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1 LASS UNS TANZEN ! STUTTGART KULTUR DIE REGION STUTTGART ERLEBEN 2015

2015 STUTTGART Die Region KULTUR eRLeben · PDF fileIm vergangenen Jahr waren wir bei Jamie Cullum. Allein die Kulisse im Schlossinnenhof ist toll. Trotz schlechter Prognose hielt

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Lass uns tanzen !

STUTTGARTKULTUR

Die RegionstuttgaRt

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2015

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Kommen, Staunen und Genießen: 59 der schönsten Schlösser, Klöster, Gärten und Burgen in Baden-Württemberg laden Sie herzlich ein. Freuen Sie sich auf eine ganz besondere Entde-ckungsreise in die faszinierende Welt der Herrscher, Mönche

und Ritter. Spannende Programme im Residenzschloss Ludwigs-burg, im Schloss Solitude und in der Grabkapelle auf dem Würt-temberg erwarten Sie in der Region Stuttgart. www.schloesser-und-gaerten.de

AUF ZEITREISE GEHEN.

Lassen Sie sich von der Vielfalt überraschen.

Residenzschloss Ludwigsburg Schloss Solitude Grabkapelle auf dem Württemberg

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MEIN KULTURMOMENTStuttgarter über Highlights ihres Jahres

DAS LÄCHELN DER STADT Ein gut gelaunter Weg durch die City

GROOVE AUS DEM UNTERGRUNDWie Stuttgart Jazzmetropole wurde

UNSER ANTRIEbWie Kreative und Erfinder inspirieren

ACH WAS!Was Sie bislang nicht über die Region Stuttgart wussten

OFF THE bEATEN TRACKEin Blick auf die blühende Off-Kultur

NACHTSPAZIERGANGArchitekt Arno Lederer zeigt Stuttgart am Abend

DIE SCHÄTZE DER REGIONÜber die erstaunlichen Sammlungen der Unternehmer

ANGESTRICHENDie große Veranstaltungsübersicht der Region Stuttgart

INGENIEURE SIND KULTURMACHERWie Innovationen und Kunst zusammenhängen

Liebe Leserin, lieber Leser,Sie halten „Stuttgart Kultur“ in Hän-den, einen journalistischen Reise-führer, mit dem wir Sie einladen, die ausgezeichneten Theater, die weltweit geschätzte Kunst und das intensive kulturelle Leben der Region Stuttgart aus der Nähe zu erleben. Wir stellen Ihnen Menschen vor, deren kreatives Schaffen ganze Generationen inspi-rierte, und wir erzählen Geschichten zum Staunen. Folgen Sie uns und entdecken Sie uns – hier in „Stuttgart Kultur“, auf stuttgart-tourist.de und kulturregion-stuttgart.de. Oder, am allerliebsten: in echt!

PS: In diesem Heft versammeln wir die besten Gründe für eine Fahrt in die Region Stuttgart. Mit dem Angebot BAHNHIT geht das besonders günstig und komfortabel: Sie verbringen eine oder mehrere Nächte inklusive Frühstück in einem ausgewählten Stuttgarter Hotel. Hin und zurück geht es deutschlandweit und ohne Zugbindung mit der Bahn. Eine Nacht im 3-Sterne-Superior-Hotel „Mercu-re Stuttgart City Center“ kostet zum Beispiel ab 155 Euro pro Person im Doppelzimmer – inklusive Zugfahrt. Mehr auf stuttgart-tourist.de

PPS: Mit der StuttCard haben Sie unter anderem freien Eintritt in allen Museen und in vielen Freizeiteinrich-tungen. Mehr zu diesem Angebot auf stuttgart-tourist.de

Für das Titelbild begab sich Alicia Amatriain, Primaballerina

des Stuttgarter Balletts, in Pose. Im Sommer ist sie in

„ALLES Cranko!“ und „Dorn-röschen“ zu sehen. Mehr auf

stuttgarter-ballett.de

INHALT EDITORIAL

Hach! Stuttgarterund ihre Highlights des Jahres, Seite 4

Oh! Die Stadtbibliothek Stuttgart bei Nacht, Seite 22

Wow! Marilyn Monroe im Schauwerk Sindelfingen, Seite 26

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Stuttgart Kultur entstand in Zusammenarbeit mit der Kultur-Region Stuttgart und wurde ermöglicht durch die zusätz- liche Unterstützung von Die Staatstheater Stuttgart, Kunst-museum Stuttgart, Landesmuseum Württemberg, Linden- Museum Stuttgart sowie Staatsgalerie Stuttgart. Heraus-geber Stuttgart-Marketing GmbH, Armin Dellnitz, V.i.S.d.P., Rotebühlplatz 25, 70178 Stuttgart, stuttgart-tourist.de

Verlag Magazin Verlagsgesellschaft Süddeutsche Zeitung mbH, SZ-Publishing Objektleitung Angela Kesselring Redaktion Peter Wagner Bildredaktion Katjana Frisch Schlussredaktion Isolde Durchholz; Julei M. Habisreu-tinger Chefin vom Dienst Frauke Haack Artdirection Christina Mayer Anzeigen Stuttgart-Marketing GmbH, A ndrea Gehrlach, Rotebü h lplatz 25, 70178 St ut tga r t, Telefon 0049 711/22 28-0 Druck Firmengruppe APPL, PR I N T. For u m , Neu l a nd s t r a ß e 4 0, 74 8 8 9 Si n s hei m

Repro Compumedia GmbH Bei Nichterscheinen durch höhere Gewalt oder Streik kein Entschädigungsanspruch. Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Zeit-schrift und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzu-lässig und straf bar, soweit sich aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Die Veröffentlichung der Veranstal-tungstermine erfolgt ohne Gewähr.

IMPRESSUM

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Mein KulturMoMent

Abir brAhAm , mAschinenbAuerin, und Amine GhAriAni, Luf t- und rAumfAhrt technikerHier gibt es Hunderte Kulturangebote, wo sollen wir anfangen? Das Trickfilm-Festival am Schlossplatz, die Stuttgartnacht, das Afrika-Fes-tival, „SwingKultur“, die Französischen Filmtage, die Jazztage … Beim Festival der Kulturen spielte die tunesische Sängerin Emel Mathlouthi. Wir kommen aus Tunesien und konnten sie nach dem Konzert hinter der Bühne treffen. Sie freute sich, dass wir Stuttgart so lieben. Man verbindet die Stadt mit der Autoindustrie, aber es gibt viel mehr! Stuttgart verändert sich schnell. Gerade das macht es hier so interessant.

Protokolle: franziska von malsen; fotos: conny mirbach

und wo war’s am schönsten? Wir fragen menschen aus der region stuttgart nach den

highlights des vergangenen Jahres

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SIEGFRIED X ANDER, LEHRERIch gehe ins Ballett, seit John Cranko das Ballettwunder schuf. Mit 18 war ich jede Woche in der Oper oder im Schauspiel. Mein erstes Ballett war „Romeo und Julia“ – klassi-sches Ballett, aber von Cranko entrümpelt.

NINA, JÜRGEN uND LuIS BE tzDie Jazzopen im Sommer! Im vergangenen Jahr waren wir bei Jamie Cullum. Allein die Kulisse im Schlossinnenhof ist toll. Trotz schlechter Prognose hielt das Wetter. Nur beim letzten Song fing es dann doch zu regnen an – Cullum spielte „Umbrella“ von Rihanna, als ein Regenbogen vor dunkelgrauem Abendhimmel erschien … Dieses Jahr wollen wir zu Zaz und Gregory Porter. Luis mag am liebsten die Wilhelma, den Zoo.

EIkE-cHRIStIAN HEINE, HIStoRIkERIch war auf dem Konzert von Robert Stadlober, er hat Songs seiner Band Gary gespielt. Das war ein nostalgischer Abend, weil ich vor zehn Jahren selbst in Bands gespielt habe. Zwar keine Kultur im engeren Sinn, aber richtig toll finde ich das MineralBad Cannstatt. Und die Aussicht! Ich komme ja aus dem flachen Norden, und hier kann man den Berg hochgehen zum Teehaus, um bei Sonnenuntergang auf die Stadt zu gucken.

ANNA INGERFuRtH, kÜNStLERINMein liebster Ort sind die Wagenhallen. Die „Urban Action“ ging von dort aus: Künstler bauten Installationen, die 72 Stunden in der Stadt blieben. Am besten gefiel mir eine riesige Kinderschaukel vor einer Apotheke.

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LINDEN-MUSEUM STUTTGART

KUNSTMUSEUM STUTTGART

DAS LÄCHELN DER STADT Wer auf dem Stuttgarter Stadtplan fünf ganz bestimmte Orte verbindet, entdeckt ein Strahlen – und die Route für einen besonderen Kulturspaziergang

Text: Kathrin Hollmer; Illustration: Michael Kirkham

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7LANDESMUSEUM WÜRTTEMBERG

STAATSTHEATERSTUTTGART

STAATSGALERIESTUTTGART

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Das Linden-MuseuM sTuTTGART vereint die Welt gleich doppelt in sich: Vor dem Gebäude am Hegelplatz steht eine Weltkugel aus Edelstahl mit drei Metern Durchmesser, die 2011 zum hundertsten Geburtstag errichtet wurde. Im Haus selbst, einem der bedeutendsten Völkerkundemuseen Europas, sind alle außereuropäischen Kulturen vertreten. Mit seinen kost-baren Sammlungen versteht sich das Linden-Museum als Be- wahrer von Weltkulturerbe und als lebendiger Ort der interkul-turellen Begegnung.

„Als einziges Landesmuseum für Ethnologie in Baden-Würt-temberg präsentieren wir die Vielfalt der Kulturen von Amerika, über Afrika und Asien bis hin zur Südsee“, erklärt Direkto-rin Inés de Castro. Die kostbaren Sammlungen von interna-tionalem Rang geben auf drei Ebenen in Sonder- und Dauer- ausstellungen Einblicke in Kunst und Alltagskultur zahlreicher Kulturregionen. Die ganze Welt ist im Linden-Museum unter ei-nem Dach.

Bei allen Projekten legt das Haus großen Wert auf Partizi-pation und arbeitet mit Kollegen aus der Wissenschaft zusam-men, aber auch mit Migrantengruppen aus den Ländern, aus denen die Objekte stammen. „Wir möchten ihre Sichtweise inte-grieren. Das ist vor allem in Stuttgart wichtig“, so Inés de Castro. Schließlich haben mehr als vierzig Prozent der Stuttgarter einen Migrationshintergrund und die Communitys vor Ort wachsen. Das Linden-Museum steht mit seinen Ausstellungen und Programmen für einen interkulturellen Dialog auf Augenhöhe.Adresse: Hegelplatz 1, 70174 StuttgartAusstellung: Am 3. Oktober eröffnet „Die Welt des Schattentheaters“ und präsentiert Schattenspielfiguren aus China, Indonesien, Indien, der Türkei und Ägypten, lindenmuseum.de

Das KunsTMuseuM sTuT TGART hat zwei Gesich-ter: Tagsüber spiegelt der Glaskubus die Gebäude in der Umge-bung und, je nach Wetterlage, Wolken oder den blauen Himmel über der Stadt. Nachts dagegen werden die beleuchteten Kalk-steinwände aus Dietfurter Kalkstein im Innern des Museums sichtbar. Allein die Architektur und die Lage in der Fußgänger-zone Königstraße machen das Museum zu einem Besucherma-gneten. Im Inneren liegt der weitaus größere Teil der Ausstel-lungsfläche unterirdisch in zwei ehemaligen Tunnelröhren. Auf zwei Etagen sind Werke des schwäbischen Impressionismus im 19. Jahrhundert, der klassischen Moderne, der Kunst nach 1945 und aktuelle zeitgenössische Kunst vereint.

„Spätestens seit dem Umzug der Städtischen Galerie in den Museumsneubau am Schlossplatz macht sich das Kunstmuseum auch außerhalb von Stuttgart einen großen Namen: aufgrund der umfangreichen Werkbestände zu Otto Dix und Dieter Roth, wegen des Archivs Baumeister, das seit 2005 seine Räume im Kunstmuseum Stuttgart hat, und durch unsere neue Außenstel-le, das Museum Haus Dix auf der Höri am Bodensee“, so Ulrike Groos, Direktorin des Kunstmuseums.

Im Glaskubus zeigt von Oktober an die Ausstellung „I Got Rhythm. Kunst und Jazz seit 1920“, unter anderem mit Werken von Jackson Pollock und Andy Warhol, wie Jazz im 20. Jahrhundert die bildende Kunst beeinflusst hat. „In diesem Jahr feiern wir unser zehnjähriges Bestehen mit großen Sonderausstellungen, Konzer-ten und Performances im und außerhalb des Museums unter dem Leitthema ,Kunst & Musik‘“, sagt Ulrike Groos.Adresse: Kleiner Schlossplatz 1, 70173 StuttgartAusstellung: „I Got Rhythm. Kunst und Jazz seit 1920“ von 10. Okto-ber 2015 bis 6. März 2016, kunstmuseum-stuttgart.de

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Das L a n d es m u s e u m W ü r t t em ber g ist eines der größten kulturhistorischen Museen Deutschlands. „Kultur-geschichte macht Landesgeschichte einzigartig, lebendig und spannend“, erklärt Direktorin Cornelia Ewigleben die Aufgabe, die ihr eine Herzensangelegenheit ist. Sie ist der Überzeugung, dass Kulturgeschichte vor allem Spaß machen soll. Verortet im Alten Schloss, präsentiert das Museum Objekte von der Stein- zeit bis zur Gegenwart. Mit der Ausstellung „LegendäreMeister-Werke. Kulturgeschichte(n) aus Württemberg“ nimmt das Haus die Besucher mit auf einen Streifzug durch 80 000 Jahre Landesgeschichte. Einer der Höhepunkte ist der württember-gische Kronschatz.

Das Landesmuseum beherbergt mit der Glassammlung Ernesto Wolf eine der größten und bedeutendsten Glassammlungen welt-weit, und ist dadurch in der Lage, die Geschichte des Glases von der Antike bis zur Neuzeit zu spannen.

Ein weiteres Highlight im Landesmuseum Württemberg ist das Kindermuseum Junges Schloss, das wechselnde Mitmach- ausstellungen für Kinder ab vier Jahren zeigt. Im Jahr 2013 wurde es beim „Children’s Museums Award“ zu einem der besten Kinder-museen weltweit ausgezeichnet. Übrigens ist schon allein das Gebäude einen Besuch wert: Das Alte Schloss, einst Sitz der Grafen und Herzöge von Württemberg, ist eines der ältesten Bauwerke der Stadt und wartet mit einem der schönsten Renaissance-Innenhöfe Deutschlands auf. Adresse: Schillerplatz 6, 70173 Stuttgart Ausstellungen: Noch bis 2. August 2015 im Kindermuseum Junges Schloss, Mitmachausstellung „Römische Baustelle!“ Am 21. Mai 2016 wird die Neupräsentation „Wahre Schätze. Antike • Kelten • Kunstkammer“ eröffnet, landesmuseum-stuttgart.de

1Sammlungen von Welt präsentiert das Linden- Museum Stuttgart.

2Ein Blick ins Kunstmuseum Stuttgart, das 2005 neu eröffnet worden ist.

3Aus der Sammlung des Kunstmu-seums Stuttgart: Joseph Kosuths „Neon“ aus dem Jahr 1965.

4„Monturi mit blauem Dreieck“ von Willi Baumeister aus dem Jahr 1954, ebenfalls aus dem Kunstmuseum.

5Weltberühmt: die Miniaturmaske aus dem ehemaligen Königreich Benin (um 1500) im Linden-Museum.

6Einst war das Alte Schloss Sitz der Grafen und Herzöge von Württemberg – heute beherbergt es das Landesmuseum Württemberg. Im Bild die Arkaden.

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Die StaatStheater Stuttgart sind ein Haus der Rekorde, ganz besonders die Oper. Bereits sechsmal wurde sie als Opernhaus des Jahres ausgezeichnet – so oft wie kein anderes. Der Staatsopernchor wurde neunmal, zuletzt 2012, zum Opernchor des Jahres gewählt. Opernintendant Jossi Wieler erhielt im März den Kulturpreis Baden-Württemberg der Baden-Württemberg Stif-tung und ist zweifacher Preisträger des deutschen Theaterpreises „Der Faust“. Die von Kritikern gefeierte Sängerin Ana Durlovski gehört seit vier Jahren zum Ensemble der Stuttgarter Oper und tritt auf der ganzen Welt auf, zuletzt an der Metropolitan Opera in New York. In Stuttgart ist sie in diesem Jahr unter anderem in Richard Strauss’ „Der Rosenkavalier“ und Verdis „Rigoletto“ zu hören. „Ich bin in vielen Opernhäusern zu Gast“, sagt sie, „aber noch nie habe ich gleichzeitig eine so persönliche Atmosphäre in der Ensemblearbeit und intellektuelle Herausforderung in der Regiearbeit gespürt.“ Sylvain Cambreling, Generalmusikdirektor der Oper Stuttgart, hat unter anderem die musikalische Leitung des „Rigoletto“. Ein kurzes Gespräch:

Was inspiriert Sie?Die Natur, der Wald – das Grüne ist für mich sehr wichtig, noch wichtiger als das Meer. Ich liebe die Bäume, die Erde, den Duft im Wald. Manchmal laufe ich stundenlang durch den Rosengarten und lasse mich treiben. Ich gehe gern ins Museum, am liebsten in die Staatsgalerie; manchmal nur, um eine halbe Stunde allein zu sein.

Welches Ritual erdet Sie im Alltag?Wenn ich morgens aufwache, nehme ich eine Partitur und lese zwanzig Minuten Musik, vor der ersten Tasse Tee. Das kann Orgelmusik sein oder klassische Musik, es muss kein Stück sein, das ich aktuell dirigiere. Musik zu lesen ist für mich wie Poesie, wie eine kleine Meditation.

Wo arbeiten Sie am liebsten?Ich reise sehr viel und gern und fahre seit zehn Jahren nicht mehr selbst Auto. Im Zug kann ich am besten arbeiten und lesen. Nur wenn jemand im Abteil laut telefoniert, bringt mich das aus der Ruhe. Kleine Kinder dagegen, wenn sie laut sind und lachen – das inspiriert mich und holt mich zurück, wenn ich mich in meinen Gedanken verloren habe.Adresse: Oberer Schlossgarten 6, 70173 StuttgartVorstellung: Auch Wolfgang Amadeus Mozarts „Così fan tutte“ steht unter Sylvain Cambrelings musikalischer Leitung. Termine online, oper-stuttgart.de

1Während einer Aufführung von „Berenike, Königin von Armenien“ in der Oper Stuttgart.

2Ein Ausschnitt, wie er für gewöhnlich den Darstellern vor-behalten ist: das Opernhaus der Staatstheater.

3Kammersängerin Helene Schnei-derman als Prinz Orlofsky in „Die Fledermaus“ von Johann Strauss.

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Die StaatSgalerie Stuttgart, eines der bundesweit wichtigsten Museen mit einer eigenständigen und international angesehenen Sammlung, vereint Werkensembles der Klassischen Moderne und der Gegenwartskunst unter einem Dach. Zu den gro-ßen Namen der Kunstgeschichte wie Pablo Picasso, Max Beckmann und Alberto Giacometti kommen regionale Schwerpunkte unter den Alten Meistern, wie das private Andachtsretabel des Meisters von Meßkirch und der „Herrenberger Altar“ von Jerg Ratgeb.

Das Haus, 1843 als Museum der bildenden Künste eröffnet, gliedert sich in drei Gebäude, von denen jedes für eine andere De-finition der Museumsarchitektur steht. Der nach Epochen und Schulen gehängte Rundgang durch die Sammlung umfasst den klassizistischen Altbau, den postmodernen Stirling-Bau sowie die Steib-Hallen für die Gegenwartskunst. Der Besucher erlebt einen Parcours durch 800 Jahre Kunstgeschichte, der seit der Neu- präsentation der Sammlung 2013 durch ein inhaltlich abgestimm-tes Farbkonzept unterstützt wird.

„Bei uns ist die weltweit umfangreichste Sammlung an Werken des großen Bauhaus-Künstlers Oskar Schlemmer zu sehen – übri-gens ein Stuttgarter“, sagt Christiane Lange, Direktorin der Staats-galerie. Langes besonderer Tipp ist das Archiv Sohm: Hier werden Plakate, Künstlerbücher, Fotos, Filme und Objekte von fast allen Künstlern der Fluxus-Bewegung gehütet, die der Markgröninger Zahnarzt Hanns Sohm über Jahrzehnte sammelte.Adresse: Konrad-Adenauer-Straße 30-32, 70173 StuttgartAusstellung: Mit „Poesie der Farbe“ zeigt die Staatsgalerie Stutt-gart ab 23. Oktober 2015 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken aus ihrem bedeutenden Bestand an Werken der Klassischen Moderne. Vertreten sind unter anderem Max Beckmann, Wassily Kandinsky, Franz Marc und Emil Nolde, staatsgalerie.de

4Geschwungenes Grün: im Foyer der Neuen Staatsgalerie Stuttgart.

5 + 6Oskar Schlemmers „Figurinen zum Triadischen Ballett“ in der Staatsgalerie Stuttgart.

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Fotos: A. Dreyer/Linden-Museum Stuttgart(2), Gonzalez/Kunstmuseum Stuttgart, Kunstmuseum Stuttgart/Joseph Kosuth/VG Bildkunst Bonn 2015, Archiv Baumeister/Kunst-museum Stuttgart/VG Bildkunst Bonn 2015, Frankenstein/Landesmuseum Württemberg Fotos: A. T. Schaefer, Martin Sigmund (2), Volker Naumann, Staatsgalerie Stuttgart (2)

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Groove aus dem uNTerGruNd

Hochstimmung in der Metropole des Jazz: Lionel Hampton, eine der großen

Legenden unter den Jazzmusikern, winkt im Januar 1958 dem Publikum in den

(inzwischen abgerissenen) Killesberghallen.

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Roter Schal, Goldrandbrille. Sie sitzt am besten Platz im Club: an der Bar, vor der Bühne. Seit dreißig Jahren kommt Susanne hier-her. Beinahe so lang, wie es die „Kiste“ gibt. „Kischte“, wie der Stuttgarter sagt: der älteste Jazzclub der Stadt. Stuttgart, sein Umland und der Jazz – das Verhältnis der Region zu dieser Musik lässt sich als Liebesgeschichte erzählen. Susanne, die Dame mit Schal, entdeckte ihre Liebe zum Jazz mit siebzehn. Ein Nachmittag am Sportplatz, Sommer, Sonne, ein Kofferradio. Susanne schaltet ein und hört eine Frau singen, wie sie noch nie eine Frau hat singen hören: „A sunbonnet blue and a yellow straw hat“ von Billie Holiday. Ein Paar verliebt sich unter einem Apfelbaum – sie mit Sonnenhut, er mit Strohhut: „So they rode to june and glory / On a bicycle built for two“. Die „Kiste“ ist klein, wenn sechzig Leute kommen, stehen sie sich auf den Füßen. Gegenüber der Bar ein paar Stehtische, in der Tiefe krümmt sich der schmale Raum zum L. Dort spielen auf einem Podest vor rotem Samt die Musiker. Unter der niedri-gen Decke verlaufen dicke Lüftungsrohre, von der Wand blättert Farbe. Das „Bix“, drei Fußminuten weiter, gleicht dagegen einem schicken Nachtclub. Die Gäste versinken dort in lederbezogenen Sesseln an kleinen Tischen. Mini Schulz, Chef des „Bix“, sagt, in seinem Club spielten die „Fat Cats“, große, internationale Acts, aber auch Studenten. Die „Kiste“ hingegen bietet bewusst der re-gionalen Szene eine Bühne, während sich die „Traditional Jazz Hall“ in der Fußgängerzone mit New Orleans, Dixieland oder Swing ganz der traditionellen Variante verschreibt. Das Angebot ist vielfältig – zählt man zu den Stuttgarter Clubs die Angebote im Umland, kommt man auf weit mehr als zwanzig Konzertorte. Doch wie fanden die Schwaben zum Jazz und der Jazz zu den Schwaben? Mit den amerikanischen Soldaten und deren Truppen-sender AFN kam nach dem Zweiten Weltkrieg auch der Jazz ins Ländle. 1951 gründete Erwin Lehn beim damaligen Süddeutschen Rundfunk sein Tanzorchester. Die Big Band war bald überall für ihren Swing bekannt. In Lehns Sendung „Treffpunkt Jazz“ spiel-ten Weltstars: Miles Davis, Chet Baker, Chick Corea. In Esslingen gibt es seit jener Zeit den „Jazzkeller Esslingen“. Das Gewölbe ist 500 Jahre alt. Ende der Fünfzigerjahre gehörte das Haus dem Vater des heutigen Besitzers, einem Bäckermeister; ein gutmütiger Mann, der die jungen Leute in seinen Keller ließ,

Wie kommt es eigentlich, dass die Region Stuttgartderart reich an Jazzclubs ist? Ein Blick zurück

Text: Franziska von Malsen

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damit sie Platten hören konnten. Dort probten und spielten die bald bekannten Jazzer Wolfgang Dauner (Klavier) und Eberhard Weber (Bass). Dauner, dessen Sohn Florian unter anderem Schlagzeuger der Fantastischen Vier ist, gilt vielen als Schlüsselfigur in der Jazz-geschichte der Region. Eckhart Fischer, Leiter des „Jazzkellers“, erinnert sich: „1969 stand auf einem Flyer für den ,Jazzkeller‘: ,Man weiß nie, mit wem Dauner was macht.‘ So war es!“ 1977 gründete Dauner das United Jazz + Rock Ensemble, auch Band der Bandleader genannt, weil das Ensemble herausra-gende Musiker aus ganz Europa vereinte. „Mit sechzehn war ich im Theaterhaus beim allerersten Konzert von denen“, sagt Mini Schulz, Chef des „Bix“. „Ich saß direkt vor der Bassdrum von Jon Hiseman, daneben Weber am E-Bass. Diese wahnsinnige Power, die aus den beiden rauskam, da wusste ich: Das ist meine Welt!“ Dritte Schlüsselfigur, neben Dauner und dem Rundfunk-mann Lehn, ist Bernd Konrad, der von 1986 bis 2012 den Lehr-stuhl für Pop- und Jazzmusik an der Stuttgarter Musikhochschule innehatte. Vor zwei Jahren gab es Pläne, den Studiengang wegen Sparauflagen zu schließen. Die Stuttgarter protestierten für ihre Jazzstudenten, der Studiengang blieb. Seit einem Jahr leitet nun Rainer Tempel das Institut für Jazz und Pop. Er spielte unter anderem mit Till Brönner und Nils Landgren, arbeitete mit den großen Big Bands des Landes und leitet das Jugendjazzorchester Baden-Württemberg. Um die Ausbildung des Jazznachwuchses muss einem also nicht bange sein. Und um die Clubs und Fes-tivals? Auch nicht. Der Jazz und die Schwaben, sie begleiten einander so treulich wie die Liebenden in Billie Holidays Song: „A sunbonnet blue and a yellow straw hat / Are true to this very day / For he loves her in December / As he did in May“.

Am 3. Juli 2015 beginnen die Jazzopen Stuttgart, jazzopen.com. Im Herbst folgen die Stuttgarter Jazztage unter Regie der IG Jazz, igjazz.de, und im Frühjahr 2016 die Internationalen Theaterhaus Jazztage, theaterhaus.de. Besuchermagneten in der Region sind das Jazzfestival Schwäbisch Hall und die Jazztage Nürtingen, jazzart-hall.de und nuertingen.de. Die oben erwähnten Clubs finden sich auf kiste-stuttgart.de, bix-stuttgart.de, jazz-hall.de und jazzkeller- esslingen.de. Adressen, die auf keiner Jazzlandkarte fehlen dürfen, sind das Backnanger Bürgerhaus und das Scala Ludwigsburg – mehr auf backnanger-buergerhaus.de und scala-ludwigsburg.de.

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Schon immer lebten in der Region Stuttgart Menschen, die andere mitgerissen haben. Ein Blick auf sieben besondere Biografien

Unser AnTrIeBWorauf es Künstlern der Region Stuttgart von einst

und heute ankommt. Eine Geschichte in Paaren

Text: Nadja Schlüter

Ganz man selbst sein, um jemand anders sein zu können, das ist Katharina Knaps Trick, mehr noch: Es ist ihr Job. „Man muss stän-dig auf der Suche nach Wahrhaftigkeit sein, in sich selbst, privat und auf der Bühne, und mit seinen Gefühlen in Kontakt bleiben“, sagt Knap. Sie nennt das, was sie als Schauspielerin macht, „eine Brücke bauen zwischen den fremden Sätzen und meinem Herzen“. Katharina Knap lässt sich nur ungern verbiegen. Einmal wäre es fast passiert, beinahe wäre eine Doktor Knap aus ihr geworden. „Ich habe ein Jahr lang Medizin studiert“, erzählt sie. Dann aber

Der Designer Hartmut Esslinger prägt mit seinen Designs für Apple und Windows unseren Alltag.

Im Jahr 2015 rücken inspirierende Menschen der Region Stutt-gart in das Blickfeld der Öffentlichkeit. Studierende der re-gionalen Hochschulen für Gestaltung stellen entscheidende Gedanken und Glaubenssätze berühmter Kreativer auf Pla- katen dar. Auf den folgenden Seiten zeigen wir eine Auswahl. Weitere Motive und Hintergrundinformationen zu den Vor-denkern aus Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft finden sich auf kulturregion-stuttgart.de

kam, über Nacht, eine 180-Grad-Wendung. Knap bewarb sich an der Kunstuniversität Graz im Studiengang Schauspiel, schaffte die Aufnahmeprüfung – und fand so den Beruf, der ihr wirklich liegt. Die Eltern hatten ein bisschen Sorge, wegen der brotlosen Kunst. Heute haben sie allen Grund, auf ihre Tochter stolz zu sein: Im ver-gangenen Jahr wurde Knap zur besten Nachwuchsschauspielerin im deutschsprachigen Raum gewählt. Am 13. Juni 2015 ist Katha-rina Knap in „Der zerbrochne Krug“ zu sehen, am 25. Juni in „Mord“. Mehr Informationen und Karten auf schauspiel-stuttgart.de

InsPIrATIOn

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Professor Werner Sobek, weltbekannter Architekt aus Stuttgart, glaubt an Nachhaltigkeit und Ästhetik.

Dem in Südafrika geborenen Choreografen John Cranko verdankt Stuttgart das viel beschworene Ballettwunder.

Er galt als Rebell, der aus dem Leben, das für ihn bestimmt war, ausbrach. Friedrich Schiller war Sohn eines Offiziers und besuchte die Militärakademie, er studierte Medizin und wurde Regiments-arzt – aber immer war da schon der eigentliche Schiller: der Dichter. Heimlich las er die Werke antiker Dichter und Dramatiker, schon mit 13 schrieb er erste Theaterstücke. Mit Anfang 20 vollendete er „Die Räuber“. Das Stück wurde aufgeführt und vom Publikum ge-feiert, brachte Schiller aber auch in Konflikt mit dem Herzog. Um der angedrohten Festungshaft zu entgehen, floh er aus Stuttgart, verlor

seine Stelle als Arzt und folgte seiner Berufung: der Schriftstelle-rei. Finanzielle Schwierigkeiten nahm er in Kauf – für seine Frei-heit. „Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit“, schrieb Schiller in den „Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen“. Kunst kann also nur da entstehen, wo der Mensch frei ist. Wo er ganz bei sich ist. Friedrich Schillers Leben und Werk erfährt man am besten im Schiller-Nationalmuseum im Deutschen Literaturarchiv und in Schil-lers Geburtshaus, beides in Marbach, nördlich von Stuttgart. Mehr In-formationen auf www.dla-marbach.de und auf schillersgeburtshaus.de

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Nikola Lutz’ Kunst ist mutig und unmittelbar. Sie begreift sich als zeitgenössische Künstlerin, die Gesellschaftliches und Politisches reflektiert. Ihre Gedanken fließen in ihre Musik, gespielt auf dem Saxofon oder auf Holzblasinstrumenten wie dem Tárogató, oft auch mit elektronischen Elementen. Wenn Nikola Lutz ihre selbst gesammelten Audioaufnahmen einbezieht, wird es ganz nah: Geräusche aus dem OP, ein schnarchender Mensch, Wortfetzen. „Jedes Objekt der konkreten Welt kann Kunst sein“, sagt sie und löst den Gegensatz zwischen „schön“ und „hässlich“ auf. Mehr zur Künstlerin auf nikolalutz.de

John Cranko wurde 1961 Direktor des Stuttgarter Balletts und schrieb Geschichte. Als Choreograf verstand er es, die Schönheit der Bewegung herauszustreichen und zugleich dem Zuschauer zugänglich zu machen. Ob William Shakespeares „Romeo und Julia“ oder Puschkins „Onegin“, in seinen Interpre-tationen setzte er auf klare dramatische Strukturen – das Publi-kum sollte die Geschichten mühelos verfolgen können. So löste er das „Stuttgarter Ballettwunder“ aus. Es hallt bis heute nach. Mit „ALLES Cranko!“ huldigt das Stuttgarter Ballett dem Mann hinter dem Wunder. Termine auf stuttgarter-ballett.de

NIkOLA LUTZ Musikerin und JOHN CRANkO Choreograf

UNMITTELBARKEIT

Margarete Steiff saß zeitlebens im Rollstuhl. Doch schon als Kind war ihr Wille stärker als ihre körperliche Einschränkung.

Robert Bosch, ein beseelter Unternehmer – noch heute ist die Unternehmenskultur von Bosch von seinen Idealen geprägt. P

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Oskar Schlemmer war der geborene Experimentator, immer ging es ihm um die Stellung der menschlichen Figur im Raum. Von Haus aus Zeichner, fand er den Weg zum Kubismus, zum Bauhaus und schließlich zur Bühne, wo er als Choreograf Bühnenbilder und Kostüme entwarf. Er entwickelte das „Triadische Ballett“ und kleidete seine Tänzer in geometrische, surreal anmutende Kostüme. Das Arrangement war und ist so andersartig, dass es damals wie heute nur als experimentell bezeichnet werden kann – im positivsten Sinne. Die Staatsgalerie Stuttgart beherbergt das Oskar Schlemmer-Archiv. Mehr unter staatsgalerie.de

Rosalie wird man mit nur einer Zuschreibung nicht gerecht. Sie ist Malerin, Bildhauerin, Installationskünstlerin, Bühnen- und Kostümbildnerin und mit ihren Projekten international präsent. Am liebsten experimentiert sie mit Licht, man nannte sie schon „Jackson Pollock des Lichts“. Ein guter Vergleich. „Licht kann sich innerhalb von Sekunden verändern“, sagt Rosalie. „Es ist Malerei, Skulptur und Architektur, alles simultan. Mit Licht kann ich ganz neue Universen generieren“. Keiner weiß das so gut wie Rosalie. Mehr zu Arbeiten und aktuellen Projekten der Künstlerin auf rosa-lie.de und in der Publikation „rosalie LightScapes“.

ROSALIE Bildhauerin, Bühnenbildnerin, Lichtkünstlerin und OSKAR SCHLEMMER Bildhauer, Maler, Bühnenbildner

EXPERIMENTIERFREUDE

Dr. Marita Raschke, Ingenieurin im Namen der Gesundheit, optimiert keramische Hüftpfannen.

In einfachen Verhältnissen geboren, stieg Friedrich Schiller auf zum Dichterfürst. In ihm steckte ein spielfreudiger Geist. P

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ACH WAS!Neun verblüffende Notizen aus der Region Stuttgart

PicaSSo uNd BeuyS exkluSivPablo Picasso ist der vielleicht bekannteste Künstler des 20. Jahrhunderts und einer der wenigen, für den schon zu Leb-zeiten eigene Museen gebaut wurden. Die Staatsgalerie Stutt-gart beherbergt eine der umfang-reichsten Sammlungen seiner Werke in Deutschland. Und noch ein Unikum gibt es im selben Haus zu entdecken: den einzigen erhaltenen, von Joseph Beuys eingerichteten Künstlerraum. staatsgalerie.de

koNZeRTaNT„Das treue Arbeitspferd“, „Die Mimose“ oder „Die mollige Schwäbin“: Jede Orgel in der Orgelsammlung der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart hört auf einen eigenen Namen, eine liebevolle Zuschreibung. Irgendwie muss man die guten Stücke ja auch auseinanderhal-ten: Mit elf Orgeln gehört die Hochschule heute zu den für die Kirchenmusik und das kon-zertante Orgelspiel am besten ausgestatteten Musikhochschu-len in ganz Deutschland. mh-stuttgart.dedie eiNS im PaRadieS

Das Hamburgische Welt- WirtschaftsInstitut hat die 30 größten Städte Deutsch-lands im Blick auf ihr Kultur-leben verglichen. Ergebnis: Stuttgart belegt Platz eins. Und damit nicht genug: Der Verein „KulturRegion Stutt-gart“ hat „Paradiesische Orte in der Region Stuttgart“ ge-sammelt. Die Übersicht auf kulturregion-stuttgart.de – unter anderem mit dem Pomeranzengarten in Leon-berg (Foto) und der Kloster-wiese in Kirchheim unter Teck.

SchweBeNdDer Ausstellungsbereich des Porsche-Museums steigt sanft an und ist ein Beispiel für ganz un- gewöhnliche Architektur: Das Museum scheint über dem Boden zu schweben. Auffällig ist der riesige Überhang, erdacht von den Archi-tekten des Büros Delugan Meissl. Aber wie sorgt man für die Stabilität des Baus? Mit einem Stahlskelett, das so schwer ist wie der Eiffelturm! porsche.com/museum

Bach uNd daS liedAltes neu interpretieren – das schreiben sich zwei besondere Akademien auf die Fahnen: Die Internationale Hugo-Wolf- Akademie für Gesang, Dich-tung, Liedkunst ruft jährlich zum Internationalen Wettbe-werb für Liedkunst. Mehr auf hugo-wolf-akademie.de. Die Ver-antwortlichen der Internatio-nalen Bachakademie wiederum laden zum Musikfest Stuttgart. Mehr auf bachakademie.de Fo

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ToP TheaTeRWenn die Zeitschrift Theater heute die beste Theaterkunst auszeichnet, spitzen Branchen-kenner die Ohren – und hören immer wieder „Stuttgart“. Mit Peter Kurth (Foto) kommt der Schauspieler des Jahres 2014 aus dem Ensemble des Schau-spiel Stuttgart. Und damit nicht genug: Seit der Ankunft von Intendant Armin Petras im Jahr 2013 hat sich einiges getan – zwei Jahre in Folge wurden Schauspiel-Stücke zum Berli-ner Theatertreffen eingeladen.schauspiel-stuttgart.de

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AusnAhmsweise1992 fertigten tibetische Mön-che aus Nordindien exklusiv für das Linden-Museum Stuttgart das Sandmandala der Gottheit Yamantaka. Tagelang arbeite-ten die Männer an dem präch-tigen Motiv, für das sechzig Ki-logramm Farbsande verwendet wurden. Die „zornvolle Gottheit Yamantaka“ gilt im tibetischen Buddhismus als Bezwinger des Todesgottes Yama. Das Streuen des Mandala ist eine Form der

ZAuberhAf te filmweltStuttgart ist eine Filmmetro-pole und beherbergt mit dem Internationalen Trickfilm-Festival das größte seiner Art in Europa (Bild links). Mehr als 80 000 Menschen reisen jedes Jahr an, um bis zu 1000 Anima-tionsfilme zu sehen. Ähnlich international geht es im Juli mit dem Indischen Filmfes-tival und im Januar 2016 mit dem Nordamerika Filmfestival weiter, das sich vor allem den Indianern und Inuit zuwendet. Übrigens: Im „Haus des Doku-mentarfilms“ finden sich mehr als 7500 historische Filmdoku-mente aus aller Welt. Eine der bedeutendsten Sammlungen des Kontinents.itfs.deindisches-filmfestival.denordamerika-filmfestival.com

Architekturder Zukunf tDie 21 Häuser der Weißen- hofsiedlung entstanden in der Rekordzeit von vier Mona-ten unter Leitung von Ludwig Mies van der Rohe – das Ex-periment für neues Bauen gilt noch heute als wegweisend. weissenhofmuseum.de

Meditation. Nach Vollendung wird das Bild gewöhnlich zusammengefegt und der Sand in fließendes Gewässer zurück- gestreut. Die Zerstörung gilt als Symbol der Vergänglichkeit des Lebens und steht zudem für die Loslösung von der materiel-len Welt. Durch die ausdrück-liche Erlaubnis des Dalai Lama wurde dieses Mandala konser-viert – und ist noch 23 Jahre nach Entstehung zu bestaunen. lindenmuseum.de

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Vor fünf Jahren war es im Werk 8 des Stuttgarter Familienunter-nehmens Behr höchstens zur Mittagspause leise. Bis 2010 produ-zierten auf dem Areal im Industriegebiet Feuerbach-Ost Hunderte Arbeiter Kühler für große Industriemaschinen und Klimaanlagen für Autos. Dann wurde der Produktionsstandort geschlossen – und im Werk 8 wurde es ruhig.

Fünf Jahre später sind die Hallen auf dem rund 13 600 Qua-dratmeter großen Areal immer noch weitgehend leer – aber still ist es dort nicht mehr. Verantwortlich dafür ist Sevil Özlük, Betriebswirtin und Inhaberin einer Werbeagentur. Sie haucht den Industriehallen wieder Leben ein und verwandelt das Areal in das Kreativzentrum IW8.

„Bald wollen wir anfangen, erste Ateliers und Werkstätten bauen zu lassen“, sagt Sevil Özlük. Auch Probehallen für Thea-ter, Tanz und Schauspiel sind geplant. Im Erdgeschoss sollen auf 3500 Quadratmetern Werkstätten für renommierte Künstler und Kreative entstehen. In der Galerie im Obergeschoss sollen preis- gekrönte Nachwuchskünstler ihre Werke ausstellen. Die Ersten sind bereits eingezogen, und einige Bands proben schon im Ton-studio. Sevil Özlük erhält täglich Anfragen und sieht, wie groß der Bedarf an kulturell bespielbaren Flächen in Stuttgart ist – und dass das Kulturleben einer Stadt seine Konturen nicht nur durch eta-blierte Institutionen mit großen Namen erhält.

„Für beide Bereiche gibt es ein großes Publikum, das sich sicherlich in einigen Bereichen auch überschneidet“, sagt Sevil Özlük. „Warum soll man nicht am Samstagmittag ins Museum ge-hen, abends zum Ballett und am Sonntag einem Künstler in einer ehemaligen Produktionshalle über die Schulter schauen, wie er aus einem Skateboard einen Stuhl herstellt?“

Ende 2014 nahm das Team des IW8 an einer der populärsten Kunstmessen in Europa teil, an der Contemporary Istanbul, in deren Rahmen Galerien aus Kunstmetropolen wie New York, Lon-don und Mailand ihre Konzepte vorstellten. In der internationalen Wahrnehmung hat das Kulturzentrum die Stadt einen Schritt nach vorn gebracht. Auch in Stuttgart, wo die überwältigende Hoch-

OFF THE BEATEN TRACKZwischen Im Werk 8 und Theater Rampe:Über die Kraft der alternativen Kultur in Stuttgart

Text: Kathrin Hollmer

1„Umschlagplatz zur Bearbeitung der Gegenwart“: ein Blick in die Wagenhallen am Nordbahnhof.

2„Die freie Szene hat großen Anteil an der künstlerischen Energie der Stadt“: eine Szene aus dem Theater Rampe.

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kultur die Off- und Underground-Szene ein wenig in den Schatten stellt, verleihen die kleinen Galerien und Bühnen dem kulturellen Leben der Stadt eine besondere Kraft.

„In Stuttgart hat die freie Szene großen Anteil an der künstle-rischen Energie der Stadt. Diese Szene hat noch nicht die gleiche Strahlkraft wie die großen Kulturinstitutionen“, sagen die Inten-dantinnen Marie Bues und Martina Grohmann von Stuttgarts wich-tigstem Off-Theater Rampe, „doch neue Theaterkollektive, Künstler-gruppen oder Studierende und Absolventen der Akademien richten zum Beispiel auf eigene Initiative temporäre Off-Spaces ein.“

Schon mit der ersten Spielzeit haben die beiden jungen Frauen das 1984 gegründete Theater ziemlich umgekrempelt. In den ersten drei Monaten brachten Marie Bues und Martina Grohmann neben zeitgenössischem Autorentheater auch Per-formances, Installationen und experimentelle Formen auf die Bühne. Mit Erfolg: Nach der Spielzeit wurde das Theater Rampe bei der Kritikerumfrage der Theaterzeitschrift „Die Deutsche Bühne“ zum Off-Theater des Jahres 2014 gekürt. Marie Bues und Martina Grohmann locken ein junges Publikum aus Kreativen und kunstaffinen Menschen. Aus der Sicht der beiden Frauen ist Off-Kultur essenziell für das kulturelle Leben der Stadt: „Die Künstler in den Wagenhallen stellen das unter Beweis. Solche Orte, solche Freiräume sind essenziell als Umschlagplatz für Nonkonformes und die künstlerische Bearbeitung unserer ur-banen Gegenwart.“

In den Wagenhallen (Innerer Nordbahnhof 1) arbeiten 80 Künst-lerinnen und Künstler. Mehr zum Engagement des „Kunstverein Wagenhalle“ sowie zu aktuellen Ausstellungsterminen auf kunst-verein-wagenhalle.de +++ Ein Überblick zu den Künstlern Im Werk 8 (Siemensstraße 136–140) und zu deren Projekten auf iw8stuttgart.de +++ Regisseurin Marie Bues und Dramaturgin Martina Grohmann vom Theater Rampe (Filderstraße 47) bringen erstmals „Als ich einmal tot war und Martin L. Gore mich nicht besuchen kam“ von Daniel Mezger auf die Bühne. Mehr auf als-ich-einmal-tot-war.com und auf theaterrampe.de

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stuttgartvom feinsten

1 Drei Übernachtungen für 2 Personen im „ARCOTEL Camino“ StuttgartSie schlafen im 4-Sterne-Superior-De- signhotel „ARCOTEL Camino“ – reich- haltiges Frühstücksbuffet inklusive.

2 Menü im Sternerestaurant „Speisemeisterei“Genießen Sie das Menü „Stuttgart und Land“ – erdacht und gekocht von Starkoch Frank Oehler.

3 Kuratorenführung im Kunst-museum Stuttgart mit Lunch im Restaurant „Cube“Nach einem exklusiven Rundgang durch das Haus erwartet Sie ein Drei-Gänge-Menü mit Blick über die Stadt.

4 Drehbesuch am Set des Stuttgarter „Tatorts“ Während der Aufnahmen zur nächs-ten „SWR-Tatort“-Folge besuchen Sie die Kommissare Thorsten Lannert und Sebastian Bootz.

5 Gutschein über 100 Euro für Merz & BenzingDas besondere Warenhaus in der historischen Markthalle im Zentrum bietet alles, was das Herz begehrt.

Wenn Sie „Stuttgart Kultur“ aufmerksam lesen, wird Ihnen die Antwort auf unsere Preisfrage nicht schwerfallen: Wer w urde 2014 zur Nach-wuchsschauspielerin des Jahres gewählt? Teilnehmen geht ganz leicht auf stuttgart-tourist.de/stuttgartkultur. Dort finden Sie auch alle weiteren Hin-weise und unsere AGB. Viel Glück!

Gewinnen Sie einen mehrtägigen Aufenthalt zwischen Sterneküche und „Tatort“-Dreh –

hier die Highlights im Überblick:

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NachtspaziergaNg Der renommierte Architekt Arno Lederer zeigt sein Stuttgart im Dunkeln: ein Gespräch über die Stadt als Abbild der Gesellschaft

Das Kunstmuseum glänzt und leuchtet

in der Stuttgarter Nacht. Ein transpa-

renter, leichter Bau. Dunkler und kräftiger

dagegen die Stadt- bibliothek – vom

Magazin Time zu einer der schönsten der

Welt erkoren.

Interview: Julia Rothhaas; Fotografie: Eva-Maria Feilkas

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Arno Lederer leitete bis 2014 das Institut für öffentliche Bauten und Entwerfen an der Universität Stuttgart.

Dreimal schrillt die Glocke der Oper in die Stuttgarter Nacht und ruft die letzten Zuschauer in den klassizistischen Bau aus Sandstein. Gleich beginnt die Premiere des Ballettabends „Strawinsky heute“. Es wird ruhig auf dem weitläufigen Platz, der zu einem großen Wasser-becken hin ausläuft. Plötzlich taucht Arno Lederer, Stararchitekt aus Stuttgart, wie aus dem Nichts auf. Schwarze Brille, schwarzes Hemd, schwarze Hose. So stellt man sich einen Architekten vor. Er kommt gerade aus Zürich. Müde? Keineswegs. Los geht’s.

Herr Lederer, wir stehen vor der Oper im Oberen Schlossgar-ten. Ein großer freier Platz mitten in der Stadt. Macht Sie das als Architekt unruhig – fehlt es Ihnen hier an Gebäuden?Nein, der Platz funktioniert gut. In meiner Kindheit war das noch eine barocke Anlage mit Rosengarten. Erst in den Sech-zigerjahren wurde er im Sinne der Moderne neu gestaltet. Da-mals überlegte man, die Oper abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, aber zum Glück ist das nicht geschehen. Nur das Schauspielhaus dahinter musste wieder aufgebaut wer-den nach dem Krieg, das war total zerstört. Neben der Oper steht auch noch der Landtag, den kann man gerade nicht gut sehen, weil er saniert wird. Aber das Gebäude erinnert stark an die Architektur von Mies van der Rohe. So hat man auf diesem Platz jede Menge interessanter Gebäude. Was kann man von der Architektur über eine Stadt lernen?Die Stadt ist immer Abbild einer Gesellschaft. Wenn Sie etwa nach Pompeji kommen, lernen Sie auch etwas über die Menschen, die dort gelebt haben. Oder nehmen Sie die vielen Hochhäuser in China, die die wirtschaftliche Situation des Landes widerspiegeln. Und was lerne ich über Stuttgart, wenn ich – so wie jetzt mit Ihnen – durch die Stadt spaziere? Wenn man sich zum Beispiel das Neue Schloss ansieht, merkt man: Das hat schon etwas Schwäbisches. Es ist sehr bescheiden, man hat es klein gehalten. In Stuttgart ist eben der Pietismus zu Hause. Architektur funktioniert also nicht an jedem Ort gleich?Nein, wir haben zum Beispiel hier mit der Architektur unseres Büros anfangs Schwierigkeiten gehabt, weil sie sehr städtisch ist. Die Schwaben wollen es lieber kleinteiliger. Vielleicht ist das ein naiver Gedanke, aber hier gilt ja die Erbteilung. Dadurch werden die Grundstücke immer kleiner. Das findet sich, so fin-de ich, auch in der Sprache wieder: das Bänkle, das Tischle, das Würschtle. Und diese Verniedlichung zeigt sich auch in der Ar-chitektur.

Die Stadtbibliothek wurde vom Magazin Time zu einer der zwanzig schönsten der Welt gekürt. Unter Stuttgartern ist sie aber noch immer umstritten.Gutes Beispiel. Sie wird hier „Stammheim II“ genannt. Dabei ist das Haus in Ordnung, es ist nur ungewohnt. Die Schwaben haben immer Schwierigkeiten mit sehr klaren Gebäuden. Ein Würfel – das ist dann immer gleich Berlin. Wir haben uns für einen Nachtspaziergang verabredet. Welche Kriterien gelten, damit ein Bau auch im Dunkeln funktioniert?Das hat natürlich viel mit Licht zu tun, aber am Ende muss man sich einfach in und vor dem Gesamtgefüge wohlfühlen. Am Tag und in der Nacht. Wir stehen ja jetzt hier auf dem Schlossplatz. Der ist die Wohnstube der Stadt. Bei der Fußballweltmeisterschaft war es knackvoll hier. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Leute diesen Raum brauchen. Sie wollen mitten in der Stadt sein.

Auf dem Schlossplatz im Zentrum der Stadt kämpfen gleich meh- rere Gebäude aus verschiedenen Epochen um die Aufmerksamkeit der Besucher: das Neue Schloss, die letzte große barocke Residenz-schlossanlage Deutschlands, das massiv-markante Alte Schloss mit seinen Türmen, die Alte Kanzlei mit der Merkursäule, das Kunst- gebäude mit der „schönsten Bogenhalle nördlich der Alpen“ und einem goldenen Hirschen auf dem Kuppelsaal sowie der Königsbau, in dessen Kolonnade sich Läden und Cafés angesiedelt haben. Ein Gebäude sticht jedoch besonders hervor, vor allem bei Nacht: das Kunstmuseum.

Von Ihnen stammt das Zitat: „Warum also sollten wir mög-lichst transparente Räume schaffen, die uns beim Betreten sagen: Du bist wieder draußen“. Das Kunstmuseum, ein Glas-kubus, dürfte Ihnen also nicht gefallen. Das kann man so nicht sagen. Man muss unterscheiden zwischen dem Gebäude selbst und dessen städtebaulicher Einordnung. Das Kunstmuseum liegt sehr prominent. Dass die Stadt es hierher ge-stellt hat, ist toll. Denn eigentlich ist das die Konsummeile. Das Mu-seum nutzt heute einen Teil der alten Tunnels. Der Grund, warum das Kunstmuseum so gut hierher passt, ist der Schlossplatz selbst. Ein geschlossener Raum. Also ist Glas doch nicht so schlimm?Nein, aber unser Wunsch nach geschlossenen und analogen Räu-men wird immer größer, je mehr wir in Netzwerke gehen, ob soziale oder ökonomische. Wenn Sie ein Restaurant betreten, suchen Sie ja auch nach einem Platz mit dem Rücken zur Wand. Muss man städtebaulich auf eine gewisse Dramaturgie bei Plätzen achten, damit sie funktionieren?Unbedingt. Kommen Sie mit in diesen kleinen Durchgang. Nur ein paar Sekunden, und schon stehen wir auf einem vollkommen anderen, einem viel kleineren Platz, dem Schillerplatz. Hier be-kommt man ein richtiges Altstadtgefühl mit dem Fruchtkasten, einem alten Kornspeicher, und der Stiftskirche mit ihren zwei unter-schiedlichen Türmen. Und in der Mitte haben wir noch eine Statue von Schiller.

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Die Neue Staatsgalerie Stuttgart in der Gestaltung des britischen Architekten James Stirling.

Was ist aus Architektensicht so besonders an Stuttgart?Die Stadt liegt in einem Kessel. Als die Stadt noch nicht da war, wur-de er dafür genutzt, Pferde reinzutreiben. Die konnten an den stei-len Hängen nicht hoch, daher auch der Name: Stutengarten. Das ist eigentlich eine blöde Situation für eine Stadt, denn im Kessel ist das Klima im Sommer nicht toll, die Luft kann nicht gut abziehen. Da-für kann man von oben immer auf die Stadt gucken und zu Fuß von oben nach unten gehen. Das sind die sogenannten Staffeln – oder „Stäffele“. Wegen der Aussicht ist die Höhenlage auch so beliebt und so teuer, obwohl die Grundstücke im Vergleich zu anderen Städten relativ klein sind. Wir haben eine hohe Architektendichte, das spie-gelt sich in einzelnen Bauwerken wider, aber nicht im Stadtraum. Es gibt Städte mit wahnsinnig schönen Straßen und Plätzen, aber die Gebäude sind zweitrangig. Bei uns ist es umgekehrt, der Umgang mit Straßen und Plätzen ist nicht so, wie man sich das wünscht. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg sehr zerstört, aber eine zweite Zerstörung fand nach dem Krieg statt, weil Verkehrsschneisen mit-ten hineingelegt wurden. Das war die Vision einer modernen Stadt, unter der Stuttgart bis heute enorm leidet. Das zeigt sich gut an der Kulturmeile, an der wir jetzt stehen: Links und rechts gibt es interessante Gebäude, getrennt durch eine achtspurige Straße.Ein Jammer, das war im 19. Jahrhundert nämlich eine der vor-nehmsten Straßen. Da wohnten die „guten“ Bürger in ihren Palais, Prachtbauten wie die Bibliothek standen direkt an der Straße. Es könnte auch heute noch ein Boulevard sein, mit Gehsteigen, Cafés, Läden, Bäumen, aber hier gibt es nur Autos und Garageneinfahrten. James Stirling, der Architekt, der die Neue Staatsgalerie erbaut hat, war der Erste, der mit seinen Brunnen am Haus der Geschichte den Versuch unternommen hat, wieder unten an der Straße anzukom-men. Wir sind mit unserem Büro gerade an zwei Projekten an der Kulturmeile dran: an der Landesbibliothek und am Wilhelmspalais. Vor beiden Gebäuden sollen nun auch wieder viele Stufen nach unten führen. Menschen wollen immer auf Stufen sitzen. Aber wer mag schon an dieser lauten Straße sitzen?Am Boulevard Saint-Germain in Paris fahren auch viele Autos ent-lang. Aber die rasen dort eben nicht so durch. Es gibt noch eine weitere stark befahrene Verkehrsstraße in Stuttgart, die Theodor-Heuss-Straße. Die ist nicht schön, aber junge Menschen haben sie in Besitz genommen. Es gibt Bäume, Cafés, Läden, viele junge Leu-te kommen dort zum Feiern zusammen. Zudem gehen die Häuser links und rechts bis an die Straße, das macht sie attraktiver. Eine Stadt darf also auch hässlich sein?Ja, es ist unerträglich, wenn alles schön ist. Auch in Paris gibt es durchschnittliche Häuser, nur merken Sie das nicht, weil der Stadt-raum schön ist. Vielleicht braucht Geschmack seine Zeit?Architektur hinkt meist zehn Jahre hinterher, denn sie braucht sehr lange, um realisiert zu werden. Die ersten postmodernen Ge-bäude der Achtzigerjahre wurden fertig, als die Postmoderne sich in der Literatur oder Philosophie schon wieder verabschiedete. Die turmartige Musikhochschule ist auch von Stirling, aber die braucht noch mal zehn Jahre, damit die meisten sie als schön empfinden.

Das bedeutet also, dass es Zeitloses eigentlich nicht gibt?Genau. Alles, was Sie in Ihrer Zeit machen, ist hinterher auch datier-bar. Wenn etwas rekonstruiert wird, ist das auch ein Neubau. Den-noch gibt es Gebäude, wie etwa das Pantheon in Rom, die ihrer Zeit enthoben sind. Wie ein Raum wirkt, wo das Licht reinkommt, wel-che Gefühle man hat, wenn man einen Raum betritt, das erzeugt über Jahrhunderte die immer gleichen Qualitäten.

Der Hospitalhof, unsere letzte Station, steht auf Grundmauern eines früheren Dominikaner klosters, heute ist er ein evangelisches Bil-dungs- und Kulturzentrum. Der Innenhof ist gekiest, der alte, stei-nerne Taufstein wurde aus dem Wald geholt, und Bäume wurden dort gepflanzt, wo sich einst die Säulen der Kirche befanden. Das Foyer ist noch geöffnet, eine Gelegenheit, sich von Arno Lederer durch die von ihm gestalteten Räume führen zu lassen.

Wie beginnen Sie ein solches Projekt?Wir schauen, wie das früher aussah. Es gibt ja einen Grund, warum die Räume so entstanden sind; der ist meist noch heute relevant. Kann man nicht davon ausgehen, dass in der Geschichte auch Fehler gemacht wurden?Doch. Nach dem Krieg wollten die Menschen aber nichts von der Geschichte wissen, sie wollten nicht das alte Bild erhalten, sondern einen Neuanfang. Nun müssen wir uns die Frage stellen: Dürfen wir hier korrigierend eingreifen, ja oder nein? Und?Ich glaube, es ist falsch zu denken, alles müsse erhalten werden. Vor allem das städtebauliche Durcheinander aus der Nachkriegszeit. Der Hospitalhof hier steht in der Vorstadt. Die wurde nach dem Tu-riner Plan erstellt und rechteckig angelegt. Die Kirche hier steht aber leicht schräg da. Wir wollten die Verdrehung deutlich machen – und haben bewusst auf den Lageplan vor dem Krieg reagiert.

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1.EinWerkvonJimLambie imMuseumRitter.2.JohannChristophErhard inderGalerieStihl Waiblingen.3.EinBlickindie SammlungDomnick.4.DerErbschenkenpokal desGrafenvonLimpurgin derSammlungWürth.5.AlexKatzimSchauwerk Sindelfingen.Fotos:JimLambie/VGBildkunstKöln2015,HorstNeumann,

JohannChristophErhard1820StiftungKunstpalast/GraphischeSammlungDüsseldorf/VGBildkunstBonn2015,PeterOppenländer/SkulpturOlafurEliasson,RoseHajdn,AndreasSchmid/VGBIldkunstBonn2015/Imago,AndreasSchmid,SammlungWürth,Schauwerk,AlexKatz/VGBildkunstBonn2015

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Die schätze Der region

Das Städtchen Waldenbuch mit seiner pittoresken Kirche und den Fachwerkhäusern versprüht einen wunderbar mittelalter-lichen Charme. Am östlichen Ortsrand hingegen erhebt sich mit scharfen Kanten das Museum Ritter. Der Bau ist ein Bruch im Landschaftsbild und dennoch Teil der DNA Waldenbuchs. Seit mehr als achtzig Jahren produziert die Alfred Ritter GmbH südlich von Stuttgart ihre Schokoladenquadrate. Direkt neben den Produktionshallen hat Mitinhaberin Marli Hoppe-Ritter dem Unternehmen ein künstlerisches Denkmal ge- setzt. Seit 2005 stellt sie in dem von Max Dudler entworfenen Museum Ritter Teile ihrer gut tausend Werke umfassenden Kunstsammlung aus. Ihre Leidenschaft konzentriert sich auf das Motiv des Quadrats – Hoppe-Ritter wird deshalb meist bei der geometrisch-abstrakten Kunst fündig. Wer sich mit offenen Augen durch die Region Stuttgart be-wegt, wird vielerorts von kulturellen Kleinoden überrascht. Da ist die Galerie Stihl Waiblingen, spezialisiert auf Arbeiten auf beziehungsweise aus Papier; da sind das Museum Ritter in Wal-denbuch, die Sammlung Domnick in Nürtingen, das Schauwerk Sindelfingen oder die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall: Überall zeigt sich ein künstlerisches Erbe, das Unternehmer und Mäzene ihrer Heimat zur Verfügung gestellt haben. „Es ist auffällig, wie eng Wirtschaft und Kunst in der Region verbunden sind“, sagt Simone Groß vom Museum Ritter. Die gro-ße Zahl von Kunstsammlungen erklärt sich die Museumsspre-cherin mit der mittelständisch und familiär geprägten Unter-nehmenskultur in der Region. Als Schokoladenfabrikantin Marli Hoppe-Ritter ihr Museum plante, waren auch Mannheim oder Stuttgart im Gespräch. „Es war ihr aber wichtig, dass es einen Be-zug zur Firma Ritter und zu ihrer Heimatstadt Waldenbuch gibt“, sagt Groß. Die Schokoladenfirma ist der bedeutendste Arbeitge-ber im Ort, Mitarbeiter und ihre Familien haben freien Eintritt. Eine ähnliche Philosophie steht auch hinter der Kunst-halle Würth in Schwäbisch Hall. Zwischen Fachwerkhäusern erhebt sich ein nüchterner Museumsbau aus Muschelkalk. In den hellen Räumen präsentiert der Unternehmer Reinhold

Würth seine Kunstsammlung, bei freiem Eintritt. In diesem Detail zeige sich Würths Selbstverständnis, sagt die stellver-tretende Leiterin der Kunsthalle, Beate Elsen-Schwedler: „Das ist auch Ausdruck von Würths Sozialverständnis und der Ver-bundenheit mit der Region, in der das Unternehmen seine heu-tige Bedeutung erlangen konnte.“ Die Sammlung umfasst mehr als 16 000 Werke, darunter Bilder von Picasso, Munch, Beckmann oder Nolde. Zuletzt ka-men alte Meister wie Cranach oder Holbein der Jüngere hinzu. „Das war eine typische Würth-Entscheidung“, kommentiert Kunsthalle-Leiterin Elsen-Schwedler den Kauf der alten Meis-terwerke, „herausragende Kunst wie vom Meister von Meß-kirch oder Hans Holbein der Region zu erhalten, in der sie einst entstanden ist.“ Aber nicht nur Unternehmer bereichern die Region mit ihrem Mäzenatentum. Südlich von Stuttgart findet sich in der weitläufigen Villa Domnick ein weiterer Kunst-schatz: Der Neurologe Ottomar Domnick und seine Frau Greta stellten ihre Sammlung erst in der gemeinsamen Nervenklinik auf der Gänsheide aus. 1967 ließ das Paar eine Villa auf der Oberensinger Höhe in Nürtingen errichten. Die beiden schufen nicht nur einen Lebens-, sondern auch einen Ausstellungs-raum. „Domnick wollte mit seinen Bildern leben – er hat sie als ein kommunikatives Gegenüber empfunden“, erklärt Werner Esser, Leiter der Sammlung Domnick. In dem von Paul Stohrer entworfenen, denkmalgeschützten Flachbau erwarten den Besucher Werke von Willi Baumeister, Hans Hartung, Emilio Vedova oder Arnulf Rainer. Nürtingen, Schwäbisch Hall und Waldenbuch sind Orte, in denen Grenzen verschwinden. Die Gegensätzlichkeit von Regionalität und Weltläufigkeit, von Unternehmertum und Kunst? Aufgehoben. Zum Nutzen der Besucher. Aktuelle Ausstellungen finden Sie in unserem Veranstal-tungskalenderundaufdenWebseitenderhiererwähntenSamm-lungen, Galerien und Museen: museum-ritter.de, galerie-stihl-waiblingen.de, schauwerk-sindelfingen.de, kunst.wuerth.com,domnick.de

In kaum einem Landstrich finden sich so viele Galerienund Sammlungen von Unternehmern und Mäzenen

wie in der Region Stuttgart. Ein Streifzug

Text: Jakob Schulz

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Ausgewählte Veranstaltungen der kommenden Monate in der Region Stuttgart

ab 7.

ALLES CRANKO!Ein Ballettabend zu Ehren des großen John Cranko. Weitere Aufführungen am 12., 14., 18., 20., 23., 26. und 27. Juni 2015. stuttgarter-ballett.de

FREILICHTSPIELE SCHWÄBISCH HALLTheater auf der Treppe – dieses Jahr mit „Don Juan“ und „Tschick“. Bis 28. August 2015. freilichtspiele-hall.de

KUNSTSCHÄTZE AUS HOHENLOHEGemälde, Skulpturen und Grafiken lassen die Geschichte des Landes lebendig werden. Sonderausstellung im Landesmuseum Württemberg. Bis 23. August 2015. landesmuseum-stuttgart.de

ORGELMUSIK IN DER HOCHSCHULEStudierende der Orgelklassen spielen um 17 Uhr im Konzertsaal im Turm. mh-stuttgart.de

MAGIC COUNTDOWN Zaubershow von Topas & Roxanne im Friedrichsbau Varieté Stuttgart. Bis 5. Juli, zusätzlich vom 12. bis 19. Juli 2015. friedrichsbau.de

JAZZFESTIVAL ESSLINGENStars der internationalen Szene und junge Jazzmusiker aus Deutschland geben sich die Ehre. Bis 28. Juni 2015. jazzfestival-esslingen.de

PEER GYNTPremiere von Ibsens „dramatischem Gedicht“ im Schauspiel Stuttgart. schauspiel-stuttgart.de

INTERNATIONALES THEATERFESTIVAL TERRORismsDas Schauspiel Stuttgart präsentiert bis zum 28. Juni 2015 internationale Uraufführungen aus Oslo, Reims, Tel Aviv, Belgrad und Stuttgart. schauspiel-stuttgart.de

COLOURS INTERNATIONAL DANCE FESTIVALDrei Wochen Tanz unter der Regie des Theaterhaus Stuttgart, präsentiert von Eric Gauthier. Bis 12. Juli 2015. coloursdancefestival.de

RIGOLETTOPremiere der Oper von Giuseppe Verdi an der Oper Stuttgart – die allererste Aufführung fand übrigens 1851 am Teatro La Fenice in Venedig statt. oper-stuttgart.de

ANGESTRICHEN

BEREITS ANGELAUFEN

LADIES FIRST!Von Fleury bis Trockel: Die Ausstellung im Schauwerk Sindelfingen zeigt Künstlerinnen der Sammlung Schauf-ler. Bis 30. August 2015. schauwerk-sindelfingen.de

EIN QUADRAT IST EIN QUADRAT IST EIN QUADRATHighlights aus der Sammlung Marli Hoppe-Ritter. Bis 20. September 2015 im Museum Ritter inWaldenbuch. museum-ritter.de

SPIEGEL DER SEELELandschaftszeichnungen der Romantik in der Galerie Stihl Waiblingen. Bis 23. August 2015. galerie-stihl-waiblingen.de

LUDWIGSBURGER SCHLOSSFESTSPIELEEines der ältesten Festivals für Musik, Tanz, Theater und Literatur. Bis 20. September 2015. schlossfestspiele.de

SILBERHIRSCH & WUNDERPRUNKDas Victoria & Albert Museum in der Kunstkammer Würth – Ausstellung in der Kunsthalle Würth Schwäbisch Hall. Bis 10. Januar 2016. kunst.wuerth.com

SOUND IN MOTIONIn wechselnden Einzelpräsentationen zeigt das Kunstmuseum zeitgenössische internationale Video- und Performancekunst. Bis 15. Januar 2017. kunstmuseum-stuttgart.de

DISNEYS MUSICAL „TARZAN“Das ganze Theater wird zum Dschungel – und zur Bühne für Tarzan. stage-entertainment.de

AUF NACKTER HAUTWas verrät Unterwäsche über ihre jeweilige Zeit? Sonderausstellung im Haus der Geschichte. Bis 31. Januar 2016. hdgbw.de

JUNI

LITERATURMUSEUM DER MODERNEEröffnung der neuen Dauerausstellung zum Thema Schreiben in all seinen Facetten. www.dla-marbach.de

am 11.

ab 12.

ab 13.

am 14.

ab 17.

ab 19.

am 20.

ab 24.

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JULI

JAZZOPENDieses Jahr unter anderem mit Max Herre und Zaz & Friends. Bis 12. Juli 2015. jazzopen.com

INDISCHES FILMFESTIVALDas größte Festival für indischen Film in ganz Europa. Bis 19. Juli 2015. indisches-filmfestival.de

FESTIVAL EUROPÄISCHE KIRCHENMUSIK Seit 1989 werden in Schwäbisch Gmünd wesentliche Fragen des Menschen musikalisch thematisiert. Bis 9. August 2015. www.schwaebisch-gmuend.de

BALLETT IM PARKLive-Übertragung von „Dornröschen“ aus dem Opernhaus im Oberen Schlossgarten. Umsonst und draußen. stuttgarter-ballett.de

SEPTEMBER

MUSIKFEST STUTTGARTDie Internationale Bachakademie präsentiert 40 Veranstaltungen zum Leitmotiv „Freundschaft“. Bis 14. September 2015. bachakademie.de

BIG SOUNDS FESTIVALDas Brass Festival in Böblingen – dieses Jahr unter anderem mit Max Greger, Hugo Strasser & SWR Big Band. Bis 20. September 2015. big-sounds.com

KAMMERMUSIKFESTIVAL HOHENSTAUFENDie Geigerin Rahel Maria Rilling lädt etablierte, junge Musiker auf den Hohenstaufen bei Göppingen. Bis 27. September 2015. hohenstaufen-festival.de

FALSTAFFSpielzeitauftakt der Oper Stuttgart mit der lyrischen Komödie von Giuseppe Verdi. oper-stuttgart.de

OKTOBER

HERBSTLICHE MUSIKTAGE BAD URACHDas Leitmotiv in diesem Jahr: „Glück in allen Variatio-nen“. Gast ist neben anderen die Geigerin Julia Fischer. Bis 9. Oktober 2015. herbstliche-musiktage.de

STADT IM FLUSSDas Kulturfest rückt alle drei Jahre die Esslinger Kanallandschaft künstlerisch in den Mittelpunkt. Bis 4. Oktober 2015. esslingen.de

DIE WELT DES SCHATTENTHEATERSDas geheimnisvolle Zusammenspiel von Licht und Schatten in einer Sonderausstellung des Linden- Museums. Bis 10. April 2016. lindenmuseum.de

I GOT RHYTHMKunst und Jazz seit 1920. Sonderausstellung des Kunstmuseums. Bis 6. März 2016. kunstmuseum-stuttgart.de

ALS ICH EINMAL TOT WAR UND MARTIN L. GORE MICH NICHT BESUCHEN KAMEin Stück aus dem Kopf von Sänger Dave Gahan. Weitere Vorstellungen im Theater Rampe am 16. Oktober und im November. theaterrampe.de

CHRISTIAN MARCLAY. SHAKE RATTLE AND ROLLChristian Marclay entwickelt eine Ausstellung in Bezug zum Archiv Sohm. Bis 20. März 2016 in der Staatsgalerie Stuttgart. staatsgalerie.de

STUTTGARTNACHTMusik, Tanz und Lesungen an bis zu 70 Orten in der gesamten Stadt. stuttgartnacht.de

POESIE DER FARBEBilder von Beckmann, Dix, Feininger, Klee und anderen. Bis 14. Februar 2016. staatsgalerie.de

CHRISTOPH 1515–1568Ein Renaissancefürst im Zeitalter der Reformation: eine Sonderausstellung im Landesmusem Württemberg. Bis 3. April 2016. landesmuseum-stuttgart.de

NOVEMBER

STUTTGARTER JAZZTAGESeit 1976 präsentiert sich hier die Stuttgarter Szene. Bis 8. November 2015. igjazz.de

ROCKY DAS MUSICALSylvester Stallones oscarprämierter Filmerfolg als berührendes Musical im Stage Palladium Theater. stage-entertainment.de

GERMAN JAZZ MASTERSDas Gipfeltreffen im Backnanger Bürgerhaus – unter anderem mit Klaus Doldinger und Wolfgang Dauner. backnanger-buergerhaus.de

Mehr Veranstaltungen & Tickets auf stuttgart-tourist.de

ab 3.

ab 15.

ab 17.

am 25.

ab 4.

ab 17.

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am 26.

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ab 10.

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ab 2.

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am 22.

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Seit meiner Jugend begeistert mich Segelfliegen. Ich genieße es sehr, die Umgebung durch dieses Hobby von oben zu sehen, die Schwäbische Alb zum Beispiel ist eines der schönsten Gebiete zum Segelfliegen. Die Nähe zu Stuttgart ist dabei natürlich praktisch, dort arbeite ich bei Daimler als Ingenieurin. Wenn ich im Segelflugzeug sitze, könnte ich von oben fast die vielen Werkhallen und Ingenieur-büros der Gegend sehen.

Als Ingenieur hat man unglaublich viele Möglichkeiten, hier in der Region anzukommen. Angefangen bei der Universität Stutt-gart, wo ich selbst studiert habe, bis hin zu großen Firmen wie Daimler. Und dann gibt es noch unzählige Lieferanten und Inge-nieurdienstleister. Diese bemerkenswerte Ballung ist historisch bedingt: Vor einiger Zeit haben wir „125 Jahre Automobil“ gefeiert.

Die Erfinder haben in dieser Gegend ihre Arbeit begonnen. Warum sollten sie sie dann wieder verlassen?

Natürlich gibt es Ähnliches auch in anderen Industriestädten. Aber vielleicht ist es nirgends so lebenswert wie hier. Ich selbst komme aus Thüringen, aber Stuttgart wurde zu meiner zweiten Hei-mat. Ich habe den Menschenschlag lieben gelernt. Studiert habe ich übrigens Luft- und Raumfahrttechnik. Diese Vorbildung und meine jetzige Tätigkeit sind nicht wirklich ein Gegensatz. Die Kultur hin-ter den Disziplinen ist ähnlich. Am Ingenieurwesen fasziniert mich schon immer, dass man in Lösungen denkt. Ob es um ein Gebilde geht oder um eine mathematische Formel, ist dabei völlig egal.

Als Ingenieurin war ich natürlich schon in den Museen von Daim-ler und Porsche. Da steht dann auch ein Mercedes 300 SL, der vielen als der Höhepunkt deutschen Autodesigns gilt. Ich muss gestehen: Mein Herz klopft schneller, wenn ich mit einem Auto fahre und die Innovation im wörtlichen Sinn erlebe. Teil meiner Aufgabe ist es ja, Neues hervorzubringen, zu gestalten. Ich nehme Materialien und forme sie um, das ist eine Kulturleistung im besten Sinne. Auf eine gewisse Weise sind Ingenieure sogar Künstler. Welches Erleben soll ein Fahrer mit einem Wagen haben? Die Antwort auf diese Frage ist viel mehr als eine simple Berechnung dazu, wie dick ein Stahl-blech sein muss. Man spricht ja auch immer von „Meisterwerken der Ingenieurskunst“. Ich glaube, mit dieser Formulierung wird sehr viel ausgesagt.

Ganz wichtig für den Ingenieurberuf ist die Begeisterung für eine Lösung, für eine Vision. Erst eine Herausforderung, ein höheres Ziel beflügelt meine Kreativität und fördert meine Inspiration. Als ich zum Beispiel Sicherheitsinnovationen entwickelte, fand ich es un-heimlich bereichernd, dass ich mit meiner Arbeit Menschenleben retten kann. Unter anderem haben wir uns gefragt, welche Unfall-arten es eigentlich auf dieser Welt gibt – und was wir tun können, um sie zu verhindern. Entscheidend für eine gute Antwort, überhaupt für Inspiration ist, dass man während der Lösungsfindung alles infrage stellen kann. Dass die Gedanken frei sind.

Katrin Breitrück, 39, arbeitete als Ingenieurin bei der Daim-ler AG in den Bereichen Sicherheitsinnovation und SL/ SLK/Maybach. Aktuell leitet sie die Brennstoffzellen-Antriebsstrang-Entwicklung.

INGENIEURE sINd kUlTURmachER

Protokoll: Jakob Schulz; Foto: Daniel Mayer

Katrin Breitrück entwickelt Innovationen, die Leben retten.Sie schlägt eine Brücke von der Technik zur Kunst

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