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2004 Entwerfen adaptiver Strukturen Lastpfadmanagement zur Optimierung tragender Leichtbaustrukturen Von der Fakultät Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktors der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung Vorgelegt von Patrick Teuffel aus Aachen Hauptberichter: Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren Universität Stuttgart Mitberichter: Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Ekkehard Ramm Institut für Baustatik Universität Stuttgart Tag der mündlichen Prüfung: 15.12.2004 Universität Stuttgart Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek Prof. Dr.-Ing. Balthasar Novák

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2004

Entwerfen adaptiver Strukturen

Lastpfadmanagement zur Optimierung tragender

Leichtbaustrukturen

Von der Fakultät Bau- und

Umweltingenieurwissenschaften der Universität Stuttgart

zur Erlangung der Würde eines Doktors der

Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) genehmigte

Abhandlung

Vorgelegt von

Patrick Teuffel

aus Aachen

Hauptberichter:

Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek

Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren

Universität Stuttgart

Mitberichter:

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Ekkehard Ramm

Institut für Baustatik

Universität Stuttgart

Tag der mündlichen Prüfung: 15.12.2004

Universität Stuttgart

Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren

Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek

Prof. Dr.-Ing. Balthasar Novák

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Entwerfen adaptiver Strukturen Vorwort

Vorwort

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart in der Zeit von 1999 bis 2003.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr.-Ing. Werner Sobek, der mir am Institut einen idealen Rahmen bot, um die Arbeit durchzuführen. Seine Anregungen und seine Unterstützung haben die Arbeit entscheidend geprägt. Weiterhin danke ich für die Erstellung des Hauptberichts. Herr Prof. Dr.-Ing. Ekkehard Ramm hat dankenswerterweise den Mitbericht erstellt.

Allen Mitgliedern des Instituts und meinen Diplomanden möchte ich für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung danken.

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Entwerfen adaptiver Strukturen Inhaltsverzeichnis

4

Inhaltsverzeichnis Bezeichnungen

Zusammenfassung

Abstract

1 Einleitung

1.1 Leichtbau

1.2 Adaption

1.3 Ziel und Gliederung der Arbeit

2 Adaptive Systeme

2.1 Konzept

2.1.1 Grundlagen

2.1.2 Sensoren

2.1.3 Aktuatoren

2.1.4 Steuerung und Regelung

2.2 Anwendungen

2.2.1 Erste Ideen und Konzepte

2.2.2 Passive Systeme

2.2.3 Aktive Systeme

2.2.4 Semi-aktive Systeme

2.2.5 Hybride Systeme

2.3 Bewertung

3 Strukturoptimierung

3.1 Grundlagen

3.2 Optimalitätskriterienmethoden

3.3 Mathematische Programmierung

3.3.1 Problembeschreibung

3.3.2 Optimierungsverfahren

4 Lastpfadmanagement

4.1 Konzept

4.1.1 Definition und Ziel

4.1.2 Manipulierbarkeit

4.1.3 Übersicht

4.2 Kraftpfadoptimierung

4.2.1 Ermittlung der optimalen Kraftpfade

4.2.2 Formoptimierung

4.2.3 Ermittlung der Differenzkräfte und –verschiebungen

4.2.4 Fail-safe - Konzept

4.3 Auswahl der Aktuatoren und Sensoren

4.3.1 Problematik

4.3.2 Effizienzindikator

4.3.3 Regel- bzw. Steuerbarkeit

4.3.4 Beobachtbarkeit

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Entwerfen adaptiver Strukturen Inhaltsverzeichnis

5

4.4 Adaptionsvorgang

4.4.1 Vorüberlegungen

4.4.2 Statisch bestimmte Systeme

4.4.3 Statisch unbestimmte Systeme

4.5 Form follows energy

4.5.1 Metabolismus

4.5.2 Formänderungsarbeit

4.5.3 Erweiterung der Kraftpfadoptimierung

5 Tragwerksstudie

5.1 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

5.2. Beispiel 1 – 4-Stabfachwerk

5.2.1 Systembeschreibung

5.2.2 Kraftpfadoptimierung

5.2.3 Fail-safe - Konzept

5.2.4 Ergebnisse

5.3. Beispiel 2 – Fachwerkbogen

5.3.1 Systembeschreibung

5.3.2 Kraftpfadoptimierung

5.3.3 Auswahl der Aktuatoren und Verformungsadaption

5.3.4 Formoptimierung

5.3.5 Ergebnisse

5.4 Beispiel 3 – Fachwerkträger

5.4.1 Systembeschreibung

5.4.2 Form follows energy 5.4.3 Ergebnisse

6 „Stuttgarter Träger“

6.1 Vorüberlegungen

6.2 Entwurf

6.3 Realisierung

7 Zusammenfassung und Ausblick

7.1 Zusammenfassung

7.2 Ausblick

7.2.1 Tragwerk

7.2.2 Aktuatoren, Sensoren und Regelung

7.2.3 Wirtschaftlichkeit

7.2.4 Full-scale testing und Realisierung

7.2.5 Nutzerakzeptanz

Literatur

Lebenslauf

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Entwerfen adaptiver Strukturen Bezeichnungen

Bezeichnungen

γ [-] Sicherheitsfaktor

γfs [-] reduzierter Sicherheitsfaktor (fail-safe)

εik [-] Dehnung, Element i, Lastfall k

κ [-] Anzahl der möglichen Aktuatorkombinationen

ρ [kg/m3] Materialdichte

σik [N/mm2] Spannung (Element i, Lastfall k)

σzul [N/mm2] zulässige Spannung

σzulfs

[N/mm2] zulässige Spannung (fail-safe)

Γ [-] Zuordnungsmatrix

Θ [-] Entwurfsraum

Ψ [m] Knotenkoordinaten

a [-] Anzahl der Aktuatoren

b [-] Transformationsmatrix

c [-] Elementrichtungskosinusse

e [-] Effizienzindikatoren der Aktuatoren

f Zielfunktion

g Ungleichheitsnebenbedingung

h Gleichheitsnebenbedingung

i [-] Elementnummerierung

j [-] Nummerierung der Freiheitsgrade

k [-] Nummerierung der Lastfälle

l [m] Elementlängenvektor

li [m] Länge Element i

∆la [m] adaptive Elementlängenänderungen

∆lp [m] passive Elementlängenänderungen

∆lpa [m] passiv-adaptive Elementlängenänderungen

∆lr [m] geregelte (adaptive + passive) Elementlängenänderungen

m [-] Anzahl der Elemente

n [-] Anzahl der Freiheitsgrade

nf [-] Anzahl der gehaltenen Freiheitsgrade

nr [-] Anzahl der zu regelnden Freiheitsgrade

p [-] Anzahl der Lastfälle

p [m], [m2], [N] Entwurfsparameter

r [-] Redundanz

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Entwerfen adaptiver Strukturen Bezeichnungen

s [m2/N] Matrix der inversen Spannungen

ujk [m] Knotenverschiebungen, Freiheitsgrad j, Lastfall k

ua [m] adaptive Knotenverschiebungen

up [m] Knotenverschiebungen (passives System)

upa [m] Knotenverschiebungen (passiv-adaptives System)

ur [m] Knotenverschiebungen (geregeltes System)

∆u [m] Differenz der Knotenverschiebungen (geregelter Verformungszustand – passiv-adaptiver Verformungszustand)

x [m], [m2], [N] Entwurfsvektor

xu [m], [m2], [N] untere Grenze des Entwurfsvektors

xo [m], [m2], [N] obere Grenze des Entwurfsvektors

A [m2] Querschnittsflächen

Ag Koeffizientenmatrix Ungleichheitsnebenbedingungen

Ah Koeffizientenmatrix Gleichheitsnebenbedingungen

E [N/m2] Elastizitätsmodul

G [kg] Gewicht

Nk [N] Normalkräfte, Lastfall k

Ngk [N] Normalkräfte bei Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität

Nik [N] Normalkraft, Element i, Lastfall k

Na [N] adaptive Normalkräfte

Nopt [N] kraftpfadoptimierte Normalkräfte

Np [N] Normalkräfte am passiven System

Npa [N] Normalkräfte am passiv-adaptiven System

∆N [N] Differenz der Normalkräfte infolge Inkompatibilität

Pk [N] Lastvektor, Lastfall k

Qk [N] Auflagerkräfte, Lastfall k

SN [N/m] Sensitivitäten ausgewählter Aktuatoren, Kraftzustand N~

S [N/m] Sensitivitäten aller möglichen Aktuatoren, Kraftzustand

Su [m/m] Sensitivitäten ausgewählter Aktuatoren, Verformungszustand u~

S [m/m] Sensitivitäten aller möglichen Aktuatoren, Verformungszustand

V [m3] Volumen

WäV [Nm] äußere Verschiebungsarbeit

WiV [Nm] innere Verschiebungsarbeit

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Entwerfen adaptiver Strukturen Zusammenfassung

Zusammenfassung

Im Rahmen der Arbeit wird ein Entwurfskonzept für adaptive Tragstrukturen entwickelt, mit dem gewichtsminimale Tragwerke unter Beibehaltung von Spannungs- und Verformungskriterien entworfen werden können. Die Adaption an verschiedene Belastungszustände wird durch den Einsatz von längen- und steifigkeitsvariablen Elementen ermöglicht. Dieses Verfahren wird als Lastpfadmanagement (LPM) bezeichnet.

Unter adaptiven Tragstrukturen werden Systeme verstanden, die auf äußere Einwirkungen reagieren und ihren Beanspruchungszustand anpassen können. Um die Adaption zu ermöglichen, sind in die Systeme Sensoren, ein Steuerungs- bzw. Regelungssystem sowie Aktuatoren integriert.

Das entwickelte Verfahren (LPM) besteht im Wesentlichen aus 3 Schritten: - Bestimmung der optimalen Kraftpfade für verschiedene Lastfälle - Ermittlung der Anzahl und Lage der erforderlichen Sensoren und Aktuatoren - Adaptionsvorgang

Die optimalen Kraftpfade werden für verschiedene Lastfälle mit Hilfe der mathematischen Programmierung bestimmt: Ziel ist es, das Eigengewicht (bei gleichzeitiger Berücksichtung von Gleichgewichtsbedingungen und Einhaltung der zulässigen Spannungen) zu minimieren. Im Gegensatz zu einer „normalen“ statischen Berechnung werden die geometrischen Kompatibilitätsbedingungen in diesem Schritt nicht berücksichtigt. Neben der Querschnittsoptimierung kann auch eine Formoptimierung des Systems durchgeführt werden.

Durch die nicht berücksichtigte geometrische Kompatibilität ergeben sich Differenzkräfte im System, die durch die adaptiven Elemente ausgeglichen werden müssen. Die Auswahl der hierfür notwendigen Aktuatoren erfolgt in zwei Schritten: Zuerst wird anhand eines Effizienzkriteriums untersucht, welchen Beitrag die einzelnen Elemente am Adaptionsprozess leisten können. Anschließend werden verschiedene Kombinationen der effizientesten Aktuatoren auf Regelbarkeit überprüft.

Nach der Wahl der Anzahl und Position der adaptiven Elemente kann die erforderliche Reaktion derselben ermittelt werden. Die erforderlichen Längenänderungen der Elemente können mit Hilfe der geometrischen Kompatibilitätsbedingungen ermittelt werden. Die Kraft- und Verformungsadaption kann auf zweierlei Arten erfolgen, entweder durch eine direkte Längenvariation der Elemente (z. B. durch Linearaktuatoren) oder indirekt über eine Anpassung der Steifigkeiten (z. B. eine Variation der Materialeigenschaften).

Weitere Untersuchungen berücksichtigen den Energiebedarf sowie die Tragwerkszuverlässigkeit dieser Systeme. Anhand von numerischen Beispielen wird das Tragverhalten verschiedener Systeme untersucht und hinsichtlich des Gewichtseinsparpotenzials bewertet.

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Entwerfen adaptiver Strukturen Abstract

Abstract

In the context of this work a design concept for adaptive structures is developed. The aim of the concept is to minimize the weight of the structures while maintaining stress and deformation criteria. The adaptation to different load conditions can be realized using variable length and variable stiffness elements. This procedure is called load path management (LPM).

Adaptive structures can be defined as systems, which are able to react to external stimuli and adapt to variable conditions. In order to achieve the adaptation, the systems consist of sensors, a control unit and actuators.

The developed procedure (LPM) essentially consists of 3 steps: - determination of the optimal force path for different load cases - determination of the number and location of the necessary sensors and actuators - adaptation process

The optimal force path for different load cases is determined using mathematical programming: The goal is it to minimize the self weight of the structure (taking nodal equilibrium and permissible stresses into account). Contrary to a “conventional” static analysis the geometrical compatibility equations are neglected. Apart from the cross-sectional optimization a shape optimization of the system can be accomplished as well.

As a result of ignoring the geometrical compatibility equations constraint forces arise in the real system, which can be compensated by the adaptive elements. The selection of the required actuators takes place in two steps: On the basis of an efficiency criteria the level of contribution of the individual elements at the adaptation process is determined. In a subsequent step the controllability of the combinations of the most efficient actuators is reviewed.

After selecting the number and position of the adaptive elements their necessary reaction can be determined. The necessary extension respectively shortening is determined on the basis of the geometrical compatibility equations. The force and deflection adaptation can be achieved in two different ways, either via a direct length variation of the element (e.g. by linear actuators) or indirectly by an adjustment of the rigidity (e.g. a variation of the material properties).

Further investigations include the energy requirement as well as the reliability of these systems. On the basis of numerical examples the load carrying behaviour of different systems is examined and evaluated regarding their potential to weight savings.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 1 Einleitung

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1 Einleitung

1.1 Leichtbau

Leichtbau ist Notwendigkeit bei Konstruktionen, die weit gespannt sind oder große Höhen erreichen sollen (Sobek 1995). Auch für mobile oder wandelbare Strukturen bedeutet eine mögliche Gewichtsersparnis einen deutlichen Vorteil. Leichtbau ist aber auch bei allen übrigen Konstruktionen anzustreben, um eine ressourcen- und damit auch energiesparende Bauweise zu realisieren. Dies führt in der Regel auch zu hohen ästhetischen Qualitäten.

Grundsätzlich existieren drei verschiedene Prinzipien des Leichtbaus. Beim Materialleichtbau werden Werkstoffe verwendet, die in Relation zum Eigengewicht eine hohe Festigkeit und Steifigkeit haben. Unter Strukturleichtbau versteht man die Vorgehensweise, bei der optimale Lastabtragungsmechanismen für eine Struktur entwickelt werden, z. B. die Vermeidung von Biegebeanspruchungen. Bei der Anwendung des Systemleichtbaus werden verschiedene Funktionen in einem einzelnen Bauteil vereint (Wiedemann 1989). Bei adaptiven Tragwerken werden die Prinzipien des Struktur- und des Systemleichtbaus verwendet.

Je leichter eine Konstruktion ist, desto problematischer wird die Bestimmung eines formbestimmenden Lastfalls, da dieser in aller Regel zeitlich nicht mehr invariant ist. Bei einer Betonschale kann das Eigengewicht sinnvollerweise als formbestimmender Lastfall herangezogen werden. Bei noch leichteren Strukturen erscheint es aber sinnvoll, Tragwerke zu entwickeln, die genau auf diese zeitlichen Veränderungen eingehen können, d.h. dass sie sich den äußeren Einflüssen anpassen (Sobek und Teuffel 2001). Insbesondere die Verwendung von hochfesten Materialien kann zu Verformungsproblemen führen, da die höhere Festigkeit zu reduzierten Querschnitten führt. Die dadurch verringerte Bauteilsteifigkeit kann in der Regel nicht durch eine höhere Materialsteifigkeit ausgeglichen werden.

1.2 Adaption

Adaptive Systeme sind in der Natur eine Selbstverständlichkeit und können auch beim Einsatz in technischen Systemen Vorteile bieten. Hinsichtlich der Anpassung wird unterschieden, in welchem zeitlichen Rahmen sie sich abspielt (Clark et al. 1998). Man spricht von Kurzzeitadaption, wenn die Anpassung in Echtzeit auftritt, beispielsweise die farbliche Anpassung eines Chamäleons. Langfristige Adaptionsprozesse sind beispielsweise Wachstumsvorgänge von Bäumen (Mattheck 1998) und Knochen (Thompson 1917, Cowin 1990). Es wird Material an hochbeanspruchten Stellen angelagert und somit werden Spannungsspitzen vermieden. Evolutionäre Anpassungsprozesse treten über mehrere Generationen auf und verändern das Erscheinungsbild oder die Funktionalität natürlicher Systeme (Holland 1992). Diese Überlegungen, jedenfalls die zur Kurz- und Langzeitadaption, lassen sich auch auf technische Systeme übertragen. Die Anwendung der Kurzzeitadaption wird im Rahmen

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Entwerfen adaptiver Strukturen 1 Einleitung

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dieser Arbeit behandelt, aber auch längerfristige Vorgänge, wie Bauwerkssetzungen, können betrachtet werden. Ebenso denkbar ist die Anwendung der Adaption auf Gebäudehüllen, wie beispielsweise die Verwendung schaltbarer Gläser (Sobek et al. 2000).

Eine funktionale Anpassung im Sinne von wandelbaren Dächern oder beweglichen Brücken wurde schon oftmals realisiert. Aufgrund einer höheren Funktionalität adaptiver Systeme erscheint es in jedem Falle sinnvoll, tragende Strukturen adaptiv zu realisieren, um neue Ziele, beispielsweise Extremleichtbau, zu erreichen. Prinzipiell lassen sich mit adaptiven Systemen entweder leichtere Systeme bei gleicher Funktionalität oder Systeme mit gleichbleibendem Gewicht bei höherer Funktionalität schaffen.

1.3 Ziel und Gliederung der Arbeit

Ziel der Arbeit ist die Entwicklung eines Verfahrens zum Entwurf gewichtsminimaler adaptiver Strukturen. Es wird eine Vorgehensweise entwickelt, mit der das Potenzial der Adaptivität beim Entwurf einer tragenden Struktur von Beginn an berücksichtigt werden kann. Im Gegensatz zur herkömmlichen Vorgehensweise des structural control werden dadurch nicht "nur" unter Zuhilfenahme von aktiven Elementen die Probleme des passiven Systems gelöst, sondern es wird angestrebt, von Beginn an eine Struktur zu entwickeln, bei der diese Probleme erst gar nicht auftauchen. Dafür wird in dieser Arbeit das Lastpfadmanagement entwickelt, mit dem die Lastabtragung in Strukturen hinsichtlich der Kraftverteilung optimiert werden kann. Weiterhin ist es möglich, das Verformungsverhalten zu manipulieren. Der Aspekt der Formoptimierung wird ebenso untersucht.

In Kap. 2 und 3 werden die für die Optimierung adaptiver Strukturen notwendigen Grundlagen und der Stand der Technik erörtert. Verschiedene adaptive Systeme werden in Kap. 2 beschrieben, während in Kap. 3 ein Überblick über verschiedene Verfahren der Strukturoptimierung gegeben wird. Der Hauptteil der Arbeit, das entwickelte Verfahren zum Lastpfadmanagement sowie die Anwendung auf drei Beispiele, wird in Kap. 4 und 5 beschrieben. Neben der Kraftpfadoptimierung, d.h. der Ermittlung der optimalen Kraftzustände, werden weitere Aspekte wie die Auswahl und Positionierung der Aktuatoren, Verformungskriterien, ein fail-safe - Konzept und die Formoptimierung berücksichtigt. Im Rahmen dieser Arbeit entstand ein Prototyp eines adaptiven Systems – der „Stuttgarter Träger“. Die Wirkungsweise sowie die Realisierung werden in Kap. 6 beschrieben. In Kap. 7 werden die wesentlichen Aspekte der Arbeit zusammengefasst und es wird ein Ausblick für die weitere Entwicklung adaptiver Strukturen gegeben.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

2 Adaptive Systeme

2.1 Konzept

2.1.1 Grundlagen

Adaptive Vorgänge sind in der lebenden Natur selbstverständlich und unbedingte Voraussetzung für das Überleben und Weiterentwickeln der jeweiligen Spezies. Die Definition adaptiver Systeme kann auf zweierlei Arten erfolgen (Rogers 1999). Zum Einen können sie über ihre Bestandteile definiert werden, d.h. die Integration von Sensoren, Aktuatoren und einer Regelungseinheit in einem System. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Beschreibung des Zieles, d.h. der Erhöhung der Funktionalität durch eine Anpassung an variierende Umgebungsbedingungen. In diesem Ansatz wird nicht der Weg, sondern das Ziel näher beschrieben.

Basierend auf der Definition von Yao (1972) ist in Abb. 2.1 ein schematischer Überblick gegeben, der den Zusammenhang zwischen Sensoren, Aktuatoren und der Regelungseinheit wiedergibt. Je nachdem, ob es sich um ein semi-aktives oder ein aktives System handelt, können die Aktuatoren die Systemeigenschaften verändern oder Zusatzkräfte in der Struktur bewirken.

Erkennen

Entscheiden

Regelung

TragwerkErregung Systemantwort

Sensoren

Überwachung der Erregung

Sensoren

Überwachung der Systemantwort

Aktuatoren

Ausführung der gewünschten Reaktionen

Abb. 2.1: Adaptives System

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Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

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Neben dem Begriff „adaptiv" werden in der Literatur weitere Termini, wie „intelligent“ oder „smart“, benutzt. Der Fachbereich, der sich mit dem Zusammentreffen von elektronischen und mechanischen Bauteilen beschäftigt, wird Adaptronik oder auch Mechatronik genannt (Janocha 1999). Im Rahmen dieser Arbeit soll von "adaptiv" gesprochen werden, da Begriffe wie „intelligent" im Zusammenhang mit technischen Produkten – jedenfalls zu Beginn des 21. Jahrhunderts - nicht angebracht erscheinen (Sobek und Teuffel 2002). Die Diskussion über die Verwendung der Begriffe ist umfassend dokumentiert (z. B. Clark et al. 1998, Srinivasan und McFarland 2001) und soll an dieser Stelle nicht weiter geführt werden, sondern mit einem Zitat von Culshaw (1999) abgeschlossen werden:

"I conclude by observing that adaptronics, smart structures or whatever we call it, is nothing other than a synonym for good engineering...".

Ein weiterer Aspekt bei der Entwicklung adaptiver Strukturen ist die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedenster Fachrichtungen, die bisher im konstruktiven Ingenieurbau oder auch in der Architektur in dieser Art selten vorkommt. Die Integration von elektronischen Bauteilen in tragende Strukturen sowie der Einfluss der Informationsverarbeitung auf die Gebrauchstauglichkeit von Tragwerken sind heutzutage unüblich.

Die drei Hauptbestandteile von adaptiven Systemen - Sensoren, Regelungseinheit und Aktuatoren - werden in den folgenden Abschnitten kurz beschrieben.

2.1.2 Sensoren

Bei Sensoren handelt es sich um die Bauteile, welche die Veränderungen von äußeren Einflüssen, aber auch die des systeminternen Zustandes messen und diese Informationen an die Steuerungs- bzw. Regelungseinheit weiterleiten. Je nach der zu messenden Größe, wie z. B. Dehnung oder Beschleunigung, können verschiedene Typen zum Einsatz kommen (Janocha 1999, Srinivasan und McFarland 2001). Resistive, induktive sowie kapazitive Wegaufnehmer werden beispielsweise von Isermann (1999) beschrieben.

Dehnmessstreifen gehören zu den am häufigsten verwendeten Sensoren und kommen zum Einsatz, um Dehnungen in Bauteilen zu messen. Die Funktionsweise beruht auf der Änderung des elektrischen Widerstandes des verwendeten Materials infolge einer Längenänderung.

Optische Fasern werden heutzutage primär zur Datenübertragung verwendet. Mögliche Einsatzbereiche liegen aber auch im Bereich der Sensorik. Änderungen der optischen Eigenschaften infolge Dehnungen werden genutzt, um den aktuellen Tragwerkszustand zu überwachen. Die Vorteile liegen in ihrem geringen Gewicht, einer geringen Größe und ihrer geometrischen Flexibilität. Faseroptische Sensoren werden hauptsächlich zur zerstörungsfreien Überwachung von Bauwerken (health-monitoring) eingesetzt.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

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Der piezoelektrische Effekt wurde von Jacques und Pierre Curie 1888 entdeckt (Janocha 1999). Der Effekt erfasst den Zusammenhang von elastischen Dehnungen und der Ausrichtung von elektrischen Dipolen eines Materials. Durch das Anbringen einer mechanischen Belastung und einer daraus resultierenden Dehnung wird ein elektrisches Feld erzeugt, das gemessen werden kann. Somit können Rückschlüsse auf die Dehnung gezogen werden.

Die Anwendung von Sensoren ist relativ ausgereift und verschiedene Systeme für unterschiedliche Aufgaben sind kommerziell erhältlich. Folgende Parameter sind bei der Auswahl zu beachten: Sensitivität hinsichtlich der zu messenden Größen, mechanische Robustheit, Überlastbarkeit, Linearität, Kompatibilität zu anderen Materialien, Messbereich, Auflösung, Kosten sowie Reifegrad der Entwicklung.

2.1.3 Aktuatoren

Aktuatoren stellen die Verbindungsglieder zwischen dem informationsverarbeitenden Teil eines Systems, d. h. der Regelung, und einem technischen Prozess dar. Mit ihrer Hilfe findet eine Energieumwandlung statt, z. B. von elektrischer Energie in Bewegungsenergie. Grundsätzlich ist eine Vielzahl von verschiedenen Typen realisierbar (Isermann 1999, Janocha 1999, Srinivasan und McFarland 2001). Im Folgenden sollen die wichtigsten Aktuatorsysteme vorgestellt werden, deren Anwendung im Bauwesen denkbar ist. Neben herkömmlichen Aktuatoren, wie elektromechanischen oder fluidtechnischen Systemen, kommen in den letzten Jahren verstärkt Aktuatoren zum Einsatz, die auf der Verwendung von smarten bzw. intelligenten Werkstoffen basieren. Es handelt sich hierbei um Materialien mit „interessanten“ variablen Eigenschaften. Die für tragwerkstechnische Anwendungen relevanten smarten Materialien können im Wesentlichen in form- und phasenveränderliche Materialien unterteilt werden (Sobek et al. 2000).

Elektromechanische Stelleinrichtungen sind aufgrund ihrer großen Typenvielfalt sehr weit verbreitet – eine flexible Anpassung an unterschiedliche Anforderungen ist mit ihnen möglich. Neben diesem Vorteil bieten sie auch gute Regeleigenschaften und hohe Gesamtwirkungsgrade. Nachteilig sind die relativ geringe Leistungsdichte, ein eingeschränkter thermischer Betriebsbereich und ein hoher Anteil an beweglichen Teilen (Isermann 1999). Elektromechanische Antriebe sind in der Lage, translatorische (Elektromagnet, Linearmotor) sowie rotatorische Bewegungen (Elektromotor) durchzuführen. Der Leistungsbereich erstreckt sich bis hin zu Antrieben mit mehreren kW Leistung.

Pneumatische und hydraulische Aktuatoren gehören in die Klasse der fluidtechnischen Stellantriebe. Beide Typen werden primär als Lineartranslatoren verwendet. Ihre Vorteile, wie große Stellkräfte (hydraulische Aktuatoren) und große Stellwege, machen sie für den Einsatz im Bauwesen interessant, während Nachteile, wie z. B. eingeschränkte Positioniergenauigkeit, ein nicht allzu großes Problem darstellen. Ein weiterer Vorteil ist, dass hohe statische Gegenkräfte mit geringer Leistung gehalten

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Entwerfen adaptiver Strukturen 2 Adaptive Systeme

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werden können und die Aktuatoren nur im dynamische Zustand Leistung aufnehmen (Isermann 1999).

Im Gegensatz zu piezoelektrischen Sensoren wird bei der Anwendung für Aktuatoren der inverse piezoelektrische Effekt genutzt, d. h. durch das Erzeugen eines elektrischen Feldes wird eine elastische Verformung des Materials verursacht. Das am weitesten verbreitete Material ist hierbei Blei – Zirkonium - Titanat (PZT). Die Vorteile dieser Aktuatoren liegen in der hohen Reaktionsgeschwindigkeit (im Bereich von ms), hohen zulässigen Spannungen (ca. 300 N/mm2) sowie einer hohen Steifigkeit; nachteilig ist das geringe Verformungsvermögen (0.2%), das für baupraktische Anwendungen sehr gering ist. Eine dem piezoelektrischen Effekt verwandte Wirkung ist der magnetostriktive Effekt, der in den meisten ferromagnetischen Materialien auftritt. Hierbei kommt es zu einer Expansion bzw. Kontraktion infolge eines magnetischen Feldes. Das am häufigsten verwendete magnetostriktive Material ist TERFENOL (Terbium – Ferrum – Naval – Ordnance - Lab).

Formgedächtnislegierungen (FGL), bzw. shape-memory-alloys (SMA), sind in der Lage, beim Übergang vom austenitischen Zustand in den martensitischen Zustand reversible Verformungen durchzuführen. Dieser Übergang erfolgt bei der so genannten Übergangstemperatur. Der Formgedächtniseffekt kann bei metallischen Legierungen und auch bei Kunststoffen auftreten. Eine heutzutage häufig verwendete Formgedächtnislegierung ist NITINOL - eine Nickel-Titan-Legierung (Nickel – Titan – Naval – Ordnance - Lab). Die Integration von Formgedächtnislegierungen in Faserverbundwerkstoffen führt zu aktiven Verbundwerkstoffen. Neuere Entwicklungen zeigen die Möglichkeit auf, auch den Einfluss magnetischer Felder zu nutzen. Magnetic–shape–memory-alloys (MSMA) werden von Tickle und James (1999) beschrieben.

Eine Volumenänderung infolge einer Stimulation durch elektrische Signale bzw. durch eine chemische Reaktion ist die Besonderheit des Verhaltens elektro- bzw. chemoaktiver Polymere. Im Gegensatz zu den oben genannten Materialien sind die möglichen Verformungen wesentlich größer (>100%), allerdings verbunden mit geringer Steifigkeit und Festigkeit. Der mögliche Einsatzbereich liegt daher auch eher im biomedizinischen Bereich als im Bauwesen (Gülch et al. 2002).

Magneto- wie auch elektrorheologische Fluide besitzen die Eigenschaft, dass ihr rheologisches Verhalten durch das Anlegen eines magnetischen bzw. elektrischen Feldes veränderbar ist. Mit ihnen lassen sich regelbare Dämpfungselemente entwickeln, um Schwingungen zu kontrollieren. Die möglichen Einsatzbereiche liegen im Fahrzeugbau und Bauwesen.

In Zukunft werden auch Mikrosysteme (z. B. Mikro-elektro-mechanische Systeme MEMS) eingesetzt werden, um aktuatorische Aufgaben zu übernehmen. Beispielsweise können Schrägseile von Brücken mit multifunktionalen Materialien, wie z. B. piezoelektrischen Keramiken, beschichtet sein, um die aerodynamischen Eigenschaften zu variieren und Schwingungsprobleme zu vermeiden (Korvink und Schlaich 2000).

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Tanaka et al. (2003) beschreiben ein Konzept, mit dem durch die Integration von Funktionsmaterialien (z. B. Piezokeramiken) in ein Verbundsystem Materialien mit variabler Steifigkeit entwickelt werden können.

Eine Vielzahl von Typen von Aktuatoren steht heutzutage zur Verfügung. Diese können für verschiedene Aufgaben eingesetzt werden. Für die Beurteilung sind folgende Kriterien zugrunde zu legen: Kraft, Hub bzw. Weg, Beschleunigung, Frequenzbereich, Linearität, Einbaugröße, Wartung, Kosten und Entwicklungsgrad. Für die im Rahmen dieser Arbeit dargestellten Untersuchungen kommen neben herkömmlichen Stellgliedern auch piezoelektrische sowie magnetostriktive Bauteile oder Formgedächtnislegierungen für einen Einsatz in Frage. Weiterhin interessant sind die oben genannten steifigkeitsvariablen Mehrwerkstoffsysteme.

2.1.4 Steuerung und Regelung

Der Unterschied zwischen einer Regelung und einer Steuerung liegt darin, dass bei einem geregelten System eine Rückmeldung über die tatsächliche Systemantwort auftritt, während bei einer Steuerung nur die äußeren Einflüsse ermittelt werden. Für die Realisierung adaptiver Strukturen ist eine Regelung notwendig, um eine realistische Beurteilung des Systemverhaltens auch bei möglichen Störeinflüssen, die in der Realität auftreten werden, zu gewährleisten (s. a. Abb. 2.1). Als eine Erweiterung der klassischen Regelung kann die adaptive Regelung angesehen werden, bei der nicht nur das mechanische System einer Anpassung unterliegt, sondern auch die der Regelung zugrunde liegenden Algorithmen mit der Zeit variiert werden können (Clark et al. 1998). Durch den Einsatz neuronaler Netze oder auch künstlicher Intelligenz ist somit in Zukunft auch ein gewisser Lerneffekt erreichbar (Shea et al. 2002).

2.2 Anwendungen

2.2.1 Erste Ideen und Konzepte

Die prinzipielle Möglichkeit der Anwendung aktiver Elemente mit variabler Vorspannung in tragenden Strukturen wurde erstmals von Freyssinet in den 60er-Jahren vorgeschlagen (Zuk und Clark 1970). Kobori und Minai (1960) beschreiben Überlegungen zu aktiven Schwingungstilgersystemen. Eine systematische Betrachtung über gesteuerte bzw. geregelte (open vs. closed loop) Systeme wird erstmals von Yao (1972) beschrieben.

Die Klassifizierung in passive, semi-aktive, aktive sowie hybride structural control – Systeme wird von Housner et al. (1997) umfangreich anhand von Beispielen beschrieben. Ein aktueller Überblick über realisierte Projekte wird von Spencer und Nagarajaiah (2003) sowie Giuliani (2002) gegeben. Bei den dort beschriebenen Bauwerken werden verschiedene Systeme zur Kontrolle von Bauwerksschwingungen eingesetzt. Im Folgenden sollen die wichtigsten Systeme kurz erläutert werden.

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2.2.2 Passive Systeme

Passive Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie keine externe Energiezufuhr benötigen. Die in einem passiven System hervorgerufenen Reaktionen werden durch Bauwerksbewegungen verursacht. Bei Energiedissipationssystemen ist zwischen Schwingungstilgern und Schwingungsdämpfern zu unterscheiden. Bei Schwingungstilgern wird die extern eingebrachte Energie durch Umwandlung in kinetische Energie dissipiert, während bei Schwingungsdämpfern die Energie in Reibungswärme umgesetzt wird (Housner et al. 1997, Symans und Constantinou 1999). Eine weitere Möglichkeit der passiven Anpassung besteht in der Formadaption (Sobek et al. 2000). Denkbar sind beispielsweise Bauwerke oder Bauwerksteile, die sich entsprechend der Windrichtung ausrichten.

Schwingungstilger (tuned mass damper bzw. tuned liquid damper) wurden erstmals 1947 von den Hartog (Housner et al. 1997) vorgeschlagen und werden seitdem primär zur Reduktion wind-, aber auch verkehrsinduzierter Schwingungen verwendet. Die Funktionsweise der Tilger beruht auf dem Effekt, dass die extern eingebrachte Energie (z. B. infolge Wind) durch eine gedämpfte Schwingung des Tilgers dissipiert wird. Schwingungstilger, bestehend aus einem Feder-Masse-System, können für eine bestimmte Frequenz eingestellt („tuned“) werden. Dadurch wird in der Regel die 1. Eigenfrequenz eines Tragwerks getilgt. Weitere Eigenschwingungen können jedoch nicht getilgt werden. Um dieses Problem zu umgehen, können Mehrfach-Schwingungstilger eingesetzt werden, die aus mehreren Feder-Masse-Systeme bestehen und für mehrere Frequenzen eingestellt werden können.

Einige Hochhäuser und Brücken sind mit TMDs realisiert worden, erstmals der Centerpoint Tower in Sydney. Weitere frühe Projekte sind das Citicorp Building in New York sowie der John Hancock Tower in Boston (Housner et al. 1997).

Als Schwingungsdämpfer können verschiedene Typen zum Einsatz kommen. Ihre Wahl hängt von der Art der Erregung ab: Metallische Dämpfer sowie Reibungsdämpfer kommen bei seismischen Problemen zum Einsatz - sie dissipieren die Energie über plastische Verformungen bzw. über Reibung. Viskoelastische bzw. viskofluide Dämpfungssysteme werden bei wind- bzw. verkehrserregten Schwingungen eingesetzt (Soong und Spencer 2002).

Eine weitere Möglichkeit, das Tragverhalten zu kontrollieren, besteht in der Entkopplung des Bauwerks und des Baugrundes. Bei der base isolation wird das Tragwerk gegenüber horizontalen Schwingungen des Baugrundes (Erdbeben) u.a. durch Elastomerlager entkoppelt.

2.2.3 Aktive Systeme

Im Gegensatz zu passiven Systemen wird bei aktiven Systemen die Reaktion des Systems nicht direkt durch die äußere Erregung hervorgerufen. Die gewünschte bzw. erforderliche Reaktion wird durch eine Regelung bzw. Steuerung ermittelt und durch die

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Aktuatoren ausgeführt. Mit einer externen Energiezufuhr werden beispielsweise elektromechanische oder –hydraulische Aktuatoren versorgt (Symans und Constantinou 1999). Sakamoto et al. (2000) sowie Spencer und Nagarajaiah (2003) geben einen Überblick über bereits realisierte aktiv kontrollierte Hochbauten und Brücken. Verschiedene Konzepte aktiver Systeme kommen für Tragwerke im Bauwesen zum Einsatz, die an dieser Stelle kurz beschrieben werden sollen.

Die Weiterentwicklung der passiven Schwingungstilger (tuned mass damper) führt zur Entwicklung von aktiven Systemen (active mass damper). Das erste realisierte aktiv kontrollierte Gebäude – das Kyobashi Seiwa Building - befindet sich in Japan (Sakamoto et al. 2000). Der Vorteil gegenüber passiven Tilgern liegt in der Anpassbarkeit an verschiedene Erregerfrequenzen.

Erste Ideen für Systeme mit einer veränderlichen Vorspannung werden von Zuk und Clark (1970) beschrieben: als mögliche Anwendungen werden Brücken und Hochhäuser genannt. Reinhorn und Soong (1993) verwenden aktive Aussteifungselemente zur Regelung erdbebenerregter Schwingungen. Die Verwendung von regelbaren vorgespannten Stahlbetonträgern zur Reduktion von Vorspannverlusten wird von Pacheco und da Fonseca (2002) vorgeschlagen. Zur Verbesserung des Tragverhaltens von Tensegrity-Strukturen schlagen Fest et al. (2003) den Einsatz aktiver Systeme vor.

2.2.4 Semi-Aktive Systeme

Bei semi-aktiven Systemen wird die Anpassung durch die Manipulation der Systemeigenschaften, d. h. der Steifigkeit oder der Dämpfung, erreicht. Sie kombinieren die Vorteile von passiven und aktiven Systemen. Sie sind anpassungsfähig und bieten damit eine ähnliche Leistungsfähigkeit wie aktive Systeme, ohne auf große externe Energiequellen angewiesen zu sein. Sie können daher sehr zuverlässig arbeiten (Symans und Constantinou 1999).

Der Einsatz von regelbaren Ventilen in fluiden Dämpfungselementen ermöglicht es, den Strömungswiderstand des Fluides zu kontrollieren und Dämpfer mit variablen Eigenschaften zu realisieren. Dadurch kann das dynamische Verhalten von Tragstrukturen beeinflusst werden. Patten et al. (1999) führten hierzu Versuche an der Interstate I-35 Highway Brücke durch, um die Spannungsspitzen infolge einer Beanspruchung durch Schwerlastverkehr zu reduzieren. Eine weitere Möglichkeit, die Dämpfung zu variieren, liegt im Einsatz von regelbaren Fluiden. Elektro- oder magnetorheologische Fluide besitzen die Eigenschaft, dass ihre Viskosität durch den Einfluss von elektrischen bzw. magnetischen Feldern variiert werden kann. Der Vorteil gegenüber den oben genannten einstellbaren Ventilen bzw. Drosseln liegt im Fehlen von beweglichen mechanischen Bauteilen und damit von potentiellen Fehlerquellen (Spencer und Sain 1997).

Sakamoto et al. 2000 beschreiben ein Konzept mit einer variablen Steifigkeitsverteilung in Bauwerken zur Kontrolle von erdbebenerregten Schwingungen. Anstelle der einstellbaren Ventile, die den Widerstand - und damit das Dämpfungsverhalten -

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kontrollieren, werden hierbei ein- bzw. ausschaltbare Ventile eingesetzt. Mit diesen Elementen werden beim Kobori Research Complex die einzelnen Aussteifungsverbände aktiviert bzw. deaktiviert und somit werden die Steifigkeit und die Eigenfrequenz der tragenden Struktur entsprechend den Anforderungen eingestellt.

Regelbare Reibungselemente bieten die Möglichkeit, eine variable Energiedissipation zu realisieren (Spencer und Nagarajaiah 2003). Hierzu werden Elemente eingesetzt, bei denen die übertragbare Reibungskraft eingestellt werden kann. Eine mögliche Realisierung besteht durch den Einsatz von piezoelektrischen Aktuatoren an den Fügestellen (z. B. Schraubverbindungen).

2.2.5 Hybride Systeme

Unter hybriden Systemen versteht man Kombinationen von passiven, aktiven oder semi-aktiven Systemen. Beispiele hierfür sind Systeme wie hybrid mass damper oder hybrid base isolation (Spencer und Sain 1997). Der Grund für die Entwicklung dieser Systeme ist die mögliche Kombinierbarkeit der Vorteile von aktiven Systemen (hohe Leistungsfähigkeit) und von passiven Systemen (hohe Robustheit).

2.3 Bewertung

Aktive Systeme, wie aktive Schwingungstilger oder eine geregelte Vorspannung, können als logische Weiterentwicklung ihrer passiven Pendants – tuned mass damper und Vorspannung – gesehen werden. Sie zeichnen sich durch eine hohe Funktionalität aus und ermöglichen eine deutliche Verbesserung des Tragverhaltens. Problematisch kann der erforderliche Energiebedarf sein. Semi-aktive Systeme sind in ihrer Leistungsfähigkeit nicht ganz so hoch einzuschätzen wie aktive Systeme, allerdings wird bei einer Variation der Systemeigenschaften nur Energie zur Regelung benötigt.

Die oben beschriebenen Konzepte für anpassungsfähige Tragstrukturen erfuhren in den letzten 20 Jahren eine rasante Entwicklung. Bisher liegt aber kein integratives Konzept für den Entwurf dieser Strukturen vor, sondern die aktiven Elemente werden nur als Hilfsmaßnahmen betrachtet. Weiterhin gibt es bisher auch wenig Kenntnisse bei den Planern und zu wenig Interaktion zwischen allen Projektbeteiligten. Der Einfluss auf das Erscheinungsbild von Bauwerken ist bisher nicht erkennbar.

Für die im Rahmen dieser Arbeit vorgeschlagene Vorgehensweise zum Entwurf und zur Optimierung adaptiver Strukturen können die in Kap. 2.1.3 beschriebenen Aktuatoren zum Einsatz kommen. Es wird ein einheitliches Konzept vorgeschlagen, bei dem eine variable Längenänderung einzelner Elemente – aktiv mit Gegenkräften oder semi-aktiv durch Steifigkeitsvariation – verwendet wird.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

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3 Strukturoptimierung

3.1 Grundlagen

Die ersten systematischen Überlegungen zur Optimierung tragender Strukturen werden von Maxwell (1869) und Michell (1904) beschrieben. Ihre Arbeiten bilden die Grundlage für erste Überlegungen zur Gewichtsminimierung tragender Strukturen. Sie entwickelten eine grundlegende Theorie zur optimalen Topologie von tragenden Strukturen, die jedoch auf einen Lastfall und auf Spannungskriterien beschränkt ist. Die mit dieser Theorie entwickelten Optimalstrukturen sind häufig kinematisch, ihre praktische Anwendbarkeit ist daher beschränkt (Wiedemann 1989).

Das Zusammenführen der mathematischen Programmierung und der statischen Berechnung von tragenden Strukturen wird erstmals von Schmit (1960) beschrieben und von ihm als systematic synthesis bezeichnet. Im Weiteren wurden verschiedene Verfahren entwickelt, die in unterschiedliche Kategorien unterteilt werden können. Zum einen gibt es die Optimalitätskriterienmethoden (optimality criterion methods, bzw. OC-methods), bei denen durch Aufstellen und Erfüllen eines Kriteriums die Optimalität ermittelt wird (s. Kap. 3.2). Zum anderen gibt es die Verfahren der mathematischen Programmierung (s. Kap. 3.3). Die verschiedenen Verfahren sind umfassend beschrieben (z. B. Adeli 1997, Arora 1989, Bletzinger und Kimmich 1985, Haftka und Gürdal 1992, Kirsch 1993, Maute et al. 1999, Vanderplaats 1999), daher sollen an dieser Stelle nur die wesentlichen Begriffe und Verfahren kurz genannt werden.

Bei der Strukturoptimierung ist zu unterscheiden, auf welcher hierarchischen Ebene die Optimierung erfolgt. Im Rahmen dieser Arbeit werden die untersuchten Strukturen hinsichtlich der Elementquerschnitte sowie der Geometrie optimiert. Die Verwendung der Strukturoptimierung zur Formfindung wird von Bletzinger et al. (1995) beschrieben. Die Form- bzw. Geometrieoptimierung kann in einer geschachtelten Form, d.h. iterativ mit einer getrennten Querschnitts- und Formoptimierung erfolgen (Wang et al. 2002). Ebenso ist die gleichzeitige Optimierung von Querschnitt und Form möglich (Topping 1983, Vanderplaats 1984, Bendsøe et al. 1994). Bei der Topologieoptimierung handelt es sich um die komplexeste Aufgabe im Rahmen der Strukturoptimierung, da neben der Anzahl der Knoten und Elemente auch die Beziehungen zwischen Knoten und Elementen, d.h. die Topologie, variabel ist.

3.2 Optimalitätskriterienmethoden

Die am weitesten verbreitete Optimalitätskriterienmethode ist das fully-stressed-design (FSD). Das hierbei verwendete Kriterium besagt, dass alle Elemente in mindestens einem Lastfall voll ausgenutzt werden müssen, d.h. fully-stressed sind. Dem FSD liegt der intuitive Ansatz zugrunde, dass eine Gewichtsverringerung durch eine iterative Anpassung der Querschnitte erreicht werden kann (Haftka und Gürdal 1992). Die Ermittlung der Querschnitte erfolgt iterativ nach der stress-ratio-method (SRM). Diese Vorgehensweise führt bei statisch bestimmten Systemen zum Optimum, nicht jedoch bei statisch unbestimmten Tragwerken. Bei ihnen führt das FSD in der Regel zu

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Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

gewichtsreduzierten Strukturen, nicht jedoch notwendigerweise zum absoluten Optimum (Schmit 1960). Neben dem FSD wurden in der Vergangenheit noch weitere mathematische OC - Methoden entwickelt, dabei wird das Problem mit Hilfe der Kuhn-Tucker-Bedingungen gelöst. Die hierfür notwendigen Bedingungen werden beispielsweise von Arora (1989) oder Kirsch (1993) näher beschrieben.

3.3 Mathematische Programmierung

3.3.1 Problembeschreibung

Mathematische Formulierung

Eine allgemeine Optimierungsaufgabe – minimiere die Zielfunktion f(x), unter Berücksichtigung der Gleichheitsnebenbedingungen h(x), Ungleichheitsneben-bedingungen g(x) und der Entwurfsvariablen x zwischen gegebenen oberen xo und unteren xu Grenzen - lässt sich in folgender Form beschreiben:

minimiere f(x) 3.1

mit Θ∈ix

unter Berücksichtigung h(x)=0 3.2

g(x) ≤ 0 3.3

xu ≤ x ≤ xo 3.4

Entwurfsvariablen und -parameter

Mit Hilfe der Entwurfsvariablen x kann ein bestimmter Entwurf beschrieben werden. Der Entwurfsraum wird durch Θ definiert. Auf der Suche nach einem Optimum können die Werte dieser Variablen zwischen den unteren xu und oberen xo Grenzen variiert werden. Im Rahmen der Strukturoptimierung beschreiben sie typischerweise die Querschnittsabmessungen oder die Geometriedaten der tragenden Struktur. Notwendig für eine Lösung des Problems ist, dass die einzelnen Variablen voneinander linear unabhängig sind. Entwurfsparameter p beschreiben einzelne Größen, die einerseits Einfluss auf das Ergebnis der Optimierung haben, andererseits aber konstante Werte annehmen, wie z. B. die zulässigen Spannungen in den Bauteilen.

Zielfunktion

Die Zielfunktion f(x) beschreibt in Abhängigkeit von den Variablen x und den Parametern p die zu optimierende Größe, z. B. die Kosten eines Projektes oder das Gewicht einer Struktur. Neben der Definition skalarer Zielfunktionen besteht auch die Möglichkeit, vektorielle Zielfunktionen zu definieren, die mehrere zu optimierende Größen enthalten. Man spricht dann von einer Mehrkriterienoptimierung. In der Regel widersprechen sich die Ziele der einzelnen Funktionen. Ein Ansatz zur Lösung der Mehrkriterienoptimierung besteht darin, dass die Gruppe der Funktionen durch eine gewichtete lineare Kombination auf eine einzelne Funktion reduziert wird - problematisch hierbei ist die Wahl der Gewichtungsfaktoren.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 3 Strukturoptimierung

Nebenbedingungen

Die Nebenbedingungen sind wie die Zielfunktion abhängig von den Variablen x und den Entwurfsparametern p. Für den Fall, dass keine Nebenbedingungen vorliegen, spricht man von unbeschränkten Optimierungsaufgaben, ansonsten von beschränkten Optimierungsaufgaben. Man unterscheidet weiterhin Gleichheitsnebenbedingungen h(x) und Ungleichheitsnebenbedingungen g(x). Mit den Nebenbedingungen werden einzuhaltende Werte, z. B. die zulässigen Spannungen, definiert. Wie die Variablen müssen auch die Nebenbedingungen voneinander linear unabhängig sein.

3.3.2 Optimierungsverfahren

Lineare Programmierung (LP)

Man spricht von einer linearen Optimierungsaufgabe, wenn sich alle zugrunde liegenden Gleichungen, d.h. Zielfunktion und Nebenbedingungen, linear darstellen lassen. Die mathematische Formulierung lautet in Matrizenschreibweise:

minimiere ( ) xcx Tf = 3.5

mit Θ∈x

unter Berücksichtigung 0bxAxh =−= hh)( 3.6

0bxAxg ≤−= gg)( 3.7

ou xxx ≤≤ 3.8

Es existieren verschiedene Verfahren zur Lösung der linearen Programmierung (LP), wie das Simplex-Verfahren (Arora 1989) oder das LIPSOL-Verfahren (Zhang 1998). Ein wesentlicher Vorteil linearer Optimierungsaufgaben ist neben einer hohen Rechengeschwindigkeit der globale Charakter der Lösung. Allerdings lassen sich in der Realität nur wenige technische Zusammenhänge linear beschreiben.

Nichtlineare Programmierung (NLP)

Eine nichtlineare Programmierung (NLP) liegt vor, wenn entweder die Zielfunktion und/ oder eine Nebenbedingung einen nichtlinearen Zusammenhang beschreiben. Im Rahmen der Strukturoptimierung liegt im Allgemeinen eine nichtlineare Optimierungsaufgabe vor. Die Lösung des Problems erfolgt, basierend auf der Angabe eines Startwertes, durch einen iterativen Prozess. Die mathematische Formulierung erfolgt entsprechend Gl. 3.1 – 3.4. Die nichtlineare Programmierung basiert häufig auf verschiedenen Gradientenverfahren, die im Folgenden genannt werden.

Bei unbeschränkten Problemen lassen sich die verschiedenen Methoden in Verfahren 0., 1. und 2. Ordnung einstufen. Die Verfahren 0. Ordnung verwenden keine Informationen aus den Ableitungen der Zielfunktion. Gradientenbasierte Verfahren hingegen verwenden die erste Ableitung der Zielfunktion, d. h. die Bedingung ∇f=0. Verschiedene numerische Verfahren, wie die des steilsten Abstieges, die der konjugierten Gradienten (Fletcher-Reeves) sowie das Broyden-Fletcher-Goldfarb-Shanno-

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Verfahren (BFGS) können hierbei angewendet werden (Venkataraman 2002). Die Anwendung von Verfahren 2. Ordnung kommt aufgrund des großen numerischen Aufwandes durch die Ermittlung der Hesse-Matrix in jedem Iterationsschritt nur selten vor.

Im Rahmen der Strukturoptimierung handelt es sich in der Regel um beschränkte nichtlineare Probleme. Die verschiedenen Lösungsverfahren für beschränkte Probleme lassen sich in indirekte und direkte Ansätze einteilen. Bei den indirekten Methoden handelt es sich um Weiterentwicklungen der unbeschränkten Optimierung, während die direkten Verfahren die Zielfunktion und die Nebenbedingung ohne Transformation behandeln. Bei den indirekten Methoden werden die beschränkten Probleme in unbeschränkte Probleme überführt, um z. B. auf robuste Verfahren wie das BFGS-Verfahren zurück greifen zu können. Die Überführung in unbeschränkte Probleme erfolgt mittels der Lagrange-Funktion. Die notwendige Bedingung für das Optimum ergibt sich durch die Kuhn-Tucker-Bedingung (Arora 1989). Im Gegensatz zu den indirekten Methoden werden bei den direkten Verfahren die Gleichungen nicht in unbeschränkte Probleme überführt, sondern die Funktionen in der Regel linearisiert. Neben der sequentiellen linearen Programmierung (SLP) kommt auch die sequentielle quadratische Programmierung (SQP) zum Einsatz.

Bei der nichtlinearen Programmierung liegt das Problem vor, dass zwischen lokalen und globalen Minima unterschieden werden muss. Im Falle einer konvexen Zielfunktion (die bei einer linearen Programmierung grundsätzlich vorliegt) existiert genau eine Lösung – das globale Minimum. Die mit den oben genannten Verfahren gefundenen Minimalstellen sind jedoch nicht notwendigerweise globale Optima, sondern eventuell nur lokale Extremstellen. Bei der Verwendung der oben genannten Verfahren muss darum das Ergebnis eventuell mittels verschiedener Startwerte überprüft werden. Verschiedene Verfahren zur globalen Optimierung basieren u. a. auf heuristischen Verfahren, wie das simulated annealing (SA) oder die Verwendung evolutionärer Strategien, wie genetischer Algorithmen (GA), die von Rechenberg (1973) und Goldberg (1989) beschrieben werden.

Diskrete Optimierungsprobleme

Alle bisher beschriebenen Verfahren beziehen sich auf kontinuierliche Problemstellungen. Bei der praktischen Anwendung handelt es sich bei den Entwurfsvariablen jedoch oftmals um diskrete Größen, z. B. Standardstahlquerschnitte. Zur Lösung von diskreten Optimierungsproblemen sind verschiedene Verfahren, wie die Anwendung von Evolutionsstrategien, entwickelt worden. Eine Form der diskreten Optimierung sind kombinatorische Aufgaben. Im Rahmen dieser Arbeit handelt es sich bei der Auswahl der Aktuatoren und Sensoren um ein diskretes kombinatorisches Optimierungsproblem. Eine Lösungsmöglichkeit dieses Problems ist die totale Enumeration, die aber aufgrund der vielen Kombinationsmöglichkeiten schnell an ihre Grenzen stößt. Eine weitere Möglichkeit besteht im Einsatz von Entscheidungsbäumen (Arora 1997).

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

4 Lastpfadmanagement

4.1 Konzept

4.1.1 Definition und Ziel

Unter Lastpfadmanagement wird die gezielte Manipulation der Eigenschaften des Tragwerks (z. B. durch Steifigkeitsvariation) bzw. der Reaktion (z. B. durch längenveränderliche Elemente) verstanden. Ziel ist es, den Lastabtragungsmechanismus für veränderliche Lasten zu optimieren und somit das Gewicht der tragenden Struktur zu minimieren. Neben der Einhaltung der zulässigen Spannungen können auch Verformungsbeschränkungen berücksichtigt werden. Der Sonderfall einer geregelten Verformung von „Null“ entspricht einer unendlichen Steifigkeit. Dies macht deutlich, dass durch die Einführung der Adaptivität nicht nur eine quantitative Verbesserung erreicht werden kann, sondern auch qualitativ neue Möglichkeiten entstehen. Weiterhin erfolgt in dieser Arbeit die Berücksichtigung der optimalen Geometrie zur Abtragung der angreifenden Lasten. Die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit beziehen sich auf quasi-statische Belastungen von ebenen Fachwerksystemen.

Kraftpfadoptimierung: Nik=Nikopt Verformungsregelung: ujk=ujk

r

Lastpfadmanagement: Nik=Nik

opt

ujk=ujkr

ujk

Pjk

Pjk

Pjk

Nik

Abb. 4.1: Definition Lastpfadmanagement

Lastpfadmanagement beinhaltet sowohl die Manipulation der inneren Kraftpfade (inkl. der Auflagerkräfte) als auch die Regelung der daraus resultierenden Knotenverschiebungen, d.h. es berücksichtigt den kompletten Lastabtragungsmechanismus. Im Gegensatz zur Optimierung von passiven Systemen, bei denen eine optimale Dimensionierung der Bauteile für eine gegebene Beanspruchung

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

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erfolgt, werden für adaptive Systeme die Kraftpfade optimiert und anschließend das Tragwerk so ausgelegt, dass diese Kraftzustände auftreten.

Die durch den Adaptionsvorgang hervorgerufenen Zustandsänderungen (Kraft- bzw. Verformungsgrößen) werden im Folgenden als adaptive Zustandsgrößen bezeichnet (Index a). Zustände des adaptiven Systems ohne Regelung (z. B. durch Ausfall) werden als passiv-adaptiv beschrieben (Index pa). Die Überlagerung der passiv-adaptiven Zustandsgrößen mit den adaptiven Größen wird bei Verformungsgrößen als geregelt bezeichnet (Index r). Die Überlagerung der passiv-adaptiven und adaptiven Normalkräfte ergibt für die Kraftpfade den optimalen Zustand (Index opt). Diese Unterscheidung (geregelt vs. optimal) wird gemacht, da die Normalkraftverteilung das Resultat einer Optimierung ist, während die gewünschten Verformungen durch den Planer bzw. Nutzer „beliebig“ definiert werden können und dann durch das System eingeregelt werden. Vergleichstragwerke ohne Aktuatoren, Sensoren und Regelung werden als passive Systeme bezeichnet (Index p).

Ziel der Untersuchungen ist primär die Minimierung des Gewichts tragender Strukturen. Es ist jedoch zu unterscheiden, ob es sich um eine reine Gewichtsminimierung handeln soll, d.h. keine Betrachtungen hinsichtlich der für die Aktuatoren erforderlichen Energie in die Optimierung einfließen, oder ob energetische Aspekte zumindest qualitativ betrachtet werden sollen. Für den Fall, dass der Energieaufwand keine Rolle spielt, werden nur Verformungsrestriktionen am geregelten System betrachtet. Dies kann jedoch dazu führen, dass das passiv-adaptive System (d. h. das adaptive System im passiven Zustand) zu flexibel wird und große Längenänderungen der Aktuatoren notwendig werden, um das Verformungsziel zu erreichen. Dies kann verhindert werden, wenn Verformungsbeschränkungen am passiv-adaptiven System eingeführt werden.

Das Vorgehen zum Lastpfadmanagement ohne Berücksichtung von Verformungsrestriktionen am passiv-adaptiven System ist in Kap. 4.2 – 4.4 beschrieben. In diesem Fall werden alle Verformungen von den Aktuatoren reduziert bzw. kompensiert. Das Vorgehen mit Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen am passiv-adaptiven System ist speziell bei der Formoptimierung von Interesse, da hierbei die eingesetzte Energie die Form und damit das Erscheinungsbild der Struktur beeinflussen kann – form follows energy, s. Kap. 4.5. bzw. 5.4.

4.1.2 Manipulierbarkeit

Im Rahmen der Arbeit wird die Manipulation des Systems für quasi-statische Belastungen betrachtet, damit ergeben sich für den Entwurf des topologisch vorgegebenen Systems folgende Möglichkeiten der Tragwerksmanipulation:

- zeitlich invariant: Elementquerschnitte A und Knotenkoordinaten Ψ - zeitlich variant: Elastizitätsmodul E und Elementlängen l

Die Abhängigkeit der zeitlich varianten Werte von internen bzw. externen Größen bestimmt, ob es sich bei dem Problem um eine Steuerung (open-loop-control) oder um

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

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eine Regelung (closed-loop-control) handelt. Für den Fall, dass diese von den äußeren Lasten abhängen, spricht man von einer Steuerung, wenn sie jedoch von den Systemverformungen, bzw. von der Systemantwort abhängen, dann spricht man von einer Regelung (s. Kap. 2.1.4). Gleiches gilt auch für die Variation der Systemeigenschaften.

Die Mannigfaltigkeit der möglichen Normalkraft- bzw. Spannungszustände ist abhängig vom Grad der statischen Unbestimmtheit des Systems. In einem r-fach statisch unbestimmten System können maximal r verschiedene (linear unabhängige) Kraftzustände erreicht werden. Daher entspricht r auch der minimalen Anzahl der zur exakten Kraftanpassung notwendigen Aktuatoren.

4.1.3 Übersicht

Zur Optimierung adaptiver Strukturen wird in dieser Arbeit ein Verfahren vorgestellt, mit dem optimale Kraftzustände entwickelt werden können. Es werden zuerst Kraftzustände für verschiedene Lastfälle optimiert und anschließend die dafür notwendige tragende Struktur bestimmt. Das bedeutet, dass nicht nur die Tragwerksgrößen (Querschnitte, Geometrie) Entwurfsvariablen sind, sondern auch die Zustandsgrößen (Kräfte und Verformungen) direkter Bestandteil des Optimierungsprozesses sind.

Zuerst werden mit Hilfe von Gleichgewichtsbedingungen an den Knoten die optimalen Kraftpfade für verschiedene Lastfälle entwickelt. Die Kompatibilitätsbedingungen und Verformungskriterien werden an dieser Stelle nicht berücksichtigt und werden erst in einem weiteren Schritt, im Rahmen der eigentlichen Adaption, eingeführt. Dieses Vorgehen kann bei gegebener oder noch zu optimierender Geometrie durchgeführt werden. Ziel ist die Minimierung des benötigten Tragwerksgewichts (s. Kap. 4.2.1 – 4.2.2).

Hemp (1973) beschreibt eine ähnliche Vorgehensweise zur Optimierung passiver Strukturen; aufgrund der Verletzung der Kompatibilitätsbedingungen führt diese jedoch nur bei statisch bestimmten Systemen zur richtigen Lösung. Für statisch unbestimmte Systeme kann mit diesem Verfahren nur eine untere Grenze des Optimierungsproblems gefunden werden (Kirsch 1993).

Der Einfluss des Ausfalls der Regelung wird durch ein fail-safe - Konzept berücksichtigt, das in Kap. 4.2.4 beschrieben wird.

Die notwendige Anzahl a der Aktuatoren ist vom Grad der statischen Unbestimmtheit des Systems sowie der Anzahl nr der zu regelnden Freiheitsgrade abhängig. Die Anordnung der Aktuatoren wird mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse und der Bildung eines Effizienzindikators bestimmt. Dieses Vorgehen wird in Kap. 4.3 näher erläutert.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

27

Nach der Ermittlung der optimalen Kraftzustände und der eventuellen Vorgabe von Verformungsbeschränkungen erfolgt der eigentliche Adaptionsvorgang, der durch die Veränderung der adaptiven Elemente erreicht wird (s. Kap. 4.4)

Bei einer Optimierung ohne Beschränkungen der Aktuation (wie in Kap. 4.2 – 4.4 beschrieben) haben Verformungsrestriktionen des geregelten Systems keinen Einfluss auf die optimale Steifigkeitsverteilung und Geometrie der Struktur. Diese Vorgehensweise ist jedoch bei häufig auftretenden Belastungen nicht sinnvoll, da dann die Gewichtsersparnis durch einen hohen Energieverbrauch bezahlt werden muss. Bei der Berücksichtigung des Energieverbrauchs werden Verformungsrestriktionen am passiv-adaptiven System eingeführt. Daraus folgt ein Einfluss auf die Geometrie der Struktur, d.h. es existiert ein Zusammenhang zwischen erforderlichem Tragwerksgewicht und aufzuwendender Energie, der in Kapitel 4.5 beschrieben wird.

Ein Vorteil des in dieser Arbeit vorgestellten Verfahrens liegt darin, dass die Ermittlung der optimalen Kraftzustände ohne Vorgabe der dafür notwendigen Aktuatoren erfolgen kann. Daher ist in der anschließenden Auswahl die Zielsetzung klar definiert und die bevorzugten Positionen der adaptiven Elemente können über den Effizienzindikator ermittelt werden.

In Abb. 4.2 ist das beschriebene Verfahren schematisch dargestellt.

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Kraftpfadoptimierung Zielfunktion: min G = Σ l * A * ρ

Gleichheitsnebenbedingung: Knoten- und Elementgleichgewicht

Ungleichheitsnebenbedingung: Spannungen

Berücksichtigung der Formoptimierung

Normalkraftermittlung

Passiv-adaptives System

Verletzung der geometrischen KompatibilitätErmittlung der Diff.kräfte ∆N

Auswahl der Aktuatoren über Effizienzindikator

Kombination der Aktuatoren Überprüfung der Regelbarkeit

Adaption

Kraft- und Verformungszustände

Optimale Geometrie und Querschnitts-verteilung

Ermittlung der Sensitivität SN

Ermittlung der Sensitivität Su

Überprüfung auf lineare Unabhängigkeit

Anpassung der Elemente

a = nr – exakte Verformungsadaption

a < nr – Minimum der Fehlerquadrate

Kap

. 4.2

.1 -

2K

ap.

4.2

.3K

ap.

4.3

Kap

. 4.4

Abb. 4.2: Schematische Übersicht - Lastpfadmanagement

Um die oben genannten Untersuchungen zur Optimierung durchzuführen und die entsprechenden Algorithmen zu entwickeln, wird im Rahmen dieser Arbeit das Programm MATLAB verwendet. Bei MATLAB handelt es sich um eine Entwicklungsumgebung für technische Berechnungen, Visualisierung und zur Entwicklung eigener Algorithmen (MathWorks 2002a). Die notwendigen statischen Berechnungen werden mit der Methode der finiten Elemente durchgeführt (Kwon 2000). Hierzu wurde aufbauend auf der FEM-Toolbox CALFEM (CALFEM 2002) ein Berechnungsmodul entwickelt, mit dem die Daten eingelesen werden und die Berechnungen durchgeführt werden.

28

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4.2 Kraftpfadoptimierung (KPO)

4.2.1 Ermittlung der optimalen Kraftpfade

Konzept

Anhand eines einfachen Systems soll das Konzept zur Ermittlung der optimalen Kraftpfade kurz beschrieben werden. Bei einem statisch unbestimmten System existieren unendlich viele mögliche Kraftpfade, die eine Gleichgewichtsgruppe bilden können. In dem in Abb. 4.3 dargestellten System existieren für die Lösung eines Gleichungssystems mit 14 Unbekannten (11 Normalkräften und 3 Auflagerreaktionen) und 12 Gleichungen (12 Gleichgewichtsbedingungen für alle Knotenfreiheitsgrade) unendlich viele Lösungen. Ziel der Kraftpfadoptimierung ist es, die Kraftpfade zu finden, die ein minimales Tragwerksgewicht ermöglichen.

Q1

Q2

Q5

N1

P10

N9

N8

N7N6

N5N4N3

N2

N11

N10

Abb. 4.3: Kraftsystem im Gleichgewicht – Auflagerreaktionen Qj, Normalkräte Ni, Lasten Pj

Dieser Ansatz ist im Gegensatz zur Strukturoptimierung passiver Systeme zulässig, da in einem ersten Schritt auf die Einhaltung der geometrischen Kompatibilität verzichtet werden kann. Dies bedeutet, dass die Verträglichkeiten zwischen Stabend- und Knotenverschiebungen in einem weiteren Schritt gewährleistet werden.

Zielfunktion

Die Ermittlung optimaler Kraftpfade für verschiedene Lastfälle erfolgt durch Minimierung des Gewichts G bei gleichzeitiger Beachtung von Spannungs- und Gleichgewichtsnebenbedingungen.

Für Fachwerkstrukturen mit vorgegebener Topologie und Geometrie lassen sich die optimalen Kraftpfade wie folgt ermitteln: Die Zielfunktion, die das Gewicht G der Struktur beschreibt und die zu minimieren ist, wird durch folgenden linearen Zusammenhang formuliert:

29

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

ρρ ⋅⋅=⋅⋅=∑

=

AlTm

iii AlG

1

min 4.1

Das Gesamtgewicht G aller m Elemente ist eine Funktion der Elementlängen l (Entwurfsparameter), der Elementquerschnitte A sowie der Materialdichte ρ.

Entwurfsvariablen und Restriktionen

Der Entwurfsvektor enthält neben den Normalkräften Nk

~

N k auch die Auflagerreaktionen Qk des Systems für den Lastfall k.

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡=

k

kk

Q

NN~

4.2

Diese Entwurfsvariablen und die Querschnittsflächen A werden im Entwurfsvektor x für insgesamt p Lastfälle zusammengefasst.

⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢

=

p

~

1

~

N

N

A

xM

4.3

Weitere Einschränkungen der Optimierungsaufgabe ergeben sich durch Restriktionen der Entwurfsvariablen, hier durch die physikalische Notwendigkeit positiver Werte der Querschnittsflächen A. Für die die Normalkräfte beschreibenden Variablen werden keine Restriktionen vorgegeben.

A 0 ≥ 4.4

Somit ergibt sich eine untere Grenze xu der Entwurfsvariablen x (dim(0)=(m x 1)=dim(A)), eine obere Grenze existiert in diesem Fall nicht.

⎥⎦

⎤⎢⎣

⎡∞−

=0

xu 4.5

Gleichheitsnebenbedingungen

Das Knotengleichgewicht für einen Lastfall k wird durch Gleichheitsnebenbedingungen erfüllt. Hierfür wird die Transformationsmatrix b benötigt. Die Transformationsmatrix b (dim(b)=(m x n)) setzt sich aus den Matrizen der Element-Richtungskosinus ci und der topologischen Zuordnungsmatrix Γ zusammen und beschreibt die geometrische Ausrichtung der einzelnen Elemente.

[ ]LL Ticb = 4.6

30

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Die Berücksichtigung der Auflagerkräfte im Entwurfsvektor x erfordert die Erweiterung

der Matrix b zu durch weitere Einträge, d. h. die Auflagerkräfte werden den entsprechenden Freiheitsgraden zugeordnet. Der Zusammenhang zwischen den Normalkräften N

~

b

k, den Auflagerreaktionen Qk und den äußeren Lasten Pk für einen Lastfall k lässt sich mit Gl. 4.7 darstellen.

0~~

=− kk PNb 4.7

Für insgesamt p Lastfälle wird die Gesamtmatrix folgendermaßen zusammengesetzt:

0P

P

N

N

b00

0b0

00b

=⎥⎥⎥

⎢⎢⎢

⎡−

⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢

pp

MM

L

MOMM

L

L1

~

1

~

~

~

~

4.8

Da im Entwurfsvektor die Querschnittsflächen A enthalten sind, diese jedoch bei den Gleichheitsnebenbedingungen keinen Einfluss haben, muss die Gesamtgleichheitsmatrix durch Nulleinträge erweitert werden. Hiermit ergibt sich mit der Einführung der Koeffizientenmatrix Ah folgende Gleichheitsnebenbedingung:

0P

P

N

N

A

b000

0b00

00b0

=⎥⎥⎥

⎢⎢⎢

⎡−

⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢

pp

MM

L

MOMMM

L

L1

~

~

1

~

~

~

4.9

bzw. Ah x - P = 0 4.10

Ungleichheitsnebenbedingungen

Die Einhaltung der zulässigen Spannungen wird durch Ungleichheitsnebenbedingungen gewährleistet, wobei unterschiedliche Werte für die Zug- und Druckspannungen angenommen werden können. Die entsprechenden Ungleichheitsnebendingungen zur Berücksichtigung der zulässigen Spannungen in Element i bei Lastfall k lauten bei unterschiedlichen zulässigen Druck- und Zugspannungen:

Zugstäbe Zizuli

ik

AN

,,σ≤ 4.11

Druckstäbe Dizuli

ik

AN

,,σ≤− 4.12

Die zulässigen Spannungen werden entweder als Entwurfsparameter vorgegeben oder unter Berücksichtigung von Einzelstabknicken (Eulerknicklast) in Abhängigkeit von Stablänge und Querschnittswerten ermittelt. Die Definition von Seil- bzw. „nur-Zug“ -

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Elementen ist ebenso möglich. Durch Umformung von Gl. 4.11 und 4.12 in Matrizenschreibweise, können die Bedingungen zur Einhaltung der Spannungen für den Lastfall k folgendermaßen formuliert werden.

0ANs ≤−⋅ k 4.13

0ANs ≤−⋅− k 4.14

Die Matrix s beinhaltet die inversen Werte der zulässigen Spannungen.

⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢

=

mzul

izul

zul

,1

,1

1,1

00

00

00

σ

σσ

L

MOMM

L

L

s 4.15

Die Berücksichtigung der Auflagerreaktionen im Entwurfsvektor macht auch hier eine Erweiterung der Matrix notwendig. Die Nullmatrix hat hier die Dimension dim(0) = (m x nf).

[ ]0ss =~

4.16

Der Zusammenbau der Gesamtmatrix der Ungleichheitsnebenbedingungen zur Berücksichtigung der Einhaltung der Zug- und Druckspannungen in allen Lastfällen lässt sich folgendermaßen darstellen:

0

N

N

A

s00

s00

0s0

0s0

00s

00s

⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

−−

−−

−−

p

~

1

~

~

~

~

~

~

~

M

L

L

MOMMM

L

L

L

L

Ι

Ι

Ι

Ι

ΙΙ

4.17

bzw. Ag·x<=0 4.18

I beschreibt die Einheitsmatrix mit der Dimension (m x m).

Alle Ungleichheitsnebenbedingungen sind in Gl. 4.18 in Matrizenschreibweise dargestellt. Ag bezeichnet die Koeffizientenmatrix der Ungleichheitsnebenbedingungen.

Erweiterte Problembeschreibung

Aufgrund der Berücksichtigung der Normalkräfte und Auflagerreaktionen im Entwurfsvektor muss der Elementlängenvektor l in der Zielfunktion um Nulleinträge

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erweitert werden. Für insgesamt p Lastfälle ergibt sich somit folgende Darstellung (dim(O)=((m+nf)x1).

[ ]Tp

TTT

OOll L1

~

= 4.19

Mathematische Formulierung

Mit Hilfe der oben beschriebenen Gleichungen kann das Problem in der Standardformulierung der linearen Programmierung (LP) beschrieben werden. Zusammenfassend ergibt sich somit:

Minimiere die Funktion ρ⋅⋅= xlT

G~

4.20

Ah x - P = 0 4.21 unter Einhaltung der Nebenbedingungen

Ag·x ≤ 0 4.22

und den Restriktionen x x≥ u 4.23

Lösung

Da sich das an dieser Stelle beschriebene Problem einer Fachwerkstruktur mit gegebener Geometrie mittels linearer Zielfunktion und Nebenbedingungen darstellen lässt, handelt es sich um ein konvexes Problem. Die Lösung führt daher mit Sicherheit zu einem globalen Minimum. Die Lösung dieses linearen Problems erfolgt mit dem LIPSOL-(Linear-Interior-Point-Solver)-Verfahren (Zhang 1998). Die optimierten Kraftzustände werden in der Matrix Nopt zusammengefasst.

Nopt = [N1opt ... Np

opt] 4.24

Zusammenfassung

Im Idealfall ist es möglich, Kraftpfade zu entwickeln, die in allen Lastfällen alle Elemente zu 100% ausnutzen (s. Kap. 5.2). Im allgemeinen Fall ist dies jedoch nicht gegeben. Es ist jedoch erkennbar, dass in den untersuchten Beispielen eine Verbesserung der Lastabtragung mit dieser Tendenz auftritt. Dies wird durch die Erhöhung der Werte der durchschnittlichen Spannungsausnutzung deutlich (s. Kap. 5.3).

Die Fragestellung, ob eine 100%-ige Ausnutzung aller Elemente in allen Lastfällen möglich ist, führt zu folgender Überlegung: Bei einer 100%-igen Ausnutzung aller Elemente in allen Lastfällen können die Spannungsungleichheitsbedingungen 4.11 - 4.12 in Gleichheitsnebenbedingungen umgewandelt werden.

Zugstäbe Zizuli

ik

AN

,,σ= 4.25

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Druckstäbe Dizuli

ik

AN

,,σ= 4.26

Die Einhaltung aller Nebenbedingungen ist aber nur dann möglich, wenn die Anzahl der Entwurfsvariablen mindestens so groß ist wie die Anzahl der Gleichheitsneben-bedingungen. Die Anzahl der Variablen (s. Gl. 4.3) beträgt:

{ {LastfälleaktionenAuflagerrefteElementkrä

f

rschnitteElementque

pnmmVariablen ⋅++=+

∑ 43421 )( 4.27

Die Anzahl der Gleichungen (Gleichgewichts- und Spannungsnebenbedingungen, Gl. 4.21 und 4.22) beträgt:

{ 321ungenebenbedingSpannungsningungenchtnebenbdGleichgewi

pmpnnGleichunge ⋅+⋅=∑ 4.28

Die Summe der Variablen und die Summe der Gleichungen ist abhängig von der Anzahl der Elemente m, der Anzahl der Freiheitsgrade n, der Anzahl der Auflagerreaktionen nf

sowie der Anzahl der Lastfälle p.

Die Forderung, dass die Anzahl der Variablen mindesten so groß sein soll wie die Anzahl der Gleichungen, ergibt mit Umformung der Gl. 4.27 und 4.28 folgenden Zusammenhang:

0)( ≥−⋅− fnnpm 4.29

Bei adaptiven Systemen, bei denen Gl. 4.29 erfüllt wird, können alle Elemente in allen Lastfällen zu 100% ausgenutzt werden können (s. Beispiele in Kap. 5.2.4 bzw. 5.3.2). Die Bestimmung der hierfür erforderlichen Aktuatoren wird in Kap. 4.3 beschrieben.

4.2.2 Formoptimierung

Konzept

Die in Kapitel 4.2.1 beschriebenen Untersuchungen beziehen sich auf die Querschnittsoptimierung von adaptiven Tragwerken mit vorgegebener Geometrie. Die Berücksichtigung der Formoptimierung von adaptiven Strukturen führt zu folgenden Überlegungen: Zum einen ist es möglich, optimale Kraftpfade analog zu dem Vorgehen aus Kap. 4.2.1 mit Berücksichtigung einer variablen Geometrie zu entwickeln. Verformungskriterien werden zuerst nicht berücksichtigt und erst im eigentlichen Adaptionsprozess eingebracht, d.h. diese haben auch keinen Einfluss auf die optimale Geometrie. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das Gewicht des Systems minimiert werden kann, allerdings auf Kosten der notwendigen Längenänderungen der Aktuatoren und auch der einzubringenden Energie. Ein Verfahren mit diesem Ansatz wird in diesem Kapitel beschrieben. Alternativ kann die Aktuation in der Optimierungsprozedur berücksichtigt werden. Damit hat die einzusetzende Energie Einfluss auf die optimale

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Geometrie sowie Steifigkeitsverteilung, dieser Ansatz – form follows energy – wird in Kapitel 4.5 näher erläutert.

Q2

Q1

Q6

N1

P10

N9

N8

N7N6

N5

N4

N3

N2

N11

N10

1 3 5

7 9 11

2 4 6

8 10 12

Freiheitsgrade

Ψ10

Ψ8= Ψ12

Abb. 4.4: Entwicklung von optimalen Kraftpfaden bei Berücksichtigung der Formoptimierung

Die gleichzeitige Optimierung der Querschnittsflächen sowie der Geometrie der Struktur erfolgt mit Hilfe einer geschachtelten Optimierungsprozedur. Dies ist vergleichbar mit der Vorgehensweise bei passiven Systemen, bei denen die Formoptimierung beispielsweise mit einem fully-stressed-design (FSD) kombiniert werden kann. Anstelle des FSD wird für adaptive Systeme die Kraftpfadoptimierung (KPO) verwendet. Hierzu werden die Entwurfsräume für die Geometrie- und die Querschnittsoptimierung getrennt. Zuerst wird, ausgehend von der Ausgangsgeometrie, die Geometrie in der übergeordneten Ebene 1 optimiert - dies stellt ein Problem der nichtlinearen Programmierung dar. Unterhalb dieser Ebene wird für jede Variation der Tragwerksgeometrie eine Querschnittsoptimierung mit Hilfe der KPO durchgeführt. Diese zwei Stufen werden solange durchlaufen, bis ein vorgegebenes Konvergenzkriterium erfüllt wird. Alternativ können diese beiden Probleme in einem Verfahren gekoppelt werden - dies wird in Kap. 4.5.3 näher erläutert.

Zielfunktion und Nebenbedingungen

Es liegen prinzipiell die gleiche Zielfunktion und die gleichen Nebenbedingungen wie in Kap. 4.2.1 vor. Durch die Abhängigkeit der Elementlängen von den variablen Knotenkoordinaten ergibt sich jedoch eine nichtlineare Problemformulierung. Der Elementlängenvektor l wird daher bei jeder Geometrieänderung aktualisiert.

ρρρ ⋅⋅++⋅⋅=⋅⋅= ∑

=

)()(...)()()()(min 111

xxxxxx mmi

m

ii AlAlAlG 4.30

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Entwurfsvariablen und Restriktionen

Der Entwurfsvektor x1 beinhaltet die variablen Knotenkoordinaten Ψ des Tragwerks, der Entwurfsvektor x2 entspricht x aus Kapitel 4.2.1.

⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢

Ψ

ΨΨ

==

n

i

M

1

1 Ψx 4.31

⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢

=

q

~

1

~

2

N

N

A

xM

4.32

Restriktionen für den Entwurfsvektor x1 (Knotenkoordinaten) ergeben sich durch den gegebenen Entwurfsraum des Systems. Einschränkungen können sich z. B. durch vorgegebene Lichtraumprofile ergeben. Die Vektoren Ψ1,u und Ψ1,o beschreiben die unteren und oberen Grenzen des Entwurfsraumes für die einzelnen x- und y-Koordinaten.

Nebenbedingungen

Weiterhin müssen in jedem Iterationsschritt bei jeder Geometrieveränderung die Gleichheitsnebenbedingungen (Knotengleichgewicht) aktualisiert werden, da diese von den Richtungskosinus der Elemente abhängen.

)( neu

neu

xbb = 4.33

Die Ungleichheitsnebenbedingungen zur Begrenzung der auftretenden Elementspannungen müssen nur bei der Berücksichtigung des Einzelstabknickens modifiziert werden, ansonsten bleiben diese konstant.

Lösung

Die Lösung des beschränkten nichtlinearen Formoptimierungsproblems erfolgt mit Hilfe der sequentiellen-quadratischen Programmierung (SQP). Hierbei wird in jeder Iteration ein Subproblem der quadratischen Programmierung (QP) gelöst. Die Abschätzung der Hesse-Matrix wird in jeder Iteration mit Hilfe der BFGS - Methode aktualisiert (Venkataraman 2002). Für das lineare Problem der Kraftpfadoptimierung wird wiederum das LIPSOL-Verfahren verwendet (Wang et al. 1998). Die Lösung des Gesamtproblems wird von 2 Lösungsvektoren beschrieben: x1 beinhaltet die optimale Geometrie, x2 beschreibt die Querschnittsverteilung sowie die optimalen Kraftpfade.

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37

Zusammenfassung

Das geschachtelte Verfahren zur Formoptimierung verläuft aufgrund der Trennung der Entwurfsräume sehr stabil. Allerdings ist zu beachten, dass die optimale Geometrie nur das Ergebnis aus den optimalen Kraftzuständen ist und eventuelle Verformungsrestriktionen keinen Einfluss auf die gefundene Geometrie haben. Dies kann unter Umständen zu großen Längenänderungen der Aktuatoren führen. Allerdings führt eine Begrenzung der Aktuation bzw. der zu verrichtenden Arbeit zu einem Gewichtsanstieg der Struktur. Darauf wird in Kap. 4.5 näher eingegangen. Der Vorteil des an dieser Stelle verwendeten Verfahrens liegt darin, dass es zum globalen Gewichtsminimum des oben definierten Problems führt.

In Abb. 4.5 ist die kombinierte Form- und Querschnittsoptimierung schematisch dargestellt.

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Ebene 1 - Formoptimierung

Modifikation der Geometrie – Nichtlineare Programmierung

Entwurfsvektor x1

Ebene 2 - Querschnittsoptimierung

Ermittlung der optimalen Normalkraftzustände – KPOEntwurfsvektor x2

Zielfunktion G

Berücksichtigung von Nebenbedingungen

Knotengleichgewicht Ah,neux2-P=0

Einhaltung der Spannungen Agx2<=0

Berechnung der neuen Transformationsmatrix bneu

Ermittlung der Gleichheitsnebenbedingungen Ah

Elementlängenvektor lneu

Zielfunktion Ebene 1: G=l1(x)A1(x) ρ+...+lm(x)Am(x) ρ

Zielfunktion Ebene 2: G=lTAρ

Einhaltung der Konvergenz

Einhaltung der Konvergenz

Abb. 4.5: Ablauf der kombinierten Form- und Kraftpfadoptimierung

4.2.3 Ermittlung der Differenzkräfte und -verschiebungen

Im Anschluss an die Kraftpfadoptimierung (mit oder ohne Formoptimierung) wird eine statische Berechnung des Systems mit der neu ermittelten Geometrie und Steifigkeitsverteilung durchgeführt. Die sich dabei im System ergebenden Normalkräfte Npa weichen aufgrund der bisher nicht berücksichtigten Verträglichkeit zwischen Stabend- und Knotenverschiebungen von den gewünschten optimierten Normalkräften Nopt ab. Die auftretenden Differenzkräfte und -verschiebungen werden ermittelt und bilden eine Grundlage für die Auswahl der erforderlichen Aktuatoren des Systems (s. Kap. 4.3).

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39

∆N = Nopt – Npa 4.34

Nopt beinhaltet die Werte aus der Kraftpfadoptimierung, d.h. der optimalen Normalkraftverteilung, Npa beschreibt das Ergebnis der Berechnung am passiv-adaptiven System, d. h. mit der in der KPO ermittelten Steifigkeitsverteilung, aber ohne Adaptionsvorgang. Die Ermittlung der Knotendifferenzverschiebung ∆u erfolgt analog.

∆u = ur – upa 4.35

Hierbei wird die angestrebte Verschiebung mit ur, d.h. mit dem geregelten Zustand bezeichnet. Die Knotenverschiebungen am passiv-adaptiven System werden von upa beschrieben.

Die Ermittlung der auftretenden Differenzkräfte ist weiterhin Grundlage der Simulation eines Regelungsausfalles. Dieser Aspekt wird im Folgenden näher diskutiert.

4.2.4 Fail-safe - Konzept

Im Rahmen dieser Arbeit wird ein fail-safe - Konzept für die Optimierung adaptiver Strukturen verfolgt. Fail-safe bedeutet, dass eine Struktur nicht durch den Ausfall eines einzelnen Elements versagen darf und alternative Lastabtragungsmechanismen zur Verfügung stehen (Haug und Arora 1979). Im Falle von adaptiven Strukturen betrifft dies neben den einzelnen tragenden Elementen auch die Regelung. Dies bedeutet, dass auch bei einem Ausfall der Regelung die Standsicherheit gewährleistet werden muss. Hierfür können jedoch ein reduzierter Sicherheitsfaktor bzw. reduzierte Lastannahmen akzeptiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird dies durch einen reduzierten globalen Sicherheitsfaktor berücksichtigt.

Bei statisch unbestimmten System kann der Ausfall einzelner Elemente eventuell akzeptabel sein, ohne die Gesamttragfähigkeit zu verlieren. Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch auch der Ausfall einzelner Elemente beim Ausfall der Regelung verhindert werden. Weitergehende Betrachtungen hierzu können mit Hilfe von Untersuchungen der Redundanzanteile durchgeführt werden (Ströbel 1997).

Um den Ausfall der Regelung beim Entwurf und der Optimierung zu berücksichtigen, wird die Einhaltung von Spannungsrestriktionen (mit reduziertem Sicherheitsfaktor) am passiv-adaptiven System als Nebenbedingung eingeführt.

Der reduzierte globale Sicherheitsfaktor wird als Optimierungsparameter vorgegeben. Bei der Ermittlung der optimalen Kraftzustände werden zusätzliche Randbedingungen eingeführt, die die Einhaltung der Spannungen im Falle des Ausfalls der Regelung garantieren. Weiterhin sind auch Verformungsvorgaben für den Regelungsausfall möglich. Die mathematische Formulierung der Optimierungsaufgabe (Gl. 4.20 – 4.23) wird durch eine weitere nichtlineare Nebenbedingungen ergänzt:

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0≤− fszulik σσ 4.36

mit fszulfszul γ

γσσ ⋅= 4.37

γfs bezeichnet den reduzierten Sicherheitsfaktor bei Regelungsausfall. Prinzipiell ist zu beobachten (s. Kap. 5.2.3), dass oberhalb eines bestimmten Grenzverhältnisses γ/γfs der Zustand „Regelungsausfall“ keinen Einfluss auf das minimale Gewicht hat; dieser Wert ist jedoch systemabhängig. Die mögliche Gewichtseinsparung fällt mit einem steigenden Sicherheitsfaktor γfs ab. Bei einem Verhältnis der Sicherheitsfaktoren von γ/γfs = 1.0 ist keine Gewichtseinsparung möglich, da keine Adaption erfolgt und die Kräfte nicht umgelagert werden können.

Durch die reduzierte Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls der Regelung bei gleichzeitiger Maximalbeanspruchung kann ein reduzierter Sicherheitsfaktor akzeptiert werden. Weiterhin ist durch die ständige Systemüberwachung der jeweils aktuelle Zustand des Tragwerks bekannt und eventuelle Bauwerkschädigungen können rechtzeitig erkannt werden.

4.3 Auswahl der Aktuatoren und Sensoren

4.3.1 Problematik

Bei der Wahl der Anzahl und der Positionierung der Aktuatoren und Sensoren handelt es sich um ein diskretes kombinatorisches Optimierungsproblem. Die Zahl der möglichen Lösungen steigt mit der Anzahl der Elemente und Aktuatoren bzw. Sensoren drastisch an. Die Anzahl κ kann bei einem System mit m Elementen und a Aktuatoren folgendermaßen ermittelt werden.

!)!(!

aamm

⋅−=κ 4.38

Hiermit ergeben sich bei einem System mit 2 Aktuatoren und 10 Elementen 45 Kombinationsmöglichkeiten, die noch problemlos durch eine totale Enumeration überprüft werden können. Bei einem, aus baupraktischer Sicht, kleinen System mit 13 Aktuatoren und 49 Elementen (s. Kap. 5.3) steigt die Zahl auf 2.63·1011 Möglichkeiten an.

Die Anzahl a der notwendigen Aktuatoren ergibt sich aus dem Grad der statischen Unbestimmtheit bzw. der Redundanz r des Systems, d. h. a=r. Dies kann mittels einer Betrachtung des Kraftgrößenverfahrens erklärt werden: in einem r-fach statisch unbestimmten System können r verschiedene linear unabhängige Kraftzustände erzeugt werden. Für jeden weiteren zu kontrollierenden Verformungsfreiheitsgrad wird ein weiterer Aktuator benötigt, um die exakte Lösung zu erhalten. Näherungslösungen sind mit weniger Aktuatorelementen möglich.

40

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Um eine optimale Positionierung der Aktuatoren zu erreichen, werden die Sensitivitäten der Normalkräfte sowie der Knotenverschiebungen bezüglich einer Einheitsverlängerung aller Elemente bestimmt. Hierzu wird das Prinzip der virtuellen Kräfte angewandt. Durch die Einführung eines Effizienzindikators, der die Kraft- wie auch die Verformungsbedingungen berücksichtigt, kann eine Rangliste der Elemente erstellt werden, die den gewünschten Kraft- und Verformungszustand einstellen können.

Bei der Betrachtung der Sensitivitätsmatrix zeigt sich, dass ihr Rang dem Grad der statischen Unbestimmtheit des Systems entspricht, d.h. in einem r-fach statisch unbestimmten System liegt die Mannigfaltigkeit der möglichen Kraftzustände bei r. Mathematisch bedeutet dies, dass der Rang der Matrix der Normalkraftsensitivitäten der ausgewählten Elemente gleich dem Rang der Gesamtsensitivitätsmatrix sein muss, damit die gewünschte Normalkraftänderung als Linearkombination der adaptiven Elemente darstellbar ist.

4.3.2 Effizienzindikator

Um die Zahl der zu untersuchenden Aktuatorkombinationen zu reduzieren, wird mit Hilfe einer Sensitivitätsanalyse die Effizienz der einzelnen Elemente bestimmt. Mit ihr kann der Anteil der Wirkung des Aktuators an der für die Adaption erforderlichen Differenzkräfte bzw. –verschiebungen bestimmt werden. Mittels des Effizienzindikators kann eine Vorauswahl getroffen werden, welche Elemente sinnvollerweise zu verwenden sind.

Zuerst werden die Sensitivitäten ermittelt, die den Zusammenhang zwischen Längenveränderungen der einzelnen Elemente und den gewünschten Regelgrößen, d.h. Kräften und Verschiebungen, beschreiben. Die Sensitivitäten der Stablängenänderungen hinsichtlich den Normalkräften und den Knotenverschiebungen im System sind in Gl. 4.39 und 4.40 dargestellt.

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

∂∂

∂∂

∂∂

=

m

m

i

iN

lN

lN

lN

M

M

KL1

1

~

S 4.39

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

∂∂

∂∂∂

=

m

n

i

ju

lu

lu

lu

M

M

KL1

1

~

S 4.40

41

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N

ii 21

~

S beschreibt den Einfluss einer Längenänderung von Element i2 (i2-te Spalte) auf die

Normalkraft von Element i1 (i1-te Zeile). beschreibt den Einfluss einer

Längenänderung von Element i (i-te Spalte) auf die Verformungsgröße j (j-te Zeile).

u

ji

~

S

Mit der Betrachtung der Effizienz der einzelnen Elemente wird untersucht, inwieweit die gewünschten Kraft- oder Verformungszustandsänderungen durch eine Aktuation erreicht werden können.

Unter der Annahme, dass alle Elemente adaptiv sind, wird die für die gewünschte Anpassung notwendige Aktuation ermittelt. Diese kann mit Hilfe der Lösung eines linearen Gleichungssystems (Bedingungsgleichungen für die Normalkräfte) mit m Unbekannten (Anzahl der Elemente) und m Gleichungen bestimmt werden. Der Rang der Koeffizientenmatrix ist aber r < m, d.h. es existieren unendlich viele Lösungen. Zur Einschränkung des Problems wird es als Optimierungsaufgabe formuliert. Ziel ist es, die vorgegebene Verformungsfigur unter Beachtung der optimierten Kraftzustände möglichst gut zu approximieren. Hierfür wird eine Minimierung der Fehlerquadrate durchgeführt.

2~~

min aau

ulS −∆ 4.41

mit Berücksichtigung der Nebenbedingung (s. Gl 4.29)

NlS ∆=∆aN ~~

4.42

Die Lösung von Gl. 4.41 unter Berücksichtigung von Gl. 4.42 ergibt die Lösung a~

l∆ . Liegen keine Verformungsrestriktionen für das geregelte System vor, so wird ua = 0 gewählt, d.h. es sollen möglichst keine Knotenverschiebungen infolge der Adaption auftreten und somit keine äußere Arbeit verrichtet werden.

Basierend auf dieser Lösung wird in einem weiteren Schritt untersucht, welchen Anteil jedes Element zu der erforderlichen Gesamtänderung beiträgt. Der Term im Zähler des Bruches in Gl. 4.43 beschreibt die Änderung der Normalkräfte infolge der Aktuation

des Elements i, der Nenner bezeichnet die gewünschte Normalkraftänderung. Die

Matrix e

a

i

~

l∆i erhält dadurch Werte, die für jedes Element i den Anteil an der

Zustandsänderung aller Elemente und aller Lastfälle beschreiben.

NlS

e∆∆⋅

=

a

i

N

i

~~

4.43

42

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Die Summe für alle Elemente und Lastfälle ist ein Indikator dafür, wie hoch der Anteil jedes Elements am Adaptionsvorgang ist.

∑∑= =

=p

k

m

iiie

1 1

e 4.44

Die Summe aller Anteile ergibt 100%. Bei der Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen gehen diese in die Gleichheitsnebenbedingungen (Gl. 4.42) ein.

4.3.3 Regel- bzw. Steuerbarkeit

Unter Regel- bzw. Steuerbarkeit versteht man die prinzipielle Möglichkeit, durch die Regelung bzw. Steuerung und die vorhandenen Aktuatoren die gewünschten Zielgrößen (Verformungen oder Kraftzustände) zu beeinflussen. Sie beinhaltet keinerlei Aussagen über die dafür notwendigen quantitativen Größen der Aktuationen.

Die Regelbarkeit mit den gewählten Aktuatoren wird über eine Überprüfung der linearen Unabhängigkeit gewährleistet. Hierzu werden nacheinander die Spalteneinträge der einzelnen Elemente (Reihenfolge entsprechend ihrer Effizienz) in eine Matrix addiert. Entspricht der Rang dieser Matrix dem Rang der Gesamtmatrix der Sensitivitäten, dann ist das System mit den gewählten Elementen regelbar. Andernfalls werden die Werte eines weiteren Elements zu der Matrix ergänzt. Für den Fall, dass der Rang sich nicht vergrößert, d.h. eine lineare Abhängigkeit besteht, wird das entsprechende Element nicht ausgewählt, sondern das nachfolgende Element aus der Rangliste verwendet.

Rang[SNi+1] = Rang[SN

i]+1 4.45

Dieser iterative Vorgang wird so lange wiederholt, bis der Rang der Matrix der Anzahl der zu verwendenden Elemente entspricht. Zuletzt ergibt sich somit folgender Zusammenhang, d.h. ∆N ist als Linearkombination von SN darstellbar.

Rang[SN] = Rang[SN ∆N] 4.46

4.3.4 Beobachtbarkeit

Die Beobachtbarkeit behandelt die Frage, inwieweit äußere Erregungen durch eine vorgegebene Anzahl und Positionierung von Sensoren erkannt und eindeutig beschrieben werden können. Im Vergleich zu den Aktuatoren liegen die Kosten von Sensoren deutlich niedriger, während der technische Reifegrad in der Regel höher liegt. Daher erscheint es nicht sinnvoll, das Optimierungspotenzial der Adaptivität durch die Anzahl der Sensoren einzuschränken. Bei der Positionierung der Sensoren ist zu unterscheiden, ob die angreifenden Belastungen, wie z. B. die sich bewegenden Fahrzeuge auf Brücken, gemessen werden oder ob direkt die Beanspruchungszustände im Tragwerk überwacht werden. Werden die Beanspruchungen des Systems beobachtet, dann handelt es sich um ein geregeltes System.

43

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4.4 Adaption

4.4.1 Vorüberlegungen

Wie in Kapitel 4.2 erwähnt, werden bei der Kraftpfadoptimierung die geometrischen Kompatibilitätsbedingungen nicht berücksichtigt. Im Rahmen des Adaptionsprozesses muss die geometrische Kompatibilität wieder hergestellt werden, um die optimalen Kraftpfade in einem realen Tragwerk, d.h. mit Berücksichtigung der Steifigkeiten, zu ermöglichen. Diese Anpassung kann entweder über steifigkeits- oder längenvariable Elemente erfolgen. In diesem Schritt werden auch Verformungsrandbedingungen definiert und die entsprechenden Verschiebungen der Freiheitsgrade angepasst.

In dieser Arbeit soll nicht strikt zwischen aktiven und semi-aktiven Systemen getrennt werden - es soll das jeweils angemessene verwendet werden, d.h. eine Kombination von aktiven als auch von semi-aktiven Elementen ist einzusetzen, um die Vorteile beider Konzepte zu nutzen. Hierzu wird eine entsprechende Vorgehensweise vorgestellt.

Für den Adaptionsvorgang sind zwei verschiedene Fälle zu unterscheiden. Zum einen die Verformungsregelung bei statisch bestimmten Tragwerken, bei denen keine Verletzung der Kompatibilität auftritt und daher keine Anpassung der Kraftzustände möglich bzw. nötig ist. Zum anderen werden statisch unbestimmte Systeme untersucht, bei denen eine Anpassung zur Erreichung der optimalen Kraftzustände nötig ist. Weiterhin können hier Verformungsrandbedingungen berücksichtigt werden.

Basierend auf den Untersuchungen zur Auswahl der Aktuatoren werden die

Sensitivitätsmatrizen und zu SN~

Su~

S N und Su reduziert – durch die Auswahl der entsprechenden Spalten aus den Sensitivitätsmatrizen werden nur noch die ausgewählten Elemente berücksichtigt.

N

N

SS →~

4.47

u

u

SS →~

4.48

4.4.2 Statisch bestimmte Systeme

Einen Sonderfall stellt die Adaption bei statisch bestimmten Systemen dar, da keine Kompatibilitätsverletzung auftritt und jegliche Längen- bzw. Steifigkeitsänderungen der Elemente keine Änderung der Kraftzustände hervorrufen. Die Aktuatoren werden nur für die Verformungsadaption benötigt. Die Kraftpfadoptimierung entspricht bei statisch bestimmten Systemen einer herkömmlichen Querschnittsoptimierung. Die passiv-adaptiven Verschiebungen upa sind aus der statischen Berechnung des passiv-adaptiven Systems für alle Lastfälle bekannt (Kap. 4.2.3). Die angestrebten Verschiebungen der einzelnen Freiheitsgrade werden vorgegeben und für alle Lastfälle durch die Matrix ur beschrieben. Die Differenz muss durch die Aktuatoren ausgeglichen werden.

44

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auapar lSuuuu ∆⋅==−=∆ 4.49

Die erforderlichen Längenänderungen der Aktuatoren können dann mit Gl. 4.50 ermittelt werden.

uSl ∆⋅=∆−1ua 4.50

Für mehrere Lastfälle gilt:

][ 1 puuu ∆∆=∆ L 4.51

][ 1 paaa lll ∆∆=∆ L 4.52

Entspricht die Anzahl a der Aktuatoren der Anzahl nr der zu regelnden Freiheitsgrade kann eine exakte Lösung gefunden werden. Für den Fall, dass weniger Aktuatoren verwendet werden, kann eine Näherungslösung mittels der Minimierung der Fehlerquadrate gefunden werden. Die Matrix Su ist in diesem Fall nicht quadratisch und damit nicht invertierbar. Die Näherungslösung erfolgt daher mit der Moore-Penrose-Pseudoinversen Su+ (MathWorks 2002b).

uSl ∆⋅=∆ +ua 4.53

4.4.3 Statisch unbestimmte Systeme

Bei statisch unbestimmten Systemen ist zu unterscheiden, ob nur eine Anpassung an die in Kap. 4.2 entwickelten optimalen Kraftpfade erfolgen soll, oder ob zusätzliche Verformungsrandbedingungen zu berücksichtigen sind.

Die reine Kraftanpassung verläuft vergleichbar zur Verformungsregelung statisch bestimmter Systeme.

aNapaopt lSNNNN ∆⋅==−=∆ 4.54

SN beschreibt die Sensitivitäten der einzelnen Normalkräfte der einzelnen Elemente hinsichtlich einer Längenänderung der Aktuatoren. Die erforderliche Aktuation kann direkt bestimmt werden. Die Anzahl a der variablen Elemente muss der Redundanz r des Systems entsprechen, um eine exakte Lösung zu finden. Auch hier kann eine Näherungslösung ermittelt werden, falls die Anzahl der Aktuatoren geringer ist.

NSl ∆⋅=∆+Na 4.55

Im Falle von Verformungsrestriktionen sind weitere Aktuatoren erforderlich. Zur Ermittlung der notwendigen Aktuation wird die Sensitivitätsmatrix Su verwendet, die die Einflüsse von Längenänderungen einzelner Elemente auf die Knotenverschiebungen beinhaltet. Die Matrizen ∆u und ∆N beschreiben die notwendigen Korrekturen hinsichtlich der Knotenverschiebungen und der Normalkraftverteilung im Rahmen des Adaptionsvorganges.

45

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Die erforderlichen adaptiven Längenänderungen ∆la können mit Hilfe einer Fehlerquadratminimierung bestimmt werden.

2

21

min ulS ∆−∆⋅ au 4.56

Hierbei wird vorausgesetzt, dass der optimale Kraftzustand exakt erreicht werden soll – dieser geht daher als Gleichheitsnebenbedingung in die Lösungsprozedur ein.

0NNlS =−+∆⋅ optpaN 4.57

Die notwendigen Adaptionskräfte Na werden durch folgenden Zusammenhang beschrieben:

aNa lSN ∆⋅= 4.58

Nur für den Fall, dass die Summe aus der Anzahl der zu regelnden Freiheitsgrade und der Redundanz des Systems mit der Anzahl der Aktuatorelemente übereinstimmt, ist

eine exakte Lösung möglich, d.h. 0ulS =∆−∆⋅2

21 au . Ist die Anzahl der adaptiven

Elemente geringer, wird eine Näherungslösung ermittelt.

Die eigentliche Anpassung im physikalischen Sinn kann auf zweierlei Arten erfolgen: zum einen können längenveränderliche Elemente (z. B. Linearaktuatoren) eingesetzt werden, zum anderen kann untersucht werden, ob die Adaption über eine Steifigkeitsvariation des Materials erfolgen kann.

Bei den Aktuatoren setzt sich die Gesamtverlängerung bzw. –verkürzung (d. h. der geregelte Zustand) aus dem passiv-adaptiven und dem adaptiven Anteil zusammen.

Bei Systemen mit längenveränderlichen Elementen werden die erforderlichen Veränderungen direkt über translatorische Aktuatoren aufgebracht, d.h. es ist möglich Zugelemente zu kürzen bzw. Druckelemente zu verlängern.

Bei steifigkeitsvariablen Elementen erfolgt die Anpassung über eine Variation des Elastizitätsmoduls (Verwendung von smart materials). Der passiv-adaptive Anteil kann mittels der Elastizitätstheorie bestimmt werden. Die sich dann ergebende Differenz beschreibt die erforderliche adaptive Längenänderung zur Erlangung der geometrischen Kompatibilität. Zuerst werden die erforderlichen Elementlängenänderungen und die Gesamtelementdehnungen ermittelt.

apar lll ∆+∆=∆ 4.59

apar εεε += 4.60

Die notwendige Materialsteifigkeit der einzelnen Elemente i für Lastfall k kann mit Gl. 4.61 bestimmt werden.

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rik

ik

irik

optki

ik AN

Eεσ

ε=

⋅= 4.61

Hierbei wird ersichtlich, dass die geregelte Gesamtdehnung das gleiche Vorzeichen erfordert wie die Normalkraft, ansonsten ist ein – physikalisch nicht möglicher – negativer Elastizitätsmodul (z. B. „sich verkürzende“ Zugelemente) erforderlich, um die Kompatibilität zu ermöglichen. Dadurch ergibt sich folgender notwendiger Zusammenhang zwischen passiv-adaptiver und adaptiver Längenänderung.

Druckelemente (Nikopt<0) 0ll <∆+∆ apa 4.62

bzw. paa ll ∆−<∆ 4.63

Zugelemente (Nikopt>0) 0ll >∆+∆ apa 4.64

bzw. paa ll ∆−>∆ 4.65

Für den Fall, dass diese Bedingungen erfüllt sind, kann die Anpassung mit einer Steifigkeitsvariation erfolgen.

4.5 Form follows energy

4.5.1 Metabolismus

Ein vollkommen neuer Aspekt für die Entwicklung tragender Strukturen ist der Einfluss der metabolischen Kosten. Die Höhe der einzubringenden Energiemenge ist von der Auftretenshäufigkeit einzelner Belastungsfälle abhängig. Die Berücksichtigung der metabolischen Kosten kann das Erscheinungsbild adaptiver Strukturen beeinflussen. Für die Bemessung einer adaptiven Struktur ist also bei einer Berücksichtigung der einzubringenden Energie nicht nur die Größe der angreifenden Lasten relevant, sondern auch deren Auftretenshäufigkeit.

Wesentliche Grundlage für die Betrachtung von adaptiven Strukturen und eine Beurteilung hinsichtlich energetischer Aspekte ist eine Untersuchung der tatsächlich zu erwartenden Lasten im Gegensatz zu den aus Vorschriften gegebenen maximalen Bemessungslasten. Diese können zwar auftreten, eventuell aber nur einmal in 50 Jahren. Deshalb soll auf Studien, die die tatsächliche Belastungsdauer sowie -häufigkeit zum Gegenstand haben, zurückgegriffen werden. Die Kenntnis über die variable reale Beanspruchung ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung anpassungsfähiger Strukturen.

In Tab. 4.1 sind Untersuchungen zusammengefasst, in denen verschiedene Statistiken ausgewertet wurden (Bachmann et al. 1997). Es ist zu erkennen, dass die tatsächlich auftretenden Belastungen z. T. nur 20-30% der Bemessungslasten betragen. Dies führt zum Schluss, dass es sinnvoll erscheint, anpassungsfähige Systeme zu entwickeln, die nicht für den Großteil ihrer Lebenszeit überdimensioniert sind.

47

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Mittelwert [kN/m2]

Lastannahme DIN 1055 T3

[kN/m2]

Büroräume 0.5 2

Wohnräume 0.3 1.5

Lagerflächen 3.5 >10

Tab. 4.1: Vergleich von tatsächlich auftretenden Lasten (Bachmann et al. 1997) mit Lastannahmen DIN 1055 T3

4.5.2 Formänderungsarbeit

Die Berücksichtigung der externen Arbeit, die von den Aktuatoren verrichtet werden muss, wird im Folgenden erläutert. Bei der Formänderungsarbeit ist zwischen der Eigenarbeit und der Verschiebungsarbeit zu unterscheiden. Bei der äußeren Eigenarbeit handelt es sich um die Formänderungsarbeit, die eine Kraft P auf dem durch sie selbst hervorgerufenen Verschiebungsweg u verrichtet.

Die von den Aktuatoren zu verrichtende Arbeit ist hingegen die Verschiebungsarbeit. Bei der Verschiebungsarbeit handelt es sich um die Formänderungsarbeit, die durch andere Kräfte oder Ursachen hervorgerufen wird, z. B. Temperaturänderungen oder im Rahmen dieser Arbeit durch Aktuatoren.

Die äußere Verschiebungsarbeit WäV kann mit Gl. 4.66 bestimmt werden.

n

n

inäV uPW ⋅= ∑

=1

4.66

Die innere Verschiebungsarbeit, d.h. die Arbeit der Aktuatoren, kann mit Gl. 4.67 ermittelt werden.

∑=

⎟⎟⎠

⎞⎜⎜⎝

⎛∆+

∆−=

Elemn

i

ai

i

iipaiiV l

EAlN

NW1 )(

4.67

Bei Nipa handelt es sich um die Normalkraft im passiv-adaptiven System, während ∆Ni

die in Gl. 4.34 ermittelte Normalkraftdifferenz, d.h. die adaptiven Zusatzkräfte, bezeichnet. Die Aktuation der adaptiven Elemente wird von ∆lia beschrieben.

4.5.3 Erweiterung der Kraftpfadoptimierung

Konzept

Ein wichtiger Aspekt der vorangegangen Untersuchungen (Kap. 4.2 – 4.4) ist die Tatsache, dass mit dem vorgestellten Verfahren die gefundene optimale Geometrie unabhängig von möglichen Verformungsvorgaben ist, da diese von den Aktuatoren erfüllt werden können. Führt man allerdings zusätzliche Randbedingungen für die maximale Aktuation oder Begrenzungen der Verformungen des passiv-adaptiven Systems ein, dann hat dies Einfluss auf die optimale Geometrie der Struktur.

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Die Grundlage des Verfahrens mit Berücksichtigung von Verformungskriterien ist die in Kapitel 4.2.1 beschriebene Kraftpfadoptimierung. Zusätzlich zu den Gleichheitsnebenbedingungen für das Knotengleichgewicht und den Ungleichheitsnebenbedingungen für die zulässigen Spannungen werden weitere geometrische Zusammenhänge des Systems berücksichtigt. Hierzu werden für jeden Freiheitsgrad die Knotenverschiebungen und für die Aktuatoren die benötigten Auslenkungen als weitere Variablen eingeführt.

Für die Anzahl der notwendigen Aktuatoren gelten die Aussagen aus Kap. 4.3. Die Anordnung derselben kann prinzipiell in jedem Iterationsschritt aktualisiert werden. Dies ist jedoch nicht praktikabel, da es hierbei zu Konvergenzproblemen der numerischen Lösung kommen kann. Daher wird in dieser Arbeit zu Beginn der Optimierung die Anordnung an einem Referenzsystem, das mit der Kraftpfadoptimierung ohne Verformungsrestriktionen optimiert wird, bestimmt.

Zielfunktion

Durch die Einführung der Knotenkoordinaten als Entwurfsvariablen und damit variablen Elementlängen kann das Problem des minimalen Gewichts nicht mehr linear formuliert werden, sondern es besteht ein nichtlinearer Zusammenhang (vgl. Gl. 4.30). Der Entwurfsvektor x enthält die beiden Vektoren l und A.

Entwurfsvariablen und Restriktionen

Zusätzlich zu dem die Kraftpfade beschreibenden Vektor gehen die

Knotenverschiebungen u

~

kN

k, die Aktuationen ∆lka und die variablen Knotenkoordinaten Ψ (vgl. Gl. 4.31) in den Entwurfsvektor ein.

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

Ψ∆

=

ap

ap

p

l

l

u

u

N

N

A

x

M

M

M

1

1

~

1

~

4.68

Verformungsbeschränkungen können direkt über eine Restriktion des Entwurfsvektors vorgegeben werden, da die Knotenverschiebungen Variablen der Optimierungsaufgabe sind. Als weitere Restriktionen des Entwurfsraumes können neben der positiven Definition der Querschnittswerte noch geometrische Randbedingungen für die

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

zulässigen Knotenverschiebungen bestimmt werden. Die Werte Ψu sowie Ψo beschreiben jeweils die oberen und unteren Grenzen der zulässigen Koordinaten der Knoten im Rahmen der Formoptimierung. Ebenso werden die Begrenzungen der Aktuationen an dieser Stelle definiert. Die Restriktionen werden in den Vektoren xu und xo zusammengefasst.

o

o

oap

oa

op

o

ap

ap

p

u

uap

ua

up

u

u x

l

l

u

u

l

l

u

u

N

N

A

l

l

u

u

0

x

x

=

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

Ψ∆

∞∞

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

Ψ∆

⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥⎥

⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢⎢

Ψ∆

∞−

∞−

=

,

,1

1

1

1

~

1

~

,

,1

1

M

M

M

321

M

M

M

M

M

M

4.69

Gleichheitsnebenbedingungen

Die Gleichheitsnebenbedingungen für das Knotengleichgewicht entsprechen Gl. 4.10, allerdings muss auch hier bei jeder Geometrieänderung die Koeffizientenmatrix aktualisiert werden.

Zusätzlich müssen weitere Bedingungen eingeführt werden, die die geometrischen Zusammenhänge berücksichtigen. Hierzu werden zuerst in einer Nebenroutine die Normalkräfte ermittelt, die sich infolge der aus der Elastizitätstheorie bekannten Gleichung ergeben.

ii

i

ikgkik AE

ll

N ⋅∆

= 4.70

Hierbei bezeichnet li die unverformte Elementlänge, ∆lik die Differenz der Stabendverschiebungen, Ei und Ai den Elastizitätsmodul bzw. die Querschnittsfläche. Die Stabendverschiebungen werden mittels der transponierten Transformationsmatrix bT und der Knotenverschiebungen ui in folgender Form bestimmt.

kT

ik ubl ⋅=∆ 4.71

Zur Berücksichtigung der Aktuation muss Gl. 4.70 folgendermaßen erweitert werden:

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

ii

i

aik

paikgk

ik AEl

llN ⋅

∆−∆= 4.72

Hierbei setzt sich die tatsächliche Elementverkürzung bzw. –verlängerung aus dem passiv-adaptiven Anteil ∆lpa und dem adaptiven Anteil ∆la zusammen.

Bei Betrachtung von Gl. 4.72 wird der Einfluss der adaptiven Längenänderungen deutlich: Bei einer Zugbeanspruchung (Nik > 0) und der daraus resultierenden positiven Längenänderung kann die Normalkraft im Stab betragsmäßig reduziert werden, wenn die adaptive Längenänderung ebenso positiv ist. In diesem Fall wird die Summe aus (∆likpa - ∆lika) betragsmäßig kleiner.

Durch die Einführung weiterer Gleichheitsnebenbedingungen kann die geometrische Kompatibilität des Systems erreicht werden. Mit Hilfe von Gl. 4.72 und 4.73 wird gewährleistet, dass die optimierten Kraftzustände unter Berücksichtigung der Werkstoffbeziehungen geometrisch verträglich sind.

0=− gkkk NN 4.73

Ungleichheitsnebenbedingungen

Die Aufstellung der Ungleichheitsnebenbedingungen zur Einhaltung der zulässigen Spannungen erfolgt analog zu Gl. 4.18.

Mathematische Formulierung

Das Problem der kombinierten Kraftpfad- und Formoptimierung lässt sich mathematisch folgendermaßen zusammenfassen.

Minimiere ρρ ⋅⋅=⋅⋅= ∑=

m

i

Tii AlG

1

)()( Alxx 4.74

mit Berücksichtigung der

Spannungs- 0xA ≤⋅g 4.75

Gleichgewichts- 0PxA =−⋅h 4.76

und geometrischen Kompatibilitätsbedingungen

0NN =− gkkk 4.77

Lösung

Die Lösung der Aufgabe erfolgt wiederum mit einer sequentiellen-quadratischen Programmierung (s. Kap. 4.2.2).

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Entwerfen adaptiver Strukturen 4 Lastpfadmanagement

Zusammenfassung

Die gleichzeitige Berücksichtigung von Verformungsrandbedingungen und Vorgaben für die Aktuatoren verändert das Vorgehen, da die Ermittlung des optimalen Kraftzustandes sowie die Berücksichtigung der geometrische Kompatibilität und der Verformungsrestriktionen nicht mehr separat erfolgen kann. In Abb. 4.6 ist der Ablauf der erweiterten Kraftpfadoptimierung (eKPO) schematisch dargestellt.

Veränderung der Tragwerksgeometrie durch Variation des Entwurfsvektors

Ermittlung der modifizierten Transformationsmatrix b sowie der neuen Elementlängen l

Berechnung der Längenänderungen infolge der Knotenverschiebungen

iT ubl ⋅=∆

Berechnung der Normalkräfte mit Berücksichtigung der aktiven Längenänderungen

ji

aik

paikgk

ik EAl

llN )(⋅∆−∆

=

Gleichheitsnebenbedingung 1 – Knotengleichgewicht

b·Nk – Pk = 0

Gleichheitsnebenbedingung 2 – Geometrische Kompatibilität

Nk – Nkgk = 0

Ungleichheitsnebenbedingung – Spannungen

S·Nk – A <= 0 bzw. -S·Nk – A <= 0

Zielfunktion

G = lT·A ·ρ

Konvergenzkriterium eingehalten

ja: Abbruch der Berechnung

nein: weitere Iteration

Abb. 4.6: Schematischer Ablauf der erweiterten Kraftpfadoptimierung (eKPO)

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

53

5 Tragwerksstudie

5.1 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Anhand von Beispielen soll das in Kap. 4 vorgestellte Verfahren zur Optimierung adaptiver Strukturen diskutiert werden. Hierbei wird untersucht, ob und, wenn ja, wie die Einführung der Adaptivität den Entwurf der Struktur beeinflusst. Vorhandene aktive Systeme, wie active mass dampers (AMD), haben bisher keinen Einfluss auf das Erscheinungsbild von Bauwerken. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass neue Technologien Einfluss auf die ästhetischen Qualitäten von Bauwerken haben können. So ist beispielsweise die Entwicklung von Hänge- oder Schrägseilbrücken nur durch das Vorhandensein von hochfesten zugbeanspruchbaren Werkstoffen möglich geworden.

Wesentlich beim Entwurf adaptiver Strukturen ist es, die Adaptivität von Beginn an beim Entwurf zu berücksichtigen. Dies führt zu wirklich adaptiven Systemen und nicht nur zu aktiv unterstützten Systemen, wie AMDs, bei denen der aktive Systemanteil „nur“ dazu dient, die Probleme des passiven Teiles zu kompensieren. Die Entwicklung wirklich adaptiver Strukturen kann nicht nur zu größeren Spannweiten und Höhen, sondern eventuell auch zu komplett neuen Strukturen und Formen führen. Weiterhin ist neben der Interaktion zwischen Struktur und Umgebung auch eine Interaktion zwischen Struktur und Nutzer gegeben; das Gebäude kann mit dem Nutzer Informationen austauschen und somit können Rückschlüsse auf das tatsächliche Tragverhalten geschlossen werden.

Neu beim Entwerfen adaptiver Strukturen ist die Möglichkeit, Masse durch Energie zu ersetzen, da anstelle von physikalischer Steifigkeit durch die Aktuation eine „virtuelle“ Steifigkeit simuliert werden kann.

In den weiteren Abschnitten werden anhand von Beispielen das in dieser Arbeit beschriebene Verfahren vorgestellt und die Ergebnisse diskutiert. Während in Kap. 5.2 die Kraftpfadoptimierung und der fail-safe-Aspekt im Vordergrund stehen, fließen bei der Betrachtung eines Fachwerkbogens in Kap. 5.3 auch Verformungskriterien in die Optimierung ein. Des Weiteren werden die Anordnung der Aktuatoren untersucht und eine Formoptimierung durchgeführt. Die Untersuchungen in Kap. 5.4 beleuchten den Aspekt form follows energy.

In den folgenden Beispielen wird eine Volumenminimierung angestrebt. Da in den Beispielen jeweils ein Material mit konstanter Dichte verwendet wird, entspricht dies auch einer Gewichtsminimierung, wie sie in Kap. 4 beschrieben ist.

5.2 Beispiel 1 – 4-Stab-Fachwerk

5.2.1 Systembeschreibung

Im Folgenden wird ein Tragwerk vorgestellt, das für die weiteren Untersuchungen verwendet wird. Die Ergebnisse einer nichtlinearen Programmierung des passiven Tragwerks dienen als Referenz für die Ergebnisse des adaptiven Systems. Bei dem

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

gewählten System handelt es sich um ein 4-Stabsystem. Anhand dieses Beispieles wird insbesondere die Möglichkeit der Steifigkeitsvariation als Alternative zu variablen Vorspannzuständen beschrieben.

Folgende Werte liegen den Untersuchungen zugrunde:

Knotenlasten: LF 1 P1 = 100 kN

LF 2 P2 = 200 kN

Elastizitätsmodul: E = 21000 kN/cm2

Zulässige Spannung: σzul = 30 kN/cm2

Globaler Sicherheitsbeiwert: γ = 1.5

Die Systemabmessungen sowie die Lastfälle 1 und 2 sind Abb. 5.1 zu entnehmen.

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4

-1

0

1

2

3

4

1 2 3 4

[m]

[m]

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4

-1

0

1

2

3

4

[m]

[m]

LF 2

LF 1

Abb. 5.1: 4-Stabfachwerk mit Abmessungen und Belastung

Im Folgenden sind die Ergebnisse der Querschnittsoptimierung am passiven System als Referenzwerte dargestellt, hierbei sind Untersuchungen ohne Verformungskriterien und Formoptimierung berücksichtigt. Stabilitätsversagen wird an dieser Stelle nicht berücksichtigt. In diesem Beispiel stimmt das Ergebnis einer nichtlinearen Programmierung (NLP) mit dem fully-stressed-design (FSD) überein.

A1 = A4 = 2.39 cm2

A2 = A3 = 4.28 cm2

V = 4756 cm3

5.2.2 Kraftpfadoptimierung

Die Ermittlung der optimalen Kraftzustände erfolgt mit Hilfe der Kraftpfadoptimierung, wie in Kap. 4.2.1 beschrieben. Bei vorgegebener Geometrie und ohne Berücksichtigung von Verformungskriterien ergeben sich für die beiden Lastfälle folgende

54

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Normalkraftverteilungen (Abb. 5.2). Es ist zu erkennen, dass bei der Kraftpfadoptimierung in allen Stäben in beiden Lastfällen jeweils betragsmäßig die gleichen Kräfte auftreten, was dazu führt, dass alle Stäbe in allen Lastfällen eine 100%-ige Ausnutzung der Spannungen erfahren (Abb. 5.3). Dieser Optimalzustand ist allerdings nicht in jedem Tragsystem erreichbar (s. Kap. 5.3).

1 2 3 4-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1x 105

Elementnummer

Nor

mal

kraf

t [N

]

LF 1LF 2

1 2 3 4

-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1x 105

Elementnummer

Nor

mal

kraf

t [N

]

LF 1LF 2

Abb. 5.2: Normalkraftverteilung: passives (links) und kraftpfadoptimiertes (rechts) System

1 2 3 40

20

40

60

80

100

120

Elementnummer

Spa

nnun

gsau

snut

zung

[%]

LF 1LF 2

1 2 3 4

0

20

40

60

80

100

120

Elementnummer

Spa

nnun

gsau

snut

zung

[%]

LF 1LF 2

Abb. 5.3: Spannungsausnutzung: passives (links) und kraftpfadoptimiertes (rechts) System

Bei der durch eine Kraftpfadoptimierung erzielten Normalkraftverteilung ist zu erkennen, dass die Elemente 2 und 3 in Lastfall 1 wesentlich höher beansprucht werden, als im passiven System – dies ist jedoch nicht bemessungsmaßgebend - die Kräfte werden von den Elemente 1 und 4 umgelagert und entlasten diese. Es ergeben sich folgende Querschnittswerte und ein Gesamtvolumen für das optimierte adaptive System:

A1 = A4 = 1.77 cm2

A2 = A3 = 3.95 cm2

V = 4000 cm3

Die Volumeneinsparung im Vergleich zum passiven System liegt somit bei 16%.

55

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Die Ermittlung der auftretenden Differenzkräfte ergibt folgendes Resultat:

1 2 3 4-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1x 105

Elementnummer

Nor

mal

kraf

t [N

]

LF 1LF 2

1 2 3 4

-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1x 105

Elementnummer

Nor

mal

kraf

tdiff

eren

z [N

]

LF 1LF 2

Abb. 5.4: Normalkraftverteilung (links) am passiv-adaptiven System und resultierende Normalkraftdifferenz (rechts) infolge Kompatibilitätsverletzung

Zur Erreichung der optimalen Kraftpfade sind so viele Aktuatoren notwendig, wie das System statisch Unbestimmte aufweist (s. Kap. 4.3). Die mögliche Anzahl der Aktuatorkombinationen liegt in diesem Fall bei 4!/(2!·2!)=6. Aufgrund der geringen Anzahl können alle Kombinationen ohne großen Aufwand untersucht werden. Da alle möglichen 6 Kombinationen linear unabhängig sind, ist die Regelbarkeit bei allen gegeben.

Bei der Verwendung von längenveränderlichen Elementen sind alle Kombinationen möglich, die dafür notwendigen Längenänderungen der Aktuatoren sind in Tab. 5.1 dargestellt. Die Ermittlung der Werte erfolgt entsprechend der Vorgehensweise aus Kap. 4.4.

Längenänderung der Aktuatoren [mm]

LF 1 LF2

Aktuatorkombination 1 2 3 4 1 2 3 4

1-2 -2.7 -3.6 - - 5.4 2.4 - -

2-3 - -1.2 1.2 - - -2.4 -2.4 -

3-4 - - 3.6 2.7 - - 2.4 5.4

1-3 1.3 - 1.8 - 2.7 - -1.2 -

2-4 - -1.8 - -1.3 - -1.2 - 2.7

1-4 2.7 - - -2.7 1.8 - - 1.8

Tab. 5.1: Übersicht Längenänderung der Aktuatoren

Das Ergebnis soll exemplarisch für die Auswahl 1-4 erläutert werden (Tab. 5.1). Bei der Auswahl der Elemente 1 und 4 kann man erkennen, dass in Lastfall 1 das zugbeanspruchte Element 1 adaptiv verlängert wird und sich somit der Belastung entzieht, während das druckbeanspruchte Element 4 adaptiv kürzer wird und ebenso die

56

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

57

Beanspruchung verringert. In Lastfall 2 werden beide adaptiven Elemente, die in diesem Fall druckbeansprucht sind, länger, d.h. sie übernehmen Lasten von den inneren beiden passiven Elementen 2 und 3 und entlasten diese somit.

Die variable Materialsteifigkeit wird entsprechend der in Kap. 4.4.3 beschriebenen Vorgehensweise bestimmt. Bei der Ermittlung der notwendigen Steifigkeitsvariation wird ersichtlich, dass nicht alle Aktuatorkombinationen möglich sind, da z. T. Lösungen mit einem negativen Elastizitätsmodul auftreten (z. B. Aktuatorkombination 1-2, s. Tab. 5.2). Dies ist zwar mathematisch korrekt, praktisch jedoch nicht anwendbar. Der Wert für den Ausgangswert des Elastizitätsmoduls beträgt E = 21000 kN/cm2.

Variabler E-Modul [kN/cm2]

LF 1 LF2

Aktuator-

kombination

1 2 3 4 1 2 3 4

1-2 63000 -105000 21000 21000 -63000 105000 21000 21000

2-3 21000 35000 35000 21000 21000 11700 11700 21000

3-4 21000 21000 -105000 63000 21000 21000 105000 -63000

1-3 15750 21000 52500 21000 63000 21000 15000 21000

2-4 21000 52500 21000 15750 21000 15000 21000 63000

1-4 12600 21000 21000 12600 37800 21000 21000 37800

Tab. 5.2: Übersicht Steifigkeitsvariation

Die Aktuatorkombination 2-3 (Tab. 5.2) passt sich den Belastungen derart an, dass sich die beiden inneren Elemente im Lastfall 1 (Horizontallast) versteifen. Sie tragen somit mehr Lasten ab und „helfen“ den äußeren Stäben die Belastung abzutragen. Im Gegensatz dazu werden die beiden inneren Elemente im Lastfall 2 (Vertikallast) weicher und entziehen sich der Belastung – die Beanspruchungen werden im Tragwerk auf die äußeren Elemente umgelagert.

5.2.3 Fail-safe - Konzept

Der Ausfall der Regelung (z. B. durch Stromausfall) wird durch die Berücksichtigung der Verletzung der geometrischen Kompatibilität simuliert. Die auftretenden Zwangsbeanspruchungen werden während der Optimierung als Nebenbedingung berücksichtigt.

In Abb. 5.5 sind die mit Hilfe der Kraftpfadoptimierung ermittelten Normalkraftverteilungen am adaptiven System dargestellt. In diesem Beispiel werden unterschiedliche Sicherheitsfaktoren für das Szenario „Regelungsausfall“ in den Nebenbedingungen berücksichtigt. Es wird deutlich, dass die optimalen Normalkraftzustände vom geforderten Sicherheitsfaktor (Regelungsausfall) abhängen.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Für einen Sicherheitsfaktor (Szenario „Regelungsausfall“) von maximal γfs =1.2 ergibt sich keine Einschränkung der optimalen Normalkraftverteilung.

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Sicherheitsfaktor [-]

Nor

mal

kraf

t [N

]x10

5

LF 1

Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Sicherheitsfaktor [-]

Nor

mal

kraf

t [N

]x10

5

LF 2

Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

Abb. 5.5: Einfluss des Sicherheitsfaktors γfs auf die kraftpfadoptimierte Normalkraftverteilung

Die Normalkraftverteilung, die sich bei einem Regelungsausfall einstellen wird, ist in Abhängigkeit vom gewünschten Sicherheitsfaktor γfs in Abb. 5.6 dargestellt.

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1LF 1

Sicherheitsfaktor [-]

Nor

mal

kraf

t [N

]x10

5 Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50-1

-0.8

-0.6

-0.4

-0.2

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1LF 2

Sicherheitsfakor [-]

Nor

mal

kraf

t [N

]x10

5

Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

Abb. 5.6: Normalkraftverteilung bei Regelungsausfall (passiv-adaptives System)

Die Zwangsbeanspruchungen, d.h. die Differenzkräfte zwischen geregeltem und ungeregeltem System sind in Abb. 5.7 dargestellt. Hierbei ist zu beobachten, dass sich in LF 1 die Normalkraftverteilung des adaptiven Systems und des passiv-adaptiven Systems annähern, eine Anpassung der Beanspruchungen erfolgt bei steigendem γfs verstärkt für LF 2.

58

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0.25LF 1

Sicherheitsfaktor [-]

Nor

mal

kraf

tdiff

eren

z [N

]x10

5

Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50

-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0.25LF 2

Sicherheitsfaktor [-]

Nor

mal

kraf

tdiff

eren

z [N

]x10

5 Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

Abb. 5.7: Normalkraftdifferenz bei Regelungsausfall

In Abb. 5.8 sind die Querschnittsverteilung und das Gesamtvolumen dargestellt. Es ergeben sich zwei Knickstellen für γfs=1.2 und γfs =1.3. Beim Übergang von γfs <1.2 zu γfs >1.2 kann die optimale Normalkraftverteilung nicht mehr erreicht werden, da für die Elemente 1 und 4 (LF 1) der Regelungsausfall bemessungsmaßgebend wird. Durch die dadurch erforderlichen größeren Querschnittsflächen können die Elemente 2 und 3 entlastet werden (mit und ohne Regelung). Erst beim Übergang von γfs <1.3 zu γfs >1.3 wird der Regelungsausfall für alle Elemente maßgebend für die Bemessung – das Volumen steigt stärker an. Oberhalb eines Sicherheitsfaktors von γfs = 1.30 ist der Regelungsausfall für alle Elemente maßgebend, daher ändert sich die Normalkraftverteilung nicht mehr.

1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.501.5

2.0

2.5

3.0

3.5

4.0

4.5

5.0

Que

rsch

nitts

fläch

e [c

m2 ]

Sicherheitsfaktor

Elem 1Elem 2Elem 3Elem 4

1.00 1.05 1.10 1.15 1.20 1.25 1.30 1.35 1.40 1.45 1.50

3000

3200

3400

3600

3800

4000

4200

4400

4600

4800

Sicherheitsfaktor

Vol

umen

[cm

3 ]

Abb. 5.8: Querschnittsflächen (links) und Gesamtvolumen (rechts) in Abhängigkeit des Sicherheitsfaktors γfs

5.2.4 Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass für dieses Tragwerk mit dieser Belastung eine Anpassung über eine Längen- und Steifigkeitsvariation möglich ist – hiermit kann eine Spannungsausnutzung von 100% in allen Elementen in allen Lastfällen erreicht werden (Gl. 4.29 wird erfüllt). Durch die Anpassung ist es möglich, dass einzelne Elemente höher beanspruchten Bauteilen „helfen“ und dadurch eine Umlagerung der Beanspruchungen eintritt.

59

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass für dieses System bis zu einem reduzierten globalen Sicherheitsfaktor von γfs =1.2 die optimale Lastabtragung möglich ist. Für den Fall, dass dieser Wert darüber liegt, ist nicht das volle Potenzial der Adaptivität nutzbar.

5.3 Beispiel 2 – Fachwerkbogen

5.3.1 Systembeschreibung

Anhand von Untersuchungen eines Bogentragwerkes sollen das Lastpfadmanagement und die Möglichkeiten der Tragwerksoptimierung weiter erläutert werden. Insbesondere werden an dieser Stelle die Verformungsregelung und die Formoptimierung adaptiver Strukturen diskutiert. Betrachtet wird ein Fachwerkbogen mit einer Spannweite von 40m. Bei den zu berücksichtigenden Lastfällen handelt es sich neben dem Eigengewicht um symmetrische (LF 1) und asymmetrische (LF 2-3) Schnee- und Windlasten (LF 4-5). Weiterhin werden an den Freiheitsgraden 8 und 16 (s. Abb. 5.14) Einzellasten betrachtet (LF 6-7).

Referenz für die weiteren Betrachtungen ist ein passives (ungeregeltes) System, das hinsichtlich der Querschnitte (Kap. 5.3.2 und 5.3.3) und der Form (Kap. 5.3.4) optimiert wird. Im Gegensatz zum vorangegangen Beispiel werden zusätzlich zu den Spannungsrestriktionen noch Verformungskriterien herangezogen sowie eine Formoptimierung durchgeführt.

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25

0

5

10

8

10

x [m]

y [m

]

1

2

34 5 6 7

9

Abb. 5.9: Fachwerkbogen mit Elementnummerierung (Untergurt)

Das System ist in Abb. 5.9 dargestellt, die zulässige Spannung beträgt 40 kN/cm2 (γ=1.5). Weitere Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen sind von Hartmann (2003) und Zappe (2003) dokumentiert.

5.3.2 Kraftpfadoptimierung

Die Durchführung der Kraftpfadoptimierung und der Vergleich mit einem passiven System erfolgen zuerst ohne Verformungsrestriktionen bei invarianter Geometrie. Qualitativ verhält sich das System ähnlich wie in Kap. 5.2. Durch die Umlagerung der Kräfte kann die durchschnittliche Spannungsausnutzung der Elemente erhöht werden. Eine Ausnutzung von 100% aller Elemente in allen Lastfällen ist bei diesem System

60

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

jedoch nicht möglich (Gl. 4.29 wird nicht erfüllt). In Abb. 5.10 und 5.11 ist die Spannungsausnutzung exemplarisch am Untergurt dargestellt.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Elementnummer

Spa

nnun

gsau

snut

zung

[-]

LF 1LF 2LF 3LF 4LF 5LF 6LF 7

Abb. 5.10: Spannungsausnutzung der Untergurtelemente – passives System

1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Elementnummer

Spa

nnun

gsau

snut

zung

[-]

LF 1LF 2LF 3LF 4LF 5LF 6LF 7

Abb. 5.11: Spannungsausnutzung der Untergurtelemente – adaptives System

1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

Elementnummer

Spa

nnun

gsau

snut

zung

[-]

passives Systemadaptives Systeme

Abb. 5.12: Durchschnittliche (LF 1-7) Spannungsausnutzung im Untergurt: Vergleich passives und adaptives System

Die durchschnittliche Ausnutzung aller Elemente im passiven System liegt bei 51%, während beim adaptiven System eine Ausnutzung von 67% vorliegt. Das

61

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

Gesamtvolumen kann am kraftpfadoptimierten adaptiven System gegenüber dem optimierten passiven System um 14% reduziert werden.

Die Vorgehensweise bei der Sicherheitsbetrachtung erfolgt analog zu Kap. 5.2, daher soll an dieser Stelle nur kurz das Ergebnis beschrieben werden. Im Gegensatz zu dem 4-Stab-Fachwerk liegt der Grenzwert, bei dem der Regelungsausfall bemessungsrelevant wird, unterhalb von 1.0, allerdings verläuft die Kurve in diesem Bereich relativ flach. Daher liegt das Strukturvolumen bei einem geforderten Sicherheitsfaktor von mindestens 1.0 bei Regelungsausfall nur 0.2% über dem Minimalwert, der sich bei Vernachlässigung des Regelungsausfalls ergibt. Bei einem geforderten Sicherheitsfaktor von γfs =1.5 stellt sich dasselbe Ergebnis wie am passiven System ein, d.h. es findet keine Adaption statt und es wird ca. 14% mehr Volumen benötigt.

0.6 0.7 0.8 0.9 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.50.068

0.07

0.072

0.074

0.076

0.078

0.08

0.082

Sicherheitsfaktor [-]

Vol

umen

[m

3]

Abb. 5.13: Abhängigkeit des Strukturvolumens vom Sicherheitsfaktor bei Regelungsausfall

5.3.3 Auswahl der Aktuatoren und Verformungsadaption

Die Auswahl der Aktuatoren erfolgt mittels des in Kap. 4.3 beschriebenen Verfahrens und ergibt die in Abb. 5.14 dargestellte Anordnung der Aktuatoren. Insgesamt werden 15 adaptive Elemente ausgewählt (das System ist 13-fach statisch unbestimmt + 2 zu regelnde Verschiebungsfreiheitsgrade).

62

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25

0

5

10

FG 8FG 10 FG 14

FG 16

x [m]

y [m

]

Abb. 5.14: Anordnung der Aktuatoren (fett dargestellt) und Nummerierung der geregelten Freiheitsgrade

Durch den Adaptionsvorgang stellt sich die Verteilung der Kräfte entsprechend den Ergebnissen aus der Kraftpfadoptimierung ein.

Ziel der Verformungsadaption soll die Begrenzung der Verschiebungen der Freiheitsgrade 8 und 16 auf einen Wert von +/- 0.03m bzw. 0.00m sein. Zur Begrenzung der Verschiebungen stehen zwei Aktuatoren zur Verfügung, d.h. es können 2 Freiheitsgrade exakt geregelt werden. Die Vertikalverschiebungen des Untergurts am passiv-adaptiven System (adaptives System im passiven Zustand) sind zum Vergleich in Abb. 5.15 dargestellt. Der angepasste Verschiebungszustand des Untergurtes ist in Abb. 5.16 zu sehen. In diesem Fall (ur=0.03m) liegt die Summe (für alle Lastfälle) der zu verrichtende Arbeit des Systems bei 44600 Nm, das entspricht einem Energiebedarf von 0.012 kWh.

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

Freiheitsgrad

Ver

tikal

vers

chie

bung

[m

]

LF 1LF 2LF 3LF 4LF 5LF 6LF 7

Abb. 5.15: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – passiv-adaptives System

63

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05-0.03

0

0.03 0.05

0.1

0.15

Freiheitsgrad

Ver

tikal

vers

chie

bung

[m

]

LF 1LF 2LF 3LF 4LF 5LF 6LF 7

Abb. 5.16: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – adaptives System mit Beschränkung auf u8 = u16 = 0.03m

In Abb. 5.17 ist die exakte Verformungskontrolle mit u8=u16=0.00m der Freiheitsgrade 8 und 16 dargestellt. Bei einer Restriktion von 4 Freiheitsgraden (FG 8, 10, 14 und 16) ist nur eine Näherungslösung möglich, Abb. 5.18.

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

Freiheitsgrad

Ver

tikal

vers

chie

bung

[m

]

LF 1LF 2LF 3LF 4LF 5LF 6LF 7

Abb. 5.17: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – adaptives System mit Beschränkung auf u8 = u16 = 0.00m

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22-0.25

-0.2

-0.15

-0.1

-0.05

0

0.05

0.1

0.15

Freiheitsgrad

Ver

tikal

vers

chie

bung

[m

]

LF 1LF 2LF 3LF 4LF 5LF 6LF 7

Abb. 5.18: Vertikale Knotenverschiebungen – Untergurt – adaptives System mit Beschränkung auf u8 = u10 = u14 = u16 = 0.00m (Näherungslösung)

Die für die Adaption notwendige Aktuation der einzelnen Elemente ist in Abb. 5.19 exemplarisch für Lastfall 1 dargestellt. Die maximalen Werte steigen bei geringen geregelten Systemverformungen an. Dargestellt sind die Auslenkungen für maximale Verschiebungen von ur=0.00m, ur=0.01m, ur=0.02m sowie ur=0.03m (Freiheitsgrad 8 und 16).

0.00 0.01 0.02 0.03-0.08

-0.06

-0.04

-0.02

0

0.02

0.04

Verformungsrestriktion [m]

Elem. 1Elem. 5Elem. 6Elem. 10Elem. 12Elem. 14Elem. 17Elem. 19Elem. 25Elem. 31Elem. 32Elem. 33Elem. 46Elem. 47Elem. 48

Akt

uato

raus

lenk

ung

[m]

Abb. 5.19: Aktuatorauslenkungen – LF 1

Bei der Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen steigt die Volumendifferenz zwischen passiver und adaptiver Struktur stark an. In Abb. 5.20 ist das notwendige Strukturvolumen des passiven und des adaptiven Systems für verschiedene Begrenzung der Verschiebungen des Freiheitsgrades 6 (exemplarisch ausgewählt) dargestellt.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

0 2 4 6 8 10 12 14 160

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

maximale Vertikalverformung FG 6 [cm]

Vol

umen

[m

3]

passivadaptiv

Abb. 5.20: Vergleich der Volumina des passiven und adaptiven Systems in Abhängigkeit der Verformungsbegrenzung

In Abb. 5.20 ist zu erkennen, dass das Volumen des adaptiven Systems unabhängig von den Verformungsrestriktionen konstant gehalten werden kann, da alle Verformungsvorgaben komplett von den Aktuatoren erzielt werden können. Im Gegensatz dazu steigt das benötigte Strukturvolumen des passiven Systems stark an. Im Falle einer Verformungsbegrenzung von 2cm liegt die Reduktion am adaptiven System gegenüber dem passiven System bei 78%.

5.3.4 Formoptimierung

Für das in Abb. 5.9 dargestellte Bogenfachwerk wird an dieser Stelle das in Kap. 4.2.2 beschriebene Verfahren zur Formoptimierung angewendet. Im Rahmen der Optimierung wird die Position der Untergurtknoten nicht verändert, während die Knoten am Obergurt max. 3.0m nach oben und 1.0m horizontal verschoben werden können. Der Vergleich des passiven und des adaptiven System ergibt eine große Ähnlichkeit der gefundenen Optimalgeometrien. Dies stimmt auch mit Untersuchungen entsprechend der Vorgehensweise aus Kap. 4.5.3 (erweiterte Kraftpfadoptimierung) überein.

-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20

0

5

10

y [m]

x [m]

Abb. 5.21: Passives (- - -) und adaptives (______) System nach der Formoptimierung (mit Verformungsbeschränkung)

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

5.3.5 Ergebnisse

Die Durchführung der Kraftpfadoptimierung führt qualitativ zu ähnlichen Ergebnissen, wie in Kap. 5.2 beschrieben. Es findet eine Umlagerung der Kräfte von (in einzelnen Lastfällen) hoch beanspruchten Elementen zu niedrig beanspruchten Elementen statt. Dadurch wird die durchschnittliche Spannungsausnutzung in den Elementen erhöht. Weiterhin kann gezeigt werden, dass eine exakte sowie eine genäherte Verformungsadaption (in Abhängigkeit von der Anzahl der adaptiven Elemente) möglich ist. Es ist möglich, die maximalen Verschiebungen einzelner Freiheitsgrade auf „Null“ zu reduzieren und so eine virtuelle unendliche Steifigkeit zu erzielen. Bei der Formoptimierung kann in diesem Beispiel keine prinzipielle Abweichung der optimalen Geometrie von adaptiven Systemen gegenüber passiven Systemen beobachtet werden. Dies trifft auf alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Systeme zu, inwieweit dies für den allgemeinen Fall bestätigt werden kann, ist in weiteren Arbeiten zu untersuchen.

5.4 Beispiel 3 – Fachwerkträger

5.4.1 Systembeschreibung

Bei dem untersuchten System handelt es sich um einen Fachwerkträger mit 30m Spannweite (Abb. 5.22). Die Lasten betragen P = 1MN (LF 1) bzw. P = 0.5 MN (LF 2). Für die Formoptimierung können die Untergurtknoten vertikal verschoben werden, hierbei ist die Bauhöhe des Trägers auf 6.0m begrenzt.

0 5 10 15 20 25 30-5

0

5

x [m]

y [m

]

P P P P P

Abb. 5.22: Ausgangssystem mit Belastung

Für den hier beschriebenen Fachwerkträger wird der Einfluss der Auftretenshäufigkeit der Belastungen auf die Formoptimierung betrachtet und diskutiert. In den vorangegangen Untersuchungen wurde die Adaptivität immer für eine Höchstbeanspruchung betrachtet. Es ist jedoch nicht notwendigerweise sinnvoll, dass sich das System auch für geringere Lasten, die eventuell häufig auftreten können, anpasst. Bei geringerer Beanspruchung ist zu untersuchen, ob die Anforderungen, z. B. Verformungsbeschränkungen, auch vom passiv-adaptiven System ohne jegliche Aktuation erfüllt werden können.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

5.4.2 Form follows energy

Anhand dieses Beispieles kann der Einfluss der metabolischen Kosten auf das Erscheinungsbild der Struktur beschrieben werden (Abb. 5.23). In diesem Beispiel wird nur eine Verformungsadaption durchgeführt. Da das System statisch bestimmt ist, können keine Kräfte umgelagert werden.

Ziel der Untersuchung ist es, in beiden Lastfällen die maximalen Vertikalverschiebungen der Freiheitsgrade 6 und 10 (Obergurt) auf jeweils 0.03m zu reduzieren. Bei der Formoptimierung ohne Berücksichtigung der Verformungsrestriktionen am passiv-adaptiven System müssen in beiden Lastfällen die Verformungen durch die Aktuatoren reduziert werden. Unter der Annahme, dass LF 2 sehr häufig auftreten kann, ist dies aus energetischen Gründen unerwünscht. Daher soll das Tragwerk so modifiziert werden, dass nur noch für LF 1 eine Anpassung erfolgt und die Verformungsanforderungen für LF 2 allein durch die Steifigkeit des passiv-adaptiven Systems erfüllt werden können.

Abb. 5.23: Optimierte Geometrie ohne und mit Berücksichtigung der Verformungsbeschränkungen am passiv-adaptiven

System

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Entwerfen adaptiver Strukturen 5 Entwerfen und Analysieren adaptiver Strukturen

2 4 6 8 10 12 14-0.1

-0.09

-0.08

-0.07

-0.06

-0.05

-0.04

-0.03

-0.02

-0.01

0

Freiheitsgrad

Ver

tikal

vers

chie

bung

[m]

LF 1 ohne Verformungsbeschränkung

LF 1 mit Verformungsbeschränkung

LF 2 ohne Verformungsbeschränkung.

LF 2 mit Verformungsbeschränkung

Abb. 5.24: Vertikalverschiebungen – Obergurt – mit und ohne Berücksichtigung von Verformungsbeschränkung am passiv-adaptiven System

In Abb. 5.24 ist zu erkennen, dass am modifizierten System in Lastfall 2 die Verformungsrestriktionen auch ohne Adaption eingehalten werden. Nur für Lastfall 1 ist eine Anpassung erforderlich. Durch die Modifikation des Tragwerks ergibt sich neben der Änderung der Optimalgeometrie (Abb. 5.23) auch eine Veränderung der Querschnittsflächen der einzelnen Elemente.

5.4.3 Ergebnisse

Anhand des an dieser Stelle gezeigten Beispieles wird deutlich, dass durch die Adaptivität nicht nur das Volumen (und damit das Gewicht) tragender Strukturen reduziert werden kann, sondern dass auch ein Einfluss auf das Erscheinungsbild auftreten kann. Hierzu ist die Auftretenshäufigkeit einzelner Lastfälle zu berücksichtigen. Allerdings ist der Einfluss der Adaptivität in diesem Beispiel, wie auch in Beispiel 2, nur quantitativer Natur – qualitativ ergeben sich kaum Unterschiede im Erscheinungsbild im Vergleich zu passiven Systemen.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 6 Konstruieren adaptiver Strukturen

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6 „Stuttgarter Träger“

6.1 Vorüberlegungen

Um die in Kap. 4 und 5 gemachten Überlegungen auf Ihre Realisierbarkeit zu überprüfen, wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Prototyp eines adaptiven Tragwerkes entwickelt: der „Stuttgarter Träger“ (Sobek et al. 2002). Dieser Träger wurde im Rahmen der SWISSBAU 2002 in Basel der Öffentlichkeit präsentiert.

6.2 Entwurf

Beim „Stuttgarter Träger“ handelt sich um einen Einfeldträger, bei dem die Verformungen mit Hilfe eines Sensor-Aktuator-Systems kontrolliert werden. Als einwirkende Größe wurde eine fahrende Last gewählt. Ziel der Adaption ist die Eliminierung der Vertikalverschiebung unterhalb der Last, d. h. die Last soll sich auf einer horizontalen Linie bewegen. Bei dem statischen System handelt es sich um einen Einfeldträger mit V-förmigen Stützen. Durch eine Horizontalverschiebung der Stützen kann die Vertikalverformung des Trägers manipuliert werden. Die Abmessungen des System sind folgendermaßen gewählt: Länge l = 2.0 m, Höhe der V-Stützen h = 0.10m.

6.3 Realisierung

Für den Träger wurde ein Aluminiumblech mit einer Breite von 40 mm und einer Dicke von 3 mm gewählt, wodurch eine Schlankheit von L/ 500 erreicht wird. Bei diesen Abmessungen ergeben sich für den Träger unter der fahrenden Last im passiven Zustand des Systems deutlich sichtbare Verformungen von 35mm. Eine weitere Reduzierung des Trägerquerschnitts ist aufgrund der sonst auftretenden Schwingungen nicht empfehlenswert. Die Auflager wurden als V-Stützen ausgebildet, um eine Einspannung des Trägers an den Feldenden zu erreichen. Auf der einen Seite ist die V-Stütze vertikal und horizontal unverschieblich auf dem Schlitten der Linearachse befestigt. Auf der anderen Seite ist die V-Stütze auf einer Wägezelle vertikal aufgelegt. Um die Messung der Auflagerkraft in der Wägezelle nicht zu beeinflussen, war es erforderlich, die horizontale Lagerung reibungsfrei auszubilden. Da ein Druckklotz mit einer Teflongleitbeschichtung die vertikale Auflagerkraft noch zu stark beeinflusst hat, wird als horizontales Lager ein Zugstab an der V-Stütze befestigt, der in 20 cm Entfernung zum Auflager horizontal gehalten wird.

Als Sensor zur Ermittlung der Lastlage wurde ein Kraftaufnehmer (KD24s der Fa. ME-Systeme) zur Messung der vertikalen Auflagerkraft gewählt. Bei der Wahl der Wägezelle ist eine sehr große Messgenauigkeit von Bedeutung, um Störeinflüsse zu minimieren. Zur Auswertung der Signale des Kraftsensors über eine Steuerung ist ein Messverstärker (GSV-1 der Fa. ME-Systeme) erforderlich, der dem Kraftsensor den erforderlichen Strom liefert und dessen Ausgangsignale so verstärkt, dass bei

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Entwerfen adaptiver Strukturen 6 Konstruieren adaptiver Strukturen

Vollbelastung des Kraftsensors das Ausgangssignal aus dem Messverstärker den Bereich von ± 5 V abdeckt.

Als Aktuator am anderen Auflager wurde ein Schrittmotor mit Linearachse gewählt. Die daran angeschlossene Steuerkarte verarbeitet die eingehenden Signale aus der Steuerung des Gesamtsystems und setzt diese in rechts- oder linksdrehenden Motorschritte mit verschiedenen Geschwindigkeiten um. Schrittmotoren sind in der Programmierung einfach zu steuern und anhand der ausgeführten Schritte ist eine sehr genaue Positionskontrolle möglich. Nachteilig ist ihr ruckartiges Anfahrverhalten. Dieses kann jedoch durch Programmierung von Anfahrtsrampen minimiert werden.

Für die Steuerung des Gesamtsystems wird ein Mikrocontroller genutzt. In voneinander unabhängigen Prozessen wird einerseits die Fahrt der Last gesteuert, zum anderen ermittelt der Prozessor anhand der eingehenden Signale aus dem Kraftmesser die Lage der Last und steuert abhängig von dieser den Aktuator. Das Programm erfasst die Eingangsspannung am Controller mit einer Frequenz von 10 MHz und ermittelt aus 10 Messungen einen Mittelwert. Somit können eventuell auftretende Störeinflüsse aus Schwingungen minimiert werden. Die Programmierung des Mikrocontrollers erfolgt in der Sprache C2, die syntaktisch C ähnelt, sich aber in einigen Details auch an Pascal oder Basic anlehnt.

In Abb. 6.1 ist das System im passiven und adaptiven Zustand gegenübergestellt. Die vertikalen Verformungen im passiven System betragen ca. 35 mm.

Abb. 6-1: Gegenüberstellung passives (oben) und adaptives (unten) System

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Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

72

7 Zusammenfassung und Ausblick

7.1 Zusammenfassung

Im Rahmen dieser Arbeit wird das Lastpfadmanagement vorgestellt, mit dessen Hilfe adaptive tragende Strukturen entworfen werden können. Adaptive Elemente werden hierbei nicht nur als Hilfsmaßnahmen angesehen, um einzelne Probleme des Tragverhaltens zu lösen, sondern die Adaptivität wird von Anfang an in den Entwurf mit einbezogen. Hierzu eignet sich das Verfahren der Kraftpfadoptimierung, mit dem optimale Kraftpfade bei vorgegebener Geometrie entwickelt werden können. Weiterhin kann eine gleichzeitige Formoptimierung durchgeführt werden. Mittels der anschließenden Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität werden die für die Adaption notwendigen Veränderungen im Tragwerk bestimmt. In diesem Schritt werden auch vorhandene Verformungsrestriktionen berücksichtigt. Die Auswahl der zeitlich varianten Elemente erfolgt mit einem Effizienzindikator und Untersuchungen zur Regelbarkeit. Der mögliche Ausfall der Regelung wird durch ein fail-safe - Konzept im Rahmen der Arbeit berücksichtigt. Hiermit wird die Grundlage für den Entwurf sicherer, redundanter adaptiver Tragstrukturen gebildet.

Durch den Einsatz von Energie als „tragendem Element“ entsteht ein für das Bauwesen vollkommen neuer Aspekt: der Einfluss der metabolischen Kosten auf das Erscheinungsbild der optimierten Struktur. Dieser in der Natur selbstverständliche Aspekt kommt bisher in technischen Anwendungen nicht zum Tragen. Der Einfluss von metabolischen Kosten auf das Erscheinungsbild der Strukturen erfordert eine neue Herangehens- und Denkweise beim Entwerfen tragender Strukturen.

Die Leistungsfähigkeit adaptiver Strukturen wird anhand nummerischer Beispiele dargestellt. Insbesondere bei Berücksichtigung von Verformungsrestriktionen kann das Gewicht der tragenden Struktur drastisch reduziert werden. Die Möglichkeit, die Verformungen auf „Null“ zu reduzieren, bedeutet nicht nur eine quantitative Verbesserung, sondern eine auch qualitativ neue Möglichkeit, da dies einer unendlichen Steifigkeit entspricht, die bei passiven Systemen nicht erreichbar ist.

Adaptive Strukturen müssen letztendlich dieselben Kriterien wie herkömmliche Tragwerke erfüllen, und zwar besser oder mindestens ebenso gut: Funktionalität, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit, Dauerhaftigkeit und ästhetische Anforderungen. Nur so können die notwendige Akzeptanz für diese neue Technologie geschaffen werden und neue Qualitäten des Bauens in der Zukunft entwickelt werden.

7.2 Ausblick

7.2.1 Tragwerk

Aufbauend auf den hier untersuchten Aspekten sind in weiterführenden Arbeiten noch zusätzliche Überlegungen auf konzeptioneller Ebene durchzuführen. Neben einer Betrachtung am dreidimensionalen System ist eine Anwendung auf Flächentragwerken möglich. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Betrachtung von zeitlich varianten

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Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

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Formänderungen des Systems, d. h. einer Formanpassung an verschiedene Lastfälle. Ebenso ist die Berücksichtigung von geometrischen und physikalischen Nichtlinearitäten notwendig. Weiterhin kann aufbauend auf dem in dieser Arbeit vorgestellten Verfahren der Kraftpfadoptimierung eine Erweiterung der Optimierung hinsichtlich des Topologieentwurfes, z. B. in Kombination mit evolutionären Strategien, durchgeführt werden. Durch den immer weiter geführten Leichtbau sind auch dynamische Aspekte zu berücksichtigen.

7.2.2 Aktuatoren, Sensoren und Regelung

Der momentane Entwicklungsstand der Aktuatoren ist noch nicht ausreichend, um hochintegrierte adaptive Systeme zu entwickeln. Bei den einzigen Aktuatoren, deren aufnehmbare Kräfte und erreichbaren Auslenkungen in einer baupraktischen Größenordnung und entsprechendem Kostenrahmen liegen, handelt es sich um hydraulische, pneumatische und elektromechanische Aktuatoren. Im Bereich der smarten Materialien sind die möglichen Längenänderungen der Aktuatoren insbesondere bei piezoelektrischen Werkstoffen noch nicht ausreichend. Neue Tendenzen, wie die Entwicklung von piezoelektrischen Aktuatoren mit großen Hubwegen werden von Anderson et al. (2002) beschrieben.

Es ist in naher Zukunft wünschenswert, neuartige Aktuatorsysteme zu entwickeln, die auf smarten Materialien basieren, gleichzeitig aber baupraktische Dimensionen erreichen. Nur so lassen sich diese Systeme in adaptive Strukturen wirklich integrieren, ohne „nur“ Zusatzbauteile zu sein. Idealerweise handelt es sich hierbei um Funktionsmaterialien ohne bewegliche Bauteile (wie bei herkömmlichen Aktuatoren), um den Wartungsaufwand zu minimieren. Die Entwicklung „neuer“ Materialien ist (neben der Informationstechnologien) ein wesentlicher Aspekt für das Entwerfen adaptiver Systeme. Interessant sind beispielsweise neue Entwicklungen von steifigkeitsvariablen Materialien, die von Tanaka et al. (2003) beschrieben werden. Weitere Möglichkeiten bieten neuartige Materialien mit sensorischen Fähigkeiten, mit denen der Beanspruchungszustand ständig überwacht und eventuell auftretende Schäden frühzeitig erkannt werden können. Darauf aufbauend können selbstheilende Werkstoffe entwickelt werden.

Neuartige piezoelektrische Aktuatoren bieten die Möglichkeit energy harvesting - Systeme einzusetzen. Hierbei kann die extern in das System eingebrachte Energie gewonnen werden (DARPA 2003). So ist es denkbar, dass während der nichtadaptiven Lastfälle Energie gespeichert wird, die dann für die Adaption während der kritischen Lastfälle zur Verfügung steht. Man spricht von hochintegrierten Systemen (embedded systems), wenn neben aktuatorischen und sensorischen Fähigkeiten auch noch der informationsverarbeitende Teil des Systems in die tragende Struktur integriert werden kann. Diese, sowie MEMS (Mikro-elektro-mechanische-Systeme) werden von Garg et al. (2001) und Chong und Garboczi (2002) beschrieben. Die Entwicklung von evolvable hardware, d. h. sich selbst konfigurierenden Systemen, wird vollkommen neue

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Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

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Möglichkeiten bieten. Die Ursprünge liegen im Bereich der Elektronik, mittlerweile werden aber auch Anwendungen in der Raumfahrt diskutiert (NASA 2002).

Im Rahmen weiterer Untersuchungen ist die gleichzeitige Berücksichtigung der Regelung einzubeziehen. Hierbei sind Punkte, wie nicht zu vermeidende Zeitverzögerungen und daraus resultierende Instabilitäten des Systems, sowie eine reduzierte Wirksamkeit zu berücksichtigen. Die Entwicklung zuverlässiger, redundanter Informationssysteme ist zwingende Voraussetzung, um eine ausreichende Systemzuverlässigkeit zu gewährleisten.

7.2.3 Wirtschaftlichkeit

Bei einer ökonomischen Betrachtung adaptiver Systeme ist es ganz wesentlich, nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die Betriebskosten zu berücksichtigen. Eine gesamtwirtschaftliche bzw. eine volkswirtschaftliche Untersuchung, z. B. unter Berücksichtigung von Verkehrseinschränkungen durch Autobahnbaustellen infolge Brückensanierungen, ist sicherlich wünschenswert und sinnvoll, wenn auch schwierig und komplex in ihrer Durchführbarkeit. Gegenstand weiterer Untersuchungen ist daher die Bewertung hinsichtlich der Investitionskosten im Vergleich zu den Betriebskosten.

Bei der Betrachtung adaptiver Systeme ist zu erwarten, dass bei den Investitions- wie auch bei den Betriebskosten jeweils Vor- und Nachteile auftreten werden. Zum einen werden die Investitionskosten durch aktuatorische und sensorische Bauteile steigen – dies kann, wenn auch nicht komplett, durch Einsparungen infolge einer Reduktion des Materialaufwandes ausgeglichen werden. Zusätzliche Betriebskosten entstehen durch den Energiebedarf. Durch die ständige Überwachung und die Kenntnis des Bauwerkszustandes kann auch erreicht werden, dass die Wartungs- oder Reparaturkosten gesenkt werden können. Insbesondere Infrastrukturprojekte sind hierbei hervorzuheben, da sie eine sehr wichtige und wertvolle Rolle spielen. Reparaturmaßnahmen sind hier mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden.

7.2.4 Full-scale testing und Realisierung

Die Implementierung der vorab beschriebenen Gedanken in Großversuchen ist notwendig, um ausreichend Erfahrung hinsichtlich der Funktionalität und Dauerhaftigkeit zu erlangen. Eine realistische Kosten-Nutzen-Bewertung ist nur durch eine Lebensdaueruntersuchung möglich (Chong und Garboczi 2002).

Ein für den Erfolg adaptiver Strukturen wichtiger Aspekt ist aber auch die Bauausführung. In diesem Bereich sind teilweise erhebliche Steigerungen der Qualitätsansprüche nötig, um die notwendige Präzision und damit die Funktionalität dieser Systeme zu erreichen. Problematisch ist hierbei, dass im Bauwesen relativ wenige Erfahrungen zur Bauwerksüberwachung und der daraus resultierenden Notwendigkeit der Integration elektronischer Bauteile in die Tragstruktur vorliegen.

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Entwerfen adaptiver Strukturen 7 Zusammenfassung

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Weiterhin erfordert die Integration von elektronischen Bauteilen in mechanische Systeme im Bauwesen eine intensive Zusammenarbeit der beteiligten Fachdisziplinen (z. B. Werkstoffe, Mechanik, Elektronik, Herstellungsverfahren, Datenverarbeitung, etc.).

7.2.5 Nutzerakzeptanz

Neben den verschiedenen technologischen Aspekten sind auch die psychologischen Einflüsse zu untersuchen, wenn das Tragwerk durch elektronische Bauteile beeinflusst wird und dabei die Gebrauchstauglichkeit und eventuell auch die Tragfähigkeit gewährleistet wird. Es zeigt sich allerdings in anderen Bereichen, wie der Luftfahrt oder auch dem Automobilbau, dass dies von der breiten Mehrheit der Nutzer akzeptiert wird – auch wenn dafür mit Sicherheit eine gewisse Eingewöhnungszeit notwendig wird.

Weiterhin zu berücksichtigen ist auch die Tatsache, dass es sich im Bauwesen in der Regel um einzigartige Projekte handelt, die nicht in Serie gefertigt werden. Dies ist auch ein Grund für die vorherrschende konservative Einstellung vieler am Bau Beteiligter und erklärt auch den Widerstand gegenüber unkonventionellen Technologien.

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Entwerfen adaptiver Strukturen Lebenslauf

Lebenslauf Patrick Teuffel Dipl.-Ing. Geburtstag: 22.07.1970 Geburtsort: Aachen Familienstand: ledig Anschrift: Leuschnerstr. 57 70176 Stuttgart

[email protected] www.patrick-teuffel.com

Ausbildung 1977 – 1981 Grundschule Holzgerlingen

1981 – 1990 Abitur - Schönbuch-Gymnasium Holzgerlingen

1991 – 1996 Bauingenieurstudium (Dipl.-Ing.) an der Universität Stuttgart

Berufliche Tätigkeit 1997 – 1999 Tragwerksplaner bei Ove Arup & Partners, London

1999 - 2003 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) an der Universität Stuttgart

seit 2003 eigenes Ingenieurbüro in Stuttgart

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