ist und die Begleitumstände oder die Art und Weise spezifiziert, wodurchunmittelbar das durch das koprädikative Adjektiv bezeichnete Resultat gezeitigtwird. Alternativ könnte man auch in Erwägung ziehen, die Bedeutungsbeziehungzwischen Verb und resultativem Koprädikativ als konsekutiv und/oder final zuinterpretieren, wie in den folgenden Paraphrasen angedeutet:

(B") I. a. NP VERB NP , bis/damit NP ADJ KOPULASubj dirObj dirObj sein/werden

b. NP VERB, bis/damit NP . ADJ KOPULASubj dirObj sein/werden

II. b. NP VERB, bis NP ADJ KOPULASubj Subj sein/werden

'Man beachte, daß sich die instrumental/modal-kausalen (B') und die final/konsekutiven (B") Paraphrasen dahingehend unterscheiden, daß im hypotakti-schen Satzgefüge entweder das koprädikative Adjektiv dem Verb übergeordnet ist(B') oder das Verb dem Adjektiv (B"). Und in der Tat scheint es beim Obertyp(B) schwer entscheidbar, welcher seiner prädizierenden Bestandteile - das Verboder das Koprädikativ - informationsmäßig gewichtiger ist. Ebenso schwierigbzw. unberechtigt erscheint es, Beispielssätze des Typs (B) eindeutig in assertierteund präsupponierte Bestandteile zu zerlegen: die üblichen Tests der Frage (Hatdie Schwester den Patienten gesund gepflegt?) und der Negation (Die Schwester hatihn nicht gesund gepflegt, neutral intoniert) weisen nicht durchgehend eindeutigepragmatische Statusunterschiede auf, sondern deuten eher auf eine prinzipielleAssertierbarkeit beider prädizierender Ausdrücke hin (Die Schwester pflegt denPatienten und er wird (infolgedessen) gesund). Wenn etwas als assertierter Infor-mationsschwerpunkt ausgezeichnet ist, dann am ehesten noch die kausale Bezie-hung als solche.

Zu Thema (B) gibt es Variationen. Fälle wie das Glas leer trinken, wiewohlnicht genau dem Interpretationsschema (B'/B" la) entsprechend, da das direkteObjekt in der Koprädikativ-Konstruktion streng genommen nicht als Objekt desVerbs in den Paraphrasen fungiert (nicht das Glas, sondern sein Inhalt wirdgetrunken!), wird man ohne weiteres als minimal abweichende Varianten einesder Untertypen von (B) gelten lassen. Kritischer sind Fälle wie jemanden totsagen,eine Erinnerung wachrufen, jemanden krank schreiben, jemanden schuldig spre-

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 163

chen, wo zwar kausal-resultative Interpretationen am Platz sind (und nicht unbe-dingt sonderlich idiosynkratische, relativ zu den Eigenbedeutungen der betreffen-den Verben und Adjektive), wo jedoch die Verben kaum Paraphrasierungenmittels instrumentaler oder modaler Nebensätze zulassen (vgl. mit (B' I a) "bewir-ken, daß eine Erinnerung wach wird, indem man sie ruft; mit (B' Ib) *bewirken,daß jemand als tot gilt, indem man sagt oder * bewirken, daß jemand als krank gilt,indem man schreibt). Man wird solche Beispiele infolgedessen vielleicht eher demTyp (A I a) zuordnen wollen bzw. darin Übergangsformen an der (fließenden)Grenze zwischen den Obertypen (A) und (B) sehen können.

Anders als bei den bisherigen Typen ist das (ko-)prädikätive Adjektiv bei denfolgenden nicht mehr resultativ zu interpretieren.

(C) I. Der Suchtrupp fand den Vermißten quicklebendig/weinend.Der Gast trinkt das Bier lauwarm.Der Ober bringt dem Gast das Bier lauwarm.

II. Der Kanzler zeigt sich kostümiert/lachend.Er erläutert (den Journalisten) seine Politik kostümiert.Er rief (mich) erregt an.

Bei diesem Obertyp ist das Adjektiv unzweifelhaft eine frei (und allein)weglaßbäre syntagmatische Erweiterung. Und hier läßt sich auch die andereeingangs erwähnte typische Eigenschaft fakultativer Elemente demonstrieren:Elemente der gleichen Art können unkoordiniert mehrfach in einer Konstruktionvertreten sein. Auch wenn unkoordinierte Kombinationen von Koprädikativendes genau gleichen Typs kaum besonders gute Noten verdienen (vgl. z.B. DerSuchtrupp fand den Vermißten verschüttet ??(und) halbtot, mit zwei Instanzen desTyps (CI)), sind Koprädikative als solche doch kombinierbar, wobei unterschied-liche Typen in der Tat nicht koordinierbar sind: vgl. etwa Der Gast trank das Bierstehend (CII) (*und) lauwarm (CI); Der Redner schrie sich erregt (CII) (*und)heiser (B lib); Die Gläubigen beteten sich sündenbeladen (C ) die Knie unbedeckt(C I) wund (B Ib). Die Beziehung des Koprädikativs zur Rest-Prädikation ist beiObertyp (C) temporaler oder eventuell auch konzessiver Natur, wie in denfolgenden Zwei-Satz-Paraphrasen expliziert:

(C') L NP KOPULA ADJ, als NP (NP ) NP . VERBv ' dirObj sein ' Subj v indirObj' dirObjII. NP KOPULA ADJ, als NP (NP ) (NP )/(sich) VERB

Subj sein ' Subj v indirObj' v dirObj' v '(C') L NP VERB (NP ) NP , als/obwohl NP ADJ KOPULAv ' Subj v indirObj dirObj dirObj sein

II. NP VERB (NP ) (NP )/(sich), als/obwohl NP ADJ KOPU-T ÄSubj v indirObj' v dirObj7 v " SubjLA .

seinIst das koprädikative Adjektiv ein imperfektivisch-aktivisches Partizip,

erscheint in den Paraphrasen statt ,KOPULA . ADJ' die entsprechende Verb-form: also z. B. Der Vermißte weinte (*war weinend), als der Suchtrupp ihn fand.Paraphrasen nach Schema (C') scheinen im allgemeinen angemessener als solchenach Schema (C'): das Hauptgewicht der Information, die solche Koprädikativ-Sätze übermitteln, liegt auf dem prädizierenden Bestandteil mit dem koprädikati-ven Adjektiv, nicht so sehr mit dem Verb, wodurch eher eine zeitliche Situierung

164 ZGL 13.1985, 154-185

vorgenommen wird; und wie neutral intonierte Fragen und Negationen bezeugen,ist das koprädikative Adjektiv eher als Prädikat einer Assertion und das Verb eherals Prädikat einer Präsupposition zu verstehen. Diesen bevorzugten pragmati-schen Statuszuweisungen entspricht strukturell die Position des Adjektivs in densyntaktisch weniger kompakten, semantisch dafür expliziteren Paraphrasen: es istTeil eines Satzes, der dem verbhaltigen adverbialen Nebensatz übergeordnet ist.Aber wie gesagt, diese Gewichtungen dürften zwar stark bevorzugt sein, ihreAlternativen, den Paraphrase-Schemata (C") entsprechend, kategorisch auszu-schließen, wäre vielleicht übertrieben restriktiv.

Auch bei Typ (C) gibt es Grenzfragen. Die Unterscheidung von prädikativenKonstruktionen der Art Ich finde unseren Kanzler attraktiv oder Der Kanzler zeigtsich liberal fällt noch relativ leicht, und entsprechend prägnant sind auch diesbe-zügliche Ambiguitäten wahrnehmbar (wie etwa bei Die Journalisten fanden denKanzler unvorbereitet oder Der Kanzler zeigte sich unvorbereitet). Bei Verben mitBedeutungen wie »empfinden als* oder ,sich erweisen als* können Adjektive, diedie Wahrnehmungs- oder Empfindungsqualitäten näher charakterisieren, nur alsobligatorische Ergänzungen, nicht als freie Erweiterungen gelten, und entspre-chend unangebracht sind Paraphrasen nach den Schemata (C'/C") (* Unser Kanz-ler ist attraktiv, als ich ihn finde; *Der Kanzler zeigt sich, als er liberal ist u. dgl.).Zumindest bei Objektsbezug erscheint die Abgrenzung zu einem vermutlichweiteren Typ von Koprädikativ-Konstruktion problematischer. Bei Beispielen wieunter (D I) werden Paraphrasen nach den Schemata (C' I) oder (C" I) zunehmendabwegiger:

(D) I. Ich sah den Kanzler kostümiert. (Er war kostümiert, als ich ihn sah / Ich sahihn, als / obwohl er kostümiert war)

Ich fand den Käfig offen, (analoge Paraphrasen explizieren nur eine dermöglichen Bedeutungen: nämlich die, daß eine Suche nach dem Käfigstattfand)

Ich fand die Vögel ausgeflogen. (*Die Vögel waren ausgeflogen, als ich siefand / *Ich fand die Vögel, als l obwohl sie ausgeflogen waren)

Analog manifestiert sich die Entfernung von Typ (C) in der Ersetzungimperfektivisch-aktivischer Partizipien durch Infinitive, die wir damit auch alsmögliche Realisierungen der hier zur Debatte stehenden syntaktischen Relation inBetracht zu ziehen hätten: vgl. z. B. Ich sah den Kanzler lachend (gut nach C' Ioder C' I interpretierbar) vs. Ich sah den Kanzler lachen. Als weniger kompakteParaphrasen denkt man bei solchen Abweichungen von Typ (C), im Einklang mitTransformations- und anderen Grammatikern (z.B. Jespersen 1924: 122), anSatzgefüge mit Objektsätzen:

(D') I. NP VERB m r , daß NP,. . ADJ KOPULA .x ' Subj Wahrnehmung/Empfindung dirObj sein

Damit würden Beispiele wie unter (D I) in die Nähe prädikativer Konstruk-tionen gerückt, die analog paraphrasierbar erscheinen (vgl. Ich finde, daß unserKanzler attraktiv ist); und es würde dem Wahrnehmungs-/Empfindungsverb, dankseiner Hauptsatz-Position, das Gewicht eines Bestandteils der Haupt-Assertion

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 165

beigemessen. In beiderlei Hinsicht erscheinen mir deshalb Paraphrasen nachSchema (D' I) nicht optimal. Es scheint mir notwendig, typische Prädikativ-Konstruktionen wie Ich fand unseren Kanzler attraktiv von vielleicht nicht ganz sotypischen Koprädikativ-Konstruktionen wie Ich fand das Nest leer l die Vögelausgeflogen (Ich empfand das Nest als leer l *die Vögel als ausgeflogen) zudifferenzieren; und es scheint mir empirisch angebrachter, in Beispielen wie unter(D I) in den Adjektiven die Prädikate der informationsmäßig gewichtigstenAssertion zu sehen. Aber für den gegenwärtigen Zweck sei es bei der provisori-schen Identifizierung eines weiteren Typs von Koprädikativ-Konstruktionen be-lassen.

Einer anderen Grenze zu Typ (C) nähern wir uns, wenn wir quantifizierendeAdjektive betrachten. Bei Adjektiven wie in Die Wallfahrer pilgerten zahlreich/vereinzelt nach Altötting scheinen Paraphrasen nach (C' II) noch gangbar (DieWallfahrer waren zahlreich?vereinzelt, als sie nach Altötting pilgerten); doch manhat leicht den Eindruck, daß der Ansatz einer temporalen Beziehung zwischenKoprädikativ und Rest-Prädikation eine Überinterpretation darstellt, die vermie-den werden kann, wenn man solche koprädikativen Adjektive bzw. besser nochdie Rest-Prädikationen einfach durch Relativsätze paraphrasiert (Die Wallfahrer,die nach Altötting pilgerten, waren zahlreich l Die Wallfahrer, die zahlreich waren,pilgerten nach A.). Sinngetreuer als generell sonst bei Typ (C) lassen sich solchequantifizierenden Koprädikative vielleicht auch durch attributive Adjektive wie-dergeben (Die zahlreichen Wallfahrer pilgerten nach Altötting). Es gibt nun aberquantifizierende Elemente in typisch koprädikativer Position4, die sich noch vielweniger nach den Schemata (C'/C") deuten lassen:

(E) I. Der Kanzler dankte den Ministern allen l beiden l allen beiden.Der Kanzler entließ die Minister alle l beide l alle beide.

II. Die Minister lachten alle l beide l alle beide.Man beachte, daß die Elemente in koprädikativer Position - anders als

unsere bisherigen koprädikativen Adjektive - flektieren, d. h. mit ihrem Bezugs-nominal in Kasus und Numerus kongruieren. (In auf den ersten Blick vergleichbarerscheinenden Beispielen wie Der Kanzler dankte den Ministern einzeln(*en) istdie Bezugsphrase wohl eher verbal als nominal.) Anders als unsere bisherigenKoprädikative erfüllen die fraglichen Elemente in (E) auch weniger eine prädizie-rende als vielmehr eine quantifizierende, speziell eine kollektivierende Funktion.Und obwohl gelegentlich versucht wurde, quantifizierende Ausdrücke unter dieprädizierenden zu subsumieren, wirken prädikative Paraphrasen zu (E) sprachlichdoch sehr gekünstelt, gleich ob nach dem Muster von (C) (*Die Minister warenalle, als sie lachten) oder nach dem Muster von quantifizierenden Adjektiven wiezahlreich (*Die Minister, die lachten, waren alle). Analog typischen Koprädikati-

4 Worin sich diese Elemente morphosyntaktisch im Detail von prototypischen Adjektivenunterscheiden, braucht uns hier nicht zu beschäftigen. Im übrigen vergleiche man Pinkster1983, wo abgedriftete Quantoren (im Lateinischen) ausdrücklich als Koprädikativebehandelt werden.

166 ZGL 13.1985, 154-185

ven sind die Quantoren in (E) zweifellos fakultative syntagmatische Erweiterun-gen (Der Kanzler dankte den Ministern; Die Minister lachten); doch es scheint, daßman solchen erweiterten Konstruktionen besser Rechnung tragen kann, wennman sie darüberhinaus - anders als die bisherigen Koprädikativ-Konstruktionen -auch als markiert analysiert, und zwar als markierte Varianten der entsprechen-den um Quantoren in adnominaler Position erweiterten Konstruktionen:

(E') I. NPSub. VERB [QUANT NP]Qb.II. [QUANT NP] u. VERB ...

Subj

Für den markierten Status von Konstruktionen mit abgedrifteten Quantorenspricht einiges: (a) sie sind in ihrem pragmatischen Ausdruckspotential beschränk-ter, insofern als der Informationsschwerpunkt nur - oder jedenfalls bevorzugt -auf dem quantifizierenden Ausdruck, aber nicht auf seinem Bezugsnominal liegenkann (vgl. Alle Minister lachten l Alle Minister lachten vs. Die Minister lachtenalle l *Die Minister lachten alle); (b) nicht alle, ja nicht einmal alle kollektivie-renden Quantoren erlauben ein Abdriften (vgl. Sämtliche Minister lachten l DieMinister lachten sämtlich(*e); Das ganze Kabinett lachte l *Das Kabinett lachteganz[e]); (c) die syntaktischen Relationen, von denen Quantoren abdriften kön-nen, sind beschränkt (vgl. Der Kanzler lachte lauter als alle Minister l'... lachtelauter als die Minister alle; Die Gattinnen aller Minister lachten l *Die Gattinnen derMinister lachten aller), wiewohl in der Regel nicht ganz so stark wie die Relationender Nominale, auf die die bisherigen Typen von Koprädikativen beziehbar sind(vgl. etwa mit indirektem Objekt als gut / nicht so gut möglichem BezugsnominalDer Kanzler erläuterte den Journalisten beiden l konsterniert seine Politik). AnPunkt (c) läßt sich gleich noch eine Differenz zu unseren bisherigen Koprädikati-ven anschließen: deren Stellungpotential scheint etwas vielfältiger als das abge-drifteter Quantoren zu sein (vgl. z. B. Die Minister beantworteten (lachend/beide)den Journalisten (lachend/beide) eine Frage (lachend/*beide)).

Alles in allem sind quantifizierende Elemente wie unter (E) also keineprototypischen Fälle von Koprädikativen im bisherigen (eher impliziten) Sinn,immerhin aber doch ziemlich koprädikativ-ähnlich. Bei Beispielen wie unter (F)wird man nun vermutlich noch mehr zweifeln, ob es sich dabei um einen weiterenTyp von Koprädikativ-Konstruktionen oder um eine andere Art von Konstruktionhandelt.

(F) I. Appenzeller begegneten wir keinem/einem.Appenzeller trafen wir viele/keine/manche/einige/mehrere/die meisten.

II. Appenzeller kam keiner l einerlein einziger.Appenzeller kamen viele/keine/manche/einige/mehrere/die meisten.

Insofern die Elemente in koprädikativer Position wieder eher quantifizierendals prädizierend und folglich meist nicht sonderlich natürlich nach (CYC") prädika-tiv paraphrasierbar sind (vgl. etwa Die Appenzeller waren bewaffnet/" viele/*diemeisten, als sie kamen), insofern sie auch in Kongruenz mit ihrem Bezugsnominalflektieren und insofern die sie enthaltenden Konstruktionen schließlich ausgespro-chen markiert wirken, könnte man daran denken, den in (F) illustrierten Kon-

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 167

struktionstyp mit Typ (E) zu identifizieren. Doch das hieße, gravierende Unter-schiede zu übersehen. Erstens ist Typ (F) in der Tat nicht auf rein quantifizierendeAdjektive beschränkt: vgl. Appenzeller kamen solche und solche l bewaffnete undunbewaffnete. Zweitens sind die Adjektive bei Typ (F) keine beliebig weglaßbarensyntagmatischen Erweiterungen: ohne diese Adjektive sind singularische Bezugs-nominalphrasen unvollständig, da indefinit und eines entsprechenden Artikelsbedürfend (* Appenzeller kam), und ohne diese Adjektive kann die gegebeneSatzglied-Anordnung kaum so beibehalten werden (?? Appenzeller trafen wir;

Appenzeller kamen). Drittens scheinen bei Typ (F) sowohl Adjektiv als auchsein Bezugsnominal obligat kontrastiv betont und an die Position nach finitemVerb und invertiertem Subjekt oder später bzw. an die Anfangsposition im Satzgebunden zu sein (vgl. * Viele kamen Appenzeller; *Es kamen Appenzeller viele;*Wir begegneten Appenzellern vielen); der doppelte Kontrast bei einem Beispielwie Appenzeller kamen viele erlaubt die Inferenz, daß Nicht-Appenzellernicht so zahlreich kamen (dazu gleich mehr). Diesen drei Unterschieden zu Typ(E) sowie der Flektiertheit der Adjektive bei (F) und dem Eindruck der Markiert-heit dieser Konstruktionen trägt man geeignet Rechnung, wenn man Konstruktio-nen von Typ (F) als durch Nominal-Topikalisierung (anstatt Adjektiv- Abdriften)zustandekommende, pragmatisch markierte Varianten von Konstruktionen mit(syntagmatisch erweiternden) attributiven Adjektiven analysiert, deren Bezugs-nominale dabei weder kontrastiv noch überhaupt topikalisch sind:5

(F) I.NPSubjVERB[ADJN]ob.II. Es VERB [ADJ N].

Aus welchen Relationen Nominale topikalisiert werden können, unterliegtwieder Beschränkungen: Subjekte (F II), direkte, indirekte und eventuell auchoblique Objekte (F I; Appenzellern haben wir vielen die Hand geschüttelt; ? MitMinistern haben wir vielen diskutiert) lassen diese Art Topikalisierung zu, Attri-bute z.B. in der Regel nicht (Die Gattinnen vieler Minister kamen l * Ministerkamen die Gattinnen vieler; vgl. aber ähnliche Topikalisierungen wie Appenzellerkamen die merkwürdigsten Typen neben attributiv-artigen Strukturen wie Eskamen die merkwürdigsten Typen von Appenzellern).

Präziser noch als durch (F') lassen sich die Quellen unserer topikalisiert enKonstruktionen durch partitive Strukturen wiedergeben. Als selbst nominalisierteFormen hätten die Adjektive darin nicht mehr den Status syntagmatischer Erwei-

5 Man beachte jedoch, daß in Fällen wie Appenzeller kam (k)einer die Flexionsform desAdjektivs nicht die gleiche ist, die bei attributiver Verwendung stünde (Es kam (k)einAppenzeller). Damit die Analyse nach (F') komplikationslos funktioniert, müßte diesemFlexionsunterschied noch irgendwie Rechnung getragen werden, z. B. durch Blockierungder sonst ,normalen' Endung bei attributiver Verwendung von (k)ein.

168 ZGL 13.1985, 154-185

terungen.6 Was als syntagmatische Erweiterung in der partitiven Struktur aufzu-fassen ist, ist prinzipiell offen: entweder das in (F) topikalisierte Nominal (P) oderVerb bzw. Subjekt und Verb der topikalisierten Konstruktion (F'").

(F") I. NP VERB [ADJnom von denen, die N KOPULA lv ' Subj L seinJObj. Es VERB [ADJnom von denen, die N KOPULA ]1 seinJSubj

(F") I. [ADJnom von denen, die NP VERB] KOPULA Nv ' l · ' Subj J sein. Es KOPULA [ADJnom von denen, die VERB] N

sein

Der doppelte Kontrast in den topikalisierten Konstruktionen (F) deutetdarauf hin, daß dabei in der Tat beide partitiven Strukturen gleichzeitig realisiertwerden. Appenzeller kamen viele scheint ja, im Unterschied zu Es kamenviele Appenzeller und Es kamen viele Appenzeller, sowohl zu besagen, daßviele von den Appenzellern kamen (P II), als auch, daß viele von denen, diekamen, Appenzeller waren (F' II). Analog legt eine Äußerung wie Appenzel-ler trafen wir keinen sowohl den Schluß nahe, daß wir keinen von denAppenzellern trafen ( ), als auch den, daß keiner von denen, die wir trafen,Appenzeller war (P' I). Vorsichtshalber war eben die Rede von „besagen" und„den Schluß nahelegen" anstatt verbindlicher von „assertieren" oder „präsuppo-nieren". Doch scheint diese begriffliche Unentschiedenheit gar nicht unange-bracht: hierin liegt vielmehr eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit der Topikali-sierungskonstruktionen (F) mit den typischen Koprädikativ-Konstruktionen, beidenen ebenfalls semantisch-pragmatisch unterschiedlich strukturierbare komplexeKonstruktionen (dort jeweils prädizierender Art, hier prädizierender und partiti-ver Art) in Form von nicht-komplexen Satzkonstruktionen - eben mit Koprädika-tiv - realisiert werden können.

In noch einer anderen Richtung liegt ein weiteres nicht gerade übersichtlichesGrenzgebiet von Prototyp (C). Beispiele wie Mona Lisa lächelt stumm fallen beieiner Interpretation - mit Subjekt als der Bezugsphrase des koprädikativenAdjektivs - relativ unstreitig unter den Typ (C II); die andere Interpretation - mitdem Verb als Bezugsphrase des Adjektivs - dagegen verbietet eine temporale undverlangt eine eher modale Paraphrasierung: nicht Mona Lisa, sondern die Art undWeise ihres Lächelns ist demnach stumm. Die Relation von Adjektiven mitverbalem Bezug und mit modaler Interpretation wird häufig als Adverbial anstattals (Ko-)Prädikativ angesetzt; ob zu Recht oder Unrecht, wird in § 4 noch kurz

6 Damit erledigte sich auch das in Fn. 5 angesprochene Flexionsproblem von selbst: dieNominaHsierungsform von (k)ein ist eben (k)eine(r).? Sollte in der Tat ein leichterAkzeptabilitätsunterschied bestehen bei Appenzeller l' Deutscher kam keiner, so würdeihn die partitive Analyse gewisserweise verständlich machen: Je nach Analyse nachSchema (F' II) (Es kam keiner von den Deutschen) oder Schema (F" II) (Es war keinervon denen, die kamen, Deutscher) ist das schließlich topikalisierte Substantiv pluralischoder singularisch, was in der morphosyntaktischen Realisierung in koprädikativ-ähnlicherKonstruktion zu einem Konflikt führen mag - der bei Appenzeller nicht entsteht, weil hierSingular- und Pluralform identisch lauten.

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 169

überlegt.7 Es sind aber Beispiele wie die folgenden, die mir dem Prototyp (C II)noch etwas näher zu stehen scheinen:

(G) II. Die Minister traten massenhaft/widerwillig/unbewußt zurück.

(G') II. Es geschah ADJ, wie/daß NP . VERB ...Subj

Mir scheint, Adjektive wie die in (G) sind - anders als z. B. stumm - nichtalternativ entweder nach Schema (C' II) (eventuell auch C' II) oder nach (G' II)interpretierbar, also in dieser Hinsicht ambig, sondern in ihrem Bezug (nominaloder verbal) und in ihrem semantischen Verhältnis zur Rest-Prädikation (tempo-ral oder modal) eher vag, d. h. nicht eindeutig auf die eine oder andere Interpreta-tion festlegbar. Die Verwendung von Adjektiven mit einer derartigen lexikali-schen Bedeutung in einer Konstruktion wie (G II) verpflichtet jedenfalls nichtdazu, sich festzulegen, ob die betreffenden Eigenschaften nun Individuen oderVorgängen zugeschrieben werden, wozwischen man sich bei expliziteren Para-phrasen unvermeidlich entscheiden muß.

Die Beispiele unter (H) illustrieren einen insgesamt eher marginalen, abersonst wieder untadeligen und relativ eigenständigen (obwohl dem Typ (C) nichtganz unähnlichen) Typ von Koprädikativ-Konstruktionen:

(H) I. Ich kenne unseren Parteivorsitzenden (nur) nüchtern/lachend.Ich erinnere mich seiner/an ihn bartlos.

II. Unser Vorsitzender lebt nüchtern/bartlos in unserer Erinnerung fort.

Will man die semantischen Beziehungen solcher koprädikativer Adjektiveexpliziter formulieren, muß man wohl zu Satzgefügen mit Vergleichssätzen und,ihnen untergeordnet, konditionalen oder temporalen Nebensätzen greifen:

(H') I. NP VERB(-sich) NP/PräpP ., wie NP/PräpP KOPULA ,v ' Subj v ' * Obj r Obj sein'wenn/als NP/PräpP u. ADJ KOPULA,

Obj (gewesen) seinII. NPe . VERB ..., wie NPc u KOPULA, x ,

Subj Subj (gewesen)seinwenn/als NP .ADJ KOPULA

Subj (gewesen)sein

Selbstredend sind imperfektivisch-aktivische Partizipien in der Koprädikativ-Relation wieder durch die entsprechenden finiten Verbformen paraphrasierbar(also Ich kenne unseren Vorsitzenden (nur), wie er ist, wenn er lacht/*lachend ist).Auch bei Typ (H) geben die Paraphrasen strukturell nicht gut wieder, daß es eherdas koprädikative Adjektiv als das Verb ist, das in der kompakten Ein-Satz-Fassung die Haupt-Assertion darstellt.

Kennzeichnend für den letzten unzweifelhaft (nur) syntagmatisch erweitertenKonstruktionstyp mit Koprädikativ ist die einfache konditionale Beziehung zwi-

Hier bzw. auch unter der Rubrik »Quantoren-Drift* könnte man auch Elemente wie alleinoder selbst einordnen (Der Kanzler (allein/selbst) kam (allein/selbst)); vgl. zu Syntax,Semantik und Pragmatik speziell von selbst Plank 1979 b/c, Edmondson/Plank 1978.

170 ZGL 13.1985, 154-185

sehen Koprädikativ und Rest-Prädikation, mit der für Konditionalgefüge typi-schen Verteilung der pragmatischen Gewichtung zwischen Protasis und Apodasis:

(I) I. Kenner trinken/bevorzugen Weizenbier lauwarm/schäumend.

II. Weizenbier schmeckt (dem Kenner) (nur) lauwarm.

( ) I. NP VERB NP , wenn NP ADJ KOPULASubj dirObj dirObj sein

II. NP VERB (NP ), wenn NP ADJ KOPULASubj v Obj7 Subj sein

Alternativ mögliche Paraphrasen durch Satzgefüge mit einem finalen Neben-satz würden, dank der Plazierung des koprädikativen Adjektivs im Hauptsatz, diepragmatische Zentralität dieser Konstituente vielleicht besser widerspiegeln:

(T) I. NPJ soll/muß ADJ KOPULA , damit NP NP VERBv ' dirObj sein Subj dirObjII. NP soll/muß ADJ KOPULA , damit NP (NP ) VERB

Subj sein Subj v Obj'

Auch hier gilt wieder, daß statt ,ADJ KOPULA' in den Paraphrasen ernefinite Verbform steht, wenn das Koprädikativ ein imperfektivisch-aktivischesPartizip ist.

Trotz mancher Ähnlichkeiten (nicht zu Unrecht deshalb die gemeinsameBehandlung bei Jespersen 1924: 123 ff. unter der Rubrik ,Nexus4) rechne ichabsolute, oft partiziphaltige Konstruktionen - wie z.B. Wir schlafen mit demFenster offen l geöffnet; Wir erhoben uns, die Gläser geleert - nicht zu denKoprädikativen. Ihre oberflächensyntaktische Konstituentenstruktur ist deutlichverschieden: die Bezugsnominal- bzw. -präpositionalphrasen von adjektivischenFormen in absoluten Konstruktionen bilden mit diesen zusammen eine Konstitu-ente, die dann relativ frei verbale Hauptsätze erweitern kann, während Koprädi-kative keine oberflächensyntaktischen Kokonstituenten ihrer Bezugsausdriickesind (auch wenn man sie in abstrakteren syntaktischen Repräsentationen sokonstruieren könnte - bei Typ (D) zumindest), sondern autonom als Konstituen-ten von Verbalphrasen (eher als von Sätzen) fungieren. Aus ähnlichen Gründensind auch appositive Adjektivphrasen, mögen sie von ihren Bezugsausdrückenauch stellungsmäßig getrennt stehen (wie z. B. in Schmutzig ausgeflickt (,) schei-nen sich die grauen Mauern zu neigen, als Stellungsvariante von Die grauenMauern, schmutzig ausgeflickt, scheinen sich zu neigen), von Adjektiven in derKoprädikativ-Relation zu unterscheiden - was nicht heißt, daß es keine Grenzfällebzw. auch strukturelle Ambiguitäten gäbe. Daß Adjektive in attributiver Relationund in koprädikativer Relation voneinander zu unterscheiden sind, braucht hiernicht weiter begründet zu werden. Worauf aber doch hinzuweisen ist, sindmögliche Berührungspunkte zwischen den beiden Relationen, die dadurch Zustan-dekommen, daß einige Adjektive im Deutschen unflektiert nach Substantivenstehen können. Diesbezügliche Ambiguitäten sind meist kontextuell auflösbar(wie z. B. bei Der Papst sprach/kannte meinen Mann selig; Er aß die Forelle blau/Er aß Forelle blau), jedoch nicht immer (z. B. Er trinkt Whisky pur).

Was mir weiterer Überlegung wert scheint, ist die Frage, ob man Koprädika-tive nur in syntagmatisch erweiterten unmarkierten Konstruktionen (sozusagen

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 171

dem Prototyp) und eventuell in markierten syntagmatisch erweiterten Konstruk-tionen (E, F) anerkennen soll oder auch in syntagmatisch einfachen markiertenKonstruktionen. Die Kandidaten für eine solche Interpretation ihrer adjektivi-schen Bestandteile kämen wohl vorwiegend aus dem Bereich von Diathese-,Aspekt- und ähnlichen grammatisierten Oppositionen. Unter (J) ist eine Auswahleventuell einschlägiger Satzmuster zusammengestellt, mit den schematisch ange-deuteten unmarkierten Gegenstücken unter (J').

(J) La. Der Patient hat/bekommt den Kopf verbunden.b. Meier kriegt den Wagen repariert.c. Der Kanzler hat den Terminkalender voll.d. Der Kanzler hat es schwer l warm.

II. Ein Vöglein kommt geflogen.(V) L a. Jemand hat geVERBt/VERB NP0* NP^

Subj dirObjb. Jemand VERB NP5** für NP

dirObj Subjb'. NPc bewerkstelligt, daß NP NP VERB

Subj 6 ' Subj dirObjc. NPnom NPf n KOPULA ADJ

dirObj Subj seind. Es KOPULA ADJ für/bei NP

sein Subj. NP nähert sich VERBend

Subj

VERB in (J' I a/b/b') und (J' II) steht für die Verbform, die den Partizipien inden markierten Satzmustern entspricht. Die Obligatheit der adjektivischen Kon-struktionsbestandteile bei (J) spricht natürlich eher für eine prädikativ-artigeInterpretation.

3. Prädikativ als Vorbild

Das in unserem Zusammenhang bemerkenswerteste Fazit, das man aus demÜberblick in Abschnitt 2 ziehen kann, ist dieses. Eine Vielzahl verschiedenstersemantischer Beziehungen zwischen Prädikationen, eventuell auch von Beziehun-gen zwischen Prädikationen und Quantifizierungen, mit unterschiedlichen prag-matischen Gewichtungen der prädizierenden und eventuell quantifizierendenBestandteile der komplexen Strukturen, läßt sich in einer einzigen Nicht-Kern-konstruktion (d. h. primär einer syntagmatisch erweiterten, eventuell auch mar-kierten Konstruktion) ausdrücken, mit einer einheitlichen syntaktischen Struktur:

Um die wesentlichen Struktureigenschaften dieser semantische und pragma-tische Unterschiede neutralisierenden Ein-Satz-Konstruktion noch ausdrücklichzu nennen: (a) das Adjektiv in koprädikativer Relation ist typischerweise unflek-tiert, außer in den eventuell ohnehin nicht ganz einschlägigen Spezialf allenabgedrifteter Quantoren und nominalisierter Nuklei partitiver Strukturen; (b) esist prädizierend oder eventuell quantifizierend entweder auf den Subjektsreferen-

172 ZGL 13.1985,154-185

ten (unsere Untertypen II) oder, falls vorhanden, den Objektsreferenten (Unter-typen I) zu beziehen, in Spezialfallen (G) in uneindeutiger Weise eventuell auchauf das Verb; (c) das koprädikative Adjektiv ist oberflächensyntaktisch eineKonstituente der Verbalphrase, wobei seine Assoziation mit dem Verb selbst jenach Typ enger (z. B. bei (B I b): [jemanden] [gesund beten]) oder lockerer (z. B.bei (B I a): [jemanden] [gesund] [pflegen]) sein mag (es als unmittelbare Konstitu-ente von Sätzen zu analysieren scheint weniger einleuchtend, wenn auch beieinzelnen Typen nicht ganz ausgeschlossen); (d) die Konstruktion mit Koprädika-tiv ist die eines nicht-komplexen Satzes, ohne interne Satzgrenze zwischen Verbund koprädikativem Adjektiv, nicht die eines Satzgefüges; (e) das koprädikativeAdjektiv ist fakultativ, eine syntagmatische Erweiterung also.

Diese einheitliche syntaktische Realisierung vielfältiger semantisch-pragmati-scher Strukturen, die uns überhaupt erst zur Anerkennung einer genuin syntakti-schen Kategorie - hier der Relation ,Koprädikativ' - berechtigt, ist deskriptivenSyntaktikern nicht entgangen, zumal sie sich ähnlich ausgeprägt in den verschie-densten Sprachen findet. Green (1973) beispielsweise sieht hierin einen Fall von,target*-Strukturen: oberflächensyntaktische Ziel-Muster, die auf den verschie-densten (transformationellen) Wegen und von den verschiedensten (tiefenstruktu-rellen) Ausgangspunkten her gesucht und gefunden werden, als ob alles sichverschworen hätte, der Erreichung dieses einzigen Ziels zu dienen. Explanativgesehen leistet diese Metaphysik von »targets' und jConspiracies4 nichts, da ja nichtmehr geschieht, als das fragliche Phänomen zu beschreiben und mit einem Etikettzu versehen. Unsere eingangs formulierte These von der Strukturbewahrungermöglicht uns demgegenüber einen Schritt in erklärender Richtung, indem sieuns zu fragen nötigt, ob die betreffende ,Ziel'-Konstruktion strukturell beliebig,d. h. auch beliebig verschieden von anderen Konstruktionen der jeweiligen Spra-che ist. Als syntagmatisch erweiterte, eventuell auch markierte Konstruktionsollte sie das, unserer These gemäß, eben nicht sein. Es ist leicht zu sehen, daß siedas in der Tat auch nicht ist: die Struktureigenschaften von Koprädikativ-Kon-struktionen sind im wesentlichen die gleichen wie die von Prädikativ-Konstruktio-nen, fürs Deutsche hier noch durch ein paar Standardbeispiele illustriert.

(K) I. Meier nennt/heißt/schimpft/findet Mair affektiert.

H. Der Kanzler ist/wird/bleibt/scheint/zeigt sich/dünkt sich/stellt sich/verhält sichliberal.

Wie bei typischen Koprädikativ-Konstruktionen haben wir in Sätzen desObertyps (K) (a) unflektierte Adjektive in weder attributiver noch appositiverFunktion, (b) die prädizierend auf Subjekt (K II) oder Objekt (K I) beziehbarsind, mit gelegentlich unscharfer Abgrenzung zu einer B^ziehbarkeit auch auf dasVerb (vgl. z. B. sich liberal verhalten), und (c) die Konstituenten der Verbalphrasedarstellen, (d) ohne vom-Verb durch eine interne Satzgrenze getrennt zu sein. ImPrinzip ähnlich sind auch die formalen und semantischen Abhängigkeiten prädika-tiver und koprädikativer Adjektive von den regierenden Verben: die Verbenbestimmen mehr oder weniger entscheidend mit, welches lexikalische Material die

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 173

Prädikativ- und die Koprädikativ-Relation ausfüllen kann. Nur bei Punkt (e) hörtdie Übereinstimmung auf: prädikative Adjektive sind obligate Bestandteile syn-tagmatisch nicht erweiterter (noch markierter) Konstruktionen.

Akzeptiert man, daß Koprädikativ-Konstruktionen die Struktureigenschaf-ten haben, die sie nach unserer Beschreibung haben, weil sie sich am Vorbild vonPrädikativ-Konstruktionen orientieren, so lassen sich eine Reihe ihrer Regularitä-ten als automatische Folgerungen ableiten, die bei einer Einschätzung dieserKonstruktionen als strukturell eher beliebige ,targets' alle als mehr oder wenigerzufällige Eigenschaften eigens konstatiert werden müßten.

(l a) Wenn ein Adjektiv koprädikativ verwendbar ist, kann es auch prädika-tiv verwendet werden (aber nicht notwendigerweise auch umgekehrt). Adjektive,die generell oder mit bestimmten Bedeutungsnuancen auf attributiven Gebrauchbeschränkt sind, sind demnach nicht in Koprädikativ-Konstruktionen zu erwarten(also Adjektive wie in ärztliche Behandlung, wahrer Freund, starker Raucher,himmlischer Vater, linke Ideologen: *Die Freunde sind/scheinen wahr, *Ich bevor-zuge Freunde wahr u. dgl.).

(l b) Aus (l a) folgt, daß wenn eine Sprache keine prädikative Verwendungvon Adjektiven kennt, diese Sprache auch keine Koprädikativ-Konstruktionenaufweisen wird. Nach Dixon (1977: 50f.) können im papuanischen Hua und imdravidischen Telugu Adjektive nur attributiv verwendet werden; und in denBeschreibungen dieser Sprachen von Haiman (1980) und Lisker (1963) finden sichin der Tat keine Konstruktionen, die Koprädikativ-Konstruktionen, wie sie inSprachen verschiedenster Typen geläufig sind, vergleichbar wären.

(l c) Für die Ausbildung von Wortarten folgt aus (l a), daß die Kategorie,Adjektiv', wenn sie einzelsprachlich überhaupt ausgeprägt ist, eher in prädikati-ver als in koprädikativer Funktion differenziert sein wird. Verallgemeinert könnteman sagen, daß morphosyntaktische Kategorisierungen von Wortarten stärkerund prägnanter in obligatorischen als in fakultativen Konstituenten, also inKernkonstruktionen eher als in erweiterten Konstruktionen erfolgen.8

(2) Als Verallgemeinerung von (1) ergibt sich: Wenn eine Phrasenart inkoprädikativer Relation verwendbar ist, kann sie auch in prädikativer Relationverwendet werden (aber nicht notwendigerweise auch umgekehrt). Also sollenkeine Phrasenarten in koprädikativer Relation konstruierbar sein, die nicht auchim strukturellen Vorbild der prädikativen Relation möglich sind, ohne daßnotwendigerweise jede in prädikativer Relation mögliche Phrasenart auch koprä-dikativ erscheinen müßte. Das Deutsche (und analog die anderen dahingehendüberprüften Sprachen) erfüllt diese Erwartung perfekt. Neben adjektivischenPhrasen (oben illustriert durch einfache Adjektive) erlaubt die Prädikativ-Rela-tion noch die Ausfüllung durch quantifizierende Ausdrücke (z. B. Wir sind viele l

8 Vgl. genereller zu diesem Aspekt der Wortarten-Differenzierung Plank 1984 a.

174 ZGL 13.1985, 154-185

schon alle), durch Nominalphrasen (z.B. Der Kanzler ist ein Bonvivant, Meiernennt Mair einen Effekthascher), durch undeterminierte Nomina (z.B. Kohl-schmidt bleibt Kanzlert Wir betrachten ihn als Kanzler), durch Präpositionalphra-sen einschließlich durch als und wie eingeleitete nominale oder adjektivischePhrasen (z. B. Sie waren zu zweit, Er ist bei bester Gesundheit, Der Kanzler gilt alsein Liberaler l als liberal, Meier hält Mair für den Kanzler l für affektiert), durchAdverbien (z. B. Er ist hier oder, falls man wohl als Adverb kategorisieren will,Mir ist nicht wohl) und eventuell auch durch Infinitiv-Phrasen (z.B. DiesesErgebnis ist zu schaffen, Das bleibt abzuwarten), wobei die Auswahl unter diesenAlternativen zum Teil durch das Kopula-Verb der Prädikativ-Konstruktion einge-schränkt ist. Neben adjektivischen und quantifizierenden Phrasen erlaubt auch dieKoprädikativ-Relation noch die Ausfüllung durch Präpositionalphrasen ein-schließlich durch als und wie eingeleitete nominale oder adjektivische Phrasen(vgl. (C) Sie erreichten das Ziel zu zweit l bei bester Gesundheit, (B) Der Rednerschrie sich in eine Ekstase, (C) Der Ober bringt dem Gast das Bier in einer Tasse,Sie entließen ihn als gesund, (H) Meier lebt als Bartträger in unserer Erinnerungfort, (I) Kenner bevorzugen Weizenbier in der Tasse), durch Adverbien (z. B. (B)Er betet sich hinauf, (C) Wir fanden ihn oben), eventuell marginal auch durchNominalphrasen (z. B. Ich fand ihn ein Häufchen Elend, falls akzeptabel und nachSchema (C'/C") oder wie die Beispiele unter (D) interpretierbar) und durchInfinitiv-Phrasen (Ich sah den Kanzler lachen, falls als Koprädikativ-Typ (D)interpretierbar). Auch hier wieder schränken die Verben die Auswahl unterdiesen alternativen Realisierungsmöglichkeiten zum Teil ein. Man sieht, diePhrasenarten in koprädikativer Relation sind eine Teilmenge der in prädikativerRelation möglichen - also eine Auswahl gemessen am Vorbild, keine Erweiterungoder irgendwie geartete Innovation.

(3) Wenn grammatische Mittel zur Kodierung der koprädikativen Relationverwendet werden, müssen sie auch zur Kodierung der prädikativen Relation zurVerfügung stehen. Kongruenz, wiewohl im Deutschen ein Kodierungsmittel füreine durch Adjektive ausfüllbare syntaktische Relation - die des Attributs -, wirdnicht (mehr) zur Kodierung prädikativer Adjektive genutzt, und ebensowenig zuder koprädikativer Adjektive, die sich auch in dieser Hinsicht also getreulich nachihrem Vorbild richten. In diachronischer Sicht ist es entsprechend kein Zufall, daßdie ursprünglich mögliche Kongruenzmarkierung koprädikativer Adjektive mitder prädikativer Adjektive aufgegeben wurde. Unter (2) schon genannt sind diepräpositionalen und präpositionsähnlichen (als, wie) Kodierungsmittel der Prädi-kativ- und parallel dazu der Koprädikativ-Relation. Die nominativische (Ich binein Berliner), akkusativische (Meier nennt Mair einen Exzentriker, niederdeutschauch Der Kanzler ist einen starken Mann) und genitivische (Meier ist guterHoffnung l des Teufels) Kasus-Kodierung von Prädikativen findet dagegen keineEntsprechung bei Koprädikativen, einfach weil kasus-markierbare Phrasenartenin dieser Relation nicht (bzw. kaum) repräsentiert sind. Wenn in einer SpracheKoprädikative kasus-markierbar sind, würden wir wieder die gleichen Kasus odereine Auswahl der Kasus zu ihrer Kodierung erwarten, die auch Prädikative

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 175

kodieren, nie eine Erweiterung oder ganz andere Kasus; man vergleiche dasFinnische zur Bestätigung dieser Erwartung.9

(4) Wenn eine grammatische Relation als Bezug für Koprädikative möglichist, müssen auch Prädikative auf Phrasen in dieser Relation beziehbar sein. Inunserem Überblick hatten wir fürs Deutsche jeweils Untertypen je nach Bezug deskoprädikativen Adjektivs auf direkte Objekte (I) oder Subjekte (II) differenziert;und damit scheint in der Tat das Potential zulässiger Bezugsrelationen vonKoprädikativen schon fast erschöpft. Wie Konstruktionsalternativen der folgen-den Art demonstrieren, sind Konstruktionen mit auf oblique Objekte (Adver-biale) bezügliche Koprädikative unter solchen Umständen unakzeptabel: MeineFans schicken mir massenhaft Briefe unfrankiert (C I) - * Meine Fans beschickenmich mit Briefen unfrankiert. Die bevorzugten, wenn nicht sogar allein möglichenInterpretationen von Beispielen wie Die Schergen brachten dem Kanzler denGefangenen unausgeschlafen (C) oder Mair schoß dem Nachbarn den Kanarienvo-gel tot (B) demonstrieren den Vorrang direkter vor indirekten und ähnlichenObjekten als Bezugsphrasen für Koprädikative: Bezug auf den Nutznießer/Geschädigten bei Typ (B I) steht außer Frage, Bezug auf das indirekte Objekt beiTyp (C I) bzw. (G) wird spontan kaum hergestellt, ist vielleicht aber marginalmöglich (vgl. auch Er zwang mir den Köter widerwillig auf, wo zum Bezug aufsindirekte Objekt durch den Kontext sogar eingeladen wird). Bezug auf verbregiertdativische Objekte scheint etwa bei Typ (C I) möglich, wenn auch nicht ersteWahl: vgl. Das Schlußlicht unterlag dem Tabellenführer auch ersatzgeschwächt, wodas Weltwissen eher das Dativ-Objekt zum Bezug des Koprädikativs ersatzge-schwächt prädestinieren sollte, aber dennoch das Subjekt bevorzugt wird. Wenneine nicht-akkusativische Objekt-Markierung verbregiert ist, scheint ein Koprädi-kativ prinzipiell jedenfalls auf solche Objekte beziehbar (vgl. noch Man half ihmerst halbtot (C), Ich erinnere mich seiner / an ihn bartlos (H)). AttributiveNominale scheinen generell als Bezugsphrasen zumindest von adjektivischenKoprädikativen unakzeptabel (vgl. *die Erinnerung an ihn bartlos, *die Bevorzu-gung des Biers lauwarm, *die Pflege des Patienten durch die Schwestern gesund).Das Spektrum möglicher Bezugsphrasen von Koprädikativen wird jedoch inPassiv-Konstruktionen erweitert, denn hier ist unschwer ein Bezug auf obliqueObjekte, auch oberflächensyntaktisch unausgedrückte, möglich: vgl. etwa Inunseren Stadien wird sich jetzt wieder jeden Samstag heiser geschrien (B), DiePolitik wurde den Journalisten vom Kanzler kostümiert erläutert (C), Die Maian-dacht wird von den Gläubigen leider nicht mehr zahlreich/allen besucht (C/E). ImLicht der behaupteten Vorbildfunktion von Prädikativ-Konstruktionen nimmtdiese Beschränkung der Beziehbarkeit von Koprädikativen nicht wunder: auchPrädikative lassen sich im Deutschen nur auf Subjekte, direkte Objekte undregierte nicht-akkusativische Objekte (vgl. Mir ist/wird schlecht) und eventuellauch auf in der Regel implizite (jinan') oblique Objekte im Passiv (vgl. Heutzutagewird wieder katholisch geblieben und sich konservativ gezeigt) beziehen.

Vgl. dazu kurz Jespersen 1924: 183, Nichols 1978 a: 123.

176 ZGL 13.1985, 154-185

(5) Wenn ein Typ von Satzkonstruktion Koprädikative zuläßt, muß er auchPrädikative zulassen, aber nicht notwendigerweise auch umgekehrt. Diese Vor-aussage läßt sich im Deutschen an der Unterscheidung von »unpersönlichen4,subjektlosen und persönlichen*, subjekthaltigen Konstruktionstypen illustrieren:beide lassen Koprädikative wie auch Prädikative zu (vgl. die eben erwähntenPassivsätze; Ihn fror stocksteif (Koprädikativ-Typ B) - Ihm war/wurde schlecht;?Es dunkelte kohlrabenschwarz, ?Es regnete sich patschnaß (Typ B?)). Wasebenfalls unserer Voraussage entsprechen würde, wäre ein Muster mit Prädikati-ven in persönlichen und unpersönlichen Satzkonstruktionen, mit Koprädikativenaber nur in einem der beiden Konstruktionstypen - wie z. B. im Lateinischen, woadjektivische Koprädikative in unpersönlichen Konstruktionen vermieden zuwerden scheinen (vgl. Pinkster 1983: 203).

Zentrale Struktureigenschaften von Koprädikativ-Konstruktionen sind alsonicht beliebig, da nicht einzigartig: Koprädikative teilen ihre Struktur weitestge-hend mit Prädikativen, so wie auch andere erweiterte oder genereller Nicht-Kernkonstruktionen ihre Struktur mit einfachen bzw. Kernkonstruktionen derjeweiligen Sprache teilen. Aber diesem ersten Schritt in eine erklärende Richtungmuß noch ein zweiter folgen. Wenn ich verstehen will, warum Koprädikativ-Konstruktionen so strukturiert sind, wie sie es sind, genügt es nicht, eine andereKonstruktion als strukturelles Vorbild auszumachen; es gilt außerdem noch zubegründen, warum gerade die Kernkonstruktion mit Prädikativen - und nicht einex-beliebige andere - universell als Vorbild geeignet sind. Beim folgenden Begrün-dungsversuch liegt das Hauptaugenmerk auf unseren prototypischen Koprädi-kativ-Konstruktionen.

Betrachtet man die konstitutiven Bestandteile von Koprädikativ-Konstruk-tionen (also ein Verb, ein oder zwei Aktanten in Subjekts- und Objektsrelationen,eine Adjektiv- oder Präpositionalphrase mit prädizierendem oder eventuell quan-tifizierendem Bezug auf einen der Aktanten), so dürfte die Zahl geeigneterVorbilder aus dem Inventar der Kernkonstruktionen nicht gerade Legion sein.Man könnte fast zu schließen geneigt sein, daß sich ohnehin kaum eine andereKernkonstruktion als die mit Prädikativ als Vorbild anbietet, wenn der Inhalt vonKoprädikativ-Konstruktionen in einem Satz, also nicht in Satzreihen oderSatzgefügen, ausgedrückt werden soll. Aber gerade in dieser Bedingung verbirgtsich das wahre Explanandum. In der Tat muß der Inhalt wenigstens der unzweifel-haft syntagmatisch erweiterten Koprädikativ-Konstruktionen ja nicht notwendi-gerweise in nicht-komplexen Sätzen ausgedrückt werden: es stehen wenigerkompakte, dafür aber semantisch weit explizitere Ausdrucksalteraativen zurVerfügung, nämlich die Satzgefüge mit ein- oder zweifach eingebetteten adverbia-len und vielleicht anderen (vgl. Typ D) Nebensätzen, die oben zur Differenzie-rung unserer Koprädikativ-Typen genutzt wurden. Akzeptiert man, daß unter deneinfachen, unmarkierten Ein-Satz-Konstruktionen praktisch nur prädikativartigeals strukturelle Vorbilder für erweiterte Koprädikativ-Konstruktionen in Fragekommen, so bleibt damit noch zu begründen, warum überhaupt kompakte, abersemantisch relativ unexplizite Ein-Satz-Konstruktionen alternativ zu syntaktisch

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 177

weniger kompakten, semantisch aber expliziteren Satzgefügen für den Ausdruckder fraglichen Inhalte in Gebrauch sein sollten. Die im folgenden kurz skizzierteBegründung dafür ist funktional: Satzgefüge sind unter gewissen kommunikativenUmständen (nämlich wo es primär auf semantische Explizitheit ankommt) durch-aus geeignete Ausdrucksmittel für solche (mindestens) zwei Prädikationen invol-vierenden Bedeutungen; unter anderen, geläufigeren kommunikativen Umstän-den (wo soviel an Explizitheit ausreicht, daß Bedeutungen in ihrem Kontext ohneallzu großes Risiko annähernd erschließbar werden) sind sie es nicht, speziellangesichts der pragmatischen Kontur der fraglichen Bedeutungen.10

Berücksichtigt man die Bedingungen der Informationsverarbeitung durchmenschliche Organismen, wird man den Satz kaum als arbiträre formale Einheitansehen können. Viele Details offen oder vage belassend, wird man davonausgehen können, daß es bestimmte kommunikative Funktionen und Bedeutun-gen gibt, denen mittels der Einheit des nicht-komplexen Satzes der kongeniale,prototypische Ausdruck verliehen wird. Das heißt, daß es auch Funktionen undBedeutungen geben wird, deren Ausdruck typischerweise nicht mehr durch eineneinzigen nicht-komplexen Satz bewältigt wird. Dies sollte jedenfalls durch eineneinzigen nicht-komplexen Satz geleistet werden, und scheint mir auch das zu sein,was prototypisch von dieser Einheit geleistet wird: eine Handlung, einenVorgang, ein Ereignis usw., kurz eine Situation darzustellen, und zwar in ihrensozial-normativen sowie psychisch-physischen Bedingtheiten, und sie temporal,lokal, personal-sozial und epistemisch in der Sprechsituation zu verankern. (Fürunsere Zwecke genügt es, nur die Darstellungsfunktion von sprachlichen Einhei-ten wie Sätzen zu berücksichtigen.) Um dem Vorwurf der Zirkularität zu begeg-nen, daß nämlich eine Situation andererseits als das aufgefaßt würde, zu dessenDarstellung ein nicht-komplexer Satz ausreicht, sollte diese Einheit so weit undpräzis wie möglich außersprachlich charakterisiert werden, als eine natürlicheEinheit der menschlichen Perzeption, Kognition und Imagination, auch wenn mandem sprachlichen Ausdruck von Situationswahrnehmungen und -empfindungenals wichtigem Indiz dabei doch Beachtung schenken wird. Womit man rechnensollte, ist, daß die Individuierung von Situationen nicht absolut ist, sondern jenach Darstellungsperspektive und Darstellungszweck verschieden ausfallen mag:was unter den einen Umständen als einzige, wenn auch sehr komplexe Situationwahrgenommen, erfahren und dargestellt wird, kann unter anderen Umständenals Folge mehrerer, entsprechend weniger komplexer Situationen repräsentiertwerden. Es mag kulturspezifisch variieren, wie komplex einzelne Situationenmaximal sein können; es scheint jedenfalls sprachtypspezifisch variabel zu sein,welcher Grad an Situationskomplexität in nicht-komplexen Sätzen bewältigt wer-den kann oder normalerweise bewältigt wird. Nicht jede Sprache erlaubt alsoz. B., die Vielzahl der Aspekte einer Situation in einem einzigen nicht-komplexen

10 Vgl. Plank 1981/1983/1984 b zu einer analogen Begründung der Struktureigenschaften vonAuxiliaren, wobei ebenfalls die Aufhebung von Unterordnungsbeziehungen in Satzgefü-gen, oft den historischen Quellen von auxüiarhaltigen Sätzen, im Mittelpunkt steht.

178 ZGL 13.1985, 154-185

Satz darzustellen, die in einem deutschen Satz wie Um Mitternacht tötete der Bauerhinter der Scheune bei Vollmond mit Hilfe eines Komplizen mit einer Axt aus Racheseinem Nachbarn trotz heftiger Gewissensbisse ein Entchen thematisiert werden.11

Und auch in Sprachen mit hoher zulässiger Nominal-Dichte (wie dem Deutschen)werden in normaler Konversation in der Regel weniger Aspekte von Situationenin nicht-komplexen Sätzen thematisiert: je komplexer die Situation, desto wahr-scheinlicher dürfte die alternative Konzeptualisierung als Situationsfolge sein unddesto wahrscheinlicher ist sicher die Wahl einer sprachlichen Darstellung mittelsanderer Einheiten als der des nicht-komplexen Satzes, also mittels Satzgefügenund Satzreihen.

Eine wesentliche Randbedingung für die Abgrenzung und Individuierungvon Situationen dürfte die Einheit von Ort, Zeit und Beteiligten (speziell Perso-nen und Dingen) sein: Was am gleichen Ort (bzw. in einem Raumkontinuum) undzur gleichen Zeit (bzw. in einer ununterbrochenen Zeitphase) stattfindet undworan die gleichen Personen oder Dinge (oder vergleichbar konzeptualisiertenEntitäten) beteiligt sind - bzw. was so wahrgenommen oder empfunden wird -,das kann als eine Situation aufgefaßt werden und prinzipiell seine sprachlicheDarstellung in e inem nicht-komplexen Satz finden. Was nun in Koprädikativ-Konstruktionen dargestellt werden kann, erfüllt ziemlich mustergültig diese Rand-bedingungen, und dürfte auch im Einklang mit weiteren Kriterien zur Individu-ierung von Situationen sein. Obwohl zwei prädizierende Ausdrücke kombiniertsind, von denen jeder für sich eine eigene Situation identifizieren könnte (zumin-dest bei den Typen (B)-(D), (H) und (I)), sind sie jeweils eng miteinanderverknüpft, (1.) dadurch, daß die Referenten, über die zweierlei prädiziert wird,zumindest zum Teil identisch sind; (2.) dadurch, daß die Geltungen der zweiPrädikationen zeitlich genau koinzidieren (Typen (C), (D), (H), (I) und teils auch(J)) bzw. in unmittelbarer zeitlicher Folge stehen (bei den resultativen Typen (B)und evtl. (A)); (3.) wohl auch dadurch, daß ihre örtlichen Geltungsbereiche,soweit überhaupt thematisiert, identisch sind. Neben den referentiellen, zeitlichenund örtlichen Verknüpfungen der Prädikationen sind noch weitere gegeben, undzum Teil sogar primär thematisiert: Kausal-TFinalzusammenhänge zwischen ver-baler und Adjektiv-/Präpositionalphrasenprädikation, eventuell mit instrumenta-ler oder modaler Schattierung, bei den Typen (B) und (A) und Zusammenwirkenvon verbaler und Adjektiv-TPräpositionalphrasenprädikation zum Ausdruck per-sönlich-subjektiver Erfahrungen und individueller Wahrnehmungen bei denTypen (C), (D), (H) und (I).12 Verbindungen von separaten und je vollständigenund autonomen Sätzen, mit deutlicher Signalisierung der Satzgrenze, scheinenkaum der optimale Ausdruck für Prädikationen in solch engen Bedeutungszusam-

11 Vgl. zum typologischen Parameter der Nominal-Dichte kürzlich Munro/Gordon 1982:§4.3.

12 Vgl. die detaillierte Diskussion des letzteren Zusammenhangs in seiner Bedeutung speziellfür Typ (D) im Englischen bei Borkin 1973.

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 179

menhängen, unterstellt man unserer Korrelation von Situation und Ein-Satz-Konstruktion und unseren Kriterien der Situationsindividuierung einige grund-sätzliche Plausibilität.

Wenn die Unterscheidung von Haupt- und Nebensätzen ein arbiträressprachliches Strukturierungsprinzip wäre, könnte man an der Unterordnung vonadjektivischen unter verbale Prädikationen und umgekehrt in den semantischexpliziten Satzgefügen, die oben zur Paraphrasierung von Koprädikativ-Konstruk-tionen verwendet wurden, kaum Anstoß nehmen. Aber das ist sie natürlich nicht.Wiewohl vielgeschmäht, ist die vielberufene Maxime »Hauptsachen in Haupt-sätze, Nebensachen in Nebensätze4 im Grund schon zutreffend. In keiner Sprachewerden Hauptsachen ausnahmslos in Hauptsätzen, Nebensachen ausnahmslos inNebensätzen übermittelt werden: typischerweise aber eben schon; typischerweiseHauptsachen in Nebensätzen zu übermitteln und Nebensachen in Hauptsätzen, isteine in keiner Sprache bevorzugte Strategie. Die Kritik an der Maxime beziehtsich oft auch eher auf die vage Begrifflichkeit, zum Teil zu Recht, nicht aber, wennihre Brauchbarkeit für praktische Zwecke bestritten werden soll. Im Spannungs-feld zwischen Hauptsatz und nicht mehr satzhafter Satzkonstituente läßt sich dieKategorie des Nebensatzes als zwar satzhafte, aber doch möglichst vieler Haupt-satz-Privilegien ermangelnde Konstituente strukturell einigermaßen brauchbarcharakterisieren, wenn auch mit unscharfen Rändern (wie so viele sprachlicheKategorien). Von Art und Gewicht ihrer kommunikativen Relevanz her solltenauch die Begriffe von Haupt- und Nebensachen handhabbar gemacht werdenkönnen. Im jeweiligen Kontext werden sich z. B. Haupt- und Vordergrundsinfor-mationen, die im Zentrum der momentanen Aufmerksamkeit stehen und denFortschritt des Diskurses befördern, von Neben- und Hintergrundsinformationenunterscheiden lassen, die eher Kommentierungs- und Situierungsfunktionen erfül-len und eher retardierend wirken. Und in diesem Rahmen fügt sich vor allem auchdie Unterscheidung von Assertion (typisch die Hauptsache) und Präsupposition(die Nebensache par excellence) ein.

So gesehen stellt sich die Frage, ob das, was bei expliziten Formulierungender uns interessierenden Bedeutungsbeziehungen zwischen Prädikationen (also inden Paraphrasen der prototypischen Koprädikativ-Konstruktionen) jeweils inHauptsätze zu stehen kommt, tatsächlich die kommunikative Hauptsache dar-stellt, mit den jeweiligen Nebensatz-Inhalten als kommunikativen Nebensachen.Im Überblick über die Kopräcükativ-Typen wurde wiederholt darauf hingewiesen,daß gerade in dieser Hinsicht die Crux der Paraphrasen liegt. Bei den Typen (B)und (I) sind alternative Paraphrasen nicht ausgeschlossen, wobei je nach Interpre-tation der semantischen Beziehungen zwischen Verb und Koprädikativ verbalesoder adjektivisches Prädikat im Satzgefüge strukturell übergeordnet erscheint(vgl. Die Schwester bewirkt, daß der Patient gesund wird, indem sie ihn pflegt (B')vs. Die Schwester pflegt den Patienten, bis!damit er gesund wird (B"); Kennerbevorzugen Weizenbier, wenn es lauwarm ist ( ) vs. Weizenbier soll/muß lauwarmsein, damit Kenner es bevorzugen (P)). Ähnlich steht bei Typ (C) der bevorzugtenParaphrase mit adjektivischem Prädikat im Hauptsatz eine semantisch nicht sehr

180 ZGL 13.1985, 154-185

verschiedene Alternative mit umgekehrter Unterordnung zur Seite (Das Bier istlauwarm, als es der Gast trinkt (C') vs. Der Gast trinkt das Bier, als/ob wohl eslauwarm ist (C')). Bei den Typen (D) und (H) schließlich verbannen die nahelie-gendsten Paraphrasen die kommunikativ gewichtigeren adjektivischen Prädikatio-nen an den strukturellen Ort, der für Nebensachen prädestiniert ist, während dieverbalen Prädikationen, die lediglich epistemische Bedingtheiten spezifizieren,strukturell den Rang von Hauptsachen erhalten (vgl. Ich fand, daß die Vögelausgeflogen waren (D'), Ich kenne unseren Vorsitzenden, wie er ist, wenn ernüchtern ist (H'))· Alles in allem sind also die in prototypischen Koprädikativ-Konstruktionen komprimierten Bedeutungsbeziehungen zwischen Prädikationenin ihrer pragmatischen Konturierung nicht von der Art, daß ihnen der Ausdruck indeutlich unterordnenden Satzgefügen strukturell am angemessensten wäre. Auchwenn Satzgefüge mögliche Ausdrucksformen dafür sind, falls die Bedeutungsbe-ziehungen als solche explizit gemacht werden sollen, haben sie den Nachteil, denSprecher zu Entscheidungen über strukturell bedingte pragmatische Gewichtun-gen zu zwingen, denen er vielleicht besser - und mit guten Gründen - aus demWeg gehen möchte.

Mehr-Satz-Konstruktionen mit deutlichen Satzgrenzen zwischen autonomenEinzelsätzen und mit ausgeprägter Unterordnung der Einzelsätze untereinanderhaben, so ist zusammenzufassen, Struktureigenschaften, die den auszudrückendenBedeutungen und den pragmatischen Gewichtungen ihrer Teile nach Maßgabeallgemeiner Kriterien bevorzugter Korrelationen von syntaktischen Strukturenund Bedeutungen bzw. kommunikativen Funktionen nicht sonderlich angemessensind. Bleibt als optimaler Ausdruck der durch erweiterte Ein-Satz-Konstruktio-nen, der alle Angemessenheitskriterien erfüllt. In Anbetracht der Präsenz vonVerben und Adjektiven bzw. Präpositionalphrasen als zentralen Bestandteilen derzu kombinierenden Prädikationen bietet sich, falls in einer Sprache vertreten, eineeinfache Ein-Satz-Konstruktion mit zentralen Bestandteilen ebenderselben Artals strukturelles Vorbild an: die Prädikativ-Konstruktion. Im Vergleich mit densemantisch expliziteren Satzgefügen fällt dem komprimierten Ausdruck in Ein-Satz-Konstruktionen einiges an semantischem Material zum Opfer: wenn Prädika-tiv-Konstruktionen das strukturelle Muster abgeben, (a) die wiederholte Nennungvon an mehr als einer Prädikation beteiligten Referenten, (b) die Kopula-Verbender adjektivischen oder präpositionalphrasenhaltigen Prädikation(en), (c) dieSpezifizierungen der semantischen Relationen zwischen den Prädikationen (mit-tels Konjunktionen). Gerade diese Verluste sind jedoch zu verschmerzen, jageradezu willkommen. Es ist ja die Einheit der Referenten und der Zeit, die diePrädikationen zu einer Situation zusammenfassen läßt, deren adäquater Aus-druck eine Ein-Satz-Konstruktion ist; und Ausdrücke für potentiell nicht-identi-sche Referenten (extra Nominalphrasen) und für potentiell divergierende Zeit-Referenz (Kopula-Verben als Tempus-Träger) sind somit strukturell eher hinder-lich. Und was die Spezifizierung der semantischen Relationen zwischen denPrädikationen betrifft, so kann sie im Bedarfsfall ja durch explizite Satzgefügegeleistet werden; wären sie andererseits nicht mit einiger Sicherheit kontextuell

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 181

erschließbar, entfiele damit eine kommunikative Voraussetzung für die Möglich-keit der strukturellen Komprimierung.

Eine funktionale Begründung dafür, daß auch die vermutlich weniger proto-typischen bzw. zweifelhaften Koprädikativ-Konstruktionen mit Quantoren-Drift(E) und Doppel-Kontrast und partitiver Interpretation (F) ausgerechnet wieeinfache, unmarkierte Prädikativ-Konstruktionen realisiert sind und nicht ganzanders, muß etwas anders laufen, denn der kritische Punkt ist dabei wohl nicht diestrukturelle Komprimierung von Zwei-Satz-Prädikationen. In der Tat könnte manbeim partitiven Typ (F) sogar eine analog Typ (C) funktional motivierte struktu-relle Komprimierung vermuten, mit bedingt durch Uneindeutigkeiten in derFestlegung der strukturell untergeordneten partitiven Erweiterung und der damitkorrespondierenden pragmatischen Gewichtung (vgl. Es kamen viele [von denAppenzellern] (F') vs. Es waren viele [von denen, die kamen] Appenzeller (F"))·Was aber letztenendes wichtiger sein dürfte, ist, daß die entsprechenden unmar-kierten Konstruktionen, mit den quantifizierenden Ausdrücken vor den quantifi-zierten Substantiven angeordnet (Alle Minister lachten, Es kamen viele Appenzel-ler), strukturell wohl nicht sonderlich gut geeignet sind, die fragliche markiert-heitsbegriindende pragmatische Funktion zu erfüllen, nämlich die quantifizieren-den Elemente selbst als assertierten Informationsschwerpunkt zu präsentieren.Zwar kann diese Funktion annähernd auch durch intonatorische Mittel bewältigtwerden, optimaler noch dürfte aber ein auch konstruktionell gekennzeichneterAusdruck sein. Und wenn es die Funktion quantifizierender Elemente ist, nichtnur zu quantifizieren, sondern auch unabhängig von den quantifizierten Substanti-ven die Hauptassertion eines Satzes zu tragen, wird das konstruktioneil wohl ambesten wiedergegeben, indem das quantifizierende Element relativ unabhängigvom quantifizierten Substantiv konstruiert wird, also positionell von ihm getrenntbzw. jedenfalls nicht wie ansonsten üblich vor dem Substantiv angeordnet wird.(Die bleibende Kongruenz-Bindung an das Substantiv wirkt immerhin noch alsIndikator einer semantisch ja unveränderten quantifizierenden Beziehung zumSubstantiv.) Berücksichtigt man schließlich, daß die relativ unabhängig von Sub-stantiven zu konstruierenden quantifizierenden Ausdrücke selbst adjektivischerArt sind, liegt als strukturelles Vorbild für solche markierten Konstruktionen ebendie unmarkierte einfache Konstruktion mit prädikativem Adjektiv am nächsten.Und mittelbar kommt als Vorbild natürlich auch die erweiterte, aber unmarkierteprototypische Koprädikativ-Konstruktion in Frage, speziell wenn man diese soweit faßt, daß darunter auch quantifizierende Ausdrücke wie z. B. in Die Ministerlachten oft!immer/nie fallen, wie in §4 gleich vorgeschlagen wird.

4. Nachworte

Abschließend sei noch auf zwei Implikationen dieser funktionalen Begrün-dung(en) der Struktur von Koprädikativ-Konstruktionen hingewiesen: einebetrifft die Diachronie, die andere das weitere Spektrum syntaktischer Rela-tionen.

182 ZGL 13.1985, 154-185

Eine (relativ einfache und/oder unmarkierte) Konstruktion, die als struktu-relles Vorbild einer anderen (relativ dazu erweiterten und/oder markierten)Konstruktion dienen kann, möchte man auch als historisch ursprünglicherbetrachten. Mir scheint jedoch, man muß die naive Gleichung von ,strukturellvorbildhaft4 und »diachronisch primär4 etwas relativieren. Auch ohne ein struktu-relles Vorbild zu berufen, konnten wir gewisse Struktureigenschaften für denAusdruck der Koprädikativ-Konstruktionen zugrundeliegenden expliziten Bedeu-tungsbeziehungen und pragmatischen Gewichtungen als nicht optimal erweisen(autonome, einander untergeordnete Sätze bzw. eng an Substantive gebundenequantifizierende Elemente). In dem Maße, in dem Ein-Satz-Konstruktionen mitVerben und relativ Substantiv-unabhängigen Adjektiven bzw. Präpositionalphra-sen als zentralen Bestandteilen für die fraglichen semantisch-pragmatischen Struk-turen auch unabhängig motiviert werden können, ist ihre historische Entstehungauch unabhängig vorstellbar. Letztlich muß dann auch die historische Genese vonPrädikativ-Konstruktionen selbst ins Blickfeld rücken, denen dennoch in manchenstrukturellen Einzelheiten eine ausdrückliche Vorbildfunktion gegenüber Koprä-dikativen nicht abgesprochen werden soll. Diese einfachen Konstruktionen selbstsollten also möglichst als funktional begründet und/oder historisch bedingt erwie-sen werden. Geht man einmal von einer historischen Koexistenz einfacher Prädi-kativ- und erweiterter Koprädikativ-Konstruktionen aus und läßt, angeregt durchmancherlei Probleme einer scharfen Abgrenzung (vgl. unsere Typen (A) und(D)), die Möglichkeit des historischen Übergangs einzelner Koprädikative zuPrädikativen zu, unter entsprechender Veränderung der valenzrelevanten Bedeu-tung des begleitenden Verbs (vgl. etwa Verben wie finden und allgemein Bewe-gungsverben), so liegt es nahe, den letztlichen historischen Ursprung von Prädika-tiv-Konstruktionen in koprädikativ-artigen Konstruktionen zu vermuten. Dassynchronische strukturelle Vorbild wäre damit diachronisch eine Entwicklung ausseiner Nachbildung, und in seinen wesentlichen Struktureigenschaften funktionalletztlich analog begründbar.

Wir haben Koprädikative soweit als eigenständige, wenn auch Prädikativensehr ähnliche syntaktische Relation behandelt. Nicht nur von der ziemlich identi-schen internen morphosyntaktischen Struktur der Ausdrücke in diesen Relationenher liegt es nun nahe zu fragen, inwieweit die Relation ,Koprädikativ* tatsächlichvon der Relation der Adverbiale oder obliquen Objekte unterschieden werdenkann, im Deutschen und anderswo. Einmal sind Koprädikative wie Adverbialesyntagmatische Erweiterungen (in aller Regel), also Teile von erweiterten Ein-Satz-Konstruktionen. Zum anderen lassen sich Adverbiale wie Koprädikative aufPrädikationen bzw. auch Quantifizierungen zurückführen, was für einzelne Artenvon Adverbialen allgemein anerkannt ist (vgl. etwa Charakterisierungen vonrussischen obliquen Objekten im Instrumental als ,Nebenprädikationen' beiJakobson 1936), was aber auch für alle Adverbiale schlechthin schon postuliertwurde (vgl. etwa Sanders 1984). Funktionale Begründungen für die bevorzugte,wenn auch nicht einzig mögliche (vgl. mehr und weniger explizite Alternativen wieDer Bauer benutzte eine Axt, um das Entchen zu töten und Der Bauer tötete das

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 183

Entchen mit einer Axt) Realisierung von Bedeutungen, wie sie Adverbialenzugrundeliegen, in syntagmatisch erweiterten Ein-Satz-Konstruktionen lassen sichzweifellos finden, und zwar werden sie eng denen entsprechen, die bei Koprädika-tiven entwickelt wurden. Ebenfalls analog wird sich auch bei Adverbialen vielfachein strukturelles Vorbild in einfachen Konstruktionen ausmachen lassen: manvergleiche etwa die Ortsangaben in einfachen Konstruktionen wie Kepler wohntein Regensburg und in erweiterten Konstruktionen wie Kepler starb in Regensburgoder die Modalangaben in Meier benahm sich schlecht (einfach) und Meier rasiertesich schlecht (erweitert). In Sprachen wie dem Deutschen sind lexikalische Grund-ausdrücke, die die Relationen von Koprädikativ und Adverbial ausfüllen können,nämlich Adjektive und Adverbien, vielfach nicht wortartmäßig differenziert, sodaß Uneindeutigkeiten (vgl. oben (G)) und in geeigneten Kontexten auch Ambi-guitäten entstehen können (vgl. etwa Meier ist sicher angekommen oder, mitDisambiguierung nur dank des Objekts, Meier liebt seinen Kaffee/Dackel heiß).Unter Umständen können auch Koprädikative in attributiven Konstruktionen aufNominalisierungen von Verben bezogen werden (vgl. Meier betrat staunend/jungdas Paradies - sein staunendes?junges Betreten des Paradieses), und umgekehrtAdverbiale auf Verbergänzungen (vgl. Hinter den Bergen erschien plötzlich dieEbene des Zuger Sees - die plötzliche Ebene des Zuger Sees) (vgl. dazu kürzlichVuillaume 1981). Gelegentlich stehen Adverbiale und Koprädikative quasi inkomplementärer Distribution (z. B. Orts- bzw. Richtungsangabe und Resultatsan-gabe in Fällen wie Meier schlug Mair auf das Haupt l bewußtlos).

Soviel Ähnlichkeit erlegt die Bürde des Beweises dem auf, der die betreffen-den Relationen dennoch unterschieden wissen will. Ehe das Gegenteil bewiesenist, scheint mir deshalb alles dafür zu sprechen, Koprädikativ und Adverbial nichtals genuin syntaktische Relationen zu unterscheiden (im Deutschen wie in Spra-chen mit ähnlicher lexikalischer und morphosyntaktischer Struktur). Der Haupt-unterschied zwischen beiden - die prädizierende oder quantifizierende Beziehbar-keit entweder auf nominale Satzkonstituenten oder auf (zumindest) das satz-konstituierende Verb - scheint mir eine relational-syntaktische Differenzierungnicht zu rechtfertigen. Dieser Unterschied läßt sich wohl angemessener durchsemantische Bezugsregeln erfassen, wobei die unterschiedlichen Interpretationenweitgehend lexikalisch-semantisch und kontextuell-pragmatisch gesteuert seinwerden.13 Entsprechend würde ich bei ambigen Beispielen wie Meier hörte denHund in der Küche keinerlei morphosyntaktischen Unterschied sehen wollen, jenach Bezug der Ortsangabe auf Subjekt (Meier war in der Küche, als er den Hundhörte), Objekt (Der Hund war in der Küche, als Meier ihn hörte) oder Verb bzw.Restprädikation (Es war in der Küche, wo Meier den Hund hörte). Sollten fürgewisse syntaktische Zwecke Unterscheidungen notwendig werden (wie z.B. fürReihenfolgeregularitäten: Meier putzt sein Schießeisen fleißig sauber l *sauber

13 Wo ausdrücklich für eine kategorische Trennung der Relationen von Koprädikativ undAdverbial plädiert wird (etwa bei Veyrenc 1980 oder Pinkster 1983), geschieht das in derTat in der Regel mit eher semantischen als morphosyntaktischen Argumenten.

184 ZGL 13.1985, 154-185

fleißig), so sollten sie sich unmittelbar durch die Unterscheidung von Unterkate-gorien einer einheitlichen syntaktischen Relation als verbbezüglich oder Subjekt-/objektbezüglich treffen lassen, genauso wie auch bislang mit semantischen Unter-kategorien der Relation ,Adverbial* operiert wurde, sobald für morphosyntakti-sche Zwecke notwendig (z.B. wieder bei Reihenfolgeregularitäten: Meier putztsein Schießeisen jeden Morgen auf dem Balkon l *auf dem Balkon jeden Morgen),und wie auch mit semantischen Unterkategorien von Koprädikativen operiertwerden muß, um z.B. Reihenfolgebeschränkungen zu formulieren (vgl. *DerRedner schrie sich heiser (B II b) erregt (CII), Der Gast trank das Bier lauwarm(C I) stehend (C II)). Bis auf weiteres sollten also Adverbiale als Spielart dersyntaktischen Relation ,Koprädikativ' behandelt werden (oder umgekehrt, wemdas terminologisch lieber ist).14

Literatur

A. Borkin, 1973: To be and not to be. In: Papers from the 9th Regional Meeting, ChicagoLinguistic Society, 44-56.

G. Bossong, 1980: Syntax und Semantik der Fundamentalrelation. Das Guarani als Sprachedes aktiven Typus. In: Lingua 50, 359-379.

B.Comrie, 1976a: The syntax of causative constructions: cross-language similarities anddivergences. In: Syntax and semantics 6: The grammar of causative constructions, hg.v. M. Shibatani, 261-312. New York: Academic Press.

B.Comrie, 1976b: The syntax of action nominals: A cross-language study. In: Lingua 40,177-201.

R. M.W. Dixon, 1977: Where have all the adjectives gone? In: Studies in Language 1,19-80.

J.A. Edmondson, F. Plank, 1978: Great expectations: An intensive self analysis. In:Linguistics and Philosophy 2, 373-413.

G. M. Green, 1973: A syntactic syncretism in English and French. In: Issues in linguistics.Papers in honor of Henry and Ren6e Kahane, hg. v. B. B. Kachru et al., 257-278.Urbana: University of Illinois Press.

J. Haiman, 1980: Hua, a Papuan language of the Eastern Highlands of New Guinea.Amsterdam: Benjamins.

K.E. Heidolph, W.Flämig, W.Motsch (u. Autorenkollektiv), 1981: Grundzüge einerdeutschen Grammatik. Berlin: Akademie-Verlag.

T. Herok, 1985: Über Sinn und Bedeutung von Prädikaten. In: Relational typology, hg. v.F. Plank. Berlin: Mouton.

R. Jakobson, 1936: Beitrag zur allgemeinen Kasuslehre. Gesamtbedeutungen der russischenKasus. In: Travaux du Cercle Linguistique de Prague 6, 240-288.

O. Jespersen, 1924: The philosophy of grammar. London: Allen & Unwin.L. Lisker, 1963: Introduction to spoken Telugu. New York: American Council of Learned

Societies, Program in Oriental Languages, Series B, No. 18.

Dieser Aufsatz ist die überarbeitete und erweiterte Fassung eines Referats bei einemKolloquium der Deutschen Sektion der Universität Nizza und des Goethe-InstitutsMarseille, in Zusammenhang mit dem ,Journ6e Annuelle des Linguistes de Associationdes Germanistes de TEnseignement Superieur', vom 4. Februar 1984. Den Teilnehmerndes Kolloquiums verdanke ich manche hilfreiche Fragen und Anregungen.

F. Plank, Prädikativ und Koprädikativ 185

E. Marko, 1982: Das prädikative Attribut im Deutschen und Slowakischen. In: Recueillinguistique de Bratislava, vol. VI, 129-138. Bratislava: VEDA, Editions de l'Acado-mie Slovaque des Sciences.

P.Munro, L.Gordon, 1982: Syntactic relations in Western Muskogean: a typologicalperspective. In: Language 58, 81-115.

J. Nichols, 1978 a: Secondary predicates. In: Proceedings of the 4th Annual Meeting of theBerkeley Linguistics Society, 114-127.

J.Nichols, 1978b: Double dependency? In: Papers from the 14th Regional Meeting,Chicago Linguistic Society, 326-339.

H.Paul, 1959: Deutsche Grammatik, Band III, Teil IV: Syntax (Erste Hälfte). Halle:Niemeyer, 5 .Auflage.

H. Pinkster, 1983: Praedicativum (Quantifying adjectives and adjectives denoting physical ormental state). In: Latin linguistics and linguistic theory, hg. v. H. Pinkster, 199-214.Amsterdam: Benjamins.

F. Plank, 1979 a: Ergativity, syntactic typology and universal grammar: some past andpresent viewpoints. In: Ergativity. Towards a theory of grammatical relations, hg. v.F. Plank, 3-36. London: Academic Press.

F. Plank, 1979 b: Zur Affinität von selbst und auch. In: Die Partikeln der deutschen Sprache,hg. v. H. Weydt, 269 -̂284. Berlin: De Gruyter.

F. Plank, 1979 c: Exklusivierung, Reflexivierung, Identifizierung, relationale Auszeichnung.Variationen zu einem semantisch-pragmatischen Thema. In: Sprache und Pragmatik.Lunder Symposium 1978, hg. v. I. Rosengren, 330-354. Lund: Gleerup.

F. Plank, 1981: Modalitätsausdruck zwischen Autonomie und Auxiliarität. In: Sprache undPragmatik. Lunder Symposium 1980, hg. v. I. Rosengren, 57-71. Lund: Gleerup.

F. Plank, 1983: Function motivating form, or why it would be surprising if auxiliaries were,or remained, main verbs. Vortrag beim Iconicity Symposium (Stanford, Juni) und beimWorkshop on Functional Causes of Language Change and Variation (Amsterdam,Dezember).

F. Plank, 1984 a: 24 grundsätzliche Bemerkungen zur Wortarten-Frage. In: Leuvense Bijdra-gen 73, 489-520.

F. Plank, 1984 b: The modals story retold. In: Studies in Language 8.F. Plank, 1985: The extended accusative/restricted nominative in perspective. In: Relational

typology, hg. v. F. Plank. Berlin: Mouton.G. Sanders, 1984: Adverbials and objects. In: Objects. Towards a theory of grammatical

relations, hg. v. F. Plank, 221-241. London: Academic Press.J.Veyrenc, 1980: Minima syntaxiques et coprodicatifs (en syntaxe russe). Bulletin de la

Sociote* de Linguistique de Paris 75:1, 189-226.M. Vuillaume, 1981: Sur deux conflits apparents entre syntaxe et somantique. La rh6torique

au secours de la grammaire. Vortrag, Aix-en-Provence.

Adresse des Verfassers: Prof. Dr. Frans Plank, Fachgruppe Sprachwissenschaft, Univer-sität, Postfach 5560, D-7750 Konstanz 1.