2 Redaktion Der proximale und komplette · PDF filelignen Läsionen des Femur dar, überwie-gend jene von Karzinomen der Brust, ... Infektion und Fraktur zumindest in Operative Techniken

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  • Oper Orthop Traumatol 2012 24:215226DOI 10.1007/s00064-011-0061-7Online publiziert:30. Juni 2012 Springer-Verlag 2012

    P.H.Pennekamp1D.C.Wirtz1H.R.Drr21 Klinik und Poliklinik fr Orthopdie und Unfallchirurgie, Rheinische Friedrich-Wilhems-Universitt Bonn2 Orthopdische Klinik und Poliklinik, Schwerpunkt Tumororthopdie, LMU Mnchen

    DerproximaleundkompletteFemurersatz

    Vorbemerkungen

    Das Femur ist eine hufige Lokalisation fr das Auftreten primr maligner Kno-chentumoren [26]. So treten im proxi-malen Anteil ca. 13% der Chondrosarko-me [31], 16% der Ewing-Sarkome [32] und 10% der Osteosarkome auf [33]. Knochen-metastasen stellen aber die hufigsten ma-lignen Lsionen des Femur dar, berwie-gend jene von Karzinomen der Brust, der Lunge, der Niere und der Prostata [7].

    Die Dignitt eines femoralen Kno-chentumors ist durch eine Biopsie zu si-chern. Die Biopsiestelle sollte so ge-plant und angelegt sein, dass sie im Fal-le einer spteren weiten Tumorresektion im Schnittverlauf liegt und bei Inzisions-biopsien mit ausreichendem Sicherheits-abstand reseziert werden kann. Der Biop-siekanal sollte mglichst auf dem krzes-ten Wege zum Tumor liegen und nicht mehr als ein Kompartiment einbezie-hen [4]. Am proximalen Femur hat sich die Probeentnahme von anterolateral auf Hhe des Trochanter-major-Unterrands im Ansatzbereich des M. vastus latera-lis bewhrt. Lsionen des epi- und meta-physren Bereichs knnen minimal-inva-siv durch den Schenkelhals biopsiert wer-den [35].

    In der Vergangenheit waren maligne Knochentumore im Bereich des Femur-knochens in den meisten Fllen nur durch Amputationen oder Hftexartikulationen beherrschbar und bedeuteten fr den Pa-tienten zumeist den vollstndigen Funk-tionsverlust der betroffenen Extremitt [24]. Heutzutage ist durch Fortschritte der Bildgebung, verbesserten Operationstech-

    niken sowie durch den Einsatz (neo)ad-juvanter Verfahren wie der Radio- oder Chemotherapie in mehr als 90% der Flle eine lokale Beherrschung der Tumor-erkrankung unter Erhalt der Extremitt mglich [6].

    Ziel der operativen Therapie primr maligner Knochentumoren im Bereich des proximalen Femur ist die weite Re-sektion nach Enneking [10]. Die (akziden-telle) Darstellung des Tumors bzw. seiner Kapsel ist als marginale, tumorchirurgisch inadquate Resektion zu betrachten und zu vermeiden.

    Zu unterscheiden ist die intraartiku-lre Resektion des proximalen Femur in den hufigeren Fllen von malignen Kno-chentumoren ohne Hftgelenkbeteiligung von der extraartikulren Femurresektion bei eher seltenem Mitbefall des Hftge-lenks. Dies muss bereits im Rahmen der properativen Planung entschieden wer-den, da eine extraartikulre Resektion des Hftgelenks neben der femoralen auch die azetabulre Defektrekonstruktion not-wendig macht.

    Die Indikation zur totalen Femurre-sektion ergibt sich bei multiplen Lsio-nen im Femur (z. B. bei Vorliegen von extensiven Skipmetastasen) oder bei pri-mr diaphysr gelegenen Tumoren, die sich proximal und distal bis jenseits des epimetaphysren bergangs ausbreiten und einen sinnvollen Gelenkerhalt nicht mehr ermglichen [28]. Bei frakturier-ten oder frakturgefhrdeten Femurmeta-stasen knnen stabilisierende Verfahren wie die Marknagelosteosynthese eine in-tramedullre Tumordissemination verur-sachen, was im Falle einer spteren Revi-

    sion z. B. bei Implantatversagen oder lo-kaler Metastasenprogression den tota-len Femurersatz notwendig machen kann.

    Oberstes Ziel in der Metastasenchir-urgie im Bereich des Femur ist die mg-lichst rasche Wiederherstellung der Mobi-litt des Patienten unter Vermeidung eines Lokalrezidivs [25]. Die Indikation zur Re-sektion einer Knochenmetastase im pro-ximalen Femur besteht bei solitren L-sionen sowie bei groen destruierenden Prozessen wie z. B. den Nierenzellkarzi-nommetastasen. Aufgrund ihres lokal ag-gressiven Wachstums bei geringem An-sprechen auf eine adjuvante Radiochemo-therapie wird in der Literatur eine Versa-gensrate intralsionaler Stabilisierungs-verfahren (Marknagelung, Verbundosteo-synthese) von 24% angegeben [23]. Bei verhltnismig guter Prognose mit 50% Gesamtberleben nach 2 Jahren [9] und 39% nach 10 Jahren [1, 12] sind resezieren-de Verfahren bei diesem Patientengut ge-rechtfertigt und zu bevorzugen.

    Als Rekonstruktionsoption nach pro-ximaler bzw. totaler Femurresektion hat sich in Europa der endoprothetische Er-satz durch modulare Megaprothesensys-teme durchgesetzt. Im Gegensatz zu in-dividuell angefertigten Monoblock-Pro-thesen (custom made megaprosthesis) sind die modularen Systeme rasch verfg-bar, kostengnstig und flexibel an die in-traoperative Situation anpassbar [19]. Die Verwendung osteoartikulrer Allografts oder Composite-Allografts als biologi-sche Alternative zum knstlichen Fe-murersatz ist aufgrund von Problemen in Bezug auf Verfgbarkeit, ossrer Integra-tion, Infektion und Fraktur zumindest in

    Operative Techniken

    RedaktionM. Rudert, WrzburgZeichnerR. Himmelhan, Heidelberg

    215OperativeOrthopdieundTraumatologie32012 |

  • Europa zunehmend in den Hintergrund gerckt. Gleichwohl stellen sie gerade in funktioneller Hinsicht eine gute Alterna-tive dar [5, 13, 14, 36].

    Alle modularen Megaendoprothesen-systeme besitzen ein hnliches Komplika-tionsspektrum, wobei die Komplikations-rate im Vergleich zu konventionellen En-doprothesensystemen bei nichtonkologi-schen, immunkompetenten Patienten si-gnifikant hher ist.

    Hervorzuheben sind insbesondere die aseptische Lockerung, der tiefe Prothe-seninfekt und die Luxation [15, 20, 22]. Die Prothesenluxation rckt anscheinend durch die Verwendung bipolarer Kpfe (Duokopf) bei der hemiprothetischen Versorgung oder durch Implantation tri-polarer Pfannensysteme bei der Totalpro-these in den Hintergrund.

    Zustzliche Stabilitt gewinnt die Tu-morendoprothese durch Erhalt der Hft-gelenkskapsel sowie durch Fixierungsmg-lichkeiten von Muskeln und Sehnen direkt an der Prothese, z. B. durch sen oder ff-nungen, oder durch Verwendung syntheti-scher Anbindungsschluche, z. B. aus Poly-ethylenterephtalat (PET, Trevira) [17].

    Die Rate aseptischer Lockerungen von Megaimplantaten bei Tumorpatienten wird in der Literatur mit einer Inzidenz von 327% angegeben [15, 19, 30]. Dabei besitzen Megaprothesen zur Rekonstruk-tion von Defekten im Bereich des dista-len Femur und der proximalen Tibia das hchste Lockerungsrisiko [21]. Der Ein-fluss der intramedullren Schaftveranke-rung (zementiert vs. zementfrei) auf die Inzidenz der aseptischen Lockerung ist aufgrund der sehr heterogenen Patien-tenkollektive und der berwiegend retro-spektiv erhobenen Datenlage weiterhin unklar [27, 30].

    Trotzdem ist bei jngeren Patien-ten mit primr malignen Knochentu-moren ohne Notwendigkeit der loka-len Bestrahlung die zementfreie Schaft-verankerung (press-fit) zu bevorzugen [34]. Liegt die Resektionsebene aller-dings sehr distal, so erlaubt die Geome-trie des Femur meist nur die zementier-te Versorgung, evtl. sogar mit zustzli-cher Verschraubung.

    Beim lteren Patienten mit sekundren Lsionen wie den Knochenmetastasen ist aufgrund der Mglichkeit der sofortigen

    postoperativen Vollbelastbarkeit die ze-mentierte Schaftverankerung zu favorisie-ren. Das optimale Verankerungskonzept einer Megaprothese bleibt abhngig von unterschiedlichsten Faktoren und muss individuell im Rahmen der properativen Planung festgelegt werden [29].

    Die tiefe Infektion stellt eine der gra-vierendsten Komplikationen in der Tu-morendoprothetik dar. Die Infektions-rate nach Implantation von Tumorendo-prothesen an der unteren Extremitt liegt zwischen 3% und 13% [2]. Das Er-regerspektrum umfasst neben den am hufigsten nachgewiesenen Staphy-lokokken zunehmend multiresistente Subspezies wie MRSA oder MRSE [18]. Risikofaktoren fr das Auftreten einer periprothetischen Infektion sind lan-ge Operationszeiten, ausgedehnte Re-sektionen mit schlechter Weichteilde-ckung der Endoprothese, reduzierte Immunabwehr durch adjuvante Radio-/Chemotherapie sowie die onkologische Grunderkrankung selbst [3, 20, 25]. Die antibakterielle Wirkung silberbeschich-teter Oberflchen modularer Tumoren-doprothesen kann das Infektionsrisiko senken [15, 16].

    Analog zu den Empfehlungen zur Ver-meidung hmatogener Infektionen in der konventionellen Endoprothetik sollten Patienten mit Megaimplantaten bei In-fektgefhrdung z. B. bei operativen Ein-griffen, Zahnbehandlungen oder bakte-riellen Entzndungen konsequent anti-biotisch abgedeckt werden.

    Operationsprinzip und -ziel

    Rekonstruktion segmentaler Kno-chensubstanzverluste des proxima-len Femur nach Tumorresektion oder nach Revisionseingriffen in der Hft-endoprothetik.

    Vorteile

    FModularitt mit frei whlbarer Re-konstruktionslnge

    FEinstellung der Ante-/Retroversion des Prothesenhalses

    FRotationsstabile Schaftgeometrie mit zementfreier oder zementierter Ver-ankerungsmglichkeit

    FAntimikrobielle Silberbeschichtung erhltlich

    FZahlreiche Kombinationsmglichkei-ten mit Hft- und Knierevisionssys-temen sowie Ausbau zum totalen Fe-murersatz mglich

    FSchnelle Verfgbarkeit und geringerer Kostenaufwand im Vergleich zu Indi-vidualanfertigungen

    Nachteile

    FIm Vergleich zur konventionellen Hftendoprothetik erhhtes Luxati-ons- und Infektionsrisiko

    FIm Vergleich zur konventionellen Hftendoprothetik schlechte Funk-tionalitt durch Verlust von Muskel- und Sehnengewebe

    FLangwieriger Verlauf und begrenzte Rckzugsmglichkeiten bei peripro-thetischem Infekt

    Indikationen

    FAggressive benigne und primr mali-gne Knochentumoren des proximalen Femur

    FStabilittsgefhrdende Knochenme-tastasen des proximalen Femur mit ausgedehnten Osteolysen oder bei ku-rativem Resektionswunsch

    FAusgeprgter segmentaler Knochen-substanzverlust des proximalen Fe-mur (Typ Paprosky IV) nach fehlge-schlagener Hftendoprothetik oder Osteosynthese [8]

    FPeriprothetische Frakturen, bei denen eine osteosy