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Dienstag, 8. Juli, 20 Uhr Minoritensaal Serenata Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) aus „Rosenkranzsonaten“ für Violine und Basso continuo Sonate I in d, „Verkündigung“ Praeludium – Variatio – Finale Jean-Philippe Rameau (1683 –1764) Le rappel des Oiseaux für Cembalo solo Heinrich Ignaz Franz Biber Sonata representativa a violino solo e basso Allegro – Nachtigal – Cucu – Fresch – die Henn – der Hahn – die Wachtel – die Katz – Musquetir mars – Allemande Monsieur de Launay (um 1690) Prélude/Les Cascades für Laute solo Johann Jakob Walther (1650 –1717) aus „Hortulus chelicus“ (Wohlgepflanzter Violinischer Lustgarten), 1694 „Galli e Galline“ a Violino solo e Basso

1970 14 serenata - Styriarte · 2014-07-10 · Dienstag, 8. Juli, 20 Uhr Minoritensaal Serenata Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) aus „Rosenkranzsonaten“ für Violine und

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Dienstag, 8. Juli, 20 UhrMinoritensaal

Serenata

Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704)aus „Rosenkranzsonaten“ für Violine und Basso continuo

Sonate I in d, „Verkündigung“Praeludium – Variatio – Finale

Jean-Philippe Rameau (1683 –1764)Le rappel des Oiseaux

für Cembalo solo

Heinrich Ignaz Franz BiberSonata representativa

a violino solo e basso Allegro – Nachtigal – Cucu – Fresch – die Henn – der Hahn – die Wachtel – die Katz – Musquetir mars – Allemande

Monsieur de Launay (um 1690) Prélude/Les Cascades

für Laute solo

Johann Jakob Walther (1650 –1717)aus „Hortulus chelicus“ (Wohlgepflanzter Violinischer Lustgarten), 1694

„Galli e Galline“a Violino solo e Basso

Johann Jakob Walther „Serenata à un coro di violini, Organ tremolante,

Chitarrino, Piva, due Trombe e Timpani, Lira Todesca, et harpa smorzata, per un violino solo“aus „Hortulus chelicus“, 1694

François Couperin (1668–1733)aus „Second livre de pièces de clavecin“

„Les Baricades mistérieuses“

Marin Marais (1656–1728)aus „IVème livre des pièces de violes“

Saillie du JardinFeste Champestre Labyrinth

Heinrich Ignaz Franz Biber aus „Rosenkranzsonaten“ für Violine und Basso continuo

Sonate XIV in C, „Maria Himmelfahrt“Ohne Satzbezeichnung – Aria

Rüdiger Lotter, ViolineHille Perl, Viola da GambaLee Santana, LauteOlga Watts, Cembalo

Serenata

„Wohlgepflantzter Violinischer Lust-

garten“ nannte der Barockgeiger

Johann Jakob Walther seine

1694 gedruckte Sammlung „Hortulus

Chelicus“. Durch einen solchen

Lustgarten – nicht nur der Geigen-

klänge – geleiten uns am heutigen

Abend Rüdiger Lotter und seine

Mitstreiter: mit allem Getier, was

man auf gestrichenen, gezupften

und angerissenen Saiten nachahmen

kann.

Ad notam

Bibers GeigenkünsteNOMEN EST OMEN. HEINRICH IGNAZ FRANZ BIBER, DEM Kaiser Leopold I. später den Adelstitel „von Bibern“ verlieh, trug nicht umsonst einen tierischen Namen: Anregungen aus der Tierwelt seiner ländlichen Umgebung griff der Geiger aus Nord-böhmen gerne auf, besonders in seinen frühen Jahren als Violin-virtuose. Biber stammte aus Wartenberg in der Nähe von Rei-chenberg, wo später der kleine Gluck aufwachsen sollte, und erlernte die Musik bei den Jesuiten im schlesischen Troppau, wo später Beethoven seine Vierte Sinfonie vollenden sollte. Angeb-lich soll er seine Karriere in Graz begonnen haben, in Diensten des Fürsten Johann Seyfried von Eggenberg, was sich in den Dokumenten bislang aber nicht nachweisen ließ. Dingfest machen lässt sich Biber erst am Hof eines anderen barocken Potentaten: Karl von Liechtenstein-Kastelkorn, Fürstbischof von Olmütz. Der Bauherr des riesigen Barockschlosses in Kremsier hieß dort gerne Kaiser Leopold I. willkommen, der nur der Musik wegen nach Mähren pilgerte. Denn den jungen Biber und die Hofkapelle des Fürstbischofs zu hören, war ein ungetrübtes, ja spektakuläres Vergnügen. Schon mit 25 Jahren brillierte Biber in Tonmalereien, die alles in den Schatten stellten, was man in Ita-lien, Wien oder Dresden bis dahin an geigerischer „Nachahmung der Natur“ ersonnen hatte.

Sonata representativaDIE „SONATA REPRESENTATIVA“, KOMPONIERT 1669 IN Olmütz, ist das früheste Beispiel für Bibers virtuose Imitation

von Vogelstimmen und anderen Tierlauten. Zunächst darf der Geiger in einer feierlichen Einleitung und einer fugierten Giga seine Fertigkeit in Doppelgriffen und polyphonem Spiel unter Beweis stellen. Nachdem man durch dieses Barockportal getre-ten ist, gelangt man in einen Lustgarten voller Vögel und ande-ren Getiers. Die Nachtigall eröffnet den Reigen, erst mit ihrem typischen Schlagen, dann mit einem rasanten Flug durch den Park. Der Kuckuck schließt sich an, wobei – wie später in Vival-dis „Sommer“ – die Kuckucksterz mit schnellen Tonwiederho-lungen kombiniert wird. Am Teich lässt sich der in Dissonanzen quakende Frosch vernehmen, im benachbarten Küchengarten versucht ein eitler Hahn, einer geschwätzigen Henne zu impo-nieren. Die Wachtel muss sich hüten, denn schon schleicht sich eine Katze an, die sich aber durch ihr Miauen verrät. Nach die-sem Tierstimmen-Konzert verlässt der Spaziergänger die Gärten des Schlosses und tritt in den Ehrenhof, wo er vom Marsch der Musketiere empfangen wird. Eine Allemande rundet den höfischen Spaziergang ab, den man sich gut im weiten Areal von Kremsier vorstellen kann.

Rosenkranzsonaten

1670 KEHRTE BIBER VON EINER REISE NACH INNSBRUCK zum Geigenbauer Jacobus Stainer nicht ins gestrenge Olmützer Regiment zurück, sondern ließ sich stattdessen vom Salzburger Fürsterzbischof Max Gandolph von Kuenburg abwerben. An der Salzach stieg er zum Vizekapellmeister, schließlich 1678 zum Hofkapellmeister auf, was ihm ungeahnte neue Aufgaben bescherte. Er komponierte große geistliche Werke wie die mo numentale „Missa Salisburgensis“ zur 1100-Jahr-Feier des Erz bistums Salzburg, die italienische Oper „Arminio“ und fest- liche Tafelmusiken für die Salzburger Residenz. Das eigentliche Hauptwerk seiner Salzburger Zeit aber sind die 15 so genannten „Rosenkranzsonaten“, die Biber seinem Dienstherrn in einer wunderbaren Handschrift dedizierte. Im Vorwort führte er aus, wie sehr die Gottesmutter den Fürsterzbischof „mitgeschmückt“

habe, weil beider Namen mit dem gleichen Buchstaben beginne: „Sic Maria Maximilianum condecoravit.“ Um dies zu unterstrei-chen und seinem Herrn zur Marienverehrung eine Andachts-musik zu schenken, weihte Biber seine Sonaten den „XV Heili-gen Mysterien“ der Gottesmutter: den fünf freudenreichen, den fünf schmerzhaften und den fünf glorreichen Geheimnissen. Deshalb nennt man sie „Rosenkranzsonaten“, wobei als Epilog die Passacaglia für Violine solo angehängt ist im Sinne einer „Schutzengelsonate“.

Die Zuordnung zu dem jeweiligen Mysterium offenbart eine Zeichnung im Kreisformat zu Beginn jeder Sonate. Auf diese Weise wird die Sonata I als „Mariae Verkündigung“ kenntlich gemacht. Zu Beginn sieht man in den rasanten Läufen der Geige den Erzengel Gabriel vom Himmel kommen, mehr sausend und brausend als zart und andächtig. Zweimal richtet er sein feier-liches „Ave Maria gratia plena“ an die Betende, die sofort demü-tig auf die Verkündigung antwortet, nämlich mit einer Aria. So nannte man im späten 17. Jahrhundert ein Thema für darauf folgende Varia tionen. Hier gibt der Continuo zunächst den Bass des Themas vor: vier Takte mit zehn Noten. Dieser unverrück-bare Bass wird unablässig wiederholt – Symbol für Marias Glaubensfestigkeit. Die Geigenstimme dagegen illustriert den Überschwang ihrer Freude und ihres Gotteslobs. Am Ende fliegt der Erzengel wieder davon – oder ist es die Taube des Heiligen Geistes, die um das Haupt der Jungfrau schwebt?

In Sonata XIV hat Biber wie in allen Sonaten außer der ersten von der „Scordatura“ Gebrauch gemacht, von der Umstimmung der Saiten. Sein Mainzer Kollege Johann Jakob Walther hatte für diesen Kunstgriff nur Spott übrig, doch Biber ermöglichte er die eigenwilligsten Klangeffekte im mehrstimmigen Spiel. In der vierzehnten Sonate sind drei von vier Saiten umgestimmt (A-E-A-D statt G-D-A-E). Zu Beginn der Sonate scheinen die virtu-osen Sechzehntel und die langsamen Einschübe die Verwirrung der Apostel am leeren Grab der Gottesmutter anzudeuten. Dann aber erscheint sie – wie es auch die Zeichnung vor der Sonate

zeigt – in ihrer vollen Majestät auf den Wolken. Dafür steht die Aria im Dreiertakt mit ihren majestätischen Doppelgriffen über dem stets wiederkehrenden Bass. Der Klang wird im Laufe der Variationen immer ekstatischer, die Figurationen immer schneller, Pizzicato wechselt mit Coll’arco ab, bis die Bewegung in die beschwingten Triolen einer Gigue übergeht: Die Gottes-mutter kommt dem Himmel immer näher. Am Ende, wenn sie den Blicken der Apostel entrückt ist, reißt das Geigensolo plötz-lich ab und der Bass bleibt alleine zurück.

Walthers Lustgarten

DREI ANTIKISCH GEWANDETE MUSEN MUSIZIEREN AUF einer Terrasse vor einem barocken Lustgarten. Die eine spielt Cembalo, die zweite Violone, die dritte Violine, eine vierte lauscht versonnen den schönen Klängen. Hinter ihr steht auf einem barocken Pfeiler zu lesen: „Hortulus Chelicus Waltheria-nus“, zu ihren Füßen: „Moguntiae Anno MDCLXXXXIIII“ („Mainz im Jahr 1694“). Mit diesem schönen Titelkupfer hat der Geiger Johann Jakob Walther die Käufer seiner bedeutendsten Violin-sammlung auf deren Inhalt eingestimmt:

„Hortulus Chelicus.

Das ist Wohlgepflanzter Violinischer Lustgarten,

Darin Allen Kunst-Begierigen Musicalischen Liebhaberen der Weeg zur Vollkommenheit durch curiöse Stück und annehmliche varietät gebahnet / Auch durch Berührung zuweilen zwey / drey / vier Seithen auff der Violin die lieblichiste Harmonie erwiesen wird. Durch Johann Jacob Walter / Churfürstl. Mayntzis. Italiänischen Secretario.“

Dass der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Anselm Franz von In-gelheim den Geiger aus der Nähe von Erfurt zum Hofmusiker und Sekretär ernannte hatte, hing wohl mit Walthers Heimat zusammen: Der Kurfürst hegte eine besondere Vorliebe für das damals kurmainzische Eichsfeld bei Erfurt. Walthers thürin-

gischer Zungenschlag war also nichts Ungewohntes im Mainzer Schloss, wohl aber seine Kenntnis des Italienischen, die er wäh-rend seiner Studienjahre in Florenz erworben hatte. Nach län-gerem Dienst am Dresdner Hof kam er nach Mainz, wo er 1717 verstorben ist.

Im Vorwort zum „Hortulus Chelicus“ führt er aus, dass er den-selben „denen zur Ergötzlichkeit und zum beliebigen Genuss“ habe eröffnen wollen, „so sich in dergleichen musicalischen Blumen-Feldern erlustiren“ wollen. In 28 hochvirtuosen Sonaten für Violine und Basso continuo zog Walther eine Summe des mitteldeutschen Violinspiels – polyphon wie das Biber’sche, nur ohne Skordatur; reich an Variationensätzen, an tänzerischen und freien Formen. Die meisten Stücke sind Kammersonaten aus Allemanden, Correnti, Sarabanden und Giguen im italie-nischen Stil. Daneben findet man eine riesige Passacaglia in d-Moll – eines der Vorbilder für Bachs Chaconne – und diverse „Arie variate“. Zwischen der Farbenpracht dieser Blumenfelder aber ertönt immer wieder Vogelgezwitscher. Eine Serenata bil-det den krönenden Abschluss.

Hähne und Hennen

DAS ELFTE STÜCK DER SAMMLUNG HAT WALTHER SCHLICHT „Galli e Galline“ genannt, „Hähne und Hennen“. Der „Dialog“ zwischen Hahn und Henne, wie ihn Biber in seiner „Sonata representativa“ nur kurz angedeutet hat, wird hier über eine mehrsätzige Kammersonate ausgedehnt. Anfangs stehen wir noch auf dem festen Grund hochbarocker Kammermusik: Auf das feierliche Preludio folgt ein virtuoses Presto, auf ein Adagio eine französische Gigue, die aber plötzlich vom Geschnatter der „Gallina“ unterbrochen wird. Immer wieder versucht der Geiger zum Ton der seriösen Sonate zurückzukehren und seine Gigue zu Ende zu spielen, doch immer wieder unterbricht ihn die Henne, zu der sich bald auch der Hahn gesellt. Endlich gelingt es dem Musiker, sich mit seiner Gigue gegen die beiden Stören-friede zu behaupten.

Serenata für Solovioline anstatt eines Orchesters

DEN HÖHEPUNKT DER GEIGERISCHEN KLANGIMITATIONEN erreicht Walthers „Hortulus Chelicus“ im letzten Stück, einer ve-ritablen Serenade für Orchester, dargestellt von einer einzigen Solo-Violine mit Continuo-Begleitung: „Serenata für ein Orches-ter aus Violinen, Orgel mit Tremulant, kleine Gitarre, Dudelsack, zwei Trompeten und Pauken, Drehleier und Harfe für eine Violi-ne solo“ lautet der ausführliche Titel. Zu Beginn muss der Geiger in Doppelgriffen und majestätischen punktierten Rhythmen den „Coro di Violini“ nachahmen, also ein ganzes Streichorches-ter. Darauf folgt die Orgel im Register des Tremulanten, imitiert durch Bogenvibrato in Akkorden. Eine „Aria“ für Solovioline unterbricht das Defilee der Orchesterinstrumente, das mit zwei Instrumenten im Wechsel fortgesetzt wird: Ein „Chitarrino“, eine „kleine Gitarre“, alterniert mit der „Piva“, wie man in Mittel-italien den Dudelsack nennt (weiter südlich „Zampogna“). Die gezupften Akkorde des Chitarrino sind ebenso leicht zu erken-nen wie die gestrichenen Bordunklänge der Piva. Plötzlich aber setzen im Continuo die Pauken mit ihren typischen Quarten ein. Dazu brilliert der Geiger als Trompeter in schnellen Fanfaren und atemberaubenden Verzierungen. Später gesellt sich sogar eine zweite Trompete hinzu im „Bicinio di 2 Trombe“ („Bicinium zweier Trompeten“), dargestellt durch Doppelgriffe, die als Echo wiederholt werden. Nach einem kurzen geigerischen Intermezzo folgt die „Lira todesca“, die „deutsche Leier“, sprich: die Dreh-leier, erst mit einem Tanz im geraden, dann im ungeraden Takt. Im folgenden Adagio wechselt die Solovioline mit dem imagi-nären Streichorchester ab, bevor sich die Harfe ins Geschehen einmischt. Nach ihrem Solo beschließt der „Coro“ des ganzen Streichorchesters die Serenade.

Abgesehen vom Reiz der Verkleidung, die hier eine einzige Geige in die Rollen der verschiedensten Instrumente schlüpfen lässt, war diese grandiose Serenade vielleicht auch ein ironischer Seitenhieb auf die mangelnde finanzielle Ausstattung so man-cher Hofkapelle am Ende des 17. Jahrhunderts: Nicht jeder Fürst,

schon gar nicht der Erzbischof von Mainz, gönnte sich eine große Hofkapelle mit reichem Instrumentarium. Deshalb muss sie hier in der Fantasie vorgegaukelt werden. Zur Ausführung von Pizzicato und Coll’arco bemerkte Walther folgendes: „Wei-len aber jezumahlen zustatten kombt, dass man auff der Violin eine Harpffen, Lauten, Kitarren, Paucken oder dergleichen imi-tire, als muss man sich in solchen Fällen der Spitz der Fingeren anstatt des Bogens gebrauchen. Gleichermaßen kann man mit nur einem Finger allein den General-Bass berühren, nicht weni-ger das Violin auf ebensolche Arth touchiren.“ Dies zeigt, dass er sich die Ausführung der Pauken in der Serenata durchaus auch gezupft auf der Solovioline, nicht nur im Continuo vorstellen konnte. Was den Bogenstrich betraf, ermahnte er seinen Solisten zu reinlicher Ausführung, nämlich „den Streichbogen dergestalt zu führen, dass den nahe herbey Stehenden viel eher durch lieb-liche und feste Züg eine saubere, reine und annehmliche Harmo-nie zu Ohren komme, als dass durch widerwärtig unfreundliches Kirren und Schirpfen bald oben, bald unten her mit den Fingern mit affectirter Behändigkeit gesprungen werde.“ Auch dies mag man als Seitenhieb auf die Biber’sche Schule lesen, die gleich im Anschluss für ihre Skordatur verhöhnt wird. Soviel offene Kritik konnte sich Walther durchaus leisten: Der Musikhistoriker Fétis nannte ihn 150 Jahre später den „Paganini seines Jahrhunderts“.

„Imiter la nature“

DEN GEIGENKÜNSTEN DES DEUTSCHEN WALTHER UND DES Böhmen Biber antworten die übrigen Instrumentalisten unseres Ensembles mit französischer Musik. Denn das „Imiter la nature“ galt geradezu als Inbegriff des französischen Stils. Die so ge-nannte „Nachahmungsästhetik“ rechtfertigte jeden bizarren Einfall an Tonmalerei weit eher als nur eine einzige abstrakte Sonate im italienischen Stil. Aus dem feinen Gehör, mit dem die Komponisten in die Natur hineinhorchten, aber auch aus dem kühnen Fluge ihrer Fantasie beziehen diese Stücke ihren Charme.

„Le rappel des Oiseaux“ erschien 1724 im Rahmen der „Pièces de Clavessin“ von Jean-Philippe Rameau als viertes Stück der ersten Suite in e-Moll. Es beschreibt auf überaus plastische Weise den „Appell der Vögel“, das Erwachen der Vogelstimmen am frühen Morgen, nämlich durch dauernde Quartsprünge, verziert mit dem „Pincé“. So nennt Rameau den Mordent, eine Trillerart, die hier auf jeder Viertel erklingt, in der linken wie in der rechten Hand. Das Ergebnis wirkt täuschend echt, obwohl es so einfach erzielt wird.

Für einen französischen Lautenisten wie Monsieur de Launay muss es ein besonderes Vergnügen gewesen sein, eine Cascade in Noten nachzuahmen. Vermutlich hatte er dabei die berühmte Cascade im Park des Schlosses Saint-Cloud im Sinne, wo „Mon-sieur“, der Bruder des Sonnenkönigs, mit seiner Gemahlin Lise-lotte von der Pfalz residierte.

„Les Baricades mistérieuses“ stammen aus dem zweiten Cembalo-buch von François Couperin, gedruckt 1717. Die Klänge dieses Stücks bewegen sich durchwegs im tiefen Register, in so wun-dersam gebrochenen Dreiklängen, dass man tatsächlich eine „geheimnisvolle Barrikade“ vor sich zu sehen glaubt.

Ebenfalls 1717 veröffentlichte Marin Marais, der legendäre Hof-gambist Ludwigs XIV., sein viertes Buch mit Gambenstücken. Die zweite Hälfte des Bandes wird von einer „Suite im auslän-dischen Geschmack“ eröffnet („Suitte d’un goût étranger“) mit Tartarenmarsch und anderen exotischen Klängen. Sehr franzö-sisch wirkt dagegen das Gartenstück „Saillie du Jardin“ und vor allem die „Feste champestre“, Marais’ Darstellung eines länd-lichen Festes in Form eines langen Rondeau in e-Moll. Dessen Refrain wird von rustikalen Sprüngen und von Laufkaskaden geprägt. In den „Couplets“ nehmen diese rauschenden Sequen-zen noch zu, dann aber bricht das Laufwerk ab und macht Platz für ländliche Klänge: erst für eine „Musette“, also ein Imitat des Dudelsacks, dann für einen wilden „Tambourin“. Am Ende er-klingt noch einmal der Refrain und bringt das kleine ländliche Fest zu Ende. Noch weit umfangreicher als dieses ländliche Idyll

ist „Le Labyrinthe“, eine Kombination aus harmonischem Laby-rinth und spieltechnischer „tour de force“. Das einfache Haupt-motiv, das zu Beginn in A-Dur vorgestellt wird, wandert bald durch die abstrusesten Tonarten. Doch auch bizarre Notations-spielereien mit Alt- und Bass-Schlüssel, irrwitzige Sprünge und knifflige Passagen können den Gambisten leicht in die Irre füh-ren, bevor er am Ende wieder glücklich in A-Dur angelangt ist.

Josef Beheimb

Die Stimmen barocker Vögel, wie sie der deutsche Jesuit Athanasius Kirche in seiner „Musurgia universalis“ aus dem Jahr 1650 aufgezeichnet hat, und die den Tier stücken von Biber und von Walther in unserem Programm als Vorbild gedient haben.

Die Interpreten

Rüdiger Lotter, Violine

DER BAROCKGEIGER RÜDIGER LOTTER HAT SICH INNER-halb weniger Jahre als einer der führenden und vielseitigsten Vertreter seines Fachs etabliert. Der Herald Tribune nennt ihn „an exquisitely refined exponent of period playing“ und seine bislang vier bei OehmsClassics erschienenen CD-Veröffent-lichungen wurden von der Fachpresse begeistert aufgenommen.

Seine aktuelle Einspielung der Solosonaten von Johann Sebas-tian Bach würdigte der Westdeutsche Rundfunk als interessan-teste Interpretation, die derzeit auf dem CD-Markt zu finden sei. Seine kammermusikalische Zusammenarbeit mit Künstlern wie Ronald Brautigam, Hille Perl oder Irvine Arditti belegen seine Vielseitigkeit ebenso wie seine Aufgeschlossenheit auch zur zeitgenössischen Musik.

Als Kammermusiker mit seinem Kammerensemble Lyriarte oder dem Einstein-Klaviertrio und als Solist tritt er regelmäßig bei wichtigen Festivals wie dem Edinburgh Festival, dem Mozart-fest Würzburg, den Ludwigsburger Schlossfestspielen, den „Folles Journées“ in Nantes, dem europäischen Musikfest Stutt-gart, den Dresdner Musikfestspielen oder der Bachwoche Ans-bach auf.

Rüdiger Lotter erhielt mehrere Auszeichnungen, so beim renom-mierten Wettbewerb „Premio Bonporti“ in Rovereto (Italien) und beim internationalen „Johann-Heinrich-Schmelzer-Wett-bewerb“ in Melk.

2007 war Rüdiger Lotter Gastprofessor an der staatlichen Hoch-schule für Musik Trossingen. Als Spezialist für historische Aufführungspraxis arbeitet er auch mit Orchestern wie dem Sin fonieorchester des WDR, den Bremer Philharmonikern, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Orchester der Ludwigs-burger Schlossfestspiele, dem „Teatro di Liceu“ Barcelona und recreationBAROCK zusammen.

2009 holte ihn Anna Viebrock für eine Produktion als musika-lischen Leiter an das Schauspielhaus Basel. Im gleichen Jahr wurde er von John Neumaier nach Hamburg eingeladen, um dort als Solist bei der Premiere der Ballettkreation „Orpheus“ mitzuwirken. Im Rahmen der Reihe „Klassik heute“ leitete Rüdiger Lotter 2010 das Sinfonieorchester des Westdeutschen Rundfunks. Seit 2011 wird er jährlich als Leiter für Barockpro-jekte mit dem Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele eingeladen. Seit 2009 ist Rüdiger Lotter Künstlerischer Leiter der Hofkapelle München. Als künstlerischer Leiter der Hasse-Gesellschaft München setzt er sich zudem intensiv für die Wiederentdeckung des Werks von Johann Adolph Hasse ein. 2011 wurde auf seine Initiative hin Hasses Oper „Didone Abbando nata“ im Münchner Prinzregententheater mit großem Erfolg wieder aufgeführt.

Rüdiger Lotter spielt eine Violine von Jacobus Stainer, die sich zuvor im Besitz von Reinhard Goebel befand.

Hille Perl, Viola da Gamba

IN EINER MUSIKALISCH GEPRÄGTEN FAMILIE AUFGE-wachsen, spielt Hille Perl seit ihrem fünften Lebensjahr Viola da Gamba. Sie nahm zunächst Unterricht bei Niklas Trüstedt in Berlin, studierte später in Hamburg und an der Akademie für Alte Musik in Bremen, wo sie ihr Studium 1990 abschloss. Wäh-rend ihrer Ausbildung erhielt Hille Perl wichtige Anregungen von Wieland Kuijken und Jordi Savall.

Musik ist für sie das wichtigste Kommunikationsmittel zwi-schen Menschen, eindeutiger und präziser als Sprache und von größerer emotionaler Bedeutung als irgendeine andere Erfah-rung, außer der Liebe.

Sie reist den größten Teil des Jahres durch die Welt, spielt Kon-zerte und macht CD-Aufnahmen, sowohl als Solistin als auch mit verschiedenen Ensembles, insbesondere ihrem Trio Los Otros, aber auch The Age of Passions, dem Freiburger Barock-orchester Consort und als Duopartnerin des Komponisten und Lautenisten Lee Santana.

Sie bewegt sich meistens im akustischen Gebiet des 17. und 18. Jahrhunderts, manchmal entführt sie die Musik aber an Orte, von denen sie sich nie hätte träumen lassen. Neben ihrer Kon-zerttätigkeit veröffentlichte sie auch zahlreiche CDs, die bereits mit drei ECHOs sowie dem Preis der deutschen Schallplatten-kritik ausgezeichnet wurden. Über das Wirken der Musikerin drehte Christian Kurt Weisz einen 43-minütigen Film mit dem Titel „Hille Perl und die Königin der Streichinstrumente“, den der Fernsehsender Arte 2011 erstmals ausstrahlte.

Wenn sie nicht auf Reisen ist, lebt sie in einem Bauernhaus in der Wildeshauser Geest, zusammen mit ihrer Familie und einigen Hühnern, Pferden und Katzen.

Seit dem Jahre 2002 ist sie Professorin an der Hochschule für Künste in Bremen, wo sie ihre Studenten mit Leidenschaft alles, was sie über Musik und das Gambenspiel weiß, lehrt, und ihnen auch beibringt, nicht eifersüchtig zu sein, wenn jemand besser spielt als man selbst.

Lee Santana, Laute

LEE SANTANA KOMMT AUS EINER MUSIKERFAMILIE IM nordamerikanischen Bundesstaat Florida. Als Kind hat er gerne Jazz- und Rockmusik gespielt und weniger gern Klassik. Später umgekehrt.

Nach langen Umwegen erhielt er Diplome mit „Summa cum laude“-Auszeichnungen des Emerson Colleges in Boston (Mas-sachusetts) in den Fächern Aufführungspraxis für Alte Musik und Musiktheorie. Seine Lautenlehrer waren u. a. Pat O’Brien und Steve Stubbs. Seit 1984 wohnt er in Europa als freischaffen-der Lautenist und Komponist.

Sein Hauptprojekt ist seine Arbeit mit der Gambistin Hille Perl, entweder als Duo oder mit ihrer Gruppe Los Otros. Zahlreiche CDs des Duos erschienen bei deutsche harmonia mundi /Sony. In den letzten Jahren arbeitete das Duo mehrmals mit dem Ensemble Sirius Viols oder auch mit der Sopranistin Dorothee Mields, was auch mehrfach auf CDs dokumentiert ist. Auch die Zusammenarbeit mit der Geigerin Petra Müllejans manifestiert sich in Veröffentlichungen des Ensembles.

Eine CD mit Santanas Kompositionen („The Star and the Sea“) erschien Anfang des Jahrtausends bei Carpe Diem, weiters eine Solo-CD mit Werken von Anthony Holborne und eine weitere Lauten-CD mit Werken von Johann Sebastian Bach, Nicholas Vallet und Lee Santana unter dem Titel „Pentagram“ bei Sony.

Lee Santana lebt in Winkelsett auf einem alten Bauernhof mit seiner Frau und einigen Pferden, Schafen, Hühnern und anderem Kleingetier sowie dem Hund Passepartout.

Olga Watts, Cembalo

DIE GEBÜRTIGE MOSKAUERIN OLGA WATTS SCHLOSS IHR Klavier- und Musikwissenschaftsstudium mit 19 Jahren an der Musikfachschule des Konservatoriums ihrer Heimatstadt ab und studierte später an der Hochschule für Musik in München Cembalo, Hammerklavier und Generalbass bei Lars Ulrik Mor-tensen und Christine Schornsheim. 1998 schloss sie ihr Diplom mit Auszeichnung ab. 2003 erhielt sie das Meisterklassendiplom.

Meisterkurse bei Menno van Delft und Bob van Asperen und die Zusammenarbeit mit Reinhard Goebel, Franz Brüggen, Thomas

Hengelbrock, Giovanni Antonini, Alessandro de Marchi, Sergio Azzolini, Andreas Scholl, Maurice Steger, Dorothee Oberlinger, Vittorio Ghielmi und Albrecht Mayer gaben ihr weitere wichtige Anregungen.

1997 wurde sie mit dem Ersten Preis als Nachwuchskünstlerin im Bereich historische Aufführungspraxis in Bayern ausgezeich-net; bei den Wettbewerben für historische Instrumente „Premio Bonporti“ in Rovereto, Italien, und dem Johann-Heinrich-Schmelzer-Wettbewerb in Stift Melk erhielt sie zwei Zweite Preise mit ihrem Ensemble „Lyriarte“. Seither konzertiert sie als gefeierte Solistin und Kammermusikerin in allen Ländern Euro-pas, in Australien, China, Hongkong und Singapur.

Sie trat als Solistin und Kammermusikpartnerin u. a. beim Edinburgh International Festival, dem Luzerner Festival, bei den Dresdner Musikfestspielen, den Ansbacher Bachwochen, bei den Festivals Herrenchiemsee und Bad Arolsen, bei den Berliner Tagen der Alten Musik, den Tagen Alter Musik in Herne, den Bachwochen Thüringen, der Internationalen Orgelwoche Nürn-berg, beim Rheingau Musik Festival, dem Festival Mitte Europa und dem Beijing Music Festival auf.

Olga Watts ist eine gefragte Spezialistin auf dem Gebiet des Generalbasses; als Cembalobegleiterin trat sie beim Internatio-nalen Bach-Wettbewerb in Leipzig und mehrfach beim ARD-Wettbewerb in München in Erscheinung.

Seit 2005 ist Olga Watts als Lehrbeauftragte für Korrepetition in historischer Aufführungspraxis an der Hochschule für Musik und Theater München tätig, und seit 2010 hat sie die gleiche Stellung auch an der Salzburger Universität Mozarteum.

HAUS DER KUNSTGalerie Andreas Lendl.

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