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Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler – Anwendungsbeispiele
Lothar Papula
222 Aufgabenstellungen mit ausführlichen Lösungen
7. Auflage
Mathematik für Ingenieure undNaturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele
Das sechsbändige Lehr- und Lernsystem Mathematik für Ingenieure und Naturwis-senschaftler umfasst neben dem Buch mit Anwendungsbeispielen die folgenden Bände:
Papula, LotharMathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 1
Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium
Mit 643 Abbildungen, 500 Beispielen aus Naturwissenschaft und Technik sowie 352 Übungsaufgaben mit ausführlichen Lösungen
Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 2
Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium
Mit 345 Abbildungen, 300 Beispielen aus Naturwissenschaft und Technik sowie 324 Übungsaufgaben mit ausführlichen Lösungen
Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler Band 3
Vektoranalysis, Wahrscheinlichkeitsrechnung, Mathematische Statistik, Fehler- und Aus-gleichsrechnung
Mit 550 Abbildungen, zahlreichen Beispielen aus Naturwissenschaft und Technik sowie 285 Übungsaufgaben mit ausführlichen Lösungen
Mathematische Formelsammlung für Ingenieure und Naturwissenschaftler
Mit über 400 Abbildungen, zahlreichen Rechenbeispielen und einer ausführlichen Integraltafel
Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler – Klausur- und Übungsaufgaben
632 Aufgaben mit ausführlichen Lösungen zum Selbststudium und zur Prüfungsvorbe-reitung
Lothar Papula
Mathematik für Ingenieureund Naturwissenschaftler -Anwendungsbeispiele
222 Aufgabenstellungen mit ausführlichenLösungen
7., überarbeitete und korrigierte Auflage
Mit 369 Bildern und einem Anhangmit PhysikalischenGrundlagen
Lothar PapulaWiesbaden, Deutschland
ISBN 978-3-658-10106-0 ISBN 978-3-658-10107-7 (eBook)DOI 10.1007/978-3-658-10107-7
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Springer Vieweg© Springer Fachmedien Wiesbaden 1990, 1992, 1994, 2000, 2004, 2012, 2015Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht aus-drücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Dasgilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be-rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne derWarenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermannbenutzt werden dürften.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen indiesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag nochdie Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt desWerkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media(www.springer.com)
Vorwort
Die Darstellung anwendungs- und praxisorientierter mathematischer Methoden in Vorlesun-gen und �bungen geh�rt zum festen Bestandteil des Grundstudiums der naturwissenschaft-lich-technischen Disziplinen. Entwicklung und Erwerb der F�higkeit, die vermittelten mathe-matischen Kenntnisse auf Aufgabenstellungen aus Naturwissenschaft und Technik erfolgreichanwenden zu k�nnen, sind ein wesentliches Ziel der Grundausbildung und Voraussetzung f�rein erfolgreiches Studium.
Das vorliegende Werk „Mathematik f�r Ingenieure und Naturwissenschaftler – Anwen-dungsbeispiele “ enth�lt 222 ausschließlich anwendungsorientierte Aufgaben, die ausf�hrlichformuliert und vollst�ndig gel�st werden (L�sungen mit allen Zwischenschritten). Die aus-gew�hlten Aufgabenstellungen entstammen den speziellen Grundvorlesungen der naturwissen-schaftlich-technischen Disziplinen wie Elektrotechnik, Maschinenbau, Bauingenieurwesen,Physik und Chemie. In diesen Beispielen wird gezeigt, wie man die erworbenen mathemati-schen Kenntnisse erfolgreich auf Aufgabenstellungen aus Naturwissenschaft und Technik an-wendet.
Dieses Anwendungsbuch folgt dabei im Aufbau und der Stoffauswahl weitgehend dem be-w�hrten dreib�ndigen Lehrwerk „Mathematik f�r Ingenieure und Naturwissenschaftler “des Autors. Die beim selbst�ndigen L�sen der als �bungsaufgaben formulierten Anwen-dungsbeispiele ben�tigten physikalischen Grundlagen sind im farbig gedruckten Anhang ein-zeln aufgef�hrt. Das Anwendungsbuch ist daher unabh�ngig von weiterer physikalischerLiteratur verwendbar. Der allen Anwendungsbeispielen gemeinsame Aufbau wird in der nach-folgenden Anleitung ausf�hrlich beschrieben.
Die insgesamt 13 Kapitel sind wie folgt nach Stoffgebieten geordnet:
� Vektorrechnung
� Funktionen und Kurven
� Differentialrechnung
� Integralrechnung
� Taylor- und Fourier-Reihen
� Komplexe Zahlen und Funktionen
� Lineare Algebra
� Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen
� Gew�hnliche Differentialgleichungen
� Fehler- und Ausgleichsrechnung
� Fourier-Transformationen
� Laplace-Transformationen
� Vektoranalysis
V
Zur 7. Auflage
In der aktuellen Auflage wurden einige kleinere Fehler – bedingt durch den kompletten Neu-satz der 6. Auflage – korrigiert.
Eine Bitte des Autors
F�r Hinweise und Anregungen bin ich stets dankbar. Sie sind eine unverzichtbare Vorausset-zung und Hilfe f�r die permanente Verbesserung dieses Werkes.
Ein Wort des Dankes . . .
. . . an alle Fachkollegen und Studierenden, die durch Anregungen und Hinweise zur Verbes-serung dieses Werkes beigetragen haben,
. . . an Frau Gabriele McLemore f�r die hervorragende Zusammenarbeit w�hrend der Druck-legung dieses Werkes,
. . . an den Cheflektor Thomas Zipsner f�r das sorgf�ltige Korrekturlesen,
. . . an Frau Diane Schulz (Beltz Bad Langensalza) f�r den ausgezeichneten mathematischenSatz,
. . . an Herrn Dr. Wolfgang Zettlmeier f�r die hervorragende Qualit�t der Abbildungen.
Wiesbaden, im Herbst 2015 Lothar Papula
VorwortVI
Anleitung
Der Aufbau der als �bungsaufgaben formulierten Anwendungsbeispiele erfolgt nach einemeinheitlichen Schema, wie in dem nachfolgenden Musterbeispiel dargestellt. Im L�sungsteilgegebene Hinweise auf Formeln beziehen sich auf die Mathematische Formelsammlungf�r Ingenieure und Naturwissenschaftler des Autors.
Musterbeispiel
Naturwissenschaftlich-technisches Thema
Ben�tigte mathematischeKenntnisse
Formulierung der Aufgabe,in der Regel von einem Bildmit weiteren Informationenbegleitet. In einigen F�llenerfolgt ein zus�tzlicherspezieller L�sungshinweis.
Verweise auf die Lehrb�cherdes Autors und die ben�tigtenphysikalischen Grundlagenim Anhang.
Ausf�hrliche L�sung derAufgabe mit s�mtlichenZwischenschritten unterAngabe der verwendetenFormeln (aus der Formel-sammlung des Autors)und der ben�tigtenphysikalischen Grundlagen ausdem Anhang dieses Buches.
VII
Inhaltsverzeichnis
I Vektorrechnung
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Kraftzerlegung am Keil Zerlegung eines Vektors inKomponenten
1
2 Zusammengesetzte Bewegung einerF�hre
Vektoraddition 2
3 Kr�ftegleichgewicht an einembelasteten Rollensystem
Vektoraddition 3
4 Zweifach gelagerte Welle beiBelastung
Komponentenrechnung 4
5 Stabkr�fte (Reaktionskr�fte) in einemAusleger
Vektoraddition 5
6 Schwerpunkt eines Massenpunkt-systems
Vektoraddition 7
7 �berlagerung elektrischer Felder Vektoraddition 8
8 Kraftwirkung zwischen stromdurch-flossenen Leitern
Vektorprodukt 10
9 Stabkr�fte (Reaktionskr�fte) in einembelasteten Dreibein
R�umliche Vektoraddition,Gaußscher Algorithmus
11
10 Arbeit an einer Punktladung in einemelektrischen Feld
Skalarprodukt 14
11 Durchbiegung eines Balkens beiBelastung durch mehrere Kr�fte
Skalarprodukt 15
12 Moment einer Kraft in einemKugelgelenk
Vektorprodukt, Richtungswinkel 17
13 Umfangsgeschwindigkeit einerrotierenden Zylinderscheibe
Vektorprodukt, Ableitung einesVektors
18
14 Drehmoment einer stromdurch-flossenen Leiterschleife in einemMagnetfeld
Vektorprodukt 19
15 Kr�ftefreie Bewegung eines Elektronsin einem elektromagnetischen Feld
Vektorprodukt, Richtungswinkel 20
16 Fachwerk im statischen Gleichgewicht Vektoraddition, Vektorprodukt,lineares Gleichungssystem
21
IX
17 Komplanare Kraftvektoren Vektoraddition, Richtungswinkel,Spatprodukt
24
18 Spannungsstoß in einer Leiterschleifeinfolge elektromagnetischer Induktion
Vektor- und Spatprodukt 25
19 Bewegung von Ladungstr�gern ineinem Magnetfeld
Ableitungen eines Vektors,Skalar- und Spatprodukt
27
II Funktionen und Kurven
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Reihenschaltung aus n gleichenSpannungsquellen
Diskrete Funktion 29
2 Zeitversetzter freier Fall zweierKugeln
Lineare Funktion 30
3 Zugspannung in einem rotierendenStab
Quadratische Funktion 32
4 Sortiervorrichtung Parameterdarstellung,quadratische Funktion
33
5 Aufeinander abrollende Zahnr�der(Epizykloide)
Parameterdarstellung einer Kurve 34
6 Fallbeschleunigung innerhalb undaußerhalb eines Erdkanals
Lineare Funktion, gebrochenrationaleFunktion
38
7 Verteilung der Stromdichte in einemstromdurchflossenen Hohlzylinder
Gebrochenrationale Funktion 40
8 Kapazit�t eines Kondensators mitgeschichtetem Dielektrikum
Gebrochenrationale Funktion 41
9 Magnetfeld in der Umgebung einerstromdurchflossenen elektrischenDoppelleitung
Gebrochenrationale Funktion 42
10 Kennlinien einer Gl�hlampe Interpolationsformel von Newton,kubische Funktion, Horner-Schema
45
11 Doppelschieber Parameterdarstellung,Kegelschnittgleichung
47
12 Rollbewegung einer Zylinderwalzel�ngs einer schiefen Ebene
Wurzelfunktion 49
13 Ballistisches Pendel Zusammengesetzte Funktion 50
InhaltsverzeichnisX
14 Momentane (zeitabh�ngige) Leistungeines Wechselstroms
Sinus- und Kosinusfunktionen 52
15 �berlagerung gleichfrequenterSchwingungen gleicher Raumrichtung
Sinus- und Kosinusfunktionen 54
16 Lissajous-Figuren Parameterdarstellung, Sinus- undKosinusfunktionen, Wurzelfunktionen
56
17 Schwebungen Trigonometrische Funktionen 58
18 Fliehkraft- oder Zentrifugalkraftregler Trigonometrische Funktionen,Arkuskosinusfunktion
60
19 Ladestrom in einer RC-Parallel-schaltung
Exponentialfunktion(Abklingfunktion)
62
20 RC-Glied mit Rampenspannung Exponentialfunktion(S�ttigungsfunktion)
64
21 Aperiodischer Grenzfall einerSchwingung
Kriechfunktion (Exponentialfunktion) 65
22 Barometrische H�henformel Logarithmusfunktion 66
23 Zusammenhang zwischen Fall-geschwindigkeit und Fallweg unterBer�cksichtigung des Luftwiderstandes
Hyperbelfunktionen 68
III Differentialrechnung
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Induktionsspannung in einerLeiterschleife
Elementare Differentiation 70
2 Elektronenstrahl-Oszilloskop Elementare Differentiation,Tangentengleichung
71
3 Querkraft- und Momentenverlaufl�ngs eines belasteten Tr�gers
Elementare Differentiation 73
4 Rotierende Zylinderscheibe in einerz�hen Fl�ssigkeit
Differentiation (Kettenregel) 75
5 Kurbeltrieb Differentiation (Kettenregel) 76
6 Zusammenhang zwischenFallbeschleunigung und Fallwegunter Ber�cksichtigung desLuftwiderstandes
Differentiation (Kettenregel) 78
Inhaltsverzeichnis XI
7 Periodische Bewegung einesMassenpunktes
Differentiation eines zeitabh�ngigenOrtsvektors
80
8 Rollkurve oder gew�hnliche Zykloide Differentiation eines zeitabh�ngigenOrtsvektors
82
9 Linearisierung einer Halbleiter-Kennlinie
Linearisierung einer Funktion 84
10 Linearisierung der Widerstands-kennlinie eines Thermistors(Heißleiters)
Linearisierung einer Funktion 86
11 Kritische Daten eines realen Gases Sattelpunkt 88
12 Wurfparabel eines Wasserstrahls Extremwertaufgabe 91
13 Scheibenpendel mit minimalerSchwingungsdauer
Extremwertaufgabe 93
14 Leistungsanpassung eines Verbraucher-widerstandes
Extremwertaufgabe 95
15 Resonanzfall bei einer erzwungenenSchwingung
Extremwertberechnung 97
16 Optimale Beleuchtung eines Punktesdurch eine Lichtquelle
Extremwertaufgabe 99
17 Gaußsche Normalverteilung Extremwerte, Wendepunkte 101
18 Elektrische Feldst�rke in derUmgebung einer elektrischenDoppelleitung
Kurvendiskussion 104
19 Ungest�rte �berlagerung zeit-abh�ngiger Impulse
Kurvendiskussion 106
20 �berlagerung von Sinusschwingungengleicher Raumrichtung, aber unter-schiedlicher Frequenz
Kurvendiskussion 110
21 Fallgeschwindigkeit mit und ohneBer�cksichtigung des Luftwiderstandes
Grenzwertregel von Bernoulli undde L’Hospital
113
22 Erwungene Schwingung imResonanzfall
Grenzwertregel von Bernoulli undde L’Hospital
115
23 Eintauchtiefe einer Boje in Salzwasser Tangentenverfahren von Newton 118
24 Freih�ngendes Seil (Seilkurve,Kettenlinie)
Tangentenverfahren von Newton 120
InhaltsverzeichnisXII
IV Integralrechnung
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Induktionsspannung in einer in einemMagnetfeld rotierenden Metallscheibe
Elementare Integration(Grundintegral)
123
2 Rollbewegung einer Kugel l�ngs einerschiefen Ebene
Elementare Integrationen(Grundintegrale)
124
3 Oberfl�chenprofil einer rotierendenFl�ssigkeit
Elementare Integration(Grundintegral)
126
4 Resultierende eines ebenen parallelenKr�ftesystems
Elementare Integrationen(Grundintegrale)
127
5 Querkraft und Biegemoment l�ngseines Balkens mit linear ansteigenderLast (Dreieckslast)
Elementare Integrationen(Grundintegrale)
129
6 Fliehkraft- oder Zentrifugalkraftregler Elementare Integration(Grundintegral)
130
7 Massentr�gheitsmoment einesRotationsk�rpers mit elliptischemQuerschnitt
Elementare Integration(Grundintegral)
133
8 Zugstab mit konstanter Zugspannung Elementare Integrationen(Grundintegrale)
134
9 Magnetischer Fluss durch eineLeiterschleife
Elementare Integrationen(Grundintegrale)
135
10 Kapazit�t eines Koaxialkabels Elementare Integration(Grundintegral)
137
11 �bergangswiderstand einer Kugel Elementare Integration(Grundintegral)
138
12 Arbeit im Gravitationsfeld der Erde Elementare Integration(Grundintegral)
140
13 Elektrischer Widerstand eines kegel-stumpff�rmigen Kontaktes
Integration mittels Substitution 141
14 Freier Fall unter Ber�cksichtigung desLuftwiderstandes
Integration mittels Substitution 143
15 Aufladung eines Kondensators ineinem RC-Schaltkreis
Integration mittels Substitution 145
16 Rotation einer Scheibe in einerFl�ssigkeit
Integration mittels Substitution 147
Inhaltsverzeichnis XIII
17 Kapazit�t einer elektrischenDoppelleitung
Integration mittels Substitution 149
18 Effektivwert eines Wechselstroms Integration mittels Substitution 150
19 Bogenl�nge einer Epizykloide Integration mittels Substitution 152
20 Fallgesetze bei Ber�cksichtigung desLuftwiderstandes
Integration mittels Substitution 155
21 Mittlere Geschwindigkeit vonGasmolek�len
Partielle Integration 156
22 Durchschnittliche Leistung einesWechselstroms in einemRL-Schaltkreis
Integration mittels Substitution bzw.partieller Integration
159
23 Induktivit�t einer elektrischenDoppelleitung
Integration durch Partialbruch-zerlegung des Integranden,Integration mittels Substitution
162
24 Schwingungsdauer eines Fadenpendels Numerische Integration nachSimpson
164
V Taylor- und Fourier-Reihen
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Fallgeschwindigkeit mit und ohneBer�cksichtigung des Luftwiderstandes
Grenzwertbestimmung mittelsReihenentwicklung
167
2 Elektrischer Widerstand zwischen zweikoaxialen Zylinderelektroden(Hohlzylinder)
Potenzreihenentwicklung,N�herungspolynome
169
3 Temperaturabh�ngigkeit der Dichteeines Festk�rpers
Potenzreihenentwicklung, lineareN�herungsfunktion
171
4 Magnetische Feldst�rke in der Mitteeiner stromdurchflossenenZylinderspule
Potenzreihenentwicklung,N�herungspolynom
172
5 Temperaturabh�ngigkeit der Schall-geschwindigkeit in Luft
Potenzreihenentwicklung, lineareN�herungsfunktion
174
6 Spiegelgalvanometer Potenzreihenentwicklung, lineareN�herungsfunktion
176
7 Kapazit�t einer elektrischenDoppelleitung
Potenzreihenentwicklung,N�herungsformel
177
InhaltsverzeichnisXIV
8 Relativistische Masse und Energieeines Elektrons
Potenzreihenentwicklung,N�herungspolynom
179
9 RC-Schaltung mit Rampenspannung Potenzreihenentwicklung,N�herungsfunktionen
180
10 Freih�ngendes Seil (Seilkurve,Kettenlinie)
L�sen einer Gleichung mittelsReihenentwicklung, N�herungs-parabel
182
11 Gaußsche Normalverteilung Integration durch Potenzreihen-entwicklung des Integranden
184
12 Schwingungsdauer eines Fadenpendels Integration durch Potenzreihen-entwicklung des Integranden
186
13 Fourier-Zerlegung einer periodischenFolge rechteckiger Spannungsimpulse
Fourier-Reihe, Amplitudenspektrum 190
14 Fourier-Reihe einer Kippspannung(S�gezahnimpuls)
Fourier-Reihe in reller Form 194
15 Fourier-Zerlegung eines„ angeschnittenen “ Wechselstroms
Fourier-Reihe in reller Form 196
16 Fourier-Reihe einer Kippschwingung Fourier-Reihe in komplexer undreeller Form
200
VI Komplexe Zahlen und Funktionen
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Resonanz im Parallelschwingkreis Komplexe Rechnung 203
2 Ohmscher Spannungsteiler Komplexe Rechnung 204
3 Berechnung des komplexenWiderstandes eines Netzwerkes
Komplexe Rechnung 206
4 Wechselstrommessbr�cke Komplexe Rechnung 208
5 Wechselstromparadoxon Komplexe Rechnung 210
6 Komplexer Wechselstromkreis Komplexe Rechnung 212
7 �berlagerung gleichfrequenterSchwingungen gleicher Raumrichtung
Komplexe Zeiger, Zeigerdiagramm 215
8 Leitwertortskurve einer RC-Parallel-schaltung
Ortskurve einer parameterabh�ngigenkomplexen Gr�ße
218
9 Widerstands- und Leitwertortskurveeiner RL-Reihenschaltung
Ortskurven parameterabh�ngigerkomplexer Gr�ßen
219
Inhaltsverzeichnis XV
VII Lineare Algebra
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Widerstands- und Kettenmatrix eineslineare Vierpols
Matrix, Determinante einer Matrix 221
2 Vierpolgleichungen f�r einsymmetrisches T-Glied
Matrizenrechnung, inverse Matrix 223
3 Symmetrische p-Schaltung Multiplikation von Matrizen 226
4 Kettenschaltung von Vierpolen Multiplikation von Matrizen 227
5 Durchbiegung eines Tr�gers beiBelastung durch mehrere Kr�fte(Superpositionsprinzip)
Multiplikation von Matrizen(Falk-Schema)
228
6 Eigenkreisfrequenzen einerBiegeschwingung
Determinantengleichung 230
7 Elektromagnetische Induktion ineinem durch ein Magnetfeld bewegtenelektrischen Leiter
Dreireihige Determinante 232
8 Kritische Drehzahlen einer zweifachgelagerten Welle
Homogenes lineares Gleichungs-system, Determinantengleichung
233
9 Widerstandsmessung mit derWheatstoneschen Br�cke
Homogenes lineares Gleichungs-system, Determinanten
236
10 Torsionsschwingung einer Welle Dreireihige Determinante 238
11 Verzweigter Stromkreis Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Cramersche Regel
239
12 Beschleunigte Massen in einemRollensystem
Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Cramersche Regel
241
13 Berechnung der Zweigstr�me in einemelektrischen Netzwerk
Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Cramersche Regel
243
14 Netzwerkanalyse nach dem Maschen-stromverfahren
Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Gaußscher Algorithmus
244
15 Berechnung der Zweigstr�me in einemelektrischen Netzwerk
Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Gaußscher Algorithmus(Matrizenform)
247
16 Berechnung der Str�me in einerNetzmasche
Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Gaußscher Algorithmus
249
17 Modifizierter Gerber-Tr�ger Inhomogenes lineares Gleichungs-system, Gaußscher Algorithmus
251
18 Normalschwingungen eines diatomarenMolek�ls (Zwei-Teilchen-Schwinger)
2-dimensionales Eigenwertproblem 254
InhaltsverzeichnisXVI
VIII Differential- und Integralrechnungf�r Funktionen von mehreren Variablen
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Potential und elektrische Feldst�rkeim elektrostatischen Feld zweierPunktladungen
Partielle Ableitungen 1. Ordnung 258
2 Statisch unbestimmt gelagerter Balken Partielle Ableitungen 260
3 Temperaturverteilung l�ngs einesMetallstabes (eindimensionaleW�rmeleitungsgleichung)
Partielle Ableitungen 263
4 Kapazit�t einer Kondensatorschaltung Totales oder vollst�ndigesDifferential
265
5 Schwingungsgleichung der Mechanik Totales oder vollst�ndigesDifferential
267
6 Thermodynamische Zustands-funktionen
Totales Differential,wegunabh�ngiges Linienintegral
268
7 Selbstinduktivit�t einer elektrischenDoppelleitung
Linearisierung einer Funktion 270
8 Leistungsanpassung beim Wechsel-stromgenerator
Extremwertafgabe 273
9 Eine Anwendung des GaußschenFehlerintegrals
Extremwertaufgabe 277
10 Fl�cheninhalt und Fl�chenschwerpunkteines Kreisabschnittes(Kreissegmentes)
Doppelintegrale in kartesischenKoordinaten
281
11 Magnetischer Fluss durch eineLeiterschleife
Doppelintegral in Polarkoordinaten 284
12 Stromst�rke in einem Leiter beiortsabh�ngiger Stromdichte
Doppelintegral in Polarkoordinaten 285
13 Gaußsche Normalverteilung Doppelintegral in Polarkoordinaten 287
14 Schwerpunkt, Hauptachsen undHauptfl�chenmomente 2. Grades(Hauptfl�chentr�gheitsmomente)einer trapezf�rmigen Fl�che
Doppelintegrale in kartesischenKoordinaten
291
15 Volumen und Schwerpunkt einesTetraeders
Dreifachintegrale in kartesischenKoordinaten
296
Inhaltsverzeichnis XVII
16 Massentr�gheitsmoment einesSpeichenrades
Dreifachintegral in Zylinder-koordinaten
299
17 Schwerpunkt eines rotations-symmetrischen K�rpers mitelliptischem Querschnitt undzylindrischer Bohrung
Dreifachintegrale in Zylinder-koordinaten
301
18 Massentr�gheitsmomente eineshomogenen Kegels
Dreifachintegrale in Zylinder-koordinaten
304
19 Silo (Großspeicher) mit inhomogenerF�llmasse
Dreifachintegrale in Zylinder-koordinaten
310
20 Kugelsymmetrische Ladungsverteilungin einer Kugel
Dreifachintegral in Kugelkoordinaten 313
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Raketengleichung Dgl 1. Ordnung vom Typy 0 ¼ f ðxÞ(Integration mittels Substitution)
315
2 RL-Schaltkreis mit einerGleichstromquelle
Homogene lineare Dgl 1. Ordnung(Trennung der Variablen)
319
3 Seilkr�fte und Seilreibung Homogene lineare Dgl 1. Ordnung(Trennung der Variablen)
322
4 Fallbewegung einer Kugel in einerz�hen Fl�ssigkeit
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Variation der Konstanten)
323
5 RC-Schaltkreis mit einerGleichspannungsquelle
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Variation der Konstanten)
327
6 RC-Wechselstromkreis Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Aufsuchen einer partikul�renL�sung)
330
7 Biegelinie eines beidseitigeingespannten Balkens bei konstanterStreckenlast
Dgl. 2. Ordnung vom Typy 00 ¼ f ðxÞ (direkte Integration)
334
8 Knicklast nach Euler Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(Schwingungsgleichung)
336
9 Radialbewegung einer Masse in einergeraden, rotierenden F�hrung
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung 338
InhaltsverzeichnisXVIII
10 Elektromagnetischer Schwingkreis Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(Schwingungsgleichung)
340
11 Biegeschwingung einer elastischenBlattfeder
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(Schwingungsgleichung)
342
12 Scheibenpendel (physikalischesPendel)
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(Schwingungsgleichung)
345
13 Vertikale Schwingungen eines K�rpersin einer Fl�ssigkeit
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(ged�mpfte Schwingung)
347
14 Schwingung eines rotierendenFederpendels
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Schwingungsgleichung, Aufsucheneiner partikul�ren L�sung)
349
15 Drehspulinstrument Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Schwingungsgleichung, Aufsucheneiner partikul�ren L�sung)
352
16 Erzwungene mechanische Schwingung Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(erzwungene Schwingung, Aufsucheneiner partikul�ren L�sung)
356
17 Gleichung einer Seilkurve(Kettenlinie)
Nichtlineare Dgl 2. Ordnung(Substitutionsmethode, Trennungder Variablen)
359
18 Torsionsschwingungen einer zweifachbesetzten elastischen Welle
System linearer Dgln 2. Ordnung 361
19 Elektronenbahn im homogenenMagnetfeld
System linearer Dgln 2. Ordnung 363
20 2-stufige chemische Reaktion vom TypX ! Y ! Z
System homogener linearer Dgln1. Ordnung, Matrizeneigenwert-problem, Lineares Gleichungssystem
367
X Fehler- und Ausgleichsrechnung
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Widerstandsmoment eines kreisring-f�rmigen Rohrquerschnittes gegenTorsion (Verdrehung)
Maximale Messunsicherheit(Maximalfehler, maximaler odergr�ßtm�glicher Fehler)
372
2 Kombinierte Parallel-Reihenschaltungelastischer Federn
Maximale Messunsicherheit(Maximalfehler, maximaler odergr�ßtm�glicher Fehler)
374
Inhaltsverzeichnis XIX
3 Selbstinduktivit�t einer elektrischenDoppelleitung
Fehlerfortpflanzung nach Gauß 376
4 Wirkleistung eines Wechselstroms Maximale Messunsicherheit(Maximalfehler, maximaler odergr�ßtm�glicher Fehler)
378
5 Widerstandsmessung mit derWheatstoneschen Br�cke
Mittelwert und Standardabweichungdes Mittelwertes (mittlerer Fehler desMittelwertes), Fehlerfortpflanzungnach Gauß
380
6 Massentr�gheitsmoment eines d�nnenStabes
Auswertung von Messreihen,Fehlerfortpflanzung nach Gauß
382
7 Widerstandskennlinie einesThermistors (Heißleiters)
Ausgleichskurve(Exponentialfunktion)
384
8 Kennlinie eines nichtlinearenWiderstandes (Gl�hlampe)
Ausgleichskurve (kubische Funktion) 386
XI Fourier-Transformationen
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Spektraldichte eines cos 2-Impulses Fourier-Integral, Fourier-Kosinus-Transformation
390
2 Amplituden- und Phasengang einesDT1-Regelkreisgliedes
Fourier-Transformation,Frequenzspektrum
392
3 Beidseitig ged�mpfte (amplituden-modulierte) Sinusschwingung
Fourier-Integral, Fourier-Sinus-Transformation
394
4 Spektraldichte (Frequenzspektrum)eines modulierten Rechteckimpulses
Fourier-Integral, D�mpfungssatz(Frequenzverschiebungssatz)
397
5 Impulsantwort einesPT1-�bertragungssystems
Inverse Fourier-Transformation,Zeitverschiebungssatz, Faltungssatz
400
6 Lineares zeitinvariantes �bertragungs-system (LTI-System)
Inverse Fourier-Transformation 403
7 �bertragungsverhalten einerRC-Schaltung
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung,Ableitungssatz f�r Original-funktionen, inverse Fourier-Transformation
404
8 Fourier-Analyse einer ged�mpftenmechanischen Schwingung
Fourier-Integral, Amplituden- undPhasenspektrum
408
InhaltsverzeichnisXX
9 Frequenzgang und Impulsantworteines linearen �bertragungssystems
Inverse Fourier-Transformation,Faltungsprodukt (Faltungsintegral),Partialbruchzerlegung
412
XII Laplace-Transformationen
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Ausschaltvorgang in einemRL-Schaltkreis
Homogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
416
2 RC-Wechselstromkreis Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen, Faltungssatz)
418
3 RL-Schaltkreis mit Rampenspannung Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
422
4 RC-Schaltkreis mit einem rechteckigenSpannungsimpuls
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen, 1. Verschiebungssatz)
424
5 Rohrzuckerinversion Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
428
6 Bewegung einer Masse im Erdkanal Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
430
7 Schwingung eines rotierendenFederpendels
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
432
8 Erzwungene mechanische Schwingungim Resonanzfall
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
435
9 Erzwungene Schwingung einesmechanischen Systems
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
436
10 Elektromagnetischer Reihen-schwingkreis
Integro-Differentialgleichung(Ableitungs- und Integrationssatzf�r Originalfunktionen)
439
Inhaltsverzeichnis XXI
11 Spannungs�bertragung bei einemVierpol
System linearer Dgln 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen, Partialbruchzerlegung derBildfunktion)
442
12 Gekoppelte mechanischeSchwingungen
System linearer Dgln 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Original-funktionen)
447
XIII Vektoranalysis
Beispiel Naturwissenschaftlich-technisches Problem Mathematisches Stoffgebiet Seite
1 Temperaturverteilung auf einer d�nnenZylinderscheibe
Niveaulinien (�quipotentiallinien),Gradient
452
2 Quellstr�mung einer Fl�ssigkeit Niveaulinien, Gradient 454
3 Potential und Feldst�rke deselektrischen Feldes in der Umgebungeiner homogen geladenen Kugel
�quipotentialfl�che (Niveaufl�che),Gradient
456
4 Geschwindigkeitsfeld einer rotierendenKugel
Rotation 458
5 Zusammenhang zwischen derelektrischen Feldst�rke und derr�umlichen Ladungsdichte in einemelektrischen Feld(Maxwellsche Gleichung)
Divergenz, Rotation 460
6 Kugel- oder radialsymmetrischeVektorfelder (Zentralfelder)
Divergenz, Rotation 461
7 Elektrisches Feld in der Umgebungeines homogen geladenen Zylinders
Divergenz, Rotation 463
8 Staupunktstr�mung einer Fl�ssigkeit Rotation, Divergenz, Gradient,Differentialgleichung (Trennung derVariablen)
465
9 Station�re (zeitunabh�ngige)W�rmeleitung durch eine Rohrwand
Laplace-Gleichung, Differential-gleichung (Trennung der Variablen)
469
10 Gravitationspotential undFallbeschleunigung
Gradient, Laplace-Gleichung(Potentialgleichung)
471
InhaltsverzeichnisXXII
11 Potential und Feldst�rke deselektrischen Feldes im Innenraumeines homogen geladenen Zylinders
Gradient, Potentialgleichung(Laplace-Gleichung)
473
12 Wirbelfreies Geschwindigkeitsfeldeiner ebenen Str�mung
Divergenz, Rotation, Gradient 475
13 Magnetfeld eines stromdurchflossenenlinearen Leiters
Linienintegral 478
14 Elektrisches Feld einer Linienquelle Gradient, Rotation, Linienintegral 480
15 Magnetische Feldst�rke in der Achseeines stromdurchflossenen kreis-f�rmigen Leiters
Linienintegral 484
16 Gravitationspotential der Erde Rotation, Konservatives Feld,Linienintegral
486
17 Fluss eines elektrischen Feldes durcheine geschlossene Oberfl�che
Oberfl�chenintegral, Volumenintegral,Integralsatz von Gauß
488
18 Fluss eines Zentralfeldes durch einekonzentrische Kugeloberfl�che
Divergenz, Oberfl�chenintegral,Integralsatz von Gauß
491
19 Elektrische Ladung und Ladungsdichteeiner homogen geladenen Kugel
Integralsatz von Gauß,Oberfl�chenintegral
493
20 Magnetfeld in der Umgebung einesstromdurchflossenen zylindrischenLeiters
Rotation, Integralsatz von Stokes 495
Anhang: Physikalische Grundlagen
Inhaltsverzeichnis XXIII
I Vektorrechnung
Beispiel 1: Kraftzerlegung am Keil
Zerlegung eines Vektors in Komponenten
Zerlegen Sie gem�ß Bild I-1 die am Keil angreifende Kraft~FF vom Betrag F ¼ 5 kN in die beiden Normalkomponen-ten ~FFN 1 und ~FFN 2 :
a) zeichnerische L�sung,
b) rechnerische L�sung.
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.1
L�sung:a) Bild I-2 zeigt in einer Skizze, wie sich die beiden Normalkomponenten ~FFN 1 und ~FFN 2
vektoriell zum (vorgegebenen) Kraftvektor ~FF addieren. Da sie aus Symmetriegr�nden dengleichen Betrag haben, ist das zugeh�rige Kr�ftedreieck gleichschenklig. Daher gilt:
~FF ¼ ~FFN 1 þ ~FFN 2 , FN 1 ¼ FN 2 ¼ FN , a ¼ 80�, b ¼ 20�
Aus der gegebenen Seite F ¼ 5 kN und den bekannten Winkeln konstruieren wir dasKr�ftedreieck und lesen die gesuchten Werte ab (Bild I-3):
FN 1 ¼ FN 2 � 14,4 kN
b) Aus dem Kr�ftedreieck folgt mit FN 1 ¼ FN 2 ¼ FN unter Verwendung des Kosinussatzes
F 2 ¼ F 2N þ F 2
N � 2FN � FN � cos b ¼ 2F 2N � 2F 2
N � cos b ¼ 2 ð1 � cos bÞ F 2N
und somit
F 2N ¼
F 2
2 ð1 � cos bÞ ) FN ¼ Fffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 ð1 � cos bÞp ¼ 5 kNffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 ð1 � cos 20�Þp ¼ 14,4 kN
1
FN1 FN2
F
Keil
20°
Bild I-1
FN1 FN2F
a
a
a
ab b
Bild I-2
FN1
FN2
F1 kN
F = 5 kN
F 14,4 kNN1
≈
F 14,4 kNN2 ≈
80°
80°
20°
Bild I-3
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_1
Beispiel 2: Zusammengesetzte Bewegung einer F�hre
Vektoraddition
Eine F�hre bewegt sich mit der Eigengeschwin-digkeit v 0 ¼ 4 m=s (relativ zum Fluss) vomUferpunkt A aus auf k�rzestem Wege zum ge-gen�berliegenden Flussufer (Punkt B; Bild I-4).
a) Unter welchem Winkel a muss die F�hregegen die Str�mung gesteuert werden, wenndie Geschwindigkeit der Str�mung den Be-trag v S ¼ 1 m=s hat?
b) Wie groß ist dann die resultierende Ge-schwindigkeit v r der F�hre?
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.2.2
L�sung:a) Der k�rzeste Weg ist die geradlinige Verbindung senkrecht zur Str�mungsrichtung des
Flusses (Weg A––B ). Dazu muss die resultierende Geschwindigkeit ~vv r, die sich aus derEigengeschwindigkeit ~vv 0 und der Str�mungsgeschwindigkeit ~vv S vektoriell zusammen-setzt, in Richtung des Verbindungsweges A––B liegen. Die Geschwindigkeitsvektoren be-sitzen in dem skizzierten Koordinatensystem die folgende Komponentendarstellung (sieheBild I-5):
~vv 0 ¼ � v 0 � sin av 0 � cos a
� �, ~vv S ¼
v S
0
� �, ~vv r ¼
0
v r
� �Aus der Vektorgleichung ~vv r ¼ ~vv 0 þ ~vv S folgt dann
0
v r
� �¼ � v 0 � sin a
v 0 � cos a� �
þ v S
0
� �¼ � v 0 � sin a þ v S
v 0 � cos a� �
oder (in Komponentenschreibweise)
(I) 0 ¼ � v 0 � sin a þ v S
(II) v r ¼ v 0 � cos aAus Gleichung (I) l�sst sich der gesuchte Winkel a berechnen:
sin a ¼ v S
v 0) a ¼ arcsin
v S
v 0
� �¼ arcsin
1 m=s4 m=s
� �¼ arcsin
14
� �¼ 14,48�
b) F�r die resultierende Geschwindigkeit der F�hre erhalten wir damit aus Gleichung (II)
v r ¼ v 0 � cos a ¼ 4ms� cos 14,48� ¼ 3,87
ms
a
Fluss Strömung
Fähre vs
vrv0
Ufer
Ufer
A
B
x
y
Bild I-4
a
x
y
v0v0y
v0x
Bild I-5
I Vektorrechnung2
Beispiel 3: Kr�ftegleichgewicht an einem belasteten Rollensystem
Vektoraddition
Bild I-6 zeigt ein symmetrisch aufge-bautes System mit den drei Massenm 1 ¼ m 2 ¼ 2m und m 3 ¼ 3m,die durch ein �ber zwei feste Rollenf�hrendes Seil miteinander verbundensind 1). Welcher Winkel a stellt sichim Gleichgewichtszustand ein?
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.2.2 Physikalische Grundlagen: A1
L�sung:Aus Symmetriegr�nden sind dieSeilkr�fte ~SS 1 und ~SS 2 betrags-m�ßig gleich groß: S 1 ¼ S 2 ¼2mg (die Gewichtskr�fte derMassen m 1 ¼ m 2 ¼ 2m werdendurch das Seil lediglich umge-lenkt). Im statischen Gleichge-wicht [ A1 ] wird die Gewichts-kraft ~GG 3 durch die beidenSeilkr�fte gerade kompensiert(Bild I-7a)). Es gilt dann die Vek-torgleichung
~SS 1 þ ~SS 2 þ ~GG 3 ¼ ~00
Mit dem in Bild I-7b) eingef�hrten Koordinatensystem lautet die Komponentendarstellung derdrei Kraftvektoren wie folgt (Berechnung der Komponenten aus den angedeuteten rechtwink-ligen Dreiecken):
m = 2 m1
m = 3 m3
m = 2 m2
G = 2 mg1 G = 2 mg2
G = 3 mg3
G2
G3
G1
a aS1 S2
Bild I-6
S1x S2x
S2yS1y
G3
G3
S2
S2
S2
S1
S1
S1
a
a
a
a
x
y
a) b)
Bild I-7
1) Die drei Massen werden aus Scheiben gleicher Masse m zusammengesetzt, sie bestehen demnach aus zwei bzw.drei solcher Scheiben.
I Vektorrechnung 3
~SS 1 ¼� S 1 � sin aS 1 � cos a
� �¼ � 2mg � sin a
2mg � cos a
� �, ~SS 2 ¼
S 2 � sin aS 2 � cos a
� �¼ 2mg � sin a
2mg � cos a
� �,
~GG 3 ¼0
�G 3
� �¼ 0
� 3mg
� �Somit ist im Gleichgewichtszustand
~SS 1 þ ~SS 2 þ ~GG 3 ¼� 2mg � sin a2mg � cos a
� �þ 2mg � sin a
2mg � cos a
� �þ 0
� 3mg
� �¼
¼ 0
4mg � cos a � 3mg
� �¼ 0
0
� �Dies f�hrt in der Komponentendarstellung zu der Indentit�t 0 ¼ 0 (1. Vektorkomponente)und der skalaren Gleichung
4mg � cos a � 3mg ¼ 0
(2. Vektorkomponente), aus der sich der gesuchte Winkel a berechnen l�sst:
cos a ¼ 3mg4mg
¼ 0,75 ) a ¼ arccos 0,75 ¼ 41,4�
Zeichnerische L�sungWir konstruieren das gleichschenklige Kr�ftedreieck,dessen drei Seiten S 1, S 2, G 3 sich wie 2 : 2 : 3 oder1 : 1 : 1,5 verhalten und lesen f�r den gesuchten Win-kel den Wert a � 41� ab (Bild I-8).
Beispiel 4: Zweifach gelagerte Welle bei Belastung
Komponentenrechnung
Bild I-9 zeigt eine zweifach gelagerte Welle, die durchzwei parallele Kr�fte ~FF1 und ~FF2 (senkrecht zurWel-le) belastet wird. Bestimmen Sie durch Komponen-tenrechnung die in den Lagern A und B auftreten-den Kr�fte ~FFA und ~FFB.
a ¼ 0,5 m ; F1 ¼ 10 kN ; F2 ¼ 40 kN
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.1 und II.2.2 Physikalische Grundlagen: A1
G3
G3S1
S1
S2
S2
a
S1 = S2 = 5 cm
G3 = 7,5 cm
1 cm
^
^
Bild I-8
a a aA B
F1
FA
F2
FB
x
y
Bild I-9
I Vektorrechnung4
L�sung:Die Lagerkr�fte ~FFA und ~FFB haben die in Bild I-9 skizzierten Richtungen und lassen sichaus den folgenden statischen Gleichgewichtsbedingungen [ A1 ] bestimmen:
1. Bedingung:P
Fi y ¼ 0 ( y-Komponenten der Kr�fte) 2)
(I) FA � F1 � F2 þ FB ¼ 0
2. Bedingung:P
Mi z ¼ 0 (z-Komponenten der Momente) 3)
(II) �F1 � a � F2 � 2 a þ FB � 3 a ¼ 0 (Bezugspunkt: A)
Gleichung (II) l�sen wir nach FB auf und erhalten
FB ¼ F1 � a þ F2 � 2 a3 a
¼ F1 þ 2F2
3¼ 10 kN þ 2 � 40 kN
3¼ 90 kN
3¼ 30 kN
Mit diesem Wert folgt aus Gleichung (I) f�r die Auflagerkraft FA :
FA ¼ F1 þ F2 � FB ¼ 10 kN þ 40 kN � 30 kN ¼ 20 kN
Die Lagerkr�fte betragen somit im Gleichgewichtszustand FA ¼ 20 kN und FB ¼ 30 kN.
Beispiel 5: Stabkr�fte (Reaktionskr�fte) in einem Ausleger
Vektoraddition
Bild I-10 zeigt einen aus zwei St�ben SAund S B bestehenden Ausleger. Im Gelenk Sgreift unter einem Winkel von a ¼ 30�
gegen die Vertikale eine Kraft ~FF vom Be-trag F ¼ 10 kN an. Bestimmen Sie die inden St�ben auftretenden Reaktionskr�fte(Zugkr�fte, Druckkr�fte) ~FFA und ~FFB.
a ¼ 4 m; b ¼ 3 mFA
FB
F
a
a
B
A
S
b
x
y
Bild I-10
2) Die x-Komponenten verschwinden, ebenso die z-Komponenten, da alle Kr�fte in der x, y-Ebene liegen. Diey-Komponenten sind zugleich die Betr�ge der Kr�fte.
3) Die �brigen Komponenten verschwinden, da die Momente senkrecht zur x, y-Ebene stehen.
I Vektorrechnung 5
L�sungshinweis: Setzen Sie die Reaktionskr�fte in der aus Bild I-10 ersichtlichen Weise zu-n�chst als Zugkr�fte an. Das Eigengewicht der St�be bleibt dabei unber�cksichtigt.
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.2 Physikalische Grundlagen: A1
L�sung:Wir beschreiben zun�chst die beiden St�be durch Vektoren im eingezeichneten x, y-Koor-dinatensystem:
SA�! ¼ � a
� b
� �¼ � 4
� 3
� �m , S B
�! ¼ � a
0
� �¼ � 4
0
� �m
Die Stabkr�fte ~FFA und ~FFB sind dann zu ihrem jeweiligen Stabvektor parallel (kollineareVektoren). Somit gilt
~FFA ¼ l S A�! ¼ l
� 4
� 3
� �m , ~FFB ¼ m S B
�! ¼ m� 4
0
� �m
Die auf das Gelenk S einwirkende �ußere Kraft ist
~FF ¼ F � sin a�F � cos a
� �¼ 10 kN � sin 30�
� 10 kN � cos 30�� �
¼ 5
� 8,66
� �kN
Im statischen-Gleichgewicht [A1 ] ist dann
~FFA þ ~FFB þ ~FF ¼ ~00
und somit
l� 4
� 3
� �m þ m
� 4
0
� �m þ 5
� 8,66
� �kN ¼
¼ � 4 m � l � 4 m � m þ 5 kN
� 3 m � l � 8,66 kN
� �¼ 0
0
� �kN
oder bei komponentenweiser Schreibweise
� 4 m � l � 4 m � m þ 5 kN ¼ 0 kN
� 3 m � l � 8,66 kN ¼ 0 kN
Dieses gestaffelte System aus zwei linearen Gleichungen mit den beiden Unbekannten l undm l�sst sich m�helos von unten nach oben l�sen (zun�chst die untere Gleichung l�sen):
� 3 m � l ¼ 8,66 kN ) l ¼ � 2,89kNm
� 4 m � m ¼ 4 m � l � 5 kN ¼ 4 m � 2,89kNm
� �� 5 kN ¼
¼ � 11,56 kN � 5 kN ¼ � 16,56 kN ) m ¼ 4,14kNm
I Vektorrechnung6
Die Stabkr�fte lauten somit (einschließlich ihrer Betr�ge) wie folgt:
~FFA ¼ � 2,89kNm
� 4
� 3
� �m ¼ 11,56
8,67
� �kN , FA ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi11,562 þ 8,672
pkN ¼ 14,45 kN ,
~FFB ¼ 4,14kNm
� 4
0
� �m ¼ � 16,56
0
� �kN , FB ¼ 16,56 kN
~FFB ist (wie angenommen) eine Zugkraft, ~FFA dagegen wegen l < 0 eine Druckkraft. DerStab S B ist daher ein Zugstab, der Stab SA dagegen ein Druckstab.
Beispiel 6: Schwerpunkt eines Massenpunktsystems
Vektoraddition
In den Ecken A, B und C eines gleichseitigenDreiecks mit der Seitenl�nge 2 a befinden sich je-weils gleiche Punktmassen m. Bestimmen Sie denSchwerpunkt S dieses Massenpunktsystems und zei-gen Sie, dass dieser von jeder der drei Ecken gleichweit entfernt ist (Bild I-11).
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.2 Physikalische Grundlagen: A2
L�sung:Wir bestimmen zun�chst die Ortsvektoren der drei Eckpunkte A, B und C sowie den Orts-vektor des Schwerpunktes S, der aus Symmetriegr�nden auf der y-Achse liegen muss. Sielauten:
~rrA ¼a
0
� �, ~rrB ¼
0
affiffiffi3p
� �, ~rrC ¼
� a
0
� �, ~rrS ¼
0
y S
� �Die Ordinate yB von B haben wir dabei aus dem rechtwinkligen Dreieck COB berechnet(Satz des Pythagoras): a 2 þ y 2
B ¼ 4 a 2 ) y 2B ¼ 3 a 2 ) yB ¼ a
ffiffiffi3p
Die Lage des Schwerpunktes l�sst sich allgemein aus der Vektorgleichung [A2 ] bestimmen:Xmi
� �~rrS ¼
Xmi~rri
m
m m
2a
2a
2a
C A
B
rB
r S
S
yS
r Ar C x
y
0
Bild I-11
I Vektorrechnung 7
(~rri ist der Ortsvektor der Masse mi, summiert wird �ber alle zum System geh�renden Massen-punkte). In unserem Fall erhalten wir unter Beachtung von m 1 ¼ m 2 ¼ m 3 ¼ m die Vektor-gleichung
3m~rrS ¼ m~rrA þ m~rrB þ m~rrC oder 3~rrS ¼ ~rrA þ ~rrB þ ~rrC
und damit
3~rrS ¼a
0
� �þ 0
affiffiffi3p
� �þ � a
0
� �¼ 0
affiffiffi3p
� �oder ~rrS ¼
0a3
ffiffiffi3p
!
Die Schwerpunktskoordinaten lauten daher: x S ¼ 0 , y S ¼ a3
ffiffiffi3p
.
Die Abst�nde des Schwerpunktes S von den drei Ecken A, B und C betragen
SA ¼ SC ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ y 2
S
q¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ a
3
ffiffiffi3p� � 2
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ 1
3a 2
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi43
a 2
r¼ 2
3affiffiffi3p
SB ¼ yB � yS ¼ affiffiffi3p� a
3
ffiffiffi3p¼ 2
3affiffiffi3p
und sind somit (wie behauptet) gleich.
Beispiel 7: �berlagerung elektrischer Felder
Vektoraddition
In den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks mit der Sei-tenl�nge 2 a befinden sich jeweils gleiche (positive)Punktladungen Q (Bild I-12). Zeigen Sie, dass eine imSchwerpunkt S angebrachte Probeladung q kr�ftefreibleibt.
L�sungshinweis: Bei der L�sung dieser Aufgabe d�rfen Sie auf die Ergebnisse aus dem Bei-spiel 6 dieses Kapitels zur�ckgreifen. Das System befindet sich in einem Medium mit derDielektrizit�tskonstanten e.
Lehrbuch: Bd. 1, II.2.2.2 Physikalische Grundlagen: A3
Q = Q3
Q = Q2Q = Q12a
2a2a
Sr1 r2
r3
q
Bild I-12
I Vektorrechnung8
L�sung:r i ist der Abstand des Schwerpunktes S von der Ladung Qi ¼ Q (mit i ¼ 1, 2, 3Þ. NachBeispiel 6 hat dann der Schwerpunkt von jeder der drei Ladungen den gleichen Abstand r :
r 1 ¼ r 2 ¼ r 3 ¼ r ¼ 23
affiffiffi3p
d. h. der Schwerpunkt S liegt von jeder der drei Ladungen gleich weit entfernt. Diese La-dungen erzeugen daher im Schwerpunkt elektrische Felder, deren Feldst�rkevektoren ~EE 1, ~EE 2
und ~EE 3 [ A3] betragsm�ßig �bereinstimmen (Bild I-13a)):
E 1 ¼ E 2 ¼ E 3 ¼ E ¼ Q4p e 0 e r 2
¼ 3Q16p e 0 e a 2
Die geometrische Addition der drei Feldst�rkevektoren ergibt den Nullvektor (Bild I-13b)),das resultierende Feld im Schwerpunkt S verschwindet somit. Die im Schwerpunkt ange-brachte Probeladung q bleibt daher kr�ftefrei.
Zum selben Ergebnis f�hrt die Rechnung. Die Komponentendarstellung der Feldst�rkevekto-ren lautet gem�ß Bild I-13a)
~EE 1 ¼E � cos 30�E � sin 30�
� �, ~EE 2 ¼
�E � cos 30�E � sin 30�
� �, ~EE 3 ¼
0
�E
� �Ihre Vektorsumme ergibt den Nullvektor:
~EE 1 þ ~EE 2 þ ~EE 3 ¼E � cos 30� � E � cos 30� þ 0
E � sin 30� þ E � sin 30� � E
� �¼
¼ 0
2E � sin 30� � E
� �¼ 0
E � E
� �¼ 0
0
� �¼ ~00|fflffl{zfflffl}
1=2
30° 30°
E1
E1
E2
a) b)
E1
E2
E2
E3
E3
–E3+ =
60°
60°
60°
Q1 Q2
Q3
S
x
y
Bild I-13
I Vektorrechnung 9
Beispiel 8: Kraftwirkung zwischen stromdurchflossenen Leitern
Vektorprodukt
Zwei parallele lineare elektrische Leiter (Dr�hte) mit der L�nge l und dem gegenseitigenAbstand a werden von Str�men gleicher St�rke I und gleicher Richtung durchflossen. DasSystem befindet sich im Vakuum (Permeabilit�t m ¼ 1).
a) Welche magnetische Feldst�rke ~HH bzw. magnetische Flussdichte ~BB erzeugt jeder derbeiden Leiter am Ort des anderen Leiters?
b) Mit welcher Kraft ~FF wirken die beiden Leiter aufeinander?
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1 Physikalische Grundlagen: A4, A5, A6
L�sung:a) Bild I-14 zeigt das vom Leiter L 1 in sei-
ner Umgebung erzeugte Magnetfeld. Diemagnetischen Feldlinien sind konzentri-sche Kreise um die Leiterachse mit dereingezeichneten Richtung 4). Die magneti-sche Feldst�rke ~HH [ A4 ] besitzt im Ab-stand r von der Leiterachse den Betrag
H ðrÞ ¼ I 12p r
¼ I2p r
, r > 0
Die am Ort des anderen Leiters (LeiterL 2 am Ort x ¼ a) erzeugte magneti-sche Feldst�rke bzw. magnetische Fluss-dichte [ A5 ] ist somit betragsm�ßig
H ðaÞ ¼ I2p a
bzw.
B ðaÞ ¼ m 0 mH ðaÞ ¼ m 0 � 1 �I
2p a¼ m 0 I
2p a
Umgekehrt erzeugt Leiter L 2 am Ort des Leiters L 1 ein Magnetfeld gleicher St�rke,jedoch entgegengesetzter Richtung.
b) Leiter L 2 erf�hrt im Magnetfeld des Leiters L 1 die Kraft [ A6 ]
~FF ¼ I 2 ð~ll � ~BB Þ ¼ I ð~ll � ~BB ÞSie ist senkrecht zum Leiter L 1 gerichtet (siehe Bild I-14).
L 2 a
F
x
y
magnetischeFeldlinie
L1
H(a)
bzw.
B(a)
Bild I-14
4) Die Str�me fließen in Richtung der positiven z-Achse, die aus der Papierebene senkrecht nach oben zeigt.
I Vektorrechnung10
Mit ~ll ¼0
0
l
0B@1CA und ~BB ¼
0
B ðaÞ0
0B@1CA folgt daraus schließlich 5)
~FF ¼ I
0
0
l
0B@1CA � 0
B ðaÞ0
0B@1CA ¼ I l B ðaÞ
0
0
1
0B@1CA � 0
1
0
0B@1CA ¼ I l � m 0 I
2p a
0 � 1
0 � 0
0 � 0
0B@1CA ¼
¼ m 0 l I2
2p a
� 1
0
0
0B@1CA ¼ � m 0 l I
2
2p a
1
0
0
0B@1CA ¼ �m 0 l I
2
2p a~ee x
|{z}~ee x
Wir interpretieren dieses Ergebnis wie folgt: Leiter L 2 erf�hrt eine Kraft in Richtung aufLeiter L 1, umgekehrt gilt das gleiche. Zwischen zwei parallelen, von Str�men gleicherSt�rke und gleicher Richtung durchflossenen Leitern besteht somit eine Anziehungskraft
vom Betrag F ¼ m 0 l I2
2p a.
Beispiel 9: Stabkr�fte (Reaktionskr�fte) in einem belasteten Dreibein
R�umliche Vektoraddition, Gaußscher Algorithmus
In dem in Bild I-15 dargestellten Dreibein, des-sen St�be S A, SB und SC gelenkig gelagertsind, greift im Gelenk S eine Gewichtskraft ~GGvom Betrag G ¼ 18 kN an. Welche Reaktions-kr�fte (Zugkr�fte, Druckkr�fte) ~FFA, ~FFB und~FFC treten in den drei St�ben auf?
A ¼ ð2; 1; 0Þm ; B ¼ ð� 1; 1; 0Þm ;
C ¼ ð1; � 2; 0Þm ; S ¼ ð0; 0; 2Þm
L�sungshinweis: Setzen Sie die Reaktionskr�fte in der aus Bild I-15 ersichtlichen Weise zu-n�chst als Zugkr�fte an. Das Eigengewicht der St�be bleibt unber�cksichtigt.
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.2 und I.5.2 Physikalische Grundlagen: A1
11 2
2
2
C
B
Ax
S
FA
FB
FC G
y
z
Bild I-15
5) Die Leiter verlaufen parallel zur z-Achse (L 1 liegt sogar in dieser Achse).
I Vektorrechnung 11
L�sung:Die drei St�be k�nnen wie folgt durch Vektoren beschrieben werden:
SA�! ¼ 2 � 0
1 � 0
0 � 2
0B@1CAm ¼
2
1
� 2
0B@1CAm , S B
�! ¼ � 1 � 0
1 � 0
0 � 2
0B@1CAm ¼
� 1
1
� 2
0B@1CAm ,
SC�! ¼ 1 � 0
� 2 � 0
0 � 2
0B@1CAm ¼
1
� 2
� 2
0B@1CAm
Die Stabkr�fte ~FFA, ~FFB und ~FFC sind dann zu ihrem jeweiligen Stabvektor parallel (kollineareVektoren). Somit gilt
~FFA ¼ l S A�! ¼ l
2
1
� 2
0B@1CAm , ~FFB ¼ m SB
�! ¼ m
� 1
1
� 2
0B@1CAm ,
~FFC ¼ n SC�! ¼ n
1
� 2
� 2
0B@1CAm
Im statischen Gleichgewicht [ A1 ] ist dann
~FFA þ ~FFB þ ~FFC þ ~GG ¼ ~00
und somit
l
2
1
� 2
0B@1CAm þ m
� 1
1
� 2
0B@1CAm þ n
1
� 2
� 2
0B@1CAm þ
0
0
� 18
0B@1CA kN ¼
0
0
0
0B@1CA kN
oder bei komponentenweiser Schreibweise
2 m � l � 1 m � m þ 1 m � n ¼ 0 kN
1 m � l þ 1 m � m � 2 m � n ¼ 0 kN
� 2 m � l � 2 m � m � 2 m � n � 18 kN ¼ 0 kN
Dies ist ein inhomogenes lineares Gleichungssystem mit drei Gleichungen und drei Unbe-kannten l, m und n. Wir l�sen das System mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus (die Aus-gangsgleichungen sind grau unterlegt) 6):
6) Bei der Durchf�hrung der Rechnung verzichten wir der besseren �bersicht wegen auf die Angabe der Einheiten.Die L�sungen f�r l, m und n sind dann jeweils mit der Einheit kN/m zu versehen. Die dritte Gleichung wurdenoch durch 2 geteilt, das absolute Glied auf die rechte Seite gebracht.
I Vektorrechnung12
l m n c i Zeilensumme
2 � 1 1 0 2
� 2 � E 1 � 2 � 2 4 0 0
E 1 1 1 � 2 0 0
� 1 � 1 � 1 9 6
1 � E 1 1 1 � 2 0 0
� 3 5 0 2
0 � 3 9 6
Das gestaffelte System
l þ m � 2 n ¼ 0 ) l � 5 þ 6 ¼ 0 ) l ¼ � 1
� 3 m þ 5 n ¼ 0 ) � 3 m � 15 ¼ 0 ) m ¼ � 5
� 3 n ¼ 9 ) n ¼ � 3
!!
l�sst sich sukzessiv von unten nach oben l�sen (Pfeilrichtung) und besitzt die folgendeL�sung:
l ¼ � 1kNm
, m ¼ � 5kNm
, n ¼ � 3kNm
Die Stabkr�fte sind somit (entgegen der Annahme) Druckkr�fte :
~FFA ¼ � 1kNm
2
1
� 2
0B@1CAm ¼
� 2
� 1
2
0B@1CA kN ,
FA ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið� 2Þ 2 þ ð� 1Þ 2 þ 22
qkN ¼ 3 kN
~FFB ¼ � 5kNm
� 1
1
� 2
0B@1CAm ¼
5
� 5
10
0B@1CA kN ,
FB ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi52 þ ð� 5Þ 2 þ 102
qkN ¼ 12,25 kN
~FFC ¼ � 3kNm
1
� 2
� 2
0B@1CAm ¼
� 3
6
6
0B@1CA kN ,
FC ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið� 3Þ 2 þ 62 þ 62
qkN ¼ 9 kN
�
� �
Gleichungen desgestaffelten Systems
I Vektorrechnung 13
Beispiel 10: Arbeit an einer Punktladung in einem elektrischen Feld
Skalarprodukt
Eine positive Punktladung Q ¼ 10� 7 C soll in dem konstanten elektrischen Feld mit dem
Feldst�rkevektor ~EE ¼1
� 3
5
0B@1CA 106 V
mvom Punkt P 1 ¼ ð� 2; 3; 4Þ m aus geradlinig l�ngs
des Richtungsvektors ~aa ¼2
� 1
2
0B@1CAm um 6 m in positiver Richtung verschoben werden
(Bild I-16).
a) Welche Arbeit W wird dabei an der Punkt-ladung verrichtet?
b) Welchen Winkel j bildet der an der Punkt-ladung angreifende Kraftvektor ~FF mit demVerschiebungsvektor ~ss ?
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.3 Physikalische Grundlagen: A10
L�sung:a) Durch Normierung erhalten wir aus dem Richtungsvektor ~aa den Einheitsvektor gleicher
Richtung:
~eea ¼ 1j~aa j ~aa ¼
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi22 þ ð� 1Þ 2 þ 22
qm
2
� 1
2
0B@1CAm ¼ 1
3
2
� 1
2
0B@1CA ¼ 2=3
� 1=3
2=3
0B@1CA
Der Verschiebungsvektor ~ss ¼ P 1 P 2���!
hat die gleiche Richtung, jedoch die 6-fache L�nge.Somit ist
~ss ¼ P 1 P 2���! ¼ 6 m~ee a ¼ 6 m
2=3
� 1=3
2=3
0B@1CA ¼ 4
� 2
4
0B@1CAm
Die vom Feld verrichtete Arbeit ist definitionsgem�ß das skalare Produkt aus dem Kraft-vektor ~FF ¼ Q ~EE [ A10 ] und dem Verschiebungsvektor ~ss :
fa
P1 P2
Ladung Q
s = P P1 2
r 1r 2
F
0Bild I-16
I Vektorrechnung14
W ¼ ~FF � ~ss ¼ ðQ ~EE � ~ss Þ ¼ Q ð~EE � ~ss Þ ¼ 10� 7 C
1
� 3
5
0B@1CA 106 V
m�
4
� 2
4
0B@1CAm ¼
¼ 10� 1 ð4 þ 6 þ 20Þ Nm ¼ 3 Nm
b) Wir berechnen zun�chst die ben�tigten Betr�ge der Vektoren ~FF und ~ss :
j ~FF j ¼ jQ ~EE j ¼ Q j ~EE j ¼ 10� 7 Cffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi12 þ ð� 3Þ 2 þ 52
q� 106 V
m¼
¼ 5,916 � 10� 1 N � 0,592 N
j~ss j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi42 þ ð� 2Þ 2 þ 42
qm ¼ 6 m
F�r den gesuchten Winkel zwischen Kraftvektor und Verschiebungsvektor folgt damit ausdem Skalarprodukt W ¼ ~FF � ~ss :
W ¼ ~FF � ~ss ¼ j ~FF j � j~ss j � cos j )
cos j ¼~FF � ~ssj ~FF j � j~ss j ¼
W
j ~FF j � j~ss j ¼3 Nm
0,592 N � 6 m ¼ 0,8446 )
j ¼ arccos 0,8446 ¼ 32,4�
Beispiel 11: Durchbiegung eines Balkens bei Belastung durchmehrere Kr�fte
Skalarprodukt
Ein homogener Balken auf zwei St�tzen wird in der aus Bild I-17 ersichtlichen Weise durchdrei Kr�fte F1, F2 und F3 belastet (Kr�fte senkrecht zum Balken). Die von der EinzelkraftFi in der Balkenmitte hervorgerufene Durchbiegung y i ist dabei der einwirkenden Kraft di-rekt proportional: y i ¼ a i F i ði ¼ 1, 2, 3Þ. Der Proportionalit�tsfaktor a i beschreibt diedurch die Einheitskraft Fi ¼ 1 bewirkte Durchbiegung und wird als Einflusszahl bezeichnet.Nach dem Superpositionsprinzip der Mechanik addieren sich die von den Einzelkr�ften her-vorgerufenen Durchbiegungen zur Gesamtdurchbiegung y. In dem vorliegenden Belastungs-fall lauten die Berechnungsformeln f�r die drei Einflusszahlen wie folgt:
a 1 ¼ a 3 ¼ 11 l 3
768E I, a 2 ¼ l 3
48E I
l : Balkenl�nge; E I : konstante Biegesteifigkeit des Balkens; E : Elastizit�tsmodul;
I : Fl�chentr�gheitsmoment
I Vektorrechnung 15
a) Zeigen Sie: Die Gesamtdurchbiegungy l�sst sich durch ein skalares Produktdarstellen.
b) Wie groß ist die von den drei Kr�ftenF1 ¼ 4 kN, F2 ¼ 2 kN und F3 ¼ 5 kNin der Mitte des Balkens hervorgerufeneDurchbiegung y bei einer Balkenl�ngevon l ¼ 1 m und einer Biegesteifigkeitvon E I ¼ 3 � 1010 Nmm2?
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.3.1
L�sung:a) Es ist
y ¼ y 1 þ y 2 þ y 3 ¼ a 1 F1 þ a 2 F2 þ a 3 F3
Diese Summe l�sst sich auch als skalares Produkt aus dem Einflusszahlenvektor
~aa ¼a 1
a 2
a 3
0B@1CA und dem Belastungsvektor ~ff ¼
F1
F2
F3
0B@1CA auffassen:
y ¼ a 1 F1 þ a 2 F2 þ a 3 F3 ¼a 1
a 2
a 3
0B@1CA � F1
F2
F3
0B@1CA ¼ ~aa � ~ff
b) Mit den Einflusszahlen
a 1 ¼ a 3 ¼ 11 l 3
768E I¼ 11 � ð103 mmÞ 3
768 � 3 � 1010 N mm2 ¼ 4,7743 � 10� 4 mmN
,
a 2 ¼ l 3
48E I¼ ð103 mmÞ 3
48 � 3 � 1010 Nmm2 ¼ 6,9444 � 10� 4 mmN
und den in die Einheit Newton (N) umgerechneten Einzelkr�ften ergibt sich die folgendeDurchbiegung:
y ¼ ~aa � ~ff ¼ 10� 4 mmN
4,7743
6,9444
4,7743
0B@1CA � 103 N
4
2
5
0B@1CA ¼ 10� 1
4,7743
6,9444
4,7743
0B@1CA � 4
2
5
0B@1CAmm ¼
¼ 10� 1 ð19,0972 þ 13,8888 þ 23,8715Þmm ¼ 5,69 mm
F1 F2 F3
Biegelinie y = y(x)
l4
l4
l4
l4
x
y
y l
Bild I-17
I Vektorrechnung16
Beispiel 12: Moment einer Kraft in einem Kugelgelenk
Vektorprodukt, Richtungswinkel
Im Endpunkt eines Stabes AB, der in einem Ku-gelgelenk A gelagert ist, greift die konstante Kraft
~FF ¼� 1
� 1,5
2
0B@1CA N an (Bild I-18).
Welches Moment M!
erzeugt diese Kraft im Kugel-gelenk A? Bestimmen Sie ferner den Betrag Mund die drei Richtungswinkel a, b und g des Mo-
mentenvektors M!.
A ¼ ð0; 0; 1Þm ; B ¼ ð� 1; 1; 1,5Þm
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1 und II.3.3.3 Physikalische Grundlagen: A7
L�sung:Definitionsgem�ß erhalten wir f�r das auf das Kugelgelenk A bezogene Moment M
![ A7 ]
die folgende Komponentendarstellung:
M! ¼ ~rrAB � ~FF ¼
� 1 � 0
1 � 0
1,5 � 1
0B@1CA� � 1
� 1,5
2
0B@1CA Nm ¼
� 1
1
0,5
0B@1CA� � 1
� 1,5
2
0B@1CA Nm ¼
¼2 þ 0,75
� 0,5 þ 2
1,5 þ 1
0B@1CA Nm ¼
2,75
1,5
2,5
0B@1CA Nm
Der Betrag des Momentes ist somit
M ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2,752 þ 1,5 2 þ 2,5 2
pNm ¼ 4,01 Nm
Die Richtungswinkel a, b und g mit den drei Koordinatenachsen ergeben sich zu
cos a ¼ Mx
M¼ 2,75 Nm
4,01 Nm¼ 0,6858 ) a ¼ arccos 0,6858 ¼ 46,7�
cos b ¼ My
M¼ 1,5 Nm
4,01 Nm¼ 0,3741 ) b ¼ arccos 0,3741 ¼ 68,0�
cos g ¼ Mz
M¼ 2,5 Nm
4,01 Nm¼ 0,6234 ) g ¼ arccos 0,6234 ¼ 51,4�
zm
Kugel-gelenk A
Stab
–1
1
1
B
ym
xm
1,5
F
Bild I-18
I Vektorrechnung 17
Beispiel 13: Umfangsgeschwindigkeit einer rotierendenZylinderscheibe
Vektorprodukt, Ableitung eines Vektors
Eine d�nne Zylinderscheibe vom Radius R rotiert in der ausBild I-19 ersichtlichen Weise mit der konstanten Winkel-geschwindigkeit w um ihre Symmetrieachse (z-Achse). DieBewegung eines Punktes P auf dem Umfang der Scheibel�sst sich dann durch den Ortsvektor
~rr ðtÞ ¼R � cos ðw tÞR � sin ðw tÞ
c
0B@1CA , t � 0
beschreiben ðc ¼ OM Þ. Bestimmen Sie den Geschwindig-keitsvektor ~vv ðtÞ dieses Punktes auf zwei verschiedene Artenund zwar
a) als vektorielles Produkt aus dem Winkelgeschwindigkeits-vektor ~ww und dem Ortsvektor ~rr ðtÞ [ A8 ],
b) durch Differentiation des Ortsvektors ~rr ðtÞ nach der Zeit t.
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1 und Bd. 3, I.1.2 Physikalische Grundlagen: A8
L�sung:a) Der Winkelgeschwindigkeitsvektor ~ww hat die Komponenten w x ¼ w y ¼ 0 und w z ¼ w
(siehe Bild I-19). Somit ist nach [A8 ]
~vv ðtÞ ¼ ~ww � ~rr ðtÞ ¼0
0
w
0B@1CA � R � cos ðw tÞ
R � sin ðw tÞc
0B@1CA ¼ 0 � wR � sin ðw tÞ
wR � cos ðw tÞ � 0
0 � 0
0B@1CA ¼
¼�wR � sin ðw tÞwR � cos ðw tÞ
0
0B@1CA ¼ wR
� sin ðw tÞcos ðw tÞ
0
0B@1CA
Der Betrag der Geschwindigkeit ist konstant:
v ðtÞ ¼ j~vv ðtÞ j ¼ wRffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½ � sin ðw tÞ 2 þ ½ cos ðw tÞ 2 þ 02
q¼
¼ wRffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffisin 2 ðw tÞ þ cos2 ðw tÞ
p¼ wR ¼ const:|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
M R
P
0
v
v ( t )
r ( t )
z
Bild I-19
I Vektorrechnung18
b) Durch komponentenweise Differentiation unter Verwendung der Kettenregel folgt (in �ber-einstimmung mit dem unter a) erzielten Ergebnis)
~vv ðtÞ ¼ ddt
~rr ðtÞ ¼ ddt
R � cos ðw tÞR � sin ðw tÞ
c
0B@1CA ¼ �wR � sin ðw tÞ
wR � cos ðw tÞ0
0B@1CA ¼ wR
� sin ðw tÞcos ðw tÞ
0
0B@1CA
Beispiel 14: Drehmoment einer stromdurchflossenen Leiterschleifein einem Magnetfeld
Vektorprodukt
Bild I-20 zeigt eine vom Strom I durchflossene rechteckige Leiterschleife mit der Fl�che A,die um eine zur Zeichenebene senkrechte Achse D drehbar gelagert ist (Leiterschleife senk-recht zur Zeichenebene). Sie erf�hrt in einem homogenen Magnetfeld mit dem Flussdichte-vektor ~BB das Drehmoment M
! ¼ I ð~BB � ~AA Þ. Der Fl�chenvektor ~AA steht dabei senkrechtzur Leiterschleife, seine L�nge entspricht dem Fl�cheninhalt A der Leiterschleife.
Bestimmen Sie das Drehmoment f�rI ¼ 10 A, A ¼ 0,1 m2, B ¼ 2 T (inx-Richtung) in der durch den Winkela ¼ 30� festgelegten augenblicklichenPosition.
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1
L�sung:Die Vektoren ~BB und ~AA besitzen in dem gew�hlten Koordinatensystem die folgende Kom-ponentendarstellung (Drehachse ¼ z-Achse, senkrecht zur Zeichenebene nach oben gerich-tet):
~BB ¼2
0
0
0B@1CA T ¼
2
0
0
0B@1CA Vs
m21 T ¼ 1 Tesla ¼ 1
Vsm2
� �
~AA ¼A � cos a�A � sin a
0
0B@1CA ¼ A
cos a
� sin a
0
0B@1CA ¼ 0,1
cos 30�
� sin 30�
0
0B@1CAm2 ¼ 0,1
0,866
� 0,5
0
0B@1CAm2
Leiterschleife
Da
x
y
z
magnetische Feldlinie
B
A
Bild I-20
I Vektorrechnung 19
Der Drehmomentvektor lautet damit
M! ¼ I ð~BB � ~AA Þ ¼ 10 � 0,1
2
0
0
0B@1CA � 0,866
� 0,5
0
0B@1CA A � Vs
m2� m2 ¼
¼2
0
0
0B@1CA� 0,866
� 0,5
0
0B@1CA AVs ¼
0 � 0
0 � 0
� 1 � 0
0B@1CA Nm ¼
0
0
� 1
0B@1CA Nm ð1 AVs ¼ 1 NmÞ
Der Vektor M!
liegt in der z-Achse in negativer Richtung (d. h. nach unten orientiert), sein
Betrag ist M ¼ jM!j ¼ 1 Nm.
Beispiel 15: Kr�ftefreie Bewegung eines Elektrons in einemelektromagnetischen Feld
Vektorprodukt, Richtungswinkel
Ein Elektron wird mit der Geschwindigkeit ~vv in ein zeitlich und r�umlich konstantes elektro-magnetisches Feld mit der elektrischen Feldst�rke ~EE und der magnetischen Flussdichte ~BBeingeschossen und erf�hrt dort die Kraft [ A9, A10 ]
~FF ¼ � e ~EE � e ð~vv � ~BB Þ ¼ � e ð~EE þ ~vv � ~BB Þ ðe : ElementarladungÞa) Unter welchen Voraussetzungen bleibt das Elektron kr�ftefrei (bei vorgegebenem ~vv und ~BB)?
Welche Eigenschaften muss der elektrische Feldst�rkevektor ~EE in diesem Sonderfall be-sitzen?
b) Wie lauten Betrag E und die drei Richtungswinkel a, b und g des elektrischen Feldst�r-
kevektors ~EE im unter a) genannten Fall f�r ~vv ¼ 200
1
1
1
0B@1CA m
sund ~BB ¼
1
� 1
2
0B@1CA Vs
m2?
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1 und II.3.3.3 Physikalische Grundlagen: A9, A10
L�sung:a) Im kr�ftefreien Fall ist ~FF ¼ ~00 und somit
� e ð~EE þ ~vv � ~BB Þ ¼ ~00 ) ~EE þ ~vv � ~BB ¼ ~00
F�r die Feldst�rke ~EE gilt dann
~EE ¼ �ð~vv � ~BB Þ ¼ ~BB � ~vv
I Vektorrechnung20
Dies aber bedeutet (siehe Bild I-21) 7):
1. ~EE steht senkrecht auf den Vektoren ~BB und ~vv.
2. j ~EE j ¼ j ~BB � ~vv j, d. h. der Betrag der elektrischenFeldst�rke ist somit gleich dem Fl�cheninhalt desvon den Vektoren ~BB und ~vv aufgespannten Paralle-logramms.
3. Die Vektoren ~BB, ~vv und ~EE bilden in dieser Reihen-folge ein rechtsh�ndiges System.
bÞ ~EE ¼ ~BB�~vv ¼ 200
1
� 1
2
0B@1CA� 1
1
1
0B@1CA Vs
m2� ms¼ 200
� 1 � 2
2 � 1
1 þ 1
0B@1CA V
m¼ 200
� 3
1
2
0B@1CA V
m
Die Feldst�rke besitzt damit den folgenden Betrag:
E ¼ j ~EE j ¼ 200ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið� 3Þ 2 þ 12 þ 22
qVm¼ 748,3
Vm
F�r die Richtungswinkel a, b und g des Feldst�rkevektors ~EE mit den drei Koordinaten-achsen ergeben sich die folgenden Werte:
cos a ¼ Ex
E¼ � 600 V=m
748,3 V=m¼ � 0,8018 ) a ¼ arccos ð� 0,8018Þ ¼ 143,3�
cos b ¼ Ey
E¼ 200 V=m
748,3 V=m¼ 0,2673 ) b ¼ arccos 0,2673 ¼ 74,5�
cos g ¼ Ez
E¼ 400 V=m
748,3 V=m¼ 0,5345 ) g ¼ arccos 0,5345 ¼ 57,7�
Beispiel 16: Fachwerk im statischen Gleichgewicht
Vektoraddition, Vektorprodukt, lineares Gleichungssystem
Das in Bild I-22 dargestellte Fachwerk wird durch die Kr�fte ~FF1, ~FF2 und ~FF3 in der angege-benen Weise belastet. Wie groß sind die Auflagerkr�fte ~FFA und ~FFB und deren Betr�ge FA
und FB im statischen Gleichgewichtszustand [ A1 ]?
a ¼ 5 m ; b ¼ 4 m ; F1 ¼ 20 kN ; F2 ¼ 30 kN ; F3 ¼ 10 kN ; a ¼ 30�
Annahme: Die Komponenten der Auflagerkr�fte wirken jeweils in positiver Richtung.
E = B v×A = E = B v×
B
v
Bild I-21
7) Im Sonderfall ~BB � ~vv ¼ ~00 ist ~EE ¼ ~00. Das Elektron bewegt sich dann parallel zum Magnetfeld und erf�hrtsomit keine Lorentzkraft [ A9 ]. Daher muss auch ~EE verschwinden.
I Vektorrechnung 21
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.2.2, II.3.4.1 und I.5.2 Physikalische Grundlagen: A1
L�sung:Der besseren �bersicht wegen werden bei den Zwischenrechnungen alle Einheiten weggelas-sen (Kraftkomponenten in der Einheit kN, Lagekoordinaten in der Einheit m).
Die Kraftvektoren lauten in der Komponentendarstellung (alle z-Komponenten verschwinden):
~FF1 ¼0
�F1
0
0B@1CA ¼ 0
� 20
0
0B@1CA ,
~FF2 ¼F2 � cos a�F2 � sin a
0
0B@1CA ¼ 30 � cos 30�
� 30 � sin 30�0
0B@1CA ¼ 25,98
� 15
0
0B@1CA ,
~FF3 ¼�F3
0
0
0B@1CA ¼ � 10
0
0
0B@1CA , ~FFA ¼
FAx
FA y
0
0B@1CA , ~FFB ¼
0
FBy
0
0B@1CA
1. Gleichgewichtsbedingung [ A1 ]:P
~FFi ¼ ~00
~FFA þ ~FF1 þ ~FF2 þ ~FF3 þ ~FFB ¼ ~00 )FAx
FAy
0
0B@1CA þ 0
� 20
0
0B@1CA þ 25,98
� 15
0
0B@1CA þ � 10
0
0
0B@1CA þ 0
FBy
0
0B@1CA ¼
¼FAx þ 15,98
FAy þ FBy � 35
0
0B@1CA ¼ 0
0
0
0B@1CA
FAx
Fest-lager A
FAyb b b b
FBy
Gleit-lager B
a aa
a
a
a
2c
Fachwerk
cc
a
F1
F2
F3
x
y
Bild I-22
I Vektorrechnung22
2. Gleichgewichtsbedingung [ A1 ]:P
M!
i ¼ ~00
Bezugspunkt (Pol) ist das Auflager A, d. h. der Nullpunkt des Koordinatensystems. Alle Mo-mente liegen in der z-Richtung, so dass s�mtliche x- und y-Komponenten verschwinden 8).Die ben�tigten Ortsvektoren der Angriffspunkte lauten:
~rr 1 ¼b
c
0
0B@1CA ¼ 4
3
0
0B@1CA , ~rr 2 ¼
2 b
2 c
0
0B@1CA ¼ 8
6
0
0B@1CA , ~rr 3 ¼
3 b
c
0
0B@1CA ¼ 12
3
0
0B@1CA ,
~rrB ¼4 b
0
0
0B@1CA ¼ 16
0
0
0B@1CA
(unter Ber�cksichtigung von c ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � b 2p
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi52 � 42p
¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi25 � 16p ¼ ffiffiffi
9p ¼ 3 nach
dem Satz des Pythagoras, siehe Bild I-22).
Damit erhalten wir aus der 2. Gleichgewichtsbedingung die folgende Vektorgleichung:
M!
1 þ M!
2 þ M!
3 þ M!
B ¼ ð~rr 1 � ~FF1Þ þ ð~rr 2 � ~FF2Þ þ ð~rr 3 � ~FF3Þ þ ð~rrB � ~FFBÞ ¼ ~00
4
3
0
0B@1CA� 0
� 20
0
0B@1CAþ 8
6
0
0B@1CA� 25,98
� 15
0
0B@1CAþ 12
3
0
0B@1CA� � 10
0
0
0B@1CAþ 16
0
0
0B@1CA� 0
FBy
0
0B@1CA ¼
¼0 � 0
0 � 0
� 80 � 0
0B@1CA þ 0 � 0
0 � 0
� 120 � 155,88
0B@1CA þ 0 � 0
0 � 0
0 þ 30
0B@1CA þ 0 � 0
0 � 0
16FBy � 0
0B@1CA ¼
¼0
0
� 80
0B@1CA þ 0
0
� 275,88
0B@1CA þ 0
0
30
0B@1CA þ 0
0
16FBy
0B@1CA ¼
¼0
0
� 325,88 þ 16FBy
0B@1CA ¼ 0
0
0
0B@1CA
Berechnung der Auflagerkr�fteAus den beiden vektoriellen Gleichgewichtsbedingungen erhalten wir drei skalare Gleichungen:
(I) FAx þ 15,98 ¼ 0 ) FAx ¼ � 15,98
(II) FAy þ FBy � 35 ¼ 0 ) FAy ¼ 14,63"
(III) 16FBy � 325,88 ¼ 0 ) FBy ¼ 20,37"
8) Alle Kraft- und Ortsvektoren liegen in der x, y-Ebene, die erzeugten Momente stehen somit senkrecht auf dieserEbene und haben nur eine z-Komponente (die folgende Rechnung wird diese Aussage best�tigen).
I Vektorrechnung 23
Dieses bereits gestaffelte lineare Gleichungssystem wird von unten nach oben gel�st (Pfeil-richtung) und besitzt unter Ber�cksichtigung der Einheiten die eindeutige L�sung
FAx ¼ � 15,98 kN , FAy ¼ 14,63 kN , FBy ¼ 20,37 kN
Die Auflagerkr�fte haben somit die folgenden Betr�ge:
FA ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF 2A x þ F 2
A y þ 02q
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið� 15,98Þ 2 þ 14,632 þ 02
qkN ¼ 21,67 kN ,
FB ¼ FBy ¼ 20,37 kN
Beispiel 17: Komplanare Kraftvektoren
Vektoraddition, Richtungswinkel, Spatprodukt
An einem Massenpunkt greifen gleichzeitig die drei folgenden Kr�fte an:
~FF1 ¼5
� 2
1
0B@1CA N , ~FF2 ¼
� 2
1
4
0B@1CA N , ~FF3 ¼
11
� 4
11
0B@1CA N
a) Bestimmen Sie den Betrag FR und die drei Richtungswinkel a, b und g der resultieren-den Kraft ~FFR.
b) Zeigen Sie: Die drei Einzelkr�fte liegen in einer Ebene, sind demnach komplanar.
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.2.2, II.3.3.3 und II.3.5
L�sung:a) Die resultierende Kraft lautet in der Komponentendarstellung wie folgt:
~FFR ¼ ~FF1 þ ~FF2 þ ~FF3 ¼5
� 2
1
0B@1CA N þ
� 2
1
4
0B@1CA N þ
11
� 4
11
0B@1CA N ¼
¼5 � 2 þ 11
� 2 þ 1 � 4
1 þ 4 þ 11
0B@1CA N ¼
14
� 5
16
0B@1CA N
Der Betrag dieser Kraft ist
FR ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi142 þ ð� 5Þ 2 þ 162
qN ¼ 21,84 N
I Vektorrechnung24
F�r die drei Richtungswinkel ergeben sich folgende Werte:
cos a ¼ FRx
FR¼ 14 N
21,84 N¼ 0,6410 ) a ¼ arccos 0,6410 ¼ 50,1�
cos b ¼ FRy
FR¼ � 5 N
21,84 N¼ � 0,2289 ) b ¼ arccos ð� 0,2289Þ ¼ 103,2�
cos g ¼ FRz
FR¼ 16 N
21,84 N¼ 0,7326 ) g ¼ arccos 0,7326 ¼ 42,9�
b) Die drei Einzelkr�fte liegen in einer Ebene, wenn ihr Spatprodukt verschwindet: Dies istder Fall, da
½ ~FF1 ~FF2 ~FF3 ¼5 � 2 1
� 2 1 4
11 � 4 11
N ¼ 0 N
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}Determinante D¼ 0
Die Berechnung der Determinante erfolgt dabei nach der Regel von Sarrus:
–5 –2 –1 –5 –2– 2 –1 –4 –111 –4 11 11 –4
– 2
D ¼ 55 � 88 þ 8 � ð11 � 80 þ 44Þ ¼ � 25 � ð� 25Þ ¼ � 25 þ 25 ¼ 0
Beispiel 18: Spannungsstoß in einer Leiterschleife infolgeelektromagnetischer Induktion
Vektor- und Spatprodukt
Eine dreieckige Leiterschleife mit den Ecken P 1, P 2 undP 3 wird von einem homogenen Magnetfeld mit der mag-netischen Flussdichte ~BB durchflutet (Bild I-23). Wie großist der Spannungsstoß
ÐU dt, der durch Induktion in der
Leiterschleife beim Einschalten des Magnetfeldes zur Zeitt ¼ 0 entsteht?
P 1 ¼ ð0,2; 0; 0Þm ; P 2 ¼ ð0; 0,3; 0Þm ;
P 3 ¼ ð0; 0; 0,1Þm ; ~BB ¼0
0
10
0B@1CA Vs
m2
Leiterschleife
P2
P1
P3
x
a =P
P1
2
b=P
P1
3
B
A
y
z
Bild I-23
I Vektorrechnung 25
L�sungshinweis: Berechnen Sie zun�chst den magnetischen Fluss F ¼ ~BB � ~AA [ A11 ] durchdie Leiterschleife und daraus mit Hilfe des Induktionsgesetzes [ A12 ] den Spannungsstoß.
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1 und II.3.5 Physikalische Grundlagen: A11, A12
L�sung:Wir bestimmen zun�chst den Fl�chenvektor ~AA , der zur Dreiecksfl�che senkrecht orientiertist und dessen L�nge (Betrag) dem Fl�cheninhalt A des Dreiecks entspricht 9). Bild I-24zeigt das aus den Seitenvektoren
~aa ¼ P 1 P 2���! ¼ 0 � 0,2
0,3 � 0
0 � 0
0B@1CAm ¼
� 0,2
0,3
0
0B@1CAm
und
~bb ¼ P 1 P 3���! ¼ 0 � 0,2
0 � 0
0,1 � 0
0B@1CAm ¼
� 0,2
0
0,1
0B@1CAm
konstruierte Parallelogramm. Es enth�lt das gegebene Dreieck P 1 P 2 P 3 und ist von doppel-ter Fl�che.
Der Fl�cheninhalt des Parallelogramms ist andererseits durch den Betrag des Vektorproduktes~aa � ~bb gegeben. Dieser Vektor steht definitionsgem�ß senkrecht zur Paralleloberfl�che und so-mit auch senkrecht zur Fl�che des Dreiecks P 1 P 2 P 3. Der gesuchte Vektor ~AA ist daherdem Vektorprodukt ~aa � ~bb parallel, besitzt jedoch nur die halbe L�nge:
~AA ¼ 12ð~aa � ~bb Þ
Damit erhalten wir f�r den magnetischen Fluss [ A11 ]
F ¼ ~BB � ~AA ¼ 12
~BB � ð~aa � ~bb Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}Spatprodukt ½ ~BB~aa ~bb
¼ 12½ ~BB ~aa ~bb
Aus dem Induktionsgesetz [ A12 ] folgt zun�chst U dt ¼ dF und nach beidseitiger Integrati-on
ÐU dt ¼ F. Der Spannungsstoß betr�gt somit
ðU dt ¼ F ¼ 1
2½ ~BB ~aa ~bb ¼ 1
2
0 0 10
� 0,2 0,3 0
� 0,2 0 0,1
Vsm2
m2 ¼ 12� 0,6 Vs ¼ 0,3 Vs
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}Determinante D¼ 0,6
P2
P1
P3
ab
Bild I-24
9) Der Vektor ~AA ist ein Normalenvektor der Ebene, die das Dreieck P 1 P 2 P 3 enth�lt.
I Vektorrechnung26
Die Determinante D wurde dabei nach der Regel von Sarrus berechnet:
10 0 0 0
–0,2 0,3 0 –0,2 0,3
–0,2 0 0,1 –0,2 0
10
D ¼ 0 þ 0 þ 0 � ð� 0,6 þ 0 þ 0Þ ¼ 0,6
Beispiel 19: Bewegung von Ladungstr�gern in einem Magnetfeld
Ableitungen eines Vektors, Skalar- und Spatprodukt
Elektronen, die schief, d. h. unter einem spitzen oder stumpfen Winkel gegen die Feldrichtungin ein homogenes Magnetfeld eingeschlossen werden, bewegen sich auf einer schrauben-linienf�rmigen Bahn, die durch den zeitabh�ngigen Orts-vektor
~rr ðtÞ ¼R � cos ðw tÞR � sin ðw tÞ
c t
0B@1CA , t � 0
beschrieben werden kann (Bild I-25; die magnetischenFeldlinien verlaufen parallel zur z-Achse).
a) Bestimmen Sie den Geschwindigkeitsvektor ~vv ðtÞ sowieden Beschleunigungsvektor ~aa ðtÞ und zeigen Sie die be-sonderen Eigenschaften dieser Vektoren.
b) Welche Arbeit W verrichtet die im Magnetfeld mit derFlussdichte ~BB auf das Elektron einwirkende Lorentz-kraft ~FFL ¼ � e ð~vv � ~BB Þ an diesem?
e : Elementarladung; R > 0, c > 0
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.3.1, II.3.4.1, II.3.5 und Bd. 3, I.1.2 Physikalische Grundlagen: A9
L�sung:a) Durch ein- bzw. zweimaliges Differenzieren des Ortsvektors ~rr ðtÞ nach dem Zeitparameter t
mit Hilfe der Kettenregel erhalten wir die gesuchten Vektoren. Sie lauten:
~vv ðtÞ ¼ ddt
~rr ðtÞ ¼ ddt
R � cos ðw tÞR � sin ðw tÞ
c t
0B@1CA ¼ �wR � sin ðw tÞ
wR � cos ðw tÞc
0B@1CA
0
R
B
yx
z
Elektron
Bild I-25
I Vektorrechnung 27
~aa ðtÞ ¼ ddt
~vv ðtÞ ¼ ddt
�wR � sin ðw tÞwR � cos ðw tÞ
c
0B@1CA ¼ �w 2 R � cos ðw tÞ
�w 2 R � sin ðw tÞ0
0B@1CA ¼
¼ �w 2 R
cos ðw tÞsin ðw tÞ
0
0B@1CA
Wir zeigen noch, dass beide Vektoren zeitunabh�ngige Betr�ge besitzen, d. h. Geschwin-digkeit ~vv und Beschleunigung ~aa bleiben w�hrend der gesamten Bewegung betragsm�ßigkonstant, �ndern aber laufend ihre Richtung:
j~vv j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½ �wR � sin ðw tÞ 2 þ ½wR � cos ðw tÞ 2 þ c 2
q¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2 R 2 � sin 2 ðw tÞ þ w 2 R 2 � cos 2 ðw tÞ þ c 2
q¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2 R 2 ½ sin 2 ðw tÞ þ cos2 ðw tÞ þ c 2
q¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2 R 2 þ c 2
p¼ const:|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
j~aa j ¼ w 2 Rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffifficos2 ðw tÞ þ sin 2 ðw tÞ þ 02
q¼ w 2 R
ffiffiffi1p¼ w 2 R � 1 ¼|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
¼ w 2 R ¼ const:
Dar�berhinaus verschwindet die z-Komponente des Beschleunigungsvektors. Der Vektor ~aaliegt daher in einer zur z-Achse senkrechten Ebene und ist stets auf diese Achse gerichtet(Zentripetalbeschleunigung infolge der als Zentripetalkraft wirkenden Lorentz-Kraft!).
b) Im Zeitintervall dt bewegt sich das Elektron in der Tangentenrichtung, d. h. in Richtungdes Geschwindigkeitsvektors ~vv um das Wegelement d~rr ¼ ~vv dt weiter. Die dabei von dereinwirkenden Lorentzkraft verrichtete Arbeit dW ist definitionsgem�ß das Skalarproduktaus Kraft- und Verschiebungsvektor:
dW ¼ ~FFL � d~rr ¼ � e ð~vv � ~BB Þ � ~vv|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}½~vv ~BB ~vv
dt ¼ � e ½~vv ~BB ~vv |fflfflfflffl{zfflfflfflffl}0
dt ¼ 0
ð~vv � ~BB Þ � ~vv ist dabei das Spatprodukt ½~vv ~BB ~vv und dieses verschwindet, da es zwei glei-che Vektoren enth�lt. Die Lorentzkraft verrichtet somit am Elektron keine Arbeit.
I Vektorrechnung28
II Funktionen und Kurven
Beispiel 1: Reihenschaltung aus n gleichen Spannungsquellen
Diskrete Funktion
Bild II-1 zeigt eine Reihenschaltung aus n gleichen Spannungsquellen und einemVerbraucherwiderstand Ra. Jede der Spannungsquellen liefert die konstante Quellenspan-nung Uq und hat den inneren Widerstand Ri.
Bestimmen Sie die Abh�ngigkeit der Stromst�rke I von der Anzahl n der Spannungsquellenund skizzieren Sie den Verlauf dieser diskreten Funktion I ¼ I ðnÞ. Gegen welchen Grenzwertstrebt die Stromst�rke I, wenn man die Anzahl der Spannungsquellen beliebig vergr�ßert?
Lehrbuch: Bd. 1, III.4.1.1 Physikalische Grundlagen: A13, A14
L�sung:Wir fassen zun�chst die n gleichen Spannungsquellen zu einerErsatzspannungsquelle mit der Quellenspannung U 0 ¼ nUq
und dem Innenwiderstand R 0 ¼ nR i zusammen [A13 ] (BildII-2). Nach den Kirchhoffschen Regeln der Reihenschaltung[ A13 ] betr�gt der Gesamtwiderstand der Schaltung
Rg ¼ R 0 þ Ra ¼ nR i þ Ra
F�r die Stromst�rke I erh�lt man damit nach dem OhmschenGesetz [ A14 ]
I ¼ I ðnÞ ¼ U 0
Rg¼ nUq
nR i þ Ra
n ist dabei eine diskrete Variable, die nur positive ganzzahlige Werte annehmen kann:n ¼ 1, 2, 3, . . . Diese diskrete Funktion (Punktfolge) strebt f�r n ! 1 gegen den folgen-den Grenzwert:
29
1. Quelle 2. Quelle n-te Quelle
Uq Uq UqRi Ri Ri
+ + +– – –
RaIBild II-1
U0 R0
+ –
RaI
Bild II-2
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_2
Imax ¼ limn!1
nUq
nR i þ Ra
� �¼ lim
n!1Uq
R i þ Ra
n
0BB@1CCA ¼ Uq
R i þ 0¼ Uq
R i
(sog. Kurzschlussstrom, man erh�lt ihn f�r Ra ¼ 0, d. h. bei fehlendem Verbraucherwider-stand Ra).
Bild II-3 zeigt den Verlauf dieser streng monotonwachsenden Funktion.
Beispiel 2: Zeitversetzter freier Fall zweier Kugeln
Lineare Funktion
Zwei Kugeln fallen im luftleeren Raum im zeitlichen Abstand von 2 s aus gleicher H�he undjeweils aus der Ruhe heraus. Wie ver�ndert sich der Abstand d der beiden Kugeln im Laufeder Zeit t? Skizzieren Sie den Verlauf dieser Weg-Zeit-Funktion. Welchen Abstand voneinan-der haben die Kugeln nach 5 s gemeinsamer Fallzeit?
Erdbeschleunigung: g � 10 m=s 2
Lehrbuch: Bd. 1, III.5.2 Physikalische Grundlagen: Al7
L�sung:Den von der ersten Kugel bis zum Startpunkt der zweiten Kugel zur�ckgelegten Weg und diedabei erreichte Geschwindigkeit erhalten wir aus den Fallgesetzen [ A17 ]
s ðtÞ ¼ 12
g t 2 und v ðtÞ ¼ g t
zu
s ð2 sÞ ¼ 12� 10 m
s2� ð2 sÞ 2 ¼ 20 m und v ð2 sÞ ¼ 10
ms2� 2 s ¼ 20
ms
n
I
5 10 15
Imax
Bild II-3
II Funktionen und Kurven30
Die zweite Kugel startet zur Zeit t ¼ 0 1). Bild II-4 zeigt Lage und Geschwindigkeit beiderKugeln zu diesem Zeitpunkt.
Kugel 1: s 1 ð0Þ ¼ 20 m Kugel 2: s 2 ð0Þ ¼ 0 m
v 1 ð0Þ ¼ 20ms
v 2 ð0Þ ¼ 0ms
Kugel 1 f�hrt eine Fallbewegung mit der Anfangsgeschwindigkeit v 0 ¼ v 1 ð0Þ ¼ 20ms
und
der Anfangslage s 0 ¼ s 1 ð0Þ ¼ 20 m aus. Der in den folgenden t Sekunden zur�ckgelegteWeg wird nach der Gleichung
s 1 ðtÞ ¼ 12
g t 2 þ v 0 t þ s 0 ¼ 5ms2� t 2 þ 20
ms� t þ 20 m
berechnet. In der gleichen Zeit hat Kugel 2 den Weg
s 2 ðtÞ ¼ 12
g t 2 ¼ 5ms2� t 2
zur�ckgelegt. Der Abstand beider Kugeln zu diesem Zeitpunkt betr�gt somit
d ¼ d ðtÞ ¼ s 1 ðtÞ � s 2 ðtÞ ¼
¼ 5ms2� t 2 þ 20
ms� t þ 20 m � 5
ms2� t 2 ¼ 20
ms� t þ 20 m
und nimmt daher im Laufe der Zeit linear zu (Bild II-5).Nach 5 s gemeinsamer Fallzeit betr�gt der Abstand
d ð5 sÞ ¼ 20ms� 5 s þ 20 m ¼
¼ ð100 þ 20Þm ¼ 120 m
sm
20
Kugel 1 Kugel 2
v0
Bild II-4
dm
ts
100
80
60
40
20
1 2 3 4
Bild II-5
1) Wir beginnen mit der Zeitmessung von neuem.
II Funktionen und Kurven 31
Beispiel 3: Zugspannung in einem rotierenden Stab
Quadratische Funktion
Ein homogener zylindrischer Stab der L�nge l rotiert nach Bild II-6 mit der konstanten Win-kelgeschwindigkeit w um die eingezeichnete Achse.
a) Bestimmen Sie die durch die Zentrifugalkr�fte hervorgerufene Zugspannung s an einerbeliebigen Schnittstelle x und skizzieren Sie den Spannungsverlauf l�ngs des Stabes.
b) An welcher Schnittstelle erreicht die Zug-spannung ihren Maximalwert?
c) Welchen Wert darf die Winkelgeschwin-digkeit nicht �berschreiten, wenn die ausmaterialtechnischen Gr�nden h�chstzul�ssigeZugspannung s 0 betr�gt?
A: Querschnittsfl�che des Stabes
r: konstante Dichte des Stabmaterials
Lehrbuch: Bd. 1, III.5.3 Physikalische Grundlagen: A15, A16
L�sung:a) Die an der Schnittstelle x nach außen
wirkende Zentrifugalkraft l�sst sich wiefolgt elementar berechnen. Beitr�ge lie-fern alle rechts von der Schnittstelle lie-genden Massenelemente, d. h. insgesamtder in Bild II-7 dunkelgrau unterlegte Teildes Stabes mit der L�nge l � x und derMasse Dm ¼ r DV ¼ rA ðl � xÞ.
Der Schwerpunkt dieses Teilst�ckes liegt aus Symmetriegr�nden genau in der Mitte, d. h.an der Stelle
xS ¼ x þ l � x2¼ 2 x þ l � x
2¼ x þ l
2¼ 1
2ðl þ xÞ
Die in dem Schwerpunkt S angreifende Zentrifugalkraft [ A15 ] betr�gt somit
FZ ¼ Dm w 2 xS ¼ rA ðl � xÞ w 2 � 12ðl þ xÞ ¼ 1
2rAw 2 ðl � xÞ ðl þ xÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
3: Binom
¼
¼ 12rAw 2 ðl 2 � x 2Þ
y
x
l
A
v
s
Schnittstelle
Drehachse
Stab
Bild II-6
y
vDrehachse
xx
xs l
l – x
S FzA
Bild II-7
II Funktionen und Kurven32
F�r die Zugspannung an der Stelle x erhalten wir damit definitionsgem�ß [A16 ]
s ðxÞ ¼ FZ
A¼
12rAw 2 ðl 2 � x 2Þ
A¼ 1
2rw 2 ðl 2 � x 2Þ , 0 x l
Die Zugspannung nimmt daher von der Drehachse aus nachaußen hin nach einer quadratischen Funktion ab (para-belf�rmiger Verlauf nach Bild II-8).
b) Die Zugspannung erreicht ihren gr�ßten Wert an der Stellex ¼ 0, d. h. in der Drehachse:
smax ¼ s ð0Þ ¼ 12rw 2 l 2
c) Die maximale Zugspannung smax in der Drehachse darf denh�chstzul�ssigen Wert s 0 nicht �berschreiten:
smax s 0 , d: h:12rw 2 l 2 s 0
Aus dieser Bedingung erhalten wir f�r die Winkelgeschwindigkeit w den Maximalwert
wmax ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2s 0
r l 2
s
der nicht �berschritten werden darf.
Beispiel 4: Sortiervorrichtung
Parameterdarstellung, quadratische Funktion
Bild II-9 zeigt das Prinzip einer einfachen Sortier-vorrichtung. Eine Kugel verl�sst im Punkt A ihre(waagerechte) Bahn mit der Horizontalgeschwin-
digkeit v 0 ¼ 1ms
und soll den im Punkt
B ¼ ðx 0; y 0Þ postierten Beh�lter erreichen. Anwelcher Stelle x 0 muss dieser Beh�lter stehen,wenn die H�hendifferenz y 0 ¼ 1 m betr�gt?
x
y
y
v0 v0A x x0
y0
Behälter
B = ( x ; y )0 0
xl
s
smax
Bild II-8
Bild II-9
II Funktionen und Kurven 33
L�sungshinweis: Behandeln Sie die Bewegung als einen waagerechten Wurf im luftleerenRaum mit der Erd- oder Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m=s 2:
Lehrbuch: Bd. 1, III.1.2.4 und III.5.3 Physikalische Grundlagen: A17
L�sung:Die Kugel beschreibt eine sog. Wurfparabel mit der Parameterdarstellung
x ¼ v 0 t , y ¼ 12
g t 2 ðt � 0 : ZeitparameterÞ
(in x-Richtung: Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit v 0; in y-Richtung: freier Fall[ A17 ]). Wir l�sen die erste Gleichung nach dem Zeitparameter t auf und setzen den gefun-denen Ausdruck t ¼ x=v 0 in die zweite Gleichung ein:
y ¼ 12
g t 2 ¼ 12
gxv 0
� � 2
¼ 12
g � x2
v 20
¼ g
2 v 20
� x 2 , x � 0
Dies ist die Gleichung der Bahnkurve der Kugel in expliziter Form. F�r den auf dieser Kurveliegenden Punkt B ¼ ðx 0; y 0Þ gilt somit
y 0 ¼ g
2 v 20
� x 20
Aus dieser Beziehung erhalten wir f�r die gesuchte Ortskoordinate x 0 den folgenden Wert:
x 0 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 v 2
0 y 0
g
vuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � ð1 m=sÞ 2 � 1 m
9,81 m=s 2
vuut ¼ 0,45 m
Beispiel 5: Aufeinander abrollende Zahnr�der (Epizykloide)
Parameterdarstellung einer Kurve
Bild II-10 zeigt in vereinfachter Darstellung ein in der Getriebelehre h�ufig auftretendes Pro-blem: Auf der Außenseite eines (festen) Zahnrades mit dem Radius R 0 „rollt“ ein zweitesZahnrad mit dem Radius R ab.
a) Wie lautet die Parameterdarstellung der als Epizykloide bezeichneten Kurve, die ein PunktP auf dem Umfang des abrollenden Zahnrades bei dieser Bewegung beschreibt? DerPunkt P soll sich dabei zu Beginn der Abrollbewegung in der Position P 0 befinden, alsParameter w�hle man den sog. Drehwinkel t.
b) Zeichnen Sie die Epizykloide f�r R 0 ¼ 3 und R ¼ 1 im Winkelbereich 0� t 360�
(entspricht einem vollen Umlauf) mit der Schrittweite Dt ¼ 10�.
II Funktionen und Kurven34
t: Drehwinkel
a: W�lzwinkel
Lehrbuch: Bd. 1, III.1.2.4
L�sung:a) Zwischen den Koordinaten des Punktes P ¼ ðx; yÞ und den Koordinaten des Mittelpunk-
tes M ¼ ðu; vÞ des abrollenden Zahnrades besteht der folgende Zusammenhang:
ðIÞ x ¼ u þ CD ¼ u þ MA , y ¼ v � PA
Die Koordinaten u und v lassen sich dabei aus dem rechtwinkligen Dreieck OCM be-stimmen. Aus
cos t ¼ OC
OM¼ u
R 0 þ Rund sin t ¼ CM
OM¼ v
R 0 þ R
folgt dann
ðIIÞ u ¼ ðR 0 þ RÞ � cos t und v ¼ ðR 0 þ RÞ � sin tDie Strecken MA und PA erhalten wir aus dem rechtwinkligen Dreieck AMP. Es gilt
sin b ¼ PA
PM¼ PA
Rund cos b ¼ MA
PM¼ MA
R
und somit
PA ¼ R � sin b und MA ¼ R � cos b
x
y
RM A
By
v
ux
P0 DC
R0
t
t0
a
b
abrollendes Zahnrad
festes Zahnrad
P
Bild II-10
II Funktionen und Kurven 35
Aus
a þ b þ t ¼ 180� und somit b ¼ 180� � ða þ tÞfolgt weiter unter Verwendung der Additionstheoreme (siehe Formelsammlung, AbschnittIII.7.6.1)
PA ¼ R � sin b ¼ R � sin ½ 180� � ða þ tÞ ¼¼ R ½ sin 180�|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
0
� cos ða þ tÞ � cos 180�|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}� 1
� sin ða þ tÞ ¼ R � sin ða þ tÞ
MA ¼ R � cos b ¼ R � cos ½ 180� � ða þ tÞ ¼¼ R ½ cos 180�|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
� 1
� cos ða þ tÞ þ sin 180�|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}0
� sin ða þ tÞ ¼ �R � cos ða þ tÞ
Drehwinkel t und W�lzwinkel a sind dabei noch �ber die sog. Abrollbedingung_ _P 0 B ¼ PB , d: h: R 0 t ¼ Ra
miteinander verkn�pft (die beiden B�gen sind in Bild II-10 dick gezeichnet). Somit ist
a ¼ R 0
Rt und a þ t ¼ R 0
Rt þ t ¼ R 0
Rþ 1
� �t ¼ R 0 þ R
Rt
F�r die Strecken PA und MA folgt dann
ðIIIÞ PA ¼ R � sin R 0 þ RR
t
� �, MA ¼ �R � cos R 0 þ R
Rt
� �Wir setzen die Beziehungen (II) und (III) in die Gleichungen (I) ein und erhalten diegew�nschte Parameterdarstellung in der Form
x ¼ x ðtÞ ¼ u þ MA ¼ ðR 0 þ RÞ � cos t � R � cos R 0 þ RR
t
� �y ¼ y ðtÞ ¼ v � PA ¼ ðR 0 þ RÞ � sin t � R � sin R 0 þ R
Rt
� � ðt � 0Þ
b) Die Parametergleichungen lauten mit den vorgegebenen Werten der beiden Radien wiefolgt:
x ðtÞ ¼ 4 � cos t � cos ð4 tÞy ðtÞ ¼ 4 � sin t � sin ð4 tÞ
ð0� t 360�Þ
II Funktionen und Kurven36
Wertetabelle (Schrittweite: Dt ¼ 10�)
t 0� 10� 20� 30� 40� 50� 60� 70� 80� 90�
x 3 3,17 3,59 3,96 4,00 3,51 2,50 1,19 � 0,07 � 1
y 0 0,05 0,38 1,13 2,23 3,41 4,33 4,74 4,58 4
t 100� 110� 120� 130� 140� 150� 160� 170� 180� 190�
x � 1,46 � 1,54 � 1,50 � 1,63 � 2,12 � 2,96 � 3,93 � 4,71 � 5 � 4,71
y 3,30 2,77 2,60 2,72 2,91 2,87 2,35 1,34 0 � 1,34
t 200� 210� 220� 230� 240� 250� 260� 270� 280� 290�
x � 3,93 � 2,96 � 2,12 � 1,63 � 1,50 � 1,54 � 1,46 � 1 � 0,07 1,19
y � 2,35 � 2,87 � 2,91 � 2,72 � 2,60 � 2,77 � 3,30 � 4 � 4,58 � 4,74
t 300� 310� 320� 330� 340� 350� 360�
x 2,50 3,51 4,00 3,96 3,59 3,17 3
y � 4,33 � 3,41 � 2,23 � 1,13 � 0,38 � 0,05 0
Wir erhalten die in Bild II-11 dargestellteaus drei deckungsgleichen B�gen beste-hende geschlossene Kurve (Epizykloide).
x
Epizykloidey
R= 3
0
R = 1
P
P0
t
Bild II-11
II Funktionen und Kurven 37
Beispiel 6: Fallbeschleunigung innerhalb und außerhalb eines Erdkanals
Lineare Funktion, gebrochenrationale Funktion
Bild II-12a) zeigt die Erdkugel mit einem durch den Erdmittelpunkt verlaufenden Kanal. Wel-che Fallbeschleunigung (Erdbeschleunigung) g erf�hrt eine Masse m, die sich
a) außerhalb des Erdkanals,
b) innerhalb des Erdkanals befindet in Abh�ngigkeit von der augenblicklichen Position, d. h.dem Abstand r zwischen der Masse und dem Erdmittelpunkt 0?
c) Skizzieren Sie den funktionalen Zusammenhang zwischen der Fallbeschleunigung g undder Relativkoordinate x ¼ r=R im Bereich 0 x < 1 .
R: Erdradius
g 0 : Erdbeschleunigungan der Erdoberfl�che
M: Erdmasse
L�sungshinweis: Verwenden Sie das Gravitationsgesetz [ A18 ]. Befindet sich die Masse minnerhalb des Erdkanals, so kommt f�r die Gravitation nur der in Bild II-12b) grau unterlegteTeil der Erdkugel zur Wirkung (konzentrische Kugel vom Radius r). Die Erdkugel selbstwird als ein homogener K�rper mit der konstanten Dichte r angesehen.
Lehrbuch: Bd. 1, III.5.2 und III.6 Physikalische Grundlagen: A18
L�sung:a) Die Gewichtskraft ist gleich der Gravitationskraft [ A18 ]. Daher gilt f�r r � R (also au-
ßerhalb der Erdkugel)
mg ¼ g � mMr 2
und somit g ¼ g ðrÞ ¼ g � Mr 2¼ gM � 1
r 2, r � R
Die Fallbeschleunigung nimmt außerhalb der Erdkugel umgekehrt proportional zumQuadrat der Entfernung r vom Erdmittelpunkt nach außen hin ab (siehe hierzu auchBild II-13).
Erdkanal Erdkanal
mmRR
0 0
r r
r
M*
a) b)Erdkugel (Masse M) Erdkugel (Masse M)Bild II-12
II Funktionen und Kurven38
b) Innerhalb des Erdkanals ist die Erdmasse M durch die Masse M * der in Bild II-12b)grau unterlegten konzentrischen Kugel zu ersetzen. Diese Masse berechnet sich wie folgt:
M * ¼ rV * ¼ r � 43p r 3 ¼ r � 4
3p R 3|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}
M
� r3
R 3¼ M r 3
R 3ðmit R 3 erweitertÞ
Sie ist noch abh�ngig vom Abstand r ð0 r RÞ. F�r die Fallbeschleunigung im Erd-kanal erhalten wir damit in Abh�ngigkeit von der Abstandskoordinate den funktionalenZusammenhang
g ðrÞ ¼ gM * � 1r 2¼ g � M r 3
R 3� 1r 2¼ gM
R 3� r , 0 r R
Im Erdkanal w�chst demnach die Fallbeschleunigung g proportional mit dem Abstand r(siehe Bild II-13).
c) Die Funktion g ¼ g ðrÞ wird somit f�r r � 0 durch die Gleichungen
g ðrÞ ¼
gMR 3� r 0 r R
fur
gM � 1r 2
R r < 1
8>>>><>>>>:
9>>>>=>>>>;beschrieben. Mit der Relativkoordinate x ¼ r=R wird hieraus unter Ber�cksichtigung von
g 0 ¼ g ðRÞ ¼ gMR 2
die Funktion
g ðxÞ ¼g 0 � x 0 x 1
fur
g 0 � 1x 2
1 x < 1
8>><>>:9>>=>>;
Nebenrechnung:
g ¼ gMR 3� r ¼ gM
R 2� rR¼ g 0 � x|{z} |{z}
g 0 x
g ¼ gM � 1r 2¼ gM
R 2� R
2
r 2¼ g 0 � R
r
� � 2
¼ g 0 � 1x
� �2
¼ g 0 � 1x 2|{z} |{z}
g 0 1=x
II Funktionen und Kurven 39
Die Erdbeschleunigung erreicht ihren Maximalwert g 0 an der Erdoberfl�che, d. h. f�rx ¼ 1: g ð1Þ ¼ g 0 .
Der Funktionsverlauf ist in Bild II-13 dargestellt.
Beispiel 7: Verteilung der Stromdichte in einem stromdurchflossenenHohlzylinder
Gebrochenrationale Funktion
Bild II-14 zeigt im Querschnitt einen Hohlzylinder derL�nge l mit dem Innenradius r i und dem Außenradiusr a. Durch das leitende Zylindermaterial fließt dabei voninnen nach außen ein konstanter Strom der St�rke I. Be-stimmen und skizzieren Sie den Verlauf der Stromdichte Sin radialer Richtung.
Lehrbuch: Bd. 1, III.6 Physikalische Grundlagen: A19
L�sung:Aus Symmetriegr�nden verl�uft das elektrische Feld im Zylindermaterial axialsymmetrisch.Der Betrag des Stromdichtevektors ~SS kann daher nur vom Abstand r zur Symmetrieachsedes Leiters abh�ngen: S ¼ S ðrÞ. Durch jede zum Zylindermantel konzentrische Zylinderfl�-che fließt der gleiche Strom I. Dies gilt somit auch f�r den in Bild II-14 gestrichelt gezeich-neten konzentrischen Zylinder mit dem Radius r und der Mantelfl�che A ¼ 2p r l.
x
g
g ~ x
g0
1 2 3
Innerhalb
des Erd-kanals
Außerhalb
des Erdkanals
1
x 2g ~
Bild II-13
r a
r i
r
Leitender Hohlzylinder
S
S
S S
Bild II-14
II Funktionen und Kurven40
Die Stromdichte S ðrÞ betr�gt daher an dieserStelle definitionsgem�ß [ A19 ]
S ðrÞ ¼ IA¼ I
2p r l¼ I
2p l� 1r,
r i r r a
und nimmt somit von innen nach außen ab.
Bild II-15 zeigt den Verlauf dieser gebrochenratio-nalen Stromdichtefunktion.
Beispiel 8: Kapazit�t eines Kondensatorsmit geschichtetemDielektrikum
Gebrochenrationale Funktion
Bild II-16 zeigt einen Plattenkondensator mit einem ge-schichteten Dielektrikum.
a) Welche Kapazit�t C besitzt der Kondensator in Abh�n-gigkeit von der Schichtdicke x des eingebrachten Di-elektrikums? Skizzieren Sie diese Funktion.
b) Untersuchen Sie die Sonderf�lle (Grenzf�lle) x ¼ 0und x ¼ d .
A : Plattenfl�che; d: Plattenabstand; e: Dielektrizit�tskons-tante; e 0 : elektrische Feldkonstante
Lehrbuch: Bd. 1, III.6 Physikalische Grundlagen: A20, A21
L�sung:a) Wir k�nnen den Kondensator als eine Reihenschaltung zweier Kondensatoren I und II an-
sehen. Diese besitzen dann folgende Kapazit�ten [ A20 ]:
Kondensator I : C 1 ¼ e 0 eAx
(Plattenabstand: x)
Kondensator II : C 2 ¼ e 0 Ad � x
(Plattenabstand: d � x)
r
S
r ar i
S i
S a
1r
S ~
Bild II-15
Dielektrikum> 1e
Luft( = 1)e
d
x d – x
I II
Bild II-16
II Funktionen und Kurven 41
Bei Reihenschaltung gilt f�r die Gesamtkapazit�t C nach [ A21]
1C¼ 1
C 1þ 1
C 2¼ C 2 þ C 1
C 1 C 2¼ C 1 þ C 2
C 1 C 2oder C ¼ C 1 C 2
C 1 þ C 2
Wir erhalten daher
C ¼ C ðxÞ ¼e 0 eAx� e 0 Ad � x
e 0 eAxþ e 0 A
d � x
¼e 20 eA
2
x ðd � xÞe 0 A ½ e ðd � xÞ þ x
x ðd � xÞ¼ e 0 eA
e ðd � xÞ þ x
Die Abh�ngigkeit der Gesamtkapazit�t C ðxÞvon der Schichtdicke x ist somit durch dieecht gebrochenrationale Funktion
C ðxÞ ¼ e 0 eAe ðd � xÞ þ x
, 0 x d
gegeben (siehe Bild II-17).
b) Sonderfall x ¼ 0: C ð0Þ ¼ e 0 eAe d
¼ e 0 Ad
Dieser Fall entspricht einem Kondensator ohne Dielektrikum, die Kapazit�t erreicht ihrenkleinsten Wert (siehe Bild II-17).
Sonderfall x ¼ d : C ðdÞ ¼ e 0 eAd¼ e
e 0 Ad¼ e � C ð0Þ ðmit e > 1Þ
Der Kondensator ist vollst�ndig mit dem Dielektrikum ausgef�llt und erreicht somit seinengr�ßten Kapazit�tswert (siehe Bild II-17).
Beispiel 9: Magnetfeld in der Umgebung einer stromdurchflossenenelektrischen Doppelleitung
Gebrochenrationale Funktionen
Bild II-18 zeigt im Querschnitt eine stromdurchflossene elektrische Doppelleitung, bestehendaus zwei langen parallelen Leitern (Dr�hten) L 1 und L 2 mit konstanter Querschnittsfl�che.Der Durchmesser der Leiter soll dabei gegen�ber dem Leiterabstand d ¼ 2 a vernachl�ssigbarklein sein. Die Str�me in den beiden Leitungen haben die gleiche St�rke I, fließen jedoch inentgegengesetzte Richtungen.
x
C(d)
C(0)
d
C
Bild II-17
II Funktionen und Kurven42
Bestimmen Sie den Verlauf der magnetischenFeldst�rke H
a) l�ngs der Verbindungslinie der beiden Leiter-querschnitte (x-Achse),
b) l�ngs der Mittelsenkrechten dieser Verbin-dungsstrecke ( y-Achse).
Die Str�me fließen parallel zur z-Achse (stehtsenkrecht zur Zeichenebene), im Leiter L 1 nachoben, im Leiter L 2 nach unten.
Lehrbuch: Bd. 1, III.6 Physikalische Grundlagen: A4
L�sung:a) Der vom Strom I durchflossene linke Leiter L 1 erzeugt am Ort x, d. h. im Abstand
r 1 ¼ a þ x von seiner Leitermitte ein Magnetfeld der St�rke [ A4 ]
H 1 ðxÞ ¼ I2p r 1
¼ I2p ða þ xÞ
(der Feldvektor ~HH 1 verl�uft parallel zur y-Achse).
An der gleichen Stelle, d. h. im Abstand r 2 ¼ a � x von seiner Leitermitte erzeugt derrechte Leiter L 2 ein Magnetfeld der St�rke [ A4 ]
H 2 ðxÞ ¼ I2p r 2
¼ I2p ða � xÞ
Beide Felder haben gleiche Richtung (parallel zur y-Achse), die Betr�ge ihrer Feldst�rkenaddieren sich somit. Das durch �berlagerung entstandene Magnetfeld besitzt demnach ander Stelle x eine resultierende Feldst�rke vom Betrag
H ðxÞ ¼ H 1 ðxÞ þ H 2 ðxÞ ¼ I2p ða þ xÞ þ
I2p ða � xÞ ¼
¼ I2p
1a þ x
þ 1a � x
�¼ I
2p� a � x þ a þ xða þ xÞ ða � x|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
3: Binom: a 2 � x 2
Þ ¼
¼ I2p� 2 aa 2 � x 2
¼ I ap� 1a 2 � x 2
, j x j 6¼ a
Bild II-19 zeigt den Verlauf dieser achsensymmetrischen und echt gebrochenrationalenFunktion.
xx
y
r = a + x1 r = a – x2
L1 L2
–a a
H = H + H1 2
H1
H2
Bild II-18
II Funktionen und Kurven 43
Zwischen den beiden Leitern nimmt die Feldst�rke in Richtung Leiter zu, wird dann anden Orten der Leiter, d. h. den Stellen x 1 ¼ � a und x 2 ¼ a unendlich groß (Polstel-len!) und f�llt dann nach außen hin gegen Null ab, wobei sich gleichzeitig die Richtungdes Feldst�rkevektors umkehrt (die Richtung von ~HH beschreiben wir durch das Vorzei-chen: H > 0 f�r j x j < a, H < 0 dagegen f�r j x j > a; siehe Bild II-20).
b) Die Feldst�rkenvektoren ~HH 1 und ~HH 2 eines Punktes P der y-Achse liegen jetzt spiegel-symmetrisch zur y-Achse, ihre Betr�ge sind somit gleich groß (Bild II-21). Beide Leiterliefern daher (dem Betrage nach) den gleichen Beitrag zur Gesamtfeldst�rke H.
Der resultierende Feldst�rkevektor ~HH liegt in der y-Achse in positiver Richtung. DenBetrag H erhalten wir durch Projektion der Feldst�rkevektoren ~HH 1 und ~HH 2 auf diey-Achse. Diese Projektionen sind nichts anderes als die y-Komponenten H 1 y und H 2 y
der Vektoren ~HH 1 und ~HH 2, wobei aus Symmetriegr�nden H 1 y ¼ H 2 y ist (die Kom-ponenten in Richtung der x-Achse heben sich auf). Somit gilt
H ¼ H 1 y þ H 2 y ¼ H 1 y þ H 1 y ¼ 2H 1 y ¼ 2H 1 � cos a(mit H 1 y ¼ H 1 � cos a, siehe Vektorparal-lelogramm aus ~HH 1 und ~HH 2 in Bild II-21).
Die Feldst�rke H 1 betr�gt nach [A4 ]
H 1 ¼ I2p r 1
Aus dem rechtwinkligen Dreieck L 1 OP inBild II-21 entnehmen wir die Beziehungen
cos a ¼ ar 1
und r 21 ¼ a 2 þ y 2
x
H
L1 L2
–a a
IapH =
Bild II-19 Bild II-20
Bild II-21
x
y
yL1 L2
–a aaa
HH = H1y 2y
H1 H2
r 1 r 2
a a
a a
P
0
x
y
H
HH
L1 L2
–a a
II Funktionen und Kurven44
Damit erhalten wir f�r den Betrag H der magnetischen Feldst�rke ~HH l�ngs der y-Achsedie folgende Abh�ngigkeit von der Koordinate y :
H ¼ H ðyÞ ¼ 2H 1 � cos a ¼ 2 � I2p r 1
� ar 1¼ a I
p� 1r 21¼ a I
p� 1a 2 þ y 2
Bild II-22 zeigt den Verlauf der magneti-schen Feldst�rke l�ngs der y-Achse. DieFunktion H ðyÞ ist spiegelsymmetrischund echt gebrochenrational. Das Maxi-mum liegt bei y ¼ 0, mit zunehmenderEntfernung wird die Feldst�rke kleinerund verschwindet schließlich in großerEntfernung, d. h. f�r y ! �1.
Die Richtung des Feldst�rkevektors ~HHist dabei f�r alle Punkte der y-Achse diegleiche.
Beispiel 10: Kennlinie einer Gl�hlampe
Interpolationsformel von Newton, kubische Funktion,Horner-Schema
Eine Gl�hlampe stellt einen nichtlinearen Widerstand dar, d. h. das Ohmsche Gesetz der Pro-portionalit�t zwischen Spannung U und Stromst�rke I ist hier nicht erf�llt. Aus einer Mes-sung sind die folgenden (I; U)-Wertepaare bekannt:
IA
0 0,1 0,2 0,4
UV
0 21 48 144
Bestimmen Sie aus diesen vier Einzelmessungen ein N�herungspolynom 3. Grades f�r dieKennlinie U ¼ f ðIÞ der Gl�hlampe
a) mit Hilfe der Interpolationsformel von Newton,
b) durch einen geeigneten Ansatz unter Ber�cksichtigung der in diesem Fall vorhandenenspeziellen Symmetrieeigenschaft der Kennlinie.
c) Welcher Spannungsabfall ist nach der unter a) bestimmten Kennlinie bei einer Stromst�rkevon I ¼ 0,3 A zu erwarten (Berechnung mit Hilfe des Horner-Schemas)?
Lehrbuch: Bd. 1, III.5.4, III.5.5 und III.5.6.2
y
HIapH =max
Bild II-22
II Funktionen und Kurven 45
L�sung:a) Der L�sungsansatz nach der Interpolationsformel von Newton lautet (I in A, U in V):
U ¼ a 0 þ a 1 ðI � I 0Þ þ a 2 ðI � I 0Þ ðI � I 1Þ þ a 3 ðI � I 0Þ ðI � I 1Þ ðI � I 2ÞDie Koeffizienten a 0, a 1, a 2 und a 3 berechnen wir nach dem Steigungs- oder Differen-zenschema:
U ¼ 0 þ 210 ðI � 0Þ þ 300 ðI � 0Þ ðI � 0,1Þ þ 1000 ðI � 0Þ ðI � 0,1Þ ðI � 0,2Þ ¼¼ 210 I þ 300 I ðI � 0,1Þ þ 1000 I ðI 2 � 0,3 I þ 0,02Þ ¼¼ 210 I þ 300 I 2 � 30 I þ 1000 I 3 � 300 I 2 þ 20 I ¼ 1000 I 3 þ 200 I
Somit gilt unter Ber�cksichtigung der Einheiten
U ¼ 1000V
A3 � I 3 þ 200VA� I
Bild II-23 zeigt den Verlauf dieser Kennlinie.
b) Die gesuchte Kennlinie U ¼ f ðIÞ muss punktsymmetrisch zum Nullpunkt verlaufen!
Begr�ndung: Der Widerstand der Gl�hlampe ist temperaturabh�ngig und nimmt mit derStromst�rke zu. Andererseits ist die W�rmeentwicklung im Widerstand nur von der St�rkedes Stromes, nicht jedoch von der Stromrichtung abh�ngig. In dem L�sungsansatz f�r dieKennlinie k�nnen daher nur ungerade Potenzen auftreten (bei einer �nderung der Strom-richtung �ndert sich lediglich die Richtung der abfallenden Spannung).
L�sung:
a 0 ¼ 0
a 1 ¼ 210
a 2 ¼ 300
a 3 ¼ 1000
IA
UV
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5
200
100
20Bild II-23
II Funktionen und Kurven46
Der L�sungsansatz lautet somit:
U ¼ a I 3 þ b I
Zur Bestimmung der beiden Koeffizienten a und b ben�tigen wir daher nur zwei dervier vorgegebenen Wertepaare, wobei das erste Wertepaar (0; 0) den L�sungsansatz auto-matisch erf�llt.
Wir entscheiden uns f�r das zweite und dritte Wertepaar 2) und erhalten folgendeBestimmungsgleichungen f�r a und b:
Uð0,1Þ ¼ 21 ) 0,001 a þ 0,1 b ¼ 21
Uð0,2Þ ¼ 48 ) 0,008 a þ 0,2 b ¼ 48
Wir multiplizieren die obere Gleichung mit � 2 und addieren sie zur unteren Gleichung:
� 0,002 a � 0,2 b ¼ � 42
0,008 a þ 0,2 b ¼ 48
�þ
0,006 a ¼ 6 ) a ¼ 1000
F�r b folgt dann aus der oberen Gleichung:
0,001 � 1000 þ 0,1 b ¼ 21 ) 0,1 b ¼ 21� 1 ¼ 20 ) b ¼ 200
Wir erhalten die bereits aus L�sungsteil a) bekannte Kennlinie mit der Gleichung
U ¼ 1000VA3� I 3 þ 200
VA� I
c) Horner-Schema f�r I ¼ 0,3 A:
Beispiel 11: Doppelschieber
Parameterdarstellung, Kegelschnittgleichung
Bild II-24 zeigt einen Doppelschieber, d. h. eine Stange der L�nge l, deren Endpunkte A undB l�ngs zweier aufeinander senkrechter Geraden gef�hrt werden. Untersuchen Sie, wie sichein beliebiger Punkt P auf der Stange, der vom Endpunkt A den Abstand d ¼ n l mit0 < n < 1 besitzt, bewegt und bestimmen Sie die dabei beschriebene Bahnkurve
1000 0 200 0
I ¼ 0,3 300 90 87
1000 300 290 87|{z}U ð0,3Þ
L�sung: U ¼ 87 V
2) Das vierte Wertepaar m�sste dann streng genommen ebenfalls die Kennliniengleichung erf�llen. Infolge der un-vermeidlichen Messfehler k�nnen aber geringe Abweichungen auftreten.
II Funktionen und Kurven 47
a) in der Parameterform mit dem eingezeichnetenWinkel a als Parameter,
b) in der impliziten Form unter Verwendung derkartesischen Koordinaten x und y.
Lehrbuch: Bd. 1, III.1.2.4 und III.8.3
L�sung:a) Aus den beiden rechtwinkligen (und �hnlichen) Dreiecken APC und PBD folgt unmit-
telbar
Dreieck APC: sin a ¼ PC
PA¼ y
n l
Dreieck PBD: cos a ¼ PD
PB¼ x
l � n l¼ xð1 � nÞ l
Durch Aufl�sung dieser Gleichungen nach den Koordinaten x bzw. y erhalten wir diegesuchte Parameterdarstellung in der Form
x ¼ ð1 � nÞ l � cos ay ¼ n l � sin a ðParameter a mit � 180� a 180�Þ
b) Wir l�sen die Parametergleichungen nach der jeweiligen trigonometrischen Funktion aufund setzen die gefundenen Ausdr�cke in den „trigonometrischen Pythagoras“cos2 a þ sin 2 a ¼ 1 ein:
cos a ¼ xð1 � nÞ l , sin a ¼ y
n l
cos 2 a þ sin 2 a ¼ x 2
½ ð1 � nÞ l 2 þy 2
ðn lÞ 2 ¼ 1
Dies ist die Gleichung einer Ursprungsellipse mitden Halbachsen a ¼ ð1 � nÞ l und b ¼ n l(Bild II-25). Im Sonderfall n ¼ 0,5 liegt P inder Stabmitte und bewegt sich auf einem Ur-sprungskreis mit dem Radius r ¼ 0,5 l.
x
x
y
y
A
B
D
C
P
Stange
a
a d = n l
Bild II-24
xx
y
y
A
B
P
Stange
b=nl
a = (1 – n) lBild II-25
II Funktionen und Kurven48
Beispiel 12: Rollbewegung einer Zylinderwalze l�ngs einer schiefenEbene
Wurzelfunktion
Eine homogene Zylinderwalze mit der Masse m und dem Radius r rollt aus der Ruhe he-raus eine schiefe Ebene mit dem Neigungswinkel a herab (Bild II-26; A : Startpunkt derBewegung).
Bestimmen Sie den funktionalen Zusammen-hang zwischen der Endgeschwindigkeit v 0,die der Schwerpunkt S der Walze am Fuß-punkt B der schiefen Ebene erreicht und derdabei durchlaufenen Wegstrecke s ¼ AB.Skizzieren Sie den Verlauf dieser Funktionv 0 ðsÞ.
L�sungshinweis: Verwenden Sie den Energieerhaltungssatz [ A22 ] und beachten Sie, dasssich die Gesamtbewegung aus einer Translation des Walzenschwerpunktes S (kinetische undpotentielle Energie) und einer Rotation der Walze um ihren Schwerpunkt (Rotationsenergie)zusammensetzt. Die Rollreibung soll dabei vernachl�ssigt werden. Das Massen-tr�gheitsmoment der Zylinderwalze bez�glich der Zylinderachse (Schwerpunktachse) ist
JS ¼ 12
mr 2.
Lehrbuch: Bd. 1, III.7.2 Physikalische Grundlagen: A8, A22
L�sung:Wir l�sen das Problem durch Anwendung des Energieerhaltungssatzes [ A22 ]. Zu Beginn(Position A) besitzt die Walze ausschließlich potentielle Energie:
E 1 ¼ Epot ¼ mg h
Diese geht nach und nach in kinetische Energie des Schwerpunktes S und in Rotationsener-gie der rotierenden Walze �ber. Am Fußpunkt der schiefen Ebene (Position B) ist daher
E 2 ¼ Ekin þ Erot ¼ 12
m v 20 þ
12
JS w20 ¼
12
m v 20 þ
14
mr 2 w 20
w 0 ist dabei die Winkelgeschwindigkeit der Drehbewegung der Walze um ihren SchwerpunktS im Fußpunkt B der schiefen Ebene. Nach dem Energieerhaltungssatz [ A22 ] giltE 2 ¼ E 1 und somit
12
m v 20 þ
14
m r 2 w 20 ¼ mg h oder
12
v 20 þ
14
r 2 w 20 ¼ g h
Zylinderwalze
h
A
B
v0
S
v0
s =AB
a
Bild II-26
II Funktionen und Kurven 49
Wir ber�cksichtigen noch die Beziehungen
sin a ¼ hs, h ¼ s � sin a und v 0 ¼ w 0 r , w 0 ¼ v 0
r
und erhalten zun�chst
12
v 20 þ
14
r 2v 0
r
� � 2¼ 12
v 20 þ
14
v 20 ¼ g s � sin a oder
34
v 20 ¼ g s � sin a
und daraus schließlich die gesuchte Beziehung
v 0 ¼ v 0 ðsÞ ¼ 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffig s � sin a
3
r¼ 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffig � sin a
3� s
r¼ 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffig � sin a
3
r� ffiffi
sp
, s � 0
Die Endgeschwindigkeit v 0 des Walzenschwerpunktes S am Fußpunkt der schiefen Ebeneist somit
ffiffisp
proportional.
Der funktionale Zusammenhang der beiden Gr�ßen istin Bild II-27 dargestellt (Wurzelfunktion).
Beispiel 13: Ballistisches Pendel
Zusammengesetzte Funktion
Bild II-28 zeigt ein sog. ballistisches Pendel, mitdessen Hilfe man unbekannte Geschossgeschwin-digkeiten bestimmen kann. Das Geschoss mit derMasse m trifft mit der (noch unbekannten) Ge-schwindigkeit v 0 auf einen als Pendelk�rper die-nenden Holz-, Sand- oder Bleiblock der Masse Mund bleibt darin stecken. Das Pendel der L�nge lwird dabei um den Winkel a ausgelenkt. Wielautet der funktionale Zusammenhang zwischender Geschossgeschwindigkeit v 0 und dem Aus-schlagwinkel a? Skizzieren Sie diese Funktion.
Lehrbuch: Bd. 1, III.7.2 und III.9.2 Physikalische Grundlagen: A22, A23, A24
v0
s
v ~ s0
Bild II-27
a
M + m
M
h v0
l – h
l
m
0
Bild II-28
II Funktionen und Kurven50
L�sung:Block und Geschoss bewegen sich unmittelbar nach dem Einschlag mit der gemeinsamenGeschwindigkeit v 1. Ihre kinetische Energie wird dabei nach und nach vollst�ndig in poten-tielle Energie umgesetzt. Nach Erreichen der maximalen H�he h (Umkehrpunkt der Bewe-gung) gilt somit nach dem Energieerhaltungssatz [ A22 ]
12ðM þ mÞ v 2
1 ¼ ðM þ mÞ g h oder v 21 ¼ 2 g h
Die erreichte (maximale) H�he h l�sst sich noch durch den Ausschlagswinkel a aus-dr�cken:
cos a ¼ l � hl
) l � cos a ¼ l � h ) h ¼ l � l � cos a ¼ l ð1 � cos aÞ
Damit erhalten wir f�r die Geschwindigkeit v 1 im tiefsten Punkt der Pendelbewegung denfolgenden Ausdruck:
v 1 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g h
p¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g l ð1 � cos aÞ
pAus dieser Beziehung kann mit Hilfe des Impulserhaltungssatzes [ A24 ] die gesuchteGeschossgeschwindigkeit v 0 bestimmt werden. Es gilt f�r den Gesamtimpuls [ A23 ]
vor dem Stoß: p 1 ¼ m v 0 þ M � 0 ¼ m v 0
nach dem Stoß: p 2 ¼ ðM þ mÞ v 1
Somit folgt aus p 1 ¼ p 2
m v 0 ¼ ðM þ mÞ v 1 oder v 0 ¼ M þ mm
v 1
und unter Ber�cksichtigung der bereits weiter oben aufgestellten Beziehung
v 1 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g l ð1 � cos aÞp
schließlich der gesuchte Zusammenhang zwischen der Geschossgeschwindigkeit v 0 und demAusschlagwinkel a:
v 0 ¼ v 0 ðaÞ ¼ M þ mm
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g l ð1 � cos aÞ
p, a � 0
Diese Abh�ngigkeit ist in Bild II-29 graphisch dargestellt.
a
v0
Bild II-29
II Funktionen und Kurven 51
Beispiel 14: Momentane (zeitabh�ngige) Leistung eines Wechselstroms
Sinus- und Kosinusfunktionen
Ein sinusf�rmiger Wechselstrom
i ðtÞ ¼ i 0 � sin ðw tÞ , t � 0
erzeugt in einem ohmschen Widerstand R eine momentane (zeitabh�ngige) Leistung nachder Gleichung
p ðtÞ ¼ R � i 2 ðtÞ ¼ R i 20 � sin 2 ðw tÞ , t � 0
i 0 : Scheitelwert; w: Kreisfrequenz des Wechselstroms
a) Skizzieren Sie den zeitlichen Verlauf dieser Funktion ohne Erstellung einer Wertetabelle,indem Sie den Kurvenverlauf von p ðtÞ mittels einer geeigneten trigonometrischen Umfor-mung auf den Verlauf der als bekannt vorausgesetzten Kosinusfunktion y 1 ¼ cos ð2w tÞzur�ckf�hren.
b) Bestimmen Sie aus den bekannten Eigenschaften dieser Kosinusfunktion s�mtliche Null-stellen, relativen Extremwerte und Wendepunkte der Funktion p ðtÞ.
Lehrbuch: Bd. 1, III.9.5.1
L�sung:a) Mit Hilfe der aus der Formelsammlung (Abschnitt III.7.6.4) entnommenen trigonometri-
schen Formel
sin 2 ðxÞ ¼ 12½ 1 � cos ð2 xÞ
erhalten wir mit x ¼ w t f�r die Momentanleistung des Wechselstroms den Ausdruck
p ðtÞ ¼ R i 20 � sin 2 ðw tÞ ¼ R i 20 �12½1 � cos ð2w tÞ ¼ R I 2 ½1 � cos ð2w tÞ
(I ¼ i 0=ffiffiffi2p
: Effektivwert des Wechselstroms). Den zeitlichen Verlauf dieser Funktionbestimmen wir schrittweise wie folgt. Zun�chst zeichnen wir die Kosinusfunktiony 1 ¼ cos ð2w tÞ mit der Schwingungsdauer (Periode) T ¼ p=w (Bild II-30a)). DurchSpiegelung an der Zeitachse wird daraus die Kurve mit der Gleichung
y 2 ¼ � y 1 ¼ � cos ð2w tÞ
(siehe Bild II-30a)).
II Funktionen und Kurven52
Verschieben wir nun die Zeitachsenoch um eine Einheit nach unten,so erhalten wir das Bild der Funk-tion
y 3 ¼ y 2 þ 1 ¼¼ 1 � cos ð2w tÞ
(Bild II-30b)). Eine Maßstabs�n-derung auf der y-Achse (alle Or-dinatenwerte werden mit der Kon-stanten R I 2 multipliziert) f�hrtschließlich zu der gesuchten Kurvemit der Funktionsgleichung
y ¼ R I 2 � y 3 ¼¼ R I 2 ½1 � cos ð2w tÞ
Die Periode dieser Funktion istT ¼ p=w (Bild II-30c)).
b) Nullstellen: t k ¼ k � pw
ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
Relative Minima: t k ¼ k � pw
ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
Relative Maxima: t k ¼ p
2wþ k � p
w¼ p
2wð1 þ 2 kÞ ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
Wendepunkte: t k ¼ p
4wþ k � p
2w¼ p
4wð1 þ 2 kÞ ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
Nullstellen und relative Minima fallen dabei zusammen.
t
t
t
y
y
y
p4v
p2v
p2v
p2v
34pv
pv
pv
pv
54pv
32pv
32pv
32pv
74pv
2pv
2pv
2pv
1
–1
y1
y3
y2
2
1
y = p( t )2RI
RI
2
2
a)
b)
c)
Bild II-30
II Funktionen und Kurven 53
Beispiel 15: �berlagerung gleichfrequenter Schwingungen gleicherRaumrichtung
Sinus- und Kosinusfunktionen
Durch ungest�rte �berlagerung (Superposition) der beiden gleichfrequenten mechanischenSchwingungen gleicher Raumrichtung
y 1 ¼ 8 cm � sin p s� 1 � t � p
4
� �und y 2 ¼ 10 cm � cos p s� 1 � t þ 2
3p
� �entsteht eine resultierende Schwingung der gleichen Frequenz. Bestimmen Sie die AmplitudeA > 0 und den Phasenwinkel j dieser in der Sinusform
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ A � sin ðp s�1 � t þ jÞ , t � 0 s
darzustellenden Gesamtschwingung
a) zeichnerisch anhand des (reellen) Zeigerdiagramms,
b) durch (reelle) Rechnung.
Anmerkung: In Kapitel VI, �bung 7 wird dieses Beispiel im Komplexen gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, III.9.5.3
L�sung:a) Wir zeichnen zun�chst im Zeigerdia-
gramm die zugeh�rigen Zeiger ein und er-g�nzen sie zu einem Parallelogramm(Bild II-31). Der Zeiger der resultierendenSchwingung ist die Hauptdiagonale diesesParallelogramms. Amplitude A und Pha-senwinkel j lassen sich dann (im Rah-men der Zeichengenauigkeit) unmittelbarablesen:
A � 11,1 cm , j � 254�
b) Die Kosinusschwingung y 2 muss zun�chst in die Sinusform gebracht werden (Drehungum den Winkel p=2 im Gegenuhrzeigersinn):
y 2 ¼ 10 cm � cos p s� 1 � t þ 23p
� �¼ 10 cm � sin p s� 1 � t þ 2
3p þ p
2
� �¼
¼ 10 cm � sin p s� 1 � t þ 76p
� �
30° 45°
+cos
+sin
A = 10 cm2 A = 8 cm1
A 11,1 cm≈
f ≈ 254°
y
y1y2
Bild II-31
II Funktionen und Kurven54
Mit A 1 ¼ 8 cm, A 2 ¼ 10 cm, j 1 ¼ �p
4und j 2 ¼
76p erhalten wir f�r die resul-
tierende Schwingung folgende Amplitude :
A ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiA 2
1 þ A 22 þ 2A 1 A 2 � cos ðj 2 � j 1Þ
q¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið8 cmÞ 2 þ ð10 cmÞ 2 þ 2 � 8 cm � 10 cm � cos 7
6p þ p
4
� �s¼ 11,07 cm
Die Berechnung des Phasenwinkels j erfolgt aus der Gleichung
tan j ¼ A 1 � sin j 1 þ A 2 � sin j 2
A 1 � cos j 1 þ A 2 � cos j 2¼
¼8 cm � sin � p
4
� �þ 10 cm � sin 7
6p
� �8 cm � cos � p
4
� �þ 10 cm � cos 7
6p
� � ¼ 3,5483
Nach dem Zeigerdiagramm (Bild II-31) liegt der resultierende Zeiger im 3. Quadrant.Somit ist, wie aus Bild II-32 ersichtlich,
j ¼ arctan 3,5483 þ p ¼ 4,4377 ¼ 254,3�
der gesuchte Phasenwinkel 3). Die Gleichung der resultierenden Schwingung lautet daher:
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ 11,07 cm � sin ðp s� 1 � t þ 4,4377Þ , t � 0 s
f
y
y = tanf
y = 3,5483
arctan 3,5483arctan 3,5483 + p
p2
p2
p p32–
Bild II-32
3) Die Parallele zur j-Achse mit der Gleichung y ¼ 3,5483 schneidet die Tangenskurve im 1. Quadrant an derStelle arctan 3,5483. Die gesuchte Schnittstelle im 3. Quadrant liegt von dieser Stelle um eine Periodenl�nge,d. h. um p entfernt.
II Funktionen und Kurven 55
Beispiel 16: Lissajous-Figuren
Parameterdarstellung, Sinus- und Kosinusfunktionen,Wurzelfunktionen
Lissajous-Figuren entstehen durch ungest�rte �berlagerung zweier aufeinander senkrecht ste-hender harmonischer Schwingungen, deren Frequenzen in einem rationalen Verh�ltnis zuei-nander stehen. Sie lassen sich beispielsweise auf einem Oszillograph durch Anlegen vonsinus- oder kosinusf�rmigen Wechselspannungen an die beiden Ablenkkondensatoren realisie-ren.
a) Bestimmen Sie den Verlauf der von einem Elektronenstrahl auf dem Oszillographenschirmgezeichneten Lissajous-Figur mit der Parameterdarstellung
x ¼ a � sin ðw tÞ , y ¼ b � sin ð2w tÞ , t � 0
f�r a ¼ 4 cm, b ¼ 3 cm und w ¼ 1 s� 1 durch schrittweise Berechnung der Koordina-
ten mit der Schrittweite Dt ¼ p
12s.
b) Durch welche Funktionen in expliziter Form l�sst sich diese Kurve beschreiben?
Lehrbuch: Bd. 1, III.1.2.4, III.9.5.1 und III.7.2
L�sung:a) Mit den vorgegebenen Werten lautet die Parameterdarstellung der Lissajous-Figur
x ¼ 4 cm � sin ð1 s� 1 � tÞ , y ¼ 3 cm � sin ð2 s� 1 � tÞ , t � 0 s
Die Schwingungen in der x- und y-Richtung erfolgen mit den Schwingungsdauern (Peri-oden) Tx ¼ 2p s und Ty ¼ p s. Die kleinste gemeinsame Periode ist somit T ¼ 2p s,d. h. nach Durchlaufen eines Periodenintervalls dieser L�nge ist die Lissajous-Figur ge-schlossen, der Elektronenstrahl zeichnet die gleiche Figur von neuem.
Wertetabelle (Schrittweite: Dt ¼ ðp=12Þ s)Bei der Berechnung der x- und y-Werte k�nnen wir uns wegen der Symmetrieeigen-schaften der Sinusfunktion auf die folgenden Teilintervalle beschr�nken (diese Werte sindin der Tabelle grau unterlegt):
x-Werte: 0 t=s p=2; y-Werte: 0 t=s p=4
ts
0 p
122 � p
123 � p
124 � p
125 � p
126 � p
12xcm
0 1,04 2 2,83 3,46 3,86 4
ycm
0 1,50 2,60 3 2,60 1,50 0
II Funktionen und Kurven56
ts
7 � p12
8 � p12
9 � p12
10 � p12
11 � p12
12 � p12
13 � p12
xcm
3,86 3,46 2,83 2 1,04 0 � 1,04
ycm
� 1,50 � 2,60 � 3 � 2,60 � 1,50 0 1,50
ts
14 � p12
15 � p12
16 � p12
17 � p12
18 � p12
19 � p12
20 � p12
xcm
� 2 � 2,83 � 3,46 � 3,86 � 4 � 3,86 � 3,46
ycm
2,60 3 2,60 1,50 0 � 1,50 � 2,60
ts
21 � p12
22 � p12
23 � p12
2p
xcm
� 2,83 � 2 � 1,04 0
ycm
� 3 � 2,60 � 1,50 0
Bild II-33 zeigt den Verlauf der Lissajous-Figur mitdem Startpunkt A und eingezeichnetem Durchlauf-sinn der Kurve (in Pfeilrichtung).
b) Mit Hilfe trigonometrischer Umformungen bringen wir die y-Schwingung zun�chst auf diefolgende Form:
y ¼ b � sin ð2w tÞ ¼ 2 b � sin ðw tÞ � cos ðw tÞ ¼ � 2 b � sin ðw tÞ �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � sin2 ðw tÞ
q(Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.3 und Abschnitt III.7.5). Die Gleichung der x-Schwin-gung l�sen wir nach sin ðw tÞ auf und setzen den gefundenen Ausdruck sin ðw tÞ ¼ x=ain diese Gleichung ein:
y ¼ � 2 b � xa�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � x
a
� � 2r
¼ � 2 ba� x �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � x 2
a 2
r¼ � 2 b
a 2� x �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � x 2p
(mit j x j a). F�r die speziellen Werte a ¼ 4 cm und b ¼ 3 cm wird daraus schließ-lich
y ¼ � 38 cm
� x �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi16 cm2 � x 2p
, j x j 4 cm
Die Bahnkurve des Elektronenstrahls wird somit durch zwei zur x-Achse spiegelsymmetri-sche Wurzelfunktionen beschrieben (Bild II-33; oberes Vorzeichen: 1. und 3. Quadrant,unteres Vorzeichen: 2. und 4. Quadrant).
x
y
3
–3
–4 4A
Bild II-33
II Funktionen und Kurven 57
Beispiel 17: Schwebungen
Trigonometrische Funktionen
Schwebungen sind Schwingungen mit einer periodisch an- und abschwellenden Amplitude.Sie entstehen durch ungest�rte �berlagerung zweier harmonischer Schwingungen gleicherRaumrichtung vom Typ 4)
y 1 ¼ A � sin ðw 1 tÞ und y 2 ¼ A � sin ðw 2 tÞ ðt � 0Þderen Frequenzen bzw. Kreisfrequenzen ðw 1, w 2) in einem ganzzahligen Teilerverh�ltnis zu-einander stehen und sich nur geringf�gig voneinander unterscheiden. Bestimmen Sie dieFunktionsgleichung der Schwebung und zeichnen Sie den Schwingungsverlauf f�r
w 1 ¼ 20 s� 1 , w 2 ¼ 18 s� 1 und A ¼ 5 cm :
L�sungshinweis: Die Funktionsgleichung der Schwebung l�sst sich mit Hilfe trigonome-trischer Formeln als ein Produkt aus einer Kosinus- und einer Sinusfunktion mit unter-schiedlichen Perioden darstellen (siehe Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.5). Zeichenhilfe:Erstellen Sie zun�chst eine Wertetabelle mit der Schrittweite Dt ¼ ðp=76Þ s.
Lehrbuch: Bd. 1, III.9.5.1
L�sung:Die resultierende Schwingung wird durch die Gleichung
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ A � sin ðw 1 tÞ þ A � sin ðw 2 tÞ ¼ A ½ sin ðw 1 tÞ þ sin ðw 2 tÞ beschrieben. Die in der Klammer stehende Summe l�sst sich unter Verwendung der aus derFormelsammlung (Abschnitt III.7.6.5) entnommenen trigonometrischen Formel
sin x 1 þ sin x 2 ¼ 2 � sin x 1 þ x 22
� �� cos x 1 � x 2
2
� �¼ 2 � cos x 1 � x 2
2
� �� sin x 1 þ x 2
2
� �wie folgt umformen (wir setzen dabei x 1 ¼ w 1 t und x 2 ¼ w 2 t):
y ¼ 2A � cos w 1 t � w 2 t2
� �� sin w 1 t þ w 2 t
2
� �¼
¼ 2A � cos w 1 � w 2
2t
� �� sin w 1 þ w 2
2t
� �Mit den Abk�rzungen
Dw ¼ w 1 � w 2
2und w ¼ w 1 þ w 2
2
4) Der Einfachheit halber werden folgende Annahmen gemacht: Die Schwingungen stimmen in ihren Amplituden�berein ðA 1 ¼ A 2 ¼ AÞ, ihre Phasenwinkel sind beide gleich Null ðj 1 ¼ j 2 ¼ 0Þ.
II Funktionen und Kurven58
erhalten wir schließlich eine resultierende Schwingung der Form
y ¼ 2A � cos ðDw tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A* ðtÞ
� sin ðw tÞ ¼ A* ðtÞ � sin ðw tÞ
mit der zeitabh�ngigen Amplitude A* ðtÞ ¼ 2A � cos ðDw tÞ (siehe hierzu Bild II-34).Es handelt sich offensichtlich um eine nahezu harmonische Schwingung mit der Kreis-
frequenz w ¼ w 1 þ w 2
2(arithmetischer Mittelwert aus w 1 und w 2) und der Frequenz
f ¼ w
2p¼ f1 þ f 2
2, wobei f1 und f 2 die Frequenzen der Einzelschwingungen bedeuten.
Die Schwingungsdauer betr�gt
T ¼ 2pw¼ 2p
w 1 þ w 2
2
¼ 4pw 1 þ w 2
¼ 4p
2pT 1þ 2p
T 2
¼ 4p
2p1T 1þ 1
T 2
� � ¼¼ 2
T 2 þ T 1
T 1 T 2
¼ 2
T 1 þ T 2
T 1 T 2
¼ 2T 1 T 2
T 1 þ T 2
T 1 und T 2 sind dabei die Schwingungsdauern der beiden Einzelschwingungen. Die zeit-abh�ngige Amplitude A* ðtÞ ¼ 2A � cos ðDw tÞ �ndert sich infolge der vergleichsweise klei-nen Kreisfrequenz Dw � w nur sehr langsam. Die sogenannte Schwebungsfrequenz betr�gtf S ¼ f1 � f 2, die Periodendauer der Schwebung, d. h. der zeitliche Abstand zweier benach-barter Amplitudenmaxima ist somit
TS ¼ 1f S¼ 1
f1 � f 2¼ 1
1T 1� 1
T 2
¼ 1
T 2 � T 1
T 1 T 2
¼ T 1 T 2
T 2 � T 1
Bild II-34 zeigt den Verlauf der Schwebungen f�r die vorgegebenen Werte w 1 ¼ 20 s� 1,w 2 ¼ 18 s� 1 und A ¼ 5 cm. Die Gleichung der Schwebung lautet dabei mit Dw ¼ 1 s� 1
und w ¼ 19 s� 1 wie folgt:
y ¼ 10 cm � cos ð1 s� 1 � tÞ � sin ð19 s� 1 � tÞ , t � 0 s
Die Periodendauer der eigentlichen Schwingung ist T ¼ 0,33 s, die Periodendauer derSchwebung betr�gt TS ¼ p s ¼ 3,14 s ðTS ¼ 9,5TÞ.
y
10
20 30
40
50 60
70 80 90 t/76p
10
–10
Periode der Schwebung: T = s = 3,14 sS p
Bild II-34
II Funktionen und Kurven 59
Beispiel 18: Fliehkraft- oder Zentrifugalkraftregler
Trigonometrische Funktionen, Arkuskosinusfunktion
Bild II-35 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Fliehkraft- oder Zentrifugalkraftreglers. Diebeiden Arme der L�nge l ¼ 2 a werden dabei als nahezu masselos angenommen, die anh�n-genden punktf�rmigen Massen m rotieren mit der Winkelgeschwindigkeit w um die einge-zeichnete Drehachse. Zu jedem Wert der Winkelgeschwindigkeit w geh�rt genau ein Winkelj, unter dem sich infolge der nach außen wirkenden Zentrifugalkr�fte die Arme gegen�berder Drehachse einstellen.
Bestimmen und skizzieren Sie den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Winkel jund der Winkelgeschwindigkeit w und zeigen Sie, dass zum Abheben der Arme eine Min-destwinkelgeschwindigkeit w 0 n�tig ist.
~FFZ : Zentrifugalkraft~GG: Gewichtskraft
~FFr : resultierende Kraft
Lehrbuch: Bd. 1, III.9 und III.10.3 Physikalische Grundlagen: Al5
L�sung:Auf jede der beiden Punktmassen m wirkt neben der Gewichtskraft ~GG vom BetragG ¼ mg noch eine nach außen gerichtete Zentrifugalkraft ~FFZ vom Betrag FZ ¼ mw 2 rein, wobei r der senkrechte Abstand der Masse von der Drehachse ist [ A15 ]. Die dyna-mische Gleichgewichtslage ist erreicht, wenn die aus beiden Kr�ften gebildete resultierendeKraft ~FFr in Verl�ngerung des jeweiligen Armes wirkt. Aus dem Kr�fteparallelogramm nachBild II-35 folgt dann unmittelbar
tan j ¼ FZ
G¼ mw 2 r
m g¼ w 2 r
g
r r
a aa
a
a
a
m m
f f
f
v
Drehachse
Fz
Fr
GBild II-35
II Funktionen und Kurven60
Mit den Beziehungen
sin j ¼ r2 a
, d: h: r ¼ 2 a � sin j und tan j ¼ sin jcos j
(gewonnen aus dem rechtwinkligen Dreieck mit der Hypotenuse 2a und der dem Winkel jgegen�berliegenden Kathete r) folgt hieraus
tan j ¼ sin jcos j
¼ w 2 � 2 a � sin jg
und somit cos j ¼ g2 aw 2
Wir l�sen diese Gleichung nach j auf und erhalten die gesuchte Beziehung in Form derArkusfunktion
j¼ arccosg
2 aw 2
� �Der kleinstm�gliche Winkel ist j ¼ 0�. Zu ihm geh�rt die folgende Winkelgeschwindigkeitw 0:
cos 0� ¼ 1 ¼ g
2 aw 20
) 2 aw 20 ¼ g ) w 0 ¼
ffiffiffiffiffiffiffig2 a
rErst ab einer Winkelgeschwindigkeit oberhalb von w 0 bewegen sich die Arme erstmals nachaußen. Der gr�ßtm�gliche Winkel jmax ¼ 90� wird dabei (theoretisch) f�r w ! 1 er-reicht. Bild II-36 zeigt den Zusammenhang zwischen dem Winkel j und der Winkel-geschwindigkeit w, der auch durch die Gleichung
j ¼ arccosg
2 aw 2
� �¼ arccos
g2 a� 1w 2
� �¼ arccos w 2
0 �1w 2
� �¼ arccos
w 20
w 2
� �¼|{z}
w 20
¼ arccosw 0
w
� � 2, w � w 0
beschrieben werden kann.
Die Abbildung l�sst deutlich erkennen,dass mit zunehmender Winkelgeschwindig-keit auch die Winkel zunehmen. Dies istaus physikalischer Sicht einleuchtend, dadie f�r das Abheben verantwortliche Zentri-fugalkraft selbst mit der Winkelgeschwin-digkeit w�chst!
v
f
90°
50°
10°
v0 2v0 3v0
Bild II-36
II Funktionen und Kurven 61
Beispiel 19: Ladestrom in einer RC-Parallelschaltung
Exponentialfunktion (Abklingfunktion)
An die in Bild II-37 dargestellte RC-Parallelschaltung mit den ohmschen Widerst�nden R 1
und R 2 und einem Kondensator mit der Kapazit�t C wird zum Zeitpunkt t ¼ 0 durchSchließen des Schalters S eine Gleichspannung U ¼ 100 V angelegt. Der Ladestrom i imHauptkreis besitzt dann den folgenden zeitlichen Verlauf:
i ðtÞ ¼ i 1 ðtÞ þ i 2 ðtÞ ¼ UR 1þ U
R 2� e� t
t , t � 0 ðt ¼ R 2 C : ZeitkonstanteÞ
a) Bestimmen Sie die beiden ohmschen Wider-st�nde R 1 und R 2, die Zeitkonstante t so-wie die Kapazit�t C aus den drei Messwerten
i ðt ¼ 0 sÞ ¼ 15 A , i ðt ¼ 1 sÞ ¼ 5,2 A ,
i1 ¼ i ðt ! 1Þ ¼ 5 A 5)
und zeichnen Sie den zeitlichen Verlauf derStromst�rke i.
b) Nach welcher Zeit t 1 hat der Ladestrom i umgenau 10% seines Anfangswertes abge-nommen?
Lehrbuch: Bd. 1, III.11.3.1
L�sung:a) Aus dem Anfangswert i ðt ¼ 0 sÞ ¼ 15 A und dem Endwert i1 ¼ 5 A lassen sich die
beiden Widerst�nde wie folgt berechnen:
i1 ¼ 5 A ) 100 VR 1
þ 100 VR 2
� 0 ¼ 100 VR 1
¼ 5 A ) R 1 ¼ 100 V5 A
¼ 20W
ðe� tt ! 0 fur t ! 1Þ
i ðt ¼ 0 sÞ ¼ 15 A ) 100 VR 1
þ 100 VR 2
� e 0 ¼ 100 V20W
þ 100 VR 2
¼ 15 A )
5 A þ 100 VR 2
¼ 15 A ) 100 VR 2
¼ 10 A ) R 2 ¼ 100 V10 A
¼ 10W
R2
R1
C
U
S
t = 0
i
i 1
i 2
Bild II-37
5) Dieser Wert wird nach unendlich langer Zeit erreicht (Endwert der Stromst�rke f�r t ! 1).
II Funktionen und Kurven62
Somit erhalten wir als Zwischenergebnis:
i ðtÞ ¼ 100 V20W
þ 100 V10W
� e� tt ¼ 5 A þ 10 A � e� t
t
Die Zeitkonstante t bestimmen wir aus dem Messwert i ðt ¼ 1 sÞ ¼ 5,2 A:
i ðt ¼ 1 sÞ ¼ 5,2 A ) 5 A þ 10 A � e� 1 st ¼ 5,2 A )
10 A � e� 1 st ¼ 0,2 A ) e�
1 st ¼ 0,02
logarithmieren )
� 1 st¼ ln 0,02 ¼ � 3,9120 ) t ¼ 1 s
3,9120¼ 0,2556 s
F�r die Kapazit�t C folgt dann aus t ¼ R 2 C :
C ¼ t
R 2¼ 0,2556 s
10W¼ 0,02556 F ¼ 25,56 mF
Der Ladestrom i ðtÞ gen�gt damit folgendemZeitgesetz (mit t � 0 s):
i ðtÞ ¼ 5 A þ 10 A � e�t
0,2556 s ¼
¼ 5 A þ 10 A � e�3,9120 t
s
Bild II-38 zeigt den Verlauf dieser Funktion(Abklingfunktion).
b) Zur Zeit t 1 betr�gt die Stromst�rke i ðt ¼ t 1Þ ¼ 13,5 A (90% des Anfangswertes, siehehierzu auch Bild II-38). Somit gilt:
5 A þ 10 A � e�3,9120 t 1
s ¼ 13,5 A
Wir isolieren die e-Funktion und l�sen anschließend die Exponentialgleichung durchLogarithmierung :
10 A � e�3,9120 t 1
s ¼ 8,5 A ) e�3,9120 t 1
s ¼ 0,85 logarithmieren )
� 3,9120 t 1s
¼ ln 0,85 ¼ � 0,1625 ) t 1 ¼ 0,16253,9120
s ¼ 0,0415 s ¼ 41,5 ms
iA
ts
15
10
5
13,5
t 1 0,5 1Bild II-38
II Funktionen und Kurven 63
Beispiel 20: RC-Glied mit Rampenspannung
Exponentialfunktion (S�ttigungsfunktion)
An ein RC-Glied wird zum Zeitpunkt t ¼ 0 durch Schließen des Schalters S eine linearansteigende Spannung u ¼ k t angelegt 6) (Bild II-39). Die am ohmschen Widerstand R ab-fallende Spannung uR strebt dabei nach dem Zeitgesetz
uR ðtÞ ¼ k t 1 � e�tt
� �, t � 0
gegen den Endwert uR ðt ! 1Þ ¼ k t.
C : Kapazit�t; t ¼ RC : Zeitkonstante
a) Skizzieren Sie diese S�ttigungsfunktion im Zeitintervall
0 t=s 8 fur R ¼ 200 kW , C ¼ 10 mF und
k ¼ 50 V=s bei einer Schrittweite von Dt ¼ 0,25 s.
b) Nach welcher Zeit t 1 wird 50% des Endwertes erreicht?
Lehrbuch: Bd. 1, III.11.3.2
L�sung:
a) Zeitkonstante: t ¼ RC ¼ 200 kW � 10 mF ¼ 2 � 105 W � 10� 5 F ¼ 2 s
uR ðtÞ ¼ 50Vs� 2 s 1 � e�
t2 s
� �¼ 100 V 1 � e�
t2 s
� �, t � 0 s
Wertetabelle (Schrittweite: Dt ¼ 0,25 s)
ts
0 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5 1,75 2 2,25 2,5
uR
V0 11,75 22,12 31,27 39,35 46,47 52,76 58,31 63,21 67,53 71,35
ts
2,75 3 3,25 3,5 3,75 4 4,25 4,5 4,75 5 5,25
uR
V74,72 77,69 80,31 82,62 84,66 86,47 88,06 89,46 90,70 91,79 92,76
ts
5,5 5,75 6 6,25 6,5 6,75 7 7,25 7,5 7,75 8
uR
V93,61 94,36 95,02 95,61 96,12 96,58 96,98 97,34 97,65 97,92 98,17
R
uR
u = ktS
t = 0
C
Bild II-39
6) Man bezeichnet eine solche Spannung auch als Rampenspannung.
II Funktionen und Kurven64
Bild II-40 zeigt, wie die am ohmschenWiderstand abfallende Spannung mit derZeit ansteigt und asymptotisch ihremEndwert uR ðt ! 1 sÞ ¼ 100 V ent-gegen strebt.
b) Zur Zeit t 1 betr�gt die Spannung uR ðt ¼ t 1Þ ¼ 50 V (50% des Endwertes, siehe hier-zu auch Bild II-40). Somit gilt:
100 V 1 � e�t 12 s
� �¼ 50 V ) 1 � e�
t 12 s ¼ 0,5
Wir isolieren die e-Funktion und l�sen die Exponentialgleichung anschließend durchLogarithmierung :
e�t 12 s ¼ 0,5
ln ) � t 12 s¼ ln 0,5 ¼ � 0,6931 ) t 1 ¼ 1,386 s
Beispiel 21: Aperiodischer Grenzfall einer Schwingung
Kriechfunktion (Exponentialfunktion)
Das in Bild II-41 skizzierte schwingungsf�hige mecha-nische System, bestehend aus einer Masse m ¼ 0,5 kgund einer elastischen Feder mit der Federkonstantenc ¼ 128 N/m, wird in einer z�hen Fl�ssigkeit so starkged�mpft, dass gerade der aperiodische Grenzfall ein-tritt. Das System ist daher infolge zu großer Energie-verluste zu keiner echten Schwingung mehr f�hig. DasWeg-Zeit-Gesetz dieser Kriechbewegung l�sst sich dabei,wenn die Bewegung zum Zeitpunkt t ¼ 0 s aus derRuhe heraus mit einer anf�nglichen Auslenkung vonx (0 s) ¼ 20 cm beginnt, durch die folgende Funktions-gleichung beschreiben:
x ðtÞ ¼ 320cms� t þ 20 cm
� �� e� 16
s t
u
VR
100
50
10
1 2 3 4 5 6 7 8
t 1
ts
Bild II-40
Dämpfung
Pendel-masse m
Gleichgewichtslage
Elastische Feder
x ( t )
Bild II-41
II Funktionen und Kurven 65
Skizzieren Sie dieses Weg-Zeit-Gesetz im Zeitintervall 0 t=s 0,4 mit Hilfe einer Wer-tetabelle (Schrittweite: Dt ¼ 0,02 s).
Lehrbuch: Bd. 1, III.11.3.4
L�sung:
Wertetabelle (Schrittweite: Dt ¼ 0,02 s)
ts
0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14 0,16 0,18 0,20
xcm
20 19,17 17,30 15,01 12,68 10,50 8,56 6,90 5,50 4,36 3,42
ts
0,22 0,24 0,26 0,28 0,30 0,32 0,34 0,36 0,38 0,40
xcm
2,68 2,08 1,61 1,24 0,95 0,73 0,56 0,43 0,32 0,25
Bild II-42 zeigt deutlich, wie die Masse in kurzerZeit aus der Anfangslage x ð0 sÞ ¼ 20 cm in dieGleichgewichtslage (Ruhelage) x ¼ 0 cm zur�ck-kehrt (Kriechfall).
Beispiel 22: Barometrische H�henformel
Logarithmusfunktion
Zwischen Luftdruck p und H�he h (gemessen gegen�ber dem Meeresniveau) gilt unter derAnnahme konstanter Lufttemperatur der folgende Zusammenhang (sog. barometrische H�hen-formel ):
p ðhÞ ¼ p 0 � e�h
7991m , h � 0 m
( p 0 ¼ 1,013 bar: Luftdruck an der Erdoberfl�che). In Bild II-43 ist der Verlauf dieser Funk-tion dargestellt (die H�henangabe erfolgt dabei in der Einheit km).
xcm
ts
20
10
2
0,1 0,2 0,3 0,4Bild II-42
II Funktionen und Kurven66
a) Geben Sie die H�he h als Funktion desLuftdruckes p an (�bergang zur Um-kehrfunktion) und skizzieren Sie diesenFunktionsverlauf.
b) In welcher H�he h 1 ist der Luftdruckauf die H�lfte seines Maximalwertes p 0
gesunken?
Lehrbuch: Bd. 1, III.12.2
L�sung:a) Zun�chst wird die e-Funktion isoliert, anschließend wird die Gleichung logarithmiert :
e�h
7991m ¼ pp 0
) � h7991 m
¼ lnpp 0
� �) h ¼ � 7991 m � ln p
p 0
� �Die gesuchte Beziehung lautet somit:
h ¼ h ð pÞ ¼ � 7991 m � ln pp 0
� �¼ � 7,991 km � ln p
p 0
� �Der Verlauf dieser streng monoton fallenden Logarithmusfunktion ist in Bild II-44 dargestellt.
b) Der Druck p 1 ¼ p 0=2 wird in der H�he
h 1 ¼ h ð p 0=2Þ ¼ � 7991 m � ln p 0=2p 0
� �¼ � 7991 m � ln 1
2
� �� 5539 m
erreicht (siehe auch Bild II-44). In der H�heh 1 ¼ 5539 m � 5,54 km ist somit der Luft-druck nur noch halb so groß wie an der Erdober-fl�che (Meeresniveau).
1 5 10 15 hkm
p0
p
p20
h1
Bild II-43
pp0
hkm
0,1 0,5 1
20
10
2
h1
Bild II-44
II Funktionen und Kurven 67
Beispiel 23: Zusammenhang zwischen Fallgeschwindigkeit undFallweg unter Ber�cksichtigung des Luftwiderstandes
Hyperbelfunktionen
Wird beim freien Fall der Luftwiderstand durch eine dem Quadrat der Fallgeschwindigkeit vproportionale Reibungskraft kv 2 ber�cksichtigt, so erh�lt man die folgenden kompliziertenZeitabh�ngigkeiten f�r den Fallweg s und die Fallgeschwindigkeit v 7):
s ðtÞ ¼ mk� ln cosh
ffiffiffiffiffiffiffiffig km
r� t
!" #
v ðtÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r� tanh
ffiffiffiffiffiffiffiffig km
r� t
! ðmit t � 0Þ
m: Masse des aus der Ruhe frei fallenden K�rpers; k > 0: Reibungskoeffizient;g: Erdbeschleunigung
Wie lautet die Abh�ngigkeit der Fallgeschwindigkeit v vom Fallweg s? Skizzieren Sie denVerlauf dieser Funktion v ¼ v ðsÞ.L�sungshinweis: Die Zeitvariable t der beiden Fallgesetze s ðtÞ und v ðtÞ l�sst sich unterVerwendung bestimmter hyperbolischer Beziehungen eliminieren (siehe Formelsammlung,Abschnitt III.11.2).
Lehrbuch: Bd. 1, III.13.1
L�sung:Der besseren �bersicht wegen f�hren wir zun�chst die Abk�rzung a ¼
ffiffiffiffiffiffiffig km
rein. Die Fall-
gesetze lauten dann:
s ðtÞ ¼ mk� ln ½ cosh ða tÞ und v ðtÞ ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r� tanh ða tÞ
Das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz l�sst sich unter Verwendung der aus der Formelsammlung(Abschnitt III.11.2) entnommenen hyperbolischen Beziehung
tanh x ¼ sinh xcosh x
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffifficosh2 x � 1
pcosh x
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffifficosh2 x � 1
cosh2 x
s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 1
cosh2 x
rauch wie folgt darstellen ðx ¼ a tÞ :
7) Das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v ðtÞ wurde bereits im Lehrbuch hergeleitet (siehe Bd. 1, Abschnitt V.10.1.1,Beispiel 2). In Kapitel IV, Beispiel 20 zeigen wir, wie man aus dem Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v ðtÞ mittelsIntegration das Weg-Zeit-Gesetz s ðtÞ erh�lt.
II Funktionen und Kurven68
v ðtÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r� tanh ða tÞ ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 1
cosh2 ða tÞ
s
Nun l�sen wir das Weg-Zeit-Gesetz durch Entlogarithmierung nach der hyperbolischen Funk-tion cosh ða tÞ auf:
ln ½ cosh ða tÞ ¼ km
s ) cosh ða tÞ ¼ ekm s
Die gew�nschte Beziehung zwischen der Fallgeschwindigkeit v und dem Fallweg s erhaltenwir dann durch Einsetzen dieses Ausdruckes in das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz :
v ðsÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 1
ekm s
� �2
vuuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 1
e2 km s
s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q
Nach unendlich langer Fallstrecke ðs ! 1Þ erreicht die Fallgeschwindigkeit ihren EndwertvE. Er betr�gt:
vE ¼ lims!1 v ðsÞ ¼ lim
s!1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r� lims!1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffilims!1 1 � e�
2 km s
� �s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r� 1 ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
Gewicht (Gravitationskraft) und Luftwiderstand sind jetzt im Gleichgewicht :
mg ¼ k v 2E
Der K�rper f�llt mit der konstanten Endgeschwin-
digkeit vE ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r. Das Fallgesetz v ðsÞ l�sst
sich damit auch in der Form
v ðsÞ ¼ vE �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q, s � 0
darstellen. Bild II-45 zeigt den Verlauf dieserFunktion. s
v
vE
Bild II-45
II Funktionen und Kurven 69
III Differentialrechnung
Beispiel 1: Induktionsspannung in einer Leiterschleife
Elementare Differentiation
Eine u-f�rmig gebogene Leiterschleife wirdvon einem homogenen Magnetfeld der Fluss-dichte ~BB senkrecht durchflutet (Bild III-1).Auf der Leiterschleife gleitet in der einge-zeichneten Weise ein Leiter, dessen Geschwin-digkeit v aus der Ruhe heraus mit der Zeit tlinear ansteigt.
Bestimmen Sie die nach dem Induktionsgesetz[A12] in der Leiterschleife induzierte Span-nung U.
l : Breite der Leiterschleife; s0: Anfangslage des Leiters zu Beginn der Bewegung, d. h. zurZeit t ¼ 0
Lehrbuch: Bd. 1, IV.1.3 Physikalische Grundlagen: A11, A12
L�sung:Der Leiter bewegt sich aus der Ruhe heraus mit linear ansteigender Geschwindigkeit, unter-liegt demnach einer konstanten Beschleunigung a. Somit ist v ¼ a t und der vom Leiter in
der Zeit t zur�ckgelegte Weg betr�gt s ¼ 12
a t 2. Die vom Magnetfeld zu diesem Zeitpunkt
durchflutete Fl�che A (in Bild III-1 grau unterlegt) ist ein Rechteck mit den Seitenl�ngen l
und s0 þ s ¼ s0 þ 12
a t 2 und dem Fl�cheninhalt
A ¼ l ðs 0 þ sÞ ¼ l s 0 þ 12a t 2
� �Der magnetische Fluss [A11] durch diese Fl�che ist dann
F ¼ BA ¼ B l s 0 þ 12
a t 2� �
ðmit B ¼ j ~BB jÞ
Nach dem Induktionsgesetz [A12 ] betr�gt die in derLeiterschleife induzierte Spannung
U ¼ dFdt¼ d
dtB l s 0 þ 1
2a t 2
� � �¼ B l � d
dts 0 þ 1
2a t 2
� �¼
¼ B l ð0 þ a tÞ ¼ B l a t ¼ ðconst:Þ � t ðmit B l a ¼ const:ÞDie Induktionsspannung steigt somit mit der Zeit linear an (Bild III-2).
70
t
U
Leiterschleife
UB
Leitert = 0 t
ss0
lv
Bild III-1
Bild III-2
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_3
Beispiel 2: Elektronenstrahl-Oszilloskop
Elementare Differentiation, Tangentengleichung
Beim Elektronenstrahl-Oszilloskop werden die von einer Gl�hkathode ausgesandten Elektro-nen zun�chst auf eine konstante Geschwindigkeit v0 beschleunigt und treten dann senkrechtzu den elektrischen Feldlinien in einen auf die Spannung U aufgeladenen Plattenkondensa-tor ein, wo sie aus ihrer urspr�nglichen Richtung abgelenkt werden (Bild III-3).
d: Plattenabstand; l : L�nge der Kondensatorplatten; e : Elementarladung des Elektrons;
m0: Ruhemasse des Elektrons
a) Unter welchem Ablenkwinkel a (gegen�ber der Eintrittsrichtung, also der x-Richtunggemessen) verlassen die Elektronen den Kondensator?
b) Im Abstand s hinter dem Kondensator befindet sich ein Auffangschirm f�r die Elektro-nen. Wie groß ist die seitliche Ablenkung b der Elektronen auf diesem Schirm, gemessengegen�ber der urspr�nglichen Flugbahn vor dem Eintritt in den Kondensator?
L�sungshinweis: Bestimmen Sie zun�chst die Bahnkurve der Elektronen innerhalb des Plat-tenkondensators.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.1.3 und IV.3.1 Physikalische Grundlagen: A10, A25, A27
L�sung:a) Die Elektronenbewegung im Plattenkondensator setzt sich aus zwei voneinander unabh�n-
gigen Teilbewegungen zusammen. In der x-Richtung bewegt sich das Elektron mit derkonstanten Geschwindigkeit v 0, der im Zeitraum t in dieser Richtung zur�ckgelegteWeg betr�gt somit
x ¼ v 0 t
(der Eintritt des Elektrons in das Kondensatorfeld erfolgt im Punkt A zur Zeit t ¼ 0). Inder y-Richtung wird das Elektron infolge des elektrischen Feldes mit der Feldst�rke E ¼U=d nach oben (in Richtung der positiv geladenen Kondensatorplatte) beschleunigt [A25].
xx
y
yElektron b
A
B
C
P
Schirm
l s
Ed2
d2v0
m0
a
Bild III-3
III Differentialrechnung 71
Das Feld wirkt dabei mit der Kraft Fe ¼ e E ¼ ðeUÞ=d auf das Elektron ein [A10].F�r die konstante Elektronenbeschleunigung a folgt aus dem Newtonschen Grundgesetz[A27 ]:
m 0 a ¼ Fe ¼ e E ¼ eUd
) a ¼ eUm 0 d
Der in der Zeit t in y-Richtung zur�ckgelegte Weg betr�gt daher
y ¼ 12
a t 2 ¼ 12� eUm 0 d
� t 2 ¼ eU2m 0 d
� t 2
Die Parameterdarstellung der vom Elektron durchlaufenen Bahnkurve lautet somit inner-halb des Plattenkondensators
x ¼ v 0 t , y ¼ eU2m 0 d
� t 2 , t � 0
Durch Eliminierung des Zeitparameters t erhalten wir hieraus die parabelf�rmige Bahn-kurve mit der Gleichung 1)
y ¼ eU2m 0 d
xv 0
� �2
¼ eU
2m 0 d v 20
� x 2 , 0 x l
Im Punkt B mit den Koordinaten
xB ¼ l , yB ¼ eU
2m 0 d v 20
� l 2 ¼ eU l 2
2m 0 d v 20
verl�sst das Elektron den Kondensator und bewegt sich nun bis zum Auftreffen auf demSchirm geradlinig auf der Bahntangente des Punktes B 2). Die 1. Ableitung der Bahnkur-ve an dieser Stelle ist definitionsgem�ß der Tangens des gesuchten Ablenkwinkels a :
y 0 ¼ ddx
eU
2m 0 d v 20
� x 2
� �¼ eU
2m 0 d v 20
� 2 x ¼ eU
m 0 d v 20
� x )
tan a ¼ y 0 ðx ¼ lÞ ¼ eU
m 0 d v 20
� l ¼ eU l
m 0 d v 20
Durch Aufl�sung nach a folgt hieraus der gesuchte Ablenkwinkel:
a ¼ arctaneU l
m 0 d v 20
� �
1) Die 1. Parametergleichung wird nach t aufgel�st, der gefundene Ausdruck t ¼ x=v 0 anschließend in die 2.Gleichung eingesetzt.
2) Dies gilt nur unter der Voraussetzung y B < d=2, die Kondensatorspannung U muss daher die Bedingung
U <m 0 d 2 v 2
0
e l 2erf�llen! Ansonsten trifft das Elektron auf die obere Kondensatorplatte.
III Differentialrechnung72
b) Das Elektron bewegt sich von B nach C geradlinig auf der Kurventangente des PunktesB. Diese lautet in der Punkt-Steigungsform wie folgt:
y � yB
x � xB¼ y 0 ðxBÞ ¼ y 0 ðx ¼ lÞ )
y � eU l 2
2m 0 d v 20
x � l¼ eU l
m 0 d v 20
Wir l�sen diese Gleichung nach y auf:
y � eU l 2
2m 0 d v 20
¼ eU l
m 0 d v 20
ðx � lÞ ¼ eU l
m 0 d v 20
� x � eU l 2
m 0 d v 20
)
y ¼ eU l
m 0 d v 20
� x � eU l 2
m 0 d v 20
þ eU l 2
2m 0 d v 20
¼ eU l
m 0 d v 20
� x � eU l 2
2m 0 d v 20
¼
¼ eU l
2m 0 d v 20
� 2 x � eU l
2m 0 d v 20
� l ¼ eU l
2m 0 d v 20
ð2 x � lÞ , l x l þ s
Im Auftreffpunkt C ¼ ðl þ s ; bÞ ist dann
b ¼ y ðx ¼ l þ sÞ ¼ eU l
2m 0 d v 20
½ 2 ðl þ sÞ � l ¼ eU l
2m 0 d v 20
ð2 l þ 2 s � lÞ ¼
¼ eU l
2m 0 d v 20
ðl þ 2 sÞ ¼ eU l ðl þ 2 sÞ2m 0 d v 2
0
Beispiel 3: Querkraft- und Momentenverlauf l�ngs eines belastetenTr�gers
Elementare Differentiation
Der in Bild III-4a) skizzierte einseitig eingespannte Tr�ger der L�nge l wird durch eine kon-stante Streckenlast q ðxÞ ¼ q 0 und zus�tzlich am freien Ende durch eine Kraft F belastet.Die Gleichung der elastischen Linie (Biegelinie) lautet dann im Intervall 0 x l wie folgt:
y ðxÞ ¼ 124E I
½ q 0 ðx 4 � 4 l x 3 þ 6 l 2 x 2Þ � 4F ðx 3 � 3 l x 2Þ
(Bild III-4b)).
E I : konstante Biegesteifigkeit des Tr�gers
E : Elastizit�tsmodul
I : Fl�chenmoment des Tr�gerquerschnitts
Bestimmen und skizzieren Sie den Verlauf desBiegemomentes Mb ðxÞ und der QuerkraftQ ðxÞ l�ngs des Tr�gers. x
y
a)
b)
q(x) = q0
Biegelinie y(x)
F
l
lxy
Bild III-4
III Differentialrechnung 73
L�sungshinweis: Gehen Sie bei der L�sung der Aufgabe von der Biegegleichung [A28 ] aus,die den Zusammenhang zwischen dem Biegemoment Mb ðxÞ und der Biegelinie y ðxÞ herstellt.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.1.3 Physikalische Grundlagen: A28, A29
L�sung:Nach der Biegegleichung [A28] besteht der folgende Zusammenhang zwischen dem Biege-moment Mb ðxÞ und der Biegelinie y ðxÞ:
Mb ðxÞ ¼ �E I � y00 ðxÞMit den Ableitungen
y 0 ðxÞ ¼ 124E I
½ q 0 ð4 x 3 � 12 l x 2 þ 12 l 2 xÞ � 4F ð3 x 2 � 6 l xÞ ¼
¼ 16E I
½ q 0 ðx 3 � 3 l x 2 þ 3 l 2 xÞ � 3F ðx 2 � 2 l xÞ
y00 ðxÞ ¼ 16E I
½ q 0 ð3 x 2 � 6 l x þ 3 l 2Þ � 3F ð2 x � 2 lÞ ¼
¼ 12E I
½ q 0 ðx 2 � 2 l x þ l 2|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}ðx � lÞ 2
Þ � 2F ðx � lÞ ¼ 12E I
½ q 0 ðx � lÞ 2 � 2F ðx � lÞ
erhalten wir daraus f�r das Biegemoment den folgenden Ausdruck:
Mb ðxÞ ¼ �E I � y00 ðxÞ ¼ �E I � 12E I
½ q 0 ðx � lÞ 2 � 2F ðx � lÞ ¼
¼ � 12½ q 0 ðx � lÞ 2 � 2F ðx � lÞ , 0 x l
Der parabelf�rmige Verlauf des Biegemomentes l�ngs des Tr�gers ist in Bild III-5 dargestellt.Zwischen der Querkraft Q ðxÞ und dem Biegemoment Mb ðxÞ besteht die BeziehungQ ðxÞ ¼ M 0b ðxÞ [A29 ]. Somit gilt im Intervall 0 x l :
Q ðxÞ ¼ M 0b ðxÞ ¼ �12½ 2 q0 ðx � lÞ � 2F ¼ � q 0 ðx � lÞ þ F ¼ q 0 ðl � xÞ þ F
Die Querkraft nimmt daher l�ngs des Tr�gers linear ab (Bild III-6).
xl
Mb
q l20
2+ Fl–
xl
Q
q l + F0
F
Bild III-5 Biegemoment Mb ðxÞ Bild III-6 Querkraft Q ðxÞ
III Differentialrechnung74
Beispiel 4: Rotierende Zylinderscheibe in einer z�hen Fl�ssigkeit
Differentiation (Kettenregel)
Eine Zylinderscheibe rotiert in einer z�hen Fl�ssigkeit nach dem „Weg-Zeit-Gesetz“
j ðtÞ ¼ 1k� ln ðkw 0 t þ 1Þ , t � 0
j ist dabei der Drehwinkel zur Zeit t (Bild III-7), k und w 0 sind positive Konstanten.
a) Bestimmen Sie den zeitlichen Verlauf der Winkelgeschwindigkeitw ¼ _j und der Winkelbeschleunigung a ¼ _w ¼ __j. Welche phy-sikalische Bedeutung hat die Konstante w 0?
b) Welcher funktionale Zusammenhang besteht zwischen der Winkel-beschleunigung a und der Winkelgeschwindigkeit w? Welchephysikalische Bedeutung kommt dabei der Konstanten k zu?
Lehrbuch: Bd. 1, IV.2.5 Physikalische Grundlagen: A30
L�sung:a) Unter Verwendung der Kettenregel erhalten wir f�r die Winkelgeschwindigkeit [A30 ]
w ¼ _j ¼ ddt
1k� ln ðkw 0 t þ 1Þ
�¼ 1
k� 1kw 0 t þ 1
� kw 0 ¼ w 0
kw 0 t þ 1
Die Konstante w 0 ist die Winkelgeschwindigkeit zu Beginn der Drehbewegung, d. h. zurZeit t ¼ 0: w ð0Þ ¼ w 0. F�r die Winkelbeschleunigung a folgt durch nochmalige Dif-ferentiation unter Verwendung der Kettenregel [A30 ]
a ¼ _w ¼ __j ¼ ddt
w 0
kw 0 t þ 1
�¼ w 0 � ddt ðkw 0 t þ 1Þ� 1 ¼
¼ w 0 ð� 1Þ ðkw 0 t þ 1Þ� 2 � kw 0 ¼ � kw 20
ðkw 0 t þ 1Þ 2
Der zeitliche Verlauf von w und a ist in den Bildern III-8 und III-9 dargestellt.
t
vv0
t
a
–kv02
fA
rotierende Scheibe
Bild III-7
Bild III-8 Bild III-9
III Differentialrechnung 75
b) Die Gleichung f�r die Winkelbeschleunigung a l�sst sich wie folgt umstellen:
a ¼ � kw 20
ðkw 0 t þ 1Þ 2 ¼ � kw 2
0
ðkw 0 t þ 1Þ 2 ¼ � kw 0
kw 0 t þ 1
� �2
¼ � kw 2
|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}w
Physikalische Deutung: Die rotierende Scheibe wird verz�gert (negative Winkelbeschleu-nigung!), Verz�gerung und Bremskraft (Reibungskraft) sind dem Quadrat der Winkel-geschwindigkeit proportional. Die Konstante k ist somit der Reibungskoeffizient.
Beispiel 5: Kurbeltrieb
Differentiation (Kettenregel)
Mit dem in Bild III-10 dargestellten Kurbeltrieb l�sst sich eine Kreisbewegung in eine (peri-odische) geradlinige Bewegung umwandeln und umgekehrt. Bestimmen Sie den zeitlichenVerlauf
a) des Kolbenweges x,
b) der Kolbengeschwindigkeit v und derKolbenbeschleunigung a bei gleichm�-ßiger Drehung der Kurbel (Drehung mitkonstanter Winkelgeschwindigkeit w).
l : L�nge der Schubstange
r : Radius der Kurbel
L�sungshinweis: Dr�cken Sie zun�chst den Kolbenweg x durch den Winkel j aus undentwickeln Sie den dabei auftretenden Wurzelausdruck mit Hilfe der Binomischen Reihe.Durch Abbruch dieser Reihe nach dem zweiten Glied erhalten Sie eine N�herungsfunktionf�r x, mit der Sie dann weiterarbeiten.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.2.5 und VI.3.2.3
L�sung:a) Aus Bild III-10 entnehmen wir f�r den Kolbenweg
x ¼ OC � AC ¼ r þ l � ðAB þ BC Þ ¼ r þ l � AB � BC
Weiter folgt aus den beiden rechtwinkligen Dreiecken ABD und BCD
cos a ¼ ABl
) AB ¼ l � cos a
cos j ¼ BCr
) BC ¼ r � cos j
x
r
x
Kolben
KurbelD
B CAa
0
r + l
fl
v
Bild III-10
III Differentialrechnung76
Somit ist
x ¼ r þ l � AB � BC ¼ r þ l � l � cos a � r � cos jDer Hilfswinkel a l�sst sich noch durch den Winkel j ausdr�cken. Zun�chst folgt durchAnwendung des Sinussatzes (Formelsammlung, Abschnitt I.6.6) im Dreieck ACD
sin asin j
¼ rl¼ l oder sin a ¼ l � sin j
(l ¼ r=l ist das sog. Schubstangenverh�ltnis). Aus dem „ trigonometrischen Pythagoras“cos2 a þ sin 2 a ¼ 1 erhalten wir dann unter Ber�cksichtigung dieser Beziehung
cos a ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � sin 2 a
p¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � l 2 � sin 2 j
qDer Kolbenweg betr�gt somit in Abh�ngigkeit vom Winkel j
x ¼ r þ l � l �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � l 2 � sin 2 j
q� r � cos j
Den Wurzelausdruck entwickeln wir mit Hilfe der Binomischen Reiheffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � zp ¼ ð1 � zÞ 1=2 ¼ 1 � 1
2z � 1
8z 2 � . . .
(Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4). Mit z ¼ l 2 � sin 2 j folgt hieraus durch Abbruchder Reihe nach dem zweiten Glied 3):ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 � l 2 � sin 2 j
q� 1 � 1
2l 2 � sin 2 j
Damit erhalten wir f�r den Kolbenweg die folgende N�herungsfunktion :
x ¼ r þ l � l 1 � 12l 2 � sin 2 j
� �� r � cos j ¼
¼ r þ l � l þ 12l l 2 � sin 2 j � r � cos j ¼ r þ 1
2l l 2 � sin 2 j � r � cos j ¼
¼ r þ 12ðl lÞ l � sin 2 j � r � cos j ¼ r þ 1
2r l � sin2 j � r � cos j ¼|{z}
r
¼ r 1 � cos j þ l
2� sin 2 j
� �(aus l ¼ r=l folgt l l ¼ r). Wegen der gleichm�ßigen Drehung der Kurbel ist j ¼ w tund das Weg-Zeit-Gesetz f�r den Kolben lautet damit
x ðtÞ ¼ r 1 � cos ðw tÞ þ l
2� sin 2 ðw tÞ
� �, t � 0
3) Diese N�herung ist in der Praxis meist gerechtfertigt, da l 2 � sin 2 j � 1 ist.
III Differentialrechnung 77
Bild III-11 zeigt den Verlauf dieser periodischenFunktion im Periodenintervall 0 t 2p=w.
b) Aus dem Weg-Zeit-Gesetz x ðtÞ erhalten wir durch Differentiation nach der Zeit t unterVerwendung der Kettenregel das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz
v ðtÞ ¼ _x ðtÞ ¼ r ð0 þ w � sin ðw tÞ þ lw � sin ðw tÞ � cos ðw tÞÞ ¼
¼ rw sin ðw tÞ þ l
2� sin ð2w tÞ
� �, t � 0
Dabei haben wir von der trigonometrischen Formel sin ð2w tÞ ¼ 2 � sin ðw tÞ � cos ðw tÞGebrauch gemacht (Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.3). Durch nochmalige Differentia-tion nach der Zeit (abermals nach der Kettenregel ) folgt f�r die Beschleunigung
a ðtÞ ¼ _v ðtÞ ¼ __x ðtÞ ¼ rw ðw � cos ðw tÞ þ lw � cos ð2w tÞÞ ¼¼ rw 2 ðcos ðw tÞ þ l � cos ð2w tÞÞ , t � 0
Beispiel 6: Zusammenhang zwischen Fallbeschleunigung und Fallwegunter Ber�cksichtigung des Luftwiderstandes
Differentiation (Kettenregel)
Wird beim freien Fall der Luftwiderstand in Form einer dem Quadrat der Fallgeschwindig-keit v proportionalen Reibungskraft k v 2 ber�cksichtigt, so erh�lt man die folgende funk-tionale Abh�ngigkeit der Fallgeschwindigkeit v vom Fallweg s 4):
v ðsÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
1 � e�2 k sm
� �s, s � 0
m: Masse des aus der Ruhe heraus frei fallenden K�rpers; g: Erdbeschleunigung an derErdoberfl�che; k > 0: Reibungskoeffizient
t
x
pv
2pv
2r
Bild III-11
4) Diese Beziehung wird in Kapitel II, �bung 23 aus den Zeitabh�ngigkeiten von v und s und in Kapitel IV,�bung 14 durch Integration des Newtonschen Grundgesetzes hergeleitet.
III Differentialrechnung78
Leiten Sie hieraus unter Verwendung der Kettenregel den funktionalen Zusammenhang zwi-schen der Fallbeschleunigung a und dem Fallweg s her und skizzieren Sie diese Funktion.Welches Ergebnis erh�lt man im Grenzfall k ! 0 (luftleerer Raum)?
Lehrbuch: Bd. 1, IV.2.5
L�sung:Es ist definitionsgem�ß a ¼ dv
dt, wobei die Geschwindigkeit v �ber den Weg s von der
Zeit t abh�ngt (zusammengesetzte Funktion). Nach der Kettenregel folgt dann
a ¼ dvdt¼ dv
ds� ds
dt|{z}v
¼ dvds� v ¼ v � dv
dsmit v ¼ ds
dt
� �
Wir differenzieren nun die vorgegebene Funktion v ðsÞ unter Verwendung der Kettenregelnach der Variablen s und erhalten
dvds¼ d
ds
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
1 � e� 2 k sm
� �s !¼ 1
2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
1 � e� 2 k sm
� �s|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
v
� mgk� 2 km� e� 2 k s
m ¼
¼ 12 v� 2 g � e� 2 k s
m ¼ gv� e� 2 k s
m
Die gesuchte Beziehung zwischen der Fallbeschleunigung a und dem Fallweg s lautet somit:
a ¼ v � dvds¼ v � g
v� e� 2 k s
m ¼ g � e� 2 k sm , s � 0
Die Fallbeschleunigung ist keine Konstantemehr, sondern nimmt infolge des Luftwiderstan-des mit zunehmendem Fallweg nach einemExponentialgesetz gegen null ab (Bild III-12).
Sonderfall k ! 0 (luftleerer Raum):
a ¼ limk! 0
g � e� 2 k sm
� �¼ g � lim
k! 0e� 2 s
m k ¼ g � e0 ¼ g � 1 ¼ g
Die Fallbeschleunigung (Erdbeschleunigung) ist im luftleeren Raum eine Konstante.
s
a
g
Bild III-12
III Differentialrechnung 79
Beispiel 7: Periodische Bewegung eines Massenpunktes
Differentiation eines zeitabh�ngigen Ortsvektors
Die Bewegung eines Massenpunktes in der x, y-Ebene erfolge auf der durch den von derZeit t abh�ngigen Ortsvektor
~rr ðtÞ ¼ a � sin2 ðw tÞb � cos2 ðw tÞ
!, t � 0
beschriebenen Bahn (a, b und w sind positive Konstanten).
a) Wie lautet die Gleichung der Bahnkurve in der expliziten Form y ¼ y ðxÞ? UntersuchenSie die wesentlichen Eigenschaften dieser Bewegung.
b) Wie lauten Geschwindigkeitsvektor ~vv ðtÞ und Beschleunigungsvektor ~aa ðtÞ, wie groß sindihre Betr�ge? In welchen Punkten erreichen sie ihren kleinsten bzw. gr�ßten Wert?
Lehrbuch: Bd. 1, IV.2.5 und Bd. 3, I.1.2
L�sung:a) Die Koordinaten x ¼ a � sin 2 ðw tÞ und y ¼ b � cos2 ðw tÞ sind periodische Funktionen
der Zeit mit der Periode p ¼ p=w. Daher ist auch die Gesamtbewegung periodisch mitp ¼ p=w. Wir l�sen die Koordinatengleichungen nach der jeweiligen trigonometrischenFunktion auf und setzen die gefundenen Ausdr�cke in den „ trigonometrischen Pythago-ras“ ein (Formelsammlung, Abschnitt III.7.5):
sin 2 ðw tÞ þ cos2 ðw tÞ ¼ xaþ y
b¼ 1
Die Bahnkurve ist somit ein Geradenst�ck mit den Achsenabschnitten a und b(Bild III-13). In expliziter Form lautet die Geradengleichung
y ¼ � baðx � aÞ , 0 x a
Der Massenpunkt bewegt sich dabei inder Zeit T ¼ p ¼ p=w vom „Start-punkt“ A aus bis zum Punkt B undzur�ck zum Punkt A. Dann beginnt dieperiodische Bewegung von neuem. DieBewegung kann daher als eine Schwin-gung zwischen den extremen LagenA und B mit der SchwingungsdauerT ¼ p=w aufgefasst werden.
x
yt = 0
t = T
A
bM
a B
t = T
t = Tt = T
14
12
34
Bild III-13
III Differentialrechnung80
b) Unter Verwendung der Kettenregel folgt durch komponentenweise Differentiation:
~vv ðtÞ ¼ _~rr ðtÞ ¼ ddt
a � sin 2 ðw tÞb � cos2 ðw tÞ
!¼ 2 aw � sin ðw tÞ � cos ðw tÞ
� 2 bw � cos ðw tÞ � sin ðw tÞ
!¼
¼ aw � sin ð2w tÞ� bw � sin ð2w tÞ
!¼ w � sin ð2w tÞ a
� b
!, t � 0
ð2 � sin ðw tÞ � cos ðw tÞ ¼ sin ð2w tÞ, siehe Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.3)
v ðtÞ ¼ j~vv ðtÞ j ¼ w j sin ð2w tÞ j �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ ð� bÞ 2
q¼ w
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ b 2
p� j sin ð2w tÞ j
~aa ðtÞ ¼ _~vv ðtÞ ¼ ddt
w � sin ð2w tÞ a
� b
!" #¼ w
a
� b
!� ddt½ sin ð2w tÞ ¼
¼ wa
� b
!� cos ð2w tÞ � 2w ¼ 2w 2 � cos ð2w tÞ a
� b
!
a ðtÞ ¼ j~aa ðtÞ j ¼ 2w 2 j cos ð2w tÞ j �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ ð� bÞ 2
q¼ 2w 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ b 2
p� j cos ð2w tÞ j
Wir untersuchen nun die Bewegung im Periodenintervall 0 t T mit T ¼ p=w.Die Umkehrpunkte A und B und die Mitte M werden dabei zu den folgenden Zeitenerreicht (siehe hierzu Bild III-13):
Zeit t 014
T12
T34
T T
Punkt A M B M A
Bild III-14 zeigt den zeitlichen Verlauf der Geschwindigkeit v. Sie ist in beiden Umkehr-
punkten ðA, BÞ jeweils null und erreicht ihren Maximalwert vmax ¼ wffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ b 2
pin
der Bahnmitte M. Bei der Beschleunigung ist es genau umgekehrt (Bild III-15). In den
beiden Umkehrpunkten erreicht sie ihren gr�ßten Wert amax ¼ 2w 2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 þ b 2
p, in der
Mitte ist sie null.
t
v
vmax
T T T T14
12
34
A AB
MM
T = /p v
t
a
amax
T T T T14
12
34
A AB
MM
T = /p v
Bild III-14 Bild III-15
III Differentialrechnung 81
Beispiel 8: Rollkurve oder gew�hnliche Zykloide
Differentiation eines zeitabh�ngigen Ortsvektors
Ein Rad vom Radius R rollt auf einer Geraden mit konstanter Winkelgeschwindigkeit w.Bei dieser Bewegung beschreibt ein Punkt P auf dem Umfang des abrollenden Rades (Krei-ses) eine als Rollkurve oder gew�hnliche Zykloide bezeichnete periodische Bahnkurve (BildIII-16).
a) Beschreiben Sie diese ebene Kurve durch einen vom „W�lzwinkel“ j ¼ w t bzw. vomZeitparameter t abh�ngigen Ortsvektor ~rr ðtÞ.
b) Wie lauten Geschwindigkeitsvektor ~vv ðtÞ und Beschleunigungsvektor ~aa ðtÞ?c) Zu welchen Zeiten erreicht die Geschwindigkeit dem Betrage nach ihren kleinsten bzw.
gr�ßten Wert? Welchen Punkten der Zykloide entsprechen diese Zeiten?
Hinweis: Die Rollbewegung des Rades beginnt zur Zeit t ¼ 0, der Punkt P befindet sichdann im Koordinatenursprung.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.2.5 und Bd. 3, I.1.2
L�sung:a) F�r die Koordinaten x und y des Punktes P erhalten wir aus Bild III-16 die folgenden
Beziehungen:
x ¼ OA ¼ OB � AB ¼ OB � CM ðAB ¼ CM Þy ¼ AP ¼ AC þ C P ¼ BM þ C P ¼ R þ C P ðAC ¼ BM ¼ RÞ
Aus der Abrollbedingung folgt f�r die Strecke OB:
OB ¼ _BP ¼ Rj
(diese Strecken sind im Bild dick gezeichnet). Die Strecken CM und C P lassen sichaus dem rechtwinkligen Dreieck MPC berechnen (MP ¼ R; a ist ein Hilfswinkel ):
xx
y
y
v
f
Zykloide
abrollendesRad
2 RpA0 B
2R P
R
R
aM
C
Bild III-16
III Differentialrechnung82
cos a ¼ CM
MP¼ CM
R) CM ¼ R � cos a
sin a ¼ C P
M P¼ C P
R) C P ¼ R � sin a
Mit a ¼ j � 90� und unter Verwendung der Additionstheoreme (siehe Formelsamm-lung, Abschnitt III.7.6.1) wird hieraus
CM ¼ R � cos a ¼ R � cos ðj � 90�Þ ¼¼ R ðcos j � cos 90�|fflfflffl{zfflfflffl}
0
þ sin j � sin 90�|fflfflffl{zfflfflffl}1
Þ ¼ R � sin j
C P ¼ R � sin a ¼ R � sin ðj � 90�Þ ¼¼ R ðsin j � cos 90�|fflfflffl{zfflfflffl}
0
� cos j � sin 90�|fflfflffl{zfflfflffl}1
Þ ¼ �R � cos j
Die Parameterdarstellung der Rollkurve mit dem W�lzwinkel j als Parameter lautet damit
x ¼ OB � CM ¼ Rj � R � sin j ¼ R ðj � sin jÞy ¼ R þ C P ¼ R � R � cos j ¼ R ð1 � cos jÞ
)j � 0
Mit j ¼ w t wird daraus der zeitabh�ngige Ortsvektor
~rr ðtÞ ¼ x ðtÞy ðtÞ
!¼ R ðw t � sin ðw tÞÞ
R ð1 � cos ðw tÞÞ
!¼ R
w t � sin ðw tÞ1 � cos ðw tÞ
!, t � 0
b) Wir differenzieren (unter Verwendung der Kettenregel) den Ortsvektor ~rr ðtÞ komponenten-weise nach der Zeit t und erhalten den Geschwindigkeitsvektor
~vv ðtÞ ¼ _~rr ðtÞ ¼ Rw � w � cos ðw tÞ0 þ w � sin ðw tÞ
!¼ wR
1 � cos ðw tÞsin ðw tÞ
!
mit dem Betrag
v ðtÞ ¼ j~vv ðtÞ j ¼ wRffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½ 1 � cos ðw tÞ 2 þ sin 2 ðw tÞ
q¼
¼ wRffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 2 � cos ðw tÞ þ cos2 ðw tÞ þ sin 2 ðw tÞ
q¼ wR
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � 2 � cos ðw tÞ
p¼|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
¼ wRffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2½ 1 � cos ðw tÞ
p¼ wR
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 � sin2 w t
2
� �r¼ 2wR sin
w t2
� � |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}2 � sin 2 w t
2
� �
III Differentialrechnung 83
Die trigonometrischen Umrechnungen wurden der Formelsammlung entnommen (Ab-schnitt III.7.5 bzw. III.7.6.4). Durch nochmalige (komponentenweise) Differentiation mitHilfe der Kettenregel erhalten wir aus v ðtÞ den Beschleunigungsvektor
~aa ðtÞ ¼ _~vv ðtÞ ¼ wR0 þ w � sin ðw tÞw � cos ðw tÞ
!¼ w 2 R
sin ðw tÞcos ðw tÞ
!
dessen Betrag zeitlich konstant ist:
a ðtÞ ¼ j~aa ðtÞ j ¼ w 2 Rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffisin 2 ðw tÞ þ cos 2 ðw tÞ
q¼ w 2 R � 1 ¼ w 2 R|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
c) Der Geschwindigkeitsbetrag v ðtÞ ¼ 2wR sinw t2
� � ist eine periodische Funktion mit
der Periode p ¼ 2pw
(Bild III-17).
Der kleinste bzw. gr�ßte Wert wird zu den folgenden Zeiten erreicht:
Minimum vmin ¼ 0: t 1 k ¼ 0 þ k � 2pw¼ k � 2p
w
Maximum vmax ¼ 2wR: t 2 k ¼ p
wþ k � 2p
w¼ ð1 þ 2 kÞ p
w
9>>=>>; ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
Der Punkt P des abrollenden Rades befindet sich dann in seiner tiefsten bzw. h�chsten Lage.
Beispiel 9: Linearisierung einer Halbleiter-Kennlinie
Linearisierung einer Funktion
Die Strom-Spannung-Kennlinie eines Halbleiters mit p n-�bergang l�sst sich bei Raumtem-peratur durch die Gleichung
I ðUÞ ¼ I S eU
25 mV � 1� �
beschreiben (I: Stromst�rke; I S : Sperrstrom; U: Spannung).
t
v
2 Rv
pv
2pv
3pv
4pv
5pv
6pv
Bild III-17
III Differentialrechnung84
a) Linearisieren Sie diese Kennlinie in der Umgebung der „Arbeitsspannung“ U 0 ¼ 20 mVf�r den Sperrstrom I S ¼ 1 mA.
b) Welchen Stromwert liefert die linearisierte Kennlinie f�r U ¼ 23 mV, wie groß ist derexakte Wert? Wie groß ist die prozentuale Abweichung des N�herungswertes vom exaktenWert?
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.2
L�sung:a) Bild III-18 zeigt den Verlauf der Kennlinie
I ðUÞ ¼ 1 mA eU
25 mV � 1� �
im Spannungsbereich � 40 UmV 40.
Die „Koordinaten“ des Arbeitspunktes Abetragen:
U 0 ¼ 20 mV
I 0 ¼ I ðU 0 ¼ 20 mVÞ ¼
¼ 1 mA e20 mV25 mV � 1
� �¼
¼ ðe0,8 � 1ÞmA ¼ 1,2255 mA
Die Steigung der Kurventangente in A erhalten wir �ber die 1. Ableitung der FunktionI ¼ I ðUÞ mit Hilfe der Kettenregel:
I 0 ðUÞ ¼ 1 mA � e U25 mV � 1
25 mV¼ 1 mA
25 mV� e U
25 mV )
I 0 ðU 0 ¼ 20 mVÞ ¼ 1 mA25 mV
� e 20 mV25mV ¼ 1
25� e 0,8 mA
mV¼ 0,0890
mAmV
Die Tangente lautet somit in der Punkt-Steigungsform wie folgt:
I � I 0U � U 0
¼ I 0 ðU 0Þ ) I � 1,2255 mAU � 20 mV
¼ 0,0890mAmV
Diese Gleichung l�sen wir nach I auf und erhalten die gew�nschte linearisierte Funktionin der Hauptform:
I � 1,2255 mA ¼ 0,0890mAmVðU � 20 mVÞ ¼ 0,0890
mAmV� U � 1,7800 mA )
I ¼ 0,0890mAmV� U � 0,5545 mA
ImA
3
2
11,2255
–40 –20 10 20 30 40 UmV–1
A
Bild III-18
III Differentialrechnung 85
F�r Spannungen in der unmittelbaren Umgebung der Arbeitsspannung U 0 ¼ 20 mV giltsomit n�herungsweise
I ðUÞ ¼ 1 mA eU
25 mV � 1� �
� 0,0890mAmV� U � 0,5545 mA
(sog. linearisierte Kennlinie).
b) Exakter Wert: I ðU ¼ 23 mVÞ ¼ 1 mA e23 mV25 mV � 1
� �¼ ðe0,92 � 1ÞmA ¼ 1,5093 mA
Naherungswert: I ðU ¼ 23 mVÞ � 0,0890mAmV� 23 mV � 0,5545 mA ¼ 1,4925 mA
Abweichung ðabsolutÞ: DI ¼ 1,4925 mA � 1,5093 mA ¼ � 0,0168 mA
Abweichung ðprozentualÞ: DII exakt
� 100% ¼ � 0,0168 mA1,5093 mA
� 100% ¼ � 1,11%
Die linearisierte Kennlinie liefert somit einen um rund 1,11% zu kleinen Wert.
Beispiel 10: Linearisierung der Widerstandskennlinie einesThermistors (Heißleiters)
Linearisierung einer Funktion
Ein Thermistor oder Heißleiter ist ein Halbleiter, dessen elektrischer Widerstand R mit zu-nehmender Temperatur T nach der Gleichung
R ðTÞ ¼ a � e bT ða > 0, b > 0Þ
abnimmt (gute Leitf�higkeit im „heißen“ Zustand, schlechte Leitf�higkeit im „kalten“ Zu-stand).
a) Linearisieren Sie diese Funktion in der Umgebung der „Arbeitstemperatur“
T0 ¼ 373,15 K fur a ¼ 0,1W und b ¼ 2500 K :
b) Berechnen Sie den Wert des Temperaturkoeffizienten a ¼ 1R� dRdT
bei dieser Temperatur.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.2
III Differentialrechnung86
L�sung:a) Bild III-19 zeigt den Verlauf der Kennlinie
R ðTÞ ¼ 0,1W � e 2500 KT
im Temperaturbereich 320 K T 430 K, d. h. f�r Temperaturen zwischen ca. 47 �C undca. 157 �C.Die „Koordinaten“ des Arbeitspunk-tes A lauten:
T 0 ¼ 373,15 K
R 0 ¼ R ðT 0 ¼ 373,15 KÞ ¼
¼ 0,1W � e2500 K373,15 K ¼
¼ 0,1 � e6,6997 W ¼¼ 81,22W
Die Steigung der Kurventangente in A ist die 1. Ableitung der Funktion R ¼ R ðTÞ ander Stelle T 0 ¼ 373,15 K. Die Kettenregel liefert:
R 0 ðTÞ ¼ dRdT¼ 0,1W � � 2500 K
T 2
� �� e 2500 K
T ¼ � 250W KT 2
� e 2500 KT )
R 0 ðT 0 ¼ 373,15 KÞ ¼ � 250W K
ð373,15 KÞ 2 � e2500 K373,15 K ¼ � 1,458
W
K
Die Gleichung der Tangente im Arbeitspunkt A lautet somit in der Punkt-Steigungsform
R � R 0
T � T 0¼ R 0 ðT 0Þ ) R � 81,22W
T � 373,15 K¼ � 1,458
W
K
bzw. in der Hauptform
R ¼ � 1,458W
KðT � 373,15 KÞ þ 81,22W ¼ � 1,458
W
K� T þ 625,28W
In der Umgebung der „Arbeitstemperatur“ T 0 ¼ 373,15 K gilt dann n�herungsweise
R ¼ 0,1W � e 2500 KT � � 1,458
W
K� T þ 625,28W
(sog. linearisierte Kennlinie).
TK
RV
A
250
200
150
100
50
320 350 373,15
81,22
400 430Bild III-19
III Differentialrechnung 87
b) Unter Ber�cksichtigung der Ergebnisse aus dem L�sungsteil a) folgt f�r den Temperatur-koeffizient bei der Temperatur T 0 ¼ 373,15 K
a ¼ 1R 0� dRdT
T ¼T 0
¼ 1R 0� R 0 ðT 0Þ ¼ R 0 ðT 0Þ
R 0¼� 1,458
W
K81,22W
¼ � 0,0180 K� 1
Beispiel 11: Kritische Daten eines realen Gases
Sattelpunkt
In der Thermodynamik wird der Zustand eines Gases durch die drei Zustandsvariablen p(Druck), V (Volumen) und T (absolute Temperatur) beschrieben. F�r 1 Mol eines idealen Ga-ses gilt die bekannte Zustandsgleichung pV ¼ RT (R : allgemeine Gaskonstante). Die Isother-men (Kurven gleicher Temperatur), in einem p, V-Diagramm dargestellt, sind streng monotonfallende (rechtwinklige) Hyperbeln (Bild III-20a)). Die Praxis jedoch lehrt, dass sich ein Gasinsbesondere bei tiefen Temperaturen (in der N�he der Verfl�ssigungstemperatur) deutlich an-ders verh�lt als ein ideales Gas. Der Grund liegt auf der Hand: Beim idealen Gas bleibt sowohldas Eigenvolumen der Gasmolek�le als auch die Wechselwirkung (Anziehung) der Gasmolek�leuntereinander unber�cksichtigt. Von van der Waals stammt die folgende (nach ihm benannte)modifizierte Zustandsgleichung, die das Verhalten realer Gase in guter N�herung beschreibt:
p þ aV 2
� �ðV � bÞ ¼ RT ðfur 1 Mol; V > bÞ
a und b sind dabei artspezifische (positive) Konstanten, die experimentell ermittelt werdenm�ssen. Der Korrekturterm a=V 2 beschreibt dabei die Wechselwirkung (Anziehung) zwi-schen den Gasmolek�len (sog. Binnendruck), w�hrend der Term b das Eigenvolumen derGasmolek�le ber�cksichtigt (sog. Kovolumen). Der Verlauf der Isothermen eines sog. van derWaalsschen Gases ist im Bild III-20b) dargestellt.
Bei hinreichend tiefer Temperatur l�sst sich ein (reales) Gas bekanntlich durch Komprimierenverfl�ssigen (�bergang von der gasf�rmigen in die fl�ssige Phase). Oberhalb einer bestimmtenTemperatur, kritische Temperatur TK genannt, ist dies jedoch nicht mehr m�glich. Die zugeh�-rige Isotherme unterscheidet sich dabei von allen anderen Isothermen dadurch, dass sie einenWendepunkt mit einer waagerechten Tangente, also einen sog. Sattelpunkt besitzt (Punkt K inBild III-20b), kritischer Punkt genannt). Der Verlauf der �brigen Isothermen ist sehr unter-schiedlich. F�r T > TK verlaufen die Isothermen monoton fallend, f�r sehr hohe Temperatu-ren nahezu hyperbelf�rmig wie bei einem idealen Gas. In diesem Temperaturbereich ist keinPhasen�bergang m�glich (es existiert nur der gasf�rmige Zustand). F�r Temperaturen, die unter-halb der kritischen Temperatur liegen ðT < TKÞ gilt dagegen: Jede Isotherme hat sowohl einrelatives Minimum als auch ein relatives Maximum und verl�uft hier „schleifenf�rmig“ (sieheBild III-20b)). Das Gas geht in diesem Bereich durch Komprimieren nach und nach in denfl�ssigen Zustand �ber (2-Phasenbereich, in Bild III-20b) grau unterlegt) 5).
5) In Wirklichkeit verl�uft die Isotherme im 2-Phasenbereich parallel zur V-Achse (konstanter Druck). Diese Paral-lele wird so gelegt, dass die beiden in Bild III-20b) dunkelgrau markierten Teilfl�chen zwischen der „van derWaals-Schleife“ und dieser Geraden gleich groß sind.
III Differentialrechnung88
Bestimmen Sie mit Hilfe der Differentialrechnung die kritischen Daten pK , VK und TK ,d. h. die Werte der drei Zustandsvariablen im kritischen Punkt K.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.4.2
L�sung:Wir l�sen die van der Waalsche Zustandsgleichung nach p auf:
p þ aV 2
� �ðV � bÞ ¼ RT ) p ¼ RT
V � b� a
V 2
Die durch den kritischen Punkt K verlaufende Isotherme geh�rt zur Temperatur T ¼ TK.Der Druck p ist auf dieser Isotherme nur vom Volumen V abh�ngig, d. h. eine Funktion derZustandsvariable V:
p ¼ p ðVÞ ¼ RTK
V � b� a
V 2¼ RTK ðV � bÞ� 1 � aV � 2
Der kritische Punkt ist der Sattelpunkt der Isotherme. Um ihn zu berechnen, ben�tigen wirdie ersten drei Ableitungen der Funktion p ¼ p ðVÞ . Mit Hilfe der Kettenregel erhaltenwir der Reihe nach:
V V
p p
T1T2
T3T4
T5
T > TK
T = TK
T < TK
K
Sättigungs-gebiet
a) b)
Bild III-20 Isothermen eines Gasesa) Ideales Gas ðT 1 < T 2 < T 3 < T 4 < T 5Þb) Van der Waalssches Gas (K : kritischer Punkt; TK : kritische Temperatur)
III Differentialrechnung 89
dpdV¼ d
dV½RTK ðV � bÞ� 1 � aV � 2 ¼ RTK ð� 1Þ ðV � bÞ� 2 � 1 � a ð� 2ÞV � 3 ¼
¼ �RTK ðV � bÞ� 2 þ 2 aV � 3 ¼ � RTK
ðV � bÞ 2 þ2 aV 3
d 2pdV 2
¼ ddV½ �RTK ðV � bÞ� 2 þ 2 aV � 3 ¼
¼ �RTK ð� 2Þ ðV � bÞ� 3 � 1 þ 2 a ð� 3ÞV � 4 ¼
¼ 2RTK ðV � bÞ� 3 � 6 aV � 4 ¼ 2RTK
ðV � bÞ 3 �6 aV 4
d 3pdV 3
¼ ddV½ 2RTK ðV � bÞ� 3 � 6 aV � 4 ¼
¼ 2RTK ð� 3Þ ðV � bÞ� 4 � 1 � 6 a ð� 4Þ V � 5 ¼
¼ � 6RTK ðV � bÞ� 4 þ 24 aV � 5 ¼ � 6RTK
ðV � bÞ 4 þ24 aV 5
In einem Sattelpunkt m�ssen die ersten beiden Ableitungen verschwinden (notwendige Bedin-gungen f�r einen Sattelpunkt). Wir erhalten zwei Bestimmungsgleichungen f�r die kritischenWerte von Volumen und Temperatur:
dpdV¼ 0 ) � RTK
ðV � bÞ 2 þ2 aV 3¼ 0
d 2p
dV 2 ¼ 0 ) 2RTK
ðV � bÞ 3 �6 aV 4¼ 0
Diese Gleichungen l�sen wir nach dem gemeinsamen Term RTK auf und erhalten danndurch Gleichsetzen eine Gleichung, aus der sich das kritische Volumen VK berechnen l�sst:
(I) RTK ¼ 2 a ðV � bÞ 2V 3
(II) RTK ¼ 3 a ðV � bÞ 3V 4 |fflfflfflfflfflfflfflffl
{zfflfflfflfflfflfflfflffl}
)
2 a ðV � bÞ 2V 3
¼ 3 a ðV � bÞ 3V 4
) 2 a ðV � bÞ 2 V 4 ¼ 3 a ðV � bÞ 3 V 3 )
2V ¼ 3 ðV � bÞ ¼ 3V � 3 b ) �V ¼ � 3 b ) VK ¼ 3 b
Diesen (kritischen) Wert setzen wir f�r V in Gleichung (I) ein und berechnen aus dieserGleichung die kritische Temperatur TK :
III Differentialrechnung90
RTK ¼ 2 a ðVK � bÞ 2V 3
K
¼ 2 a ð3 b � bÞ 2ð3 bÞ 3 ¼ 2 a � 4 b 2
27 b 3¼ 8 a
27 b) TK ¼ 8 a
27 b R
Den kritischen Druck pK bestimmen wir aus der van der Waalschen Zustandsgleichung, in-dem wir f�r V und T die bereits bekannten kritischen Werte einsetzen:
pK ¼ RTK
VK � b� a
V 2K
¼R � 8 a
27 b R3 b � b
� a
ð3 bÞ 2 ¼8 a27 b2 b� a
9 b 2¼ 4 a
27 b 2� a
9 b 2¼
¼ 4 a � 3 a27 b 2
¼ a27 b 2
Wir m�ssen noch pr�fen, ob auch das hinreichende Kriterium f�r einen Sattelpunkt erf�llt ist.Die 1. und 2. Ableitung von p nach V verschwinden f�r V ¼ VK und T ¼ TK . Die3. Ableitung an dieser Stelle ist (wie gefordert) von null verschieden:
d 3pdV 3
ðV ¼VK , T ¼TK Þ
¼ � 6RTK
ðVK � bÞ 4 þ24 a
V 5K
¼ �6R � 8 a
27 bR
ð3 b � bÞ 4 þ24 a
ð3 bÞ 5 ¼
¼ �16 a9 b
ð2 bÞ 4 þ24 a
243 b 5¼ �
16 a9 b
16 b 4þ 24 a
243 b 5¼ � a
9 b 5þ 8 a
81 b 5¼
¼ � 9 a þ 8 a81 b 5
¼ � a81 b 5
6¼ 0
Die kritischen Daten eines van der Waalschen Gases lauten somit wie folgt:
pK ¼ a27 b 2
, VK ¼ 3 b , TK ¼ 8 a27 bR
Beispiel 12: Wurfparabel eines Wasserstrahls
Extremwertaufgabe
Bild III-21 zeigt einen bis zur H�he H mit Wasser gef�llten Zylinder. In der Tiefe h (vonder als unver�nderlich angenommenen Wasseroberfl�che h ¼ 0 aus gerechnet) befindet sicheine seitliche �ffnung, aus der das Wasser in waagerechter Richtung mit der nach der For-mel v 0 ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g h
pberechneten Geschwindigkeit austritt.
An welcher Stelle A des Gef�ßes muss man diese �ffnung anbringen, damit der seitlichaustretende Wasserstrahl den Boden an einer m�glichst weit entfernten Stelle B (in horizon-taler Richtung gemessen) trifft?
III Differentialrechnung 91
L�sungshinweis: Die Bewegung eines Wasserstrahlteilchens kann in guter N�herung als einwaagerechter Wurf im luftleeren Raum betrachtet werden (siehe hierzu auch Beispiel 4 inKapitel II).
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.5 Physikalische Grundlagen: A17
L�sung:Die Koordinaten eines Wasserstrahlteilchens zur Zeit t lauten 6):
x ¼ v 0 t , y ¼ 12
g t 2 , t � 0
Wir eliminieren den Zeitparameter t und erhalten als Gleichung des Wasserstrahls die Wurf-parabel
y ¼ 12
g t 2 ¼ 12g
xv 0
� � 2
¼ g
2 v 20
� x 2 ¼ g2 � 2 g h � x
2 ¼ x 2
4 h, x � 0
ðunter Ber�cksichtigung von v 0 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g h
pÞ:
In diese Gleichung setzen wir die Koordinaten des Auftreffpunktes B ¼ ðxW ; H � hÞ einund l�sen nach xW auf:
H � h ¼ x 2W
4 h) x 2
W ¼ 4 h ðH � hÞ ) xW ¼ 2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffih ðH � hÞ
p, 0 h H
Erwartungsgem�ß h�ngt die „Wurfweite“ xW noch von der Lage der Austritts�ffnung, d. h.von h ab. Der Maximalwert wird erreicht, wenn die „Zielfunktion“
z ðhÞ ¼ h ðH � hÞ ¼ H h � h 2 , 0 h H
ihr Maximum annimmt, d. h. der unter der Wurzel stehende Ausdruck h ðH � hÞ seinengr�ßtm�glichen Wert erreicht.
x
Wasseroberfläche (h = 0)
x
xW
xW
y
y
H – h
A
H
Wasserstrahl
Erdboden
Zylindermit
Wasser
Öffnung
v = 2 gh0h
B
Bild III-21
6) Die Bewegung in der x-Richtung erfolgt mit der konstanten Geschwindigkeit v 0, in der y-Richtung gelten dieGesetze des freien Falls [ A17 ].
III Differentialrechnung92
Mit den ben�tigten Ableitungen
z 0 ðhÞ ¼ H � 2 h und z 00 ðhÞ ¼ � 2 < 0
folgt aus der notwendigen Bedingung z 0 ðhÞ ¼ 0
H � 2 h ¼ 0 und somit h ¼ H=2
Ferner ist z 00 ðh ¼ H=2Þ ¼ � 2 < 0, so dass auch das hinreichende Kriterium f�r ein Ma-ximum erf�llt ist. Die Wurfweite xW erreicht somit ihren gr�ßtm�glichen Wert, wenn dieAustritts�ffnung genau in der Mitte des Gef�ßes liegt. Sie betr�gt dann
xW, max ¼ xW ðh ¼ H=2Þ ¼ 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiH2
H � H2
� �s¼ 2
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiH2� H2
r¼ 2 � H
2¼ H
Beispiel 13: Scheibenpendel mit minimaler Schwingungsdauer
Extremwertaufgabe
Bild III-22 zeigt ein Scheibenpendel (auch physika-lisches Pendel genannt) mit einer homogenen Kreis-scheibe vom Radius R und der Masse m als schwin-genden K�rper. Die Schwingung erfolgt dabei um dieeingezeichnete Achse A (senkrecht zur Zeichenebe-ne) mit der nach der Formel
T ¼ 2p �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiJA
m g x
sberechneten Schwingungsdauer.
g ¼ 9,81 m=s 2 : Erdbeschleunigung; x : Abstand desSchwerpunktes S von der Achse A; JA : Massentr�g-heitsmoment der Scheibe, bezogen auf die Achse A
F�r welchen Wert der Abstandskoordinate x schwingt dieses Pendel mit der kleinstm�glichenSchwingungsdauer T ?
L�sungshinweis: Das Massentr�gheitsmoment JA l�sst sich nach dem Satz von Steiner[A31 ] bestimmen. Das dabei ben�tigte Massentr�gheitsmoment der Scheibe bez�glich der
zur Achse A parallelen Schwerpunktachse S betr�gt J S ¼ 12mR 2.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.4.1 und IV.3.5 Physikalische Grundlagen: A31
Scheiben-pendel
S
R
A
x
Bild III-22
III Differentialrechnung 93
L�sung:Zun�chst berechnen wir das Massentr�gheitsmoment JA mit Hilfe des Satzes von Steiner[A31 ]:
JA ¼ J S þ mx 2 ¼ 12
mR 2 þ mx 2 ¼ 12m ðR 2 þ 2 x 2Þ ¼ m ðR 2 þ 2 x 2Þ
2
F�r die Schwingungsdauer T gilt somit in Abh�ngigkeit vom Abstand x :
T ¼ T ðxÞ ¼ 2p �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiJAm g x
s¼ 2p �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim ðR 2 þ 2 x 2Þ
2mg x
vuuut ¼ 2p �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ 2 x 2
2 g x
s¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4p 2 ðR 2 þ 2 x 2Þ
2 g x
s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2p 2
g� R
2 þ 2 x 2
x
s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2p 2
g
s�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ 2 x 2
x
rT ðxÞ wird minimal, wenn die unter der Wurzel stehende Hilfsfunktion („Zielfunktion“)
z ðxÞ ¼ R 2 þ 2 x 2
x, 0 < x R
ihr Minimum erreicht. Die ben�tigten Ableitungen dieser Funktion lauten (unter Verwendungder Quotientenregel):
z 0 ðxÞ ¼ 4 x � x � 1 ðR 2 þ 2 x 2Þx 2
¼ 4 x 2 � R 2 � 2 x 2
x 2¼ 2 x 2 � R 2
x 2
z 00 ðxÞ ¼ 4 x � x 2 � 2 x ð2 x 2 � R 2Þx 4
¼ 4 x 3 � 4 x 3 þ 2R 2 xx 4
¼ 2R 2 xx 4
¼ 2R 2
x 3
Aus der notwendigen Bedingung z 0 ðxÞ ¼ 0 folgt
2 x 2 � R 2
x 2¼ 0 ) 2 x 2 � R 2 ¼ 0 ) x 1=2 ¼ � 1
2
ffiffiffi2p
R � � 0,707R
Wegen x > 0 kommt nur der positive, im Intervall 0 < x R liegende Wert infrage. Da
z 00 x 1 ¼ 12
ffiffiffi2p
R
� �¼ 2R 2
12
ffiffiffi2p
R
� �3¼ 2R 2
18� 2
ffiffiffi2p
R 3
¼ 8ffiffiffi2p
R¼ 4
ffiffiffi2p
R> 0
ist, besitzt die Zielfunktion an dieser Stelle ein Minimum. Die Schwingungsdauer T des phy-sikalischen Scheibenpendels wird somit am kleinsten, wenn der Abstand zwischen der Achse
A und dem Schwerpunkt S genau x ¼ 12
ffiffiffi2p
R � 0,707R betr�gt. Sie besitzt dann den
folgenden noch vom Scheibenradius R abh�ngigen Wert:
III Differentialrechnung94
Tmin ¼ T x ¼ 12
ffiffiffi2p
R
� �¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2p 2
g
s�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ R 2
12
ffiffiffi2p
R
vuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2p 2
g� 2 � 2R
2ffiffiffi2p
R¼
s
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi8p 2ffiffiffi2p
g� R
s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi8p 2ffiffiffi2p � 9,81
s�ffiffiffiRp� 2,3856 �
ffiffiffiRp
ðR in m, T in sÞ
Beispiel 14: Leistungsanpassung eines Verbraucherwiderstandes
Extremwertaufgabe
Bild III-23 zeigt einen ver�nderlichen Verbrau-cherwiderstand Ra, der von einer Spannungs-quelle mit der konstanten Quellenspannung U 0
und dem Innenwiderstand Ri gespeist wird. BeiKurzschluss (d. h. Ra ¼ 0) und Leerlauf (d. h.Ra ! 1) erfolgt keine Leistungsaufnahme. Da-zwischen gibt es f�r den VerbraucherwiderstandRa einen Wert, bei dem er die gr�ßtm�glicheEnergie aufnimmt (sog. Leistungsanpassung).
Bestimmen Sie diesen Extremwert.
L�sungshinweis: Stellen Sie zun�chst die vom Verbraucherwiderstand Ra aufgenommeneLeistung P [A33] als eine Funktion von Ra dar und bestimmen Sie dann das Maximumdieser Funktion.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.5 Physikalische Grundlagen: A13, A14, A32, A33
L�sung:Der Gesamtwiderstand der Reihenschaltung [A13] ist Rg ¼ Ra þ Ri, nach dem OhmschenGesetz [A14 ] fließt somit ein Strom der St�rke
I ¼ U 0
Rg¼ U 0
Ra þ Ri
Die am Verbraucher liegende Spannung U ist dann nach der Maschenregel [A32 ]
U ¼ U 0 � Ri I
(Ri I ist der Spannungsabfall am Innenwiderstand der Spannungsquelle). Somit betr�gt dievom Verbraucherwiderstand Ra aufgenommene Leistung [A33]
Ra
RiI
U0 U
Bild III-23
III Differentialrechnung 95
P ¼ U I ¼ ðU 0 � Ri IÞ I ¼ U 0 � Ri U 0
Ra þ Ri
� �U 0
Ra þ Ri
� �¼
¼ Ra U 0 þ Ri U 0 � Ri U 0
Ra þ Ri� U 0
Ra þ Ri¼ Ra U 0
Ra þ Ri� U 0
Ra þ Ri¼ U 2
0Ra
ðRa þ RiÞ2
Sie h�ngt noch von Ra ab, d. h. P ¼ f ðRaÞ. Wir bestimmen das Maximum dieser Funktion
aus den hinreichenden BedingungendPdRa
¼ 0 undd 2PdR 2
a< 0. Die dabei ben�tigten Ablei-
tungen lauten (unter Verwendung der Quotienten- und Kettenregel):
dPdRa
¼ U 201 ðRa þ RiÞ 2 � 2 ðRa þ RiÞ � 1 � Ra
ðRa þ RiÞ 4¼ U 2
0ðRa þ RiÞ ½ ðRa þ RiÞ � 2Ra
ðRa þ RiÞ 4¼
¼ U 20Ra þ Ri � 2Ra
ðRa þ RiÞ 3¼ U 2
0Ri � Ra
ðRa þ RiÞ 3
d 2PdR 2
a
¼ U 20� 1 ðRa þ RiÞ 3 � 3 ðRa þ RiÞ 2 � 1 � ðRi � RaÞ
ðRa þ RiÞ 6¼
¼ U 20ðRa þ RiÞ 2 ½ �ðRa þ RiÞ � 3 ðRi � RaÞ
ðRa þ RiÞ 6¼ U 2
0�Ra � Ri � 3Ri þ 3Ra
ðRa þ RiÞ 4¼
¼ U 202Ra � 4Ri
ðRa þ RiÞ 4¼ 2U 2
0Ra � 2Ri
ðRa þ RiÞ 4
Damit erhalten wir:
dPdRa
¼ 0 ) U 20
Ri � Ra
ðRa þ RiÞ 3¼ 0 ) Ri � Ra ¼ 0 ) Ra ¼ Ri
d 2PdR 2
a
ðRa ¼ RiÞ ¼ 2U 20
Ri � 2Ri
ðRi þ RiÞ 4¼ 2U 2
0�Ri
ð2RiÞ 4¼ 2U 2
0�Ri
16R 4i
¼ � U 20
8R 3i
< 0
Maximale Leistungsaufnahme erfolgt somit f�r Ra ¼ Ri, d. h. wenn der Verbraucherwider-stand mit dem Innenwiderstand der Spannungsquelle �bereinstimmt. Bild III-24 zeigt die Ver-braucherleistung P als Funktion des Verbraucherwiderstandes Ra. Der Maximalwert derLeistung betr�gt
Pmax ¼ P ðRa ¼ RiÞ ¼ U 20
Ri
ðRi þ RiÞ 2¼ U 2
0Ri
ð2RiÞ 2¼ U 2
0Ri
4R 2i
¼ U 20
4Ri
III Differentialrechnung96
Beispiel 15: Resonanzfall bei einer erzwungenen Schwingung
Extremwertberechnung
Ein schwingungsf�higes mechanisches System (Modell: elastisches Federpendel oder Feder-Masse-Schwinger) mit der Masse m und der Eigenkreisfrequenz w 0 wird durch eine peri-odisch von der Zeit t abh�ngige �ußere Kraft mit der Gleichung
F ðtÞ ¼ F 0 � sin ðw tÞ , t � 0
zu erzwungenen Schwingungen angeregt. Das System schwingt dann nach Ablauf einer ge-wissen Einschwingphase mit der von außen aufgezwungenen Erregerkreisfrequenz w, wobeidie Schwingungsamplitude A noch wie folgt von dieser Kreisfrequenz abh�ngt:
A ¼ A ðwÞ ¼ F 0
mffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðw 2 � w 2
0Þ 2 þ 4d 2 w 2q , w > 0
(d > 0: D�mpfungsfaktor). Bei welcher Kreisfrequenz wR schwingt das System mitgr�ßtm�glicher Amplitude (sog. Resonanzfall )?
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.4.1
L�sung:Die Amplitude A erreicht genau dann ihren gr�ßtm�glichen Wert, wenn der unter der Wur-zel stehende von der Kreisfrequenz w abh�ngige Ausdruck (auch „Zielfunktion“ genannt)
z ðwÞ ¼ ðw 2 � w 20Þ 2 þ 4d 2 w 2 , w > 0
seinen kleinsten Wert annimmt. Zur Berechnung dieses Extremwertes ben�tigen wir die erstenbeiden Ableitungen. Sie lauten (unter Verwendung der Ketten- bzw. Produktregel):
P
Max
R = Ra i Ra2Ri 4Ri3Ri
U4R
0
i
2
Bild III-24
III Differentialrechnung 97
z 0 ðwÞ ¼ 2 ðw 2 � w 20Þ � 2w þ 4d 2 � 2w ¼ 4w ðw 2 � w 2
0Þ þ 4w � 2 d 2 ¼
¼ 4w ðw 2 � w 20 þ 2d 2Þ
z 00 ðwÞ ¼ 4 ðw 2 � w 20 þ 2d 2Þ þ 2w � 4w ¼ 4 ðw 2 � w 2
0 þ 2d 2Þ þ 4 � 2w 2 ¼
¼ 4 ðw 2 � w 20 þ 2 d 2 þ 2w 2Þ ¼ 4 ð3w 2 � w 2
0 þ 2d 2ÞAus der f�r einen Extremwert notwendigen Bedingung z 0 ðwÞ ¼ 0 folgt dann
4w ðw 2 � w 20 þ 2d 2Þ ¼ 0
und weiter wegen w > 0
w 2 � w 20 þ 2 d 2 ¼ 0 ) w 2 ¼ w 2
0 � 2d 2 ) w 1=2 ¼ �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � 2d 2q
(reelle L�sungen nur f�r schwache D�mpfung, d. h. w 20 > 2 d 2).
Es kommt jedoch nur die positive L�sung w 1 infrage. F�r diesen Wert ist die 2. Ableitungpositiv :
z 00 ðw ¼ w 1Þ ¼ 4 ð3w 21 � w 2
0 þ 2d 2Þ ¼ 4 ½ 3 ðw 20 � 2d 2Þ � w 2
0 þ 2d 2 ¼
¼ 4 ð3w 20 � 6d 2 � w 2
0 þ 2d 2Þ ¼ 4 ð2w 20 � 4 d 2Þ ¼ 8 ðw 2
0 � 2 d 2Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}w 2
1
¼
¼ 8w 21 > 0
Die Zielfunktion z ðwÞ besitzt daher f�r w 1 ein relatives Minimum. Der Resonanzfall tritt
somit bei der Kreisfrequenz wR ¼ w 1 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � 2d 2q
ein (sog. Resonanzkreisfrequenz).
Die Schwingungsamplitude erreicht dann ihren gr�ßtm�glichen Wert
Amax ¼ A ðw ¼ wRÞ ¼ F 0
mffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðw 2
R � w 20Þ 2 þ 4d 2 w 2
R
q ¼
¼ F 0
mffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðw 2
0 � 2 d 2 � w 20Þ 2 þ 4d 2 ðw 2
0 � 2d 2Þq ¼
¼ F 0
mffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4d 4 þ 4d 2 ðw 2
0 � 2 d 2Þq ¼ F 0
mffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4d 2 ðd 2 þ w 2
0 � 2d 2Þq ¼
¼ F 0
m � 2 dffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q ¼ F 0
2m dffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
III Differentialrechnung98
Bild III-25 zeigt den Verlauf derAmplitudenfunktion A ¼ A ðwÞ(sog. Resonanzkurve). Infolge derD�mpfung liegt die Resonanzstel-le wR stets unterhalb der Eigen-kreisfrequenz w 0!
Beispiel 16: Optimale Beleuchtung eines Punktes durch eine Lichtquelle
Extremwertaufgabe
Ein fester Punkt A auf einer ebenen B�hne wird durch eine in der H�he verstellbarepunktf�rmige Lichtquelle L mit der konstanten Lichtst�rke I 0 beleuchtet (Bild III-26). Dievon der Lichtquelle L im Punkt A erzeugte Beleuchtungsst�rke B gen�gt dabei dem Lam-bertschen Gesetz
B ¼ I 0 � cos ar 2
Dabei ist a der Einfallswinkel des Lichtes (gegendie Vertikale gemessen) und r der Abstand zwi-schen der Lichtquelle und dem Punkt A. In wel-cher H�he h �ber der B�hne muss man die Licht-quelle anbringen, damit der Punkt A optimalbeleuchtet wird, die Beleuchtungsst�rke B somitim Punkt A ihren gr�ßtm�glichen Wert erreicht?
L�sungshinweis: Stellen Sie zun�chst die Beleuchtungsst�rke B als eine nur von der H�he habh�ngige Funktion dar (die Abstandsgr�ße a ist vorgegeben).
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.4.1 und IV.3.5
L�sung:Aus dem rechtwinkligen Dreieck OAL folgt
cos a ¼ hr
und r 2 ¼ a 2 þ h 2 oder r ¼ ða 2 þ h 2Þ 1=2
v0
vR
v2v0 3v0
F
m
0
02v
A
Amax
Bild III-25
h
0
a
r
a
L
A
Lichtquelle
Bühne
Bild III-26
III Differentialrechnung 99
Damit erhalten wir f�r die Beleuchtungsst�rke B die folgende Abh�ngigkeit von der H�he hder Lichtquelle �ber der B�hne:
B ¼ B ðhÞ ¼ I 0 � cos ar 2
¼I 0 � hrr 2
¼ I 0h
r � r 2 ¼ I 0hr 3¼ I 0
h
ða 2 þ h 2Þ 3=2, h � 0
Die f�r die Bestimmung des Extremwertes (Maximums) ben�tigten Ableitungen lauten (unterVerwendung der Quotienten- und Kettenregel):
B 0 ðhÞ ¼ I 0
1 ða 2 þ h 2Þ 3=2 � 32ða 2 þ h 2Þ 1=2 � 2 h � h
ða 2 þ h 2Þ 3 ¼
¼ I 0ða 2 þ h 2Þ 1=2 ða 2 þ h 2Þ � 3 h 2 ða 2 þ h 2Þ 1=2
ða 2 þ h 2Þ 3 ¼
¼ I 0ða 2 þ h 2Þ 1=2 ½ a 2 þ h 2 � 3 h 2
ða 2 þ h 2Þ 6=2¼ I 0
a 2 � 2 h 2
ða 2 þ h 2Þ 5=2
B 00 ðhÞ ¼ I 0
� 4 h ða 2 þ h 2Þ 5=2 � 52ða 2 þ h 2Þ 3=2 � 2 h ða 2 � 2 h 2Þ
ða 2 þ h 2Þ 5 ¼
¼ I 0� 4 h ða 2 þ h 2Þ 3=2 ða 2 þ h 2Þ � 5 h ða 2 þ h 2Þ 3=2 ða 2 � 2 h 2Þ
ða 2 þ h 2Þ 5 ¼
¼ I 0h ða 2 þ h 2Þ 3=2 ½ � 4 ða 2 þ h 2Þ � 5 ða 2 � 2 h 2Þ
ða 2 þ h 2Þ 10=2¼
¼ I 0h ð� 4 a 2 � 4 h 2 � 5 a 2 þ 10 h 2Þ
ða 2 þ h 2Þ 7=2¼ I 0
h ð6 h 2 � 9 a 2Þða 2 þ h 2Þ7=2
¼
¼ 3 I 0h ð2 h 2 � 3 a 2Þða 2 þ h 2Þ 7=2
Aus der notwendigen Bedingung B 0 ðhÞ ¼ 0 folgt dann
I 0a 2 � 2 h 2
ða 2 þ h 2Þ 5=2¼ 0 ) a 2 � 2 h 2 ¼ 0 ) h 1=2 ¼ � 1
2
ffiffiffi2p
a
wobei nur der positive Wert als L�sung infrage kommt. Wegen
B 00 h 1 ¼ 12
ffiffiffi2p
a
� �¼ 3 I 0
12
ffiffiffi2p
a ða 2 � 3 a 2Þ
a 2 þ 12
a 2
� �7=2¼ 3 I 0
12
ffiffiffi2p
a ð� 2 a 2Þ
32
a 2
� �7=2¼
III Differentialrechnung100
¼ � 3ffiffiffi2p
I 0 a 3
32
a 2
� �3 32
a 2
� �1=2¼ � 3
ffiffiffi2p
I 0 a 3
278
a 6 �ffiffiffiffiffi32
ra
¼ � 3ffiffiffi2p
I 0 a 3
27ffiffiffi3p
a 7
8ffiffiffi2p
¼
¼ � 8ffiffiffi2p � 3 ffiffiffi
2p
I 027
ffiffiffi3p
a 4¼ � 16 I 0
9ffiffiffi3p
a 4¼ � 16
ffiffiffi3p
I 027 a 4
< 0
erreicht die Beleuchtungsst�rke im Punkt A bei der H�he h ¼ 12
ffiffiffi2p
a � 0,707 a ihrengr�ßtm�glichen Wert. Er betr�gt
Bmax ¼ B h ¼ 12
ffiffiffi2p
a
� �¼ I 0
12
ffiffiffi2p
a
a 2 þ 12
a 2
� �3=2¼
12
ffiffiffi2p
a I 0
32
a 2
� �3=2¼
¼12
ffiffiffi2p
a I 0
32
a 2 32
a 2
� �1=2¼
ffiffiffi2p
I 0
3 a
ffiffiffiffiffi32
ra
¼ffiffiffi2p
I 03ffiffiffi3pffiffiffi2p a 2
¼ 2 I 03ffiffiffi3p
a 2¼ 2
ffiffiffi3p
I 09 a 2
Beispiel 17: Gaußsche Normalverteilung
Extremwerte, Wendepunkte
Messwerte und Messfehler einer Gr�ße x unterliegen in der Regel der sog. Gaußschen Nor-malverteilung mit der Verteilungsdichtefunktion 7)
j ðxÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s � e
� 12
x�msð Þ2 , � 1 < x < 1
und den beiden Kennwerten (Parametern)
m (Mittelwert oder Erwartungswert) und s (Standardabweichung).
a) Bestimmen Sie die Extremwerte und Wendepunkte der Verteilungskurve und zeigen Sie,dass diese durch die beiden Kennwerte eindeutig festgelegt sind.
b) Skizzieren Sie den Verlauf dieser Funktion.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.4.1 und IV.3.4.2
7) Siehe hierzu Band 3, Abschnitt II.6.4.1
III Differentialrechnung 101
L�sung:a) Ableitungen 1. bis 3. Ordnung
Wir differenzieren j ðxÞ nach der Kettenregel und erhalten
j 0 ðxÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s � e
� 12
x� msð Þ2 � � 1
2
� �� 2 x � m
s
� �� 1s¼
¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 3
ðx � mÞ � e�12
x� msð Þ2
Durch nochmalige Differentiation unter Verwendung von Produkt- und Kettenregel folgt
j 00 ðxÞ ¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 3
1 � e�12
x� msð Þ2 þ e
� 12
x� msð Þ2 � � 1
2
� �� 2 x � m
s
� ��
"
� 1sðx � mÞ
�¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi
2pp � s 3
1 � ðx � mÞ 2s 2
" #� e�
12
x�msð Þ2 ¼
¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 5
� ½s 2 � ðx � mÞ 2 � e�12
x� msð Þ2
und schließlich (wiederum nach der Produkt- und Kettenregel):
j 000 ðxÞ ¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 5
� 2 ðx � mÞ � 1 � e�12
x� msð Þ2 þ e
� 12
x� msð Þ2 �
"
� � 12
� �� 2 x � m
s
� �� 1s½ s 2 � ðx � mÞ 2
�¼
¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 5
� ðx � mÞ � e�12
x�msð Þ2 � 2 � 1
s 2½ s 2 � ðx � mÞ 2
�¼
¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 5
� ðx � mÞ � e�12
x�msð Þ2 � � 2s 2 � s 2 þ ðx � mÞ 2
s 2¼
¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 7
� ðx � mÞ ½ 3 s 2 � ðx � mÞ 2 � e�12
x� msð Þ2
Extremwerte: j 0 ðxÞ ¼ 0, j 00 ðxÞ 6¼ 0
j 0 ðxÞ ¼ 0 ) � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 3
� ðx � mÞ � e�12
x�msð Þ2 ¼ 0 )|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
6¼ 0
|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}6¼ 0
x � m ¼ 0 ) x 1 ¼ m
III Differentialrechnung102
j 00 ðx 1 ¼ mÞ ¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 5
� s 2 � e0 ¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 3
< 0 )
relatives Maximum an der Stelle x 1 ¼ m
Maximum: Max ¼ m ;1ffiffiffiffiffiffiffi
2pp � s
� �Das relative Maximum ist zugleich auch das absolute Maximum, seine Lage ist eindeutigdurch den Kennwert m bestimmt.
Wendepunkte: j 00 ðxÞ ¼ 0, j 000 ðxÞ 6¼ 0
j 00 ðxÞ ¼ 0 ) � 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 5
� ½ s 2 � ðx � mÞ 2 � e�12
x� msð Þ2 ¼ 0 )|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
6¼ 0
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}6¼ 0
s 2 � ðx � mÞ 2 ¼ 0 ) ðx � mÞ 2 ¼ s 2 ) x � m ¼ �s )x 2=3 ¼ m � s
j 000 ðx 2=3 ¼ m � sÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 7
� ð� sÞ ð3 s 2 � s 2Þ � e�12�ssð Þ2 ¼
¼ � 2s 3ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s 7
� e� 12 ¼ � 2ffiffiffiffiffiffiffi
2pp � s 4
� e� 12 6¼ 0 )
Wendepunkte bei x 2=3 ¼ m � s
Wendepunkte: W 1=2 ¼ m � s ;1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2p ep � s
� �Die Lage der beiden Wendepunkte ist damit eindeutig durch die beiden Kennwerte m unds bestimmt.
b) Die Dichtefunktion der Normalver-teilung besitzt ein (absolutes) Ma-ximum bei x 1 ¼ m und zwei sym-metrisch zum Maximum liegendeWendepunkte bei x 2=3 ¼ m � s,jedoch keine Nullstellen. Sym-metrieachse ist die Parallele zurj-Achse durch das Maximum (Ge-rade x ¼ m), f�r große j x j strebtdie Funktion asymptotisch gegendie x-Achse (j ¼ 0 ist Asymptoteim Unendlichen). Bild III-27 zeigtden Verlauf dieser Funktion.
xx = –3 m s x = +2 m sx =1 m
12p s
f(x)
W1W2
·
Max
Bild III-27
III Differentialrechnung 103
Beispiel 18: Elektrische Feldst�rke in der Umgebung einerelektrischen Doppelleitung
Kurvendiskussion
Die in Bild III-28 im Querschnitt skizzierteDoppelleitung besteht aus zwei parallelenLeitern (Dr�hten) L 1 und L 2 der L�nge l,die entgegengesetzt gleichstark aufgeladensind (Ladung: �Q). Der Leiterabstand be-tr�gt d ¼ 2 a, der Leiterradius soll ver-nachl�ssigbar klein sein. Das System befin-det sich in Luft.
a) Ermitteln Sie den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Betrag der elektrischenFeldst�rke ~EE und der Ortskoordinate x eines Punktes P auf der Verbindungslinie derbeiden Leiterquerschnitte.
b) Diskutieren Sie den Verlauf der unter a) hergeleiteten (gebrochenrationalen) FunktionE ¼ E ðxÞ (Symmetrie, Nullstellen, Pole, vertikale Asymptoten, relative Extremwerte,Wendepunkte, Verhalten im Unendlichen, Skizze des Funktionsverlaufs).
L�sungshinweis: Gehen Sie zun�chst von dem elektrischen Feld einer Linienquelle aus[ A34 ]. Das gesuchte Feld entsteht durch ungest�rte �berlagerung der beiden Einzelfelder.Die Dielektrizit�tskonstante von Luft ist e � 1.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.6 Physikalische Grundlagen: A34
L�sung:a) Leiter L 1 erzeugt aufgrund seiner positiven Ladung ein axial nach außen gerichtetes elek-
trisches Feld, Leiter L 2 dagegen aufgrund seiner negativen Ladung ein axial nach innengerichtetes elektrisches Feld. Die von den beiden Leitern im Punkt P ¼ ðx; 0Þ erzeugtenFeldst�rkevektoren ~EE 1 und ~EE 2 sind somit gleichgerichtet (siehe Bild III-28). L 1 er-zeugt in P, d. h. im Abstand r 1 ¼ a þ x ein Feld der St�rke [A34 ]
E 1 ðPÞ ¼ Q2p e 0 l r 1
¼ Q2p e 0 l ða þ xÞ
Die vom Leiter L 2 in P, d. h. im Abstand r 2 ¼ a � x erzeugte Feldst�rke ist demBetrage nach
E 2 ðPÞ ¼ Q2p e 0 l r 2
¼ Q2p e 0 l ða � xÞ
x
+Q –QL1 L2E1
E2x a–a
P
r = a + x1 r = a – x2
y
Bild III-28
III Differentialrechnung104
Die Betr�ge der beiden Feldst�rkevektoren ~EE 1 und ~EE 2 addieren sich somit in P :
E ðPÞ ¼ E 1 ðPÞ þ E 2 ðPÞ ¼ Q2p e 0 l ða þ xÞ þ
Q2p e 0 l ða � xÞ ¼
¼ Q2p e 0 l
1a þ x
þ 1a � x
� �¼ Q
2p e 0 l� a � x þ a þ xða þ xÞ ða � x|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
3: Binom : a 2 � x 2
Þ ¼
¼ Q2p e 0 l
� 2 aa 2 � x 2
¼ aQp e 0 l
� 1a 2 � x 2
Diese Beziehung bleibt auch g�ltig f�r j x j > a, der resultierende Feldst�rkevektor hatdort jedoch die entgegengesetzte Richtung ðE < 0Þ. Die elektrische Feldst�rke l�ngs derVerbindungslinie der beiden Leiter l�sst sich demnach durch die echt gebrochenrationaleFunktion
E ðxÞ ¼ aQp e 0 l
� 1a 2 � x 2
, j x j 6¼ a
beschreiben.
b) Symmetrie: E ðxÞ ist einegerade Funktion: E ð� xÞ ¼ E ðxÞ wegen ð� xÞ 2 ¼ ðxÞ 2 ¼ x 2.
Nullstellen: Sind nicht vorhanden (der Z�hler von E ðxÞ ist ungleich null).
Pole: a 2 � x 2 ¼ 0 ) x 1=2 ¼ � a (Pole mit Vorzeichenwechsel in der Mitte der Lei-terquerschnitte)
Vertikale Asymptoten: x ¼ � a
In den Polstellen, d. h. in der Mitte der beiden Leiterquerschnitte wird die elektrischeFeldst�rke unendlich groß.
Ableitungen (unter Verwendung der Ketten- bzw. Quotientenregel):
E ðxÞ ¼ aQp e 0 l
� 1a 2 � x 2
¼ aQp e 0 l
ða 2 � x 2Þ� 1
E 0 ðxÞ ¼ aQp e 0 l
ð� 1Þ ða 2 � x 2Þ� 2 � ð� 2 xÞ ¼ 2 aQp e 0 l
� x
ða 2 � x 2Þ 2
E 00 ðxÞ ¼ 2 aQp e 0 l
� 1 ða2 � x 2Þ 2 � 2 ða 2 � x 2Þ ð� 2 xÞ x
ða 2 � x 2Þ 4 ¼
¼ 2 aQp e 0 l
� ða2 � x 2Þ ða 2 � x 2 þ 4 x 2Þ
ða 2 � x 2Þ 4 ¼ 2 aQp e 0 l
� 3 x 2 þ a 2
ða 2 � x 2Þ 3
Die 3. Ableitung wird nicht ben�tigt, da E 00 ðxÞ stets ungleich null ist (Z�hler des Bru-ches � a 2). Daher kann es keine Wendepunkte geben!
III Differentialrechnung 105
Relative Extremwerte: E 0 ðxÞ ¼ 0 , E 00 ðxÞ 6¼ 0
E 0 ðxÞ ¼ 0 ) 2 aQp e 0 l
� x
ða 2 � x 2Þ 2 ¼ 0 ) x ¼ 0 ) x 3 ¼ 0
E 00 ðx 3 ¼ 0Þ ¼ 2 aQp e 0 l
� a2
a 6¼ 2Q
p e 0 l a 3> 0 ) relatives Minimum bei x 3 ¼ 0
Minimum: Min ¼ 0 ;Q
p e 0 a l
� �Wendepunkte: Sind nicht vorhanden, da stets E 00 ðxÞ 6¼ 0 ist.
Verhalten im Unendlichen:Die Funktion ist echt gebrochen-rational und n�hert sich somitf�r x ! �1 asymptotisch derx-Achse. Die Feldst�rke ver-schwindet also im Unendlichen.
Skizze des Funktionsverlaufs:siehe Bild III-29.
Beispiel 19: Ungest�rte �berlagerung zeitabh�ngiger Impulse
Kurvendiskussion
Auf einem Oszillograph wird der sinus-f�rmige Impuls y 1 ¼ 2 � sin t mit demlinearen Impuls y 2 ¼ t zur �berlagerunggebracht (Bild III-30). Diskutieren Sie denzeitlichen Verlauf des Gesamtimpulses
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ 2 � sin t þ t
f�r t � 0 (Nullstellen, relative Extrem-werte, Wendepunkte, Skizze des Funk-tionsverlaufs).
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.6
x
E
L1 L2
–a a
E =
Min+Q –Q
Qalpe0
Bild III-29
t
5
4
3
2
1
–1
–2
1
y = 2 · sin t1
y = t2
p 2p 3p
y
Bild III-30
III Differentialrechnung106
L�sung:Nullstellen: y ¼ 0 ) 2 � sin t þ t ¼ 0 oder 2 � sin t ¼ � t ) t 0 ¼ 0
Es gibt, wie aus Bild III-31 unmittelbar ersichtlich, keine weiteren Nullstellen (die Kurveny ¼ 2 � sin t und y ¼ � t schneiden sich nur an der Stelle t 0 ¼ 0).
Ableitungen der Funktion: y 0 ¼ 2 � cos t þ 1 , y 00 ¼ � 2 � sin t , y 000 ¼ � 2 � cos tRelative Extremwerte: y 0 ¼ 0, y 00 6¼ 0
y 0 ¼ 0 ) 2 � cos t þ 1 ¼ 0 oder cos t ¼ � 0,5
Die im Intervall t � 0 liegenden L�sungen dieser trigonometrischen Gleichung bestimmenwir anhand einer Skizze (Schnittpunkte der Kurven y ¼ cos t und y ¼ � 0,5; siehe BildIII-32).
Wir l�sen die Gleichung cos t ¼ � 0,5 nach t auf und erhalten die im Intervall0 t p liegende L�sung:
cos t ¼ � 0,5 ) t 1 ¼ arccos ð� 0,5Þ ¼ 2p3
Wegen der Periodizit�t der Kosinusfunktion folgen weitere L�sungen im Abstand von jeweilseiner Periode 2p :
t 1 k ¼ 2p3þ k � 2p ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
Diese L�sungen sind in Bild III-32 durch kurze Pfeile gekennzeichnet. Eine weitere L�sung
liegt aus Symmetriegr�nden bei t 2 ¼ 2p � arccos ð� 0,5Þ ¼ 2p � 2p3¼ 4p
3. Wegen der
Periodizit�t sind auch
t 2 k ¼ 4p3þ k � 2p ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þ
L�sungen der Gleichung cos t ¼ � 0,5. Sie entsprechen den langen Pfeilen in Bild III-32.
t
2
1
–1
–2
–3
–4
y
y = 2 · sin t
y = – t
1 p 2p t
y
p 3p2p
1
– 0,5
–1
y = cos t
y = –0,5
arccos (–0,5)
2 – arccos (–0,5)p
Bild III-31 Bild III-32
III Differentialrechnung 107
Wir pr�fen nun das Verhalten der 2. Ableitung an den Stellen t 1 k bzw. t 2 k :
y 00 ðt 1 kÞ ¼ � 2 � sin t 1 k ¼ � 2 � sin 2p3þ k � 2p
� �¼
¼ � 2 � sin 2p3
� �¼ � 1,732 < 0 ) relative Maxima
An den Stellen t 1 k liegen somit relative Maxima. Die zugeh�rigen Ordinaten sind
y 1 k ¼ 2 � sin t 1 k þ t 1 k ¼ 2 � sin 2p3þ k � 2p
� �þ 2p
3þ k � 2p ¼
¼ 2 � sin 2p3
� �þ 2p
3þ k � 2p ¼ 3,826 þ k � 2p
Die ersten Maxima lauten somit
k ¼ 0: Max1 ¼ 2p3
; 3,826
� �¼ ð2,094; 3,826Þ
k ¼ 1: Max2 ¼ 8p3
; 10,110
� �¼ ð8,378; 10,110Þ
k ¼ 2: Max3 ¼ 14p3
; 16,393
� �¼ ð14,661; 16,393Þ
An den Stellen t 2 k ist die 2. Ableitung dagegen positiv :
y 00 ðt 2 kÞ ¼ � 2 � sin t 2 k ¼ � 2 � sin 4p3þ k � 2p
� �¼ � 2 � sin 4p
3
� �¼ 1,732 > 0
Dort liegen demnach relative Minima. Die zugeh�rigen Ordinatenwerte sind
y 2 k ¼ 2 � sin t 2 k þ t 2 k ¼ 2 � sin 4p3þ k � 2p
� �þ 4p
3þ k � 2p ¼
¼ 2 � sin 4p3
� �þ 4p
3þ k � 2p ¼ 2,457 þ k � 2p
Die ersten Minima lauten daher
k ¼ 0: Min1 ¼ 4p3
; 2,457
� �¼ ð4,189; 2,457Þ
k ¼ 1: Min2 ¼ 10p3
; 8,740
� �¼ ð10,472; 8,740Þ
k ¼ 2: Min3 ¼ 16p3
; 15,023
� �¼ ð16,755; 15,023Þ
III Differentialrechnung108
Wendepunkte: y 00 ¼ 0, y 000 6¼ 0
y 00 ¼ 0 ) � 2 � sin t ¼ 0 ) sin t ¼ 0
L�sungen dieser Gleichung sind die bei
t 3 k ¼ k � p ðk ¼ 0, 1, 2, . . .Þliegenden Nullstellen der Sinusfunktion. Die 3. Ableitung ist dort (wie verlangt) von null ver-schieden :
y 000 ðt 3 kÞ ¼ � 2 � cos t 3 k ¼ � 2 � cos ðk � pÞ ¼� 2 k ¼ 0, 2, 4, . . .
fur2 k ¼ 1, 3, 5, . . .
8<:9=; 6¼ 0
Die zugeh�rigen Ordinaten sind
y 3 k ¼ 2 � sin t 3 k þ t 3 k ¼ 2 � sin ðk � pÞ þ k � p ¼ 0 þ k � p ¼ k � pDie ersten Wendepunkte lauten somit
k ¼ 0 : W 1 ¼ ð0; 0Þk ¼ 1 : W 2 ¼ ðp; pÞ ¼ ð3,142; 3,142Þk ¼ 2 : W 3 ¼ ð2p; 2pÞ ¼ ð6,283; 6,283Þ
9>=>;Alle Wendepunkte liegen
auf der Winkelhalbierenden
des 1: Quadranten ð y ¼ tÞFunktionsverlaufDer zeitliche Verlauf des Impulses
y ¼ 2 � sin t þ t f�r t � 0
ist in Bild III-33 dargestellt. Die Kurveoszilliert um die Winkelhalbierendey ¼ t.
t5 10 15
15
10
5
Max
Max
Max
Min
Min
Min
W
W
W
W
W
W
Winkelhalbierendey = t
y
Bild III-33
III Differentialrechnung 109
Beispiel 20: �berlagerung von Sinusschwingungen mit gleicherRaumrichtung, aber unterschiedlicher Frequenz
Kurvendiskussion
Die durch die Gleichungen y 1 ¼ sin tund y 2 ¼ sin ð2 tÞ beschriebenen Sinus-schwingungen gleicher Raumrichtung undgleicher Amplitude (¼ 1), aber unter-schiedlicher Frequenz (Frequenzverh�ltnis1 :2) werden ungest�rt zur �berlagerunggebracht (Bild III-34).
Diskutieren Sie den zeitlichen Verlauf derGesamtschwingung
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ sin t þ sin ð2 tÞim Zeitintervall t � 0 (Periode, Nullstellen, relative Extremwerte, Wendepunkte, Skizze desFunktionsverlaufs).
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.6
L�sung:Periode: Die Einzelschwingungen y 1 und y 2 besitzen die Perioden (Schwingungsdauern)T 1 ¼ 2p bzw. T 2 ¼ p. Somit ist die kleinste gemeinsame Periode T ¼ 2p zugleichauch die Periode der Gesamtschwingung. Wir k�nnen uns daher bei allen weiteren �berle-gungen auf das Periodenintervall 0 t 2p beschr�nken.
Nullstellen: y ¼ 0 ) sin t þ sin ð2 tÞ ¼ 0 ) sin t þ 2 � sin t � cos t ¼ 0 )
sin t ð1 þ 2 � cos tÞ ¼ 0������ sin t ¼ 0
1 þ 2 � cos t ¼ 0 oder cos t ¼ � 0,5
ðsin ð2 tÞ ¼ 2 � sin t � cos t, siehe Formelsammlung, Abschnitt III:7:6:3ÞDie Gleichung zerf�llt somit in zwei Teilgleichungen:
sin t ¼ 0 ) t 1 ¼ 0 ; t 2 ¼ p ; t 3 ¼ 2p
cos t ¼ � 0,5 ðsiehe Bild III-35Þ )
t 4 ¼ arccos ð� 0,5Þ ¼ 2p3
t 5 ¼ 2p � arccos ð� 0,5Þ ¼ 2p � 2p3¼ 4p
3
tp 2p0
1
–1
y
y = sin (2 t )2
y = sin t1
Bild III-34
tp 2p
1
– 0,5
–1
y
arccos (–0,5)
2 – arccos (–0,5)p
y = –0,5
y = cos tBild III-35
III Differentialrechnung110
Nullstellen (neu nummeriert):
N 1 ¼ ð0; 0Þ ; N 2 ¼ ð2p=3; 0Þ ; N 3 ¼ ðp; 0Þ ; N 4 ¼ ð4p=3; 0Þ ; N 5 ¼ ð2p; 0ÞAbleitungen:
y 0 ¼ cos t þ 2 � cos ð2 tÞ ; y 00 ¼ � sin t � 4 � sin ð2 tÞ ;y 000 ¼ � cos t � 8 � cos ð2 tÞ
Relative Extremwerte: y 0 ¼ 0, y 00 6¼ 0
y 0 ¼ 0 ) cos t þ 2 � cos ð2 tÞ ¼ 0 ) cos t þ 2 ð2 � cos2 t � 1Þ ¼ 0
) cos t þ 4 � cos2 t � 2 ¼ 0 ) cos2 t þ 0,25 � cos t � 0,5 ¼ 0
Dabei haben wir die trigonometrische Formel cos ð2 tÞ ¼ 2 � cos2 t � 1 verwendet (sieheFormelsammlung, Abschnitt III.7.6.3). Mit Hilfe der Substitution z ¼ cos t erhalten wir hie-raus eine quadratische Gleichung mit folgenden L�sungen:
z 2 þ 0,25 z � 0,5 ¼ 0 ) z 1=2 ¼ � 0,125 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi0,1252 þ 0,5
p¼ � 0,125 � 0,718
) z 1 ¼ 0,593 , z 2 ¼ � 0,843
Nach R�cksubstitution ergeben sich zwei einfache trigonometrische Gleichungen, derenL�sungen wir anhand der Bilder III-36 und III-37 als Schnittpunkte der Kosinuskurve mitParallelen zur t-Achse wie folgt bestimmen:
cos t ¼ z 1 ¼ 0,593 ) t 6 ¼ arccos 0,593 ¼ 0,936
t 7 ¼ 2p � arccos 0,593 ¼ 5,347
)siehe Bild III-36
cos t ¼ z 2 ¼ � 0,843 ) t 8 ¼ arccos ð� 0,843Þ ¼ 2,574
t 9 ¼ 2p � arccos ð� 0,843Þ ¼ 3,710
)siehe Bild III-37
t
y
1
–1
0,593
y = 0,593
p 2p
y = cos t
arccos 0,593
2 – arccos 0,593p
Bild III-36 Bild III-37
t
y = cos t
y = –0,843–0,843
y
1
p 2p
arccos (–0,843)
2 – arccos (–0,843)p
III Differentialrechnung 111
Wie verh�lt sich die zweite Ableitung an den Stellen t 6 bis t 9?
y 00 ðt 6 ¼ 0,936Þ ¼ � 4,625 < 0 ) relatives Maximum bei t 6 ¼ 0,936
y 00 ðt 7 ¼ 5,347Þ ¼ 4,625 > 0 ) relatives Minimum bei t 7 ¼ 5,347
y 00 ðt 8 ¼ 2,574Þ ¼ 3,089 > 0 ) relatives Minimum bei t 8 ¼ 2,574
y 00 ðt 9 ¼ 3,710Þ ¼ � 3,089 < 0 ) relatives Maximum bei t 9 ¼ 3,710
Wir erhalten somit im Periodenintervall 0 t 2p zwei Maxima und zwei Minima:
Maxima: Max1 ¼ ð0,936; 1,760Þ ; Max2 ¼ ð3,710; 0,369ÞMinima: Min1 ¼ ð2,574; � 0,369Þ ; Min2 ¼ ð5,347; � 1,760Þ
Wendepunkte: y 00 ¼ 0, y 000 6¼ 0
y 00 ¼ 0 ) � sin t � 4 � sin ð2 tÞ ¼ 0 ) � sin t � 8 � sin t � cos t ¼ 0 )
� sin t ð1 þ 8 � cos tÞ ¼ 0 ������ sin t ¼ 0
1 þ 8 � cos t ¼ 0 oder cos t ¼ � 0,125
Dabei haben wir wiederum die trigonometrische Formel sin ð2 tÞ ¼ 2 � sin t � cos t verwen-det (Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.3). Wir besch�ftigen uns nun mit den L�sungen dererhaltenen Teilgleichungen:
sin t ¼ 0 ) t 10 ¼ 0 ; t 11 ¼ p ; t 12 ¼ 2p
cos t ¼ � 0,125 ðsiehe Bild III-38Þ )t 13 ¼ arccos ð� 0,125Þ ¼ 1,696
t 14 ¼ 2p � arccos ð� 0,125Þ ¼ 4,587
Die 3. Ableitung ist an den Stellen t 10 bis t 14 von null verschieden :
y 000 ðt 10 ¼ 0Þ ¼ � 9 6¼ 0 ; y 000 ðt 11 ¼ pÞ ¼ � 7 6¼ 0 ;
y 000 ðt 12 ¼ 2pÞ ¼ � 9 6¼ 0 ; y 000 ðt 13 ¼ 1,696Þ ¼ 7,875 6¼ 0 ;
y 000 ðt 14 ¼ 4,587Þ ¼ 7,875 6¼ 0
t
y
–0,125
y = cos t
y = –0,125
1
–1
arccos (–0,125)
2 – arccos (–0,125)p
p
2p
Bild III-38
III Differentialrechnung112
Somit gibt es im Periodenintervall 0 t 2p genau f�nf Wendepunkte (von links nachrechts geordnet):
W 1 ¼ ð0; 0Þ ; W 2 ¼ ð1,696; 0,744Þ ; W 3 ¼ ðp; 0Þ ;W 4 ¼ ð4,587; � 0,744Þ ; W 5 ¼ ð2p; 0Þ
(W 1, W 3 und W 5 sind zugleich Nullstellen)
Funktionsverlauf
Bild III-39 zeigt den zeitlichen Verlauf derGesamtschwingung y ¼ sin t þ sin ð2 tÞim Periodenintervall 0 t 2p .
Beispiel 21: Fallgeschwindigkeit mit und ohne Ber�cksichtigung desLuftwiderstandes
Grenzwertregel von Bernoulli und de L’Hospital
Zwischen der Fallgeschwindigkeit v und dem Fallweg s besteht bei Ber�cksichtigung desLuftwiderstandes der folgende funktionale Zusammenhang 8):
v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
1 � e�2 k sm
� �s¼ ffiffiffiffiffiffiffi
mgp �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 k sm
k
s, s � 0
m: Masse des aus der Ruhe heraus frei fallenden K�rpers; g : Erdbeschleunigung; k > 0:Reibungskoeffizient
Zeigen Sie mit Hilfe der L’Hospitalschen Regel, dass man aus dieser Beziehung durch denGrenz�bergang k ! 0 das bekannte Fallgesetz f�r den luftleeren Raum
v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g s
p, s � 0
erh�lt.
Anmerkung: In Kapitel V, Beispiel 1 wird diese Aufgabe durch Reihenentwicklung gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.3.3
t
y
W W
W
W
W
Min
Min
Max
Max
1 2 4 5 2p
2
1
–1
–2Bild III-39
8) Diese Beziehung wird in Kapitel II, Beispiel 23 aus den Zeitabh�ngigkeiten von v und s und in Kapitel IV,Beispiel 14 durch Integration des Newtonschen Grundgesetzes hergeleitet.
III Differentialrechnung 113
L�sung:Mit Hilfe der bekannten Rechenregeln f�r Grenzwerte (siehe Formelsammlung, AbschnittIII.3.3) erhalten wir zun�chst
v ¼ limk! 0
ffiffiffiffiffiffiffimgp �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 k sm
k
s¼ ffiffiffiffiffiffiffi
mgp �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffilimk! 0
1 � e�2 sm k
k
0@ 1Avuuut
Der Grenzwert unter der Wurzel f�hrt dabei zu dem unbestimmten Ausdruck
limk! 0
1 � e�2 sm k
k
0@ 1A ! 00
�da e�
2 sm k ! e� 0 ¼ 1 fur k ! 0
�auf den die Grenzwertregel von Bernoulli und de L’Hospital anwendbar ist:
limk! 0
1 � e�2 sm k
k
0@ 1A ¼ limk! 0
ddk
1 � e�2 sm k
� �ddkðkÞ
¼ limk! 0
0 � e�2 sm k � � 2 s
m
� �1
¼
¼ limk! 0
2 sm� e� 2 s
m k
� �¼ 2 s
m� limk! 0
e�2 sm k
� �|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
e 0 ¼ 1
¼ 2 sm� 1 ¼ 2 s
m
Das Fallgesetz geht damit �ber in
v ¼ ffiffiffiffiffiffiffimgp �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffilimk! 0
1 � e�2 sm k
k
0@ 1Avuuut ¼ ffiffiffiffiffiffiffi
mgp �
ffiffiffiffiffiffi2 sm
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimg
2 sm
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g s
pBild III-40 zeigt die Abh�ngigkeit der Fall-geschwindigkeit v vom Fallweg s im luftleerenRaum und unter Ber�cksichtigung des Luftwider-standes 9).
s
ohne Luftwiderstand
mit Luftwiderstand
v
vE
Bild III-40
9) Bei Ber�cksichtigung des Luftwiderstandes strebt die Fallgeschwindigkeit gegen den Endwert vE ¼ffiffiffiffiffiffiffimgk
r(Endgeschwindigkeit nach unendlich langer Fallstrecke). Das Fallgesetz l�sst sich dann auch in der Form
v ¼ v ðsÞ ¼ vE �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q, s � 0
darstellen (siehe hierzu auch Kapitel II, Beispiel 23).
III Differentialrechnung114
Beispiel 22: Erzwungene Schwingung im Resonanzfall
Grenzwertregel von Bernoulli und de L’Hospital
Ein schwach ged�mpftes schwingungsf�higes mechanisches System mit dem D�mpfungsfak-tor d und der Eigenkreisfrequenz w 0 (des unged�mpften Systems) wird von außen durcheine periodische Kraft mit derselben Kreisfrequenz w 0 zu erzwungenen Schwingungen an-geregt. In Kapitel IX, Beispiel 16 wird gezeigt, dass das Weg-Zeit-Gesetz dieser Resonanz-schwingung wie folgt lautet 10):
x ðtÞ ¼ F 0
2md
sin ðw 0 tÞ! 0
� e�d t � sin ðw d tÞw d
�, t � 0
m: Schwingmasse; w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
; x ðtÞ : Auslenkung zur Zeit t
Bestimmen Sie hieraus durch die Grenzwertbildung d ! 0 das entsprechende Weg-Zeit-Ge-setz x 0 ðtÞ der unged�mpften Schwingung.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.3.3
L�sung:Beim Grenz�bergang d ! 0 ist zu beachten, dass die Kreisfrequenz w d noch von d ab-
h�ngt: w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
. Wir erhalten zun�chst den folgenden unbestimmten Ausdruck:
x 0 ðtÞ ¼ limd! 0
x ðtÞ ¼ limd! 0
F 0
2md
sin ðw 0 tÞw 0
� e� d t � sin ðw d tÞw d
�¼
¼ F 0
2m� limd! 0
sin ðw 0 tÞw 0
� e� d t � sin ðw d tÞw d
d
26643775 ! 0
0
Denn f�r d ! 0 gilt
e�d t ! e0 ¼ 1 , w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
! w 0 ,
sin ðw d tÞ ¼ sinffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� �
! sin ðw 0 tÞ
und der Z�hler des Bruches strebt somit ebenfalls gegen 0:
sin ðw 0 tÞw 0
� e�d t � sin ðw d tÞw d
! sin ðw 0 tÞw 0
� 1 � sin ðw 0 tÞw 0
¼ sin ðw 0 tÞ � sin ðw 0 tÞw 0
¼ 0
10) Die Anregung des Systems erfolgt durch die zeitabh�ngige periodische Kraft F ðtÞ ¼ F 0 � cos ðw 0 tÞ, dieAnfangswerte der Bewegung sind x ð0Þ ¼ 0 und v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0.
III Differentialrechnung 115
Wegen der Form „00“ ist die Grenzwertregel von Bernoulli und de L’Hospital anwendbar
und f�hrt zun�chst zu 11)
x 0 ðtÞ ¼ F 0
2m� limd! 0
ddd
sin ðw 0 tÞw 0
� e�d t � sin ðw d tÞw d
�ddd½ d
¼
¼ F 0
2m� limd! 0
ddd
� e�d t � sin ðw d tÞw d
�¼ � F 0
2m� limd! 0
ddd
e� d t � sin ðw d tÞw d
�¼|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
z ðdÞ¼ � F 0
2m� limd! 0
ddd½ z ðdÞ ¼ � F 0
2m� limd! 0
z 0 ðdÞ
Bevor wir diesen Grenzwert bestimmen, muss die Ableitung der in der eckigen Klammerstehenden Funktion
z ðdÞ ¼ e�d t � sin ðw d tÞw d
¼e�d t � sin
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
gebildet werden (differenziert wird nach d). Sie erfolgt nach der Quotientenregel, wobei dieZ�hlerfunktion nach der Produktregel zu differenzieren ist. Wir setzen daher der besseren�bersicht wegen:
Zahler : u ¼ e� d t � sin ðw d tÞ ¼ e� d t|ffl{zffl}a
� sinffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� �
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}b
¼ ab
Nenner : v ¼ w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
Somit ist
z ¼ uv¼ ab
vmit a ¼ e� d t , b ¼ sin
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� �
, v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
Die gesuchte Ableitung z 0 ¼ z 0 ðdÞ wird dann nach der Quotientenregel in Verbindung mitder Produktregel gebildet, wobei stets nach der Variablen d zu differenzieren ist:
z 0 ¼ u 0 v � v 0 uv 2
mit u ¼ ab , u 0 ¼ a 0 b þ b 0 a
11) Die Ableitung des ersten Summanden im Z�hler des Bruches verschwindet (dieser ist von d unabh�ngig),w�hrend die Ableitung des Nenners den Wert eins ergibt.
III Differentialrechnung116
Wir bilden daher zun�chst unter Verwendung der Kettenregel die ben�tigten Ableitungen a 0,b 0, u 0 und v 0 :
a 0 ¼ ddd½ e� d t ¼ e� d t � ð� tÞ ¼ � t � e� d t
b 0 ¼ ddd
sinffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� � �
¼ cosffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� �
� 1
2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q � ð� 2 dÞ � t ¼
¼ �d t � cos
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
� t� �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q ¼ � d t � cos ðw d tÞ
w d
u 0 ¼ a 0 b þ b 0 a ¼ � t � e� d t � sin ðw d tÞ � d t � cos ðw d tÞ! d
� e�d t ¼
¼ � t � e� d t sin ðw d tÞ þ d � cos ðw d tÞ! d
�¼
¼ � t � e� d tw d
½w d � sin ðw d tÞ þ d � cos ðw d tÞ
v 0 ¼ ddd
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q �
¼ 1
2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q � ð� 2dÞ ¼ � dffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
w 20 � d 2
q ¼ � d
w d
Die gesuchte Ableitung z 0 ¼ z 0 ðdÞ lautet damit wie folgt:
z 0 ¼ z 0 ðdÞ ¼ u 0 v � v 0 uv 2
¼
¼� t � e� d t
! d½w d � sin ðw d tÞ þ d � cos ðw d tÞ w d þ d
w d� e� d t � sin ðw d tÞ
w 2d
¼
¼� t � e� d t ½w d � sin ðw d tÞ þ d � cos ðw d tÞ þ d
w d� e�d t � sin ðw d tÞ
w 2d
¼
¼ � e� d t
w 2d
w d t � sin ðw d tÞ þ d t � cos ðw d tÞ � d
w d� sin ðw d tÞ
�Beim Grenz�bergang d ! 0 und somit w d ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
! w 0 und e�d t ! e0 ¼ 1wird hieraus
limd! 0
z 0 ¼ limd! 0
z 0 ðdÞ ¼ � 1w 2
0
½w 0 t � sin ðw 0 tÞ ¼ � t � sin ðw 0 tÞw 0
III Differentialrechnung 117
Das gesuchte Weg-Zeit-Gesetz bei fehlender D�mpfung besitzt damit die Gestalt
x 0 ðtÞ ¼ � F 0
2m� limd! 0
z 0 ðdÞ ¼ � F 0
2m� � t � sin ðw 0 tÞ
w 0
� �¼ F 0
2mw 0� t � sin ðw 0 tÞ
Bild III-41 zeigt den zeitlichen Ver-lauf dieser unged�mpften erzwunge-nen Schwingung im Resonanzfall.Die Schwingungsamplituden neh-men dabei rasch zu und zerst�rensomit im Laufe der Zeit das Sys-tem.
Beispiel 23: Eintauchtiefe einer Boje in Salzwasser
Tangentenverfahren von Newton
Wie tief taucht eine kugelf�rmige Boje mit demRadius R ¼ 45 cm in Salzwasser der Dichter S ¼ 1,03 g=cm3 ein, wenn die Dichte der BojerB ¼ 0,7 g=cm3 betr�gt (Bild III-42)?
S 1 : Schwerpunkt der Boje; S 2 : Schwerpunkt dereingetauchten Kugelkappe, im Bild grau unterlegt
L�sungshinweis: Die Eintauchtiefe h gen�gt (wie sich zeigen wird) einer kubischen Glei-chung. L�sen Sie diese nach dem Newtonschen Tangentenverfahren.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.7.2 Physikalische Grundlagen: A35
L�sung:Im Gleichgewichtszustand wird die nach unten gerichtete Gewichtskraft G, die im Schwer-punkt S 1 der kugelf�rmigen Boje angreift, durch den nach oben gerichteten Auftrieb FA,der im Schwerpunkt S 2 der (eingetauchten) Kugelkappe angreift, kompensiert 12).
t
x0
F
2m0
0vx = – t
F
2m0
0vx = t
Bild III-41
Boje
Wasseroberfläche
h
FA
S1S2
G
Bild III-42
12) Im Gleichgewichtszustand liegen Gewichtskraft und Auftriebskraft in einer gemeinsamen Wirkungslinie. Die bei-den Schwerpunkte S 1 (Kugel) und S 2 (Kugelkappe) liegen dann �bereinander.
III Differentialrechnung118
Das Gewicht der Boje betr�gt dabei
G ¼ mg ¼ rB V g ¼ rB43p R 3
� �g ¼ 4
3p rB g R
3
�V ¼ 4
3p R 3 : Volumen der kugelf�rmigen Boje
�. Nach dem Archimedischen Prinzip
[A35 ] ist der Auftrieb FA gleich dem Gewicht der verdr�ngten Salzwassermenge (d. h.gleich dem Gewicht der in Bild III-42 grau unterlegten Kugelkappe, w�re diese mit Salzwas-ser gef�llt!):
FA ¼ mK g ¼ r S VK g
(mK ¼ r S VK : Masse der mit Salzwasser gef�llten Kugelkappe; VK : Volumen der Kugel-kappe). Aus der Formelsammlung (Abschnitt I.8.14) entnehmen wir f�r das Volumen der Ku-gelkappe die Formel
VK ¼ 13p h 2 ð3R � hÞ ¼ 1
3p ð3R h 2 � h 3Þ
Somit ist
FA ¼ r S VK g ¼ r S �13p ð3Rh 2 � h 3Þ g ¼ 1
3p r S g ð3R h 2 � h 3Þ
Aus der Gleichgewichtsbedingung G ¼ FA erhalten wir damit f�r die Eintauchtiefe h diefolgende kubische Bestimmungsgleichung:
43p rB g R
3 ¼ 13p r S g ð3Rh 2 � h 3Þ ) h 3 � 3R h 2 þ 4rB R
3
r S¼ 0
Nach Einsetzen der Werte f�r die Gr�ßen R, rB und r S lautet diese Gleichung wie folgt:
h 3 � 1,35 h 2 þ 0,24772 ¼ 0 ð h in mÞDie gesuchte L�sung muss aus physikalischenGr�nden im Intervall 0 < h 2R ¼ 0,9 lie-gen. Eine N�herungsl�sung beschaffen wir uns,indem wir die Gleichung zun�chst geringf�gigumstellen
h 3 ¼ 1,35 h 2 � 0,24772
und dann zeichnerisch den Schnittpunkt derbeiden Funktionen (Kurven) y ¼ h 3 undy ¼ 1,35 h 2 � 0,24772 bestimmen. Anhandder Skizze (Bild III-43) w�hlen wir als Start-wert f�r das Newtonsche Tangentenverfahrenh 0 ¼ 0,55 (die Schnittstelle liegt zwischen 0,5und 0,6).
h
y
y = 1,35h – 0,247722
y = h 3
0,1 1
h 0,550 ≈
0,5
0,1
–0,1
Bild III-43
III Differentialrechnung 119
Die Newton-Iteration liefert dann mit
f ðhÞ ¼ h 3 � 1,35 h 2 þ 0,24772 , f 0 ðhÞ ¼ 3 h 2 � 2,7 h
nach der lterationsformel
hn ¼ hn� 1 � f ðhn� 1Þf 0 ðhn� 1Þ ðn ¼ 1, 2, 3, . . .Þ
bereits nach zwei Schritten eine auf vier Nachkommastellen genaue N�herungsl�sung:
n hn� 1 f ðhn� 1Þ f 0 ðhn� 1Þ hn
1 0,55 0,005 720 � 0,577 500 0,559 905
2 0,559 905 0,000 030 � 0,571 263 0,559 958
Ergebnis: h ¼ 0,559 958 � 0,56
Die Eintauchtiefe betr�gt somit rund h ¼ 0,56 m ¼ 56 cm.
Beispiel 24: Freih�ngendes Seil (Seilkurve, Kettenlinie)
Tangentenverfahren von Newton
Bild III-44 zeigt ein freih�ngendes Seil mit einerSpannweite von 2 l ¼ 20 m und dem Durchhangh ¼ 1 m. Die H�he der beiden Tr�ger betr�gtH ¼ 8 m. Die Funktionsgleichung dieser Seilkurve(auch Kettenlinie genannt) ist dann in der Form
y ¼ a � cosh xa
� �þ b , � l x l
darstellbar. Berechnen Sie die beiden Kurven-parameter a > 0 und b.
L�sungshinweis: Sie stoßen beim L�sen dieser Aufgabe auf eine transzendente Gleichung,die exakt nicht l�sbar ist. Bestimmen Sie die N�herungsl�sung dieser Gleichung nach demNewtonschen Tangentenverfahren mit einer Genauigkeit von vier Stellen nach dem Komma.
xl l
H
P1P2
h
y
Seil
Bild III-44
III Differentialrechnung120
Anmerkung: Diese Aufgabe wird in Kapitel V, Beispiel 10 mit Hilfe der Reihenentwicklungn�herungsweise gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, IV.3.7.2
L�sung:Die Seilkurve schneidet die y-Achse bei
y ð0Þ ¼ a � cosh 0 þ b ¼ a � 1 þ b ¼ a þ b
Zwischen Tr�gerh�he H, Durchhang h und diesem Schnittpunkt besteht dann nach BildIII-44 der folgende Zusammenhang:
y ð0Þ þ h ¼ H ) a þ b þ h ¼ H
Der Kurvenparameter b ist somit durch den Kurvenparameter a eindeutig bestimmt:
b ¼ H � h � a
Die Bestimmungsgleichung f�r a erhalten wir auf folgende Weise. Der Aufh�ngepunkt P 1
mit den Koordinaten x 1 ¼ l und y 1 ¼ H liegt auf der Seilkurve. Daher ist
H ¼ a � cosh la
� �þ b ¼ a � cosh l
a
� �þ H � h � a
und somit
a � cosh la
� �¼ a þ h
Wir dividieren diese Bestimmungsgleichung f�r den Kurvenparameter a noch durch a selbstund setzen dann die gegebenen Werte ein:
coshla
� �¼ 1 þ h
aoder cosh
10 ma
� �¼ 1 þ 1 m
a
Mit der Substitution z ¼ 10 ma
geht diese Gleichung schließlich �ber in
cosh z ¼ 1 þ 0,1 z ¼ 0,1 z þ 1 , z > 0 ðda a > 0ÞEine N�herungsl�sung erhalten wir, indem wir die Kurven y ¼ 0,1 z þ 1 und y ¼ cosh zzum Schnitt bringen. Der Schnittpunkt liegt dabei nach Bild III-45 in der N�he vonz 0 ¼ 0,2 13). Dieser Wert dient uns als Startwert f�r die 1. Iteration nach Newton.
Wir l�sen jetzt die auf die spezielle Form
f ðzÞ ¼ cosh z � 0,1 z � 1 ¼ 0
gebrachte Gleichung nach dem Tangentenverfahren von Newton.
13) Ein weiterer Schnittpunkt liegt exakt bei z ¼ 0. Er scheidet jedoch wegen a > 0 und somit auch z > 0 aus.
III Differentialrechnung 121
Die Iterationsformel lautet:
z n ¼ z n� 1 � f ðz n� 1Þf 0 ðz n� 1Þ ðn ¼ 1, 2, 3, . . .Þ
ð f 0 ðzÞ ¼ sinh z � 0,1Þ. Die Ergebnisse sind inder folgenden Tabelle zusammengestellt.
n zn� 1 f ðzn� 1Þ f 0 ðz n� 1Þ z n
12
0,20,199 339
0,000 067� 0,000 000
0,101 3360,100 662
0,199 3390,199 339
Ergebnis: z ¼ 0,199 339 ) a ¼ 10 mz¼ 10 m
0,199 339¼ 50,1658 m
F�r den noch unbekannten Parameter b erhalten wir den folgenden Wert:
b ¼ H � h � a ¼ ð8 � 1 � 50,1658Þm ¼ � 43,1658 m
Die Gleichung der Seilkurve (Kettenlinie) lautet somit:
y ¼ 50,1658 m � cosh ð0,0199 m� 1 � xÞ � 43,1658 m , � 10 m x 10 m
z
1,05
1
y
y = cosh z
y = 0,1z + 1
–0,1 0,1 0,3
z 0,20 ≈
Bild III-45
III Differentialrechnung122
IV Integralrechnung
Beispiel 1: Induktionsspannung in einer in einem Magnetfeldrotierenden Metallscheibe
Elementare Integration (Grundintegral)
Eine Metallscheibe vom Radius R rotiert in einem ho-mogenen Magnetfeld der Flussdichte ~BB mit der kon-stanten Winkelgeschwindigkeit w um die Feldrichtung(senkrecht zur Zeichenebene, siehe Bild IV-1). Bestim-men Sie die �ber zwei Schleifkontakte abgreifbare In-duktionsspannung U zwischen der Scheibenmitte Mund dem Scheibenrandpunkt P durch Anwendung desInduktionsgesetzes [ A37 ].
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A8, A37
L�sung:Wir betrachten das in Bild IV-1 eingezeichnete, in radialer Richtung im Abstand r von derDrehachse M liegende Leiterelement der L�nge dr. Es bewegt sich mit der konstantenBahngeschwindigkeit [ A8 ] v ¼ w r senkrecht durch das Magnetfeld mit der konstantenFlussdichte ~BB. Nach dem Induktionsgesetz [ A37 ] wird in diesem Leiterelement eine Span-nung vom Betrag
dU ¼ B v dr ¼ Bw r dr ðmit B ¼ j ~BB jÞinduziert. Die zwischen Scheibenmitte M und Scheibenrandpunkt P abgreifbare Induktions-spannung erh�lt man dann durch Summierung, d. h. Integration der Beitr�ge aller zwischenM und P gelegener Leiterelemente. Die gesuchte Induktionsspannung betr�gt somit
U ¼ðR
r¼ 0
dU ¼ Bw �ðR0
r dr ¼ Bw12
r 2 �R
0¼ Bw � 1
2R 2 ¼ 1
2BwR 2
und ist konstant.
Leiterelement
RotierendeMetallscheibe
v
r
v P
drM
R
B
Bild IV-1
123
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_4
Beispiel 2: Rollbewegung einer Kugel l�ngs einer schiefen Ebene
Elementare Integrationen (Grundintegrale)
Eine homogene Vollkugel mit der Masse m und dem Radius r rollt (ohne zu gleiten) eineschiefe Ebene mit dem Neigungswinkel a hinab (Bild IV-2).
a) Beschreiben Sie die Bewegung des Kugel-schwerpunktes S durch den zeitlichen Ver-lauf von Beschleunigung a, Geschwindig-keit v und Ortskoordinate x.
b) Mit welcher (zeitabh�ngigen) Winkel-geschwindigkeit w erfolgt die Drehung derKugel um ihren Schwerpunkt S?
L�sungshinweis: Die Bewegung erfolgt aus der Anfangslage x ðt ¼ 0Þ ¼ 0 und aus derRuhe heraus. Gehen Sie bei der L�sung dieser Aufgabe von dem Newtonschen Grundgesetz[ A27 ] aus. Die konstante Haftreibungskraft ~FFR l�sst sich aus dem Grundgesetz der Dreh-bewegung [ A36 ] bestimmen. Das Massentr�gheitsmoment der Kugel bez�glich der Schwer-
punktachse betr�gt J ¼ 25
mr 2.
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A7, A27, A36
L�sung:a) Auf den Schwerpunkt S, dessen Lage wir nach Bild IV-2 durch die Koordinate x be-
schreiben, wirken die folgende Kr�fte ein (Kraftkomponenten in x-Richtung):
1. Die Hangabtriebskraft 1) FH ¼ mg � sin a;2. Die konstante Haftreibungskraft FR.
Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] gilt dann
ma ¼ m __x ¼ FH � FR ¼ mg � sin a � FR ðBeschleunigung a ¼ __xÞ
x
y
Kugel
FH
x
FR
a
aG
schiefe Ebene
Sr
Bild IV-2
1) Sie ist die Komponente der Gewichtskraft G ¼ mg l�ngs der schiefen Ebene und l�sst sich aus dem eingezeich-neten Kr�ftedreieck bestimmen.
IV Integralrechnung124
Zugleich erfolgt eine Drehung der Kugel um ihren Schwerpunkt S, hervorgerufen durchdas Moment M ¼ r FR der Haftreibungskraft FR [ A7 ]. Nach dem Grundgesetz derDrehbewegung [ A36 ] gilt dann
J __j ¼ M ¼ r FR
(die Winkelbeschleunigung __j ist die zweite Ableitung des zeitabh�ngigen Drehwinkels jnach der Zeit t). Zwischen dem Drehwinkel j und der Schwerpunktskoordinate x be-steht ferner die lineare Abrollbedingung x ¼ rj, aus der man durch zweimalige Diffe-rentiation nach der Zeit t die Beziehung
__x ¼ r __j oder __j ¼ __xr
gewinnt. Wir setzen diesen Ausdruck in das Grundgesetz der Drehbewegung ein und er-
halten unter Ber�cksichtigung von J ¼ 25
m r 2 eine Gleichung, die wir nach der Haft-reibungskraft FR aufl�sen:
J __j ¼ 25
m r 2 � __xr¼ 2
5m r __x ¼ r FR ) FR ¼ 2
5m __x
Diesen Ausdruck setzen wir in das Newtonsche Grundgesetz ein:
m __x ¼ mg � sin a � 25
m __x : m ) __x ¼ g � sin a � 2
5 __x
Durch Aufl�sen dieser Gleichung nach __x erhalten wir f�r die Beschleunigung desKugelschwerpunktes den konstanten Wert
__x ¼ 57
g � sin a
Die Integration dieser Gleichung f�hrt unter Ber�cksichtigung der Anfangsgeschwindigkeitv ðt ¼ 0Þ ¼ 0 zu dem folgenden linearen Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz (die Integrations-variable bezeichnen wir mit t):
v ðtÞ ¼ _x ¼ðt0
__x dt ¼ 57
g � sin a �ðt0
1 dt ¼ 57
g � sin ahti t0¼ 5
7g � sin a
� �t
Nochmalige Integration liefert das Weg-Zeit-Gesetz (Anfangswert: x ðt ¼ 0Þ ¼ 0):
x ðtÞ ¼ðt0
v dt ¼ 57
g � sin a �ðt0
t dt ¼ 57
g � sin a 12t 2
� t
0
¼
¼ 57
g � sin a � 12
t 2 ¼ 514
g � sin a� �
t 2
IV Integralrechnung 125
b) Aus der Abrollbedingung x ¼ rj folgt durch Differenzieren nach der Zeit t
_x ¼ r _j oder v ¼ rw ðmit v ¼ _x und w ¼ _jÞSomit ist unter Beachtung von L�sungsteil a)
w ¼ wðtÞ ¼ v
r¼ 5 g � sin a
7 r
� �t
d. h. die Winkelgeschwindigkeit w�chst wie die Geschwindigkeit linear mit der Zeit.
Beispiel 3: Oberfl�chenprofil einer rotierenden Fl�ssigkeit
Elementare Integration (Grundintegral )
Bild IV-3 zeigt einen ebenen Schnitt durch dieSymmetrieachse eines mit Wasser gef�llten zy-lindrischen Gef�ßes vom Radius R, das mitder konstanten Winkelgeschwindigkeit w umdie Zylinderachse rotiert. Welches Profil nimmtdie Wasseroberfl�che im dynamischen Gleich-gewichtszustand an?
Zylinderachse (Symmetrieachse): y-Achse
L�sungshinweis: Die auf ein in der Wasseroberfl�che liegendes Masseteilchen (Punkt P)einwirkende Gesamtkraft steht im dynamischen Gleichgewichtszustand senkrecht zur Wasser-oberfl�che.
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A15
L�sung:Wir betrachten ein Masseteilchen m im Punkt P ¼ ðx; yÞ der stabilisierten Wasseroberfl�-che (Bild IV-3). Es unterliegt dem Einfluss zweier Kr�fte. Senkrecht nach unten wirkt dasGewicht ~GG vom Betrag G ¼ mg, nach außen die Zentrifugalkraft ~FFZ vom BetragFZ ¼ mw 2 x [ A15 ]. Beide Kr�fte setzen sich zu einer Resultierenden ~FFR zusammen, dieim Gleichgewichtszustand senkrecht zur Wasseroberfl�che, d. h. senkrecht zur eingezeichnetenTangente an die gesuchte Schnittkurve y ¼ y ðxÞ verlaufen muss 2).
x
yv Tangente
in P
P
R
y = y(x)
x
Zylindergefäß mit Wasser
FR
FZ
a
a
G
Bild IV-3
2) Andernfalls g�be es eine tangentiale Kraftkomponente, die das Wasserteilchen entgegen der Annahme verschie-ben w�rde.
IV Integralrechnung126
Der Steigungswinkel a der Tangente in P ist zugleich der Winkel zwischen der Gewichts-kraft ~GG und der Resultierenden ~FFR . Aus dem Kr�ftedreieck erhalten wir die Beziehung
tan a ¼ FZ
G¼ mw 2 x
m g¼ w 2
gx
Andererseits ist tan a definitionsgem�ß die Steigung der Kurventangente und somit identischmit der 1. Ableitung der (noch unbekannten) Schnittkurve y ¼ y ðxÞ. Aus der Beziehung
y 0 ¼ tan a ¼ w 2
gx
erhalten wir dann durch Integration die gesuchte Gleichung der Schnittkurve:
y ¼ðy 0 dx ¼ w 2
g�ðx dx ¼ w 2
g� 12
x 2 þ C ¼ w 2
2 gx 2 þ C
Diese Parabel verl�uft nach unserer Wahl des Koordinatensystems durch den Koordinaten-ursprung, somit hat die Integrationskonstante den Wert C ¼ 0. Die Wasseroberfl�che selbstbesitzt daher das Profil eines Rotationsparaboloids mit der Funktionsgleichung 3)
y ¼ w 2
2 gr 2 , 0 r R ðr : ZylinderkoordinateÞ
Beispiel 4: Resultierende eines ebenen parallelen Kr�ftesystems
Elementare Integrationen (Grundintegrale)
Ein homogener Balken der L�nge l wirdnach Bild IV-4 durch eine linear an-steigende Streckenlast (Dreieckslast)q ðxÞ beansprucht. Bestimmen Sie dieresultierende Kraft ~FFR nach Gr�ße (Be-trag) und Lage (Wirkungslinie).
L�sungshinweis: Gehen Sie zun�chst von dem eingezeichneten Balkenelement dx aus undbestimmen Sie die auf dieses Element einwirkende Kraft vom Betrag dF sowie das vondieser Kraft erzeugte Moment vom Betrag dM [ A7 ].
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A7
xxR l0 x
FR
dF
dx Balkenelement
q(x)
q0
Bild IV-4
3) Die Wasseroberfl�che ist eine Rotationsfl�che, die durch Drehung der Parabel um die Zylinderachse entsteht.Dabei wird die Koordinate x zum Radius der Drehbewegung und geht somit in die Zylinderkoordinate r �ber(r : senkrechter Abstand des Punktes P von der Symmetrieachse).
IV Integralrechnung 127
L�sung:An der Stelle x wirkt auf das eingezeichnete Balkenelement der L�nge dx eine Kraft vomBetrag dF ¼ q ðxÞ dx. Mit der im Intervall 0 x l linear ansteigenden Streckenlast
(Dreieckslast) q ðxÞ ¼ q 0
lx erhalten wir somit 4)
dF ¼ q ðxÞ dx ¼ q 0
lx dx
und durch Summation, d. h. Integration �ber s�mtliche Balkenelemente zwischen x ¼ 0 undx ¼ l schließlich den Betrag der resultierenden Kraft :
FR ¼ðl
x¼ 0
dF ¼ q 0
l�ðl0
x dx ¼ q 0
l12
x 2 � l
0¼ q 0
l� 12
l 2 ¼ q 0 l2
Die Wirkungslinie der Resultierenden FR wird durch die Koordinate xR eindeutig fest-gelegt. Wir bestimmen sie wie folgt. Die an der Stelle x einwirkende Kraft dF erzeugtbez�glich des Koordinatenursprungs 0 ein Moment vom Betrag [A7 ]
dM ¼ x dF ¼ x q ðxÞ dx ¼ xq 0
lx dx ¼ q 0
lx 2 dx
Durch Summation, d. h. Integration in den Grenzen von x ¼ 0 bis x ¼ l erh�lt manhieraus das Gesamtmoment
M ¼ðl
x¼ 0
dM ¼ q 0
l�ðl0
x 2 dx ¼ q 0
l13
x 3 � l
0¼ q 0
l� 13
l 3 ¼ q 0 l 2
3
Dieses Moment erzeugt auch die im Abstand xR angreifende resultierende Kraft FR :
M ¼ xR FR ¼ xRq 0 l2
Somit ist
M ¼ xRq 0 l2¼ q 0 l 2
3und damit xR ¼ 2
3l
Die Resultierende FR ¼ q 0 l2
greift daher im Abstand xR ¼ 23
l vom linken Randpunkt an.
Ihre Richtung ist die der Einzelkr�fte (senkrecht zum Balken).
4) Die Streckenlast q ðxÞ steigt im Intervall 0 x l gleichm�ßig (d. h. linear) von q ðx ¼ 0Þ ¼ 0 aufq ðx ¼ lÞ ¼ q 0 an. Die Steigung der Geraden betr�gt somit q 0=l.
IV Integralrechnung128
Beispiel 5: Querkraft und Biegemoment l�ngs eines Balkens mitlinear ansteigender Last (Dreieckslast)
Elementare Integrationen (Grundintegrale)
Bild IV-5 zeigt einen zweifach gelagertenhomogenen Balken der L�nge l, der durchdie linear ansteigende Streckenlast (Drei-eckslast)
q ðxÞ ¼ q 0
lx , 0 x l
senkrecht zum Balken belastet wird. Be-stimmen Sie den Verlauf von QuerkraftQ ðxÞ und Biegemoment Mb ðxÞ l�ngs desBalkens [ A29 ].
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A29
L�sung:Zwischen der Streckenlast q ðxÞ, der Querkraft Q ðxÞ und dem Biegemoment Mb ðxÞ be-steht der folgende Zusammenhang [A29 ]:
Q ðxÞ ¼ �ðq ðxÞ dx , Mb ðxÞ ¼
ðQ ðxÞ dx
Daraus erhalten wir f�r diesen speziellen Belastungsfall die Gleichungen
Q ðxÞ ¼ �ðq ðxÞ dx ¼ � q 0
l�ðx dx ¼ � q 0
l� 12
x 2 þ C 1 ¼ � q 0
2 lx 2 þ C 1
Mb ðxÞ ¼ðQ ðxÞ dx ¼
ð� q 0
2 lx 2 þ C 1
� �dx ¼ � q 0
2 l� 13
x 3 þ C 1 x þ C 2 ¼
¼ � q 0
6 lx 3 þ C 1 x þ C 2
In den beiden Lagern, d. h. an den Stellen x ¼ 0 und x ¼ l verschwindet das Biegemo-ment: Mb ðx ¼ 0Þ ¼ Mb ðx ¼ lÞ ¼ 0. Aus diesen Randbedingungen lassen sich die beidenIntegrationskonstanten C 1 und C 2 leicht bestimmen:
Mb ðx ¼ 0Þ ¼ 0 ) � 0 þ 0 þ C 2 ¼ 0 ) C 2 ¼ 0
Mb ðx ¼ lÞ ¼ 0 ) � q 0
6 ll 3 þ C 1 l þ 0 ¼ 0 ) � q 0 l 2
6þ C 1 l ¼ 0
) C 1 ¼ q 0 l6
x
q(x)
q0
x = 0
l
Bild IV-5
IV Integralrechnung 129
Somit gilt im Intervall 0 x l :
Q ðxÞ ¼ � q 0
2 lx 2 þ q 0 l
6¼ � 3 q 0 x 2 þ q 0 l 2
6 l¼ � q 0 ð3 x 2 � l 2Þ
6 l¼ � q 0
6 lð3 x 2 � l 2Þ
Mb ðxÞ ¼ � q 0
6 lx 3 þ q 0 l
6x ¼ � q 0 x 3 þ q 0 l 2 x
6 l¼ � q 0 ðx 3 � l 2 xÞ
6 l¼
¼ � q 0
6 lðx 3 � l 2 xÞ
Der Verlauf beider Funktionen ist in den Bildern IV-6 und IV-7 dargestellt.
Beispiel 6: Fliehkraft- oder Zentrifugalkraftregler
Elementare Integration (Grundintegral )
Bild IV-8 zeigt einen Fliehkraft- oder Zentrifugalkraftregler, der mit der konstanten Winkel-geschwindigkeit w um die eingezeichnete Achse rotiert. Infolge der nach außen wirkendenZentrifugalkr�fte stellen sich beide Arme unter einem Winkel j gegen die Drehachse ein.
a) Wie lautet der funktionale Zusammenhang zwischen der Winkelgeschwindigkeit w unddem Winkel j?
b) Bei welcher Winkelgeschwindigkeit w 0 heben die Arme erstmals ab?
l ¼ 2 a: L�nge eines Arms; m: Masse eines Arms; A: konstante Querschnittsfl�che eines
Arms; r: konstante Dichte
x
Q
l3
l
q l
60
q l
30–
xl
Mb
Max
l3
q l023
27
Bild IV-6 Querkraft Q ðxÞ Bild IV-7 Biegemoment Mb ðxÞ
IV Integralrechnung130
Beziehungen (siehe Bild IV-8):
sin j ¼ ua) u ¼ a � sin j
cos j ¼ v
x) v ¼ x � cos j
sin j ¼ rx) r ¼ x � sin j
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A7, Al5
L�sung:a) Im dynamischen Gleichgewichtszustand heben sich die von Schwerkraft und Zentrifugal-
kraft hervorgerufenen Momente in ihrer Wirkung auf. Die im Schwerpunkt S im Ab-stand a vom Gelenk (Pol) angreifende Gewichtskraft G ¼ mg erzeugt das Moment[ A7 ]
MG ¼ Gu ¼ mg a � sin j ðu ¼ a � sin jÞBei der Berechnung des durch die Zentrifugalkraft erzeugten Momentes gehen wir voneinem im Abstand x vom Pol liegenden Massenelement dm aus. Es unterliegt der Zen-trifugalkraft [ A15 ]
dFZ ¼ ðdmÞ w 2 r
wobei r der senkrechte Abstand von der Drehachse ist. Mit dm ¼ r dV ¼ rA dx folgt
dFZ ¼ ðrA dxÞ w 2 r ¼ rAw 2 r dx
(dV ¼ A dx ist das Volumen des Massenelementes dm). Das von dieser Kraft erzeugteMoment [ A7 ] betr�gt
dMZ ¼ ðdFZÞ v ¼ ðrAw 2 r dxÞ v ¼ rAw 2 r v dx
Mit r ¼ x � sin j und v ¼ x � cos j erhalten wir schließlich
dMZ ¼ rAw 2 ðx � sin jÞ ðx � cos jÞ dx ¼ rAw 2 � sin j � cos j � x 2 dx
Arm
Massenelement dm
dFZ
dx
G
r
Sv
a
u
xff
Gelenk (Pol)
Drehachse
v
Bild IV-8
IV Integralrechnung 131
Durch Summation, d. h. Integration �ber alle Beitr�ge zwischen den Grenzen x ¼ 0 undx ¼ 2 a ergibt sich das Gesamtmoment der Zentrifugalkr�fte zu
MZ ¼ð2 a
x¼ 0
dMZ ¼ rAw 2 � sin j � cos j �ð2 a0
x 2 dx ¼
¼ rAw 2 � sin j � cos j 13
x 3 � 2 a
0¼ rAw 2 � sin j � cos j � 8
3a 3 ¼
¼ 83rAa 3 w 2 � sin j � cos j ¼ 4
3ðrA � 2 aÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}
m
a 2 w 2 � sin j � cos j ¼
¼ 43
ma 2 w 2 � sin j � cos j
(m ¼ rA � 2 a ist die Masse eines Arms). Aus der Gleichgewichtsbedingung MZ ¼ MG
folgt die gew�nschte Beziehung zwischen w und j:
43
ma 2 w 2 � sin j � cos j ¼ mga � sin j )
w 2 ¼ 3mg a � sin j4ma 2 � sin j � cos j ¼
3 g4 a � cos j )
w ¼ w ðjÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
3 g4 a � cos j
s, 0� j < 90�
b) Die Arme heben erstmals ab, wenn die Winkelgeschwindigkeit den Wert
w 0 ¼ w ðj ¼ 0�Þ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
3 g4 a � cos 0�
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 g
4 a � 1
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffi3 g4 a
r
�berschreitet. Bild IV-9 zeigt den Verlauf derWinkelgeschwindigkeit w in Abh�ngigkeit vomWinkel j.
f
v
v0
10° 50° 90°Bild IV-9
IV Integralrechnung132
Beispiel 7: Massentr�gheitsmoment eines Rotationsk�rpers mitelliptischem Querschnitt
Elementare Integration (Grundintegral )
Bild IV-10 zeigt einen homogenen Rotationsk�rper mit elliptischem Querschnitt. Er entstehtdurch Drehung einer Ellipse mit den Halbachsen a und b um die y-Achse.
a) Berechnen Sie das Massentr�gheitsmoment J y die-ses K�rpers bez�glich der Rotationsachse in Abh�n-gigkeit vom Parameter h, der die halbe H�he desRotationsk�rpers beschreibt ð0 h bÞ.
b) Welche Werte ergeben sich aus a) f�r die Massen-tr�gheitsmomente eines Rotationsellipsoids und einerKugel vom Radius R?
r: konstante Dichte des Rotationsk�rpers
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 und V.10.9.3
L�sung:a) Definitionsgem�ß ist
J y ¼ 12p r �
ðhy¼� h
x 4 dy ¼ 12p r � 2 �
ðhy¼ 0
x 4 dy ¼ p r �ðh
y¼ 0
x 4 dy
wobei x ¼ g ðyÞ die Gleichung der rotierenden Kurve ist. Wir erhalten sie, indem wirdie Ellipsengleichung nach der Variablen x bzw. nach x 2 aufl�sen:
x 2
a 2þ y 2
b 2¼ 1 ) x 2 ¼ a 2 1 � y 2
b 2
� �¼ a 2 b 2 � y 2
b 2
� �¼ a 2
b 2ðb 2 � y 2Þ
Damit wird
Jy ¼ p r � a4
b 4�ðh0
ðb 2 � y 2Þ 2 dy ¼ p r a 4
b 4�ðh0
ðb 4 � 2 b 2 y 2 þ y 4Þ dy ¼
¼ p r a 4
b 4b 4 y � 2
3b 2 y 3 þ 1
5y 5
� h
0¼ p r a 4
b 4b 4 h � 2
3b 2 h 3 þ 1
5h 5
� �
x
y
a
bh
h
Bild IV-10
IV Integralrechnung 133
b) F�r den Sonderfall h ¼ b erhalten wir ein Rotationsellipsoid mit dem Massentr�gheits-moment
JRotationsellipsoid ¼ p r a 4
b 4b 5 � 2
3b5 þ 1
5b 5
� �¼ p r a 4
b 4� b 5 1 � 2
3þ 1
5
� �¼|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}
8=15
¼ 815
p r a 4 b
Die Kugel vom Radius R wiederum ist der Sonderfall eines Rotationsellipsoids f�ra ¼ b ¼ R :
JKugel ¼ 815
p rR 4 R ¼ 815
p rR 5
Beispiel 8: Zugstab mit konstanter Zugspannung
Elementare Integrationen (Grundintegrale)
Bild IV-11 zeigt einen Zugstab mit einer orts-abh�ngigen Querschnittsfl�che A, der am oberenEnde gelagert ist und am unteren Ende durch einekonstante Kraft F 0 belastet wird. Wie ist die Quer-schnittsfl�che A in Abh�ngigkeit von der Koordinatex zu w�hlen, damit die Zugspannung s an jederSchnittstelle den gleichen Wert besitzt?
l : L�nge des Zugstabes
A 0 : Querschnittsfl�che am unteren Ende
r: konstante Dichte des Zugstabes
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A1, A16
L�sung:Das in Bild IV-11 eingezeichnete (dunkelgrau unterlegte) Massenelement dm ¼ r dV¼ rA dx befindet sich im Gleichgewicht, wenn die Zugkraft dF ¼ d ðs AÞ ¼ s dA die Ge-wichtskraft dG ¼ ðdmÞ g ¼ r gA dx in ihrer Wirkung aufhebt [ A16, Al ]. Somit gilt
s dA þ r gA dx ¼ 0 oder s dA ¼ � r g A dx 5)
x
dF = dAs x
dx
dG = (dm)g
A0
F0
l
Zugstab
Massen-elementdm
Bild IV-11
5) Das Minuszeichen bringt zum Ausdruck, dass die beiden Kr�fte in entgegengesetzte Richtungen weisen.
IV Integralrechnung134
Wir formen diese Gleichung noch geringf�gig um (Trennung der beiden Variablen A und xeinschließlich ihrer Differentiale)
dAA¼ � r g
sdx
und integrieren anschließend beide Seiten, wobei wir die Integrationskonstante zweckm�ßi-gerweise in der „logarithmischen“ Form ln C ansetzen:ð
dAA¼ � r g
s�ð1 dx ) ln A ¼ � r g
sx þ ln C )
ln A � ln C ¼ lnAC
� �¼ � r g
sx
Durch Entlogarithmierung folgt
AC¼ e�
r gs x oder A ¼ A ðxÞ ¼ C � e�
r gs x
Die Integrationskonstante C bestimmen wir aus dem Randwert A ðx ¼ lÞ ¼ A 0 :
A ðx ¼ lÞ ¼ A 0 ) C � e�r gs l ¼ A 0 ) C ¼ A 0 � e
r gs l
Die Querschnittsfl�che des Zugstabes �ndert sich damit nach dem Exponentialgesetz
A ðxÞ ¼ A 0 � er gs l � e�
r gs x ¼ A 0 � e
r gs ðl� xÞ , 0 x l
Der Stabquerschnitt nimmt daher von obennach unten exponentiell ab (Bild IV-12). DieZugspannung besitzt dabei an jeder Stelle dengleichen Wert s ¼ F 0=A 0.
Beispiel 9: Magnetischer Fluss durch eine Leiterschleife
Elementare Integrationen (Grundintegrale)
Die in Bild IV-13 dargestellte Anordnung zeigt einen geradlinigen, vom Gleichstrom I inder angegebenen Richtung durchflossenen Leiter und eine rechteckige Leiterschleife mit denSeiten a und b. Die Seite b ist dabei parallel zum Leiter. Beide Leiter liegen in einergemeinsamen Ebene, ihr (k�rzester) Abstand ist R, das Medium ist Luft mit der Permeabili-t�t m � 1.
l x
A
A ·e0
A0
rsgl
Bild IV-12
IV Integralrechnung 135
a) Bestimmen Sie den vom Magnetfeld desStromes erzeugten magnetischen Fluss Fdurch die Leiterschleife.
b) Wie groß ist der arithmetische MittelwertB der magnetischen Flussdichte ~BB inner-halb der Leiterschleife?
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A4, A5, A38
L�sung:a) Der Strom I erzeugt ein Magnetfeld, dessen Feldlinien als konzentrische Kreise um die
Stromrichtung verlaufen. Das Feld besitzt dabei im senkrechten Abstand r von der Lei-terachse die magnetische Feldst�rke vom Betrag [ A4 ]
H ¼ H ðrÞ ¼ I2p r
, r > 0
und somit die magnetische Flussdichte [ A5 ]
B ¼ B ðrÞ ¼ m 0 mH ¼ m 0 � 1 �I
2p r¼ m 0 I
2p r, r > 0
Die Leiterschleife wird von diesem Feld senkrecht durchflutet. Der magnetische Fluss[ A38 ] durch das eingezeichnete (dunkelgrau unterlegte) Fl�chenelement dA ¼ b dr be-tr�gt daher
dF ¼ B dA ¼ m 0 I2p r
b dr ¼ m 0 I b2p
� 1r
dr
Den Gesamtfluss F erhalten wir durch Summierung, d. h. Integration �ber s�mtlicheFl�chenelemente zwischen r ¼ R und r ¼ R þ a:
F ¼ðRþ a
r¼R
dF ¼ m 0 I b2p
�ðRþ a
R
1r
dr ¼ m 0 I b2p
hln r
iRþ a
R¼
¼ m 0 I b2p
½ ln ðR þ aÞ � ln R ¼ m 0 I b2p
� ln R þ aR
� �, R > 0
(unter Verwendung der Rechenregel lnuv
� �¼ ln u � ln vÞ
r dr
b
a
B
Flächenelement dA
Leiter-schleife
Leiter
R
I
Bild IV-13
IV Integralrechnung136
b) Der arithmetische, d. h. lineare Mittelwert der magnetischen Flussdichte B ¼ B ðrÞ imIntervall R r R þ a der L�nge a ist definitionsgem�ß
B ¼ 1a�ðRþ a
r¼R
B ðrÞ dr ¼ 1a� m 0 I2p�ðRþ a
R
1r
dr ¼ m 0 I2p a
hln r
iRþ a
R¼
¼ m 0 I2p a
½ ln ðR þ aÞ � ln R ¼ m 0 I2p a
� ln R þ aR
� �Ein Vergleich mit dem Ergebnis aus L�sungsteil a) zeigt, dass der magnetische Fluss Fdurch die Leiterschleife das Produkt aus dem arithmetischen Mittelwert B der magne-tischen Flussdichte und der Fl�che A ¼ a b der Leiterschleife ist:
BA ¼ m 0 I2p a
� ln R þ aR
� �� a b ¼ m 0 I b
2p� ln R þ a
R
� �¼ F
Beispiel 10: Kapazit�t eines Koaxialkabels
Elementare Integration (Grundintegral )
Ein Koaxialkabel der L�nge l besteht aus zwei leitendenkoaxialen Zylinderfl�chen mit den Radien r 1 und r 2.Der Raum zwischen dem Innen- und Außenleiter ist miteinem Isolator der Dielektrizit�tskonstanten e ausgef�llt(Bild IV-14 zeigt den Querschnitt des Kabels). WelcheKapazit�t C besitzt das Koaxialkabel?
L�sungshinweis: Gehen Sie zun�chst von der �berlegung aus, dass der Innenleiter einegleichm�ßig �ber den Zylindermantel verteilte positive Ladung Q trage. Berechnen Sie dannden Betrag der elektrischen Feldst�rke ~EE im Innern des Koaxialkabels in Abh�ngigkeit vonder Ortskoordinate r und daraus die Spannung U zwischen den beiden leitenden Zylinder-fl�chen.
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A34, A39, A40
r 2
r 1
r
Außenleiter
E
E
E E
Innenleiter
Isolator
Bild IV-14
IV Integralrechnung 137
L�sung:Die Ladung Q erzeugt ein zylindersymmetrisches elektrisches Feld (im Schnitt senkrecht zurZylinderachse ist das elektrische Feld radialsymmetrisch). Der Betrag der elektrischen Feld-st�rke ~EE hat daher auf einer zum Innenleiter koaxialen Zylinderfl�che �berall den gleichenWert (siehe gestrichelte Linie in Bild IV-14). Im senkrechten Abstand r von der Symmetrie-achse gilt f�r die Feldst�rke E [ A34 ]
E ¼ E ðrÞ ¼ Q2p e 0 e l r
¼ Q2p e 0 e l
� 1r, r 1 r r 2
Die Spannung [ A39 ] zwischen dem Innen- und Außenleiter ist dann dem Betrage nach
U ¼ðr 2r 1
E ðrÞ dr ¼ Q2p e 0 e l
�ðr 2r 1
1r
dr ¼ Q2p e 0 e l
hln r
i r 2r 1¼
¼ Q2p e 0 e l
ðln r 2 � ln r 1Þ ¼ Q2p e 0 e l
� ln r 2r 1
� �Das Koaxialkabel besitzt damit die folgende Kapazit�t [ A40 ]:
C ¼ QU¼ Q
Q2p e 0 e l
� ln r 2r 1
� � ¼ 2p e 0 e l
lnr 2r 1
� �
Beispiel 11: �bergangswiderstand einer Kugel
Elementare Integration (Grundintegral )
Bild IV-15 zeigt (im Querschnitt) eine Anordnung aus zwei konzentrischen Kugelelektroden mitden Radien r 1 und r 2. Der Zwischenraum ist mit einem Material der Leitf�higkeit j aus-gef�llt.
a) Welche Spannung U liegt zwischen den beidenElektroden, wenn von innen nach außen einStrom der konstanten St�rke I fließt? WelchenWiderstand R besitzt diese Anordnung?
b) Welchen �bergangswiderstand RKugel besitzt ei-ne Kugel vom Radius r ?
r 2
r 1
r
Außenleiter
S
S
S S
Innenleiter
leitendesMaterial
Bild IV-15
IV Integralrechnung138
L�sungshinweis: Bestimmen Sie zun�chst die Betr�ge der Stromdichte ~SS und der elektri-schen Feldst�rke ~EE in der Kugel in Abh�ngigkeit von der Abstandskoordinate r und darausdie Spannung U zwischen den beiden Kugelelektroden. Der �bergangswiderstand einer Ku-gel ist der Widerstand bei unendlich weit entfernter Gegenelektrode.
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 Physikalische Grundlagen: A14, A19, A39, A41
L�sung:a) Wegen der Radialsymmetrie des elektrischen Feldes besitzt der Stromdichtevektor ~SS in
jedem Punkt einer zu den Kugelelektroden konzentrischen Kugeloberfl�che den gleichenBetrag. Durch die Oberfl�che A ¼ 4p r 2 der im Bild eingezeichneten (gestrichelten)Kugel vom Radius r fließt der konstante Strom I. Somit ist der Betrag der Stromdichteim Abstand r nach [A19 ]
S ðrÞ ¼ IA¼ I
4p r 2, r 1 r r 2
Aus der Beziehung S ¼ jE [ A41 ] folgt f�r den Betrag der elektrischen Feldst�rke
E ðrÞ ¼ S ðrÞj¼ I
4p j r 2¼ I
4p j� 1r 2
, r 1 r r 2
Die Spannung zwischen den beiden Kugelelektroden betr�gt dann [A39 ]
U ¼ðr 2r 1
E ðrÞ dr ¼ I4p j
�ðr 2r 1
1r 2
dr ¼ 14p j
�ðr 2r 1
r� 2 dr ¼ 14p j
� r� 1
� 1
� r 2
r 1
¼
¼ I4p j
� 1r
� r 2
r 1
¼ I4p j
� 1r 2þ 1
r 1
� �¼ I
4p j
1r 1� 1
r 2
� �¼ I
4p j� r 2 � r 1
r 1 r 2
F�r den gesuchten Widerstand erhalten wir damit nach dem ohmschen Gesetz [ A14 ]
R ¼ UI¼
I4p j
� r 2 � r 1r 1 r 2
I¼ 1
4p j� r 2 � r 1
r 1 r 2
b) Wir setzen zun�chst r 1 ¼ r und r 2 ¼ x und bilden dann den Grenz�bergang f�rx ! 1. Er f�hrt zu dem folgenden �bergangswiderstand einer Kugel vom Radius r :
RKugel ¼ limx!1
14p j
� x � rr x
� �¼ 1
4p j� 1r� lim
x!1x � rx
� �¼
¼ 14p j r
� limx!1 1 � r
x
� �¼ 1
4p j r� 1 ¼ 1
4p j r|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}1
IV Integralrechnung 139
Beispiel 12: Arbeit im Gravitationsfeld der Erde
Elementare Integration (Grundintegral )
Welche Arbeit W ist aufzuwenden, um eine an der Erdoberfl�chebefindliche Masse m aus dem Einflussbereich der Erde heraus zubringen (Bild IV-16)? Mit welcher Geschwindigkeit v 0 muss dieserK�rper daher von der Erdoberfl�che abgeschossen werden?
Erdradius: r 0 ¼ 6370 km
Gravitationskonstante: g ¼ 6,67 � 10� 1 1 Nm2/kg2
Erdmasse: M ¼ 5,98 � 1024 kg
L�sungshinweis: Benutzen Sie bei der Berechnung der Arbeit dasGravitationsgesetz [ A18 ].
Lehrbuch: Bd. 1, V.5 und V.10.6 Physikalische Grundlagen: A18
L�sung:Die gegen das Gravitationsfeld der Erde aufzubringende Arbeit ist definitionsgem�ß durch dasArbeitsintegral 6)
W ¼ð1r 0
~FF � d~rr ¼ð1r 0
F ðrÞ dr
gegeben, wobei ~FF eine Kraft ist, die der Gravitationskraft ~FFG [ A18 ] stets das Gleichge-wicht h�lt. Daher ist
F ðrÞ ¼ j ~FFG j ¼ g � mMr 2¼ gmM � 1
r 2, r � r 0
Wir berechnen mit dieser ortsabh�ngigen Kraft das Arbeitsintegral und erhalten
W ¼ð1r 0
F ðrÞ dr ¼ gmM �ð1r 0
1r 2
dr ¼ gmM �ð1r 0
r� 2 dr ¼ gmMr� 1
� 1
�1r 0
¼
¼ gmM � 1r
�1r 0
¼ gmM � 0 þ 1r 0
� �¼ gmM
r 0
r0
Erdkugel
r
F
FGm
M
∞
Bild IV-16
6) Die Anziehungskraft durch die Erdkugel verschwindet erst in großer Entfernung von der Erdoberfl�cheðr ! 1Þ. Daher ist die Integration von r ¼ r 0 bis hin zu r ¼ 1 zu erstrecken.
IV Integralrechnung140
Diese Arbeit (Energie) muss der Masse m beim Verlassen der Erdoberfl�che in Form vonkinetischer Energie zugef�hrt werden. Aus Ekin ¼ W folgt dann
12
m v 20 ¼
gmMr 0
oder v 20 ¼
2 gMr 0
mit Ekin ¼ 12
m v 20
� �Die auch als Fluchtgeschwindigkeit bezeichnete Abschussgeschwindigkeit der Masse betr�gtdaher
v 0 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2gMr 0
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 � 6,67 � 10� 1 1 Nm2 kg� 2 � 5,98 � 1024 kg
6,37 � 106 m
s¼
¼ 11 191 m=s � 11,19 km=s
und ist (unabh�ngig von der Masse) f�r alle K�rper gleich.
Beispiel 13: Elektrischer Widerstand eines kegelstumpff�rmigenKontaktes
Integration mittels Substitution
Ein homogener elektrischer Kontakt be-sitzt die Gestalt eines Kegelstumpfes(Bild IV-17). Wie groß ist sein ohm-scher Widerstand R?
r 1, r 2 : Radien der begrenzenden Kreis-fl�chen des Kegelstumpfes
l : L�nge des Kontaktes
r: konstanter spezifischer Widerstand
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 Physikalische Grundlagen: A42
L�sung:Wir zerlegen den Kegelstumpf durch ebene Schnitte senkrecht zur Symmetrieachse (x-Achse)in eine große Anzahl nahezu zylinderf�rmiger Scheiben. In Bild IV-17 ist eine solche(hauchd�nne) Scheibe mit dem Radius r ¼ y und der H�he (Dicke) dx grau unterlegt. Ihrohmscher Widerstand ist demnach [A42 ]
dR ¼ rdxp y 2
xl
y
y
ZylinderscheibeB
r2
dx
r1
A
l
Bild IV-17
IV Integralrechnung 141
Der Zusammenhang zwischen den Koordinaten x und y ist dabei durch die Gleichung dereingezeichneten Mantellinie AB gegeben, die durch Rotation um die x-Achse den Kegel-stumpf erzeugt. Ihre Funktionsgleichung lautet
y ¼ r 2 � r 1l
x þ r 1 , 0 x l
(Steigung: m ¼ ðr 2 � r 1Þ=l; Achsenabschnitt auf der y-Achse: r 1; siehe Bild IV-17).Damit erhalten wir f�r den Widerstand der Zylinderscheibe
dR ¼ rdxp y 2
¼ r
p� dx
r 2 � r 1l
x þ r 1� �2 ¼ r
p� dx
ðr 2 � r 1Þ x þ r 1 ll
� 2 ¼
¼ r l 2
p� dx
½ ðr 2 � r 1Þ x þ r 1 l 2
Summation, d. h. Integration �ber s�mtliche Zylinderscheiben zwischen x ¼ 0 und x ¼ lf�hrt schließlich zu dem Gesamtwiderstand
R ¼ðl
x¼ 0
dR ¼ r l 2
p�ðl0
1
½ ðr 2 � r 1Þ x þ r 1 l 2dx
Dieses Integral l�sen wir mittels der folgenden Substitution, wobei die Grenzen mitsubstitu-iert werden:
u ¼ ðr 2 � r 1Þ x þ r 1 l ,dudx¼ r 2 � r 1 , dx ¼ 1
r 2 � r 1du
Untere Grenze: x ¼ 0 ) u ¼ r 1 l
Obere Grenze: x ¼ l ) u ¼ ðr 2 � r 1Þ l þ r 1 l ¼ r 2 l � r 1 l þ r 1 l ¼ r 2 l
Somit ist
R ¼ r l 2
p�ðl0
1
½ ðr 2 � r 1Þ x þ r 1 l 2dx ¼ r l 2
p�ðr 2 lr 1 l
1u 2� 1r 2 � r 1
du ¼
¼ r l 2
p ðr 2 � r 1Þ �ðr 2 lr 1 l
u� 2 du ¼ r l 2
p ðr 2 � r 1Þu� 1
� 1
� r 2 l
r 1 l
¼ r l 2
p ðr 2 � r 1Þ �1u
� r 2 l
r 1 l
¼
¼ r l 2
p ðr 2 � r 1Þ � 1r 2 lþ 1
r 1 l
� �¼ r l 2
p ðr 2 � r 1Þ �� r 1 l þ r 2 l
r 1 r 2 l 2¼
¼ r
p ðr 2 � r 1Þ �ðr 2 � r 1Þ l
r 1 r 2¼ r l
p r 1 r 2
IV Integralrechnung142
Beispiel 14: Freier Fall unter Ber�cksichtigung des Luftwiderstandes
Integration mittels Substitution
Wird beim freien Fall der Luftwiderstand in Form einer dem Quadrat der Fallgeschwindigkeitv proportionalen Reibungskraft k v 2 ber�cksichtigt, so gilt nach dem Newtonschen Grund-gesetz [ A27 ]
ma ¼ mg � k v 2
m: Masse des frei fallenden K�rpers; a: Beschleunigung; g: Erdbeschleunigung;
k > 0: Reibungskoeffizient.
Leiten Sie aus dieser Gleichung durch Integration die Abh�ngigkeit der Fallgeschwindigkeitv vom Fallweg s f�r den Anfangswert v ðs ¼ 0Þ ¼ 0 her.
L�sungshinweis: Zeigen Sie zun�chst die G�ltigkeit der Beziehung a ¼ vdvds
. Die Newton-
sche Gleichung l�sst sich dann unter Ber�cksichtigung dieser Beziehung integrieren.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 Physikalische Grundlagen: A27
L�sung:Wir l�sen zun�chst die Newtonsche Bewegungsgleichung nach der Fallbeschleunigung a auf:
a ¼ g � km
v 2 ¼ km
mgk� v 2
� �Aus der allgemeing�ltigen Beziehung
a ¼ dvdt¼ dv
dt� dsds¼ ds
dt� dvds¼ v
dvds
mit v ¼ dsdt
� �folgt durch Umstellung
a ds ¼ v dv oder seitenvertauscht v dv ¼ a ds
In diese Gleichung setzen wir f�r die Beschleunigung a den weiter oben gefundenen Aus-druck ein und erhalten
v dv ¼ km
mgk� v 2
� �ds oder
v dvmgk� v 2
¼ km
ds
Beide Seiten werden nun integriert, wobei wir noch zur Abk�rzung a ¼ mg=k setzen:ðv dv
a � v 2¼ k
m�ð1 ds ¼ k
ms þ C 1
IV Integralrechnung 143
Das Integral der linken Seite l�sen wir durch die Substitution
u ¼ a � v 2 ,dudv¼ � 2 v oder v dv ¼ � 1
2du
und erhalten 7)ðv dva� v 2
¼ � 12�ðduu¼ � 1
2�ð
1u
du ¼ � 12� ln j u j þ C 2 ¼ � 1
2� ln ða� v 2Þ þ C 2
Somit ist
� 12� ln ða � v 2Þ þ C 2 ¼ k
ms þ C 1 oder ln ða � v 2Þ ¼ � 2 k
ms þ C
ðmit C ¼ � 2 ðC 1 � C 2ÞÞ. Bevor wir diese Gleichung nach v aufl�sen, bestimmen wiraus dem Anfangswert v ðs ¼ 0Þ ¼ 0 die Integrationskonstante C:
v ðs ¼ 0Þ ¼ 0 ) ln a ¼ C ) C ¼ ln a
Die gesuchte Funktion lautet damit in impliziter Form wie folgt:
ln ða � v 2Þ ¼ � 2 km
s þ ln a
Wir fassen die logarithmischen Terme noch zusammen
ln ða � v 2Þ � ln a ¼ lna � v 2
a
� �¼ � 2 k
ms
und entlogarithmieren diese Gleichung
a � v 2
a¼ e�
2 km s ) a � v 2 ¼ a � e� 2 k
m s )
v 2 ¼ a � a � e� 2 km s ¼ a 1 � e�
2 km s
� �Durch Aufl�sen nach der Variablen v erhalten wir das gew�nschte Fallgesetz. Es lautet(unter Ber�cksichtigung von a ¼ mg=k):
v ðsÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 1 � e�
2 km s
� �s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
1 � e�2 km s
� �s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
qNach unendlich langem Fallweg s strebt die Fallgeschwindigkeit v schließlich gegen ihrenEndwert
vE ¼ lims!1 v ðsÞ ¼ lim
s!1
ffiffiffiffiffiffiffimgk
r�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� e�
2 km s
q¼
ffiffiffiffiffiffiffimgk
r�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffilims!1 1� e�
2 km s
� �s¼
ffiffiffiffiffiffiffimgk
r|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
7) Es gilt mg > k v 2 und somit a > v 2, da Reibungskr�fte stets der Bewegungsrichtung entgegen wirken (alsokeine Beschleunigung verursachen k�nnen). Daher d�rfen die Betragsstriche in der logarithmischen Funktionweggelassen werden.
IV Integralrechnung144
Das Fallgesetz l�sst sich damit auch in derForm
v ðsÞ ¼ vE �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q, s � 0
darstellen. Bild IV-18 zeigt den Verlauf dieserFunktion.
Beispiel 15: Aufladung eines Kondensators in einem RC-Schaltkreis
Integration mittels Substitution
In der in Bild IV-19 skizzierten RC-Schaltung fließt nach Schließen des Schalters S zur Zeitt ¼ 0 der folgende Ladestrom:
i ðtÞ ¼ i 0 � e�t
R C , t � 0
R : ohmscher Widerstand; C: Kapazit�t
U 0 : angelegte Gleichspannung; i 0 ¼ i ðt ¼ 0Þa) Ermitteln Sie den zeitlichen Verlauf der Konden-
satorladung q ðtÞ, wenn der Kondensator zu BeginnðZeitpunkt t ¼ 0Þ energielos, d. h. ungeladen ist.
b) Welche Energie W wird bis zur Beendigung desAufladevorgangs im ohmschen Widerstand R umge-setzt (Stromarbeit [ A44 ] von t ¼ 0 bis t ! 1)?
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 Physikalische Grundlagen: A43, A44
L�sung:a) Es ist definitionsgem�ß i ðtÞ ¼ _q ðtÞ und somit [ A43 ]
q ðtÞ ¼ðt0
_q ðtÞ dt ¼ðt0
i ðtÞ dt ¼ i 0 �ðt0
e�t
RC dt
(t : Integrationsvariable)
s
v
vE
Bild IV-18
R
U0
t = 0
C
S
iq( t )
Bild IV-19
IV Integralrechnung 145
Wir l�sen dieses Integral mit Hilfe der folgenden Substitution (die Grenzen werden mit-substituiert):
z ¼ � t
RC,
dzdt¼ � 1
RC, dt ¼ �RC dz
Untere Grenze: t ¼ 0 ) z ¼ 0
Obere Grenze: t ¼ t ) z ¼ � tR C
Damit ist
q ðtÞ ¼ i 0 �ðt0
e�t
RC dt ¼ i 0 �ð� t=RC
0
e z � ð�RC dzÞ ¼ �RC i 0 �ð� t=RC
0
e z dz ¼
¼ �RC i 0he zi� t=RC
0¼ �RC i 0 e�
tRC � 1
� �¼ RC i 0 1 � e�
tRC
� �Mit dem Endwert q 0 ¼ RC i 0, der (theo-retisch) nach unendlich langer Zeit erreichtwird, l�sst sich diese Gleichung auch in derForm
q ðtÞ ¼ q 0 1 � e�t
R C
� �, t � 0
schreiben. Wir erhalten den in Bild IV-20 dar-gestellten zeitlichen Verlauf f�r die Kondensa-torladung q ðtÞ, die im Laufe der Zeit vomAnfangswert 0 auf den Endwert q 0 ansteigt.
b) Der Energieumsatz im ohmschen Widerstand R ist durch das Arbeitsintegral (Strom-arbeit) [ A44 ]
W ¼ R �ð10
½ i ðtÞ 2 dt ¼ R �ð10
i 0 � e�t
RC
h i 2dt ¼ R i 20 �
ð10
e�2 tR C dt
gegeben, das wir durch die folgende Substitution l�sen (die Grenzen werden wiederummitsubstiuiert):
z ¼ � 2 tRC
,dzdt¼ � 2
RC, dt ¼ � RC
2dz
Untere Grenze: t ¼ 0 ) z ¼ 0
Obere Grenze: t ¼ 1 ) z ¼ �1
t
q
q0
Bild IV-20 Kondensatorladung q ðtÞ
IV Integralrechnung146
Damit ist
W ¼ R i 20 �ð10
e�2 tRC dt ¼ R i 20 �
ð�10
e z � � RC2
dz
� �¼ � R 2 C i 20
2�ð�10
e z dz ¼
¼ � R 2 C i 202
he zi�10¼ � R 2 C i 20
2ð0 � 1Þ ¼ R 2 C i 20
2
der gesuchte Energieumsatz im ohmschen Widerstand R ðe z ! 0 f�r z ! �1Þ.
Beispiel 16: Rotation einer Scheibe in einer Fl�ssigkeit
Integration mittels Substitution
Eine Zylinderscheibe vom Radius r rotiert in einer Fl�ssigkeit mit einer nach dem Zeitgesetz
v ðtÞ ¼ v 0 � e� k t , t � 0
exponentiell abnehmenden Umfangsgeschwindigkeit v (Bild IV-21).
v 0 : maximale Geschwindigkeit (zur Zeit t ¼ 0Þk > 0: Reibungsfaktor
Bestimmen Sie den zeitlichen Verlauf der Winkelgeschwin-digkeit w und des Drehwinkels j f�r den Anfangswertj ð0Þ ¼ 0.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 Physikalische Grundlagen: A8, A30
L�sung:Aus der Beziehung v ¼ w r [ A8 ] erhalten wir das Zeitgesetz der Winkelgeschwindigkeit w.Es lautet:
w ¼ w ðtÞ ¼ v ðtÞr¼ v 0
r
� �� e� k t ¼ w 0 � e� k t, t � 0
Dabei ist w 0 ¼ v 0=r der Maximalwert der Winkelgeschwindigkeit. Er wird zur Zeit t ¼ 0angenommen: w ðt ¼ 0Þ ¼ w 0. Die Winkelgeschwindigkeit w nimmt wie die Umfang-
x
y
rotierende Zylinderscheibe
t > 0
t = 0
vv
rf
Bild IV-21
IV Integralrechnung 147
geschwindigkeit v im Laufe der Zeit exponentiell ab (Bild IV-22; beide Gr�ßen sind einanderproportional ). Wegen _j ¼ w [ A30 ] liefert die Integration der Gleichung w ¼ w ðtÞ diegesuchte Zeitabh�ngigkeit des Drehwinkels j:
j ðtÞ ¼ðt0
_j dt ¼ðt0
w dt ¼ w 0 �ðt0
e� k t dt ðt : IntegrationsvariableÞ
Dieses Integral l�sen wir durch die Substitution
u ¼ � k t ,dudt¼ � k , dt ¼ � du
k
Untere Grenze: t ¼ 0 ) u ¼ 0
Obere Grenze: t ¼ t ) u ¼ � k t
wie folgt:
j ðtÞ ¼ w 0 �ðt0
e� k t dt ¼ w 0 �ð� k t
0
e u � � duk
� �¼ � w 0
k�ð� k t
0
e u du ¼
¼ � w 0
k
he ui� k t
0¼ � w 0
kðe� k t � 1Þ ¼ w 0
kð1 � e� k tÞ , t � 0
Der Maximalwert des Drehwinkels j ist erreicht, wenn die rotierende Scheibe zur Ruhegekommen ist (theoretisch ist dies der Fall nach unendlicher Zeit, d. h. f�r t ! 1). Er istdurch den Grenzwert
jmax ¼ limt!1 j ðtÞ ¼ lim
t!1w 0
kð1 � e� k tÞ ¼ w 0
k� limt!1 ð1 � e� k tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
¼ w 0
k� 1 ¼ w 0
k
gegeben. Bild IV-23 zeigt den zeitlichen Verlauf des Drehwinkels j (S�ttigungsfunktion).
t
vv0
t
fv0
k
Bild IV-22 Winkelgeschwindigkeit w ðtÞ Bild IV-23 Drehwinkel j ðtÞ
IV Integralrechnung148
Beispiel 17: Kapazit�t einer elektrischen Doppelleitung
Integration mittels Substitution
Die in Bild IV-24 dargestellte elektrische Doppelleitung besteht aus zwei parallelen Leitern(Dr�hten) L 1 und L 2 mit der L�nge l und dem Leiterradius R (ebener Schnitt senkrechtzur Doppelleitung). Der Leiterabstand betr�gt d ¼ 2 a.
Welche Kapazit�t C besitzt dieseDoppelleitung unter den Voraussetzun-gen l d und d R im MediumLuft mit der Dielektrizit�tskonstantene � 1?
L�sungshinweis: Bei der L�sung dieser Aufgabe d�rfen Sie auf die Ergebnisse aus Beispiel 18,Kapitel III zur�ckgreifen (Berechnung der elektrischen Feldst�rke E l�ngs der Verbindungs-linie der Leiterquerschnitte). Aus der Feldst�rke E l�sst sich dann die Spannung U zwi-schen den beiden Leitern und daraus die Kapazit�t C der Doppelleitung bestimmen.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 Physikalische Grundlagen: A39, A40
L�sung:Tr�gt der linke Leiter L 1 die positive Ladung Q 1 ¼ Q und der rechte Leiter L 2 dienegative Ladung Q 2 ¼ �Q, so betr�gt die elektrische Feldst�rke E im Punkt P aufder Verbindungslinie der beiden Leiterquerschnitte nach den Ergebnissen aus Beispiel 18,Kapitel III (mit e ¼ 1)
E ðPÞ ¼ E ðxÞ ¼ Q2p e 0 l
1a þ x
þ 1a � x
� �, � a < x < a
Die Spannung zwischen den beiden Leitern ist dann definitionsgem�ß durch das Integral
U ¼ða�R
� aþR
E ðxÞ dx ¼ Q2p e 0 l
�ða�R
� aþR
1a þ x
þ 1a � x
� �dx
gegeben [A39 ]. Wir l�sen die beiden Teilintegrale zun�chst unbestimmt mit Hilfe der Substi-tutionen
u ¼ a þ x ,dudx¼ 1 , dx ¼ du
bzw:
v ¼ a � x ,dvdx¼ � 1 , dx ¼ � dv
wie folgt:
xx
y a–R
a–x
–a+R
–a aa+x
P E+Q –Q L2L1
Bild IV-24
IV Integralrechnung 149
ð1
a þ xþ 1
a � x
� �dx ¼
ð1
a þ x|fflffl{zfflffl}u
dx þð
1a � x|fflffl{zfflffl}
v
dx ¼ð
1u
du �ð
1v
dv ¼
¼ ln j u j � ln j v j ¼ lnuv
¼ lna þ xa � x
Somit liegt zwischen den beiden Leitern die Spannung
U ¼ Q2p e 0 l
lna þ xa � x
h i a�R
� aþR¼ Q
2p e 0 lln
2 a � RR
� �� ln
R2 a � R
� � � 8)8)¼
¼ Q2p e 0 l
2 � ln 2 a � RR
� � �¼ Q
p e 0 l� ln 2 a � R
R
� �F�r die Kapazit�t erhalten wir damit nach der Definitionsformel [ A40 ] den Ausdruck
C ¼ QU¼ Q
Qp e 0 l
� ln 2 a � RR
� � ¼ p e 0 l
ln2 a � R
R
� �F�r 2 a R (wie vorausgesetzt) und somit 2 a � R � 2 a erhalten wir dieN�herungsformel
C � p e 0 l
ln2 aR
� �
Beispiel 18: Effektivwert eines Wechselstroms
Integration mittels Substitution
Der in Bild IV-25 skizzierte Wechselstrom wirddurch die Gleichung
i ðtÞ ¼ i 0 cos 2 ðw tÞ � 12
� �, t � 0
beschrieben. Wie groß ist sein Effektivwert I?
i 0 > 0: doppelter Scheitelwert des Stroms
w > 0: Kreisfrequenz
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 und V.10.7
t
i
T =
i20
i20–
pv
Bild IV-25
8) Der in der eckigen Klammer stehende Ausdruck ist vom Typ ln a � ln1a
� �mit a ¼ 2 a � R
Rund l�sst sich
wie folgt umformen (siehe Formelsammlung, Abschnitt I.2.6):
ln a � ln1a
� �¼ ln a � ðln 1 � ln aÞ ¼ ln a � ð0 � ln aÞ ¼ 2 � ln a ¼ 2 � ln 2 a � R
R
� �
IV Integralrechnung150
L�sung:Zun�chst formen wir die Funktionsgleichung mit Hilfe der trigonometrischen Formel
cos2 x ¼ 12½ 1 þ cos ð2 xÞ ¼ 1
2þ 1
2� cos ð2 xÞ
(siehe Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.4) wie folgt um (mit x ¼ w t):
i ðtÞ ¼ i 0 cos 2 ðw tÞ � 12
� �¼ i 0
12þ 1
2� cos ð2w tÞ � 1
2
� �¼ i 0
2� cos ð2w tÞ
Der Strom ist somit ein kosinusf�rmiger Wechselstrom mit dem Scheitelwert i 0=2, der Kreis-frequenz w 0 ¼ 2w und der Periode T ¼ 2p=w 0 ¼ p=w. Der Effektivwert I ist danndefinitionsgem�ß durch das Integral
I ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1T�ðT0
½ i ðtÞ 2 dt
vuuut ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1T�ðT0
i 2 ðtÞ dt
vuuut ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffii 204T�ðT0
cos 2 ð2w tÞ dt
vuuutgegeben (quadratischer Mittelwert). Wir berechnen nun das unter der Wurzel stehende Inte-gral. Mit Hilfe der bereits weiter oben angef�hrten trigonometrischen Formel (jetzt mitx ¼ 2w t) l�sst sich das unter der Wurzel stehende Integral wie folgt umwandeln:
ðT0
cos 2 ð2w tÞ dt ¼ 12�ðT0
½ 1 þ cos ð4w tÞ dt ¼ 12�ðT0
1 dt þ 12�ðT0
cos ð4w tÞ dt ¼
¼ 12
hti T0þ 1
2�ðT0
cos ð4w tÞ dt ¼ 12
T þ 12�ðT0
cos ð4w tÞ dt
Das verbliebene Integral l�sen wir durch die Substitution
a ¼ 4w t ,dadt¼ 4w , dt ¼ da
4w
Untere Grenze: t ¼ 0 ) a ¼ 0
Obere Grenze: t ¼ T ) a ¼ 4w T ¼ 4w � pw¼ 4p
wie folgt:
ðT0
cos ð4w tÞ dt ¼ð4p0
cos a � da4w
� �¼ 1
4w�ð4p0
cos a da ¼ 14w
hsin a
i 4p0¼
¼ 14w½ sin ð4pÞ � sin 0 ¼ 1
4wð0 � 0Þ ¼ 0
IV Integralrechnung 151
Somit ist
ðT0
cos 2 ð2w tÞ dt ¼ 12
T þ 12�ðT0
cos ð4w tÞ dt ¼ 12
T þ 12� 0 ¼ 1
2T
Der Effektivwert des Wechselstroms betr�gt daher
I ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffii 204 T�ðT0
cos 2 ð2w tÞ dt
vuuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffii 204T� 12
T
r¼
ffiffiffiffiffii 208
r¼ i 0
2ffiffiffi2p � 0,354 i 0
Beispiel 19: Bogenl�nge einer Epizykloide
Integration mittels Substitution
Auf der Außenseite eines (festen) Zahnra-des mit dem Radius R 0 „rollt“ ein zwei-tes Zahnrad mit dem Radius R in der ausBild IV-26 ersichtlichen Weise ab. Die da-bei von einem Punkt P auf dem Umfangdes abrollenden Zahnrades beschriebeneKurve heißt Epizykloide und l�sst sichdurch die Parametergleichungen
x ðtÞ ¼ a � cos t � R � cos aR
t� �
y ðtÞ ¼ a � sin t � R � sin aR
t� �
beschreiben ðt � 0; a ¼ R 0 þ RÞ 9).Welche L�nge s hat der Bogen, der beieiner vollen Umdrehung des abrollendenRades entsteht?
L�sungshinweis: Das Verh�ltnis m ¼ R 0=R soll ganzzahlig sein. Die Epizykloide bestehtdann aus genau m B�gen und ist in sich geschlossen.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 und V.10.4
x
y
P
P0
R0
t
Bogen derLänge s
abrollendesZahnrad
festes Zahnrad
R
Ba
Bild IV-26
9) In Kapitel II, Beispiel 5 wird diese Parameterdarstellung der Epizykloide hergeleitet.
IV Integralrechnung152
L�sung:F�r die Berechnung der Bogenl�nge s steht die aus Band 1, Abschnitt V.10.4 bekannte Inte-gralformel
s ¼ðx 2x 1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðy 0 Þ 2
qdx
zur Verf�gung. Unter Ber�cksichtigung von
y 0 ¼ dydx¼ _y
_xund
dxdt¼ _x , dx ¼ _x dt
wird daraus das Integral
s ¼ðt 2t 1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ _y
_x
� �2s
� _x dt ¼ðt 2t 1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ _y 2
_x 2
s� _x dt ¼
ðt 2t 1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ _y 2
_x 2
� �_x 2
sdt ¼
¼ðt 2t 1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi_x 2 þ _y 2
pdt
mit zun�chst noch unbekannten Integrationsgrenzen t 1 und t 2. Wir berechnen zun�chst denunter der Wurzel stehenden Ausdruck und bringen ihn mit Hilfe trigonometrischer Umfor-mungen auf eine f�r die weitere Rechnung bequemere Form:
_x ¼ a ð� sin tÞ � R � sinaR
t� �h i
� aR¼ � a � sin t þ a � sin a
Rt
� �¼
¼ a ½ � sin t þ sin ðb tÞ
_y ¼ a � cos t � R cosaR
t� �h i
� aR¼ a � cos t � a � cos a
Rt
� �¼
¼ a ½ cos t � cos ðb tÞ ( jeweils mit der vor�bergehenden Abk�rzung b ¼ a=R)
_x 2 þ _y 2 ¼ a 2 ½ � sin t þ sin ðb tÞ 2 þ a 2 ½ cos t � cos ðb tÞ 2 ¼¼ a 2 ½ sin 2 t � 2 � sin t � sin ðb tÞ þ sin 2 ðb tÞþþ cos2 t � 2 � cos t � cos ðb tÞ þ cos2 ðb tÞ ¼
¼ a 2 ½ ðsin 2 t þ cos 2 t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}1
Þ þ ðsin 2 ðb tÞ þ cos 2 ðb tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}1
Þ � 2 ðsin t � sin ðb tÞ þ cos t � cos ðb tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}cos ðt � b tÞ ¼ cos ðb t � tÞ
Þ ¼
¼ a 2 ½ 2 � 2 � cos ðb t � tÞ ¼ 2 a 2 ½1 � cos ðb t � tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}2 � sin2 b t � t
2
� � ¼ 4 a 2 � sin 2 b t � t2
� �
IV Integralrechnung 153
(trigonometrische Umformungen: siehe Formelsammlung, Abschnitte III.7.5, III.7.6.1 undIII.7.6.4.) Mit b ¼ a=R und a ¼ R 0 þ R l�sst sich der Winkel der Sinusfunktion auchwie folgt ausdr�cken:
b t � t2
¼ 12ðb � 1Þ t ¼ 1
2aR� 1
� �t ¼ 1
2a � R
R
� �t ¼ 1
2R 0 þ R � R
R
� �t ¼
¼ 12
R 0
R
� �t ¼ R 0
2Rt
Somit gilt:
_x 2 þ _y 2 ¼ 4 a 2 � sin 2 R 0
2Rt
� �)
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi_x 2 þ _y 2
p¼ 2 a � sin R 0
2Rt
� �Damit erhalten wir f�r die gesuchte Bogenl�nge das Integral
s ¼ðt 2t 1
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi_x 2 þ _y 2
pdt ¼ 2 a �
ðt 2t 1
sinR 0
2Rt
� �dt
Die Integrationsgrenzen lassen sich aus der Abrollbedingung
_P 0 B ¼ _
PB , d: h: R 0 t ¼ Ra oder t ¼ RR 0
a
bestimmen. Der vollen Umdrehung des abrollenden Rades entspricht der Winkelbereich0 a 2p. Dabei durchl�uft der Parameter t alle Werte von t 1 ¼ 0 bis hin zut 2 ¼ 2p R=R 0. Somit ist
s ¼ 2 a �ð2p R=R 0
0
sinR 0
2Rt
� �dt
Mit der Substitution (die Grenzen werden mitsubstituiert)
u ¼ R 0
2Rt ,
dudt¼ R 0
2R, dt ¼ 2R
R 0du
Untere Grenze: t ¼ 0 ) u ¼ 0
Obere Grenze: t ¼ 2p RR 0
) u ¼ R 0
2R� 2p R
R 0¼ p
wird daraus schließlich
s ¼ 2 a �ðp0
sin u � 2RR 0
du ¼ 4 aRR 0�ðp0
sin u du ¼ 4 aRR 0
h� cos u
ip0¼
¼ 4 aRR 0ð� cos p þ cos 0Þ ¼ 4 aR
R 0ð1 þ 1Þ ¼ 8 aR
R 0¼ 8 ðR 0 þ RÞ R
R 0
IV Integralrechnung154
Beispiel 20: Fallgesetze bei Ber�cksichtigung des Luftwiderstandes
Integration mittels Substitution
Wird beim freien Fall der Luftwiderstand durch eine dem Quadrat der Fallgeschwindigkeit vproportionale Reibungskraft k v 2 ber�cksichtigt, so erh�lt man das folgende Geschwindig-keit-Zeit-Gesetz (Bild IV-27) 10):
v ðtÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r� tanh
ffiffiffiffiffiffiffig km
r� t
!, t � 0
m: Masse des aus der Ruhe heraus frei fallendenK�rpers
g: Erdbeschleunigung
k > 0: Reibungskoeffizient
Bestimmen Sie hieraus das Weg-Zeit-Gesetz s ¼ s ðtÞ f�r den Anfangswert s ðt ¼ 0Þ ¼ 0.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1
L�sung:Wir f�hren zun�chst der besseren �bersicht wegen die folgenden Abk�rzungen ein:
a ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
rund b ¼
ffiffiffiffiffiffiffig km
rDas Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz lautet dann
v ðtÞ ¼ a � tanh ð b tÞ , t � 0
Durch Integration dieser Gleichung gewinnen wir das Weg-Zeit-Gesetz:
s ðtÞ ¼ðv ðtÞ dt ¼ a �
ðtanh ðb tÞ dt ¼ a �
ðsinh ð b tÞcosh ðb tÞ dt
Dieses Integral l�sen wir mittels Substitution:
u ¼ cosh ð b tÞ , dudt¼ b � sinh ðb tÞ , dt ¼ du
b � sinh ð b tÞ
t
v
vE
Bild IV-27
10) Dieses Gesetz wurde bereits in Band 1, Abschnitt V.10.1.1 hergeleitet (Beispiel 2). Der Endwert der Fall-
geschwindigkeit (nach unendliche langer Fallzeit, d. h. f�r t ! 1) betr�gt vE ¼ffiffiffiffiffiffiffiffimgk
r:
IV Integralrechnung 155
Somit ist
s ðtÞ ¼ a �ð
sinh ðb tÞcosh ðb tÞ dt ¼ a �
ðsinh ð b tÞ
u� dub � sinh ðb tÞ ¼
a
b�ð
1u
du ¼
¼ a
b� ln j u j þ C ¼ a
b� ln ½ cosh ðb tÞ þ C
Aus dem Anfangswert s ðt ¼ 0Þ ¼ 0 bestimmen wir die Integrationskonstante C:
s ðt ¼ 0Þ ¼ 0 ) a
b� ln ½ cosh 0 |fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
1
þC ¼ a
b� ln 1|{z}
0
þC ¼ 0 ) C ¼ 0
Das Weg-Zeit-Gesetz lautet damit
s ðtÞ ¼ a
b� ln ½ cosh ðb tÞ ¼ m
k� ln cosh
ffiffiffiffiffiffiffig km
r� t
!" #, t � 0
Nebenrechnung:
a
b¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
rffiffiffiffiffiffiffig km
r ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgkg km
vuuuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk� mg k
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffim 2
k 2
r¼ m
k
Bild IV-28 zeigt den Verlauf dieser kompliziertenFunktion.
Beispiel 21: Mittlere Geschwindigkeit von Gasmolek�len
Partielle Integration
Die Molek�le eines Gases bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die sichinfolge von Zusammenst�ßen auch noch laufend �ndern. Dabei treten alle Geschwindigkeitenzwischen v ¼ 0 und v ¼ 1 mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf, die durch die sog.Maxwell-Boltzmannsche Verteilungsfunktion
F ðvÞ ¼ 4pm
2p k T
� �3=2� v 2 � e�m v 2
2 k T , v � 0
beschrieben wird.
m: Molek�lmasse; k : Boltzmannsche Konstante; T: absolute Temperatur des Gases.
t
s
Bild IV-28
IV Integralrechnung156
Die Gr�ße F ðvÞ dv gibt dabei denjenigen Bruchteil von Molek�len an, deren Geschwindig-keitsbetrag zwischen v und v þ dv liegt (entspricht dem Fl�cheninhalt des grau unterlegtenStreifens, siehe Bild IV-29) 11).
a) Mit welcher mittleren (durchschnittlichen) Geschwindigkeit
v ¼ð10
v � F ðvÞ dv
bewegen sich die Gasmolek�le?
b) Wie groß ist diese Geschwindigkeit f�r ein Helium-Gas der Temperatur J ¼ 800 �C?
mHe ¼ 6,646 577 � 10� 2 7 kg; k ¼ 1,380 622 � 10� 2 3 Nm=K
Hinweis: T ¼ J þ 273,15 (T in K ¼ Kelvin, J in �C)
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.2 und V.9.1
L�sung:a) Mit der Abk�rzung a ¼ 4p
m2p k T
� �3=2erhalten wir zun�chst
v ¼ð10
v � F ðvÞ dv ¼ 4pm
2p k T
� �3=2�ð10
v � v 2 � e�m v 2
2 k T dv ¼ a �ð10
v 2 � e�m v 2
2 k T � v dv
Dieses Integral l�sen wir mittels der folgenden Substitution:
x ¼ � m v 2
2 k T, v 2 ¼ � 2 k T
mx ,
dxdv¼ � m v
k T, v dv ¼ � k T
mdx
Untere Grenze: v ¼ 0 ) x ¼ 0
Obere Grenze: v ¼ 1 ) x ¼ �1
vv v + dv
F(v) dv
F(v)
Bild IV-29
11) Die (noch temperaturabh�ngige!) Funktion F ðvÞ ist normiert, d. h.ð10
F ðvÞ dv ¼ 1.
IV Integralrechnung 157
v ¼ a �ð10
v 2 � e�m v 2
2 k T � v dv ¼ a �ð�10
� 2 k Tm
x
� �� e x � � k T
mdx
� �¼
¼ 2 a k 2 T 2
m 2�ð�10
x � e x dx
|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}I
¼ 2 a k 2 T 2
m 2� I
Das Integral I l�sst sich dabei durch partielle Integration wie folgt l�sen:
I ¼ð�10
x � e x dx ¼ ?# #a b 0 a ¼ x , b 0 ¼ e x ) a 0 ¼ 1 , b ¼ e x
I ¼ð�10
x � e x dx ¼ð�10
a � b 0 dx ¼ha � b
i�10�
ð�10
a 0 � b dx ¼
¼hx � e x
i�10�
ð�10
1 � e x dx ¼hx � e x
i�10�
ð�10
e x dx ¼
¼hx � e x
i�10�he xi�10¼ ð0 � 0Þ � ð0 � 1Þ ¼ 1
ðe x ! 0 und x � e x ! 0 jeweils fur x ! �1ÞSomit erhalten wir f�r diemittlereGeschwindigkeit der Gasmolek�le den folgenden Ausdruck:
v ¼ 2 a k 2 T 2
m 2� I ¼ 2 a k 2 T 2
m 2� 1 ¼ 2 a � k
2 T 2
m 2¼ 2 � 4p m
2p k T
� �3=2� k
2 T 2
m 2¼
¼ 8p � m2p k T
� m2p k T
� �1=2� k
2 T 2
m 2¼ 4 k T
m�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim
2p k T
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi16 k 2 T 2
m 2� m2p k T
r¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi8 k Tpm
rb) Es ist T ¼ ð800 þ 273,15Þ K ¼ 1073,15 K und somit
vHe ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi8 � 1,380 662 � 10� 2 3 Nm=K � 1073,15 K
p � 6,646 577 � 10� 2 7 kg
s¼ 2383
ms� 2,38
kms
IV Integralrechnung158
Beispiel 22: Durchschnittliche Leistung eines Wechselstroms in einemRL-Schaltkreis
Integration mittels Substitution bzw. partieller Integration
Der in Bild V-30 dargestellte RL-Wechsel-stromkreis wird durch Anlegen einer Wechsel-spannung u ðtÞ von einem kosinusf�rmigen Wech-selstrom mit der Gleichung
i ðtÞ ¼ i 0 � cos ðw tÞ , t � 0
durchflossen.
R : ohmscher Widerstand; L: Induktivit�t;
i 0 : Scheitelwert des Stroms; w: Kreisfrequenz
Berechnen Sie die durchschnittliche Leistung P dieses Stroms w�hrend einer PeriodeT ¼ 2p=w.
L�sungshinweis: Die angelegte Wechselspannung u ðtÞ l�sst sich aus der Maschenregel[ A32 ] bestimmen.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1, V.8.2 und V.10.7Physikalische Grundlagen: A14, A32, A45, A46
L�sung:Die am ohmschen Widerstand R und an der Induktivit�t L liegenden Teilspannungen uR
und uL addieren sich nach der Maschenregel [ A32 ] zur Gesamtspannung u. Unter Ber�ck-sichtigung des ohmschen Gesetzes [ A14 ] und des Induktionsgesetzes [ A45 ] gilt dann
u ¼ uR þ uL ¼ R i þ L � didt
Die momentane Leistung p ist dann nach der Definitionsformel [ A46 ] durch den Ausdruck
p ¼ u i ¼ R i þ L � didt
� �i ¼ R i 2 þ L i � di
dt
gegeben. Mit
i ¼ i 0 � cos ðw tÞ unddidt¼ i 0 ½ � sin ðw tÞ � w ¼ �w i 0 � sin ðw tÞ
folgt weiter
p ¼ R i 2 þ L i � didt¼ R i 20 � cos2 ðw tÞ þ L i 0 � cos ðw tÞ � ð�w i 0Þ � sin ðw tÞ ¼
¼ R i 20 � cos2 ðw tÞ � w L i 20 � sin ðw tÞ � cos ðw tÞ
uR uL
u
t = 0
S
R L
i
Bild IV-30
IV Integralrechnung 159
Damit erhalten wir f�r die durchschnittliche Leistung P w�hrend der Periode T ¼ 2p=wdie Integraldarstellung [ A46 ]
P ¼ 1T�ðT0
p dt ¼ w
2p�ðT0
½R i 20 � cos2 ðw tÞ � wL i 20 � sin ðw tÞ � cos ðw tÞ dt ¼
¼ wR i 202p
�ðT0
cos 2 ðw tÞ dt � w 2 L i 202p
�ðT0
sin ðw tÞ � cos ðw tÞ dt
In beiden Integralen f�hren wir zun�chst die folgende Substitution durch (die Grenzen werdenmitsubstituiert):
a ¼ w t ,dadt¼ w , dt ¼ da
w
Untere Grenze: t ¼ 0 ) a ¼ 0
Obere Grenze: t ¼ T ) a ¼ w T ¼ w2pw¼ 2p
Somit ist
P ¼ wR i 202p
�ð2p0
cos 2 a � daw� w 2 L i 20
2p�ð2p0
sin a � cos a � daw¼
¼ R i 202p�ð2p0
cos 2 a da
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 1
� wL i 202p
�ð2p0
sin a � cos a da
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 2
¼ R i 202p� I 1 � wL i 20
2p� I 2
Berechnung der Integrale I1 und I2Wir integrieren zun�chst unbestimmt und lassen dabei die (sp�ter nicht ben�tigten) Integrati-onskonstanten fort.
(1) Berechnung von I 1 (mittels partieller Integration)ðcos 2 a da ¼
ðcos a � cos a da# #u v 0
u ¼ cos a , v 0 ¼ cos a ) u 0 ¼ � sin a , v ¼ sin aðcos2 a da ¼
ðu � v 0 da ¼ u � v �
ðu 0 � v da ¼
¼ cos a � sin a �ðð� sin aÞ � sin a da ¼ sin a � cos a þ
ðsin2 a da
IV Integralrechnung160
Mit sin 2 a ¼ 1 � cos 2 a („trigonometrischer Pythagoras“) und anschließendem„R�ckwurf“ folgt weiterð
cos 2 a da ¼ sin a � cos a þðsin 2 a da ¼ sin a � cos a þ
ðð1 � cos2 aÞ da ¼
¼ sin a � cos a þð1 da �
ðcos2 a da ¼ sin a � cos a þ a �
ðcos2 a da|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}
,, Ruckwurf ‘‘ auf die linke Seite
)
2 �ðcos2 a da ¼ sin a � cos a þ a )
ðcos 2 a da ¼ 1
2ðsin a � cos a þ aÞ
I 1 ¼ð2p0
cos 2 a da ¼ 12ðsin a � cos a þ aÞ
� 2p
0¼
¼ 12½ sin ð2pÞ|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
0
� cos ð2pÞ|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}1
þ 2p � sin 0|ffl{zffl}0
� cos 0|ffl{zffl}1
� 0 ¼ 12� 2p ¼ p
(2) Berechnung von I 2 (mittels Substitution)
z ¼ sin a ,dzda¼ cos a , da ¼ dz
cos aðsin a � cos a da ¼
ðz � cos a � dz
cos a¼ðz dz ¼ 1
2z 2 ¼ 1
2� sin 2 a
I 2 ¼ð2p0
sin a � cos a da ¼ 12� sin 2 a
� 2p
0¼ 1
2½ sin 2 ð2pÞ|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
0
� sin 2 0|fflffl{zfflffl}0
¼ 0
Die Durchschnittsleistung des Wechselstroms w�hrend einer Periode betr�gt damit
P ¼ R i 202p� I 1 � w L i 20
2p� I 2 ¼ R i 20
2p� p � w L i 20
2p� 0 ¼ R i 20
2
Wegen I 2 ¼ 0 findet der Energieumsatz ausschließlich im ohmschen Widerstand statt (sog.Wirkleistung).
IV Integralrechnung 161
Beispiel 23: Induktivit�t einer elektrischen Doppelleitung
Integration durch Partialbruchzerlegung des Integranden,Integration mittels Substitution
Bild IV-31 zeigt im Querschnitt eine voneinem konstanten Strom I durchflosseneelektrische Doppelleitung der L�nge l. DerDurchmesser 2R der Leiter soll dabeigegen�ber dem Leiterabstand 2 a vernach-l�ssigbar klein sein. Bei entgegengesetzterStromrichtung erzeugen die Leiterstr�meauf der Verbindungslinie der Leiterquer-schnitte (x-Achse) ein resultierendes Mag-netfeld mit einer ortsabh�ngigen magneti-schen Feldst�rke vom Betrag 12)
H ðxÞ ¼ I ap� 1a 2 � x 2
, � a þ R x a � R
Das Magnetfeld ist dabei senkrecht zur x-Achse und somit parallel zur y-Achse gerichtet.Berechnen Sie die Induktivit�t L dieser Doppelleitung nach der Formel L ¼ F=I. Dabeiist F der magnetische Fluss [ A38 ] durch die rechteckige Fl�che zwischen den beiden Lei-tern (diese Fl�che steht senkrecht zur Papierebene).
L�sungshinweis: Das Magnetfeld innerhalb der Leiter bleibt unber�cksichtigt. Die Doppel-leitung befindet sich in Luft (Permeabilit�t m � 1).
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.1 und V.8.3 Physikalische Grundlagen: A5, A38
L�sung:Wir betrachten einen schmalen in der Ebene der beiden Leiter liegenden Fl�chenstreifen mit derL�nge l und der Breite dx (Bild IV-31; Streifen senkrecht zur Papierebene). Er besitzt denFl�cheninhalt dA ¼ l dx und wird infolge der geringen Streifenbreite von dem nahezu konstan-ten Magnetfeld der St�rke H ðxÞ bzw. der magnetischen Flussdichte B ðxÞ senkrecht durch-flutet. Der magnetische Fluss dF durch diesen Streifen ist dann definitionsgem�ß [A38, A5 ]
dF ¼ B ðxÞ dA ¼ m 0 mH ðxÞ dA ¼ m 0 � 1 �I ap� 1a 2 � x 2
l dx ¼ m 0 I a lp
� 1a 2 � x 2
dx
Durch Summation, d. h. Integration �ber alle in der Fl�che liegenden Streifen in den Grenzenvon x ¼ � a þ R bis x ¼ a � R erhalten wir den Gesamtfluss
F ¼ða�R
x¼� aþR
dF ¼ m 0 I a lp
�ða�R
� aþR
1a 2 � x 2
dx ¼ 2 m 0 I a lp
�ða�R
0
1a 2 � x 2
dx
xx
y
a–R
aa
–a+R
H(x)
L2L1
dx
Bild IV-31
12) Siehe hierzu Beispiel 9 aus Kapitel II.
IV Integralrechnung162
Die Integralberechnung erfolgt mittels Partialbruchzerlegung des echt gebrochenrationalen In-tegranden.
Nullstellen des Nenners: a 2 � x 2 ¼ 0 ) x1=2 ¼ � a
Partialbruchzerlegung (Ansatz):1
a 2 � x 2¼ � 1
x 2 � a 2¼ C 1
x � aþ C 2
x þ a
Hauptnenner: ðx � aÞ ðx þ aÞ ¼ x 2 � a 2
Bestimmung der Konstanten C 1 und C 2 :
� 1x 2 � a 2
¼ � 1ðx � aÞ ðx þ aÞ ¼
C 1
x � aþ C 2
x þ a¼ C 1 ðx þ aÞ þ C 2 ðx � aÞ
ðx � aÞ ðx þ aÞ )
� 1 ¼ C 1 ðx þ aÞ þ C 2 ðx � aÞWir setzen f�r x der Reihe nach die Werte der beiden Nennernullstellen ein:
x ¼ a � 1 ¼ C 1 � 2 a þ C 2 � 0 ¼ 2 aC 1 ) C 1 ¼ � 12 a
x ¼ � a � 1 ¼ C 1 � 0 þ C 2 � ð� 2 aÞ ¼ � 2 aC 2 ) C 2 ¼ 12 a
Somit ist
1a 2 � x 2
¼ C 1
x � aþ C 2
x þ a¼ � 1
2 a� 1x � a
þ 12 a� 1x þ a
¼ 12 a
1x þ a
� 1x � a
� �und
F ¼ 2m 0 I a lp
�ða�R
0
1a 2 � x 2
dx ¼ 2 m 0 I a lp
� 12 a�ða�R
0
1x þ a
� 1x � a
� �dx ¼
¼ m 0 I lp�ða�R
0
1x þ a
� 1x � a
� �dx|fflffl{zfflffl}
u|fflffl{zfflffl}v
Die Teilintegrale lassen sich mit den Substitutionen u ¼ x þ a, dx ¼ du und v ¼ x � a,dx ¼ dv leicht l�sen. Sie f�hren auf die Stammfunktionen ln j u j ¼ ln j x þ a j undln j v j ¼ ln j x � a j. Wir erhalten damit f�r den magnetischen Fluss
F ¼ m 0 I lp
hln j x þ a j � ln j x � a j
i a�R
0¼ m 0 I l
pln
x þ ax � a
h i a�R
0¼
¼ m 0 I lp
ln2 a � R�R
� lna� a
� �¼ m 0 I l
pln
2 a � RR
� �� ln 1
� �¼|{z}
0
¼ m 0 I lp� ln 2 a � R
R
� �
IV Integralrechnung 163
Die Induktivit�t der Doppelleitung betr�gt somit
L ¼ F
I¼ m 0 l
p� ln 2 a � R
R
� �
Beispiel 24: Schwingungsdauer eines Fadenpendels
Numerische Integration nach Simpson
Das in Bild IV-32 skizzierte Fadenpendel (mathematische Pendel) mit der Fadenl�nge l undder angeh�ngten Masse m schwingt f�r kleine Auslenkwinkel j nahezu harmonisch zwi-schen den beiden Umkehrpunkten A und B, wobei die Schwingungsdauer T aus der N�he-rungsgleichung
T ¼ 2p �ffiffiffiffiffilg
s
berechnet werden kann. Die exakte Berechnung der Schwingungsdauer erfolgt nach der kom-plizierten Integralformel
T ¼ 4 �ffiffiffiffiffilg
s�ðp=20
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � l 2 � sin 2 u
p du ðmit l ¼ sin ðj 0=2ÞÞ
g: Erdbeschleunigung
j 0 : maximaler Auslenkwinkel
Das darin auftretende sog. elliptische Integral 1. Gat-tung ist elementar nicht l�sbar. Berechnen Sie diesesIntegral und damit die Schwingungsdauer f�r einenmaximalen Auslenkwinkel von j 0 ¼ 60� numerischnach der Simpsonschen Formel f�r 2 n ¼ 8 einfacheStreifen und vergleichen Sie das Ergebnis mit derN�herungsl�sung.
Anmerkung: Dieses Integral wird in Kapitel V, Beispiel 12 durch Reihenentwicklung desIntegranden und anschließende gliedweise Integration n�herungsweise gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, V.8.4.2
Am
B
l f0 f
0
Bild IV-32
IV Integralrechnung164
L�sung:
l ¼ sin ðj 0=2Þ ¼ sin 30� ¼ 0,5
I ¼ðp=20
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 0,25 � sin 2 u
p du ¼ ?
Schrittweite: h ¼ ðp=2Þ=8 ¼ p=16
„Erstrechnung“mit h ¼ p=16
„Zweitrechnung“mit h* ¼ 2 h ¼ p=8
k u k y k ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 0,25 � sin 2 uk
p y k ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 0,25 � sin 2 uk
p0 0 1,000 000 1,000 000
1 1 � p16
1,004 792
2 2 � p16
1,018 824 1,018 824
3 3 � p16
1,040 969
4 4 � p16
1,069 045 1,069 045
5 5 � p16
1,099 522
6 6 � p16
1,127 508 1,127 508
7 7 � p16
1,147 445
8 8 � p16
1,154 701 1,154 701
2,154 701|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}S 0
4,292 728|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}S 1
3,215 377|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}S 2
2,154 701|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}S *0
2,146 332|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}S *1
1,069 045|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}S *2
IV Integralrechnung 165
„Erstrechnung“ mit der Schrittweite h ¼ p=16:
I h ¼ðp=20
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 0,25 � sin 2 u
p du ¼ ðS 0 þ 4 � S 1 þ 2 � S 2Þ h3¼
¼ ð2,154 701 þ 4 � 4,292 728 þ 2 � 3,215 377Þ p48¼ 1,685 750
„Zweitrechnung“ mit der doppelten Schrittweite h* ¼ 2 h ¼ p=8:
I h* ¼ I 2 h ¼ ðS *0 þ 4 � S *1 þ 2 � S *2 Þ h*
3¼
¼ ð2,154 701 þ 4 � 2,146 332 þ 2 � 1,069 045Þ p24¼ 1,685 742
Fehlerabsch�tzung:
DI ¼ 115ðI h � I h*Þ ¼
115ðI h � I 2 hÞ ¼ 1
15ð1,685 750 � 1,685 742Þ ¼ 0,6 � 10� 6
F�r die Schwingungsdauer erhalten wir damit die exakte Formel
T ¼ 4 �ffiffiffiffiffilg
s� I h ¼ 4 �
ffiffiffiffiffilg
s� 1,685 750 ¼ 6,743 000 �
ffiffiffiffiffilg
s¼ 6,743 �
ffiffiffiffiffilg
s
Die N�herungsformel
T ¼ 2p �ffiffiffiffiffilg
s¼ 6,283 185 �
ffiffiffiffiffilg
s� 6,283 �
ffiffiffiffiffilg
s
liefert einen um rund 6,8% zu kleinen Wert.
IV Integralrechnung166
V Taylor- und Fourier-Reihen
Beispiel 1: Fallgeschwindigkeit mit und ohne Ber�cksichtigung desLuftwiderstandes
Grenzwertbestimmung mittels Reihenentwicklung
In Kapitel IV (Beispiel 14) wird f�r die Fallgeschwindigkeit v die folgende Abh�ngigkeitvom Fallweg s hergeleitet:
v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
1 � e�2 km s
� �s, s � 0
Diese Beziehung gilt unter der Voraussetzung, dass der Luftwiderstand R dem Quadrat derFallgeschwindigkeit proportional ist: R ¼ k v 2:
m: Masse des aus der Ruhe heraus frei fallenden K�rpers; g: Erdbeschleunigung; k > 0:Reibungskoeffizient
Zeigen Sie mit Hilfe der Reihenentwicklung, dass man aus dieser Beziehung mittels Grenz-�bergang k ! 0 das bekannte Fallgesetz f�r den luftleeren Raum v ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffi
2 g sp
erh�lt.
Anmerkung: In Kapitel III (Beispiel 21) wird diese Aufgabe mit Hilfe der Grenzwertregelvon Bernoulli und de L’Hospital gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.3.3
L�sung:Die direkte Ausf�hrung des Grenz�berganges k ! 0 f�hrt zu einem unbestimmten Aus-
druck 1). Wir entwickeln daher zun�chst die Exponentialfunktion e�2 km s in eine Potenzreihe,
wobei wir von der bekannten Mac Laurinschen Reihe der e-Funktion ausgehen (siehe Formel-sammlung, Abschnitt VI.3.4):
e x ¼ 1 þ x1 !þ x 2
2 !þ x 3
3 !þ . . . ¼ 1 þ x þ x 2
2þ x 3
6þ . . .
Mit x ¼ � 2 km
s wird hieraus die (alternierende) Reihe
e�2 km s ¼ 1 � 2 k
ms þ 2 k 2
m 2s 2 � 4 k 3
3m 3s 3 þ � . . .
167
1) Der Ausdruck unter der Wurzel strebt f�r k ! 0 gegen den unbestimmten Ausdruck „00“ (siehe hierzu auch
Beispiel 21 in Kapitel III).
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_5
Somit ist
1 � e�2 km s ¼ 1 � 1 � 2 k
ms þ 2 k 2
m 2s 2 � 4 k 3
3m 3s 3 þ � . . .
� �¼
¼ 2 km
s � 2 k 2
m 2s 2 þ 4 k 3
3m 3s 3 � þ . . .
und die Abh�ngigkeit der Fallgeschwindigkeit v vom Fallweg s l�sst sich damit auch inder Form
v ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffimgk
2 km
s � 2 k 2
m 2s 2 þ 4 k 3
3m 3s 3 � þ . . .
� �s¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g s � k
ms 2 þ 2 k 2
3m 2s 3 � þ . . .
� �s
darstellen. Der Grenz�bergang k ! 0, d. h. der �bergang zum freien Fall im luftleerenRaum (der Luftwiderstand R verschwindet f�r k ! 0), bereitet nun keine Schwierigkeitenmehr und f�hrt zu dem aus dem Physikunterricht bekannten Fallgesetz
v ¼ limk! 0
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g s � k
ms 2 þ 2 k 2
3m 2s 3 � þ . . .
� �s¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g � lim
k! 0s � k
ms 2 þ 2 k 2
3m 2s 3 � þ . . .
� �s¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 g s
p|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
s
Bild V-1 zeigt die Abh�ngigkeit der Fall-geschwindigkeit vom Fallweg im luftleerenRaum und unter Ber�cksichtigung des Luft-widerstandes 2).
s
v
vE
ohne Luftwiderstand
mit Luftwiderstand
Bild V-1
2) Bei Ber�cksichtigung des Luftwiderstandes strebt die Fallgeschwindigkeit gegen den Endwert vE ¼ffiffiffiffiffiffiffimgk
r, der
(theoretisch) nach unendlich langer Fallstrecke erreicht wird. Das Fallgesetz l�sst sich dann auch in der Form
v ¼ vE �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � e�
2 km s
q, s � 0
darstellen (siehe hierzu auch Kapitel II, Beispiel 23).
V Taylor- und Fourier-Reihen168
Beispiel 2: Elektrischer Widerstand zwischen zwei koaxialenZylinderelektroden (Hohlzylinder)
Potenzreihenentwicklung, N�herungspolynome
Der elektrische Widerstand R zwischen zwei koaxialen Zylinderelektroden wird nach derFormel
R ¼ 12p j l
� ln r ar i
� �, r a > r i
berechnet (Querschnitt siehe Bild V-2).
r i : Innenradius; r a : Außenradius; l : L�nge der Elektroden; j : Leitf�higkeit des Materialszwischen den Elektroden
a) Dr�cken Sie den Widerstand R zun�chst durch die
(positive) Gr�ße x ¼ r a � r ir i
aus und entwickeln
Sie anschließend die Funktion R ðxÞ in eine Mac
Laurinsche Reihe.
b) Leiten Sie anschließend aus der unter a) gewonnenenReihenentwicklung f�r den Sonderfall x � 1, d. h.d ¼ r a � r i � r i N�herungsformeln 1. und 2.Ordnung zur Berechnung des Widerstandes R her.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.1 und VI.3.3.1
L�sung:a) Es ist
r ar i¼ r a þ ðr i � r iÞ
r i¼ r i þ ðr a � r iÞ
r i¼ r i
r iþ r a � r i
r i¼ 1 þ x
und somit
R ðxÞ ¼ 12p j l
� ln ð1 þ xÞ , x > 0
Wir setzen nun f ðxÞ ¼ ln ð1 þ xÞ und entwickeln diese Funktion nach Mac Laurin ineine Potenzreihe:
leitender Hohlzylinder(Leitfähigkeit )k
ra
rid
Bild V-2
V Taylor- und Fourier-Reihen 169
f ðxÞ ¼ ln ð1 þ xÞ ) f ð0Þ ¼ ln 1 ¼ 0
f 0 ðxÞ ¼ 11 þ x
¼ ð1 þ xÞ� 1 ) f 0 ð0Þ ¼ 1
f 00 ðxÞ ¼ � ð1 þ xÞ� 2 ) f 00 ð0Þ ¼ � 1
f 000 ðxÞ ¼ 2 ð1 þ xÞ� 3 ) f 000 ð0Þ ¼ 2
..
. ...
Somit ist
f ðxÞ ¼ ln ð1 þ xÞ ¼ f ð0Þ þ f 0 ð0Þ1 !
x 1 þ f 00 ð0Þ2 !
x 2 þ f 000 ð0Þ3 !
x 3 þ . . . ¼
¼ 0 þ 11 !
x 1 � 12 !
x 2 þ 23 !
x 3 � þ . . . ¼
¼ x � 12
x 2 þ 13
x 3 � þ . . . ð0 < x 1Þ
und die Widerstandsformel l�sst sich damit auch durch die Reihe
R ðxÞ ¼ 12p j l
� ln ð1 þ xÞ ¼ 12p j l
x � 12
x 2 þ 13
x 3 � þ . . .
� �ð0 < x 1Þ
darstellen.
b) Mit x ¼ r a � r ir i
¼ dr i
lautet die Reihenentwicklung wie folgt:
R ðdÞ ¼ 12p j l
dr i
� �� 1
2dr i
� �2
þ 13
dr i
� �3
� þ . . .
" #ð0 < d r iÞ
F�r x � 1, d. h. d � r i lassen sich hieraus durch Abbruch nach dem 1. bzw. 2. Rei-henglied die gew�nschten N�herungsformeln 1. bzw. 2. Ordnung gewinnen. Sie lauten:
1: Naherung: R � 12p j l
� dr i
� �
2: Naherung: R � 12p j l
dr i
� �� 1
2dr i
� �2" #
V Taylor- und Fourier-Reihen170
Beispiel 3: Temperaturabh�ngigkeit der Dichte eines Festk�rpers
Potenzreihenentwicklung, lineare N�herungsfunktion
Die Dichte r eines Festk�rpers h�ngt wie folgt von der Temperatur J ab:
r ðJÞ ¼ r 0
1 þ gJ
Dabei ist r 0 die Dichte bei J 0 ¼ 0 �C und g der r�umliche Ausdehnungskoeffizient.
a) Beschreiben Sie die Temperaturabh�ngigkeit der Dichte r durch eine lineare N�herungs-funktion. In welcher Gr�ßenordnung liegt der dabei entstandene prozentuale Fehler?
b) Wie groß ist die mit dieser N�herungsfunktion berechnete prozentuale Abnahme der Dich-te r f�r eine Stahlkugel, wenn diese von J 0 ¼ 0 �C auf J 1 ¼ 100 �C erw�rmt wird(g ¼ 3,3 � 10� 5=�C)?
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3 und VI.3.3.1
L�sung:
a) Wir gehen von der Binomischen Formel
11 þ x
¼ ð1 þ xÞ� 1 ¼ 1 � x þ x 2 � þ . . . ð j x j < 1Þ
aus (siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4). Mit x ¼ gJ wird daraus
11 þ gJ
¼ 1 � gJ þ ðgJÞ 2 � þ . . . ð jgJ j < 1Þ
und die Temperaturabh�ngigkeit der Dichte l�sst sich daher auch durch die Potenzreihe
r ðJÞ ¼ r 0
1 þ gJ¼ r 0 �
11 þ gJ
¼ r 0 ð1 � gJ þ ðgJÞ 2 � þ . . .Þ
beschreiben. F�r jgJ j � 1 d�rfen wir diese Reihe nach dem ersten nichtkonstantenGlied, hier also nach dem linearen Glied abbrechen 3) und erhalten die folgende lineareN�herungsfunktion:
r ðJÞ ¼ r 0 ð1 � gJÞDer dabei entstandene absolute Fehler Dr liegt in der Gr�ßenordnung des nichtber�ck-sichtigten quadratischen Reihengliedes (die N�herungsformel liefert einen zu kleinenWert):
Dr � r 0 ðgJÞ 2
3) Die Bedingung jgJ j � 1 ist in der Praxis erf�llt, da g in der Gr�ßenordnung ð10� 6 . . . 10� 5Þ K� 1 liegt.
V Taylor- und Fourier-Reihen 171
Der entsprechende prozentuale Fehler betr�gt somit n�herungsweise
Dr
r� 100% ¼ r 0 ðgJÞ 2
r 0 ð1 � gJÞ � 100% ¼ðgJÞ 21 � gJ
� 100%
b) r 1 ¼ r ðJ 1Þ ¼ r 0 ð1 � gJ 1Þ
Die Dichte�nderung betr�gt
Dr ¼ r 1 � r 0 ¼ r 0 ð1 � gJ 1Þ � r 0 ¼ r 0 ð1 � gJ 1 � 1Þ ¼ � r 0 gJ 1
Die Dichte nimmt somit um den Wert r 0 gJ 1 ab. Daraus ergibt sich der folgende Wertf�r die prozentuale Abnahme der Dichte:
Dr
r 0
� 100% ¼ r 0 gJ 1
r 0� 100% ¼ gJ 1 � 100% ¼
¼ 3,3 � 10� 5 ð�CÞ� 1 � 100 �C � 100% ¼ 0,33%
Beispiel 4: Magnetische Feldst�rke in der Mitte einerstromdurchflossenen Zylinderspule
Potenzreihenentwicklung, N�herungspolynom
Eine aus N Windungen bestehende Zylinderspule mit der L�nge l und dem Durchmesser dwird von einem Strom der St�rke I durchflossen. Das magnetische Feld besitzt dann in derMitte der Zylinderspule eine magnetische Feldst�rke vom Betrag
H ¼ N Il� 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ dl
� �2s
a) Leiten Sie f�r den Fall d � l (d. h. f�r eine im Verh�ltnis zum Durchmesser lange Spu-le) durch Reihenentwicklung des Wurzelausdruckes eine erste N�herungsformel zur Be-rechnung der magnetischen Feldst�rke H her.
b) In welcher Gr�ßenordnung liegt dabei der prozentuale Fehler der nach der N�herungsfor-mel berechneten magnetischen Feldst�rke H, wenn der Durchmesser der Spule 10% derSpulenl�nge betr�gt?
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3 und VI.3.3.1
V Taylor- und Fourier-Reihen172
L�sung:a) Wir setzen x ¼ d
l
� �2
und entwickeln die Funktion1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ xp ¼ ð1 þ xÞ� 1=2 nach der
Binomischen Formel (siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4):
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ xp ¼ 1
ð1 þ xÞ 1=2¼ ð1 þ xÞ� 1=2 ¼ 1 � 1
2x þ 1 � 3
2 � 4 x 2 � þ . . . ¼
¼ 1 � 12
x þ 38
x 2 � þ . . . ð j x j < 1Þ
Somit ist
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ d
l
� �2s ¼ 1 þ d
l
� �2 !� 1=2
¼ 1 � 12
dl
� �2
þ 38
dl
� �4
� þ . . .
und
H ¼ N Il� 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ dl
� �2s ¼ N I
l1 � 1
2dl
� �2
þ 38
dl
� �4
� þ . . .
!
Durch Abbruch dieser f�r d < l g�ltigen Reihenentwicklung nach dem 2. Glied erhaltenwir eine erste N�herungsformel zur Berechnung der magnetischen Feldst�rke H. Sie lau-tet:
H ¼ N Il
1 � 12
dl
� �2 !
¼ N Il� 2 l
2 � d 2
2 l 2¼ N I ð2 l 2 � d 2Þ
2 l 3
b) Der absolute Fehler DH liegt in der Gr�ßenordnung des ersten weggelassenen Reihen-gliedes und betr�gt somit n�herungsweise (die N�herungsformel liefert einen zu kleinenWert):
DH ¼ N Il� 38
dl
� �4
Der prozentuale Fehler ist daher
DHH� 100% ¼
N Il� 38
dl
� �4
N Il
1 � 12
dl
� �2 ! � 100% ¼
38
dl
� �4
1 � 12
dl
� �2 � 100%
V Taylor- und Fourier-Reihen 173
F�r das vorgegebene Verh�ltnisdl¼ 0,1 erhalten wir einen prozentualen Fehler von
DHH� 100% ¼
38� 0,14
1 � 12� 0,12
� 100% ¼ 0,0038% � 0,004%
Die N�herungsformel liefert einen nur um rund 0,004% zu kleinen Wert.
Beispiel 5: Temperaturabh�ngigkeit der Schallgeschwindigkeit in Luft
Potenzreihenentwicklung, lineare N�herungsfunktion
Die Temperaturabh�ngigkeit der Schallgeschwindigkeit c in Luft wird durch die Funktions-gleichung
c ðJÞ ¼ 331ms�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ J
273,15 �C
sbeschrieben (J: Temperatur in �C). Entwickeln Sie diesen Wurzelausdruck mit Hilfe der all-gemeinen Binomischen Formel in eine Potenzreihe und leiten Sie daraus durch Reihenabbrucheine lineare N�herungsformel zur Berechnung der Schallgeschwindigkeit c her. Der dabeientstandene prozentuale Fehler soll f�r den Temperaturbereich 0 �C J 40 �C gr�ßen-ordnungsm�ßig abgesch�tzt werden.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3 und VI.3.3.1
L�sung:
Wir setzen x ¼ J
273,15 �Cund entwickeln die Wurzel
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ xp
nach der allgemeinen Bino-
mischen Formel
ð1 þ xÞ n ¼ 1 þ n
1
� �x 1 þ n
2
� �x 2 þ . . .
(siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4) f�r n ¼ 1=2:
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ xp ¼ ð1 þ xÞ 1=2 ¼ 1 þ
121
0@ 1A x 1 þ122
0@ 1A x 2 þ . . . ðj x j 1Þ
Die Binomialkoeffizienten haben dabei die folgenden Werte:
121
0@ 1A ¼ 121¼ 1
2,
122
0@ 1A ¼12
� �� � 1
2
� �1 � 2 ¼ � 1
8
V Taylor- und Fourier-Reihen174
Somit istffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ xp ¼ 1 þ 1
2x � 1
8x 2 þ � . . . ðj x j 1Þ
und die Temperaturabh�ngigkeit der Schallgeschwindigkeit c l�sst sich daher auch durch diefolgende Potenzreihe beschreiben:
c ðJÞ ¼ 331 1 þ 12
J
273,15 �C
� �� 1
8J
273,15 �C
� �2
þ � . . .
" #ms
Im Temperaturintervall 0 �C J 40 �C bewegt sich die Gr�ße x ¼ J
273,15 �Czwi-
schen den Werten 0 und 0,1464 und kann somit als klein gegen�ber 1 betrachtet werden.Durch Reihenabbruch nach dem 2. Glied erhalten wir dann die gew�nschte lineare N�he-rungsformel. Sie lautet:
c ðJÞ ¼ 331 1 þ 12
J
273,15 �C
� � �ms¼ 331 1 þ J
546,3 �C
� �ms
Der absolute Fehler Dc liegt dabei in der Gr�ßenordnung des ersten weggelassenen Reihen-gliedes 4):
Dc � 331 � 18
J
273,15 �C
� �2 ms
Bei der H�chsttemperatur von J ¼ 40 �C ergeben sich f�r die Schallgeschwindigkeit cund ihren absoluten Fehler Dc somit folgende Werte:
c ¼ 331 1 þ 40 �C546,3 �C
� �ms¼ 355,24
ms,
Dc ¼ 331 � 18
40 �C273,15 �C
� �2 ms¼ 0,89
ms
Der prozentuale Fehler betr�gt demnach n�herungsweise
Dcc� 100% ¼
0,89ms
355,24ms
� 100% ¼ 0,25% � 0,3%
Die lineare N�herungsformel liefert daher im Temperaturbereich von 0 �C bis 40 �C einenum h�chstens 0,3% zu großen Wert f�r die Schallgeschwindigkeit c.
4) Die N�herungsformel liefert einen zu großen Wert.
V Taylor- und Fourier-Reihen 175
Beispiel 6: Spiegelgalvanometer
Potenzreihenentwicklung, lineare N�herungsfunktion
Ein Spiegelgalvanometer ist ein empfindliches Drehspulmessger�t f�r Gleichstrom. Die Spuleist dabei an einem d�nnen Metallband aufgeh�ngt und mit einem Spiegel zwecks Ablesungder vom Messstrom hervorgerufenen Drehung verbunden. Ein auf den Spiegel fallender Licht-strahl erf�hrt bei einer Drehung des Spiegels um den Winkel j eine Ablenkung um dendoppelten Winkel (Bild V-3). Dies bewirkt auf einer im Abstand a zum Spiegel angebrach-ten Skala eine Verschiebung des reflektierten Lichtstrahls um die Strecke x gegen�ber derNulllage (stromloses Messger�t, Bild V-3a)).
a) Welcher funktionale Zusammenhang besteht zwischen dem Drehwinkel j und der Ver-schiebung x auf der Skala?
b) Leiten Sie aus dieser Beziehung mittels Reihenentwicklung eine lineare Abh�ngigkeit zwi-schen den Gr�ßen j und x her und sch�tzen Sie den durch Reihenabbruch entstandenen
prozentualen Fehler gr�ßenordnungsm�ßig ab
�Rechenbeispiel:
xa 0,1
�.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3 und VI.3.3.1
L�sung:a) Aus Bild V-3b) folgt zun�chst (aus dem eingezeichneten rechtwinkligen Dreieck)
tan ð2jÞ ¼ xa
und daraus durch Umkehrung die gesuchte Beziehung
2j ¼ arctanxa
� �oder j ¼ 1
2� arctan x
a
� �
x
f f
f
a) 0 0Skala Skalab)
a a
Spiegel Spiegel
reflektierterLichtstrahl reflektierter
Lichtstrahl
einfallenderLichtstrahl
einfallenderLichtstrahl
Bild V-3
V Taylor- und Fourier-Reihen176
b) Wir greifen auf die als bekannt vorausgesetzte Mac Laurinsche Reihe von arctan z zur�ck(siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4):
arctan z ¼ z � 13
z 3 þ 15
z 5 � þ . . . ð j z j 1Þ
Mit z ¼ xa
wird daraus
arctanxa
� �¼ x
a� 1
3xa
� �3þ 15
xa
� �5� þ . . . ðx aÞ
Damit erhalten wir f�r den Drehwinkel j die folgende Reihenentwicklung :
j ¼ 12� arctan x
a
� �¼ 1
2xa� 1
3xa
� �3þ 1
5xa
� �5� þ . . .
�ðx aÞ
Durch Abbruch dieser Reihe nach dem ersten Glied ergibt sich die gew�nschte lineareN�herungsformel :
j ¼ 12
xa
� �Der absolute Fehler Dj ist dabei von der Gr�ßenordnung des ersten weggelassenen Rei-hengliedes (die lineare N�herungsformel liefert einen zu großen Wert.):
Dj � 12� 13
xa
� �3¼ 16
xa
� �3Somit betr�gt der prozentuale Fehler rund
Dj
j� 100% ¼
16
xa
� �312
xa
� � � 100% ¼ 13
xa
� �2� 100%
Rechenbeispiel: F�rxa 0,1 ist der prozentuale Fehler kleiner als
13% d. h. die lineare
N�herungsformel liefert in diesem Bereich einen um rund 0,33% zu großen Wert f�r denDrehwinkel j.
Beispiel 7: Kapazit�t einer elektrischen Doppelleitung
Potenzreihenentwicklung, N�herungsformel
Die in Bild V-4 im Querschnitt dargestellte elektrische Doppelleitung besteht aus zwei paral-lelen Leitern (Dr�hten) mit der L�nge l und dem Leiterradius R. Der Mittelpunktsabstandder beiden Leitungen betr�gt d ¼ 2 a. Die Kapazit�t dieser Anordnung berechnet sich dannnach der folgenden relativ komplizierten Formel:
V Taylor- und Fourier-Reihen 177
C ¼ p e 0 l
lnaR
1 þffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � R
a
� �2s0@ 1A24 35
e 0 : elektrische Feldkonstante
Leiten Sie hieraus mittels Reihenentwicklung eine f�r R � a (d. h. d�nne Dr�hte in großemAbstand) g�ltige N�herungsformel zur Berechnung der Kapazit�t her.
L�sungshinweis: Entwickeln Sie zun�chst den Wurzelausdruck unter Verwendung der Bino-mischen Formel in eine Potenzreihe und brechen Sie diese dann nach dem ersten nicht kons-tanten Glied ab.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3 und VI.3.3.1
L�sung:Wir entwickeln den Wurzelausdruck mit Hilfe der Binomischen Formelffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 � xp
¼ ð1 � xÞ 1=2 ¼ 1 � 12
x � 1 � 12 � 4 x 2 � . . . ¼ 1 � 1
2x � 1
8x 2 � . . .
(mit j x j 1; siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4). Mit x ¼ Ra
� �2
wird hierausffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � R
a
� �2s
¼ 1 � 12
Ra
� �2
� 18
Ra
� �4
� . . . ðR aÞ
Durch Abbruch dieser Reihe nach dem ersten nichtkonstanten Glied, d. h. hier also nach demquadratischen Glied erhalten wir die N�herungffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 � Ra
� �2s
� 1 � 12
Ra
� �2
¼ 1 � R 2
2 a 2
und somit f�r die Kapazit�t der Doppelleitung die folgende f�r R � a g�ltige N�herungs-formel :
C � p e 0 l
lnaR
1 þ 1 � R 2
2 a 2
� � � ¼ p e 0 l
lnaR
2 � R 2
2 a 2
� � � ¼ p e 0 l
ln2 aR� R
2 a
� � ¼
¼ p e 0 l
ln4 a 2 � R 2
2 a R
� �
LeiterLeiter
d = 2a
R R
Bild V-4
V Taylor- und Fourier-Reihen178
Beispiel 8: Relativistische Masse und Energie eines Elektrons
Potenzreihenentwicklung, N�herungspolynom
Die Masse m eines Elektrons ist keine absolute, sondern eine noch von der Elektronen-geschwindigkeit v abh�ngige Gr�ße. Sie nimmt mit der Geschwindigkeit nach der sog. rela-tivistischen Formel wie folgt zu:
m ¼ m ðvÞ ¼ m 0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � v
c
� �2rDabei ist m 0 ¼ m ðv ¼ 0Þ die Ruhemasse des Elektrons und c � 300 000 km=s die Licht-geschwindigkeit im Vakuum. Die kinetische Energie des Elektrons wird dann nach der Formel
E kin ¼ ðm � m 0Þ c 2
berechnet. Zeigen Sie mit Hilfe der Reihenentwicklung, dass dieser Ausdruck f�r sehr kleineElektronengeschwindigkeiten, d. h. f�r v � c in die aus der Elementarphysik bereits
bekannte Formel E kin ¼ 12
m 0 v2 �bergeht.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3 und VI.3.3.1
L�sung:Wir gehen von der als bekannt vorausgesetzten Binomischen Reihe
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � xp ¼ 1
ð1 � xÞ 1=2¼ ð1 � xÞ� 1=2 ¼ 1 þ 1
2x þ 1 � 3
2 � 4 x 2 þ . . . ¼
¼ 1 þ 12
x þ 38
x 2 þ . . . ðj x j < 1Þ
aus (siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4). Mit x ¼ v
c
� �2erhalten wir hieraus zu-
n�chst
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � v
c
� �2r ¼ 1 � v
c
� �2� �� 1=2
¼ 1 þ 12
v
c
� �2þ 38
v
c
� �4þ . . . ðv < cÞ
und damit die folgende Potenzreihenentwicklung f�r die relativistische Masse:
m ðvÞ ¼ m 0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � v
c
� �2r ¼ m 0 1� v
c
� �2� �� 1=2
¼ m 0 1þ 12
v
c
� �2þ 3
8v
c
� �4þ . . .
� �
V Taylor- und Fourier-Reihen 179
Durch Abbruch der Reihe nach dem ersten nichtkonstanten Glied, d. h. hier also nach demquadratischen Glied ergibt sich die f�r v � c g�ltige N�herungsformel
m ðvÞ � m 0 1 þ 12
v
c
� �2� �¼ m 0 1 þ v 2
2 c 2
� �F�r die kinetische Energie folgt daraus
E kin ¼ ðm � m 0Þ c 2 � m 0 1 þ v 2
2 c 2
� �� m 0
�c 2 ¼ m 0 þ m 0 v
2
2 c 2� m 0
� �c 2 ¼
¼ m 0 v2
2 c 2� c 2 ¼ 1
2m 0 v
2
Dies ist die bereits aus der Schulphysik bekannte Formel f�r die kinetische Energie, die somiteine nur f�r kleine Geschwindigkeiten, d. h. f�r v � c zul�ssige N�herung darstellt!
Beispiel 9: RC-Schaltung mit Rampenspannung
Potenzreihenentwicklung, N�herungsfunktionen
An die in Bild V-5 dargestellte RC-Schaltung wird zurZeit t ¼ 0 durch Schließen des Schalters S eine linearmit der Zeit ansteigende sog. Rampenspannung u ¼ k tangelegt. Die Kondensatorspannung uC ðtÞ w�chst dabeiim Laufe der Zeit vom Anfangswert uC ðt ¼ 0Þ ¼ 0aus nach dem folgenden Zeitgesetz :
uC ðtÞ ¼ k t � t 1 � e�tt
� �h i, t � 0
R: ohmscher Widerstand; C : Kapazit�t; k > 0: Kon-stante; t ¼ RC : Zeitkonstante
a) Zeigen Sie mittels Reihenentwicklung, dass die Kondensatorspannung uC ðtÞ in der An-fangsphase, d. h. f�r t � t nahezu quadratisch mit der Zeit t ansteigt.
b) Wie verh�lt sich die Kondensatorspannung f�r t t?
Lehrbuch: Bd. 1, V1.3.2.3 und VI.3.3.1
L�sung:a) Aus der als bekannt vorausgesetzten Reihenentwicklung von e� x in der Form
e� x ¼ 1 � x1 !þ x 2
2 !� þ . . . ¼ 1 � x þ 1
2x 2 � þ . . . ðj x j < 1Þ
R
u = kt
S
t = 0
C
iu ( t )C
Bild V-5
V Taylor- und Fourier-Reihen180
(siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4) erhalten wir mit x ¼ t=t die Potenzreihe
e�tt ¼ 1 � t
tþ 1
2tt
� �2� þ . . . ¼ 1 � t
tþ t 2
2 t 2� þ . . .
F�r t � t, d. h. t=t � 1 darf diese Reihe nach dem quadratischen Glied abgebrochenwerden:
e�tt � 1 � t
tþ t 2
2 t 2
Diese N�herung setzen wir in das Zeitgesetz der Kondensatorspannung ein und erhalten
uC ðtÞ ¼ kht � t
�1 � e�
tt
� i� k t � t 1 � 1 � t
tþ t 2
2 t 2
� �� � �¼
¼ k t � t 1 � 1 þ tt� t 2
2 t 2
� � �¼ k t � t
tt� t 2
2 t 2
� � �¼
¼ k t � t þ t 2
2 t
� �¼ k � t
2
2 t¼ k
2 tt 2
Die Kondensatorspannung uC ðtÞ steigt somit in der Anfangsphase quadratisch mit derZeit t an (Bild V-6a)).
b) F�r t t und somit t=t 1 gilt e�tt � 0 und daher
uC ðtÞ ¼ k t � t 1 � e�tt
� �h i� k ½ t � t ð1 � 0Þ ¼ k ðt � tÞ ¼ k t � k t
Die Kondensatorspannung w�chstsomit f�r t t nur noch linearmit der Zeit (Bild V-6b)).
t t
uC uC
u ~ tC2
u ~ ( t – )C t
– kta) b)Bild V-6
V Taylor- und Fourier-Reihen 181
Beispiel 10: Freih�ngendes Seil (Seilkurve, Kettenlinie)
L�sen einer Gleichung mittels Reihenentwicklung,N�herungsparabel
Bild V-7 zeigt ein freih�ngendes Seil mit derSpannweite 2 l ¼ 20 m und dem Durchhangh ¼ 1 m. Die H�he der beiden Tr�ger betr�gtH ¼ 8 m. Die Funktionsgleichung dieser Seilkurve(auch Kettenlinie genannt) ist dann in der Form
y ¼ a � cosh xa
� �þ b , � l x l
darstellbar.
a) Wie lauten die allgemeinen Bestimmungsgleichungen f�r die Kurvenparameter a und b?
b) Die unter a) gefundene transzendente Gleichung f�r den Parameter a ist exakt nichtl�sbar. L�sen Sie diese Gleichung n�herungsweise durch Reihenentwicklung der in ihr auf-tretenden transzendenten Funktion und Abbruch dieser Reihe nach dem ersten nichtkons-tanten Glied. Unter welcher Voraussetzung f�hrt diese N�herung zu einem „vern�nftigen“Ergebnis? Zeigen Sie, dass diese Bedingung im vorliegenden Fall erf�llt ist. Welche N�he-rungswerte besitzen somit die beiden Kurvenparameter a und b?
c) Zeigen Sie, dass die Seilkurve im vorliegenden Fall nahezu parabelf�rmige Gestalt besitztund bestimmen Sie die Gleichung dieser N�herungsparabel.
Anmerkung: In Kapitel III, Beispiel 24 wird diese Aufgabe numerisch nach dem Newton-schen Tangentenverfahren gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.2.3
L�sung:a) Die Seilkurve schneidet die y-Achse bei
y ð0Þ ¼ a � cosh 0 þ b ¼ a � 1 þ b ¼ a þ b
Zwischen Tr�gerh�he H, Durchhang h und diesem Schnittpunkt besteht dann nach BildV-7 der folgende Zusammenhang:
y ð0Þ þ h ¼ H ) a þ b þ h ¼ H
Der Kurvenparameter b ist somit durch den Kurvenparameter a eindeutig bestimmt:
b ¼ H � h � a
x
y
Seil
P2 P1
l l
h
H
Bild V-7
V Taylor- und Fourier-Reihen182
Die Bestimmungsgleichung f�r a erhalten wir auf folgende Weise. Der Aufh�ngepunktP 1 mit den Koordinaten x 1 ¼ l und y 1 ¼ H liegt auf der Seilkurve. Daher ist
H ¼ a � cosh la
� �þ b ¼ a � cosh l
a
� �þ H � h � a
und somit
a � cosh la
� �¼ a þ h
Dies ist die gesuchte (transzendente) Bestimmungsgleichung f�r den Kurvenparameter a.
b) Aus der Formelsammlung (Abschnitt VI.3.4) entnehmen wir die Mac Laurinsche Reihef�r cosh x :
cosh x ¼ 1 þ x 2
2 !þ x 4
4 !þ . . . ¼ 1 þ 1
2x 2 þ 1
24x 4 þ . . . ðj x j < 1Þ
Mit x ¼ l=a folgt hieraus durch Abbruch nach dem ersten nichtkonstanten Glied, d. h.hier also nach dem quadratischen Glied
coshla
� �� 1 þ 1
2la
� �2
¼ 1 þ l 2
2 a 2
Die (seitenvertauschte) transzendente Bestimmungsgleichung f�r a geht damit in die linea-re N�herungsgleichung
a þ h ¼ a 1 þ l 2
2 a 2
� �¼ a þ l 2
2 aoder h ¼ l 2
2 a
�ber und besitzt die N�herungsl�sung
a ¼ l 2
2 h
Der Abbruch der Reihe nach dem quadratischen Glied ist jedoch nur sinnvoll, wennl=a � 1 und somit l � a ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn wie in diesem Bei-spiel h � l ist ðh ¼ 1 m, l ¼ 10 m ) h � lÞ.Die N�herungsl�sung f�r die Kurvenparameter a und b lautet daher f�r die vorgege-benen Werte wie folgt 5):
a ¼ l 2
2 h¼ ð10 mÞ
2
2 � 1 m ¼ 50 m , b ¼ H � h � a ¼ ð8 � 1 � 50Þm ¼ � 43 m
Die Seilkurve wird somit durch die Gleichung
y ¼ 50 m � cosh ð0,02 m� 1 � xÞ � 43 m , � 10 xm 10
beschrieben.
5) Das Tangentenverfahren von Newton f�hrt zu dem genaueren Ergebnis a ¼ 50,1658 m, b ¼ � 43,1658 m (sieheKapitel III, Beispiel 24).
V Taylor- und Fourier-Reihen 183
c) F�rxa
� 1, d. h. j x j � a darf die Reihenentwicklung der Hyperbelfunktion
coshxa
� �nach dem quadratischen Glied abgebrochen werden 6):
cosh z � 1 þ 12
z 2 ��������!Substitution
z¼ x=acosh
xa
� �� 1 þ 1
2xa
� �2¼ 1 þ 1
2 a 2x 2
Die Gleichung der Seilkurve geht dabei �ber in
y ¼ a � cosh xa
� �þ b � a 1 þ 1
2 a 2x 2
� �þ b ¼ a þ 1
2 ax 2 þ b ¼
¼ 12 a
x 2 þ a þ b
Dies ist die Gleichung einer nach oben ge�ffneten achsensymmetrischen Parabel mit demScheitelpunkt S ¼ ð0; a þ bÞ. Mit den gefundenen Werten f�r a und b erhalten wir
y ¼ 50 m � cosh ð0,02 m� 1 � xÞ � 43 m � 0,01 m� 1 � x 2 þ 7 m
Beispiel 11: Gaußsche Normalverteilung
Integration durch Potenzreihenentwicklung des Integranden
Die Messwerte und Messfehler einer Gr�ße x unterliegen in der Regel der sog. GaußschenNormalverteilung mit der Verteilungsdichtefunktion
j ðxÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s � e
� 12
x� msð Þ 2
ð�1 < x < 1; Bild V-8Þ:m: Mittelwert oder Erwartungswert
s : Standardabweichung
Die Wahrscheinlichkeit P daf�r, dass ein Messwert in das Intervall a x b f�llt, istdabei durch das Integral
P ða x bÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s �
ðba
e� 1
2x�msð Þ 2 dx
gegeben. Zeigen Sie: Rund 68,3% aller Messwerte liegen zwischen m � s und m þ s (ent-spricht der grau unterlegten Fl�che in Bild V-8).
x
f(x)
m s– m s+mBild V-8
6) Diese Bedingung ist wegen j x j l und l � a erf�llt.
V Taylor- und Fourier-Reihen184
L�sungshinweis: F�hren Sie zun�chst eine geeignete Integralsubstitution durch und berechnenSie dann das anfallende Integral mittels Reihenentwicklung des Integranden und einer sichanschließenden gliedweisen Integration.
Lehrbuch: Bd. 1, VI.3.3.2
L�sung:Wir bringen zun�chst das gesuchte Wahrscheinlichkeitsintegral
P ðm � s x m þ sÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s �
ðmþ sm�s
e� 1
2x� msð Þ 2 dx
(in Bild V-8 durch die grau unterlegte Fl�che bildlich dargestellt) mit Hilfe der Substitution
t ¼ x � m
s,
dtdx¼ 1
s, dx ¼ s dt
Untere Grenze: x ¼ m � s ) t ¼ m � s � m
s¼ � s
s¼ � 1
Obere Grenze: x ¼ m þ s ) t ¼ m þ s � m
s¼ s
s¼ 1
in eine etwas �bersichtlichere Form:
P ð m � s x m þ sÞ ¼ P ð� 1 t 1Þ ¼
¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s �
ð1� 1
e �12 t 2 � s dt ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi
2pp �
ð1� 1
e �12 t 2 dt
Der Integralwert entspricht dabei der Fl�che unterder standardisierten Gaußschen Verteilungsdichte-
funktion y ¼ e �12 t 2 im Bereich ihrer beiden
Wendepunkte an den Stellen t 1=2 ¼ � 1 (Bild V-9).
Wegen der Spiegelsymmetrie zur y-Achse ist
P ð� 1 t 1Þ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp �
ð1� 1
e �12 t 2 dt ¼ 2ffiffiffiffiffiffiffi
2pp �
ð10
e �12 t 2 dt
t–1 1
y
Bild V-9
V Taylor- und Fourier-Reihen 185
Dieses Integral l�sen wir wie folgt. Ausgehend von der als bekannt vorausgesetzten Mac Lau-rinschen Reihe der Exponentialfunktion in der Form
e z ¼ 1 þ z 1
1 !þ z 2
2 !þ z 3
3 !þ z 4
4 !þ z 5
5 !þ . . . ðj z j < 1Þ
(siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4) erhalten wir mit Hilfe der Substitution z ¼ � 12
t 2
die Potenzreihe des Integranden f ðtÞ ¼ e �12 t 2 :
e �12 t 2 ¼ 1 � t 2
2 � 1 !þ t 4
4 � 2 !� t 6
8 � 3 !þ t 8
16 � 4 !� t 1 0
32 � 5 !þ � . . .
Diese Reihe konvergiert best�ndig und darf daher gliedweise integriert werden. Somit ist
P ð� 1 t 1Þ ¼
¼ 2ffiffiffiffiffiffiffi2pp �
ð10
1 � t 2
2 � 1 !þ t 4
4 � 2 !� t 6
8 � 3 !þ t 8
16 � 4 !� t 1 0
32 � 5 !þ � . . .
� �dt ¼
¼ 2ffiffiffiffiffiffiffi2pp t � t 3
3 � 2 � 1 !þ t 5
5 � 4 � 2 !� t 7
7 � 8 � 3 !þ t 9
9 � 16 � 4 !� t 11
11 � 32 � 5 !þ � . . .
�10¼
¼ 2ffiffiffiffiffiffiffi2pp 1 � 1
3 � 2 � 1 !þ 1
5 � 4 � 2 !� 1
7 � 8 � 3 !þ 1
9 � 16 � 4 !� 1
11 � 32 � 5 !þ � . . .
� �¼
¼ 2ffiffiffiffiffiffiffi2pp 1 � 1
6þ 1
40� 1
336þ 1
3456� 1
42 240þ � . . .
� �¼ 0,6827 � 0,683
Wie behauptet liegen bei einer normalverteilten Gr�ße x rund 68,3% aller Messwerte imsog. s-Bereich m � s x m þ s um den Mittelwert m.
Beispiel 12: Schwingungsdauer eines Fadenpendels
Integration durch Potenzreihenentwicklung des Integranden
Das in Bild V-10 dargestellte Fadenpendel (mathematische Pendel) mit der Fadenl�nge lund der angeh�ngten Masse m schwingt f�r kleine Auslenkungswinkel j nahezu harmo-nisch zwischen den beiden Umkehrpunkten A und B, wobei die Schwingungsdauer T ausder N�herungsgleichung
T ¼ 2p �ffiffiffiffiffilg
sberechnet werden kann.
V Taylor- und Fourier-Reihen186
Die exakte Berechnung von T erfolgt nach der komplizierten Integralformel
T ¼ 4 �ffiffiffiffiffilg
s�ðp=20
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � l 2 � sin 2 u
p du
g: Erdbeschleunigung
j 0 : maximaler Auslenkungswinkel
l ¼ sin ðj 0=2Þ
Das darin auftretende sog. elliptische Integral 1. Gattung ist elementar nicht l�sbar. Berech-nen Sie dieses Integral und damit die Schwingungsdauer T n�herungsweise f�r den maxima-len Auslenkwinkel j 0 ¼ 60� durch Reihenentwicklung des Integranden und anschließendegliedweise Integration auf drei Dezimalstellen nach dem Komma genau. Die dabei anfallen-den Integrale d�rfen mit Hilfe einer Integraltafel berechnet werden.
Anmerkung: Dieses Integral wird in Kapitel IV, Beispiel 24 numerisch nach dem Simpson-Verfahren gel�st.
Lehrbuch : Bd. 1, VI.3.3.2
L�sung:Wir gehen von der Binomischen Reihe
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � xp ¼ 1
ð1 � xÞ 1=2¼ ð1 � xÞ� 1=2 ¼
¼ 1þ 12
x þ 1 � 32 � 4 x 2 þ 1 � 3 � 5
2 � 4 � 6 x 3 þ 1 � 3 � 5 � 72 � 4 � 6 � 8 x 4 þ 1 � 3 � 5 � 7 � 9
2 � 4 � 6 � 8 � 10 x 5 þ . . .
aus (siehe Formelsammlung, Abschnitt VI.3.4). Mit l ¼ sin ðj 0=2Þ ¼ sin 30� ¼ 12
und
x ¼ l 2 � sin 2 u ¼ 14� sin 2 u wird hieraus
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 1
4� sin 2 u
r ¼ 1 þ 12� 14� sin 2 u þ 1 � 3
2 � 4 �116� sin 4 u þ
þ 1 � 3 � 52 � 4 � 6 �
164� sin 6 u þ 1 � 3 � 5 � 7
2 � 4 � 6 � 8 �1
256� sin 8 u þ
þ 1 � 3 � 5 � 7 � 92 � 4 � 6 � 8 � 10 �
11024
� sin 1 0 u þ . . . ¼
¼ 1þ 18� sin 2 uþ 3
128� sin 4 uþ 5
1024� sin 6 uþ 35
32 768� sin 8 uþ 63
262 144� sin 1 0 uþ . . .
Am
B
l f0 f
0
Bild V-10
V Taylor- und Fourier-Reihen 187
Damit erhalten wir f�r das elliptische Integral die folgende Darstellung:
I ¼ðp=20
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � 1
4� sin 2 u
r du ¼
¼ðp=20
1þ 18� sin 2 uþ 3
128� sin 4 uþ 5
1024� sin 6 uþ 35
32 768� sin 8 uþ 63
262 144� sin 1 0 uþ . . .
� �du ¼
¼ðp=20
1 du
|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}p=2
þ 18�ðp=20
sin 2 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 1
þ 3128�ðp=20
sin 4 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 2
þ 51024
�ðp=20
sin 6 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 3
þ
þ 3532 768
�ðp=20
sin 8 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 4
þ 63262 144
�ðp=20
sin 1 0 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 5
þ . . . ¼
¼ p
2þ 1
8I 1 þ 3
128I 2 þ 5
1024I 3 þ 35
32 768I 4 þ 63
262 144I 5 þ . . .
Auswertung der Integrale (unter Verwendung der Integraltafel der Formelsammlung):
I 1 ¼ðp=20
sin 2 u du ¼ u2� sin ð2 uÞ
4
�p=20¼ p
4� sin p
4� 0 þ sin 0
4¼
¼ p
4� 0 � 0 þ 0 ¼ p
4ðIntegral Nr: 205Þ
Die �brigen Integrale lassen sich mit Hilfe der Rekursionsformel (Integral Nr. 207)ðp=20
sin n u du ¼ � sin n� 1 u � cos un
�p=20
þ n � 1n�ðp=20
sin n� 2 u du ¼|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}0
¼ n � 1n�ðp=20
sin n� 2 u du
wie folgt schrittweise auf das Integral I 1 ¼ p=4 zur�ckf�hren (n ¼ 4, 6, 8, 10) 7):
7) Begr�ndung: Der Z�hler sin n� 1 u � cos u verschwindet sowohl an der oberen Grenze (wegen cos ðp=2Þ ¼ 0)als auch an der unteren Grenze (wegen sin 0 ¼ 0 und somit auch sin n� 1 0 ¼ 0).
V Taylor- und Fourier-Reihen188
I 2 ¼ðp=20
sin 4 u du ¼ 34�ðp=20
sin 2 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 1
¼ 34
I 1 ¼ 34� p4
I 3 ¼ðp=20
sin 6 u du ¼ 56�ðp=20
sin 4 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 2
¼ 56
I 2 ¼ 56� 34� p4¼ 3 � 5
4 � 6 �p
4
I 4 ¼ðp=20
sin 8 u du ¼ 78�ðp=20
sin 6 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 3
¼ 78
I 3 ¼ 78� 3 � 54 � 6 �
p
4¼ 3 � 5 � 7
4 � 6 � 8 �p
4
I 5 ¼ðp=20
sin 1 0 u du ¼ 910�ðp=20
sin 8 u du
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 4
¼
¼ 910
I 4 ¼ 910� 3 � 5 � 74 � 6 � 8 �
p
4¼ 3 � 5 � 7 � 9
4 � 6 � 8 � 10 �p
4
Somit ist
I ¼ p
2þ 1
8I 1 þ 3
128I 2 þ 5
1024I 3 þ 35
32 768I 4 þ 63
262 144I 5 þ . . . ¼
¼ p
2þ 1
8� p4þ 3
128� 34� p4þ 5
1024� 3 � 54 � 6 �
p
4þ 35
32 768� 3 � 5 � 74 � 6 � 8 �
p
4þ
þ 63262 144
� 3 � 5 � 7 � 94 � 6 � 8 � 10 �
p
4þ . . . ¼
¼ p
42 þ 1
8þ 9
512þ 25
8192þ 1225
2 097 152þ 3969
33 554 432þ . . .
� �¼
¼ p
4ð2 þ 0,125 þ 0,017 578 þ 0,003 052 þ 0,000 584 þ 0,000 118 þ . . .Þ ¼
� p
4ð2,146 332Þ � 1,686
F�r die Schwingungsdauer folgt damit
T ¼ 4 �ffiffiffiffiffilg
s� I � 4 �
ffiffiffiffiffilg
s� 1,686 ¼ 6,744 �
ffiffiffiffiffilg
s
V Taylor- und Fourier-Reihen 189
Beispiel 13: Fourier-Zerlegung einer periodischen Folgerechteckiger Spannungsimpulse
Fourier-Reihe, Amplitudenspektrum
Bild V-11 zeigt eine periodische Folgerechteckiger Spannungsimpulse u ðtÞ derBreite 2 a und der St�rke (H�he) uu mitder Periodendauer T und der Kreisfre-quenz w 0 ¼ 2p=T .
Wie lautet die Fourier-Zerlegung
a) in reeller Darstellung,
b) in komplexer Darstellung?
c) Bestimmen Sie das Amplitudenspek-trum f�r den Sonderfall a ¼ T=4.
Lehrbuch: Bd. 2, II.2.1
L�sung:a) Wir w�hlen als Periodenintervall � a < t < T � a. Der Spannungsimpuls wird dort
durch die Funktion
u ðtÞ ¼uu � a < t < a
fur
0 a < t < T � a
8><>:beschrieben. Da diese Funktion gerade ist (Spiegelsymmetrie zur u-Achse), enth�lt dieFourier-Reihe keine Sinusglieder. Daher verschwinden alle Koeffizienten bn der Sinus-schwingungen: bn ¼ 0 (f�r n ¼ 1, 2, 3, . . .Þ. Die Fourier-Reihe reduziert sich somit auf
u ðtÞ ¼ a 0
2þX1n¼ 1
an � cos ðnw 0 tÞ
Wir berechnen zun�chst den Gleichspannungsanteil (Koeffizient a 0) und anschließenddie Koeffizienten der Kosinusglieder.
Berechnung des Fourierkoeffizienten a0
a 0 ¼ 2T�ððT Þ
u ðtÞ dt ¼ 2T�ða� a
uu dt ¼ 2 � 2T� uu �
ða0
1 dt ¼ 4 uuT
hti a0¼ 4 uu a
T¼
¼ 4 uu aw 0
2p¼ 2 uu aw 0
pT ¼ 2p
w 0
� �
t
uu = u
u = 0
–a a
T = 2pv0
Bild V-11
V Taylor- und Fourier-Reihen190
Berechnung der Fourierkoeffizienten an (n ¼ 1, 2, 3, . . .)
(Integral Nr. 228; w 0 T ¼ 2p)
an ¼ 2T�ððT Þ
u ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt ¼ 2T�ða� a
uu � cos ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ 2 � 2T� uu �
ða0
cos ðnw 0 tÞ dt ¼ 4 uuT
sin ðnw 0 tÞnw 0
� a
0¼ 4 uu
n w 0 T|ffl{zffl}2p
hsin ðnw 0 tÞ
i a0¼
¼ 4 uun � 2p ½ sin ðnw 0 aÞ � sin 0|ffl{zffl}
0
¼ 2 uup� sin ðnw 0 aÞ
n
Die Fourier-Reihe der Impulsfolge nimmt damit die folgende reelle Gestalt an:
u ðtÞ ¼ a 0
2þX1n¼ 1
an � cos ðnw 0 tÞ ¼ uu aw 0
pþX1n¼ 1
2 uup� sin ðnw 0 aÞ
n� cos ðnw 0 tÞ ¼
¼ uu aw 0
pþ 2 uu
p�X1n¼ 1
sin ðnw 0 aÞn
� cos ðnw 0 tÞ ¼
¼ uu aw 0
pþ 2 uu
p
sin ðw 0 aÞ1
� cos ðw 0 tÞ þ sin ð2w 0 aÞ2
� cos ð2w 0 tÞþ
þ sin ð3w 0 aÞ3
� cos ð3w 0 tÞ þ . . .
�b) Darstellung der Fourier-Reihe von u ðtÞ in komplexer Form:
u ðtÞ ¼X1
n¼�1cn � e j nw 0 t
Die komplexen Koeffizienten c n lassen sich aus den bereits bekannten Koeffizienten an
und bn der reellen Darstellung wie folgt berechnen:
a 0 ¼ 2 uu aw 0
p; an ¼ 2 uu
p� sin ðnw 0 aÞ
n; bn ¼ 0 ðn ¼ 1, 2, 3, . . .Þ
c 0 ¼ 12
a 0 ¼ 12� 2 uu aw 0
p¼ uu aw 0
p
cn ¼ 12ðan � j bnÞ ¼ 1
2an ¼ 1
2� 2 uup� sin ðnw 0 aÞ
n¼ uu
p� sin ðnw 0 aÞ
n
c� n ¼ 12ðan þ j bnÞ ¼ c *n ¼ cn ¼ 1
2an ¼ uu
p� sin ðnw 0 aÞ
n
V Taylor- und Fourier-Reihen 191
Man beachte, dass alle Fourierkoeffizienten reell sind und die Beziehung c� n ¼ c n besteht!
Fourier-Zerlegung in komplexer Form
Wir zerlegen die Fourier-Reihe zun�chst wie folgt in zwei Teilsummen:
u ðtÞ ¼X1
n¼�1cn � e j nw 0 t ¼ c 0 þ
X1n¼ 1
c n � e j nw 0 t þX1n¼ 1
c� n � e� j nw 0 t
In diesem Beispiel besteht kein Unterschied zwischen den Fourierkoeffizienten cn und c� n :
cn ¼ c� n ¼ uup� sin ðnw 0 aÞ
nðn ¼ 1, 2, 3, . . .Þ
Die komplexe Fourier-Reihe der rechteckigen Impulsfolge lautet damit:
u ðtÞ ¼ c 0 þX1n¼ 1
cn � e j nw 0 t þX1n¼ 1
c n � e� j nw 0 t ¼
¼ c 0 þX1n¼ 1
cn ðe j nw 0 t þ e� j nw 0 tÞ ¼
¼ uu aw 0
pþ uu
p�X1n¼ 1
sin ðnw 0 aÞn
� ðe j nw 0 t þ e� j nw 0 tÞ
Kontrolle: Zwischen der (reellen) Kosinusfunktion und der komplexen Exponentialfunk-tion besteht der folgende Zusammenhang (siehe Formelsammlung, Abschnitt VIII.7.3.2):
cos x ¼ e j x þ e� j x
2) e j x þ e� j x ¼ 2 � cos x
Mit x ¼ nw 0 t ist dann
e j nw 0 t þ e� j nw 0 t ¼ 2 � cos ðnw 0 tÞ
und die komplexe Fourier-Reihe geht in die aus L�sungsteil a) bereits bekannte reelleForm �ber:
u ðtÞ ¼ uu aw 0
pþ uu
p�X1n¼ 1
sin ðnw 0 aÞn
� ðe j nw 0 t þ e� j nw 0 t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}2 � cos ðnw 0 tÞ
Þ ¼
¼ uu aw 0
pþ uu
p�X1n¼ 1
sin ðnw 0 aÞn
� 2 � cos ðnw 0 tÞ ¼
¼ uu aw 0
pþ 2 uu
p�X1n¼ 1
sin ðnw 0 aÞn
� cos ðnw 0 tÞ
V Taylor- und Fourier-Reihen192
c) Im Sonderfall a ¼ T4
ist w 0 a ¼ w 0 T4¼ 2p
4¼ p
2und somit
sin ðw 0 aÞ ¼ sinp
2
� �¼ 1
sin ð2w 0 aÞ ¼ sin ðpÞ ¼ 0
sin ð3w 0 aÞ ¼ sin32p
� �¼ � 1
sin ð4w 0 aÞ ¼ sin ð2pÞ ¼ 0
9>>>>>>>>>=>>>>>>>>>;Viererzyklus 1; 0; � 1; 0
sin ð5w 0 aÞ ¼ sin52p
� �¼ sin
p
2
� �¼ 1
..
.
Die Sinuswerte wiederholen sich in einem regelm�ßigen Viererzyklus : 1, 0, –– 1, 0; 1, 0,––1, 0; . . . . Somit treten nur Oberschwingungen auf, deren Kreisfrequenzen ein ungerad-zahliges Vielfaches der Kreisfrequenz w 0 der Grundschwingung sind. Die ersten Gliederder Fourier-Reihe lauten damit
u ðtÞ ¼ uu2þ 2 uu
p
11� cos ðw 0 tÞ � 1
3� cos ð3w 0 tÞ þ 1
5� cos ð5w 0 tÞ � þ . . .
�¼
¼ uu2þ 2 uu
p�X1n¼ 1
ð� 1Þ nþ 1
ð2 n � 1Þ � cos ½ ð2 n � 1Þ w0 t
Das zugeh�rige Amplitudenspektrum ist in Bild V-12 dargestellt.
v v/ 00 1 3 5 7 9 11
2upu2
Amplitude
Bild V-12
V Taylor- und Fourier-Reihen 193
Beispiel 14: Fourier-Reihe einer Kippspannung (S�gezahnimpuls)
Fourier-Reihe in reeller Form
Die in Bild V-13 skizzierte Kippspannungmit der Periode T l�sst sich im Peri-
odenintervallT2
< t <32
T durch die
Gleichung
uðtÞ ¼ 2 uuT
t � 2 uu
beschreiben.
a) Wie lautet die Fourier-Zerlegung dieser nichtsinusf�rmigen Wechselspannung in reellerDarstellung?
b) Zeichnen Sie das zugeh�rige Amplitudenspektrum.
Lehrbuch: Bd. 2, II.2.1
L�sung:a) Die Funktion u ðtÞ ist ungerade, die Fourier-Reihe kann daher nur Sinusglieder enthalten.
Somit gilt an ¼ 0 f�r n ¼ 0, 1, 2, . . . und die Entwicklung reduziert sich wie folgt aufdie Sinusglieder:
uðtÞ ¼X1n¼ 1
bn � sin ðnw 0 tÞ w 0 ¼ 2pT
� �Berechnung der Fourierkoeffizienten bn (n ¼ 1, 2, 3, . . .)
bn ¼ 2T�ððT Þ
u ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt ¼ 2T�ð3T=2T=2
2 uuT
t � 2 uu
� �� sin ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ 4 uuT 2�ð3T=2T=2
t � sin ðnw 0 tÞ dt
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 1
� 4 uuT�ð3 T=2T=2
sin ðnw 0 tÞ dt
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I 2
¼ 4 uuT 2� I 1 � 4 uu
T� I 2
Die Auswertung der Integrale I 1 und I 2 erfolgt mit Hilfe der Integraltafel der Formel-sammlung unter Ber�cksichtigung von w 0 T ¼ 2p.
t
u
u
–u
T2
32
T T
Periodenintervall
Bild V-13
V Taylor- und Fourier-Reihen194
Integral I 1 (Integral Nr. 208)
I 1 ¼ð3T=2T=2
t � sin ðnw 0 tÞ dt ¼ sin ðnw 0 tÞn 2 w 2
0
� t � cos ðnw 0 tÞnw 0
� 3 T=2
T=2
¼
¼sin n
3w 0 T2
� �n 2 w 2
0
�3 T2� cos n
3w 0 T2
� �nw 0
�sin n
w 0 T2
� �n 2 w 2
0
þT2� cos n
w 0 T2
� �nw 0
¼
¼ sin ðn 3pÞn 2 w 2
0
� 3 T � cos ðn 3pÞ2 nw 0
� sin ðnpÞn 2 w 2
0
þ T � cos ðnpÞ2 nw 0
Dabei gilt:
sin ðn 3pÞ ¼ 0 , sin ðnpÞ ¼ 0 ,
cos ðn 3pÞ ¼ cos ½ n ð2p þ pÞ ¼ cos ðn 2p þ npÞ ¼ cos ðnpÞDas 1. und 3. Glied verschwinden somit und wir erhalten unter Ber�cksichtigung vonw 0 ¼ 2p=T und cos ðn 3pÞ ¼ cos ðnpÞ :
I 1 ¼ � 3T � cos ðnpÞ2 nw 0
þ T � cos ðnpÞ2 nw 0
¼ � 3T � cos ðnpÞ þ T � cos ðnpÞ2 nw 0
¼
¼ � 2 T � cos ðnpÞ2 nw 0
¼ � T � cos ðnpÞnw 0
¼ � T 2 � cos ðnpÞ2p n
Integral I2 (Integral Nr. 204)
I 2 ¼ð3 T=2T=2
sin ðnw 0 tÞ dt ¼ � cos ðnw 0 tÞnw 0
� 3T=2
T=2¼
¼� cos n
3w 0 T2
� �þ cos n
w 0 T2
� �nw 0
¼ � cos ðn 3pÞ þ cos ðnpÞnw 0
¼
¼ � cos ðnpÞ þ cos ðnpÞnw 0
¼ 0nw 0
¼ 0
(unter Ber�cksichtigung von w 0 T ¼ 2p und cos ðn 3pÞ ¼ cos ðnpÞÞFourier-Zerlegung
Damit erhalten wir f�r die Fourierkoeffizienten bn den Formelausdruck
bn ¼ 4 uuT 2� I 1 � 4 uu
T� I 2 ¼ 4 uu
T 2� � T 2 � cos ðnpÞ
2p n
� �� 4 uu
T� 0 ¼ � 2 uu
p� cos ðnpÞ
n
V Taylor- und Fourier-Reihen 195
Unter Beachtung von
cos ðnpÞ ¼� 1 n ¼ ungerade
fur
1 n ¼ gerade
8><>:9>=>; ¼ ð� 1Þ n
ergeben sich abwechselnd positive und negative Koeffizienten:
bn ¼ � 2 uup� cos ðnpÞ
n¼ ð� 1Þ 1 � 2 uu
p� ð� 1Þ n
n¼ 2 uu
p� ð� 1Þ nþ 1
n
Die Fourier-Reihe lautet somit wie folgt:
u ðtÞ ¼ 2 uup�X1n¼ 1
ð� 1Þ nþ 1
n� sin ðnw 0 tÞ ¼
¼ 2 uup
sin ðw 0 tÞ � 12� sin ð2w 0 tÞ þ 1
3� sin ð3w 0 tÞ � þ . . .
� �b) Das zugeh�rige Amplitudenspektrum ist in
Bild V-14 dargestellt.
Beispiel 15: Fourier-Zerlegung eines „ angeschnittenen “ Wechselstroms
Fourier-Reihe in reeller Form
Bild V-15 zeigt einen „angeschnittenen“ Wech-selstrom, dessen Zeitabh�ngigkeit im Perioden-intervall 0 t T durch die Gleichung
i ðtÞ ¼ii � cos ðw 0 tÞ 0 t T
4fur
0T4 t T
8>>><>>>:beschrieben wird w 0 ¼ 2p=Tð : KreisfrequenzÞ.
v v/ 01 3 5 7 9 11
2up
Amplitude
2 4 6 8 10Bild V-14
tT4
T
i
i = i · cos ( t )v0i
–i
i = 0
Bild V-15
V Taylor- und Fourier-Reihen196
Wie lautet die Fourier-Zerlegung dieser Funktion in reeller Darstellung?
Lehrbuch: Bd. 2, II.2.1
L�sung:Es ist
i ðtÞ ¼ a 0
2þX1n¼ 1
½ an � cos ðnw 0 tÞ þ bn � sin ðnw 0 tÞ
Bei der Berechnung der Fourierkoeffizienten beachten wir, dass w 0 T ¼ 2p ist. Bei denIntegrationen k�nnen wir uns auf das Intervall 0 t T=4 beschr�nken, da der Strom imrestlichen Periodenintervall verschwindet.
Berechnung des Fourierkoeffizienten a 0
ðIntegral Nr. 228; w 0 T ¼ 2p; sin 0 ¼ 0; sin ðp=2Þ ¼ 1Þ
a 0 ¼ 2T�ððT Þ
i ðtÞ dt ¼ 2 iiT�ðT=40
cos ðw 0 tÞ dt ¼ 2 iiT
sin ðw 0 tÞw 0
� T=4
0
¼
¼ 2 iiw 0 T
hsin ðw 0 tÞ
i T=40¼ 2 ii
2p½ sin ðw 0 T=4|fflfflffl{zfflfflffl}
p=2
Þ � sin 0|ffl{zffl}0
¼ iip� sin ðp=2Þ|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}
1
¼ iip
Berechnung der Fourierkoeffizienten an (n ¼ 1, 2, 3, . . .)
an ¼ 2T�ððT Þ
i ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt ¼ 2 iiT�ðT=40
cos ðw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ dt
Wir m�ssen die F�lle n ¼ 1 und n > 1 unterscheiden.
n ¼ 1 (Integral Nr. 229; w 0 T ¼ 2p; sin 0 ¼ sin p ¼ 0)
a 1 ¼ 2 iiT�ðT=40
cos 2 ðw 0 tÞ dt ¼ 2 iiT
t2þ sin ð2w 0 tÞ
4w 0
�T=4
0¼
¼ 2 iiT
T8þ sin ðw 0 T=2Þ
4w 0� 0 � sin 0
4w 0
�¼ 2 ii
TT8þ sin p
4w 0
�¼ 2 ii
T� T8¼ ii
4
V Taylor- und Fourier-Reihen 197
n > 1 (Integral Nr. 252; w 0 T ¼ 2p; sin 0 ¼ 0)
an ¼ 2 iiT�ðT=40
cos ðw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ 2 iiT
sin ½ ðn � 1Þ w 0 t 2 ðn � 1Þw 0
þ sin ½ ðn þ 1Þ w 0 t 2 ðn þ 1Þw 0
� T=4
0
¼
¼ 2 ii2w 0 T
sin ½ ðn � 1Þ w 0 t n � 1
þ sin ½ ðn þ 1Þ w 0 t n þ 1
�T=4
0¼
¼ ii2p
sin ½ ðn � 1Þ w 0 T=4 n � 1
þ sin ½ ðn þ 1Þ w 0 T=4 n þ 1
� sin 0n � 1
� sin 0n þ 1
�¼
¼ ii2p
sin ½ ðn � 1Þ p=2 n � 1
þ sin ½ ðn þ 1Þ p=2 n þ 1
�¼
¼ ii2p� ðn þ 1Þ � sin ½ ðn � 1Þ p=2 þ ðn � 1Þ � sin ½ ðn þ 1Þ p=2
ðn � 1Þ ðn þ 1Þ ¼
¼ ii2p� ðn þ 1Þ � sin ½ ðn � 1Þ p=2 þ ðn � 1Þ � sin ½ ðn þ 1Þ p=2
n 2 � 1¼
Wegen
ðn þ 1Þ p2¼ ðn � 1 þ 2Þ p
2¼ ðn � 1Þ p
2þ 2 � p
2¼ ðn � 1Þ p
2þ p
und
sin ða þ pÞ ¼ � sin a
ist
sin ðn þ 1Þ p2
h i¼ sin ðn � 1Þ p
2þ p
h i¼ � sin ðn � 1Þ p
2
h iDer Fourierkoeffizient an ðn > 1Þ l�sst sich somit auch wie folgt schreiben:
an ¼ ii2p� ðn þ 1Þ � sin ½ðn � 1Þ p=2 � ðn � 1Þ � sin ½ ðn � 1Þ p=2
n 2 � 1¼
¼ ii2p� ½ ðn þ 1Þ � ðn � 1Þ � sin ½ðn � 1Þ p=2
n 2 � 1¼
¼ ii2p� ðn þ 1 � n þ 1Þ � sin ½ðn � 1Þ p=2
n 2 � 1¼ ii
2p� 2 � sin ½ðn � 1Þ p=2
n 2 � 1¼
¼ iip� sin ½ðn � 1Þ p=2
n 2 � 1
V Taylor- und Fourier-Reihen198
Berechnung der Fourierkoeffizienten bn (n ¼ 1, 2, 3, . . .)
bn ¼ 2T�ððT Þ
i ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt ¼ 2 iiT�ðT=40
cos ðw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ dt
Wir m�ssen wiederum die F�lle n ¼ 1 und n > 1 unterscheiden.
n ¼ 1 ðIntegral Nr. 254; w 0 T ¼ 2p; sin 0 ¼ 0; sin ðp=2Þ ¼ 1Þ
b 1 ¼ 2 iiT�ðT=40
cos ðw 0 tÞ � sin ðw 0 tÞ dt ¼ 2 iiT
sin 2 ðw 0 tÞ2w 0
� T=4
0¼
¼ 2 ii2w 0 T
½ sin 2 ðw 0 T=4Þ � sin 2 0 ¼ ii2p� sin 2 ðp=2Þ ¼ ii
2p� 12 ¼ ii
2p
n > 1 (Integral Nr. 285; w 0 T ¼ 2p; cos 0 ¼ 1)
bn ¼ 2 iiT�ðT=40
cos ðw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ 2 iiT� cos ½ ðn þ 1Þ w 0 t
2 ðn þ 1Þw 0� cos ½ ðn � 1Þ w 0 t
2 ðn � 1Þw 0
�T=4
0¼
¼ � 2 ii2w 0 T
cos ½ ðn þ 1Þ w 0 t n þ 1
þ cos ½ ðn � 1Þ w 0 t n � 1
� T=4
0¼
¼ � ii2p
cos ½ ðn þ 1Þ w 0 T=4 n þ 1
þ cos ½ ðn � 1Þ w 0 T=4 n � 1
� cos 0n þ 1
� cos 0n � 1
�¼
¼ � ii2p
cos ½ ðn þ 1Þ p=2 n þ 1
þ cos ½ ðn � 1Þ p=2 n � 1
� 1n þ 1
� 1n � 1
�¼
¼ � ii2p� ðn� 1Þ � cos ½ ðnþ 1Þ p=2 þ ðnþ 1Þ � cos ½ ðn� 1Þ p=2 � ðn� 1Þ � ðnþ 1Þ
ðnþ 1Þ ðn� 1Þ ¼
¼ � ii2p� ðn � 1Þ � cos ½ ðn þ 1Þ p=2 þ ðn þ 1Þ � cos ½ ðn � 1Þ p=2 � 2 n
n 2 � 1
Wegen ðn þ 1Þ p2¼ ðn � 1Þ p
2þ p und cos ða þ pÞ ¼ � cos a gilt:
cos ðn þ 1Þ p2
h i¼ cos ðn � 1Þ p
2þ p
h i¼ � cos ðn � 1Þ p
2
h i
V Taylor- und Fourier-Reihen 199
Der Fourierkoeffizient bn ðn > 1Þ l�sst sich somit auch wie folgt schreiben:
bn ¼ � ii2p� � ðn � 1Þ � cos ½ ðn � 1Þ p=2 þ ðn þ 1Þ � cos ½ ðn � 1Þ p=2 � 2 n
n 2 � 1¼
¼ � ii2p� ½ � ðn � 1Þ þ ðn þ 1Þ � cos ½ ðn � 1Þ p=2 � 2 n
n 2 � 1¼
¼ � ii2p� ð� n þ 1 þ n þ 1Þ � cos ½ ðn � 1Þ p=2 � 2 n
n 2 � 1¼
¼ � ii2p� 2 � cos ½ ðn � 1Þ p=2 � 2 n
n 2 � 1¼ ii
p� n � cos ½ ðn � 1Þ p=2
n 2 � 1
Die Fourier-Reihe des „angeschnittenen“ Wechselstroms besitzt somit die folgende Gestalt:
i ¼ a 0
2þX1n¼ 1
½ an � cos ðnw 0 tÞ þ bn � sin ðnw 0 tÞ ¼
¼ ii2pþ ii
4� cos ðw 0 tÞ þ ii
p�X1n¼ 2
sin ½ ðn � 1Þ p= 2 n 2 � 1
� cos ðnw 0 tÞþ
þ ii2p� sin ðw 0 tÞ þ ii
p�X1n¼ 2
n � cos ½ ðn � 1Þ p= 2 n 2 � 1
� sin ðnw 0 tÞ
Anmerkung: Die Fourier-Koeffizienten der Kosinusanteile verschwinden f�r n ¼ 3, 5, 7, . . . ,d. h. die entspechenden Oberschwingungen fehlen in der Fourier-Zerlegung.
Beispiel 16: Fourier-Reihe einer Kippschwingung
Fourier-Reihe in komplexer und reller Form
Die in Bild V-16 skizzierte Kippschwingungmit der Gleichung
y ðtÞ ¼ y 0
Tt , 0 t < T
soll als komplexe Fourier-Reihe dargestellt wer-den. Leiten Sie anschließend aus der komple-xen Form die reelle Darstellungsform her.
Lehrbuch: Bd. 2, II.2.1
T t2T
y
y0
Bild V-16
V Taylor- und Fourier-Reihen200
L�sung:In komplexer Darstellung gilt
y ðtÞ ¼X1
n¼�1c n � e j nw 0 t
mit den komplexen Fourier-Koeffizienten
c n ¼ 1T�ðT0
y ðtÞ � e� j nw 0 t dt ¼ 1T�ðT0
y 0
Tt � e� j nw 0 t dt ¼ y 0
T 2�ðT0
t � e� j nw 0 t dt
Bei der Berechnung der Koeffizienten m�ssen die F�lle n ¼ 0 und n 6¼ 0 unterschieden werden.
n ¼ 0
c 0 ¼ y 0T 2�ðT0
t � e0 dt ¼ y 0
T 2�ðT0
t dt ¼ y 0
T 2
12
t 2 � T
0¼ y 0
T 2� 12
T 2 ¼ y 02
n 6¼ 0 (Integral Nr. 313; w 0 T ¼ 2p; cos ðn 2pÞ ¼ 1; sin ðn 2pÞ ¼ 0; j 2 ¼ � 1)
c n ¼ y 0
T 2�ðT0
t � e� j nw 0 t dt ¼ y 0T 2
� j nw 0 t � 1
j 2 n 2 w 20
� e� j nw 0 t
" #T
0
¼
¼ y 0T 2
�ðj nw 0 t þ 1Þ� n 2 w 2
0
� e� j nw 0 t
� T
0
¼ y 0
n 2 w 20 T
2
hð j nw 0 t þ 1Þ � e� j nw 0 t
iT0¼
¼ y 0
n 2 ðw 0 T|ffl{zffl}2p
Þ 2 ½ ð j nw 0 T þ 1Þ � e� j nw 0 T � e0 ¼
¼ y 0
4p 2 n 2½ ð j n 2p þ 1Þ � e� j n 2p � 1
Unter Verwendung der Eulerschen Formel e� jj ¼ cos j þ j � sin j mit j ¼ n 2p gilt
e� j n 2p ¼ cos ðn 2pÞ|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}1
þ j � sin ðn 2pÞ|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}0
¼ 1
und somit
cn ¼ y 0
4p 2 n 2½ ð j n 2p þ 1Þ � e� j n 2p � 1 ¼ y 0
4p 2 n 2½ ð j n 2p þ 1Þ � 1 � 1 ¼
¼ y 0
4p 2 n 2ð j n 2p þ 1 � 1Þ ¼ y 0
4p 2 n 2� j n 2p ¼ j
y 02p n
¼ jy 0
2p� 1n
V Taylor- und Fourier-Reihen 201
Damit erhalten wir f�r die Kippschwingung die folgende Fourier-Zerlegung in komplexerForm (zun�chst wird die Fourier-Reihe in Teilsummen zerlegt):
y ðtÞ ¼X1
n¼�1c n � e j nw 0 t ¼
X�1n¼� 1
c n � e j nw 0 t þ c 0 � e j 0w 0 t|fflffl{zfflffl}e 0 ¼ 1
þX1n¼ 1
c n � e j nw 0 t ¼
¼X1n¼ 1
c� n � e� j nw 0 t þ c 0 þX1n¼ 1
cn � e j nw 0 t ¼
¼ c 0 þX1n¼ 1
ðcn � e j nw 0 t þ c� n � e� j nw 0 tÞ ¼
¼ c 0 þX1n¼ 1
ðcn � e j nw 0 t � cn � e� j nw 0 tÞ ¼
¼ c 0 þX1n¼ 1
cn ðe j nw 0 t � e� j nw 0 tÞ ¼ y 0
2þ j
y 02p�Xnn¼ 1
1n� ðe j nw 0 t � e� j nw 0 tÞ
Dabei haben wir beachtet, dass in diesem konkreten Fall c� n ¼ � cn gilt. Denn ersetzenwir in dem Formelausdruck f�r den Fourierkoeffizienten c n formal n durch � n, so trittein Vorzeichenwechsel ein:
cn ¼ jy 0
2p n�����!n!� n
c� n ¼ jy 0
2p ð� nÞ ¼ � jy 0
2p n¼ � cn
�bergang von der komplexen in die reelle Form
Wir verwenden den Zusammenhang zwischen der (reellen) Sinusfunktion und der komplexenExponentialfunktion (siehe Formelsammlung, Abschnitt VIII.7.3.2):
sin x ¼ e j x � e� j x
2 j) e j x � e� j x ¼ 2 j � sin x
Mit x ¼ nw 0 t folgt dann aus der komplexen Fourier-Reihe die gew�nschte reelle Reihe:
y ðtÞ ¼ y 0
2þ j
y 02p�X1n¼ 1
1n� ðe j nw 0 t � e� j nw 0 t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
2 j � sin ðnw 0 tÞÞ ¼
¼ y 0
2þ j
y 0
2p�X1n¼ 1
1n� 2 j � sin ðnw 0 tÞ ¼ y 0
2þ j
y 0
2p� 2 j �
X1n¼ 1
1n� sin ðnw 0 tÞ ¼
¼ y 0
2þ j 2
y 0
p�X1n¼ 1
1n� sin ðnw 0 tÞ ¼ y 0
2� y 0
p�X1n¼ 1
1n� sin ðnw 0 tÞ
V Taylor- und Fourier-Reihen202
VI Komplexe Zahlen und Funktionen
Beispiel 1: Resonanz im Parallelschwingkreis
Komplexe Rechnung
Der in Bild VI-1 skizzierte Parallelschwingkreismit dem ohmschen Widerstand R ¼ 10W, derInduktivit�t L ¼ 0,2 H und der Kapazit�tC ¼ 10 mF wird durch eine Wechselstromquellemit dem Effektivwert I ¼ 10 A und der varia-blen Kreisfrequenz w zu elektromagnetischenSchwingungen angeregt.
a) Bei welcher Kreisfrequenz w 0 tritt der Reso-nanzfall ein? Wie groß ist dann der komplexeGesamtwiderstand Z?
b) Welche Spannung U liegt dann an den dreiSchaltelementen R, L und C?
c) In welchem Verh�ltnis zueinander stehen danndie Str�me I C und I L? Wie groß sind diese?
L�sungshinweis: Im Resonanzfall sind Gesamtstrom I und angelegte Spannung U in Phase.
Lehrbuch: Bd. 1, VII.2 Physikalische Grundlagen: A13, A50, A52, A53
L�sung:a) Im Resonanzfall sind Gesamtstrom I und Spannung U phasengleich. Dies aber kann
nach dem ohmschen Gesetz [ A52 ] in der Form I ¼ Y � U nur dann eintreten, wenn derkomplexe Leitwert Y der Gesamtschaltung reell ist, d. h. einen verschwindenden Imagi-n�rteil besitzt: Im ðYÞ ¼ 0. Nach den Kirchhoffschen Regeln [ A13 ] addieren sich beieiner Parallelschaltung die Einzelleitwerte [ A53 ] zum Gesamtleitwert. Daher gilt
Y ¼ Y R þ Y C þ Y L ¼1Rþ j wC � j
1wL¼ 1
Rþ j wC � 1
w L
� �|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}Im ðYÞ
und im Resonanzfall somit
Im ðYÞ ¼ w 0 C � 1w 0 L
¼ 0 oder w 20 ¼
1LC
203
I
t = 0
S
CL R
IL IC
IR
I
Bild VI-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_6
Die Resonanzkreisfrequenz betr�gt demnach f�r die vorgegebenen Werte von L und C :
w 0 ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiLCp ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
0,2 H � 10 � 10� 6 Fq ¼ 707,11 s� 1 ð1 mF ¼ 10� 6 FÞ
Leitwert Y und Gesamtwiderstand Z sind dann reelle Gr�ßen mit den folgenden Werten:
Y ¼ 1R¼ 1
10W¼ 0,1 S , Z ¼ 1
Y¼ R ¼ 10W ðS ¼ Siemens ¼ 1=WÞ
b) An allen drei Schaltelementen R, L und C liegt die gleiche Spannung U (Parallel-schaltung). Sie betr�gt nach dem ohmschen Gesetz [ A52 ]:
U ¼ Z � I ¼ 10W � 10 A ¼ 100 V
(U und I sind phasengleich; wir setzen j u ¼ j i ¼ 0.)
c) An den Schaltelementen R, L und C liegt jeweils die gleiche Spannung U. Im Reso-nanzfall erhalten wir f�r die durch Induktivit�t L bzw. Kapazit�t C fließenden Str�menach dem ohmschen Gesetz [ A52 ]:
I L ¼ Y L � U ¼ � j1
w 0 LU ¼ � j
Uw 0 L
I C ¼ Y C � U ¼ jw 0 CU
Ihre Summe aber verschwindet, da im Resonanzfall Im ðYÞ ¼ 0 ist:
I C þ I L ¼ jw 0 CU � jUw 0 L
¼ j w 0 C � 1w 0 L
� �U ¼ 0|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
Im ðYÞ ¼ 0
Somit ist I L ¼ � I C, d. h. die Str�me sind entgegengesetzt gleich groß (gleiche Betr�-ge, Phasendifferenz ¼ 180�). Sie werden durch die folgenden Gleichungen beschrieben:
I C ¼ jw 0 CU ¼ j � 707,11 s� 1 � 10 � 10� 6 F � 100 V ¼ j � 0,707 A ¼ 0,707 A � e j 90�
I L ¼ � I C ¼ � j � 0,707 A ¼ 0,707 A � e j 270� ¼ 0,707 A � e� j 90�
Die beiden Str�me haben somit den Effektivwert
IC ¼ I L ¼ 0,707 A :
Beispiel 2: Ohmscher Spannungsteiler
Komplexe Rechnung
Der in Bild VI-2 dargestellte ohmsche Spannungsteiler enth�lt die ohmschen Teilwiderst�ndeR 1 ¼ 400W und R 2 ¼ 100W sowie eine Wechselspannungsquelle mit dem EffektivwertU ¼ 220 V und der Frequenz f ¼ 50 Hz.
VI Komplexe Zahlen und Funktionen204
Berechnen Sie die am TeilwiderstandR 2 abfallende Spannung U 2
a) im unbelasteten Zustand,
b) im belasteten Zustand nach demZuschalten eines Kondensators mitder Kapazit�t C ¼ 20 mF.
1 mF ¼ 10� 6 F
S ¼ Siemens ¼ 1=W
Lehrbuch: Bd. 1, VII.2 Physikalische Grundlagen: A13, A53
L�sung:Der Spannungsabfall an einem Teilwiderstand ist diesem direkt proportional.
a) Im unbelasteten Zustand gilt die Proportion U 2 : U ¼ R 2 : ðR 1 þ R 2Þ. Daher f�llt amTeilwiderstand R 2 die Spannung
U 2 ¼R 2
R 1 þ R 2U ¼ 100W
400W þ 100W� 220 V ¼ 44 V
ab. U 2 und U sind dabei phasengleich (es sind nur ohmsche Widerst�nde vorhanden).
b) Durch Zuschalten des Kondensators entsteht eine Parallelschaltung aus R 2 und C mitdem komplexen Leitwert [ A13, A53 ]
Y 2 ¼ Y R 2þ Y C ¼
1R 2þ j wC ¼ 1
R 2þ j ð2p f Þ C ¼
¼ 1100W
þ j � 2p � 50 Hz � 20 � 10� 6 F ¼ ð0,01 þ j � 0,0063Þ S
Darstellung in der Exponentialform Y 2 ¼ Y 2 � e jj :
Y 2 ¼ j Y 2 j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi0,012 þ 0,00632
pS ¼ 0,0118 S
tan j ¼ 0,0063 S0,01 S
¼ 0,63 ) j ¼ arctan 0,63 ¼ 32,21�
Y 2 ¼ Y 2 � e jj ¼ 0,0118 S � e j 32,21�
Der komplexe Widerstand betr�gt somit:
Z 2 ¼1Y 2¼ 1
0,0118 S � e j 32,2� ¼ 84,75W � e� j 32,2� ¼
¼ 84,75W ½ cos ð� 32,2�Þ þ j � sin ð� 32,2�Þ ¼ 71,71W � j � 45,16W
U
t = 0
SCR2
R1
U2
Zuschalten derKapazität C
Bild VI-2
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 205
Damit besitzt die Schaltung den folgenden komplexen Gesamtwiderstand [ A13 ]:
Z g ¼ R 1 þ Z 2 ¼ 400W þ 71,71W � j � 45,16W ¼ 471,71W � j � 45,16W
Komplexer Gesamtwiderstand in der Exponentialdarstellung Z g ¼ Z g � e jj :
Zg ¼ j Z g j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi471,712 þ ð� 45,16Þ 2
qW ¼ 473,87W
tan j ¼ � 45,16W471,71W
¼ � 0,0957 ) j ¼ arctan ð� 0,0957Þ ¼ � 5,5�
Z g ¼ Zg � e jj ¼ 473,87W � e� j 5,5�
Der Spannungsabfall U 02 bei kapazitiver Belastung wird aus der ProportionU 02 : U ¼ Z 2 : Z g berechnet. Wir erhalten jetzt
U 02 ¼Z 2
Z gU ¼ 84,75W � e� j 32,2�
473,87W � e� j 5,5� � 220 V ¼ 39,35 V � e� j 26,7�
Am ohmschen Widerstand R 2 f�llt somit eine Wechselspannung mit dem EffektivwertU 02 ¼ 39,35 V ab, die der angelegten Wechselspannung in der Phase um 26,7� nacheilt.
Beispiel 3: Berechnung des komplexen Widerstandes eines Netzwerkes
Komplexe Rechnung
Das in Bild VI-3 skizzierte elektrische Netzwerk mit den ohmschen Widerst�ndenR 1 ¼ 100W, R 2 ¼ 50W und R 3 ¼ 100W, den Kapazit�ten C 1 ¼ 20 mF undC 3 ¼ 10 mF und der Induktivit�t L 2 ¼ 0,1 H wird von einem Wechselstrom der Kreisfre-quenz w ¼ 500 s� 1 durchflossen. Berechnen Sie den komplexen Widerstand Z diesesNetzwerkes. Wie groß sind Wirkwiderstand R und Blindwiderstand X?
1 mF ¼ 10� 6 F
Lehrbuch: Bd. 1, VII.2 Physikalische Grundlagen: A13, A53
C1
C3
R2
R3
L2
R1
Bild VI-3
VI Komplexe Zahlen und Funktionen206
L�sung:Bild VI-4 verdeutlicht die einzelnen Schritte zur Berechnung des Gesamtwechselstromwider-standes (komplexen Widerstandes) Z.
1. Schritt (Bild VI-4a))
Nach den Gesetzen der Reihenschaltung [ A13 ] addieren sich in jedem der drei Zweige dieTeilwiderst�nde zum jeweiligen Gesamtwiderstand:
Z 1 ¼ R 1 � j1
wC 1¼ 100W � j
1500 s� 1 � 20 � 10� 6 F
¼
¼ 100W � j � 100W ¼ ð100 � 100 jÞWZ 2 ¼ R 2 þ j w L 2 ¼ 50W þ j � 500 s� 1 � 0,1 H ¼ 50W þ j � 50W ¼ ð50 þ 50 jÞ �
Z 3 ¼ R 3 � j1
wC 3¼ 100W � j
1500 s� 1 � 10 � 10� 6 F
¼
¼ 100W � j � 200W ¼ ð100 � 200 jÞW2. Schritt (Bild VI-4b))
Bei der Parallelschaltung [ A13 ] addieren sich die Kehrwerte der beiden Einzelwiderst�ndeZ 2 und Z 3 zum Kehrwert des Gesamtwiderstandes Z 2 3 :
1Z 2 3
¼ 1Z 2þ 1
Z 3¼ Z 2 þ Z 3
Z 2 � Z 3) Z 2 3 ¼
Z 2 � Z 3
Z 2 þ Z 3
Z 2 3 ¼ð50 þ 50 jÞW � ð100 � 200 jÞWð50 þ 50 jÞW þ ð100 � 200 jÞW ¼
50 ð1 þ jÞ � 100 ð1 � 2 jÞ150 � 150 j
W ¼
¼ 50 � 100 ð1 � 2 j þ j þ 2 Þ150 ð1 � jÞ W ¼ 100 ð3 � jÞ
3 ð1 � jÞ W ¼100 ð3 � jÞ ð1 þ jÞ3 ð1 � jÞ ð1 þ jÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
3: Binom
W ¼
¼ 100 ð3 þ 3 j � j þ 1Þ3 ð12 � j 2Þ W ¼ 100 ð4 þ 2 jÞ
3 ð1 þ 1Þ W ¼ 100 ð4 þ 2 jÞ6
W ¼
¼ 503ð4 þ 2 jÞW ¼ 200
3þ 100
3j
� �W
Z3
Z2
Z1 Z1
Z
Z23
a)b)
c)
Bild VI-4
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 207
3. Schritt (Bild VI-4c))
Die Widerst�nde Z 1 und Z 2 3 sind in Reihe geschaltet und werden daher addiert. Somit istder komplexe Gesamtwiderstand des Netzwerkes [A13 ]
Z ¼ Z 1 þ Z 2 3 ¼ ð100 � 100 jÞW þ 2003þ 100
3j
� �W ¼
¼ 100 þ 2003
� �W þ � 100 j þ 100
3j
� �W ¼ 500
3W � 200
3jW ¼
¼ 5003� 200
3j
� �W ¼ ð166,67 � 66,67 jÞW
Der Wirkwiderstand betr�gt R ¼ Re ðZÞ ¼ 166,67W, der Blindwiderstand X ¼ Im ðZÞ¼ � 66,67W. Der Betrag des komplexen Widerstandes, kurz auch als Scheinwiderstand be-zeichnet, ist
Z ¼ j Z j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ X 2
p¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi166,672 þ ð� 66,67Þ 2
qW ¼ 179,51W
Beispiel 4: Wechselstrommessbr�cke
Komplexe Rechnung
Mit der in Bild VI-5 dargestellten Br�ckenschaltung l�sst sich ein unbekannter komplexerWiderstand Z 1 ¼ Z x wie folgt bestimmen: Bei vorgegebenen (komplexen) Widerst�ndenZ 2 und Z 3 wird der stetig ver�nderbare komplexe Widerstand Z 4 so eingestellt, dass derBr�ckenzweig A–B stromlos wird. Das in die Br�cke geschaltete Wechselstromamperemetermit dem (bekannten) Innenwiderstand Z 5 dient dabei lediglich als Nullindikator.
a) Wie lautet die sog. Abgleichbedingung,d. h. die Bedingung f�r die Stromlosigkeitdes Br�ckenzweiges A–B?
b) In einem konkreten Fall haben die festenWiderst�nde Z 2 und Z 3 folgende Werte:
Z 2 ¼ 10W � j � 2W ,
Z 3 ¼ 8W þ j � 6WDie Br�cke A–B wird dabei genau dannstromlos, wenn der variable WiderstandZ 4 auf den Wert
Z 4 ¼ 5W þ j � 2Weingestellt wird. Welchen Wert besitzt dannder (zun�chst noch unbekannte) Wider-stand Z x?
t = 0
S
U
Z3
Z5
Z2
I5
I4I
I2
II
I
I1
I3
I3
I
Z = Z1 x
Z (variabel)4
AA B
Brücke
Bild VI-5
VI Komplexe Zahlen und Funktionen208
L�sungshinweis: Wenden Sie die Maschenregel [ A32 ] auf die beiden eingezeichneten Ma-schen (I) und (II) an und setzen Sie anschließend I 5 ¼ 0.
Lehrbuch: Bd. 1, VII.2 Physikalische Grundlagen: A32, A52
L�sung:a) Wir nehmen zun�chst an, dass durch das Amperemeter der Strom I 5 fließt. F�r die ein-
gezeichneten Maschen (I) und (II) gilt dann nach der Maschenregel [ A32 ] unter Beach-tung der im Bild vorgegebenen Umlaufsrichtungen
(I) Z 1 � I 1 þ Z 5 � I 5 � Z 3 � I 3 ¼ 0
(II) Z 2 � I 2 � Z 4 � I 4 � Z 5 � I 5 ¼ 0
Der Abgleich, d. h. die Einstellung des variablen komplexen Widerstandes Z 4 erfolgt nunso, dass I 5 ¼ 0 wird (stromloser Br�ckenzweig). In diesem Fall ist
I 2 ¼ I 1 und I 4 ¼ I 3
und die Maschengleichungen lauten jetzt
(I) Z 1 � I 1 � Z 3 � I 3 ¼ 0 oder Z 1 � I 1 ¼ Z 3 � I 3(II) Z 2 � I 1 � Z 4 � I 3 ¼ 0 oder Z 2 � I 1 ¼ Z 4 � I 3
Wir dividieren nun seitenweise die obere Gleichung (I) durch die untere Gleichung (II):
Z 1 � I 1Z 2 � I 1
¼ Z 3 � I 3Z 4 � I 3
) Z 1
Z 2¼ Z 3
Z 4oder Z 1 � Z 4 ¼ Z 2 � Z 3
Aus dieser Abgleichbedingung erhalten wir f�r den unbekannten Widerstand Z 1 ¼ Z x :
Z x � Z 4 ¼ Z 2 � Z 3 ) Z x ¼Z 2 � Z 3
Z 4
Liegen die Widerst�nde in der Exponentialform Z i ¼ jZ i j � e jj i vor ði ¼ 2, 3, 4Þ, solautet die L�sung der gestellten Aufgabe wie folgt:
Z x ¼ j Z x j � e jj x ¼ j Z 2 j � e jj 2 � j Z 3 j � e jj 3
jZ 4 j � e jj 4¼ jZ 2 j � j Z 3 j
j Z 4 j� e j ðj 2 þj 3 �j 4Þ
b) Wir stellen die Widerst�nde Z 2, Z 3 und Z 4 zun�chst in der Exponentialform dar:
Z 2 ¼ 10W � j � 2W ¼ Z 2 � e jj 2
Z 2 ¼ j Z 2 j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi102 þ ð� 2Þ 2
qW ¼ 10,198W
tan j 2 ¼� 2W10W
¼ � 0,2 ) j 2 ¼ arctan ð� 0,2Þ ¼ � 11,31�
Z 2 ¼ 10W � j � 2W ¼ Z 2 � e jj 2 ¼ 10,198W � e� j 11,31�
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 209
Analog erh�lt man f�r die beiden �brigen Widerst�nde:
Z 3 ¼ 8W þ j � 6W ¼ 10W � e j 36,87�
Z 4 ¼ 5W þ j � 2W ¼ 5,385W � e j 21,80�
Der gesuchte komplexe Widerstand Z x besitzt damit nach der Abgleichbedingung denfolgenden Wert:
Z x ¼Z 2 � Z 3
Z 4¼ ð10,198W � e
� j 11,31� Þ � ð10W � e j 36,87� Þ5,385W � e j 21,80� ¼
¼ 10,198W � 10W5,385W
� e j ð� 11,31� þ 36,87� � 21,80�Þ ¼ 18,938W � e j 3,76� ¼
¼ 18,938W ðcos 3,76� þ j � sin 3,76�Þ ¼ ð18,897 þ j � 1,242ÞW �� 18,90W þ j � 1,24W
Beispiel 5: Wechselstromparadoxon
Komplexe Rechnung
Der in Bild VI-6 dargestellte Wechsel-stromkreis enth�lt die ohmschen Wider-st�nde R und Rx und einen zu Rx paral-lel geschalteten Kondensator mit derKapazit�t C. Beim Anlegen einer Wech-selspannung U mit der Kreisfrequenz wfließt der Gesamtstrom I , dessenEffektivwert I durch das zugeschalteteWechselstrommessger�t �A gemessenwird 1). Zeigen Sie: Der ohmsche Wider-stand Rx l�sst sich so w�hlen, dass dieStromanzeige unabh�ngig ist von derStellung des Schalters S (geschlossenoder offen; sog. Wechselstromparadoxon).
Lehrbuch: Bd. 1, VII.2 Physikalische Grundlagen: A13, A52, A53
C
S
U
I2I1I
I
I
AR
Rx
Bild VI-6
1) Der Innenwiderstand R i des Ger�tes ist im Widerstand R bereits enthalten.
VI Komplexe Zahlen und Funktionen210
L�sung:Die an den Schaltkreis angelegte Wechselspannung U ist unabh�ngig davon, ob der SchalterS offen oder geschlossen ist. Daher gilt nach dem ohmschen Gesetz [ A52 ]
U ¼ Z � I ¼ Z 0 � I 0 ¼ constant
Dabei sind Z und I der komplexe Gesamtwiderstand bzw. der komplexe Gesamtstrom beioffenem Schalter, Z 0 und I 0 die entsprechenden Gr�ßen bei geschlossenem Schalter. DasWechselstrommessger�t zeigt den Effektivwert der Stromst�rke an. Somit muss, falls dasWechselstromparadoxon existiert, I ¼ I 0 sein, d. h. der Betrag (Effektivwert) der Gesamt-stromst�rke muss dann von der Schalterstellung unabh�ngig sein. Dies aber ist bei konstanterWechselspannung nur m�glich, wenn sich der Betrag des komplexen Gesamtwiderstandesebenfalls nicht �ndert. Die gesuchte Bedingung lautet somit:
jZ 0 j ¼ j Z j oder j Z 0 j 2 ¼ j Z j 2
Wir berechnen nun f�r beide Schalterstellungen den jeweiligen komplexen Gesamtwiderstand.
(1) Offener Schalter
R und C sind in Reihe geschaltet, die Einzelwiderst�nde addieren sich. Der komplexe Gesamt-widerstand betr�gt daher [ Al3, A53 ]:
Z ¼ R � j1wC
¼ wC R � jwC
Sein Betrag ist
jZ j ¼ wC R � jwC
¼ jwC R � j jjwC j ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðwC RÞ 2 þ ð� 1Þ 2
qwC
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2 C 2 R 2 þ 1
qwC
(2) Geschlossener Schalter
Wir berechnen zun�chst den komplexen Leitwert Y p und daraus den komplexen WiderstandZ p der Parallelschaltung aus Rx und C. Es ist
Y p ¼ Y Rxþ Y C ¼
1Rxþ j wC ¼ 1 þ jwC Rx
Rx
(bei Parallelschaltung [ A13 ] addieren sich die einzelnen Leitwerte zum Gesamtleitwert[ A53 ]):
Z p ¼1Y p¼ Rx
1 þ jwC Rx
Dieser Widerstand ist mit R in Reihe geschaltet, die Widerst�nde addieren sich daher. Somitbetr�gt der komplexe Gesamtwiderstand bei geschlossenem Schalter [ A13 ]
Z 0 ¼ R þ Z p ¼ R þ Rx
1 þ jwC Rx¼ R ð1 þ jwC RxÞ þ Rx
1 þ jwC Rx¼
¼ R þ jwC RRx þ Rx
1 þ jwC Rx¼ ðR þ RxÞ þ jwC RRx
1 þ jwC Rx
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 211
Sein Betrag ist
j Z 0 j ¼ ðR þ RxÞ þ jwC RRx
1 þ jwC Rx
¼ j ðR þ RxÞ þ jwC RRx jj 1 þ jwC Rx j ¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðR þ RxÞ 2 þ ðwC RRxÞ 2
qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwC RxÞ 2
q ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðR þ RxÞ 2 þ w 2 C 2 R 2 R 2
x
1 þ w 2 C 2 R 2x
s
(3) Bestimmung des Widerstandes Rx
Aus der Bedingung jZ 0 j ¼ j Z j und somit j Z 0 j 2 ¼ j Z j 2 folgt dann:
ðR þ RxÞ 2 þ w 2 C 2 R 2 R 2x
1 þ w 2 C 2 R 2x
¼ w 2 C 2 R 2 þ 1w 2 C 2
w 2 C 2 ½ ðR þ RxÞ 2 þ w 2 C 2 R 2 R 2x ¼ ð1 þ w 2 C 2 R 2
xÞ ðw 2 C 2 R 2 þ 1Þ
w 2 C 2 ðR þ RxÞ 2 þ w 4 C 4 R 2 R 2x ¼ w 2 C 2 R 2 þ 1 þ w 4 C 4 R 2 R 2
x þ w 2 C 2 R 2x
w 2 C 2 ðR þ RxÞ 2 ¼ w 2 C 2 R 2 þ 1 þ w 2 C 2 R 2x
w 2 C 2 ðR þ RxÞ 2 � w 2 C 2 R 2 � w 2 C 2 R 2x ¼ 1
w 2 C 2 ½ ðR þ RxÞ 2 � R 2 � R 2x ¼ w 2 C 2 ðR 2 þ 2RRx þ R 2
x � R 2 � R 2xÞ ¼ 1
w 2 C 2 � 2RRx ¼ 2w 2 C 2 RRx ¼ 1 ) Rx ¼ 12w 2 C 2 R
Bei dieser Wahl des ohmschen Widerstandes Rx zeigt das Wechselstrommessger�t bei offe-nem und geschlossenem Schalter jeweils denselben Effektivwert des Gesamtstromes an. DieStr�me bei offenem bzw. geschlossenem Schalter unterscheiden sich dann lediglich in ihremPhasenwinkel!
Beispiel 6: Komplexer Wechselstromkreis
Komplexe Rechnung
Der in Bild VI-7 dargestellte Wechselstromkreis mit den ohmschen Widerst�nden R 1 ¼ 4Wund R 2 ¼ 6W sowie den Induktivit�ten L 2 ¼ 20 mH und L 3 ¼ 60 mH wird durch eineWechselspannung U mit dem Effektivwert U ¼ 10 V und der Kreisfrequenz w ¼ 100 s� 1
gespeist. Berechnen Sie
a) den komplexen Gesamtwiderstand Z der Schaltung,
b) die Effektivwerte s�mtlicher Str�me und Teilspannungen,
c) die komplexe Scheinleistung S sowie Wirkleistung P und Blindleistung Q.
VI Komplexe Zahlen und Funktionen212
Lehrbuch: Bd. 1, VII.2 Physikalische Grundlagen: A13, A52, A53, A54
L�sung:a) Bild VI-8 verdeutlicht die einzelnen Schritte zur Berechnung des komplexen Gesamtwider-
standes Z der Gesamtschaltung.
1. Schritt (Bild VI-8a)) [ A13, A53 ]: R 2 und L 2 sind in Reihe geschaltet, die Wider-st�nde addieren sich also zum Ersatzwiderstand Z 2.
Z 1 ¼ R 1 ¼ 4W
Z 2 ¼ R 2 þ jw L 2 ¼ 6W þ j � 100 s� 1 � 0,02 H ¼ 6W þ j � 2W ¼ ð6 þ 2 jÞW
Z 2 ¼ j Z 2 j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi62 þ 22
pW ¼ 6,325W
tan j ¼ 2W6W¼ 0,3333 ) j ¼ arctan 0,3333 ¼ 18,43�
Z 2 ¼ ð6 þ 2 jÞW ¼ Z 2 � e jj ¼ 6,325W � e j 18,43�
Z 3 ¼ jw L 3 ¼ j � 100 s� 1 � 0,06 H ¼ j � 6W ¼ 6W � e j 90�
L3
R2I2
I3II
L2
R1
U1
U23
U
S
t = 0
Bild VI-7
Z3
Z2
Z1 Z1
Z
Z23
a)b)
c)
Bild VI-8
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 213
2. Schritt (Bild VI-8b)) [ A13 ]: Z 2 und Z 3 sind parallel geschaltet, sie werden zumErsatzwiderstand Z 2 3 zusammengefasst (die Kehrwerte der Widerst�nde addieren sichzum Kehrwert von Z 2 3).
1Z 2 3
¼ 1Z 2þ 1
Z 3¼ Z 2 þ Z 3
Z 2 � Z 3) Z 2 3 ¼
Z 2 � Z 3
Z 2 þ Z 3
Z 2 þ Z 3 ¼ ð6 þ 2 jÞW þ j � 6W ¼ ð6 þ 8 jÞW
jZ 2 þ Z 3 j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi62 þ 82
pW ¼ 10W
tan j ¼ 8W6W¼ 1,3333 ) j ¼ arctan 1,3333 ¼ 53,13�
Z 2 þ Z 3 ¼ ð6 þ 8 jÞW ¼ j Z 2 þ Z 3 j � e jj ¼ 10W � e j 53,13�
Z 2 3 ¼Z 2 � Z 3
Z 2 þ Z 3¼ 6,325W � e j 18,43� � 6W � e j 90�
10W � e j 53,13� ¼
¼ 6,325W � 6W10W
� e j ð18,43� þ 90� � 53,13�Þ ¼ 3,795W � e j 55,30� ¼
¼ 3,795W ðcos 55,30� þ j � sin 55,30�Þ ¼ ð2,160 þ 3,120 jÞW3. Schritt (Bild VI-8c)) [ A13 ]: Z 1 þ Z 2 3 sind in Reihe geschaltet, sie addieren sich zu Z.
Z ¼ Z 1 þ Z 2 3 ¼ R 1 þ Z 2 3 ¼ 4W þ ð2,160 þ 3,120 jÞW ¼¼ ð6,160 þ 3,120 jÞW
Z ¼ jZ j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi6,1602 þ 3,1202
pW ¼ 6,905W
tan j ¼ 3,120W6,160W
¼ 0,5065 ) j ¼ arctan 0,5065 ¼ 26,86�
Der gesuchte komplexe Gesamtwiderstand der Schaltung lautet somit:
Z ¼ ð6,160 þ 3,120 jÞW ¼ Z � e jj ¼ 6,905W � e j 26,86�
b) Wir berechnen zun�chst den Gesamtstrom I nach dem ohmschen Gesetz [ A52 ]:
I ¼ UZ¼ 10 V
6,905W � e j 26,86� ¼ 1,448 A � e� j 26,86�
F�r die Teilspannungen U 1 und U 2 3 folgt damit
U 1 ¼ R 1 � I ¼ 4W � 1,448 A � e� j 26,86� ¼ 5,792 V � e� j 26,86� ¼¼ 5,792 V ½ cos ð� 26,86�Þ þ j � sin ð� 26,86�Þ ¼ ð5,167 � 2,617 jÞ V
U 1 þ U 2 3 ¼ U (Kirchhoffsche Regeln [ A13 ]) )U 2 3 ¼ U � U 1 ¼ 10 V � ð5,167 � 2,617 jÞ V ¼ ð4,833 þ 2,617 jÞ V
VI Komplexe Zahlen und Funktionen214
U 2 3 ¼ jU 2 3 j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4,8332 þ 2,6172
pV ¼ 5,496 V
tan j ¼ 2,617 V4,833 V
¼ 0,5415 ) j ¼ arctan 0,5415 ¼ 28,43�
U 2 3 ¼ ð4,833 þ 2,617 jÞ V ¼ U 2 3 � e jj ¼ 5,496 V � e j 28,43�
Die Berechnung der Teilstr�me I 2 und I 3 erfolgt mit Hilfe des ohmschen Gesetzes[ A52 ]:
I 2 ¼U 2 3
Z 2¼ 5,496 V � e j 28,43�
6,325W � e j 18,43� ¼5,496 V6,325W
� e j ð28,43� � 18,43�Þ ¼ 0,869 A � e j 10�
I 3 ¼U 2 3
Z 3¼ 5,496 V � e j 28,43�
6W � e j 90� ¼ 5,496 V6W
� e j ð28,43� � 90�Þ ¼ 0,916 A � e� j 61,57�
Es ergeben sich somit f�r die Str�me und Teilspannungen folgende Effektivwerte :
I 2 ¼ 0,869 A , I 3 ¼ 0,916 A , I ¼ 1,448 A
U 1 ¼ 5,792 V , U 2 3 ¼ 5,496 V
c) Aus der Definitionsformel der komplexen Scheinleistung [ A54 ] folgt ð I * ist konjugiertkomplex zu IÞ :
S ¼ U � I * ¼ 10 V � 1,448 A � e j 26,86� ¼ 14,48 W � e j 26,86� ¼¼ 14,48 W ðcos 26,86� þ j � sin 26,86�Þ ¼ ð12,918 þ 6,542 jÞW
F�r Wirk- und Blindleistung ergeben sich daraus die Werte
P ¼ Re ðSÞ ¼ 12,918 W und Q ¼ Im ðSÞ ¼ 6,542 W
Beispiel 7: �berlagerung gleichfrequenter Schwingungen gleicherRaumrichtung
Komplexe Zeiger, Zeigerdiagramm
Durch ungest�rte Superposition der beiden gleichfrequenten mechanischen Schwingungengleicher Raumrichtung mit den Gleichungen
y 1 ¼ 8 cm � sin p s� 1 � t � p
4
� �und y 2 ¼ 10 cm � cos p s� 1 � t þ 2
3p
� �entsteht eine resultierende Schwingung der gleichen Frequenz. Bestimmen Sie AmplitudeA > 0 und Phasenwinkel j dieser in der Sinusform
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ A � sin ðp s� 1 � t þ jÞdarzustellenden Gesamtschwingung mit Hilfe der komplexen Rechnung.
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 215
Anmerkung: In Kapitel II, Beispiel 15 wird diese Aufgabe im reellen Zeigerdiagramm gel�st.
Lehrbuch: Bd. 1, VII.3.1.2
L�sung:Vor der Durchf�hrung der komplexen Rechnungm�ssen wir die Schwingung y 2 als Sinus-schwingung darstellen. Aus dem Zeigerdiagrammnach Bild VI-9 folgt unmittelbar:
y 2 ¼ 10 cm � cos p s� 1 � t þ 23p
� �¼
¼ 10 cm � sin p s� 1 � t þ 23p þ p
2
� �¼
¼ 10 cm � sin p s� 1 � t þ 76p
� �
Die Berechnung der Amplitude A und des Phasenwinkels j der resultierenden Schwingungerfolgt in drei Schritten.
(1) �bergang von der reellen Form zur komplexen Form
Den beiden Einzelschwingungen y 1 und y 2 sowie der resultierenden Schwingung y wer-den wie folgt komplexe Zeiger zugeordnet 2):
y 1 ! y1¼ 8 cm � e j w t� p
4ð Þ ¼ 8 cm � e� j p4
� �� e jw t ¼ A 1 � e jw t|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
A 1
y 2 ! y2¼ 10 cm � e j w tþ 7
6 p �
¼ 10 cm � e j 76 p� �
� e jw t ¼ A 2 � e jw t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A 2
y ! y ¼ A � e j ðw tþjÞ ¼ ðA � e jj|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}A
Þ � e jw t ¼ A � e jw t
Die komplexen Schwingungsamplituden der beiden Einzelschwingungen lauten somit:
A 1 ¼ 8 cm � e� j p4 ¼ 8 cm cos � p
4
� �þ j � sin � p
4
� �h i¼ 5,6569 cm � j � 5,6569 cm
A 2 ¼ 10 cm � e j 76 p ¼ 10 cm cos76p
� �þ j � sin 7
6p
� � �¼ � 8,6603 cm � j � 5 cm
Re(y)
Im(y)
10 cm · sin( s · t )p –1
10 cm · cos( s · t )p –1
y2
120°210°
Bild VI-9
2) Wir setzen vor�bergehend zur Abk�rzung w ¼ p s� 1.
VI Komplexe Zahlen und Funktionen216
(2) Addition der komplexen Amplituden
Die komplexen Einzelamplituden A 1und A 2 addieren sich geometrischnach der Parallelogrammregel zurkomplexen Amplitude A der resultie-renden Schwingung (Bild VI-10). Ausder Abbildung entnehmen wir f�r Am-plitude A und Phasenwinkel j diefolgenden Werte:
A � 11,1 cm , j � 254�
Die komplexe Rechnung ist naturge-m�ß wesentlich genauer. Wir erhaltenzun�chst f�r die resultierende komple-xe Amplitude A :
A ¼ A 1 þ A 2 ¼ ð5,6569 cm � j � 5,6569 cmÞ þ ð� 8,6603 cm � j � 5 cmÞ ¼¼ ð5,6569 � 8,6603Þ cm þ j ð� 5,6569 � 5Þ cm ¼ � 3,0034 cm � j � 10,6569 cm
Die Umrechnung der komplexen Amplitude A aus der kartesi-schen Form in die Exponentialform erfolgt am bequemsten an-hand von Bild VI-11 �ber den Satz des Pythagoras und denHilfswinkel a:
A ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3,00342 þ 10,65692
pcm ¼ 11,07 cm
tan a ¼ 3,0034 cm10,6569 cm
¼ 0,2818 )
a ¼ arctan 0,2818 ¼ 15,74�
j ¼ 270� � a ¼ 270� � 15,74� ¼ 254,26� ¼b 4,438
A ¼ A � e jj ¼ 11,07 cm � e j 4,438
Der komplexe Zeiger der resultierenden Schwingung lautet alsomit w ¼ p s� 1 :
y ¼ A � e jw t ¼ ð11,07 cm � e j 4,438Þ � e j ðp s� 1 � tÞ ¼ 11,07 cm � e j ðp s� 1 � tþ 4,438Þ
(3) R�cktransformation aus der komplexen Form in die reelle Form
Die reelle Form der resultierenden Sinusschwingung erhalten wir als Imagin�rteil des kom-plexen Zeigers:
y ¼ Im ð yÞ ¼ Im ð11,07 cm � e j ðp s� 1 � tþ 4,438ÞÞ ¼¼ Im ð11,07 cm ½ cos ðp s� 1 � t þ 4,438Þ þ j � sin ðp s� 1 � t þ 4,438Þ Þ ¼¼ 11,07 cm � sin ðp s� 1 � t þ 4,438Þ
30° 45°
A = 10 cm2A = 8 cm1
A 11,1 cm≈
f ≈ 254°
Re(z)
Im(z)
A1
A2
A = A + A1 2 Bild VI-10
Re (z)
Im (z)
f
aA
A
10,6569 cm
3,0034 cm
Bild VI-11
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 217
Beispiel 8: Leitwertortskurve einer RC-Parallelschaltung
Ortskurve einer parameterabh�ngigen komplexen Gr�ße
Die in Bild VI-12 dargestellte RC-Parallelschaltung be-steht aus einem ohmschen Widerstand mit dem festenWert R ¼ 10W und einem dazu parallel geschaltetenDrehkondensator, dessen Kapazit�t C sich stetig von0 mF bis zum Maximalwert 100 mF ver�ndern l�sst. Be-stimmen Sie die Leitwertortskurve Y ðCÞ dieser Schal-tung bei einer Kreisfrequenz von w ¼ 100 s� 1 und be-schriften Sie diese Kurve mit den zugeh�rigen Werten derKapazit�t C.
Lehrbuch: Bd. 1, VII.4.2 Physikalische Grundlagen: A13, A53
L�sung:Bei Parallelschaltung addieren sich die Einzelleitwerte zum Gesamtleitwert [ A13 ]. Die Glei-chung der Netzwerkfunktion Y ðCÞ lautet somit
Y ðCÞ ¼ 1Rþ jwC ¼ 1
10Wþ j � 100 s� 1 � C ¼ 0,1 S þ j � 100 s� 1 � C
ð0 mF C 100 mF; S ¼ Siemens ¼ 1=WÞDie Ortskurve des komplexen Leitwertes ist eineParallele zur imagin�ren Achse, die durch die bei-den Randpunkte mit den ParameterwertenC 1 ¼ 0 mF und C 2 ¼ 100 mF begrenzt wird(Bild VI-13). Die Ortsvektoren der beiden Rand-punkte lauten ðmit 1 mF ¼ 10� 6 FÞ :
Y 1 ¼ Y ðC 1 ¼ 0 mFÞ ¼ 0,1 S
Y 2 ¼ Y ðC 2 ¼ 100 mFÞ ¼¼ 0,1 S þ j � 100 s� 1 � 10� 4 F ¼¼ 0,1 S þ j � 10� 2 S ¼¼ ð0,1 þ 0,01 jÞ S
Die Beschriftung der Leitwertortskurve ist linear,da der Imagin�rteil von Y ðCÞ der Kapazit�t Cproportional ist.
R
C
Bild VI-12
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
0,01
0,005
Y(C)
Y2
Y10,1 Re(Y)
S
Im(Y)S
CFm
Bild VI-13
VI Komplexe Zahlen und Funktionen218
Beispiel 9: Widerstands- und Leitwertortskurve einerRL-Reihenschaltung
Ortskurven parameterabh�ngiger komplexer Gr�ßen
Eine Reihenschaltung aus dem ohmschen Widerstand R ¼ 2W und der lnduktivit�tL ¼ 2 mH liegt an einem Wechselspannungsgenerator, dessen Kreisfrequenz w im Bereichvon 0 s� 1 bis 1200 s� 1 stetig ver�nderbar ist (Bild VI-14).
Bestimmen Sie
a) die Widerstandsortskurve Z ðwÞ,b) die Leitwertortskurve Y ðwÞdieses Netzwerkes und beschriften Sie beide Kurvenmit den zugeh�rigen Werten der Kreisfrequenz w.
Lehrbuch: Bd. 1, VII.4.2 und VII.4.4 Physikalische Grundlagen: A13, A53
L�sung:a) Die Gleichung der Netzwerkfunktion Z ðwÞ lautet [ A13 ]:
Z ðwÞ ¼ R þ jwL ¼ 2W þ j � 0,002 H � w , 0 s� 1 w 1200 s� 1
Die zugeh�rige Widerstandsortskurve ist eine Parallele zur imagin�ren Achse, die durchdie beiden Randpunkte mit den Parameterwerten w 1 ¼ 0 s� 1 und w 2 ¼ 1200 s� 1 undden zugeh�rigen Ortsvektoren
Z 1 ¼ Z ðw 1 ¼ 0 s� 1Þ ¼ 2W
und
Z 2 ¼ Z ðw 2 ¼ 1200 s� 1Þ ¼¼ 2W þ j � 0,002 H � 1200 s� 1 ¼¼ 2W þ j � 2,4W
begrenzt wird.
Beschriftung derWiderstandsortskurve
Da der induktive Widerstand w L derKreisfrequenz w proportional ist, wirddie Gerade zwischen den beiden Rand-punkten w 1 ¼ 0 s� 1 und w 2 ¼1200 s� 1 linear geteilt (Bild VI-15).
R L
Bild VI-14
Z( )v
Z2
Z1 Re(Z)V
Im(Z)V
vs–1
2
1
1 2
1200
1100
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
Bild VI-15
VI Komplexe Zahlen und Funktionen 219
b) Die Leitwertortskurve erhalten wir durch Inversion der Widerstandsortskurve. Sie wirddurch die Gleichung
Y ðwÞ ¼ 1Z ðwÞ ¼
1R þ jwL
¼ R � jwLðR þ jwLÞ ðR � jw LÞ ¼
R � jwL
R 2 � ðjwLÞ 2 ¼
¼ R � jw L
R 2 � j 2 w 2 L 2¼ R � jw L
R 2 þ w 2 L 2¼ 2W � j � 0,002 H � w
4W 2 þ 4 � 10� 6 H2 � w 2
beschrieben (mit 0 s� 1 w 1200 s� 1). Der Nenner R þ jw L wurde dabei durchErweiterung des Bruches mit der konjugiert komplexen Zahl R � jw L reell gemacht. Inder zeichnerischen Darstellung erhalten wir nach den Inversionsregeln (siehe Band 1, Ab-schnitt VII.4.4.2) eine Ortskurve, die Teil eines Kreises ist, der durch den Nullpunkt gehtund dessen Mittelpunkt auf der reellen Achse liegt. Den Kreisdurchmesser bestimmen wirwie folgt: Zum kleinsten Wert des Widerstandes, der f�r w ¼ 0 s� 1 angenommen wird,geh�rt der gr�ßte Wert des Leitwertes:
Z min ¼ Z ðw ¼ 0 s� 1Þ ¼ 2W �! Y max ¼ Y ðw ¼ 0Þ ¼ 1Z min
¼ 12W¼ 0,5 S
ðS ¼ Siemens ¼ 1=WÞDieser Wert ist zugleich der gesuchte Kreisdurchmesser. Der Radius des Kreises betr�gtsomit r ¼ 0,25, der Mittelpunkt ist M ¼ ð0,25; 0Þ (siehe Bild VI-16).
Beschriftung der Leitwertortskurve
F�r jeden Wert des Parameters w gilt: Widerstandszeiger Z ðwÞ und LeitwertzeigerY ðwÞ liegen spiegelsymmetrisch bez�glich der reellen Achse (sie unterscheiden sichlediglich in ihrer L�nge). Die Beschriftung der Leitwertortskurve erhalten wir daher,indem wir zun�chst die Skalader Widerstandsortskurve ander reellen Achse spiegeln, dieSpiegelpunkte mit dem Ur-sprung geradlinig verbindenund dann diese Verbindungs-linien durch r�ckw�rtige Ver-l�ngerung mit der Leitwertorts-kurve zum Schnitt bringen(Bild VI-16).
Widerstandsortskurve Z( )v
Leitwertortskurve Y( )v
1200
1000
800
600
400
200
0
200
400
600
800
1200
2
1
0
– 0,125
– 0,25
0,125 0, 25 0,375 0,5 0
1 3 4
1200 1000800
600
400
200
vs–1
vs–1
Re(Y)S
Im(Y)S
Re(Z)V
Im(Z)V
Bild VI-16
VI Komplexe Zahlen und Funktionen220
VII Lineare Algebra
Beispiel 1: Widerstands- und Kettenmatrix eines linearen Vierpols
Matrix, Determinante einer Matrix
Die Vierpolgleichungen des in Bild VII-1 dargestellten linearen passiven Vierpols lauten inder sog. Widerstandsform
U 1
U 2
� �¼ Z 1 1 Z 1 2
Z 2 1 Z 2 2
� �� I 1
I 2
� �mit Z 2 1 ¼ Z 1 2|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
Widerstandsmatrix Z
U 1 : Eingangsspannung
I 1 : Eingangsstrom
U 2 : Ausgangsspannung
I 2 : Ausgangsstrom
a) Bestimmen Sie hieraus die sog. Kettenmatrix A, die die Abh�ngigkeit der Eingangs-gr�ßen U 1, I 1 von den Ausgangsgr�ßen U 2, I 2 beschreibt.
b) Welchen Wert besitzt die Determinante der Kettenmatrix A?
Lehrbuch: Bd. 2, I.2.2 und I.3.2 Physikalische Grundlagen: A47
L�sung:a) Die vorgegebenen Vierpolgleichungen lauten ausgeschrieben unter Ber�cksichtigung der
symmetrischen Widerstandsmatrix Z ðZ 2 1 ¼ Z 1 2Þ wie folgt:
U 1 ¼ Z 1 1 I 1 þ Z 1 2 I 2
U 2 ¼ Z 2 1 I 1 þ Z 2 2 I 2 ¼ Z 1 2 I 1 þ Z 2 2 I 2
Wir l�sen zun�chst die zweite Gleichung nach I 1 auf 1):
Z 1 2 I 1 ¼ U 2 � Z 2 2 I 2 ) I 1 ¼ 1Z 1 2
U 2 � Z 2 2
Z 1 2I 2 ¼ 1
Z 1 2U 2 þ Z 2 2
Z 1 2ð� I 2Þ
Dies ist bereits eine der beiden Vierpolgleichungen in der Kettenform.
221
U1
I1
U2
I2
Eingang AusgangBild VII-1
1) Definitionsgem�ß sind U 1 und I 1 Funktionen von U 2 und � I 2 [ A47 ].
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_7
Die zweite Gleichung erhalten wir durch Einsetzen dieser Beziehung in die erste Glei-chung der Widerstandsform:
U 1 ¼ Z 1 1 I 1 þ Z 1 2 I 2 ¼ Z 1 11
Z 1 2U 2 � Z 2 2
Z 1 2I 2
� �þ Z 1 2 I 2 ¼
¼ Z 1 1
Z 1 2U 2 � Z 1 1 Z 2 2
Z 1 2I 2 þ Z 1 2 I 2 ¼ Z 1 1
Z 1 2U 2 þ Z 1 2 � Z 1 1 Z 2 2
Z 1 2
� �I 2 ¼
¼ Z 1 1
Z 1 2U 2 þ Z 2
1 2 � Z 1 1 Z 2 2
Z 1 2I 2 ¼ Z 1 1
Z 1 2U 2 � Z 1 1 Z 2 2 � Z 2
1 2
Z 1 2I 2
Im Z�hler des letzten Bruches steht genau die Determinante der Widerstandsmatrix Z:
det Z ¼ Z 1 1 Z 1 2
Z 1 2 Z 2 2
¼ Z 1 1 Z 2 2 � Z 21 2
Somit gilt:
U 1 ¼ Z 1 1
Z 1 2U 2 � det Z
Z 1 2I 2 ¼ Z 1 1
Z 1 2U 2 þ det Z
Z 1 2ð� I 2Þ
Die Vierpolgleichungen in der Kettenform werden somit durch die Matrizengleichung
U 1
I 1
0B@1CA ¼
Z 1 1
Z 1 2
det ZZ 1 2
1Z 1 2
Z 2 2
Z 1 2
0BBB@1CCCA �
U 2
� I 2
0B@1CA
|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}Kettenmatrix A
beschrieben. Die Koeffizientenmatrix ist dabei definitionsgem�ß die gesuchte KettenmatrixA [ A47 ].
b) Es ist
det A ¼
Z 1 1
Z 1 2
det ZZ 1 2
1Z 1 2
Z 2 2
Z 1 2
¼1
Z 1 2� 1Z 1 2�
Z 1 1 det Z
1 Z 2 2
¼
1Z 21 2
ðZ 1 1 Z 2 2 � det ZÞ ¼
¼ Z 1 1 Z 2 2 � det ZZ 21 2
¼ Z 1 1 Z 2 2 � ðZ 1 1 Z 2 2 � Z 21 2Þ
Z 21 2
¼
¼ Z 1 1 Z 2 2 � Z 1 1 Z 2 2 þ Z 21 2
Z 21 2
¼ Z 21 2
Z 21 2
¼ 1
VII Lineare Algebra222
Beispiel 2: Vierpolgleichungen f�r ein symmetrisches T-Glied
Matrizenrechnung, inverse Matrix
Bild VII-2 zeigt einen Vierpol in Formeines symmetrisch ausgebildeten T-Glie-des mit den ohmschen Widerst�ndenR 1 ¼ 10W (zweimal) und R 2 ¼20W. Die Eingangsgr�ßen sind U 1
und I 1, die Ausgangsgr�ßen U 2
und I 2.
a) Bestimmen Sie Widerstandsmatrix Z, Leitwertmatrix Y und Kettenmatrix A diesesVierpols. Welchen Wert besitzt die Determinante der Kettenmatrix A?
b) Wie lauten die Spannungswerte U 1 und U 2 f�r I 1 ¼ 0,5 A und I 2 ¼ 2A?
c) Welche Str�me I 1 und I 2 fließen bei den Gleichspannungen U 1 ¼ 10 V undU 2 ¼ 5 V?
d) Die Ausgangsgr�ßen besitzen die Werte U 2 ¼ 10 V, I 2 ¼ 0,1 A. Welche Werte besitzendie zugeh�rigen Eingangsgr�ßen U 1 und I 1?
L�sungshinweis: Die Widerstandsform U ¼ Z � I des symmetrischen T-Gliedes erhalten Siedurch Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf die beiden in Bild VII-2 n�her gekennzeich-neten Maschen.
Lehrbuch: Bd. 2, I.3.2 und I.4.2 Physikalische Grundlagen: A32, A47
L�sung:a) Widerstandsmatrix Z
Die Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf die beiden eingezeichneten Maschen (I) und(II) f�hrt zu den folgenden Gleichungen:
(I) R 1 I 1 þ R 2 ðI 1 þ I 2Þ � U 1 ¼ 0
(II) �R 1 I 2 � R 2 ðI 1 þ I 2Þ þ U 2 ¼ 0
Durch Aufl�sen dieser Gleichungen nach den Gr�ßen U 1 und U 2 erhalten wir die ge-suchten Beziehungen. Sie lauten (sog. Widerstandsform des symmetrischen T-Gliedes):
U 1 ¼ R 1 I 1 þ R 2 ðI 1 þ I 2Þ ¼ R 1 I 1 þ R 2 I 1 þ R 2 I 2 ¼ ðR 1 þ R 2Þ I 1 þ R 2 I 2
U 2 ¼ R 1 I 2 þ R 2 ðI 1 þ I 2Þ ¼ R 1 I 2 þ R 2 I 1 þ R 2 I 2 ¼ R 2 I 1 þ ðR 1 þ R 2Þ I 2
I IIU1 U2
I1 I2R1 R1
R2
I + I1 2
Bild VII-2
VII Lineare Algebra 223
In der Matrizenform :
U 1
U 2
� �¼ R 1 þ R 2 R 2
R 2 R 1 þ R 2
� �� I 1
I 2
� �oder U ¼ Z � I|{z} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
Widerstandsmatrix Z|{z}
U I
F�r die symmetrische Widerstandsmatrix Z erhalten wir damit nach Einsetzen der Werte
Z ¼ R 1 þ R 2 R 2
R 2 R 1 þ R 2
� �¼ 10Wþ 20W 20W
20W 10Wþ 20W
� �¼ 30W 20W
20W 30W
� �Leitwertmatrix Y [ A47 ]
Die Leitwertmatrix Y ist die Inverse der Widerstandsmatrix Z:
Y ¼ Z� 1 ¼ 1det Z
� C 1 1 C 2 1
C 1 2 C 2 2
� �¼ 1
det Z� C 1 1 C 1 2
C 1 2 C 1 1
� �Dabei ist Ci k das algebraische Komplement des Widerstandselementes Z i k in det Zði, k ¼ 1, 2Þ. Aus Symmetriegr�nden ist hier Z 2 2 ¼ Z 1 1 und Z 2 1 ¼ Z 1 2 und somitC 2 2 ¼ C 1 1 und C 2 1 ¼ C 1 2. Die Berechnung der Gr�ßen det Z, C 1 1 und C 1 2 f�hrtdann zu den folgenden Werten:
det Z ¼ 30W 20W
20W 30W
¼ 30W � 30W � 20W � 20W ¼ ð900 � 400ÞW 2 ¼ 500W 2
C 1 1 ¼ ð� 1Þ 1þ 1 � 30W 20W20W 30W
¼ 30W ,
C 1 2 ¼ ð� 1Þ 1þ 2 � 30W 20W20W 30W
¼ � 20W
(die grau markierten Zeilen und Spalten in den beiden Determinanten werden gestrichen)
Die symmetrische Leitwertmatrix lautet damit
Y ¼ 1
500W 2 �30W � 20W
� 20W 30W
� �¼ 0,06 S � 0,04 S
� 0,04 S 0,06 S
� �ðS ¼ Siemens ¼ 1=WÞ
Kettenmatrix A [ A47 ]
Wir gehen von der Widerstandsform U ¼ Z � I und somit
U 1
U 2
� �¼ 30W 20W
20W 30W
� �I 1I 2
� �oder
U 1 ¼ 30W � I 1 þ 20W � I 2U 2 ¼ 20W � I 1 þ 30W � I 2
aus und l�sen die untere Gleichung nach I 1 auf:
I 1 ¼ U 2 � 30W � I 220W
¼ 120W
� U 2 � 30W20W
� I 2 ¼ 0,05 S � U 2 þ 1,5 � ð� I 2Þ
VII Lineare Algebra224
Dies ist bereits eine der beiden gesuchten Beziehungen in der Kettenform. Die zweite Glei-chung folgt durch Einsetzen dieser Beziehung in die obere Gleichung der Widerstands-form:
U 1 ¼ 30W � I 1 þ 20W � I 2 ¼ 30W ð0,05 S � U 2 � 1,5 � I 2Þ þ 20W � I 2 ¼¼ 1,5 � U 2 � 45W � I 2 þ 20W � I 2 ¼ 1,5 � U 2 þ 25W � ð� I 2Þ
Die Vierpolgleichungen des symmetrischen T-Gliedes lauten somit in der Kettenform 2)
U 1 ¼ 1,5 � U 2 þ 25W � ð� I 2ÞI 1 ¼ 0,05 S � U 2 þ 1,5 � ð� I 2Þ
oderU 1
I 1
!¼ 1,5 25W
0,05 S 1,5
!� U 2
� I 2
!
Die gesuchte Kettenmatrix A hat daher die folgende Gestalt:
A ¼ 1,5 25W
0,05 S 1,5
!
Ihre Determinante besitzt den Wert
det A ¼ 1,5 25W
0,05 S 1,5
¼ 1,5 � 1,5 � 0,05 S � 25W ¼ 2,25 � 1,25 ¼ 1
Die Kettenform lautet somit:
U 1
I 1
!¼ A � U 2
� I 2
!¼ 1,5 25W
0,05 S 1,5
!� U 2
� I 2
!
b) Aus der Widerstandsform U ¼ Z � I folgt durch Einsetzen der Stromwerte I 1 ¼ 0,5 Aund I 2 ¼ 2 A:
U 1
U 2
!¼ 30W 20W
20W 30W
!� 0,5 A
2 A
!¼ 30W � 0,5 A þ 20W � 2 A
20W � 0,5 A þ 30W � 2 A
!¼ 55 V
70 V
!
Somit ist U 1 ¼ 55 V und U 2 ¼ 70 V.
c) Durch Einsetzen der Spannungswerte U 1 ¼ 10 V und U 2 ¼ 5 V in die LeitwertformI ¼ Y � U [ A47 ] erhalten wir
I 1
I 2
!¼ 0,06 S � 0,04 S
� 0,04 S 0,06 S
!� 10 V
5 V
!¼ 0,06 S � 10 V � 0,04 S � 5 V
� 0,04 S � 10 V þ 0,06 S � 5 V
!¼
¼ 0,6 A � 0,2 A
� 0,4 A þ 0,3 A
� �¼ 0,4 A
� 0,1 A
!
Die Stromst�rken betragen somit I 1 ¼ 0,4 A und I 2 ¼ � 0,1 A.
2) U 1 und I 1 sind definitionsgem�ß Funktionen von U 2 und � I 2 [ A47 ].
VII Lineare Algebra 225
d) Aus der KettenformU 1
I 1
� �¼ A � U 2
� I 2
� �erhalten wir mit U 2 ¼ 10 V und
I 2 ¼ 0,1 A die gesuchten Eingangsgr�ßen U 1 und I 1 [ A47 ]:
U 1
I 1
� �¼ 1,5 25W
0,05 S 1,5
� �� 10 V
� 0,1 A
� �¼ 1,5 � 10 V þ 25W � ð� 0,1 AÞ
0,05 S � 10 V þ 1,5 � ð� 0,1 AÞ
� �¼
¼ 15 V � 2,5 V
0,5 A � 0,15 A
� �¼ 12,5 V
0,35 A
� �Die Eingangswerte lauten somit U 1 ¼ 12,5 V und I 1 ¼ 0,35 A.
Beispiel 3: Symmetrische p-Schaltung
Multiplikation von Matrizen
Die in Bild VII-3 dargestellte symmetrische p-Schaltung entsteht durch Kettenschaltung[ A48 ] eines p-Halbgliedes mit einem Querwiderstand.
a) Bestimmen Sie aus den vorgegebenen Ketten-matrizen A 1 und A 2 der beiden Einzelgliederdie Kettenmatrix A der Gesamtschaltung.
b) Die Ausgangsgr�ßen U 2 und I 2 besitzen dieWerte U 2 ¼ 20 V und I 2 ¼ 1 A. Wie großsind Eingangsspannung U 1 und Eingangs-strom I 1?
Z 1 ¼ 10W ; Z 2 ¼ 5W ;
Y 1 ¼ 1=Z 1 ¼ 0,1 S
Lehrbuch: Bd. 2, I.2.6.3 Physikalische Grundlagen: A47, A48
L�sung:a) Bei der Kettenschaltung multiplizieren sich die Kettenmatrizen der Einzelglieder [ A48 ].
Wir erhalten somit f�r die Kettenmatrix A der symmetrischen p-Schaltung
A ¼ A 1 � A 2 ¼1 Z 2
Y 1 1 þ Y 1 Z 2
� �� 1 0
Y 1 1
� �¼
¼ 1 þ Y 1 Z 2 Z 2
Y 1 þ ð1 þ Y 1 Z 2Þ Y 1 1 þ Y 1 Z 2
� �¼ 1 þ Y 1 Z 2 Z 2
Y 1 ð2 þ Y 1 Z 2Þ 1 þ Y 1 Z 2
� �
1. Vierpol( -Halbglied)p
2. Vierpol(Quer-
widerstand)
Z1 Z1
Z2
A =11 Z2Y1 (1 +Y Z )1 2
1 0Y1 1
A =2
Bild VII-3
VII Lineare Algebra226
Mit den vorgegebenen Werten lautet diese Matrix dann wie folgt:
A ¼ 1 þ 0,1 S � 5W 5W
0,1 S ð2 þ 0,1 S � 5WÞ 1 þ 0,1 S � 5W� �
¼ 1,5 5W
0,25 S 1,5
� �b) Zwischen den Eingangs- und Ausgangsgr�ßen besteht der folgende Zusammenhang (sog.
Kettenform [ A47 ]):
U 1
I 1
!¼ A � U 2
� I 2
!¼ 1,5 5W
0,25 S 1,5
!� 20 V
� 1 A
!¼
¼ 1,5 � 20 V þ 5W � ð� 1 AÞ0,25 S � 20 V þ 1,5 � ð� 1 AÞ
!¼ 30 V � 5 V
5 A � 1,5 A
� �¼ 25 V
3,5 A
!
Die Eingangsspannung betr�gt somit U 1 ¼ 25 V, der Eingangsstrom I 1 ¼ 3,5 A.
Beispiel 4: Kettenschaltung von Vierpolen
Multiplikation von Matrizen
Bild VII-4 zeigt, wie man durch Kettenschaltung[ A48 ] dreier Vierpole, n�mlich zweier L�ngs-widerst�nde Z 1 und Z 3 sowie eines Quer-widerstandes Z 2 ein unsymmetrisches T-Glied er-h�lt.
a) Bestimmen Sie aus den angegebenen Ketten-matrizen A 1, A 2 und A 3 der drei Einzelvier-pole die Kettenmatrix A des T-Gliedes.
b) Wie lautet diese Matrix f�r ein symmetrischesT-Glied mit Z 1 ¼ 10W, Z 2 ¼ 20W undZ 3 ¼ 10W? Vergleichen Sie das Ergebnis mitdem Resultat aus Beispiel 2, Teil a) in diesemKapitel.
Lehrbuch: Bd. 2, I.2.6.3 Physikalische Grundlagen: A47, A48
L�sung:a) Bei der Kettenschaltung multiplizieren sich die Kettenmatrizen der Einzelglieder [ A48 ].
Somit gilt f�r die Kettenmatrix A des unsymmetrischen T-Gliedes
A ¼ A 1 � A 2 � A 3 ¼1 Z 1
0 1
� �� 1 0
Y 2 1
� �� 1 Z 3
0 1
� �
1. Vierpol 2. Vierpol 3. Vierpol
Z1 Z3
Z2
11 10Z1 Z3Y20 011 1
A2 =A1 = A3 =
Y =21Z2
Bild VII-4
VII Lineare Algebra 227
Die Multiplikationen werden dabei definitionsgem�ß von links nach rechts ausgef�hrt. Wirerhalten demnach schrittweise
A 1 � A 2 ¼1 Z 1
0 1
� �� 1 0
Y 2 1
� �¼ 1 þ Y 2 Z 1 Z 1
Y 2 1
� �
A ¼ ðA 1 � A 2Þ � A 3 ¼1 þ Y 2 Z 1 Z 1
Y 2 1
� �� 1 Z 3
0 1
� �¼
¼ 1 þ Y 2 Z 1 ð1 þ Y 2 Z 1Þ Z 3 þ Z 1
Y 2 Y 2 Z 3 þ 1
� �¼
¼ 1 þ Y 2 Z 1 Z 1 þ ð1 þ Y 2 Z 1Þ Z 3
Y 2 1 þ Y 2 Z 3
� �b) F�r Z 3 ¼ Z 1 erhalten wir ein symmetrisches T-Glied mit der Kettenmatrix
A ¼ 1 þ Y 2 Z 1 Z 1 þ ð1 þ Y 2 Z 1Þ Z 1
Y 2 1 þ Y 2 Z 1
� �¼ 1 þ Y 2 Z 1 Z 1 ð2 þ Y 2 Z 1Þ
Y 2 1 þ Y 2 Z 1
� �Sie lautet f�r die speziellen Werte Z 1 ¼ Z 3 ¼ 10W, Z 2 ¼ 20W und Y 2 ¼ 1=Z 2 ¼1=ð20WÞ ¼ 0,05 S in �bereinstimmung mit dem Ergebnis aus Beispiel 2, Teil a) wiefolgt:
A ¼ 1 þ 0,05 S � 10W 10W ð2 þ 0,05 S � 10W0,05 S 1 þ 0,05 S � 10W
� �¼ 1,5 25W
0,05 S 1,5
� �
Beispiel 5: Durchbiegung eines Tr�gers bei Belastung durch mehrereKr�fte (Superpositionsprinzip)
Multiplikation von Matrizen (Falk-Schema)
Ein homogener Tr�ger (z. B. ein Balken)auf zwei St�tzen wird in der aus BildVII-5 ersichtlichen Weise durch dreiKr�fte F1, F2 und F3 belastet. Die da-bei an den Orten der Kr�fteeinwirkungen,d. h. an den Stellen x 1, x 2 und x 3 her-vorgerufenen Durchbiegungen sind y 1,y 2 und y 3.
l/4 l/4 l/4
l
l/4
Biegelinie y = y(x)
F1 F2 F3
x2 x3
y1 y2 y3
x1
x
y
Bild VII-5
VII Lineare Algebra228
Zwischen den einwirkenden Kr�ften und den von ihnen hervorgerufenen Durchbiegungen be-steht dann der folgende Zusammenhang:
y 1
y 2
y 3
0B@1CA ¼ a 1 1 a 1 2 a 1 3
a 2 1 a 2 2 a 2 3
a 3 1 a 3 2 a 3 3
0B@1CA � F1
F2
F3
0B@1CA oder y ¼ A � f
|{z} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A
|{z}y f
Dabei ist y der Durchbiegungsvektor, f der Belastungsvektor und die Koeffizientenmatrix Adie Matrix der sog. Einflusszahlen a i k ði, k ¼ 1, 2, 3Þ 3). In diesem speziellen Belastungsfallist die Matrix A symmetrisch und besitzt die folgende Struktur:
A ¼ l
9 11 7
11 16 11
7 11 9
0B@1CA ¼ lA* mit l ¼ l 3
768 E I
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A*
l : L�nge des Tr�gers; E I : konstante Biegesteifigkeit des Tr�gers; E : Elastizit�tsmodul;
I : Fl�chentr�gheitsmoment
Wie groß sind die von den Kr�ften F1 ¼ 2 kN, F2 ¼ 4 kN und F3 ¼ 3 kN hervorgerufe-nen Durchbiegungen y 1, y 2 und y 3 bei einem Tr�ger mit der L�nge l ¼ 1 m und derBiegesteifigkeit E I ¼ 5 � 1010 N mm2?
Lehrbuch: Bd. 2, I.2.6.3
L�sung:Aus y ¼ A � f ¼ ðlA*Þ � f ¼ l ðA* � fÞ folgt nach Einsetzen der vorgegebenen Werte(l ¼ 1 m ¼ 103 mm; die Kr�fte m�ssen in der Einheit N ¼ Newton eingesetzt werden):
y 1
y 2
y 3
0B@1CA ¼ ð103 mmÞ 3
768 � 5 � 1010 N mm2
9 11 7
11 16 11
7 11 9
0B@1CA � 2
4
3
0B@1CA 103 N ¼
¼ 2,6042 � 10� 2 mm
9 11 7
11 16 11
7 11 9
0B@1CA � 2
4
3
0B@1CA
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A*
|{z}f
3) Die Einflusszahl a i k ist die an der Stelle x i hervorgerufene Durchbiegung, wenn der Tr�ger nur an der Stellex k durch die Einheitslast F k ¼ 1 (ohne Einheit) belastet wird. Nach dem Superpositionsprinzip der Mechanikaddieren sich dann die von verschiedenen Kr�ften am gleichen Ort hervorgerufenen Durchbiegungen.
VII Lineare Algebra 229
Das Matrizenprodukt A* � f berechnen wir nach dem Falk-Schema :
2
f 4
3
9 11 7 83 � ð18 þ 44 þ 21 ¼ 83ÞA* 11 16 11 119 � ð22 þ 64 þ 33 ¼ 119Þ
7 11 9 85 � ð14 þ 44 þ 27 ¼ 85ÞA* � f
Somit ist
y 1
y 2
y 3
0B@1CA ¼ 2,6042 � 10� 2 mm
83
119
85
0B@1CA ¼ 2,16
3,10
2,21
0B@1CAmm
Die von den einwirkenden Kr�ften an den Stellen x 1 ¼ 0,25 m, x 2 ¼ 0,5 m und x 3 ¼ 0,75 mhervorgerufenenDurchbiegungen betragen daher der Reihe nach
y 1 ¼ 2,16 mm , y 2 ¼ 3,10 mm , y 3 ¼ 2,21 mm :
Beispiel 6: Eigenkreisfrequenzen einer Biegeschwingung
Determinantengleichung
Der in Bild VII-6 dargestellte elastische Balken ist am linken Ende fest eingespannt und tr�gtin der angegebenen Weise zwei gleiche Punktmassen m 1 ¼ m 2 ¼ m. Infolge seiner Elasti-zit�t ist er zu Biegeschwingungen f�hig.
A, B: Umkehrpunkte der Biegeschwingung
C: Gleichgewichtslage des BalkensBalken
A
B
C
l l
m1m2
Bild VII-6
VII Lineare Algebra230
Die Kreisfrequenzen w dieser Eigenschwingungen lassen sich aus der Determinantengleichung
ða � w 2Þ � 52w 2
� 52w 2 ða � 8w 2Þ
¼ 0 mit a ¼ 3E I
m l 3
� �
bestimmen.
E I : konstante Biegesteifigkeit des Balkens: E : Elastizit�tsmodul; I : Fl�chentr�gheitsmoment;
2 l : Balkenl�nge
Berechnen Sie diese Eigenkreisfrequenzen.
Lehrbuch: Bd. 2, I.3.2
L�sung:Die Berechnung der 2-reihigen Determinante f�hrt zu der folgenden algebraischen Gleichung4. Grades in der Unbekannten w:
ða � w 2Þ ða � 8w 2Þ � 254w 4 ¼ a 2 � 8aw 2 � aw 2 þ 8w 4 � 25
4w 4 ¼ 0 )
74w 4 � 9aw 2 þ a 2 ¼ 0 oder w 4 � 36
7aw 2 þ 4
7a 2 ¼ 0
Wir l�sen diese biquadratische Gleichung mit Hilfe der Substitution z ¼ w 2 und erhalten
z 2 � 367a z þ 4
7a 2 ¼ 0 )
z 1=2 ¼ 187a �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi187a
� �2
� 47a 2
s¼ 18
7a �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi32449
a 2 � 47a 2
r¼
¼ 187a �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi324 � 28
49a 2
r¼ 18
7a �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi29649
a 2
r¼ 18
7a �
ffiffiffiffiffiffiffiffi296p
7a ¼
¼ 18 � ffiffiffiffiffiffiffiffi296p
7a ¼ 18 � 17,2047
7a
Somit: z 1 ¼ 5,0292a , z 2 ¼ 0,1136a
Bei der R�cksubstitution ist zu beachten, dass f�r w aus physikalischen Gr�nden nur positiveWerte infrage kommen. Demnach gibt es genau zwei Eigenschwingungen mit den Kreisfre-quenzen
w 1 ¼ ffiffiffiffiffiz 1p ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi5,0292a
p¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi5,0292 � 3E I
m l 3
r¼ 3,8843 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Im l 3
rund
w 2 ¼ ffiffiffiffiffiz 2p ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi0,1136a
p¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi0,1136 � 3E I
m l 3
r¼ 0,5838 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Im l 3
r
VII Lineare Algebra 231
Beispiel 7: Elektromagnetische Induktion in einem durch einMagnetfeld bewegten elektrischen Leiter
Dreireihige Determinante
Ein homogenes Magnetfeld mit einer magnetischenFlussdichte vom Betrag B ¼ 2 Vs=m2 besitzt dieOrientierung der z-Achse eines r�umlichen kartesi-schen Koordinatensystems. In diesem Feld wird einmetallischer Leiter mit der konstanten Geschwindig-keit v ¼ 0,1 m=s in Richtung der Raumdiagonaleeines achsenparallelen W�rfels bewegt (Bild VII-7).Die dabei im Leiter induzierte elektrische Feldst�rke~EE ist nach dem Induktionsgesetz das vektorielle Pro-dukt aus dem Geschwindigkeitsvektor ~vv und demVektor ~BB der magnetischen Flussdichte:
~EE ¼ ~vv � ~BB
Berechnen Sie dieses Vektorprodukt nach der Deter-minantenmethode.
Lehrbuch: Bd. 1, II.3.4.1 und Bd. 2, I.3.3
L�sung:Das Vektorprodukt ~EE ¼ ~vv � ~BB ist formal durch die dreireihige Determinante
~EE ¼ ~vv � ~BB ¼~eex ~ee y ~ee zv x v y v z
B x By B z
darstellbar (~ee x, ~ee y, ~ee z : Einheitsvektoren in Richtung der drei Koordinatenachsen). Aus Sym-metriegr�nden sind alle drei Geschwindigkeitskomponenten gleich und zwar
v x ¼ v y ¼ v z ¼ v=ffiffiffi3p
Der Vektor ~BB hat nur in der z-Richtung eine nichtverschwindende Komponente:
Bx ¼ By ¼ 0 , Bz ¼ B
Somit ist
~EE ¼ ~vv � ~BB ¼~ee x ~ee y ~ee z
v=ffiffiffi3p
v=ffiffiffi3p
v=ffiffiffi3p
0 0 B
¼
vBffiffiffi3p �
~ee x ~ee y ~ee z
1 1 1
0 0 1
¼
vBffiffiffi3p � D
|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}D
y
z
Raum-diagonale
Würfel der Kantenlänge a = 1x
1
1
1
v
B
Leiter
Bild VII-7
VII Lineare Algebra232
Die 3-reihige Determinante D berechnen wir nach der Regel von Sarrus:
1 1 1 1 1
0 0 1 0 0
~ee x ~ee y ~ee z ~ee x ~ee y
D ¼ 1~ee x þ 0~ee y þ 0~ee z � ð0~ee z þ 0~ee x þ 1~eeyÞ ¼ 1~ee x � 1~ee y þ 0~ee z
Das induzierte elektrische Feld wird somit durch den folgenden Feldst�rkevektor beschrie-ben:
~EE ¼ vBffiffiffi3p � D ¼ vBffiffiffi
3p ð1~ee x � 1~ee y þ 0~ee zÞ oder ~EE ¼ vBffiffiffi
3p
1
� 1
0
0B@1CA
~EE besitzt keine Komponente in z-Richtung, d. h. in Richtung des Magnetfeldes ð~EE ? ~BB Þ.Mit den gegebenen Werten erhalten wir schließlich
~EE ¼0,1
ms� 2 Vs
m2ffiffiffi3p
1
� 1
0
0B@1CA ¼ 0,115
Vm
1
� 1
0
0B@1CA , j ~EE j ¼ 0,115
Vm�ffiffiffi2p¼ 0,163
Vm
Beispiel 8: Kritische Drehzahlen einer zweifach gelagerten Welle
Homogenes lineares Gleichungssystem,Determinantengleichung
Die in Bild VII-8 dargestellte zweifachgelagerte Welle tr�gt in den angegebe-nen Abst�nden zwei Zylinderscheibengleicher Masse (m 1 ¼ m 2 ¼ m). Ro-tiert die Welle mit der Winkelge-schwindigkeit w um ihre L�ngsachse,so treten an den Scheiben Zentrifugal-kr�fte 4) auf, die zu einer Verbiegungder Welle f�hren. An den Orten derScheiben sind diese seitlichen Auslen-kungen durch die Gleichungen
y 1 ¼ a 1 1 F1 þ a 1 2 F2
y 2 ¼ a 2 1 F1 þ a 2 2 F2
gegeben.
Welle
y1 y2 x
y
m1 m2
a
a 2a 3a
a a
verbogene Welle(Momentan-aufnahme)
F1 F2
v
a)
b)
Zylinder-scheibe
Bild VII-8
4) Zum Beispiel infolge der Exzentrizit�t der Scheiben.
VII Lineare Algebra 233
F1 und F2 sind dabei die auf die Scheibenmassen m 1 und m 2 einwirkenden Zentrifugal-kr�fte [ A15 ]
F1 ¼ m 1 w2 y 1 ¼ mw 2 y 1 und F2 ¼ m 2 w
2 y 2 ¼ mw 2 y 2
Die Koeffizienten a i k sind reziproke Federkonstanten und werden als Einflusszahlen bezeich-net. Aus Symmetriegr�nden ist f�r den hier behandelten Belastungsfall a 1 1 ¼ a 2 2 ¼ aund a 1 2 ¼ a 2 1 ¼ b. Die Auslenkungen gen�gen somit dem homogenen linearen Glei-chungssystem
y 1 ¼ aF1 þ bF2 ¼ amw 2 y 1 þ bmw 2 y 2
y 2 ¼ bF1 þ aF2 ¼ bmw 2 y 1 þ amw 2 y 2
oder (nach Ordnen der Glieder):
(I) ðamw 2 � 1Þ y 1 þ bmw 2 y 2 ¼ 0
(II) bmw 2 y 1 þ ðamw 2 � 1Þ y 2 ¼ 0
In der Matrizenschreibweise lautet das Gleichungssystem:
amw 2 � 1 bmw 2
bmw 2 amw 2 � 1
!� y 1
y 2
� �¼ 0
0
� �oder A � y ¼ 0
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A
|{z}y
|{z}0
a ¼ 4 a 3
9E I; b ¼ 7 a 3
18E I; E I : konstante Biegesteifigkeit der Welle; 3a : L�nge der Welle
a) Bestimmen Sie die kritischen Drehzahlen der Welle, d. h. diejenigen Drehzahlen (bzw.Winkelgeschwindigkeiten), f�r die das lineare Gleichungssystem nichttriviale L�sungenbesitzt.
b) Was l�sst sich �ber die Auslenkungen der Welle bei diesen kritischen Drehzahlen aus-sagen?
Lehrbuch: Bd. 2, I.5.4.2 Physikalische Grundlagen: A15
L�sung:a) Das homogene lineare Gleichungssystem A � y ¼ 0 ist bekanntlich nur dann nichttrivial
l�sbar, wenn die Koeffizientendeterminante det A verschwindet. Die kritischen Winkel-geschwindigkeiten gen�gen somit der folgenden Gleichung 4. Grades:
det A ¼ amw 2 � 1 bmw 2
bmw 2 amw 2 � 1
¼ ðamw 2 � 1Þ 2 � b 2 m 2 w 4 ¼ 0
Wir l�sen diese biquadratische Gleichung wie folgt, wobei f�r w aus physikalischenGr�nden nur positive Werte infrage kommen:
VII Lineare Algebra234
ðamw 2 � 1Þ 2 ¼ b 2 m 2 w 4 jWurzelziehen ) amw 2 � 1 ¼ � bmw 2 )amw 2 � bmw 2 ¼ 1 ) w 2 ðam � bmÞ ¼ 1 )
w 2 ¼ 1am � bm
¼ 1m ða � bÞ ) w 1=2 ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
m ða � bÞpEs gibt demnach zwei kritische Winkelgeschwindigkeiten. Sie lauten unter Ber�cksichti-gung von
a � b ¼ 4 a 3
9E I� 7 a 3
18E I¼ 8 a 3 � 7 a 3
18E I¼ 8 � 7
18� a
3
E I
wie folgt:
w 1=2 ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim ða � bÞp ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
m8 � 718
� �a 3
E I
s ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi18
8 � 7
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Ima 3
r
w 1 ¼ffiffiffiffiffiffi1815
r�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Im a 3
r¼ 1,0954 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Im a 3
r
w 2 ¼ffiffiffiffiffi18p
�ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Im a 3
r¼ 4,2426 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Im a 3
rDie zugeh�rigen kritischen Drehzahlen sind ð f ¼ w=ð2pÞÞ:
f1 ¼ w 1
2p¼ 0,1743 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Ima 3
rund f 2 ¼ w 2
2p¼ 0,6752 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE Ima 3
rb) Kritische Winkelgeschwindigkeit w 1
Wir setzen in das homogene lineare Gleichungssystem f�r w den kritischen Wert
w 1 ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim ða þ bÞp ein und erhalten aus Gleichung (I):
ðamw 21 � 1Þ y 1 þ bmw 2
1 y 2 ¼am
m ða þ bÞ � 1
� �y 1 þ bm
m ða þ bÞ y 2 ¼ 0 )
a
a þ b� 1
� �y 1 þ b
a þ by 2 ¼ a � ða þ bÞ
a þ by 1 þ b
a þ by 2 ¼
¼ ða � a � bÞ y 1 þ b y 2
a þ b¼ � b y 1 þ b y 2
a þ b¼
¼ b ð� y 1 þ y 2Þa þ b
¼ 0 )
b ð� y 1 þ y 2Þ ¼ 0 ) ðda b 6¼ 0Þ � y 1 þ y 2 ¼ 0 ) y 1 ¼ y 2
VII Lineare Algebra 235
Gleichung (II) f�hrt zum selben Ergebnis. Beider kritischen Winkelgeschwindigkeit w 1 erfah-ren die Scheiben somit Auslenkungen gleicherGr�ße und Richtung (Bild VII-9 zeigt eine Mo-mentanaufnahme). Die absolute Gr�ße der Aus-lenkung jedoch bleibt unbestimmt!
Kritische Winkelgeschwindigkeit w 2
Die 1. Gleichung des homogenen linearen Gleichungssystems liefert f�r den kritischen
Wert w 2 ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim ða � bÞp die folgende Beziehung zwischen den Auslenkungen y 1 und
y 2 der beiden Zylinderscheiben 5):
ðamw 22 � 1Þ y 1 þ bmw 2
2 y 2 ¼am
m ða � bÞ � 1
� �y 1 þ bm
m ða � bÞ y 2 ¼ 0 )
a
a � b� 1
� �y 1 þ b
a � by 2 ¼ a � ða � bÞ
a � by 1 þ b
a � by 2 ¼
¼ ða � a þ bÞ y 1 þ b y 2
a � b¼ b y 1 þ b y 2
a � b¼
¼ b ðy 1 þ y 2Þa � b
¼ 0 )
b ðy 1 þ y 2Þ ¼ 0 ) ðda b 6¼ 0Þ y 1 þ y 2 ¼ 0 ) y 2 ¼ � y 1
Wir folgern: Bei der gr�ßeren der beiden kritischen Winkelgeschwindigkeiten erfahren diebeiden Scheiben entgegengesetzt gleich großeAuslenkungen, deren absolute Gr�ße jedochebenfalls unbestimmt bleibt (Bild VII-10 zeigteine Momentanaufnahme).
Beispiel 9: Widerstandsmessung mit der Wheatstoneschen Br�cke
Homogenes lineares Gleichungssystem, Determinanten
Die in Bild VII-11 dargestellte Wheatstonesche Br�ckenschaltung enth�lt drei feste ohmscheWiderst�nde R 1 ¼ 10W, R 2 ¼ 20W und R 3 ¼ 5W sowie einen variablen WiderstandRx. Wie muss dieser Widerstand eingestellt werden, damit die „Br�cke“ B––D stromloswird?
x
y
a
2a 3ay1
y2
x
y
a 2a 3a
y1 y2
Bild VII-9
Bild VII-10
5) Die 2. Gleichung f�hrt zu derselben Aussage.
VII Lineare Algebra236
L�sungshinweis: Stellen Sie zun�chst die Maschengleichungen [A32 ] der beiden in BildVII-11 n�her gekennzeichneten Maschen auf. Das in die Br�cke geschaltete Amperemeterdient lediglich als Nullindikator, die Gr�ße des Innenwiderstandes Ri dieses Messinstrumen-tes ist dabei f�r die L�sung dieser Aufgabe ohne Bedeutung.
Lehrbuch: Bd. 2, I.5.4.2 Physikalische Grundlagen: A32
L�sung:Wir nehmen zun�chst an, dass die Br�cke B––D vom Strom IB durchflossen wird. DurchAnwendung der Maschenregel [ A32 ] auf die eingezeichneten Maschen I und II folgt dann:
ðIÞ R 1 I 1 þ Ri IB � R 3 I 3 ¼ 0
ðIIÞ R 2 I 2 � Rx I x � Ri IB ¼ 0
Der variable Widerstand Rx wird nun so eingestellt, dass die Br�cke stromlos wird. Dannaber ist I B ¼ 0 und somit I 2 ¼ I 1 und I x ¼ I 3. Die Maschengleichungen gehen dann�ber in
ðIÞ R 1 I 1 � R 3 I 3 ¼ 0
ðIIÞ R 2 I 1 � Rx I 3 ¼ 0oder
R 1 �R 3
R 2 �Rx
� �� I 1
I 3
� �¼ 0
0
� �|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
A
Dieses homogene lineare Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und den beiden Unbekann-ten I 1 und I 3 ist nur dann nichttrivial l�sbar, wenn die KoeffizientendeterminanteD ¼ det A verschwindet 6). Aus dieser Bedingung erhalten wir die gew�nschte Beziehung(auch Abgleichbedingung genannt):
det A ¼ R 1 R 3–
R 2 –R x–¼ �R 1 Rx þ R 2 R 3 ¼ 0 )
Rx ¼ R 2 R 3
R 1¼ 20W � 5W
10W¼ 10W
I II
R1 R2
R3 Rx
A
B
C
D
I1 I2
I3 Ix
I I
IB
Ri
A
Bild VII-11
6) Der triviale Fall I 1 ¼ I 3 ¼ 0 ist physikalisch ohne Bedeutung.
VII Lineare Algebra 237
Beispiel 10: Torsionsschwingungen einer Welle
Dreireihige Determinante
Bild VII-12 zeigt eine elastische Welle mit konstan-tem Durchmesser, die in symmetrischer Anordnungdrei starre Zylinderscheiben vom gleichen Massen-tr�gheitsmoment J 1 ¼ J 2 ¼ J 3 ¼ J tr�gt. Werdendie Scheiben gegeneinander verdreht, so treten infolgeder elastischen R�ckstellmomente Torsionsschwingun-gen um die Wellenachse auf.
Die Kreisfrequenzen w dieser Eigenschwingungen (auch Eigenkreisfrequenzen genannt) las-sen sich dabei aus der folgenden Determinantengleichung berechnen:
D ¼ð�w 2 J þ cÞ � c 0
� c ð�w 2 J þ 2 cÞ � c
0 � c ð�w 2 J þ cÞ
¼ 0
c : Federkonstante des R�ckstellmomentes; Welle nahezu masselos
Wie lauten diese Eigenkreisfrequenzen?
Lehrbuch: Bd. 2, I.3.3
L�sung:Zun�chst berechnen wir die 3-reihige Determinante nach der Regel von Sarrus :
0� cð�w 2 J þ cÞ ð�w 2 J þ cÞ2 2 cð�w J þ Þ
� c
� c 2 2 cð�w J þ Þ0
� c
� c ð�w 2 J þ cÞ � c0
� c
D ¼ ð�w 2 J þ cÞ 2 ð�w 2 J þ 2 cÞ þ 0 þ 0�� ½ 0 þ c 2 ð�w 2 J þ cÞ þ c 2 ð�w 2 J þ cÞ ¼
¼ ð�w 2 J þ cÞ 2 ð�w 2 J þ 2 cÞ � 2 c 2 ð�w 2 J þ cÞ ¼¼ ð�w 2 J þ cÞ ½ ð�w 2 J þ cÞ ð�w 2 J þ 2 cÞ � 2 c 2 ¼¼ ð�w 2 J þ cÞ ½w 4 J 2 � 2 cw 2 J � cw 2 J þ 2 c 2 � 2 c 2 ¼¼ ð�w 2 J þ cÞ ðw 4 J 2 � 3 cw 2 JÞ ¼ ð�w 2 J þ cÞ ðw 2 J � 3 cÞ w 2 J
Zylinderscheibe
Welle
J1 J2 J3
Bild VII-12
VII Lineare Algebra238
Die gesuchten Eigenkreisfrequenzen gen�gen somit der Gleichung 6. Grades
ð�w 2 J þ cÞ ðw 2 J � 3 cÞ w 2 J ¼ 0
Aus physikalischen Gr�nden ist w > 0, sodass diese Gleichung nur erf�llt ist, wenn entwe-der der erste Faktor oder der zweite Faktor oder beide Faktoren verschwinden. Wir erhaltendaher zwei Gleichungen mit insgesamt zwei L�sungen. Sie lauten:
�w 2 J þ c ¼ 0 ) w 1 ¼ffiffiffiffifficJ
r
w 2 J � 3 c ¼ 0 ) w 2 ¼ffiffiffiffiffiffiffi3 cJ
rDas System besitzt somit genau zwei Eigenschwingungen mit den Kreisfrequenzen w 1 ¼
ffiffiffiffiffiffiffic=J
pund w 2 ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3 c=J
p.
Beispiel 11: Verzweigter Stromkreis
Inhomogenes lineares Gleichungssystem, Cramersche Regel
Der in Bild VII-13 skizzierte verzweigteStromkreis mit den ohmschen Widerst�ndenR 1, R 2 und R 3 wird durch eine Gleichspan-nungsquelle mit der Quellenspannung Uq
gespeist.
Bestimmen Sie die drei Zweigstr�me I 1, I 2und I 3 mit Hilfe der Cramerschen Regel.
L�sungshinweis: Durch Anwendung der Knotenpunktregel [ A50 ] und der Maschenregel[ A32 ] erhalten Sie ein lineares Gleichungssystem f�r die drei unbekannten Zweigstr�me I 1,I 2 und I 3.
Lehrbuch: Bd. 2, I.5.4.3 Physikalische Grundlagen: A32, A50
L�sung:Durch Anwendung der Knotenpunktregel [ A50 ] auf den Knotenpunkt A und der Maschen-regel [ A32 ] auf die eingezeichneten Maschen I und II erhalten wir das folgende inhomogenelineare Gleichungssystem mit drei Gleichungen und den drei Unbekannten I 1, I 2 und I 3 :
II
IUq
S
t = 0
A B
I3 R3
R1I1
I2 R2
Bild VII-13
VII Lineare Algebra 239
ðAÞ � I 1 þ I 2 � I 3 ¼ 0
ðIÞ � R 1 I 1 � R 2 I 2 þ Uq ¼ 0
ðIIÞ R 2 I 2 þ R 3 I 3 � Uq ¼ 0
Es lautet in der Matrizenform
� 1 1 � 1
�R 1 �R 2 0
0 R 2 R 3
0B@1CA � I 1
I 2I 3
0B@1CA ¼ 0
�Uq
Uq
0B@1CA ðA : KoeffizientenmatrixÞ
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A
Wir berechnen zun�chst die Koeffizientendeterminante D ¼ det A mit Hilfe der Regel vonSarrus:
–1 1 –1 –1 1
– 0 –0
0R 1– R 2– R 1– R 2–
R 2 R 3– R 2–
D ¼ R 2 R 3 þ 0 þ R 1 R 2 � ð0 þ 0 � R 1 R 3Þ ¼ R 1 R 2 þ R 1 R 3 þ R 2 R 3
Analog werden die nach der Cramerschen Regel ben�tigten Hilfsdeterminanten D 1, D 2 undD 3 bestimmt:
D 1 ¼0 1 � 1
�Uq �R 2 0
Uq R 2 R 3
¼ R 2 Uq � R 2 Uq þ R 3 Uq ¼ R 3 Uq
D 2 ¼� 1 0 � 1
�R 1 �Uq 0
0 Uq R 3
¼ R 3 Uq þ R 1 Uq ¼ ðR 1 þ R 3Þ Uq
D 3 ¼� 1 1 0
�R 1 �R 2 �Uq
0 R 2 Uq
¼ R 2 Uq � R 2 Uq þ R 1 Uq ¼ R 1 Uq
Die Berechnungsformeln f�r die drei Zweigstr�me lauten daher der Reihe nach wie folgt:
I 1 ¼ D 1
D¼ R 3 Uq
R 1 R 2 þ R 1 R 3 þ R 2 R 3; I 2 ¼ D 2
D¼ ðR 1 þ R 3Þ Uq
R 1 R 2 þ R 1 R 3 þ R 2 R 3;
I 3 ¼ D 3
D¼ R 1 Uq
R 1 R 2 þ R 1 R 3 þ R 2 R 3
VII Lineare Algebra240
Beispiel 12: Beschleunigte Massen in einem Rollensystem
Inhomogenes lineares Gleichungssystem, Cramersche Regel
Das in Bild VII-14 skizzierte System enth�lt in sym-metrischer Anordnung drei Massen m 1 ¼ m 2 ¼ mund m 3 ¼ 2m, die durch ein �ber Rollen f�hrendesSeil miteinander verbunden sind. Bestimmen Sie dieBeschleunigungen a 1, a 2 und a 3 dieser Massen so-wie die im Seil wirkende konstante Seilkraft FS unterVerwendung der Cramerschen Regel.
L�sungshinweis: Wenden Sie das Newtonsche Grund-gesetz [ A27 ] auf die einzelnen Massen an. Seil undRollen werden dabei als masselos angenommen, Rei-bungskr�fte vernachl�ssigt.
Lehrbuch: Bd. 2, I.5.4.3 Physikalische Grundlagen: A27
L�sung:Aus Symmetriegr�nden erfahren die Massen m 1 und m 2 die gleiche Beschleunigung. Somitist a 1 ¼ a 2. An jeder Stelle des Seils wirkt die gleiche Seilkraft FS. Nach dem Newton-schen Grundgesetz [ A27 ] folgt dann f�r die einzelnen Massen:
Masse m1 ¼ m bzw. Masse m2 ¼ m
Die Seilkraft FS wirkt der Schwerkraft G 1 ¼ m 1 g ¼ mg entgegen. Daher gilt
ma 1 ¼ mg � FS oder ma 1 þ FS ¼ mg
Masse m3 ¼ 2m
Der Schwerkraft G 3 ¼ m 3 g ¼ 2mg wirkt insgesamt die von vier Seilst�cken erzeugteKraft 4FS entgegen (Beitrag eines jeden Seilst�cks: FS). Somit ist
2ma 3 ¼ 2mg � 4FS oder ma 3 þ 2FS ¼ mg
Damit haben wir zwei Gleichungen f�r die drei Unbekannten a 1, a 3 und FS. Die nochfehlende dritte Gleichung erhalten wir durch die folgende �berlegung: Bewegt sich die mitt-lere Masse m 3 ¼ 2m um eine L�ngeneinheit nach oben, so senken sich in der gleichen Zeit(bei undehnbarem und straffem Seil) die beiden �ußeren Massen m 1 ¼ m 2 ¼ m um jeweils
m1
m
m
m m
m2
m3
a
Bild VII-14
VII Lineare Algebra 241
zwei L�ngeneinheiten. Diese �berlegung gilt f�r jede Phase der Bewegung. Daher muss dieBeschleunigung der beiden �ußeren Massen doppelt so groß sein wie die Beschleunigung dermittleren Masse. Sie erfolgt jedoch in entgegengesetzter Richtung. Somit ist
a 1 ¼ a 2 ¼ � 2 a 3 und somit a 1 þ 2 a 3 ¼ 0
Die Beschleunigungen a 1 und a 3 sowie die Seilkraft FS gen�gen daher dem inhomogenenlinearen Gleichungssystem
ma 1 þ FS ¼ mg
ma 3 þ 2FS ¼ mg
a 1 þ 2 a 3 ¼ 0
oder
m 0 1
0 m 2
1 2 0
0B@1CA � a 1
a 3
FS
0B@1CA ¼ mg
mg
0
0B@1CA
|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}Koeffizientenmatrix A
Wir l�sen dieses System nach der Cramerschen Regel. Die dabei ben�tigte Koeffizientende-terminante D ¼ det A sowie die drei Hilfsdeterminanten D 1, D 2 und D 3 werden nachder Regel von Sarrus berechnet. Wir erhalten:
D ¼ det A ¼m 0 1
0 m 2
1 2 0
m 0 1 m 0
0 m 2 0 m
1 2 0 1 2
D ¼ 0 þ 0 þ 0 � ðm þ 4m þ 0Þ ¼ � 5m
Analog werden die drei Hilfsdeterminanten berechnet:
D 1 ¼mg 0 1
mg m 2
0 2 0
¼ 2mg � 4mg ¼ � 2mg
D 2 ¼m mg 1
0 mg 2
1 0 0
¼ 2mg � mg ¼ mg
D 3 ¼m 0 mg
0 m mg
1 2 0
¼ �ðm 2 g þ 2m 2 gÞ ¼ � 3m 2 g
Nach der Cramerschen Regel ist dann
a 1 ¼ D 1
D¼ � 2mg� 5m
¼ 0,4 g ; a 3 ¼ D 2
D¼ mg� 5m
¼ � 0,2 g;
FS ¼ D 3
D¼ � 3m 2 g� 5m
¼ 0,6mg
VII Lineare Algebra242
Die drei Massen erfahren somit der Reihe nach die Beschleunigungen a 1 ¼ a 2 ¼ 0,4 g (je-weils nach unten) und a 3 ¼ 0,2 g (nach oben). Die Seilkraft betr�gt FS ¼ 0,6mg, dassind 60% des Gewichtes der Masse m 1 ¼ m bzw. m 2 ¼ m.
Beispiel 13: Berechnung der Zweigstr�me in einem elektrischenNetzwerk
Inhomogenes lineares Gleichungssystem, Cramersche Regel
Das in Bild VII-15 skizzierte elektrische Netzwerkenth�lt neben den beiden ohmschen Widerst�ndenR 1 ¼ 6W und R 2 ¼ 4W eine Spannungsquellemit der Quellenspannung Uq ¼ 10 V sowie eineStromquelle, die den konstanten QuellenstromI q ¼ 2 A liefert. Berechnen Sie die beiden Zweig-str�me I 1 und I 2 unter Verwendung von Determi-nanten (Cramersche Regel).
Lehrbuch: Bd. 2, I.5.4.3 Physikalische Grundlagen: A32, A50
L�sung:Die beiden Knotenpunkte A und B liefern genau eine (unabh�ngige) Gleichung. Wir wen-den die Knotenpunktregel [ A50 ] auf den Knotenpunkt A an:
I 1 þ I 2 � I q ¼ 0
Die zweite ben�tigte Gleichung erhalten wir durch Anwendung der Maschenregel [ A32 ] aufdie im Bild eingezeichnete Masche:
�R 1 I 1 þ Uq þ R 2 I 2 ¼ 0
Das inhomogene lineare Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und zwei Unbekannten
I 1 þ I 2 ¼ I q�R 1 I 1 þ R 2 I 2 ¼ �Uq
oder1 1
�R 1 R 2
� �� I 1
I 2
� �¼ I q
�Uq
� �|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}
A
l�sen wir mit Hilfe der Cramerschen Regel. Die Koeffizientendeterminante besitzt den Wert
D ¼ det A ¼ 1
R 1 –R 2–
1 ¼ R 2 þ R 1 ¼ R 1 þ R 2 ¼ 6W þ 4W ¼ 10W
Uq
Iq
I1 I1
I2 I2
Iq Iq
R2
R1
A B
Bild VII-15
VII Lineare Algebra 243
Die beiden Hilfsdeterminanten D 1 und D 2 werden analog berechnet:
D 1 ¼I q 1
�Uq R 2
¼ R 2 I q þ Uq ¼ 4W � 2 A þ 10 V ¼ 8 V þ 10 V ¼ 18 V
D 2 ¼1 I q
�R 1 �Uq
¼ �Uq þ R 1 I q ¼ �10 V þ 6W � 2 A ¼ � 10 V þ 12 V ¼ 2 V
Damit besitzen die Zweigstr�me I 1 und I 2 die folgenden Werte:
I 1 ¼ D 1
D¼ 18 V
10W¼ 1,8 A , I 2 ¼ D 2
D¼ 2 V
10W¼ 0,2 A
Beispiel 14: Netzwerkanalyse nach dem Maschenstromverfahren
Inhomogenes lineares Gleichungssystem,Gaußscher Algorithmus
Das in Bild VII-16 dargestellte elektrische Netzwerk enth�lt sechs ohmsche Widerst�ndeR 1 ¼ R 2 ¼ R 3 ¼ 10W, R 4 ¼ 15W, R 5 ¼ 5W und R 6 ¼ 25W sowie drei Gleichspan-nungsquellen mit den Quellenspannungen Uq 1 ¼ 65 V, Uq 2 ¼ 95 V und Uq 3 ¼ 130 V. Be-rechnen Sie die Zweigstr�me I 1 bis I 6 nach dem Maschenstromverfahren [ A51 ] unterVerwendung des Gaußschen Algorithmus.
Lehrbuch: Bd. 1, I.5.2 und Bd. 2, I.5.2 Physikalische Grundlagen: A32, A51
Uq3 Uq2
Uq1
II III
IIII
A B
C
DI1I1
I2
R1
R2
R3
R4 R5
R6
I2
I3
I3I4 I4
I5I5
I6
I6
Bild VII-16
VII Lineare Algebra244
L�sung:Wir l�sen die Aufgabe schrittweise wie folgt [ A51 ]:
(1) Einf�hrung der Maschenstr�me
Das Netzwerk enth�lt k ¼ 4 Knotenpunkte und z ¼ 6 Zweige. Somit gibt esm ¼ z � ðk � 1Þ ¼ 6 � 3 ¼ 3 unabh�ngige Maschen und ebensoviele unabh�ngigeMaschenstr�me. Wir w�hlen die in Bild VII-16 eingezeichneten Maschen I, II und III undordnen ihnen der Reihe nach die fiktiven Maschenstr�me I I, I II und I III zu.
(2) Aufstellung der Maschengleichungen nach der Maschenregel [ A32 ]
Masche I (ADCA)
ðR 3 þ R 4 þ R 6Þ I I þ R 4 I III þ R 6 I II � Uq 3 ¼ 0
Masche II (BDCB)
ðR 2 þ R 5 þ R 6Þ I II � R 5 I III þ R 6 I I � Uq 2 ¼ 0
Masche III (ADBA)
ðR 1 þ R 4 þ R 5Þ I III � R 5 I II þ R 4 I I � Uq 1 ¼ 0
Die drei Maschenstr�me gen�gen somit dem folgenden inhomogenen linearen Gleichungssys-tem mit drei Gleichungen und drei Unbekannten:
ðR 3 þ R 4 þ R 6Þ I I þ R 6 I II þ R 4 I III ¼ Uq 3
R 6 I I þ ðR 2 þ R 5 þ R 6Þ I II � R 5 I III ¼ Uq 2
R 4 I I � R 5 I II þ ðR 1 þ R 4 þ R 5Þ I III ¼ Uq 1
(3) Berechnung der Maschenstr�me nach dem Gaußschen Algorithmus
Nach Einsetzen der Werte f�r die Widerst�nde und Quellenspannungen erhalten wir dasGleichungssystem (ohne Einheiten)
ð10 þ 15 þ 25Þ I I þ 25 I II þ 15 I III ¼ 130
25 I I þ ð10 þ 5 þ 25Þ I II � 5 I III ¼ 95
15 I I � 5 I II þ ð10 þ 15 þ 5Þ I III ¼ 65
9>=>; )50 I I þ 25 I II þ 15 I III ¼ 130
25 I I þ 40 I II � 5 I III ¼ 95
15 I I � 5 I II þ 30 I III ¼ 65
oder (nach K�rzen durch den gemeinsamen Faktor 5)
10 I I þ 5 I II þ 3 I III ¼ 26
5 I I þ 8 I II � I III ¼ 19
3 I I � I II þ 6 I III ¼ 13
9>=>; alle Strome in der Einheit Ampere
VII Lineare Algebra 245
Wir verwenden beim L�sen das elementare Rechenschema aus Band 1, Abschnitt I.5.2.
I I I II I III c i Zeilensumme
3 � E 1
1015
524
3� 3
2657
4493
E 1 5 8 � 1 19 31
6 � E 1
330
� 148
6� 6
13114
21186
E 2 25 29 83 137
� 1,32 � E 2
33� 33
47� 38,28
127� 109,56
207� 180,84
8,72 17,44 26,16
Das gestaffelte Gleichungssystem lautet somit (von unten nach oben gel�st):
5 I I þ 8 I II � I III ¼ 19 ) 5 þ 16 � I III ¼ 19 ) I III ¼ 2
25 I I þ 29 I II ¼ 83 ) 25 I I þ 58 ¼ 83 ) I I ¼ 1
8,72 I II ¼ 17,44 ) I II ¼ 2
""
Die (fiktiven) Maschenstr�me haben damit folgende Werte:
I I ¼ 1 A ; I II ¼ 2 A ; I III ¼ 2 A
(4) Berechnung der Zweigstr�me
Die (realen) Zweigstr�me I 1 bis I 6 entstehen durch �berlagerung gewisser Maschenstr�me.Aus Bild VII-16 folgt unmittelbar:
I 1 ¼ I III ¼ 2 A
I 2 ¼ I II ¼ 2 A
I 3 ¼ I I ¼ 1 A
I 4 ¼ I I þ I III ¼ 1 A þ 2 A ¼ 3 A
I 5 ¼ I II � I III ¼ 2 A � 2 A ¼ 0 A
I 6 ¼ I I þ I II ¼ 1 A þ 2 A ¼ 3 A
Der Widerstand R 5 ist somit stromlos.
VII Lineare Algebra246
Beispiel 15: Berechnung der Zweigstr�me in einem elektrischenNetzwerk
Inhomogenes lineares Gleichungssystem,Gaußscher Algorithmus (Matrizenform)
Bild VII-17 zeigt ein aus drei Zweigen bestehendeselektrisches Netzwerk mit vier ohmschen Wider-st�nden R 1 ¼ 1W, R 2 ¼ 2W, R 3 ¼ 3W undR 4 ¼ 5W sowie den beiden Spannungsquellenmit den Quellenspannungen Uq 1 ¼ 10 V undUq 2 ¼ 20 V. Berechnen Sie die drei Zweigstr�meI 1, I 2 und I 3 mit Hilfe des Gaußschen Algo-rithmus in Matrizenform.
L�sungshinweis: Die Anwendung der Knotenpunktregel [ A50 ] bzw. der Maschenregel [ A32 ]auf die in Bild VII-17 gekennzeichneten Knotenpunkte bzw. Maschen f�hrt zu einem linearenGleichungssystem f�r die gesuchten Zweigstr�me.
Lehrbuch: Bd. 2, I.5.2 Physikalische Grundlagen: A32, A50
L�sung:Die beiden Knotenpunkte A und B liefern durch Anwendung der Knotenpunktregel [ A50 ]genau eine unabh�ngige Gleichung:
ðAÞ I 1 þ I 2 � I 3 ¼ 0
Aus den beiden Maschen I und II erhalten wir nach der Maschenregel [ A32 ] unter Ber�ck-sichtigung des eingezeichneten Umlaufsinns zwei weitere unabh�ngige Gleichungen:
ðIÞ � R 1 I 1 þ R 2 I 2 � R 4 I 1 þ Uq 1 ¼ 0 ) �ðR 1 þ R 4Þ I 1 þ R 2 I 2 þ Uq 1 ¼ 0
ðIIÞ � R 2 I 2 � R 3 I 3 þ Uq 2 ¼ 0 ) R 2 I 2 þ R 3 I 3 � Uq 2 ¼ 0
Die drei Zweigstr�me gen�gen somit dem inhomogenen linearen Gleichungssystem mit dreiGleichungen und den drei Unbekannten I 1, I 2 und I 3
I 1 þ I 2 � I 3 ¼ 0
�ðR 1 þ R 4Þ I 1 þ R 2 I 2 ¼ �Uq 1
R 2 I 2 þ R 3 I 3 ¼ Uq 2
Uq2
Uq1
II
I
I1 I1
I1 I1
I2 I2
I3I3
A B
R4
R2
R3
R1
Bild VII-17
VII Lineare Algebra 247
oder (in der Matrizenform)
1 1 � 1
�ðR 1 þ R 4Þ R 2 0
0 R 2 R 3
0B@1CA � I 1
I 2
I 3
0B@1CA ¼ 0
�Uq 1
Uq 2
0B@1CA oder R � I ¼ U
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}R
|{z} |fflfflffl{zfflfflffl}I U
Mit Hilfe elementarer Zeilenumformungen l�sst sich die erweiterte KoeffizientenmatrixðR j UÞ in die Trapezform bringen (Gaußscher Algorithmus). Das lineare GleichungssystemR � I ¼ U geht dabei in das gestaffelte System R* � I ¼ U* �ber, das dann sukzessivvon unten nach oben gel�st werden kann.
Zeilenumformungen in der erweiterten Koeffizientenmatrix ðR jUÞNach Einsetzen der Zahlenwerte (ohne Einheiten) folgt (Z i : i-te Zeile):
ðR j UÞ ¼1 1 � 1
� 6 2 0
0 2 3
0B@
0
� 10
20
1CA þ 6 Z 1 )1 1 � 1
0 8 � 6
0 2 3
0B@
0
� 10
20
1CA� ð� 4Þ
)
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}R
|{z}U
1 1 � 1
0 8 � 6
0 � 8 � 12
0B@
0
� 10
� 80
1CAþ Z 2
)1 1 � 1
0 8 � 6
0 0 � 18
0B@
0
� 10
� 90
1CA ¼ ðR* j U*Þ
|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}R*
|{z}U*
Das gestaffelte System lautet somit
R* � I ¼ U* oder
1 1 � 1
0 8 � 6
0 0 � 18
0B@1CA � I 1
I 2
I 3
0B@1CA ¼ 0
� 10
� 90
0B@1CA
Wir l�sen es sukzessiv von unten nach oben:
I 1 þ I 2 � I 3 ¼ 0 ) I 1 þ 2,5 � 5 ¼ 0 ) I 1 ¼ 2,5
8 I 2 � 6 I 3 ¼ � 10 ) 8 I 2 � 30 ¼ � 10 ) I 2 ¼ 2,5
� 18 I 3 ¼ � 90 ) I 3 ¼ 5
""
Die drei Zweigstr�me besitzen damit folgende Werte:
I 1 ¼ 2,5 A ; I 2 ¼ 2,5 A ; I 3 ¼ 5 A
VII Lineare Algebra248
Beispiel 16: Berechnung der Str�me in einer Netzmasche
Inhomogenes lineares Gleichungssystem,Gaußscher Algorithmus
Bild VII-18 zeigt eine viereckige Netzmaschemit den ohmschen Widerst�nden R 1 ¼ 1W,R 2 ¼ 2W, R 3 ¼ 5W, R 4 ¼ 2W und derQuellenspannung Uq ¼ 19 V. Die in den Kno-tenpunkten A und B zufließenden Str�me be-tragen I A ¼ 2 A und I B ¼ 1 A, der im Kno-tenpunkt C abfließende Strom IC ¼ 1 A.Berechnen Sie den Knotenstrom ID sowie dievier Zweigstr�me I 1 bis I 4 mit Hilfe desGaußschen Algorithmus.
L�sungshinweis: Die ben�tigten Beziehungen zwischen den Str�men erhalten Sie durch An-wendung der Knotenpunktregel [ A50 ] bzw. der Maschenregel [ A32 ].
Lehrbuch: Bd. 1, I.5.2 und Bd. 2, I.5.2 Physikalische Grundlagen: A32, A50
L�sung:F�r die Gesamtschaltung (Netzmasche) muss die Summe der zufließenden Str�me gleich derSumme der abfließenden Str�me sein (der Knotenstrom ID wird als abfließend angenom-men):
I A þ I B ¼ IC þ ID oder ID ¼ I A þ I B � IC
Somit ist mit den vorgegebenen Werten
ID ¼ I A þ I B � IC ¼ 2 A þ 1 A � 1 A ¼ 2 A
Die vier Knotenpunkte liefern drei unabh�ngige Knotenpunktgleichungen. Wir w�hlen dieKnotenpunkte A, B und C. Nach der Knotenpunktregel [ A50 ] gilt dann
ðAÞ � I 1 � I 2 þ I A ¼ 0
ðBÞ I 2 � I 3 þ IB ¼ 0
ðCÞ I 3 � I 4 � IC ¼ 0
Die vierte ben�tigte Gleichung erhalten wir durch Anwendung der Maschenregel [ A32 ] aufdie Gesamtmasche ABCDA :
R 1 I 1 � R 2 I 2 � R 3 I 3 � R 4 I 4 þ Uq ¼ 0
Uq
IA ID
ICIB
I1 I1
I2
I2
I3 I3
I4
I4
A
B C
D
R4R2
R3
R1
Bild VII-18
VII Lineare Algebra 249
Die Zweigstr�me gen�gen somit dem folgenden inhomogenen linearen Gleichungssystem mitvier Gleichungen und den vier Unbekannten I 1, I 2, I 3 und I 4 :
I 1 þ I 2 ¼ I AI 2 � I 3 ¼ � I B
I 3 � I 4 ¼ IC�R 1 I 1 þ R 2 I 2 þ R 3 I 3 þ R 4 I 4 ¼ Uq
Einsetzen der Werte ergibt (alle Str�me in der Einheit Ampere):
I 1 þ I 2 ¼ 2
I 2 � I 3 ¼ � 1
I 3 � I 4 ¼ 1
� I 1 þ 2 I 2 þ 5 I 3 þ 2 I 4 ¼ 19
Wir l�sen dieses System mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus in elementarer Form (sieheBand 1, Abschnitt I.5.2).
I 1 I 2 I 3 I 4 c i Zeilensumme
E 1 1 1 0 0 2 4
0 1 � 1 0 � 1 � 1
0 0 1 � 1 1 1
1 � E 1
� 11
21
50
20
192
274
E 2 1 � 1 0 � 1 � 1
0 1 � 1 1 1
� 3 � E 2
3� 3
53
20
213
313
E 3 1 � 1 1 1
� 8 � E 3
8� 8
28
24� 8
34� 8
10 16 26
Das gestaffelte System besteht aus den Gleichungen E 1, E 2 und E 3 sowie der letzten Glei-chung und lautet somit
VII Lineare Algebra250
I 1 þ I 2 ¼ 2 ) I 1 þ 1,6 ¼ 2 ) I 1 ¼ 0,4
I 2 � I 3 ¼ � 1 ) I 2 � 2,6 ¼ � 1 ) I 2 ¼ 1,6
I 3 � I 4 ¼ 1 ) I 3 � 1,6 ¼ 1 ) I 3 ¼ 2,6
10 I 4 ¼ 16 ) I 4 ¼ 1,6
"""
Es l�sst sich schrittweise von unten nach oben l�sen. Die Zweigstr�me I 1 bis I 4 besitzendaher die folgenden Werte:
I 1 ¼ 0,4 A ; I 2 ¼ 1,6 A ; I 3 ¼ 2,6 A ; I 4 ¼ 1,6 A
Beispiel 17: Modifizierter Gerber-Tr�ger
Inhomogenes lineares Gleichungssystem,Gaußscher Algorithmus
Der in Bild VII-19 skizzierte modifizierte Gerber-Tr�ger wird in der angegebenen Weisedurch zwei Einzelkr�fte F1 und F2 belastet. Bestimmen Sie die Auflagerkr�fte FA, FB
und FC sowie die im Gelenk G auftretende Gelenkkraft FG aus den statischen Gleich-gewichtsbedingungen [ A1 ].
l ¼ 4 m
a ¼ 45�
F1 ¼ 50 kN
F2 ¼ 20 kN
Lehrbuch: Bd. 1, I.5.2 und Bd. 2, I.5.2 Physikalische Grundlagen: A1, A7
l l l
l/2 l/2
l/2Gelenk G
F2
C
FGx
A
B
a)
b)
F · sinA a
F · cosA a
a
F1
F1
Träger
FB FGyFGy
FGx
F2
FCx
FCyBild VII-19
VII Lineare Algebra 251
L�sung:Zun�chst zerlegen wir den Gerber-Tr�ger in der aus Bild VII-19 ersichtlichen Weise durcheinen Schnitt im Gelenk G in zwei Teile und wenden dann auf jedes der beiden Teilst�ckedie statischen Gleichgewichtsbedingungen [ Al ] an. Dies f�hrt, wie wir noch sehen werden,zu sechs linearen Gleichungen mit den sechs unbekannten Kr�ften bzw. KraftkomponentenFA, FB, FGx, FGy, FC x und FC y.
Linkes Teilst�ck (Teilbild b))
Die Summe der Kraftkomponenten in x- bzw. y-Richtung verschwindet ebenso wie dieSumme aller Momente [ A7 ] bez�glich des (ausgew�hlten) Lagerpunktes A [ A1 ]:P
Fx ¼ 0 : FA � sin a � FGx ¼ 0 ð1ÞPFy ¼ 0 : FA � cos a þ FB þ FGy � F1 ¼ 0 ð2Þ
PM ðAÞ ¼ 0 : FB � l þ FGy � 2 l � F1 � l
2¼ 0 ð3Þ
Rechtes Teilst�ck (Teilbild b))
Wiederum gilt: Die Summe der Kraftkomponenten in x- bzw. y-Richtung verschwindet eben-so wie die Summe allerMomente [ A7 ] bez�glich des (ausgew�hlten) Gelenkpunktes G [ Al ]:P
Fx ¼ 0 : FGx � FC x � F2 ¼ 0 ð4ÞPFy ¼ 0 : �FGy þ FC y ¼ 0 ð5Þ
PM ðGÞ ¼ 0 : �FC x � l
2þ FC y � l ¼ 0 ð6Þ
Nach Einsetzen der gegebenen Werte (ohne Einheiten) erhalten wir das folgende inhomogenelineare Gleichungssystem (alle Kr�fte in der Einheit kN):
FA FB FGx FGy FC x FC y
(1) 0,7071 � 1
(2) 0,7071 1 1
(3) 4 8
(4) 1 � 1
(5) � 1 1
(6) � 2 4
�
FA
FB
FGx
FGy
FC x
FC y
266666666666664
377777777777775¼
0
50
100
20
0
0
266666666666664
377777777777775Aus den Gleichungen (1), (5) und (6) erhalten wir der Reihe nach
ð1Þ 0,7071FA � FGx ¼ 0 ) FGx ¼ 0,7071FA
ð5Þ � FGy þ FC y ¼ 0 ) FGy ¼ FC y
ð6Þ � 2FC x þ 4FC y ¼ 0 ) FC x ¼ 2FC y
VII Lineare Algebra252
Unter Ber�cksichtigung dieser Beziehungen gewinnen wir aus den verbliebenen Gleichungen(2), (3) und (4) das folgende inhomogene lineare Gleichungssystem mit den Unbekannten FA,FB und FC y :
ð2Þ 0,7071FA þ FB þ FC y ¼ 50
ð3Þ 4FB þ 8FC y ¼ 100
ð4Þ 0,7071FA � 2FC y ¼ 20
Wir l�sen dieses System nach dem Gaußschen Algorithmus in elementarer Form (siehe Band 1,Abschnitt I.5.2).
FA FB FC y c i Zeilensumme
E 1 0,7071 1 1 50 52,7071
4 8 100 112
� 1 � E 1
0,7071� 0,7071 � 1
� 2� 1
20� 50
18,7071� 52,7071
4 � E 2
4� 4
8� 12
100� 120
112� 136
E 2 � 1 � 3 � 30 � 34
� 4 � 20 � 24
Das gestaffelte System (bestehend aus den Gleichungen E 1, E 2 und der letzten Gleichung)
0,7071FA þ FB þ FC y ¼ 50 ) 0,7071FA þ 15 þ 5 ¼ 50 ) FA ¼ 42,4
� FB � 3FC y ¼ � 30 ) �FB � 15 ¼ � 30 ) FB ¼ 15
� 4FC y ¼ � 20 ) FC y ¼ 5
""
l�sst sich sukzessiv von unten nach oben l�sen und besitzt die L�sung FA ¼ 42,4, FB ¼ 15und FC y ¼ 5 (in kN). Die gesuchten Lager- und Gelenkkr�fte betragen somit
FA ¼ 42,4 kN , FB ¼ 15 kN
FC x ¼ 2FC y ¼ 2 � 5 kN ¼ 10 kN , FC y ¼ 5 kN ,
FC ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF 2C x þ F 2
C y
q¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi102 þ 52
pkN ¼ 11,2 kN
FGx ¼ 0,7071FA ¼ 0,7071 � 42,4 kN ¼ 30 kN , FGy ¼ FC y ¼ 5 kN ,
FG ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiF 2Gx þ F 2
Gy
q¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi302 þ 52
pkN ¼ 30,4 kN
VII Lineare Algebra 253
Beispiel 18: Normalschwingungen eines diatomaren Molek�ls(Zwei-Teilchen-Schwinger)
2-dimensionales Eigenwertproblem
Als Modell f�r ein diatomares Molek�l vom Typ X 2 wie z. B. H2 oder O2 dient einschwingungsf�higes System aus zwei identischen Massenpunkten m 1 ¼ m 2 ¼ m, die durcheine elastische Feder mit der Federkonstanten c gekoppelt sind (Bild VII-20).
Von besonderer Bedeutung sind dabei die sog. Normalschwingungen, bei der beide Massen(Bindungspartner) harmonisch mit der gleichen Kreisfrequenz w l�ngs der Systemachse(x-Achse) schwingen. Die Koordinaten x 1 und x 2 beschreiben die augenblickliche Lage derMassen; sie sind periodische Funktionen der Zeit t mit der Schwingungsdauer T ¼ 2p=wund gen�gen nach Newton [ A27 ] dem folgenden Differentialgleichungssystem:
m __x 1 ¼ � c ðx 1 � x 2Þm __x 2 ¼ � c ðx 2 � x 1Þ
a) Stellen Sie dieses System in der Matrizenform dar.
b) Zeigen Sie, dass der L�sungsansatz x i ¼ Ai � e jw t ðAi : Amplitude; i ¼ 1, 2Þ auf einEigenwertproblem f�hrt und bestimmen Sie die Eigenwerte und zugeh�rigen Eigenvekto-ren. Wie l�sst sich das Ergebnis physikalische deuten?
Lehrbuch: Bd. 2, I.7.2 Physikalische Grundlagen: A27
L�sung:a) Wir bringen zun�chst die beiden Differentialgleichungen auf die folgende Form:
__x 1 ¼ �w 20 ðx 1 � x 2Þ ¼ �w 2
0 x 1 þ w 20 x 2
__x 2 ¼ �w 20 ðx 2 � x 1Þ ¼ w 2
0 x 1 � w 20 x 2
(w 20 ¼ c=mÞ
Vertauschen der beiden Seiten liefert dann:
�w 20 x 1 þ w 2
0 x 2 ¼ __x 1
w 20 x 1 � w 2
0 x 2 ¼ __x 2
x1 x2
m1 m2
x
c
Bild VII-20
VII Lineare Algebra254
Dieses lineare Gleichungssystem k�nnen wir auch in der Matrizenform darstellen:
�w 20 w 2
0
w 20 �w 2
0
!x 1x 2
� �¼ __x 1
__x 2
� �oder Kx ¼ __x|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
K|{z}x
|{z}__x
Der Vektor x enth�lt die beiden Ortskoordinaten x 1 und x 2, der Vektor __x die zweitenAbleitungen dieser Koordinaten nach der Zeit, K ist die Koeffizientenmatrix, in diesemZusammenhang h�ufig auch als Strukturmatrix bezeichnet.
b) Aus dem L�sungsansatz x i ¼ Ai � e jw t folgt durch Differentiation nach der Zeit t mitHilfe der Kettenregel:
_x i ¼ ðjwÞ Ai � e jw t , __x i ¼ ðjwÞ 2 Ai � e jw t ¼ �w 2 Ai � e jw t|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}x i
¼ �w 2 x i
(mit i ¼ 1, 2). Somit gilt __x ¼ �w 2 x und
Kx ¼ __x ¼ �w 2 x ¼ l x ðmit l ¼ �w 2ÞDieses lineare Gleichungssystem l�sst sich auch in der Form
Kx � l x ¼ Kx � lEx ¼ ðK � lEÞ x ¼ 0
darstellen (E: 2-reihige Einheitsmatrix). Diese Matrizengleichung beschreibt ein zweidi-mensionales Eigenwertproblem. Die gesuchten L�sungen x sind somit die Eigenvektorender Strukturmatrix K zum Eigenwert l ¼ �w 2. Bevor wir uns mit den L�sungen n�herbesch�ftigen, k�nnen wir das Eigenwertproblem noch wie folgt vereinfachen. Mit
x ¼ x 1
x 2
� �¼ A 1 � e jw t
A 2 � e jw t
!¼ A 1
A 2
� �e jw t ¼ u e jw t
|{z}u
geht die Matrizengleichung ðK � lEÞ x ¼ 0 in eine entsprechende zeitunabh�ngigeGleichung f�r den Amplitudenvektor u �ber:
ðK � lEÞ x ¼ ðK � lEÞ u e jw t ¼ 0 j : e jw t 6¼ 0 ) ðK � lEÞ u ¼ 0
Der Vektor u enth�lt nur die gesuchten Amplituden A 1 und A 2 der Normalschwingung,h�ngt aber im Gegensatz zum Vektor x nicht mehr von der Zeit ab.
Berechnung der Eigenwerte
Die Eigenwerte sind die L�sungen der charakteristischen Gleichung det ðK � lEÞ ¼ 0:
ð�w 20 � lÞ w 2
0
w 20 ð�w 2
0 � lÞ
¼ ð�w 2
0 � lÞ 2 � w 40 ¼ 0 )
VII Lineare Algebra 255
ðw 20 þ lÞ 2 ¼ w 4
0 ) w 20 þ l ¼ �w 2
0 ) l ¼ �w 20 � w 2
0 )l 1 ¼ � 2w 2
0 , l 2 ¼ 0
Damit ergeben sich folgende Kreisfrequenzen ðl ¼ �w 2 mit w > 0Þ aus physika-lischen Gr�nden:
l 1 ¼ �w 21 ¼ � 2w 2
0 ) w 21 ¼ 2w 2
0 ) w 1 ¼ffiffiffi2p
w 0
l 2 ¼ �w 22 ¼ 0 ) w 2 ¼ 0 ðkeine SchwingungÞ
Berechnung der Eigenvektoren
Die zugeh�rigen Eigenvektoren werden aus dem homogenen linearen GleichungssystemðK � lEÞ u ¼ 0 berechnet.
l 1 ¼ � 2w 20 ðK � l 1 EÞ u ¼ ðKþ 2w 2
0 EÞ u ¼ 0
ð�w 20 þ 2w 2
0Þ w 20
w 20 ð�w 2
0 þ 2w 20Þ
!A 1
A 2
!¼ w 2
0 w 20
w 20 w 2
0
!A 1
A 2
!¼ 0
0
� �)
w 20
1 1
1 1
!A 1
A 2
!¼
0
0
!)
1 1
1 1
!A 1
A 2
!¼
A 1 þ A 2
A 1 þ A 2
!0
0
!)
A 1 þ A 2 ¼ 0 ) A 2 ¼ �A 1
Der zum Eigenwert l 1 ¼ � 2w 20 geh�rige Eigenvektor besitzt somit die folgenden Kom-
ponenten:
x 1 ¼ A 1 � e jffiffi2p
w 0 t , x 2 ¼ A 2 � e jffiffi2p
w 0 t ¼ �A 1 � e jffiffi2p
w 0 t ) x 2 ¼ � x 1
Physikalische Deutung: Beide Massen (Bindungspartner) schwingen mit gleicher Ampli-
tude in Gegenphase mit der Kreisfrequenz w ¼ ffiffiffi2p
w 0 (siehe Bild VII-21)
l 2 ¼ 0 ðK � l 2 EÞ u ¼ ðK � 0EÞ u ¼ Ku ¼ 0
�w 20 w 2
0
w 20 �w 2
0
!A 1
A 2
!¼ w 2
0
� 1 1
1 � 1
!A 1
A 2
!¼
0
0
!)
� 1 1
1 � 1
!A 1
A 2
!¼
�A 1 þ A 2
A 1 � A 2
!0
0
!) �A 1 þ A 2 ¼ 0 ) A 2 ¼ A 1
x1 x1x2 x2
m1 m1m2 m2
bzw.
Bild VII-21 Normalschwingung eines diatomaren Molek�ls in Gegenphase
VII Lineare Algebra256
Zum Eigenwert l 2 ¼ 0 geh�rt somit der Eigenvektor mit folgenden Komponenten:
x 1 ¼ A 1 � e j 0 t ¼ A 1 , x 2 ¼ A 2 � e j 0 t ¼ A 1 � e j 0 t ¼ A 1 ) x 1 ¼ x 2
Physikalische Deutung: Dieser Eigenvektor beschreibt keine Schwingung, sondern eine(Translationsbewegung) des Systems l�ngs der Systemachse (x-Achse).
Somit gibt es nur eine einzige Normalschwingung, bei der beide Massen (Bindungspart-
ner) mit gleicher Amplitude in Gegenphase mit der Winkelgeschwindigkeit w ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 c=m
pschwingen.
Anmerkung: Um die Schwingungsamplitude und die Translation zu bestimmen, ben�tigtman weitere Informationen �ber das schwingungsf�hige System z. B. in Form von An-fangsbedingungen.
VII Lineare Algebra 257
VIII Differential- und Integralrechnungf�r Funktionen von mehreren Variablen
Hinweis: Alle in den L�sungen angegebenen Integralnummern beziehen sich auf die Inte-graltafel der Mathematischen Formelsammlung des Autors.
Beispiel 1: Potential und elektrische Feldst�rke im elektrostatischenFeld zweier Punktladungen
Partielle Ableitungen 1. Ordnung
Gegeben sind zwei entgegengesetzt gleich große Punktladungen Q 1 ¼ þQ und Q 2 ¼ �Qim Abstand 2 a ðQ > 0).
a) Bestimmen Sie das elektrostatischePotential V sowie den elektrischen Feld-
st�rkevektor ~EE ¼ Ex
Ey
� �in einem belie-
bigen Punkt P ¼ ðx; yÞ des resultieren-den elektrischen Feldes (Bild VIII-1).
b) Zeigen Sie: Die y-Achse liegt in einersog. �quipotentialfl�che [ A55 ].
L�sungshinweis: Gehen Sie von dem elektrostatischen Potential einer Punktladung aus[ A56 ]. Das resultierende elektrische Feld entsteht dann durch ungest�rte �berlagerung derbeiden Einzelfelder. Das System befindet sich in Luft (Dielektrizit�tskonstante e � 1).
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.1 Physikalische Grundlagen: A55, A56, A57
L�sung:a) Eine Punktladung Q * erzeugt im Abstand r das Potential [A56]
VQ * ¼
Q *
4p e 0 r, r > 0
Das von den Punktladungen Q 1 ¼ þQ und Q 2 ¼ �Q im Punkt P erzeugte Potentialbetr�gt somit:
258
Q = Q1 Q = –Q2
E1
r1
r2E2
E
xx
y
y
a a
P
Bild VIII-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_8
V ðPÞ ¼ VQ 1 þ VQ 2 ¼Q 1
4p e 0 r 1þ Q 2
4p e 0 r 2¼ þQ
4p e 0 r 1þ �Q
4p e 0 r 2¼
¼ Q4p e 0 r 1
� Q4p e 0 r 2
¼ Q4p e 0
1r 1� 1
r 2
� �Die Abst�nde r 1 und r 2 lassen sich nach Bild VIII-1 mit Hilfe des Satzes von Pythago-ras durch die Koordinaten x und y des Punktes P wie folgt ausdr�cken:
r 1 ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða þ xÞ 2 þ y 2
q, r 2 ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða � xÞ 2 þ y 2
qDamit lautet die Potentialfunktion
V ðPÞ ¼ V ðx; yÞ ¼ Q4p e 0
1r 1� 1
r 2
� �¼
¼ Q4p e 0
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða þ xÞ 2 þ y 2
q � 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða � xÞ 2 þ y 2
q0B@
1CADie Komponenten der elektrischen Feldst�rke ~EE sind die mit � 1 multiplizierten partiel-len Ableitungen 1. Ordnung dieser Potentialfunktion [A57 ]. Mit Hilfe der Kettenregel er-halten wir f�r die x-Komponente:
Ex ðx; yÞ ¼ � @V@x¼ � @
@xQ
4p e 0
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða þ xÞ 2 þ y 2
q � 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða � xÞ 2 þ y 2
q0B@
1CA264
375 ¼¼ � Q
4p e 0� @
@x½ ða þ xÞ 2 þ y 2 � 1=2 � ½ ða � xÞ 2 þ y 2 � 1=2h i
¼
¼ � Q4p e 0
� 12½ ða þ xÞ 2 þ y 2 � 3=2 � 2 ða þ xÞ � 1�
� � 12
� �½ ða � xÞ 2 þ y 2 � 3=2 � 2 ða � xÞ � ð� 1Þ
�¼
¼ Q4p � 0
a þ x
½ ða þ xÞ 2 þ y 2 3=2þ a � x
½ ða � xÞ 2 þ y 2 3=2" #
Analog folgt f�r die y-Komponente Ey :
Ey ðx; yÞ ¼ � @V@y¼ � @
@yQ
4p � 0
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða þ xÞ 2 þ y 2
q � 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða � xÞ 2 þ y 2
q0B@
1CA264
375 ¼
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 259
¼ � Q4p � 0
� @
@y½ ða þ xÞ 2 þ y 2 � 1=2 � ½ ða � xÞ 2 þ y 2 � 1=2h i
¼
¼ � Q4p � 0
� 12½ ða þ xÞ 2 þ y 2 � 3=2 � 2 y�
� � 12
� �½ ða � xÞ 2 þ y 2 � 3=2 � 2 y
�¼
¼ Q4p � 0
y
½ ða þ xÞ 2 þ y 2 3=2� y
½ ða � xÞ 2 þ y 2 3=2" #
b) L�ngs der y-Achse ist x ¼ 0 und somit
Ex ð0; yÞ ¼ Qa2p � 0
� 1
½ a 2 þ y 2 3=2
und
Ey ð0; yÞ ¼ 0
Der elektrische Feldst�rkevektor ~EE stehtdaher senkrecht auf der y-Achse, unddiese liegt somit in einer �quipotential-fl�che 1) (Bild VIII-2).
Beispiel 2: Statisch unbestimmt gelagerter Balken
Partielle Ableitungen
Bild VIII-3 zeigt einen beidseitig eingespannten homogenen Balken der L�nge l, belastet miteiner konstanten Streckenlast q. Bestimmen Sie die beiden Auflagerkr�fte FA und FB so-wie das Einspannmoment M 0.
x
y
y
P
Q = Q1 Q = –Q2
E2
E1
E
Bild VIII-2
x
q = const.
Balken M0M0BA
FA FBl
Bild VIII-3
1) Diese �quipotentialfl�che ist eine Ebene senkrecht zur Zeichenebene. Sie enth�lt die y-Achse und die aus derZeichenebene senkrecht nach oben gerichtete z-Achse. Das Potential der �quipotentialfl�che ist V ¼ 0.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen260
L�sungshinweis: Das System ist statisch unbestimmt, d. h. die statischen Gleichgewichts-bedingungen [ A1 ] reichen in diesem Fall nicht aus, um die drei Unbekannten FA, FB undM 0 berechnen zu k�nnen. Die fehlende Gleichung erh�lt man durch eine Betrachtung derForm�nderung des Balken nach dem Satz von Castigliano [ A58 ]. Die Biegesteifigkeit EIdes Balkens wird dabei als konstant angenommen.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.1 und III.2.2 Physikalische Grundlagen: A1, A7, A58
L�sung:Aus Symmetriegr�nden verteilt sich die Gesamtlast F ¼ q l gleichm�ßig auf beide Auflager(FA ¼ FB). Aus der statischen Gleichgewichtsbedingung [ A1 ] folgt dann
FA þ FB � F ¼ 0 oder FA þ FB � q l ¼ 0
und weiter unter Ber�cksichtigung von FA ¼ FB :
FA þ FA � q l ¼ 2FA � q l ¼ 0 ) FA ¼ FB ¼ q l2
Das noch unbekannte Einspannmoment M 0 l�sst sich jedoch aus den statischen Gleichge-wichtsbedingungen [ A1 ] nicht berechnen. Das System ist somit (einfach) statisch unbe-stimmt. Bei der L�sung des Problems m�ssen daher Form�nderungen des Balkens ber�cksich-tigt werden. Nach Castigliano [ A58 ] stellt sich das Einspannmoment M 0 dabei so ein, dassdie durch die Gleichung
W ¼ðl0
M 2b ðxÞ2E I
dx ¼ 12E I
�ðl0
M 2b ðxÞ dx
definierte Form�nderungsarbeit ein Minimum annimmt. Dabei ist Mb ðxÞ das Biegemomentan der Schnittstelle x (Bild VIII-4).
Es setzt sich aus den folgenden drei Einzelmomenten [ A7 ] zusammen:
1. Dem Einspannmoment �M 0;
2. Dem von der Auflagerkraft FA erzeugten Moment
MA ¼ FA x ¼ q l2
x ;
3. Dem von der konstanten Streckenlast q im Intervall von 0 bis x erzeugten Moment 2)
Mx ¼ � q xx2¼ � q
2x 2 :
x
Balken
M0
F =Aql2
x2
x l0
qx
Bild VIII-4
2) Die in diesem Intervall von der Streckenlast q erzeugte Kraft q x greift in der Intervallmitte, d. h. an der Stellex=2 an (siehe Bild VIII-4).
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 261
Somit ist
Mb ðxÞ ¼ �M 0 þ MA þ Mx ¼ �M 0 þ q l2
x � q2
x 2 , 0 x l
und die Form�nderungsarbeit ist durch das Integral
W ¼ 12E I
�ðl0
M 2b ðxÞ dx ¼
12E I
�ðl0
�M 0 þ q l2
x � q2
x 2
� �2
dx
gegeben. Das (noch unbekannte) Einspannmoment M 0 erhalten wir dann nach dem Satz von
Castigliano [ A58 ] aus der Bedingung@W@M 0
¼ 0. Daraus folgt zun�chst
@W@M 0
¼ 12E I
� @
@M 0
ðl0
�M 0 þ q l2
x � q2
x 2� �2
dx
24 35 ¼ 0
und somit (nach Multiplikation mit der positiven Konstanten 2E I )
@
@M 0
ðl0
�M 0 þ q l2
x � q2
x 2
� �2
dx
24 35 ¼ 0
wobei die Differentiation mit der Integration vertauscht werden darf:ðl0
@
@M 0�M 0 þ q l
2x � q
2x 2
� �2
dx ¼ 0
Wir bilden nun mit Hilfe der Kettenregel die ben�tigte partielle Ableitung unter dem Integral:
@
@M 0�M 0 þ q l
2x � q
2x 2
� �2
¼ 2 �M 0 þ q l2
x � q2
x 2
� �� ð� 1Þ ¼
¼ 2 M 0 � q l2
x þ q2
x 2
� �Somit erhalten wir die folgende Bestimmungsgleichung f�r das Einspannmoment M 0 :
2 �ðl0
M 0 � q l2
x þ q2
x 2
� �dx ¼ 0 j : 2 )
ðl0
M 0 � q l2
x þ q2
x 2� �
dx ¼ 0
Wir integrieren und l�sen schließlich die Gleichung nach der Unbekannten M 0 auf:
M 0 x � q l4
x 2 þ q6
x 3
� l
0¼ M 0 l � q l 3
4þ q l 3
6¼ M 0 l � 3 q l 3
12þ 2 q l 3
12¼
¼ M 0 l � q l 3
12¼ 0 ) M 0 ¼ q l 2
12
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen262
Wegen
@ 2W
@M 20
¼ @
@M 0
@W@M 0
�¼ @
@M 0
1E I
M 0 l � q l 3
12
� � �¼
¼ 1E I� @
@M 0M 0 l � q l 3
12
� �¼ 1
E I� l ¼ l
E I> 0
handelt es sich um das gesuchte Minimum. Damit sind s�mtliche Reaktionsgr�ßen bestimmtund die L�sung der Aufgabe lautet wie folgt:
FA ¼ FB ¼ q l2
, M 0 ¼ q l 2
12
Beispiel 3: Temperaturverteilung l�ngs eines Metallstabes(eindimensionale W�rmeleitungsgleichung)
Partielle Ableitungen
Bei einem d�nnen homogenen zylindrischen Metallstab (z. B. aus Kupfer) der L�nge L mitkonstantem Querschnitt ist eine W�rme�bertragung nur in Richtung der Stabachse m�glich,wenn die Oberfl�che (Mantelfl�che) v�llig w�rmeisoliert ist. Die Temperaturverteilung ist da-bei vom Ort x und der Zeit t abh�ngig, also eine Funktion T ¼ Tðx; tÞ dieser Variablen.In einem konkreten Fall erh�lt man die folgende Temperaturverteilung:
T ðx; tÞ ¼ T 0 � e�ðp=LÞ2 a t � sin p
Lx
� �, 0 x L ; t � 0
a > 0: Temperaturleitf�higkeit (eine Materialkonstante); T 0 > 0
Zeigen Sie, dass diese Verteilung der eindimensionalen W�rmeleitungsgleichung
@T@t¼ a � @
2T@x 2
gen�gt. Skizzieren und kommentieren Sie den Temperaturverlauf l�ngs des Stabes zu ver-schiedenen Zeiten (insbesondere auch zur Zeit t ¼ 0).
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.1 und III.2.2 Physikalische Grundlagen: A65
L�sung:Wir setzen k ¼ p=L und bilden die ben�tigten partiellen Ableitungen der Temperaturvertei-lungsfunktion nach der Variablen t bzw. x:
T ðx; tÞ ¼ T 0 � e�ðp=LÞ2 a t � sin p
Lx
� �¼ T 0 � e� a k 2 t � sin ðk xÞ
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 263
@T@t¼ T 0 � e� a k 2 t � ð� a k 2Þ � sin ðk xÞ ¼ � a k 2 T 0 � e� a k 2 t � sin ðk xÞ
@T@x¼ T 0 � e� a k 2 t � ½ cos ðk xÞ � k ¼ k T 0 � e� a k 2 t � cos ðk xÞ
@ 2T@x 2
¼ k T 0 � e� a k 2 t � ½ � sin ðk xÞ � k ¼ � k 2 T 0 � e� a k 2 t � sin ðk xÞ
Dann gilt:
@T@t¼ � a k 2 T 0 � e� a k 2 t � sin ðk xÞ ¼ a ½ � k 2T 0 � e� a k 2 t � sin ðk xÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
@ 2T@x 2
¼ a � @2T
@x 2
Die Temperaturverteilungsfunktion T ðx; tÞ ist somit eine L�sung der eindimensionalenW�rmeleitungsgleichung.
Pysikalische Interpretation
Bild VIII-5 zeigt die sinusf�rmige Temperaturverteilung l�ngs des Stabes zu verschiedenenZeiten. Der zeitabh�ngige Exponentialfaktor in der Verteilungsfunktion (streng monoton fal-lende Funktion) bewirkt an jeder Stelle des Stabes eine im Laufe der Zeit zunehmende Ab-k�hlung. In den beiden Randpunkten des Stabes hat die Temperatur zu jeder Zeit t denWert 0 (der Faktor sin ðk xÞ in der Temperaturverteilungsfunktion T ðx; tÞ verschwindet andiesen Stellen):
T ðx ¼ 0; tÞ ¼ 0 und T ðx ¼ L; tÞ ¼ 0
Verteilung zu Beginn (t ¼ 0): T ðx; t ¼ 0Þ ¼ T 0 � e0 � sin ðk xÞ ¼ T 0 � sin ðk xÞ|{z}1
T0
t1
t2
t3
L
T
t = 0
x
Bild VIII-5 Temperaturverteilung l�ngs des Stabes zu verschiedenen Zeiten ðt 1 < t 2 < t 3Þ
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen264
Beispiel 4: Kapazit�t einer Kondensatorschaltung
Totales oder vollst�ndiges Differential
Die in Bild VIII-6 dargestellte Schaltung enth�lt dreiDrehkondensatoren, deren Kapazit�ten zun�chst aufdie festen Werte C 1 ¼ 100 mF, C 2 ¼ 150 mF undC 3 ¼ 250 mF eingestellt werden. Berechnen Sie dieGesamtkapazit�t C und deren �nderung DC, wenndie Einzelkapazit�ten der Reihe nach um DC 1 ¼ 2 mF,DC 2 ¼ � 1 mF und DC 3 ¼ 3 mF ge�ndert werden
a) durch exakte Rechnung,
b) durch N�herungsrechnung mit Hilfe des totalenDifferentials.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.4 Physikalische Grundlagen: A21
L�sung:a) Wir berechnen zun�chst die Gesamtkapazit�t C. Die Einzelkapazit�ten C 1 und C 2 sind
parallel geschaltet und addieren sich somit zur Kapazit�t [ A21 ]
C 12 ¼ C 1 þ C 2
Diese Ersatzkapazit�t ist mit C 3 in Reihe geschaltet. Daher addieren sich die Kehrwertevon C 12 und C 3 zum Kehrwert der gesuchten Gesamtkapazit�t C [ A21 ]:
1C¼ 1
C 12þ 1
C 3¼ 1
C 1 þ C 2þ 1
C 3¼ C 3 þ C 1 þ C 2
ðC 1 þ C 2Þ C 3¼ C 1 þ C 2 þ C 3
ðC 1 þ C 2Þ C 3
Durch Kehrwertbildung folgt daraus f�r die Gesamtkapazit�t
C ¼ ðC 1 þ C 2Þ C 3
C 1 þ C 2 þ C 3¼ ð100 þ 150Þ mF � 250 mFð100 þ 150 þ 250Þ mF ¼ 125 mF
Die Drehkondensatoren besitzen nach den vorgegebenen �nderungen nunmehr folgendeKapazit�tswerte:
C 1 ! C 1* ¼ C 1 þ DC 1 ¼ ð100 þ 2Þ mF ¼ 102 mF
C 2 ! C 2* ¼ C 2 þ DC 2 ¼ ð150 � 1Þ mF ¼ 149 mF
C 3 ! C 3* ¼ C 3 þ DC 3 ¼ ð250 þ 3Þ mF ¼ 253 mF
Die Gesamtkapazit�t C * der Schaltung ist nunmehr
C * ¼ ðC 1* þ C 2*Þ C 3*
C 1* þ C 2* þ C 3*¼ ð102 þ 149Þ mF � 253 mFð102 þ 149 þ 253Þ mF ¼ 125,998 mF
C1
C2
C3
Bild VIII-6
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 265
Sie hat sich somit um
DC ¼ C * � C ¼ ð125,998 � 125Þ mF ¼ 0,998 mF � 1 mF
vergr�ßert.
b) Das totale Differential der Funktion
C ¼ C ðC 1; C 2; C 3Þ ¼ ðC 1 þ C 2Þ C 3
C 1 þ C 2 þ C 3
lautet
dC ¼ @C@C 1
dC 1 þ @C@C 2
dC 2 þ @C@C 3
dC 3
Wir bilden nun mit Hilfe der Quotientenregel die ben�tigten partiellen Ableitungen 1. Ord-nung:
@C@C 1
¼ 1 � C 3 ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ � 1 � ðC 1 þ C 2Þ C 3
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2¼
¼ C 3 ðC 1 þ C 2 þ C 3 � C 1 � C 2ÞðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2
¼ C 23
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2
Aus Symmetriegr�nden ist
@C@C 2
¼ C 23
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2
F�r die partielle Ableitung 1. Ordnung nach der Variablen C 3 erhalten wir
@C@C 3
¼ ðC 1 þ C 2Þ � 1 � ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ � 1 � ðC 1 þ C 2Þ C 3
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2¼
¼ ðC 1 þ C 2Þ ðC 1 þ C 2 þ C 3 � C 3ÞðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2
¼ ðC 1 þ C 2Þ 2ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2
Somit ist
dC ¼ C 23 dC 1
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2þ C 2
3 dC 2
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2þ ðC 1 þ C 2Þ 2 dC 3
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2¼
¼ C 23 ðdC 1 þ dC 2Þ þ ðC 1 þ C 2Þ 2 dC 3
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2
Die Differentiale dC 1, dC 2 und dC 3 sind die vorgegebenen (kleinen) �nderungen derEinzelkapazit�ten:
dC 1 ¼ DC 1 ¼ 2 mF , dC 2 ¼ DC 2 ¼ � 1 mF , dC 3 ¼ DC 3 ¼ 3 mF
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen266
Das totale Differential dC gibt dann n�herungsweise die �nderung der Gesamtkapazit�tan. Somit gilt
DC � dC ¼ C 23 ðDC 1 þ DC 2Þ þ ðC 1 þ C 2Þ 2 DC 3
ðC 1 þ C 2 þ C 3Þ 2¼
¼ 2502 ð2 � 1Þ þ ð100 þ 150Þ 2 � 3ð100 þ 150 þ 250Þ 2 mF ¼ 2502 ð1 þ 3Þ
5002mF ¼ 1 mF
Die N�herungsrechnung f�hrt hier zum gleichen Ergebnis wie die exakte Rechnung.
Beispiel 5: Schwingungsgleichung der Mechanik
Totales oder vollst�ndiges Differential
Das aus einer elastischen Feder mit der Federkonstan-ten c und einer angeh�ngten Schwingmasse m beste-hende Federpendel (Feder-Masse-Schwinger) kann alsModell einer unged�mpften harmonischen Schwingungangesehen werden (Bild VIII-7). Leiten Sie aus demEnergieerhaltungssatz der Mechanik [ A22 ] mit Hilfedes totalen Differentials die Differentialgleichung dieserSchwingung (auch Schwingungsgleichung genannt) her.
x ¼ x ðtÞ: Auslenkung zur Zeit t (Lagekoordinate derPendelmasse)
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.4 Physikalische Grundlagen: A22
L�sung:Ist x ¼ x ðtÞ die Auslenkung und v ¼ v ðtÞ die Geschwindigkeit des Federpendels zur Zeit t,so gilt nach dem Energieerhaltungssatz der Mechanik [ A22 ]
E ðv; xÞ ¼ 12
m v 2 þ 12
c x 2 ¼ const:
Wir bilden nun das totale Differential dieser von v und x abh�ngigen (konstanten) Funk-tion:
dE ¼ @E@v
dv þ @E@x
dx ¼ 12
m � 2 v dv þ 12
c � 2 x dx ¼ m v dv þ c x dx
Pendel-masse m
x (t)
Gleichgewichts-lage
elastischeFeder
Bild VIII-7
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 267
Wegen E ¼ const: ist die Energie�nderung dE und somit das totale Differential gleichnull:
dE ¼ 0 ) m v dv þ c x dx ¼ 0
Diese Gleichung dividieren wir formal durch das Zeitdifferential dt und beachten dabei, dass
definitionsgem�ßdxdt¼ _x ¼ v und
dvdt¼ _v ¼ __x ist:
m vdvdtþ c x
dxdt¼ 0 oder m v __x þ c x v ¼ 0
Durch Ausklammern des gemeinsamen Faktors v folgt weiter
v ðm __x þ c xÞ ¼ 0
Da v 6¼ 0 ist (sonst w�rde keine Schwingung vorliegen) muss der Klammerausdruck ver-schwinden. Dies f�hrt zu der als Schwingungsgleichung bekannten Differentialgleichung einerunged�mpften harmonischen Schwingung:
m __x þ c x ¼ 0 oder __x þ w 20 x ¼ 0 ðmit w 2
0 ¼ c=mÞDie allgemeine L�sung dieser Differentialgleichung lautet im �brigen wie folgt:
x ¼ x ðtÞ ¼ C 1 � sin ðw 0 tÞ þ C 2 � cos ðw 0 tÞ ¼ A � sin ðw 0 t þ jÞSie beschreibt eine ungest�rte �berlagerung (Superposition) gleichfrequenter Sinus- und Ko-sinusschwingungen, die auch als eine resultierende Sinusschwingung mit der Amplitude A,der Kreisfrequenz w 0 und dem Phasenwinkel j darstellbar ist (siehe hierzu Band 2, Ab-schnitt V.4.1.2). Die Konstanten C 1 und C 2 bzw. A und j werden in der Regel durchvorgegebene Anfangsbedingungen festgelegt.
Beispiel 6: Thermodynamische Zustandsfunktionen
Totales Differential, wegunabh�ngiges Linienintegral
In der Thermodynamik werden die Eigenschaften makroskopischer Systeme durch sog. Zu-standsfunktionen f ðT; VÞ zweier unabh�ngiger Zustandsvariablen T (absolute Temperatur)und V (Volumen) beschrieben ðT > 0, V > 0Þ. Diese Zustandsfunktionen sind eindeutigeFunktionen von T und V , d. h. die w�hrend eines Prozesses eintretende �nderung einerZustandsfunktion h�ngt nicht von der Prozessf�hrung ab, sondern nur von den Werten derbeiden unabh�ngigen Zustandsvariablen im Anfangs- und Endzustand.
Zeigen Sie, dass das Differential
dF ¼ dU � d ðT � SÞder freien Energie F ¼ F ðT; VÞ eines idealen Gases vollst�ndig ist und bestimmen Siediese Funktion.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen268
L�sungshinweis: U ist die innere Energie, S die Entropie des Gases. Beide Funktionen h�n-gen von T und V ab und geh�ren zu den thermodynamischen Zustandsfunktionen.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.4 und Bd. 3, I.7.4
L�sung:U, S und F sind Funktionen von T und V und es gilt dann (nach der Produktregel):
dF ¼ dU � d ðT � SÞ ¼ dU � ðdT � S þ dS � TÞ ¼ dU � T dS � S dT
Mit den vollst�ndigen Differentialen
dU ¼ @U@T
dT þ @U@V
dV und dS ¼ @S@T
dT þ @S@V
dV
folgt weiter:
dF ¼ dU � T dS � S dT ¼ @U@T
dT þ @U@V
dV � T@S@T
dT þ @S@V
dV
� �� S dT ¼
¼ @U@T
dT þ @U@V
dV � T � @S@T
dT � T � @S@V
dV � S dT ¼
¼ @U@T� T � @S
@T� S
� �dT þ @U
@V� T � @S
@V
� �dV
Das Differential dF der freien Energie F ðT;VÞ ist vollst�ndig, wenn die Beziehung
@
@V@U@T� T � @S
@T� S
� �¼ @
@T@U@V� T � @S
@V
� �und somit
@ 2U@T @V
� T � @ 2S@T @V
� @S@V¼ @ 2U
@V @T� 1 � @S
@V� T � @ 2S
@V @T¼
¼ @ 2U@V @T
� T � @ 2S@V @T
� @S@V
gilt (sog. Integrabilit�tsbedingung, siehe Bd. 3, Abschnitt I.7.4).
Die Ausdr�cke auf beiden Seiten dieser Gleichung stimmen �berein, da U und S als ther-modynamische Zustandsfunktionen den Satz von Schwarz erf�llen, d. h. den Beziehungen
@ 2U@T @V
¼ @ 2U@V @T
und@ 2S
@T @V¼ @ 2S
@V @T
gen�gen. F�r die freie Energie F ðT; VÞ erh�lt man somit durch Integration:
F ðT; VÞ ¼ðdF ¼
ð½ dU � d ðT � SÞ ¼ U ðT; VÞ � T � S ðT; VÞ þ const:
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 269
Beispiel 7: Selbstinduktivit�t einer elektrischen Doppelleitung
Linearisierung einer Funktion
Eine elektrische Doppelleitung besteht aus zwei parallelen Leitern (Dr�hten) mit der L�nge lund dem Leiterradius r. Der Mittelpunktsabstand der beiden Leiter betr�gt a (Bild VIII-8;Querschnitt der Doppelleitung).
Die Selbstinduktivit�t L dieser Doppelleitung in Luft wird dabei nach der folgenden Formelberechnet:
L ¼ L ðl; r; aÞ ¼ m 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
�m 0 ¼ 4p � 10� 7 Vs=Am: magnetische Feldkonstante
a) Linearisieren Sie diese Funktion in der Umgebung des „Arbeitspunktes“ l 0 ¼ 3 km,r 0 ¼ 2 mm und a 0 ¼ 30 cm, d. h. leiten Sie eine lineare Funktionsgleichung her, ausder sich die �nderung DL der Selbstinduktivit�t L bei kleinen �nderungen Dl, Drund Da der drei unabh�ngigen Gr�ßen l, r und a berechnen l�sst.
b) Berechnen Sie mit dieser linearisierten Funktion die absolute �nderung DL der Selbst-induktivit�t L, wenn die L�nge der Doppelleitung um 1% vergr�ßert, der Leiterradius um1% verkleinert und gleichzeitig der Mittelpunktsabstand um 2% vergr�ßert wird. Verglei-chen Sie diesen N�herungswert mit der tats�chlichen �nderung DL exakt.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.5.2
L�sung:a) Bei geringen �nderungen der drei unabh�ngigen Variablen gilt n�herungsweise der fol-
gende lineare Zusammenhang zwischen den Gr�ßen L, l, r und a:
DL ¼ @L@l
� �0Dl þ @L
@r
� �0Dr þ @L
@a
� �0Da
(linearisierte Funktion mit Hilfe des totalen Differentials). Der Index „0“ kennzeichnetdabei den „Arbeitspunkt“ l 0, r 0, a 0. Wir bilden nun die ben�tigten partiellen Ablei-
tungen 1. Ordnung�unter Verwendung der Kettenregel und der Rechenregel
lnuv
� �¼ ln u � ln v f�r Logarithmen
�.
LeiterLeiter
a
r r
Bild VIII-8
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen270
Sie lauten der Reihe nach wie folgt:
@L@l¼ @
@lm 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� � �¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
�� @@lðlÞ ¼
¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
�� 1 ¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
�@L@r¼ @
@rm 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� � �¼ m 0
pl � @
@rln ða � rÞ � ln r þ 1
4
�¼
¼ m 0
pl
1a � r
� ð� 1Þ � 1rþ 0
� �¼ m 0
pl� 1
a � r� 1
r
� �¼
¼ � m 0
pl � 1
a � rþ 1
r
� �¼ � m 0
pl � r þ a � rða � rÞ r ¼ �
m 0
pl � aða � rÞ r ¼
¼ � m 0
p� a lða � rÞ r
@L@a¼ @
@am 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� � �¼ m 0
pl � @
@aln ða � rÞ � ln r þ 1
4
�¼
¼ m 0
pl
1a � r
� 1 � 0 þ 0
� �¼ m 0
pl � 1
a � r¼ m 0
p� la � r
Im Arbeitspunkt besitzen diese Ableitungen folgende Werte (alle L�ngengr�ßen wurden inmm umgerechnet):
@L@l
� �0¼
4p � 10� 7 VsAm
pln
300 mm � 2 mm2 mm
� �þ 1
4
�¼ 2,102 � 10� 6 Vs
Am
@L@r
� �0
¼ �4p � 10� 7 Vs
Amp
� 300 mm � 3 � 106 mmð300 mm � 2 mmÞ 2 mm
¼ � 0,604 027VsAm
@L@a
� �0
¼4p � 10� 7 Vs
Amp
� 3 � 106 mm300 mm � 2 mm
¼ 0,004 027VsAm
Die linearisierte Funktion nimmt damit die folgende Gestalt an:
DL ¼ ð2,102 � 10� 6 � Dl � 0,604 027 � Dr þ 0,004 027 � DaÞ VsAm
Alle in dieser Gleichung auftretenden Gr�ßen sind Relativkoordinaten, d. h. die auf denArbeitspunkt bezogenen �nderungen von l, r, a und L.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 271
b) N�herungsrechnung
Die linearisierte Funktion liefert mit den vorgegebenen �nderungen 3)
Dl ¼ 30 m , Dr ¼ � 0,02 mm ¼ � 2 � 10� 5 m , Da ¼ 0,6 cm ¼ 6 � 10� 3 m
den N�herungswert
DL ¼h2,102 � 10� 6 � 30 m � 0,604 027 � ð� 2 � 10� 5 mÞþ
þ 0,004 027 � 6 � 10� 3 mi VsAm¼ 0,000 099 m � Vs
Am¼ 0,000 099
VsA¼
¼ 0,000 099 H ¼ 0,099 mH 1VsA¼ 1 H
� �Die Selbstinduktivit�t L nimmt somit n�herungsweise um DL ¼ 0,099 mH zu.
Exakte Rechnung
Die Selbstinduktivit�t der vorgegebenen Doppelleitung betr�gt f�r die vorgegebenen Wertel 0 ¼ 3 km ¼ 3 � 103 m, r ¼ 2 mm und a ¼ 30 cm ¼ 300 mm:
L 0 ¼4p � 10� 7 Vs
Amp
� 3 � 103 m ln300 mm � 2 mm
2 mm
� �þ 1
4
�¼ 0,006 305
VsA¼
¼ 0,006 305 H ¼ 6,305 mH
Die Gr�ßen l, r und a besitzen nach den vorgenommenen �nderungen nunmehr diefolgenden Werte:
l 1 ¼ l 0 þ Dl ¼ 3000 m þ 30 m ¼ 3030 m ¼ 3,03 � 103 m
r 1 ¼ r 0 þ Dr ¼ 2 mm � 0,02 mm ¼ 1,98 mm
a 1 ¼ a 0 þ Da ¼ 30 cm þ 0,6 cm ¼ 30,6 cm ¼ 306 mm
Die Selbstinduktivit�t betr�gt jetzt
L 1 ¼4p � 10� 7 Vs
Amp
� 3,03 � 103 m ln306 mm � 1,98 mm
1,98 mm
� �þ 1
4
�¼
¼ 0,006 404VsA¼ 0,006 404 H ¼ 6,404 mH
Damit ergibt sich f�r die exakte �nderung der Selbstinduktivit�t der Wert
DL exakt ¼ L 1 � L 0 ¼ 6,404 mH � 6,305 mH ¼ 0,099 mH
in �bereinstimmung mit der N�herungsrechnung!
3) Aus Dimensionsgr�nden werden alle Werte auf die Einheit Meter umgerechnet.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen272
Beispiel 8: Leistungsanpassung beim Wechselstromgenerator
Extremwertaufgabe
Ein Wechselstromgenerator mit dem komplexen Innenwiderstand Z i ¼ Ri þ jXi lieferteine konstante Quellenspannung U mit dem Effektivwert U. Ein zum Zeitpunkt t ¼ 0angeschlossener Verbraucher mit dem stetig ver�nderbaren komplexen WiderstandZ a ¼ Ra þ jXa soll so abgestimmt werden, dass die von ihm aufgenommene WirkleistungP [ A60 ] einen maximalen Wert erreicht (sog. Leistungsanpassung; Bild VIII-9).
Wie sind Wirkwiderstand Ra und Blindwiderstand Xa des Verbrauchers zu w�hlen?
L�sungshinweis: Die Stromst�rke I l�sst sich aus dem ohmschen Gesetz der Wechselstrom-technik [ A52 ] bestimmen. Die Wirkleistung P [ A60 ] ist dann als eine Funktion der beidenunabh�ngigen Variablen Ra und Xa darstellbar.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.5.4 Physikalische Grundlagen: A13, A52, A60
L�sung:Der Gesamtwiderstand der Reihenschaltung [ A13 ] ist
Z ¼ Z a þ Z i ¼ Ra þ jXa þ Ri þ jXi ¼ ðRa þ RiÞ þ j ðXa þ XiÞNach dem Ohmschen Gesetz der Wechselstromtechnik [ A52 ] betr�gt dann die Stromst�rke
I ¼ UZ¼ U
Z a þ Z i¼ UðRa þ RiÞ þ j ðXa þ XiÞ
Die vom Verbraucher aufgenommene Wirkleistung ist definitionsgem�ß [A60 ]
P ¼ Ra I2
Dabei ist I der Effektivwert der Stromst�rke. Mit
I 2 ¼ I � I * ¼ UðRa þ RiÞ þ j ðXa þ XiÞ �
U *
ðRa þ RiÞ � j ðXa þ XiÞ ¼
I
I
IU
S
t = 0
Z = R + jXa a a
Z = R + jXi i i
Bild VIII-9
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 273
¼ U � U *
½ ðRa þ RiÞ þ j ðXa þ XiÞ ½ ðRa þ RiÞ � j ðXa þ XiÞ |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}3: Binom : ða þ bÞ ða � bÞ ¼ a 2 � b 2 mit a ¼ ðRa þ RiÞ , b ¼ j ðXa þ XiÞ
¼
¼ U 2
ðRa þ RiÞ 2 � j 2 ðXa þ XiÞ 2¼ U 2
ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2
folgt schließlich:
P ¼ P ðRa; XaÞ ¼ Ra I2 ¼ Ra U 2
ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2
(U � U * ¼ U 2 ). Dabei sind I * und U * die zu I und U konjugiert komplexen Gr�ßen.
Wirkwiderstand Ra und Blindwiderstand Xa sind nun (bei vorgegebenen Werten f�r U, Ri
und Xi) so zu bestimmen, dass die Wirkleistung P ¼ P ðRa; XaÞ ihren gr�ßtm�glichenWert annimmt. Es handelt sich also um eine Extremwertaufgabe f�r eine von zwei unabh�ngi-gen Variablen abh�ngige Funktion.
Bestimmung der ben�tigten partiellen Ableitungen
Die f�r die Extremwertberechnung ben�tigten partiellen Ableitungen 1. und 2. Ordnung er-halten wir mit Hilfe der Quotienten- und Kettenregel. Sie lauten:
@P@Ra
¼ @
@Ra
Ra U 2
ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2" #
¼
¼ U 2 � @
@Ra
Ra
ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2" #
¼
¼ U 2 � 1 ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 � 2 ðRa þ RiÞ � 1 � Ra
½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 2¼
¼ U 2 � R2a þ 2Ra R i þ R 2
i þ ðXa þ XiÞ 2 � 2R 2a � 2Ra R i
½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 2¼
¼ U 2 � R 2i � R 2
a þ ðXa þ XiÞ 2½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 2
@P@Xa
¼ @
@Xa½Ra U
2 ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 � 1 ¼
¼ U 2 Ra � @
@Xa½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 � 1 ¼
¼ U 2 Ra � ð� 1Þ � ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 � 2 � 2 ðXa þ XiÞ � 1 ¼
¼ � 2U 2 � Ra ðXa þ XiÞ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 2
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen274
@ 2P@R 2
a¼ @
@Ra
@P@Ra
�¼ @
@RaU 2 � R 2
i � R 2a þ ðXa þ XiÞ 2
½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 2" #
¼
¼ U 2 � @
@Ra
R 2i � R 2
a þ ðXa þ XiÞ 2½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 2" #
¼
¼ U 2� 2Ra ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2
h i 2ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2h i 4 �
264
�2 ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2h i
� 2 ðRa þ RiÞ � 1 � ½R 2i � R 2
a þ ðXa þ XiÞ 2
ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2h i 4
375 ¼¼ � 2U 2 � Ra ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 þ 2 ðRa þ RiÞ ½R 2
i � R 2a þ ðXa þ XiÞ 2
½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 3
Der grau unterlegte Faktor ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 wurde dabei gek�rzt.
Im Z�hler des Bruches nehmen wir noch die folgenden Umformungen vor:
Ra ðRa þ RiÞ 2 þ Ra ðXa þ XiÞ 2 þ 2 ðRa þ RiÞ ðR 2i � R 2
a|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}3: Binom : ðRi þ RaÞ ðRi � RaÞ
Þ þ 2 ðRa þ RiÞ ðXa þ XiÞ 2 ¼
¼ Ra ðRa þ RiÞ 2 þ Ra ðXa þ XiÞ 2 þ 2 ðRa þ RiÞ 2 ðRi � RaÞ þ 2 ðRa þ RiÞ ðXa þ XiÞ 2 ¼¼ Ra ðRa þ RiÞ 2 þ 2 ðRa þ RiÞ 2 ðRi � RaÞ þ Ra ðXa þ XiÞ 2 þ 2 ðRa þ RiÞ ðXa þ XiÞ 2
Ausklammern des gemeinsamen Faktors ðRa þ RiÞ 2 (1. und 2. Summand) bzw. ðXa þ XiÞ 2(3. und 4. Summand) f�hren zu
½ Ra þ 2 ðRi � RaÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}2Ri � Ra
ðRa þ RiÞ 2 þ ½ Ra þ 2 ðRa þ RiÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}3Ra þ 2Ri
ðXa þ XiÞ 2 ¼
¼ ð2Ri � RaÞ ðRa þ RiÞ 2 þ ð3Ra þ 2RiÞ ðXa þ XiÞ 2
Somit gilt:
@ 2P@R 2
a
¼ � 2U 2 � ð2Ri � RaÞ ðRa þ RiÞ 2 þ ð3Ra þ 2RiÞ ðXa þ XiÞ 2½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 3
Analog findet man f�r die restlichen partiellen Ableitungen 2. Ordnung:
@ 2P@X 2
a
¼ � 2U 2 Ra � ðRa þ RiÞ 2 � 3 ðXa þ XiÞ 2½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 3
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 275
@ 2P@Ra @Xa
¼ @ 2P@Xa @Ra
¼ � 2U 2 � ðXa þ XiÞ ½ ðRa þ RiÞ ðRi � 3 RaÞ þ ðXa þ XiÞ 2 ½ ðRa þ RiÞ 2 þ ðXa þ XiÞ 2 3
Extremwertberechnung
Aus den notwendigen Bedingungen@P@Ra
¼ 0 und@P@Xa
¼ 0 erhalten wir folgende L�sung:
@P@Xa
¼ 0 ) Ra ðXa þ XiÞ ¼ 0 ) Xa þ Xi ¼ 0 ) Xa ¼ �Xi
@P@Ra
¼ 0 ) R 2i � R 2
a þ ðXa þ Xi|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}0
Þ 2 ¼ 0 ) R 2i ¼ R 2
a ) Ra ¼ Ri
Wir pr�fen, ob auch das hinreichende Kriterium f�r einen relativen Extremwert erf�llt ist.Dazu berechnen wir zun�chst die ben�tigten Werte der partiellen Ableitungen 2. Ordnung ander Stelle Ra ¼ Ri, Xa ¼ �Xi (die grau unterlegten Ausdrucke verschwinden):
@ 2P@R 2
a
¼ � 2U 2 � ð2Ri � RiÞ ðRi þ RiÞ 2 þ ð3Ri þ 2RiÞ ð � Xi þ Xi Þ 2½ ðRi þ RiÞ 2 þ ð � Xi þ Xi Þ 2 3
¼
¼ � 2U 2 � Ri ð2RiÞ 2ð2RiÞ 6
¼ � 2U 2 Ri
ð2RiÞ 4¼ � 2U 2 Ri
16R 4i
¼ � U 2
8R 3i
@ 2P@X 2
a¼ � 2U 2 Ri � ðRi þ RiÞ 2 � 3 ð � Xi þ Xi Þ 2
½ ðRi þ RiÞ 2 þ ð � Xi þ Xi Þ 2 3¼ � 2U 2 Ri ð2RiÞ 2
ð2 RiÞ 6¼ � U 2
8R 3i
@ 2P@Ra @Xa
¼ � 2U 2 � ð � Xi þ Xi Þ ½ ðRi þ RiÞ ðRi � 3RiÞ þ ð � Xi þ Xi Þ 2 ½ ðRi þ RiÞ 2 þ ð � Xi þ Xi Þ 2 3
¼ 0
Wegen
D ¼ @ 2P@R 2
a
� �� @ 2P
@X 2a
� �� @ 2P
@Ra @Xa
� �2
¼ � U 2
8R 3i
� �� � U 2
8R 3i
� �� 02 ¼ U 4
64R 6i
> 0
und
@ 2P@R 2
a
¼ � U 2
8R 3i
< 0
liegt ein relatives Maximum vor. Die Leistungsaufnahme des Verbrauchers ist somit optimal,wenn Ra ¼ Ri und Xa ¼ �Xi und somit Z a ¼ Z i
* ist, d. h. der Verbraucherwiderstandmuss zum Innenwiderstand des Generators konjugiert komplex sein. Die Blindwiderst�ndevon Verbraucher und Generator kompensieren sich somit im Falle der Leistungsanpassung,die Leistung erreicht dann ihren Maximalwert
Pmax ¼ P ðRa ¼ Ri; Xa ¼ �XiÞ ¼ Ri U 2
ðRi þ RiÞ 2 þ ð�Xi þ XiÞ 2¼ Ri U 2
4R 2i
¼ U 2
4Ri
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen276
Beispiel 9: Eine Anwendung des Gaußschen Fehlerintegrals
Extremwertaufgabe
In der Technik (insbesondere in der Elektrotechnik) stellt sich h�ufig das Problem, eine nicht-sinusf�rmige periodische Funktion y ðtÞ mit der Periode T durch ein trigonometrischesPolynom m-ten Grades vom Typ
ym ðtÞ ¼ a 0
2þXmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ
n�herungsweise zu ersetzen (w 0 ¼ 2p=T : Kreisfrequenz der Grundschwingung; w k ¼ kw 0 :Kreisfrequenzen der harmonischen Oberschwingungen). Ein Maß f�r den dabei begangenenFehler liefert das sog. Gaußsche Fehlerintegral
F ¼ðT0
½ y ðtÞ � ym ðtÞ 2 dt
a) Bestimmen Sie die noch unbekannten Koeffizienten a 0, a 1, . . . , am, b 1, b 2, . . . , bm destrigonometrischen N�herungspolynoms ym ðtÞ so, dass das Fehlerintegral einen m�glichstkleinen Wert annimmt.
b) Zeigen Sie, dass die unter a) berechneten Koeffizienten genau die Fourierkoeffizienten derFourier-Reihe von y ðtÞ sind. Was folgern Sie daraus?
L�sungshinweis: Betrachten Sie das Gaußsche Fehlerintegral als eine Funktion der 2m þ 1unabh�ngigen Variablen a 0, a 1, . . . , am, b 1, b 2, . . . , bm. Bei der L�sung dieser Extremwert-aufgabe d�rfen Sie ferner auf die folgenden bestimmten Integrale zur�ckgreifen:
I k ¼ðT0
cos ðkw 0 tÞ dt ¼ðT0
sin ðkw 0 tÞ dt ¼ 0 ðk ¼ 1, 2, . . . , mÞ
I k n ¼ðT0
cos ðkw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ðT0
sin ðkw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ dt ¼0
T=2fur
k 6¼ n
k ¼ n
(
I k n* ¼ðT0
cos ðkw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ dt ¼ðT0
sin ðkw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ dt ¼ 0
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.5.4
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 277
L�sung:a) Das Gaußsche Fehlerintegral wird als eine Funktion der insgesamt 2m þ 1 unabh�ngi-
gen Variablen a 0, a 1, . . . , am, b 1, b 2, . . . , bm betrachtet:
F ða 0; a 1; . . . ; am; b 1; b 2; . . . ; bmÞ ¼ðT0
½ y ðtÞ � ym ðtÞ 2 dt ¼
¼ðT0
hy ðtÞ � a 0
2�Xmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ i2
dt
Die f�r ein Minimum notwendigen Bedingungen lauten dann
@F@a 0
¼ @F@a 1
¼ . . . ¼ @F@am
¼ @F@b 1
¼ @F@b 2
¼ . . . ¼ @F@bm
¼ 0
d. h. s�mtliche partiellen Ableitungen 1. Ordnung m�ssen verschwinden. Bei der Bildungder ben�tigten Ableitungen (mit Hilfe der Kettenregel) beachten wir, dass Differentiationund Integration vertauschbar sind, d. h. die Differentiation darf „unter“ dem Integralzei-chen ausgef�hrt werden.
Berechnung des Koeffizienten a 0
@F@a 0
¼ðT0
2hy ðtÞ � a 0
2�Xmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ i� � 1
2
� �dt ¼
¼ �ðT0
hy ðtÞ � a 0
2�Xmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ idt ¼ 0
Wir spalten das Integral in Teilintegrale auf und l�sen die Gleichung dann nach a 0 auf:
�ðT0
y ðtÞ dt þ a 0
2�ðT0
1 dt
|fflffl{zfflffl}T
þXmk¼ 1
ak �ðT0
cos ðkw 0 tÞ dt þ bk �ðT0
sin ðkw 0 tÞ dt0@ 1A ¼ 0
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k ¼ 0
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k ¼ 0
S�mtliche Glieder der Summe von k ¼ 1 bis k ¼ m verschwinden wegen I k ¼ 0 f�rk ¼ 1, 2, . . . , m. Aus dem verbliebenen Ausdruck l�sst sich der gesuchte Koeffizient a 0
wie folgt berechnen:
�ðT0
y ðtÞ dt þ a 0
2� T ¼ 0 ) a 0 ¼ 2
T�ðT0
y ðtÞ dt
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen278
Berechnung der Koeffizienten an (n ¼ 1, 2, . . . ,m)
@F@an¼ðT0
2hy ðtÞ � a 0
2�Xmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ i� ½ � cos ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ 2 �ðT0
h� y ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ þ a 0
2� cos ðnw 0 tÞ þ
þXmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ idt ¼ 0
Wir dividieren durch 2 und spalten das Integral in Teilintegrale auf:
�ðT0
y ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt þ a 0
2�ðT0
cos ðnw 0 tÞ dt|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k ¼ 0 ðmit k ¼ nÞ
þ
þXmk¼ 1
ak �ðT0
cos ðkw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ dt þ bk �ðT0
sin ðkw 0 tÞ � cos ðnw 0 tÞ dt0@ 1A ¼
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k n
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k n* ¼ 0
¼ �ðT0
y ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt þXmk¼ 1
ak � I k n ¼ 0
Die Integrale I k n verschwinden bis auf I n n ¼ T=2. Damit folgt f�r den Koeffizienten an :
�ðT0
y ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt þ an � T2 ¼ 0 ) an ¼ 2T�ðT0
y ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt
Berechnung der Koeffizienten bn (n ¼ 1, 2, . . . ,m)
@F@bn
¼ðT0
2hy ðtÞ � a 0
2�Xmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ i� ½ � sin ðnw 0 tÞ dt ¼
¼ 2 �ðT0
h� y ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ þ a 0
2� sin ðnw 0 tÞþ
þXmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ idt ¼ 0
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 279
Wir dividieren durch 2 und spalten das Integral in Teilintegrale auf:
�ðT0
y ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt þ a 0
2�ðT0
sin ðnw 0 tÞ dt|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k ¼ 0 ðmit k ¼ nÞ
þ
þXmk¼ 1
ak �ðT0
cos ðkw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ dt þ bk �ðT0
sin ðkw 0 tÞ � sin ðnw 0 tÞ dt0@ 1A ¼
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k n* ¼ 0
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}I k n
¼ �ðT0
y ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt þXmk¼ 1
bk � I k n ¼ 0
Wegen I k n ¼ 0 f�r k 6¼ n und I n n ¼ T=2 folgt schließlich f�r den Koeffizienten bn :
�ðT0
y ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt þ bn � T2 ¼ 0 ) bn ¼ 2T�ðT0
y ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt
b) Die Berechnungsformeln f�r die Koeffizienten des trigonometrischen N�herungspolynomsm-ten Grades lauten nach den Ergebnissen aus Teil a):
a 0 ¼ 2T�ðT0
y ðtÞ dt
an ¼ 2T�ðT0
y ðtÞ � cos ðnw 0 tÞ dt
bn ¼ 2T�ðT0
y ðtÞ � sin ðnw 0 tÞ dt
9>>>>>>>>=>>>>>>>>;n ¼ 1, 2, . . . , m
Sie stimmen, wie ein Vergleich zeigt, mit den entsprechenden Fourierkoeffizienten derFourier-Reihe von y ðtÞ �berein (siehe Band 2, Abschnitt II.2.1, Formel (II-28) bzw. For-melsammlung, Abschnitt VI.4.2). Wir folgern: Von allen m�glichen trigonometrischen Po-lynomen m-ten Grades vom Typ
ym ðtÞ ¼ a 0
2þXmk¼ 1
½ ak � cos ðkw 0 tÞ þ bk � sin ðkw 0 tÞ
liefert dasjenige die bestm�gliche N�herung f�r y ðtÞ, dessen Koeffizienten mit den ent-sprechenden Fourierkoeffizienten von y ðtÞ �bereinstimmen.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen280
Beispiel 10: Fl�cheninhalt und Fl�chenschwerpunkt einesKreisabschnittes (Kreissegmentes)
Doppelintegrale in kartesischen Koordinaten
Bild VIII-10 zeigt ein Kreissegment aus d�nnemhomogenen Blech mit dem Radius R und demZentriwinkel j ¼ 2a. Berechnen Sie unter aus-schließlicher Verwendung von Doppelintegralenin kartesischen Koordinaten
a) den Fl�cheninhalt A,
b) die Lage des Fl�chenschwerpunktes S.
c) Untersuchen Sie den Sonderfall j ¼ p.
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.1.3
L�sung:Wir bestimmen zun�chst die ben�tigten Integrationsgrenzen unter Verwendung kartesischerKoordinaten. Aus dem rechtwinkligen Dreieck OP 0P erhalten wir f�r die Koordinaten desPunktes P ¼ ðx; yÞ die folgenden Beziehungen:
sin a ¼ xR) x ¼ R � sin a , cos a ¼ y
R) y ¼ R � cos a
Das Kreissegment wird somit unten von der zur x-Achse parallelen Geraden yu ¼ R � cos aund oben von der Kreislinie y 0 ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
berandet. Die Kurvenschnittpunkte liegen beix 1=2 ¼ �R � sin a.Damit ergeben sich folgende Integrationsgrenzen :
y-Integration : Von y ¼ R � cos a bis y ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
x-Integration : Von x ¼ �R � sin a bis x ¼ R � sin aa) Das Doppelintegral f�r den Fl�cheninhalt lautet unter Ber�cksichtigung der Spiegelsym-
metrie zur y-Achse:
A ¼ðððAÞ
1 dA ¼ðR � sin a
x¼�R � sin a
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos a1 dy dx ¼ 2 �
ðR � sin a
x¼ 0
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos a1 dy dx
xx
y
y
y0
yu a
a aP ′
P
0
R R
S
Bild VIII-10
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 281
Innere Integration (nach der Variablen y):
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos a1 dy ¼
hyi ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos a¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
� R � cos a
�ußere Integration (nach der Variablen x):
ðR � sin a
x¼ 0
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
� R � cos aÞ dx ¼
¼ 12
x �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
þ R 2 � arcsin xR
� �� �� R � cos a � x
�R � sin a0
¼
¼ 12
R � sin a �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � R 2 � sin 2 a
pþ 1
2R 2 � arcsin ðsin aÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
a
� R 2 � cos a � sin a ¼
¼ 12
R � sin a �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 ð1 � sin 2 aÞ
qþ 1
2R 2 a � R 2 � cos a � sin a ¼|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}
cos2 a
¼ 12
R 2 � sin a � cos a þ 12
R 2 a � R 2 � sin a � cos a ¼
¼ 12
R 2 a � 12
R 2 � sin a � cos a ¼ 12
R 2 a � 12� sin ð2aÞ
� �|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}12� sin ð2aÞ ðsiehe Formelsammlung, III:7:6:3Þ
(Berechnung des Integralsð ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
R 2 � x 2p
dx nach Integral Nr. 141 mit a ¼ R)Die Fl�che betr�gt somit
A ¼ 2 � 12
R 2 a � 12� sin ð2aÞ
� �¼ R 2 a � 1
2� sin ð2aÞ
� �oder (unter Ber�cksichtigung von a ¼ j=2)
A ¼ R 2 j
2� 1
2� sin j
� �¼ 1
2R 2 ðj � sin jÞ
b) Der Schwerpunkt S liegt aus Symmetriegr�nden auf der y-Achse (Symmetrieachse).Somit ist xS ¼ 0. F�r die Schwerpunktsordinate y S gilt dann unter Ber�cksichtigung derSpiegelsymmetrie des Kreissegmentes bez�glich der y-Achse:
yS ¼ 1A�ðððAÞ
y dA ¼ 1
R 2 a � 12� sin ð2aÞ
� � � ðR � sin a
x¼�R � sin a
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos ay dy dx ¼
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen282
¼ 2
R 2 a � 12� sin ð2aÞ
� � � ðR � sin a
x¼ 0
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos ay dy dx
Innere Integration (nach der Variablen y):
ðffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos ay dy ¼ 1
2y 2
� ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos a¼ 1
2
hy 2i ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 � x 2p
y¼R � cos a¼
¼ 12ðR 2 � x 2 � R 2 � cos2 aÞ ¼ 1
2½R 2 ð1 � cos2 a|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}
sin 2 a
Þ � x 2 ¼
¼ 12ðR 2 � sin 2 a � x 2Þ
�ußere Integration (nach der Variablen x):
ðR � sin a
x¼ 0
12ðR 2 � sin 2 a � x 2Þ dx ¼ 1
2R 2 � sin 2 a � x � 1
3x 3
�R � sin a
0
¼
¼ 12
R 3 � sin 3 a � 13
R 3 � sin 3 a
� �¼ 1
3R 3 � sin 3 a
F�r die Schwerpunktskoordinate yS erhalten wir damit
yS ¼ 2
R 2 a � 12� sin ð2aÞ
� � � 13
R 3 � sin 3 a ¼ 2R � sin 3 a
3 a � 12� sin ð2aÞ
� �oder (unter Ber�cksichtigung von a ¼ j=2)
yS ¼ 2R � sin 3 ðj=2Þ
312j � 1
2� sin j
� � ¼ 2R � sin 3 ðj=2Þ32ðj � sin jÞ
¼ 4R � sin 3 ðj=2Þ3 ðj � sin jÞ
Anmerkung: Bei einem Blech der St�rke (Dicke) h liegt die H�henkoordinate (z-Koor-dinate) des Schwerpunktes bei z S ¼ h=2. F�r ein hauchd�nnes Blech ðh ! 0Þ giltz S ¼ 0.
c) Im Sonderfall j ¼ p erhalten wir einen Halbkreis mit der Fl�che A ¼ 12p R 2 und
den Schwerpunktskoordinaten xS ¼ 0 und y S ¼ 4R3p¼ 0,424R.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 283
Beispiel 11: Magnetischer Fluss durch eine Leiterschleife
Doppelintegral in Polarkoordinaten
Eine kreisf�rmig gebogene Leiterschleifevom Radius R wird senkrecht von einemMagnetfeld durchflutet, dessen magneti-sche Flussdichte B nach der Gleichung
B ðrÞ ¼ B 0 � e� r 2 , r � 0
in radialer Richtung nach außen hin ab-nimmt (Bild VIII-11).
r: Abstand vomKreismittelpunkt; B 0 > 0
Bestimmen Sie den magnetischen Fluss Fdurch die Leiterschleife mittels Doppel-integration.
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.1.2.2 Physikalische Grundlagen: A38
L�sung:Der magnetische Fluss F durch die Leiterschleife ist definitionsgem�ß durch das Doppel-integral
F ¼ðððAÞ
B ðrÞ dA
gegeben [A38 ]. In Polarkoordinaten ist dA ¼ r dr dj, die Integrationsgrenzen lauten dann:
r-Integration : Von r ¼ 0 bis r ¼ R
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
Somit ist
F ¼ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
B 0 � e� r 2 � r dr dj ¼ B 0 �ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
r � e� r 2 dr dj
Innere Integration (nach der Variablen r):
Das innere IntegralðR
r¼ 0
r � e� r 2 dr l�sen wir durch die folgende Substitution:
x
y magnetische Feldlinie(senkrecht zur Zeichenebene)
Leiterschleife
B
R
Bild VIII-11
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen284
u ¼ � r 2 ,dudr¼ � 2 r , dr ¼ � du
2 r
Untere Grenze: r ¼ 0 ) u ¼ 0
Obere Grenze : r ¼ R ) u ¼ �R 2
ðRr¼ 0
r � e� r 2 dr ¼ð�R 2
u¼ 0
r � e u � � du2 r
� �¼ � 1
2�ð�R 2
0
e u du ¼ � 12
he ui�R 2
0¼
¼ � 12
e�R 2 � 1� �
¼ 12
1 � e�R 2� �
�ußere Integration (nach der Variablen j):
ð2pj¼ 0
12
1 � e�R 2� �
dj ¼ 12
1 � e�R 2� �
�ð2p0
1 dj ¼ 12
1 � e�R 2� � h
ji2p0¼
¼ 12
1 � e�R 2� �
� 2p ¼ p 1 � e�R 2� �
Der magnetische Fluss durch die kreisf�rmige Leiterschleife betr�gt somit
F ¼ B 0 �ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
r � e� r 2 dr dj ¼ B 0 p 1 � e�R 2� �
Beispiel 12: Stromst�rke in einem Leiter bei ortsabh�ngigerStromdichte
Doppelintegral in Polarkoordinaten
Der in Bild VIII-12 skizzierte elektrische Leiter besitzt einen kreisringf�rmigen Querschnittmit dem Innenradius r i und dem Außenradius r a. Er wird in seiner L�ngsrichtung voneinem Strom durchflossen, dessen Stromdichte ~SS dem Betrage nach von innen nach außenhin nach der Gleichung
S ðrÞ ¼ S 0 � e�a r
r, r i r r a
abnimmt.
r : senkrechter Abstand von der Symmetrieachse (z-Achse); S 0 > 0; a > 0
Berechnen Sie die Stromst�rke I durch ein Doppelintegral.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 285
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.1.2.2 Physikalische Grundlagen: A61
L�sung:Definitionsgem�ß [A61 ] ist die Stromst�rke durch das Doppelintegral
I ¼ðððAÞ
dI ¼ðððAÞ
S dA
gegeben. Wegen der Kreissymmetrie verwenden wir zweckm�ßigerweise Polarkoordinaten rund j. Das Fl�chenelement ist dA ¼ r dr dj, die Integrationsgrenzen lauten (siehe BildVIII-12):
r-Integration : Von r ¼ r i bis r ¼ r a
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
Die Stromst�rke l�sst sich damit durch das folgende Doppelintegral berechnen:
I ¼ðððAÞ
S ðrÞ � r dr dj ¼ð2p
j¼ 0
ðr ar¼ r i
S 0 � e�a r
r� r dr dj ¼ S 0 �
ð2pj¼ 0
ðr ar¼ r i
e�a r dr dj
Wir l�sen dieses Integral durch zwei nacheinander auszuf�hrende gew�hnliche Integrationen.
Innere Integration (nach der Variablen r):
Das innere Integral l�sen wir durch die folgende Substitution :
u ¼ �a r , dudr¼ �a , dr ¼ � du
a
Untere Grenze : r ¼ r i ) u ¼ �a r i
Obere Grenze : r ¼ r a ) u ¼ �a r a
x
y Stromdichtevektor S(senkrecht zur Zeicheneben)
S
S
S
Leiterquerschnitt(Kreisring)
ra
ri
Bild VIII-12
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen286
ðr ar¼ r i
e�a r dr ¼ð�a r a
u¼�a r i
e u � � dua
� �¼ � 1
a�ð�a r a�a r i
e u du ¼ � 1a
he ui�a r a�a r i
¼
¼ � 1aðe�a r a � e�a r iÞ ¼ 1
aðe�a r i � e�a r aÞ
�ußere Integration (nach der Variablen j):
ð2pj¼ 0
1aðe�a r i � e�a r aÞ dj ¼ 1
aðe�a r i � e�a r aÞ �
ð2p0
1 dj ¼
¼ 1aðe�a r i � e�a r aÞ
hji2p0¼ 1
aðe�a r i � e�a r aÞ � 2p ¼ 2p
aðe�a r i � e�a r aÞ
Die Stromst�rke betr�gt damit
I ¼ S 0 �ð2p
j¼ 0
ðr ar¼ r i
e�a r dr dj ¼ 2p S 0
aðe�a r i � e�a r aÞ
Beispiel 13: Gaußsche Normalverteilung
Doppelintegral in Polarkoordinaten
Messwerte und Messfehler einer physikalisch-technischen Gr�ße t sind im Regelfall normal-verteilt, d. h. sie unterliegen der Gaußschen Normalverteilung mit der Dichtefunktion
j ðtÞ ¼ N � e�12
t� msð Þ2 , �1 < t < 1
und den beiden Kennwerten (Parametern)
m (Mittel- oder Erwartungswert) und s (Standardabweichung) 4).
Der Faktor N in der Dichtefunktion wird dabei so gew�hlt, dass die Gesamtfl�che unter derGaußschen Kurve den Wert 1 erh�lt:
ð1�1
j ðtÞ dt ¼ N �ð1�1
e� 1
2t�msð Þ2 dt ¼ 1
4) Eine ausf�hrliche Darstellung der Gaußschen Normalverteilung finden Sie in Band 3, Abschnitt II.6.4.1.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 287
Man bezeichnet diesen Vorgang alsNormierung, den Faktor N daher fol-gerichtig als Normierungsfaktor. DiesesVorgehen hat einen tieferen Grund: ImFalle der Normierung ist die Wahr-scheinlichkeit P daf�r, dass man beieiner Messung der Gr�ße t einen zwi-schen a und b liegenden Messwerterh�lt, durch die Fl�che unter derGaußkurve im Intervall a t b,d. h. durch das Integral
P ða t bÞ ¼ðba
j ðtÞ dt ¼ N �ðba
e� 1
2t�msð Þ2 dt
gegeben (grau unterlegte Fl�che in Bild VIII-13). Bestimmen Sie den Normierungsfaktor Nunter Beachtung des L�sungshinweises.
L�sungshinweis: Das uneigentliche Integral ist elementar nicht l�sbar. Es l�sst sich jedochmit einem (zun�chst vielleicht etwas sonderbar erscheinenden) „mathematischen Trick“ mitHilfe eines Doppelintegrals schrittweise wie folgt l�sen:
(1) F�hren Sie zun�chst die Substitution x ¼ t � m
sdurch. Sie f�hrt auf die �bersichtlichere
Gleichung
N s �ð1�1
e�12 x
2dx ¼ 1
(2) Quadrieren Sie jetzt diese Gleichung und f�hren Sie in den beiden (identischen) Integra-len der linken Seite formal unterschiedliche Bezeichnungen f�r die Integrationsvariableein (z. B. x und y) 5). Sie erhalten dann die Gleichung
N 2 s 2 �ð1�1
e�12 x
2dx
0@ 1A � ð1�1
e�12 y
2dy
0@ 1A ¼ 1
Das Produkt der beiden Integrale l�sst sich durch ein Doppelintegral in kartesischen Ko-ordinaten darstellen, wobei �ber die gesamte x, y-Ebene zu integrieren ist.
(3) L�sen Sie dieses Doppelintegral, in dem Sie jetzt zu Polarkoordinaten �bergehen undberechnen Sie anschließend aus der Gleichung den Normierungsfaktor N.
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.1.2.2
ta b
f( t )
P (a t b)≤ ≤
f( t )
Bild VIII-13
5) Der Wert der Integrale bleibt davon unber�hrt.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen288
L�sung:Wir gehen in der vorgeschlagenen Weise vor.
(1) Substitution: x ¼ t � m
s,
dxdt¼ 1
s, dt ¼ s dx
Untere Grenze : t ¼ �1 ) x ¼ �1Obere Grenze : t ¼ 1 ) x ¼ 1
N �ð1�1
e� 1
2t� msð Þ2 dt ¼ N �
ð1�1
e�12 x
2 � s dx ¼ N s �ð1�1
e�12 x
2dx ¼ 1
(2) Quadrieren der Gleichung und Umbenennen der Integrationsvariablen des zweiten (rech-ten) Integrals (x ! y):
N 2 s 2 �ð1�1
e�12 x
2dx
0@ 1A � ð1�1
e�12 y
2dy
0@ 1A ¼ 1
Darstellung des Integralproduktes als Doppelintegral:
N 2 s 2 �ð1
x¼�1
ð1y¼�1
e�12 x
2 � e� 12 y
2dy dx ¼
¼ N 2 s 2 �ð1
x¼�1
ð1y¼�1
e�12 ðx 2 þ y 2Þ dy dx ¼ 1
(3) �bergang zu den Polarkoordinaten r und j:
x 2 þ y 2 ¼ r 2 ) e�12 ðx 2 þ y 2Þ ¼ e�
12 r
2
dA ¼ dy dx ) dA ¼ r dr dj
Die Integration erfolgt dabei �ber die gesamte x, y-Ebene. Somit lauten die Integrations-grenzen (in Polarkoordinaten ausgedr�ckt):
r-Integration : Von r ¼ 0 bis r ¼ 1j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
Damit erhalten wir das folgende Doppelintegral in Polarkoordinaten:
ð2pj¼ 0
ð1r¼ 0
e�12 r
2 � r dr dj
Wir l�sen dieses Integral durch zwei (gew�hnliche) Integrationen.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 289
Innere Integration (nach der Variablen r):
Das innere Integralð1
r¼ 0
e�12 r
2 � r dr wird durch die Substitution
u ¼ � 12
r 2 ,dudr¼ � r , dr ¼ � du
r
Untere Grenze : r ¼ 0 ) u ¼ 0
Obere Grenze : r ¼ 1 ) u ¼ �1wie folgt gel�st:
ð1r¼ 0
e�12 r
2 � r dr ¼ð�1
u¼ 0
e u � r � dur
� �¼ �
ð�10
e u du ¼ �he ui�10¼
¼ �ð0 � 1Þ ¼ 1 ðe u ! 0 fur u ! �1Þ�ußere Integration (nach der Variablen j):
ð2pj¼ 0
1 dj ¼hji 2p0¼ 2p
Somit ist
N 2 s 2 �ð1
x¼�1
ð1y¼�1
e�12 ðx 2 þ y 2Þ dy dx ¼
¼ N 2 s 2 �ð2p
j¼ 0
ð1r¼ 0
e�12 r
2 � r dr ¼ N 2 s 2 � 2p ¼ 1
und der Normierungsfaktor besitzt den Wert
N ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s
Die normierte Dichtefunktion der Gaußschen Normalverteilung lautet damit:
j ðtÞ ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi2pp � s � e
� 12
t� msð Þ 2 , � 1 < t < 1
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen290
Beispiel 14: Schwerpunkt, Hauptachsen und Hauptfl�chenmomente2. Grades (Hauptfl�chentr�gheitsmomente) einertrapezf�rmigen Fl�che
Doppelintegrale in kartesischen Koordinaten
Bestimmen Sie f�r die in Bild VIII-14 skizzierte tra-pezf�rmige Fl�che folgende Gr�ßen mittels Doppel-integration:
a) Die Lage des Fl�chenschwerpunktes S ¼ ðxS; y SÞ,b) die axialen Fl�chenmomente I x und I y sowie das
gemischte Fl�chenmoment I x y (auch Zentrifugal-moment genannt),
c) die entsprechenden Fl�chenmomente I x, I h, undI x h, bezogen auf die Achsen eines durch denSchwerpunkt S gehenden x, h-Parallelkoordinaten-systems, unter Verwendung des Satzes von Steiner[ A62 ],
d) die beiden Hauptachsen u und v sowie dieHauptfl�chenmomente I u und I v [ A63 ].
u, v: Hauptachsen der Fl�che; j: Winkel zwischen der Hauptachse u und der x- bzw.x-Achse
L�sungshinweis: Die Berechnungsformel f�r das gemischte Fl�chenmoment (Zentrifugalmo-ment) I x y lautet:
I x y ¼ðððAÞ
x y dA ¼ðððAÞ
x y dy dx
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.1.3 Physikalische Grundlagen: A62, A63
L�sung:Das trapezf�rmige Fl�chenst�ck hat den Fl�cheninhalt A ¼ ða þ 3 aÞ
2� 2 a ¼ 4 a 2 und
wird unten von der x-Achse und oben von der Geraden y ¼ x þ a berandet. Damit erge-ben sich f�r die anfallenden Doppelintegrale folgende Integrationsgrenzen :
y-Integration : Von y ¼ 0 bis y ¼ x þ a
x-Integration : Von x ¼ 0 bis x ¼ 2 a
xxS
y
2a
ySyS
x
uS
v
f
3a
2a
a
h
Bild VIII-14
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 291
a) Berechnung der Schwerpunktskoordinate xS
xS ¼ 1A�ðððAÞ
x dA ¼ 14 a 2
�ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
x dy dx
Innere Integration (nach der Variablen y):ðxþ a
y¼ 0
x dy ¼ x �ðxþ a
y¼ 0
1 dy ¼ xhyi xþ a
y¼ 0¼ x ðx þ aÞ ¼ x 2 þ a x
�ußere Integration (nach der Variablen x):
ð2 ax¼ 0
ðx 2 þ a xÞ dx ¼ 13
x 3 þ 12
a x 2 �2 a
0¼ 8
3a 3 þ 2 a 3 ¼
¼ 83
a 3 þ 63
a 3 ¼ 143
a 3
Somit ist
xS ¼ 14 a 2
�ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
x dy dx ¼ 14 a 2
� 143
a 3 ¼ 76
a
Berechnung der Schwerpunktskoordinate yS
yS ¼ 1A�ðððAÞ
y dA ¼ 14 a 2
�ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
y dy dx
Innere Integration (nach der Variablen y):
ðxþ a
y¼ 0
y dy ¼ 12
y 2
�xþ a
y¼ 0¼ 1
2ðx þ aÞ2 ¼ 1
2ðx 2 þ 2 a x þ a 2Þ
�ußere Integration (nach der Variablen x):
12�ð2 a
x¼ 0
ðx 2 þ 2 a x þ a 2Þ dx ¼ 12
13
x 3 þ a x 2 þ a 2 x
�2 a0¼
¼ 12
83
a 3 þ 4 a 3 þ 2 a 3
� �¼ 1
283
a 3 þ 6 a 3
� �¼
¼ 12
83
a 3 þ 183
a 3
� �¼ 1
2� 263
a 3 ¼ 133
a 3
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen292
Somit ist
yS ¼ 14 a 2
�ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
y dy dx ¼ 14 a 2
� 133
a 3 ¼ 1312
a
Der Schwerpunkt liegt im Punkt S ¼ 76
a;1312
a
� �.
b) Berechnung des axialen Fl�chenmomentes I x
I x ¼ðððAÞ
y 2 dA ¼ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
y 2 dy dx
Innere Integration (nach der Variablen y):
ðxþ a
y¼ 0
y 2 dy ¼ 13
y 3 �xþ a
y¼ 0¼ 1
3ðx þ aÞ3 ¼ 1
3ðx 3 þ 3 a x 2 þ 3 a 2 x þ a 3Þ
�ußere Integration (nach der Variablen x):
13�ð2 a
x¼ 0
ðx 3 þ 3 a x 2 þ 3 a 2 x þ a 3Þ dx ¼ 13
14
x 4 þ a x 3 þ 32
a 2 x 2 þ a 3 x
�2 a0
¼
¼ 13ð4 a 4 þ 8 a 4 þ 6 a 4 þ 2 a 4Þ ¼ 20
3a 4
Somit ist I x ¼ 203
a 4.
Berechnung des axialen Fl�chenmomentes I y6)
I y ¼ðððAÞ
x 2 dA ¼ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
x 2 dy dx
Innere Integration (nach der Variablen y):
ðxþ a
y¼ 0
x 2 dy ¼ x 2 �ðxþ a
y¼ 0
1 dy ¼ x 2hyixþ a
y¼ 0¼ x 2 ðx þ aÞ ¼ x 3 þ a x 2
6) Aus Symmetriegr�nden ist I y ¼ I x. Der �bung halber wollen wir jedoch auf die direkte Berechnung nach derDefinitionsformel nicht verzichten.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 293
�ußere Integration (nach der Variablen x):ð2 ax¼ 0
ðx 3 þ a x 2Þ dx ¼ 14
x 4 þ 13
a x 3
�2 a0¼ 4 a 4 þ 8
3a 4 ¼
¼ 123a 4 þ 8
3a 4 ¼ 20
3a 4
Somit ist I y ¼ 203
a 4 und I y ¼ I x, wie bereits weiter vorne erkannt.
Berechnung des gemischten Fl�chenmomentes (Zentrifugalmomentes) I x y
I x y ¼ðððAÞ
x y dA ¼ð2 a
x¼ 0
ðxþ a
y¼ 0
x y dy dx
Innere Integration (nach der Variablen y):ðxþ a
y¼ 0
x y dy ¼ x �ðxþ a
y¼ 0
y dy ¼ x12
y 2
�xþ a
y¼ 0¼ 1
2xhy 2ixþ a
y¼ 0¼ 1
2x ðx þ aÞ2 ¼
¼ 12
x ðx 2 þ 2 a x þ a 2Þ ¼ 12ðx 3 þ 2 a x 2 þ a 2 xÞ
�ußere Integration (nach der Variablen x):
12�ð2 a
x¼ 0
ðx 3 þ 2 a x 2 þ a 2 xÞ dx ¼ 12
14
x 4 þ 23
a x 3 þ 12
a 2 x 2
�2 a0
¼
¼ 12
4 a 4 þ 163
a 4 þ 2 a 4
� �¼ 1
26 a 4 þ 16
3a 4
� �¼
¼ 12� 18
3a 4 þ 16
3a 4
� �¼ 1
2� 343
a 4 ¼ 173
a 4
Somit ist I x y ¼ 173
a 4.
c) Nach dem Satz von Steiner [ A62 ] gilt
I x ¼ I x þ A � y 2S und somit I x ¼ I x � A � y 2
S
Damit erhalten wir f�r das gesuchte axiale Fl�chenmoment I x :
I x ¼ 203
a 4 � 4 a 2 � 1312
a
� �2
¼ 203
a 4 � 4 a 2 � 169144
a 2 ¼ 203
a 4 � 16936
a 4 ¼
¼ 24036
a 4 � 16936
a 4 ¼ 7136
a 4
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen294
Analog werden die Fl�chenmomente Ih und I x h bestimmt:
I y ¼ I h þ A � x 2S oder I h ¼ I y � A � x 2S
Ih ¼ 203
a 4 � 4 a 2 � 76a
� �2
¼ 203
a 4 � 499
a 4 ¼ 609
a 4 � 499
a 4 ¼ 119
a 4
I x y ¼ I x h þ A � xS � yS und somit I x h ¼ I x y � A � x S � yS
I x h ¼ 173
a 4 � 4 a 2 � 76
a � 1312
a ¼ 173
a 4 � 9118
a 4 ¼ 10218
a 4 � 9118
a 4 ¼ 1118
a 4
d) Die Hauptachsen u und v entstehen durch Drehung des x, h-Koordinatensystems umden Winkel j, der aus der Gleichung
tan ð2jÞ ¼ � 2 I x hI x � I h
berechnet werden kann [A63 ]. Wir erhalten die folgende L�sung:
tan ð2jÞ ¼ �2 � 11
18a 4
7136
a 4 � 119
a 4¼ �
119
7136� 44
36
¼ �1192736
¼ � 119� 3627¼ � 44
27¼
¼ �1,6296 )2j ¼ arctan ð� 1,6296Þ ¼ �58,47� ) j ¼ � 29,23�
Die Hauptachsen u und v entstehen somit durch Drehung der Schwerpunktskoordinaten-achsen x und h um den Winkel 29,23� im Uhrzeigersinn!
F�r die beiden Hauptfl�chenmomente I u und I v ergeben sich folgende Werte [ A63 ]:
I u=v ¼ 12
I x þ I h �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðI x � I hÞ2 þ 4 I 2x h
q� �¼
¼ 12
7136
a 4 þ 119
a 4 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi7136
a 4 � 119
a 4
� �2
þ 41118
a 4
� �2s24 35 ¼
¼ 12
71 þ 4436
a 4 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi71 � 44
36
� �2
� a 8 þ 42236
� �2
� a 8
s24 35 ¼¼ 1
211536
a 4 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2736
� �2
þ 42236
� �2s
� a 4
24 35 ¼
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 295
¼ 12
115 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi272 þ 4 � 222
p36
" #a 4 ¼ 1
72115 �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2665p� �
a 4 ¼
¼ 172ð115 � 51,624Þ a 4 ¼ ð1,597 � 0,717Þ a 4
I u ¼ ð1,597 þ 0,717Þ a 4 ¼ 2,314 a 4
I v ¼ ð1,597 � 0,717Þ a 4 ¼ 0,880 a 4
Beispiel 15: Volumen und Schwerpunkt eines Tetraeders
Dreifachintegrale in kartesischen Koordinaten
Bild VIII-15 zeigt einen homogenen K�rper in Gestalteines Tetraeders (dreiseitige Pyramide). BestimmenSie unter ausschließlicher Verwendung von Dreifach-integralen
a) das Volumen V,
b) den Schwerpunkt S ¼ ðx S; yS; z SÞ dieses K�rpers.
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.2.3
L�sung:Wir bestimmen zun�chst die Integrationsgrenzen der anfallenden Dreifachintegrale. Der „Bo-den“ des Tetraeders liegt in der x, y-Ebene mit der Gleichung z ¼ 0, die ebene „Deckel-fl�che“ ist das gleichseitige Dreieck ABC. Die Gleichung der Ebene, die dieses Dreieck ent-h�lt, kann wegen der vorhandenen Symmetrie in der besonders einfachen Form
x þ y þ z þ d ¼ 0 oder z ¼ � x � y � d
angesetzt werden. Die noch fehlende Konstante d l�sst sich dann leicht durch Einsetzen derKoordinaten eines der drei Punkte, z. B. des Punktes A ¼ ða; 0; 0Þ in diese Gleichung be-stimmen. Dies f�hrt zu
0 ¼ � a � 0 � d ¼ � a � d ) d ¼ � a
y
x
z
a
a
a
B
A
C
Tetraeder
Bild VIII-15
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen296
Somit ist z ¼ � x � y þ a die Gleichung der ebenen „Deckelfl�che“. Die Schnittkurve die-ser Ebene mit der x, y-Ebene ist die Gerade y ¼ � x þ a (sie verl�uft durch die Punkte Aund B, siehe Bild VIII-15). Damit ergeben sich folgende Integrationsgrenzen :
z-Integration : Von z ¼ 0 bis z ¼ � x � y þ a
y-Integration : Von y ¼ 0 bis y ¼ � x þ a
x-Integration : Von x ¼ 0 bis x ¼ a
a) Die Volumenberechnung erfolgt durch das Dreifachintegral
V ¼ððððVÞ
dV ¼ða
x¼ 0
ð� xþ a
y¼ 0
ð� x� yþ a
z¼ 0
1 dz dy dx
in drei nacheinander auszuf�hrenden Integrationsschritten.
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):ð� x� yþ a
z¼ 0
1 dz ¼hzi� x� yþ a
z¼ 0¼ � x � y þ a ¼ ð� x þ aÞ � y
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen y):ð� xþ a
y¼ 0
½ ð� x þ aÞ � y dy ¼ ð� x þ aÞ y � 12
y 2
�� xþ a
y¼ 0
¼
¼ ð� x þ aÞ ð� x þ aÞ � 12ð� x þ aÞ 2 ¼ ð� x þ aÞ 2 � 1
2ð� x þ aÞ 2 ¼
¼ 12ð� x þ aÞ 2 ¼ 1
2ðx 2 � 2 a x þ a 2Þ
3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen x):
12�ða
x¼ 0
ðx 2 � 2 a x þ a 2Þ dx ¼ 12
13
x 3 � a x 2 þ a 2 x
�a0
¼
¼ 12
13
a 3 � a 3 þ a 3
� �¼ 1
2� 13
a 3 ¼ 16
a 3
Somit ist
V ¼ða
x¼ 0
ð� xþ a
y¼ 0
ð� x� yþ a
z¼ 0
1 dz dy dx ¼ 16
a 3
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 297
b) Bei der Berechnung der Schwerpunktskoordinaten beachten wir, dass diese aus Sym-metriegr�nden �bereinstimmen: xS ¼ y S ¼ z S. Es gen�gt daher, die Schwerpunktskoor-dinate x S zu berechnen:
xS ¼ 1V�ððððVÞ
x dV ¼ 6a 3�ða
x¼ 0
ð� xþ a
y¼ 0
ð� x�yþ a
z¼ 0
x dz dy dx
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):
ð� x� yþ a
z¼ 0
x dz ¼ x �ð� x� yþ a
z¼ 0
1 dz ¼ xhzi� x� yþ a
z¼ 0¼ x ð� x � y þ aÞ ¼
¼ x ½ ð� x þ aÞ � y ¼ x ð� x þ aÞ � x y
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen y):
ð� xþ a
y¼ 0
½ x ð� x þ aÞ � x y dy ¼ x ð� x þ aÞ y � 12
x y 2 �� xþ a
y¼ 0¼
¼ x ð� x þ aÞ ð� x þ aÞ � 12
x ð� x þ aÞ 2 ¼ x ð� x þ aÞ 2 � 12
x ð� x þ aÞ 2 ¼
¼ 12
x ð� x þ aÞ 2 ¼ 12
x ðx 2 � 2 a x þ a 2Þ ¼ 12ðx 3 � 2 a x 2 þ a 2 xÞ
3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen x):
12�ða
x¼ 0
ðx 3 � 2 a x 2 þ a 2 xÞ dx ¼ 12
14
x 4 � 23
a x 3 þ 12
a 2 x 2
�a0
¼
¼ 12
14
a 4 � 23
a 4 þ 12
a 4
� �¼ 1
2312
a 4 � 812
a 4 þ 612
a 4
� �¼
¼ 12� 112
a 4 ¼ 124
a 4
Somit ist
xS ¼ 6a 3�ða
x¼ 0
ð� xþ a
y¼ 0
ð� x� yþ a
z¼ 0
x dz dy dx ¼ 6a 3� 124
a 4 ¼ 14
a
und S ¼ 14
a;14
a;14
a
� �der gesuchte Schwerpunkt des Tetraeders.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen298
Beispiel 16: Massentr�gheitsmoment eines Speichenrades
Dreifachintegral in Zylinderkoordinaten
Bild VIII-16 zeigt ein homogenes Speichen-rad der Dicke h, dessen Speichen als masse-los angenommen werden.
a) Bestimmen Sie das Massentr�gheits-moment JRad dieses Rades bez�glich derDrehachse (z-Achse, senkrecht aus derZeichenebene nach oben ragend).
b) Wie groß ist das Massentr�gheitsmomentJScheibe einer homogenen Zylinderscheibemit dem Radius R bei gleicher Dickeund gleichem Material?Behandeln Sie diese Teilaufgabe als einenSonderfall von a).
R 1, R 2 : Innen- bzw. Außenradius der Nabe; R 3, R 4 : Innen- bzw. Außenradius des Kranzes;r: konstante Dichte des Materials
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.2.3.3
L�sung:a) Wir verwenden zweckm�ßigerweise Zylinderkoordinaten. Die Integralformel zur Berech-
nung eines Massentr�gheitsmomentes lautet dann
J ¼ r �ððððVÞ
r 3 dz dr dj
Die Grundfl�che des Speichenrades legen wir in die x, y-Ebene. Die „Deckelfl�che“ be-findet sich dann in der oberhalb dieser Ebene gelegenen Parallelebene mit der Gleichungz ¼ h. Das gesuchte Massentr�gheitsmoment des Speichenrades setzt sich additiv aus denMassentr�gheitsmomenten von Nabe und Kranz zusammen, die wir nun einzeln berechnen.
Massentr�gheitsmoment der Nabe
Die Integrationsgrenzen lauten:
z-Integration : Von z ¼ 0 bis z ¼ h
r-Integration : Von r ¼ R 1 bis r ¼ R 2
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
x
y
R1
R2
R3R4
Speiche Nabe
Kranz
Bild VIII-16
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 299
Somit ist
JNabe ¼ r �ð2p
j¼ 0
ðR 2
r¼R 1
ðhz¼ 0
r 3 dz dr dj
Die Integralberechnung erfolgt in drei nacheinander auszuf�hrenden Integrationsschritten.
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):
ðhz¼ 0
r 3 dz ¼ r 3 �ðh0
1 dz ¼ r 3hzih0¼ r 3 h
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen r):
ðR 2
r¼R 1
r 3 h dr ¼ h �ðR 2
R 1
r 3 dr ¼ h14
r 4 �R 2
R 1
¼ h4
hr 4iR 2
R 1
¼ h4ðR 4
2 � R 41Þ
3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen j):
ð2pj¼ 0
h4ðR 4
2 � R 41Þ dj ¼
h4ðR 4
2 � R 41Þ �
ð2p0
1 dj ¼ h4ðR 4
2 � R 41Þhji2p0¼
¼ h4ðR 4
2 � R 41Þ � 2p ¼
p
2h ðR 4
2 � R 41Þ
Das Massentr�gheitsmoment der Nabe betr�gt damit
JNabe ¼ r � p2
h ðR 42 � R 4
1Þ ¼p
2r h ðR 4
2 � R 41Þ
Massentr�gheitsmoment des Kranzes
Die Integrationsgrenzen sind die gleichen wie bei der Nabe mit Ausnahme der Integration inradialer (axialer) Richtung. Diese erfolgt beim Kranz von r ¼ R 3 bis r ¼ R 4. Somit ist
JKranz ¼ r �ð2p
j¼ 0
ðR 4
r¼R 3
ðhz¼ 0
r 3 dz dr dj
Die Durchf�hrung der einzelnen Integrationen verl�uft wie bei der Nabe und f�hrt zu fol-gendem Endergebnis:
JKranz ¼ p
2r h ðR 4
4 � R 43Þ
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen300
Massentr�gheitsmoment des Speichenrades
Das gesuchte Massentr�gheitsmoment des Speichenrades betr�gt damit
JRad ¼ JNabe þ JKranz ¼ p
2r h ðR 4
2 � R 41Þ þ
p
2r h ðR 4
4 � R 43Þ ¼
¼ p
2r h ðR 4
2 þ R 44 � R 4
1 � R 43Þ
b) F�r den Sonderfall R 1 ¼ 0, R 2 ¼ R 3 erh�lt man ein Zylinderrad (eine Zylinderscheibe)mit dem Radius R ¼ R 4. Das Massentr�gheitsmoment f�hrt dann auf die aus dem Lehr-buch bereits bekannte Formel 7)
JScheibe ¼ p
2r h ðR 4
3 þ R 4 � 0 � R 43Þ ¼
p
2r h R 4 ¼
¼ 12ðr � p R 2 hÞ|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}m ¼ rV
R 2 ¼ 12
mR 2
V ¼ p R 2 h ist dabei das Volumen, m ¼ r � p R 2 h die Masse des Zylinderrads.
Beispiel 17: Schwerpunkt eines rotationssymmetrischen K�rpers mitelliptischem Querschnitt und zylindrischer Bohrung
Dreifachintegrale in Zylinderkoordinaten
Bild VIII-17 zeigt im L�ngsschnitt einen homogenenRotationsk�rper mit einem elliptischem Querschnittund einer zylindrischen Bohrung in Achsenrichtung(z-Achse).
a, b: Halbachsen der elliptischen Querschnittsfl�che
c: Radius der Bohrung ð0 < c < aÞ
Wo liegt der Schwerpunkt S dieses K�rpers?
Wie verschiebt sich der Schwerpunkt im Grenzfallc ! 0 (keine Bohrung)?
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.2.2.2 und III.3.2.3.2
x
z
zylindrischeBohrung
Rotations-körper
Ellipse
a
b
zS
c
S
Bild VIII-17
7) Siehe hierzu Band 1, Abschnitt V.10.9.1.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 301
L�sung:Wegen der Rotationssymmetrie verwenden wir zweckm�ßigerweise Zylinderkoordinaten. F�rdie anfallenden Dreifachintegrale m�ssen zun�chst die Integrationsgrenzen bestimmt werden.Die obere Begrenzungsfl�che des Rotationsk�rpers entsteht durch Drehung der Ellipse mitder Gleichung
x 2
a 2þ z 2
b 2¼ 1 oder z ¼ b
a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � x 2p
, c x a
um die z-Achse. Die kartesische Koordinate x wird dabei zur Zylinderkoordinate r. Die
Gleichung dieser Rotationsfl�che lautet damit z ¼ ba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
, c r a. Die „Boden-
fl�che“ ist Teil der x, y-Ebene z ¼ 0. Die Werte der Zylinderkoordinate r bewegen sichdabei zwischen r ¼ c und r ¼ a. Somit lauten die Integrationsgrenzen wie folgt:
z-Integration : Von z ¼ 0 bis z ¼ ba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
r-Integration : Von r ¼ c bis r ¼ a
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
F�r die Bestimmung des Schwerpunktes ben�tigen wir das Rotationsvolumen, das wir daherzuerst berechnen.
Volumenberechnung (Volumenelement dV ¼ r dz dr dj)
V ¼ððððVÞ
dV ¼ð2p
j¼ 0
ðar¼ c
ðba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
r dz dr dj
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):
ðba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
r dz ¼ r �ðb
a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
1 dz ¼ rhzi ba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0¼ r � b
a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
¼
¼ ba� r
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen r):
ba�ða
r¼ c
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
dr ¼ ?
Wir l�sen dieses Integral mit der folgenden Substitution:
u ¼ a 2 � r 2 ,dudr¼ � 2 r , dr ¼ � du
2 r
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen302
Untere Grenze : r ¼ c ) u ¼ a 2 � c 2
Obere Grenze : r ¼ a ) u ¼ a 2 � a 2 ¼ 0
ba�ða
r¼ c
rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
dr ¼ ba�
ð0u¼ a 2 � c 2
rffiffiffiup � � du
2 r
� �¼ � b
2 a�ð0
a 2 � c 2
ffiffiffiup
du ¼
¼ b2 a�ða 2 � c 2
0
u 1=2 du ¼ b2 a
23
u 3=2
�a 2 � c 2
0¼ b
2 a� 23
h ffiffiffiffiffiu 3p ia 2 � c 2
0¼
¼ b3 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen j):
b3 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q�ð2p
j¼ 0
1 dj ¼ b3 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q�hji2p0¼
¼ b3 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q� 2p ¼ 2p b
3 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
qDas Volumen des Rotationsk�rpers betr�gt somit
V ¼ 2p b3 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q
Berechnung des Schwerpunktes S
Der Schwerpunkt S ¼ ðx S; yS; z SÞ liegt wegen der Rotationssymmetrie auf der z-Achse. Da-her gilt xS ¼ y S ¼ 0. Die Berechnung der z-Koordinate erfolgt durch das Dreifachintegral
z S ¼ 1V�ððððVÞ
z dV ¼ 3 a
2p bffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q �ð2p
j¼ 0
ðar¼ c
ðba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
z r dz dr dj
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):
ðba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
z r dz ¼ r �ðb
a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
z dz ¼ r12
z 2 � b
a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0
¼ 12
rhz 2i ba
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � r 2p
z¼ 0¼
¼ 12
r � b2
a 2ða 2 � r 2Þ ¼ b 2
2 a 2r ða 2 � r 2Þ ¼ b 2
2 a 2ða 2 r � r 3Þ
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 303
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen r):
b 2
2 a 2�ða
r¼ c
ða 2 r � r 3Þ dr ¼ b 2
2 a 2
12
a 2 r 2 � 14
r 4 �a
c
¼
¼ b 2
2 a 2
12
a 4 � 14
a 4 � 12
a 2 c 2 þ 14
c 4
� �¼
¼ b 2
2 a 2
14
a 4 � 12
a 2 c 2 þ 14
c 4� �
¼ b 2
2 a 2� a
4 � 2 a 2 c 2 þ c 4
4¼
¼ b 2
8 a 2ða 4 � 2 a 2 c 2 þ c 4|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}2: Binom : ða 2 � c 2Þ 2
Þ ¼ b 2
8 a 2ða 2 � c 2Þ 2 ¼ b 2 ða 2 � c 2Þ 2
8 a 2
3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen j):
b 2 ða 2 � c 2Þ 28 a 2
�ð2p
j¼ 0
1 dj ¼ b 2 ða 2 � c 2Þ 28 a 2
hji2p0¼ b 2 ða 2 � c 2Þ 2
8 a 2� 2p ¼
¼ p b 2 ða 2 � c 2Þ 24 a 2
Somit ist
z S ¼ 3 a
2p bffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiða 2 � c 2Þ 3
q � p b 2 ða 2 � c 2Þ 24 a 2
¼ 3 b ða 2 � c 2Þ 4=28 a ða 2 � c 2Þ 3=2
¼
¼ 3 b ða 2 � c 2Þ 1=28 a
¼ 3 b8 a
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia 2 � c 2p
Grenzfall c ! 0 (Rotationsk�rper ohne Bohrung)
Im Grenzfall c ! 0 erhalten wir die obere H�lfte eines Rotationsellipsoids mit dem Volu-
men V ¼ 23p a 2 b. Der Schwerpunkt des Rotationsk�rpers verschiebt sich auf der z-Ach-
se weiter nach oben und liegt jetzt bei z S ¼ 38
b.
Beispiel 18: Massentr�gheitsmomente eines homogenen Kegels
Dreifachintegrale in Zylinderkoordinaten
Bild VIII-18 zeigt einen homogenen Kreiskegel mit dem Grundkreisradius R und der H�he H,dessen Rotationsachse in die z-Achse f�llt. Bestimmen Sie f�r diesen K�rper mittels Drei-fachintegration das jeweilige Massentr�gheitsmoment J
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen304
a) bez�glich eines Durchmessers der kreisf�rmigenGrundfl�che,
b) bez�glich einer zu diesem Durchmesser parallelenSchwerpunktachse,
c) bez�glich einer zum Durchmesser der kreisf�rmigenGrundfl�che parallelen Achse durch die Kegelspitze(Punkt A),
d) bez�glich der Rotationsachse (z-Achse)
r: konstante Dichte des Kegels
L�sungshinweise: Zu a): Wegen der Rotationssymmetrie ist das Massentr�gheitsmoment f�rjeden Durchmesser gleich. Stellen Sie zun�chst die Integralformeln f�r J x und J y auf undaddieren Sie diese. Durch �bergang zu Zylinderkoordinaten l�sst sich dann das Dreifachinte-gral leicht l�sen.
Zu b) und c): Verwenden Sie die Ergebnisse aus a) im Zusammenhang mit dem Satz vonSteiner [ A31 ] (Abstand des Schwerpunktes S von der Grundfl�che: z S ¼ H=4).
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.2.2.2 und III.3.2.3.3 Physikalische Grundlagen: A31
L�sung:a) Wir gehen bei unseren �berlegungen von
einem im Kegel gelegenen Volumenele-ment dV mit der Masse dm ¼ r dV aus,dessen r�umliche Lage gem�ß BildVIII-19 durch den Punkt P ¼ ðx; y; zÞbeschrieben wird. Der senkrechte Abstandzur x-Achse ist r x ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiy 2 þ z 2
p(Satz
des Pythagoras). Dieses Element liefertdamit definitionsgem�ß den Beitrag
d J x ¼ r 2x dm ¼ r ðy 2 þ z 2Þ dVzum Massentr�gheitsmoment des Kegelsbez�glich der x-Achse. Durch Summation�ber s�mtliche Volumenelemente im Kegel-volumen, d. h. Integration wird hierausdas Dreifachintegral
J x ¼ððððVÞ
d Jx ¼ r �ððððVÞ
ðy 2 þ z 2Þ dV
y
z
A
H
S
R
x
Bild VIII-18
y
y
y
xx
x
z
z
z
rz
ryrx0
P
Volumenelement dV
Bild VIII-19
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 305
Analoge �berlegungen f�hren bei der y-Achse als Bezugsachse auf das Dreifachintegral
J y ¼ððððVÞ
d Jy ¼ r �ððððVÞ
ðx 2 þ z 2Þ dV
Aus Symmetriegr�nden ist J x ¼ J y. Wir addieren die beiden Integrale und fassen sie zueinem Integral zusammen:
J x þ J y ¼ J x þ Jx ¼ 2 J x ¼ r �ððððVÞ
ðy 2 þ z 2Þ dV þ r �ððððVÞ
ðx 2 þ z 2Þ dV ¼
¼ r �ððððVÞ
ðx 2 þ y 2 þ 2 z 2Þ dV
Beim �bergang zu den Zylinderkoordinaten r, j und z wird daraus unter Ber�cksichti-gung von x 2 þ y 2 ¼ r 2 und dV ¼ r dz dr dj
2 J x ¼ r �ððððVÞ
ðr 2 þ 2 z 2Þ r dz dr dj
(r z ist der senkrechte Abstand des Volumenelementes dV von der z-Achse und damitidentisch mit der Zylinderkoordinate r, siehe Bild VIII-19). Somit ist
J x ¼ 12r �
ððððVÞ
ðr 2 þ 2 z 2Þ r dz dr dj ¼ 12r �
ððððVÞ
ðr 3 þ 2 r z 2Þ dz dr dj
Festlegung der Integrationsgrenzen (siehe Bild VIII-20)
Der Kegel entsteht durch Rotation der Geraden z ¼ � HRðx � RÞ, 0 x R um die
z-Achse. Dabei wird aus der kartesischen Koordinate x die Zylinderkoordinate r. Seine
Mantelfl�che wird somit durch die Funktionsgleichung z ¼ � HRðr � RÞ, 0 r R
beschrieben und bildet die obere Begrenzungsfl�che des Kegels. Die „Bodenfl�che“ istTeil der x, y-Ebene z ¼ 0. Die Projektion des Kegels in diese Ebene f�hrt zu der Kreis-fl�che 0 r R, 0 j 2p. Damit ergeben sich folgende Integrationsgrenzen :
z-Integration : Von z ¼ 0 bis z ¼ � HRðr � RÞ
r-Integration : Von r ¼ 0 bis r ¼ R
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen306
Integralberechnung (Massentr�gheitsmoment Jx)
Die Integralformel f�r das gesuchte Massentr�gheitsmoment J x lautet somit
Jx ¼ 12r �
ð2pj¼ 0
ðRr¼ 0
ð�HR ðr�RÞ
z¼ 0
ðr 3 þ 2 r z 2Þ dz dr dj
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):
ð�HR ðr�RÞ
z¼ 0
ðr 3 þ 2 r z 2Þ dz ¼ r 3 z þ 23
r z 3 ��H
R ðr�RÞ
z¼ 0
¼
¼ r 3 � HRðr � RÞ
� �þ 2
3r � H
Rðr � RÞ
� �3
¼
¼ � HR
r 3 ðr � RÞ þ 23
r � H 3
R 3
� �ðr � RÞ 3 ¼
¼ � HRðr 4 � R r 3Þ � 2H 3
3R 3r ðr 3 � 3R r 2 þ 3R 2 r � R 3Þ ¼
¼ � HRðr 4 � R r 3Þ � 2H 3
3R 3ðr 4 � 3R r 3 þ 3R 2 r 2 � R 3 rÞ
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen r):
ðRr¼ 0
� HRðr 4 � R r 3Þ � 2H 3
3R 3ðr 4 � 3R r 3 þ 3R 2 r 2 � R 3 rÞ
�dr ¼
¼ � HR
15
r 5 � 14
R r 4� �
� 2H 3
3R 3
15
r 5 � 34
R r 4 þ R 2 r 3 � 12
R 3 r 2� � �R
0
¼
yx
zz
A
H
H
SR
Rz = 0
a) b)
z = – (r – R)z = – (x – R) HR
HR
x Bild VIII-20
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 307
¼ � HR
15
R 5 � 14
R 5
� �� 2H 3
3R 3
15
R 5 � 34
R 5 þ R 5 � 12
R 5
� �¼
¼ � HR
420
R 5 � 520
R 5
� �� 2H 3
3R 3
420
R 5 � 1520
R 5 þ 2020
R 5 � 1020
R 5
� �¼
¼ � HR� 1
20R 5
� �� 2H 3
3R 3� 1
20R 5
� �¼ 1
20H R 4 þ 1
30H 3 R 2 ¼
¼ 360
H R 4 þ 260
H 3 R 2 ¼ 160
H R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þ
3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen j):
160
H R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þ �ð2p
j¼ 0
1 dj ¼ 160
H R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þhji2p0¼
¼ 160
H R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þ � 2p ¼ 130
pH R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þ
Somit ist
J x ¼ 12r � 1
30pH R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þ ¼ 1
60rpH R 2 ð3R 2 þ 2H 2Þ ¼
¼ 120
r � 13p R 2 H
� �ð3R 2 þ 2H 2Þ ¼ 1
20m ð3R 2 þ 2H 2Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
m ¼ rV
das gesuchte Massentr�gheitsmoment des Kegels, bezogen auf einen beliebigen Durch-
messer der kreisf�rmigen Grundfl�che. Dabei ist V ¼ 13p R 2 H das Volumen und
m ¼ rV ¼ r � 13p R 2 H dieMasse des Kegels.
b) Wir w�hlen als Durchmesser die x-Achse. Die dazu parallele Schwerpunktachse hat denAbstand z S ¼ H=4 (Bild VIII-21).
x
zur Schwerpunktachseparallele Achse
Schwerpunktachse
z
A
H
SzS
R
d =
z =S
34
H4
H
Bild VIII-21
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen308
Aus dem Satz von Steiner [ A31 ] folgt dann f�r das gesuchte Massentr�gheitsmoment J S
bez�glich dieser Schwerpunktachse:
J x ¼ JS þ mz 2S )
JS ¼ J x � mz 2S ¼120
m ð3R 2 þ 2H 2Þ � 116
mH 2 ¼
¼ 480
m ð3R 2 þ 2H 2Þ � 580
mH 2 ¼ 180
m 4 ð3R 2 þ 2H 2Þ � 5H 2� � ¼
¼ 180
m ð12R 2 þ 8H 2 � 5H 2Þ ¼ 180
m ð12R 2 þ 3H 2Þ ¼ 380
m ð4R 2 þ H 2Þ
c) Die beiden Parallelachsen durch Kegelspitze A und Schwerpunkt S verlaufen nach Bild
VIII-21 im Abstand d ¼ H � z S ¼ H � H4¼ 3
4H. Aus dem Satz von Steiner [ A31 ]
folgt dann unter Verwendung der Ergebnisse aus L�sungsteil b):
JA ¼ J S þ md 2 ¼ 380
m ð4R 2 þ H 2Þ þ 916
mH 2 ¼
¼ 380
m ð4R 2 þ H 2Þ þ 4580
mH 2 ¼ 380
m ð4R 2 þ H 2 þ 15H 2Þ ¼
¼ 380
m ð4R 2 þ 16H 2Þ ¼ 320
m ðR 2 þ 4H 2Þ
d) Der Abstand r z eines im Kegel gelegenen Massenelementes dm ¼ r dV von der Dreh-achse (z-Achse) ist die Zylinderkoordinate r (Bild VIII-19). Somit gilt definitionsgem�ß
d J z ¼ r 2z dm ¼ r 2 dm ¼ r r 2 dV
und
J z ¼ððððVÞ
d J z ¼ r �ððððVÞ
r 2 dV
Wir verwenden wiederum Zylinderkoordinaten, die Integrationsgrenzen sind die gleichenwie unter a):
J z ¼ r �ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
ð� HR ðr�RÞ
z¼ 0
r 2 � r dz dr dj ¼ r �ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
ð� HR ðr�RÞ
z¼ 0
r 3 dz dr dj
1. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen z):
ð� HR ðr�RÞ
z¼ 0
r 3 dz ¼ r 3 �ð� H
R ðr�RÞ
z¼ 0
1 dz ¼ r 3hzi� H
R ðr�RÞ
z¼ 0¼ r 3 � H
Rðr � RÞ
� �¼
¼ � HR
r 3 ðr � RÞ ¼ � HRðr 4 � R r 3Þ
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 309
2. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen r):
� HR�ðR
r¼ 0
ðr 4 � R r 3Þ dr ¼ � HR
15
r 5 � 14
R r 4 �R
0¼
¼ � HR
15
R 5 � 14
R 5
� �¼ � H
R420
R 5 � 520
R 5
� �¼
¼ � HR� 1
20R 5
� �¼ 1
20H R 4
3. Integrationsschritt (Integration nach der Variablen j):
120
H R 4 �ð2p
j¼ 0
1 dj ¼ 120
H R 4hji2p0¼ 1
20H R 4 � 2p ¼ 1
10pH R 4
Somit ist
J z ¼ r � 110
pH R 4 ¼ 110
p rH R 4 ¼ 310
r � 13p R 2 H
� �R 2 ¼ 3
10mR 2
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}m ¼ rV
Dabei ist V ¼ 13p R 2 H das Volumen und m ¼ rV ¼ r � 1
3p R 2 H die Masse
des Kegels.
Beispiel 19: Silo (Großspeicher) mit inhomogener F�llmasse
Dreifachintegrale in Zylinderkoordinaten
Ein Silo (Großspeicher) inzylindrischer Form ist bis zumoberen Rand mit fein zermah-lenem Gestein der Dichte r 0gef�llt (Bild VIII-22a)). Infol-ge der Schwerkraft nimmt dieDichte r der F�llung jedochgeringf�gig von oben nach un-ten zu 8).
z
b)a)
H
H
RR r
r r= 0
r r r0 1< <
r r= 1
Bild VIII-22
8) Beim F�llen des Silos wird jede Schicht durch das Gewicht der �ber ihr liegenden Schichten verdichtet.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen310
a) Welche Masse m befindet sich in dem Silo?
b) Wo liegt der Schwerpunkt S der F�llung?
c) Behandeln Sie den Sonderfall r ¼ const: (keine Verdichtung der Gesteinsf�llung).
Innenmaße des Silos: Radius R, H�he H; Maximalwert der Dichte am Boden: r 1 > r 0
L�sungshinweis: Gehen Sie von der realistischen Annahme einer linearen Dichte�nderungl�ngs der Symmetrieachse des Silos aus.
Lehrbuch: Bd. 2, III.3.2.2.2 und III.3.2.3 Physikalische Grundlagen: A69
L�sung:Wir gehen von dem linearen Ansatz r ¼ r ðzÞ ¼ r 1 � a z aus (die Dichte nimmt in derz-Richtung linear ab und zwar vom Maximalwert r 1 am Boden bis zum Minimalwert r 0am oberen Rand, siehe Bild VIII-22b)). Die Konstante a bestimmen wir aus der Randbedin-gung r ðz ¼ HÞ ¼ r 0 (die oberste Schicht erf�hrt keine Verdichtung):
r ðz ¼ HÞ ¼ r 0 ) r 1 � aH ¼ r 0 ) a ¼ r 1 � r 0
H
Somit gilt f�r die Dichteverteilung l�ngs der Symmetrieachse (z-Achse):
r ¼ r ðzÞ ¼ r 1 � a z ¼ r 1 �r 1 � r 0
Hz , 0 z H
F�r die Berechnung von Masse und Schwerpunkt durch Dreifachintegrale ben�tigen wir nochdie Integrationsgrenzen. Sie lauten in Zylinderkoordinaten r, j und z wie folgt:
z-Integration : Von z ¼ 0 bis z ¼ H
r-Integration : Von r ¼ 0 bis r ¼ R
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
Volumenelement in Zylinderkoordinaten: dV ¼ r dz dr dj
a) Berechnung der Masse [A69]
m ¼ððððmÞ
dm ¼ððððVÞ
r dV ¼ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
ðHz¼ 0
ðr 1 � a zÞ r dz dr dj
Das Dreifachintegral l�sst sich als Produkt dreier gew�hnlicher Integrale darstellen, dader Integrand unabh�ngig vom Winkel j ist, der 1. Faktor ðr 1 � a zÞ nur von z, der2. Faktor ðrÞ nur von r abh�ngt und alle Integrationsgrenzen konstant sind:
m ¼ð2p
j¼ 0
1 dj �ðR
r¼ 0
r dr �ðH
z¼ 0
ðr 1 � a zÞ dz ¼
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 311
¼hji 2pj¼ 0
� 12
r 2 �R
r¼ 0� r 1 z �
12
a z 2 �H
z¼ 0¼
¼ ½ 2p � 12
R 2
�� r 1 H �
12
aH 2
�¼ p R 2 H r 1 �
12
aH
� �¼
¼ p R 2 H r 1 �12� r 1 � r 0
H� H
� �¼ p R 2 H r 1 �
12ðr 1 � r 0Þ
� �¼
¼ p R 2 H r 1 �12r 1 þ
12r 0
� �¼ p R 2 H
12r 1 þ
12r 0
� �¼
¼ 12p R 2 H ðr 1 þ r 0Þ ¼
12p R 2 H ðr 0 þ r 1Þ ¼
ðr 0 þ r 1Þ p R 2 H2
b) Berechnung des Schwerpunktes S [A69]
Aus Symmetriegr�nden liegt der Schwerpunkt auf der Symmetrieachse (z-Achse), somit istxS ¼ 0 und y S ¼ 0. F�r die z-Koordinate gilt:
z S ¼ 1m�ððððVÞ
r z dV ¼ 1m�ð2p
j¼ 0
ðRr¼ 0
ðHz¼ 0
ðr 1 � a zÞ z � r dz dr dj
Das Dreifachintegral l�sst sich wiederum als Produkt dreier gew�hnlicher Integrale berech-nen:
ð2pj¼ 0
ðRr¼ 0
ðHz¼ 0
ðr 1 � a zÞ z r dz dr dj ¼ð2p
j¼ 0
1 dj �ðR
r¼ 0
r dr �ðH
z¼ 0
ðr 1 z � a z 2Þ dz ¼
¼hji 2pj¼ 0
� 12
r 2 �R
r¼ 0� 1
2r 1 z
2 � 13
a z 3 �H
z¼ 0¼
¼ ½ 2p � 12
R 2
�� 1
2r 1 H
2 � 13
aH 3
�¼ p R 2 H 2 1
2r 1 �
13
aH
� �¼
¼ p R 2 H 2 12r 1 �
13� r 1 � r 0
H� H
� �¼ p R 2 H 2 1
2r 1 �
13ðr 1 � r 0Þ
� �¼
¼ p R 2 H 2 12r 1 �
13r 1 þ
13r 0
� �¼ p R 2 H 2 1
6r 1 þ
26r 0
� �¼
¼ 16p R 2 H 2 ðr 1 þ 2r 0Þ ¼
ð2r 0 þ r 1Þ p R 2 H 2
6
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen312
Somit gilt f�r die Schwerpunktskoordinate z S :
z S ¼ 1m� ð2r 0 þ r 1Þp R 2 H 2
6¼ 1
ðr 0 þ r 1Þ p R 2 H2
� ð2r 0 þ r 1Þp R 2 H 2
6¼
¼ ð2 r 0 þ r 1Þ H3 ðr 0 þ r 1Þ
¼ 2r 0 þ r 1
3 ðr 0 þ r 1ÞH
c) Unter der Annahme konstanter Dichte r ¼ r 0 gilt r 1 ¼ r 0 und somit f�r die F�llmasse
m ¼ ðr 0 þ r 0Þ p R 2 H2
¼ r 0 p R 2 H ¼ r 0 V Silo
Dabei ist V Silo ¼ p R 2 H das Volumen des zylindrischen Großspeichers. Auch derSchwerpunkt verschiebt sich (er muss wegen der Symmetrie auf halber H�he liegen):
z S ¼ 2 r 0 þ r 0
3 ðr 0 þ r 0ÞH ¼ 3r 0
6r 0H ¼ 1
2H
Er hat sich weiter nach oben verschoben, denn es gilt:
12
H >2r 0 þ r 1
3 ðr 0 þ r 1ÞH , 1
2>
2r 0 þ r 1
3 ðr 0 þ r 1Þ,
3 ðr 0 þ r 1Þ > 2 ð2r 0 þ r 1Þ , 3 r 0 þ 3 r 1 > 4 r 0 þ 2r 1 ,3r 1 � 2 r 1 > 4 r 0 � 3r 0 , r 1 > r 0
Beispiel 20: Kugelsymmetrische Ladungsverteilung in einer Kugel
Dreifachintegral in Kugelkoordinaten
Im Innenraum einer Kugel vom Radius R befindet sich ein elektrisches Feld, erzeugt durcheine kugelsymmetrische Ladungsverteilung mit der r�umlichen Ladungsdichte r ðrÞ ¼ k r,wobei r der Abstand vom Kugelmittelpunkt und k eine positive Konstante bedeuten. WelcheLadung Q befindet sich in der Kugel?
Lehrbuch: Bd. 3, I.6.3
L�sung:Die im Innern der Kugel befindliche Ladung ist definitionsgem�ß durch das Dreifachintegral
Q ¼ððððVÞ
r ðrÞ dV
gegeben.
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen 313
Wir verwenden zweckm�ßigerweise Kugelkoordinaten r, J und j. Der Integrationsbereichlautet dann (Kugel vom Radius R):
r-Integration : Von r ¼ 0 bis r ¼ R
J-Integration : Von J ¼ 0 bis J ¼ p
j-Integration : Von j ¼ 0 bis j ¼ 2p
Mit der Ladungsdichte r ðrÞ ¼ k r und dem Volumenelement dV ¼ r 2 � sin J dr dJ dj ist
Q ¼ððððVÞ
r ðrÞ dV ¼ð2p
j¼ 0
ðpJ¼ 0
ðRr¼ 0
k r � r 2 � sin J dr dJ dj ¼
¼ k �ð2p
j¼ 0
ðpJ¼ 0
ðRr¼ 0
r 3 � sin J dr dJ dj
Da der Integrand r 3 � sin J ein Produkt ist, dessen Faktoren nur von r (Faktor r 3) bzw.J (Faktor sin J) abh�ngen, l�sst sich das Dreifachintegral auch als Produkt dreier gew�hn-licher Integrale darstellen:
Q ¼ k �ð2p
j¼ 0
1 dj �ðp
J¼ 0
sin J dJ �ðR
r¼ 0
r 3 dr ¼
¼ k �hji 2pj¼ 0
�h� cos J
ipJ¼ 0� 1
4r 4
�R
r¼ 0
¼
¼ k � ð2pÞ � ð� cos p|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}1
þ cos 0|ffl{zffl}1
Þ � 14
R 4
� �¼ k � 2p � 2 � 1
4R 4 ¼ k p R 4
VIII Differential- und Integralrechnung f�r Funktionen von mehreren Variablen314
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen
Hinweis: Alle in den L�sungen angegebenen Integralnummern beziehen sich auf die Inte-graltafel der Mathematischen Formelsammlung des Autors. Die Abk�rzung Dgl bedeutetDifferentialgleichung.
Beispiel 1 : Raketengleichung
Dgl 1. Ordnung vom Typ y 0 ¼ f ðxÞ (Integration mittelsSubstitution)
Der Antrieb einer senkrecht nach oben startenden Rakete erfolgt nach dem R�ckstoßprinzipdurch Treibstoffgase, die nach der Verbrennung mit hoher Geschwindigkeit zum Erdbodenhin ausgestoßen werden (Bild IX-1). Bei der mathematischen Behandlung dieses Problemswerden dabei die folgenden Begriffe und Gr�ßen ben�tigt:
u: Ausstr�mgeschwindigkeit der Gasev: Geschwindigkeit der Raketem: Massenstrom (in der Zeiteinheit ausgestoßene
Masse an Treibstoffgasen)mR : Masse der Rakete ohne Treibstoff (Endmasse)mT : Masse des mitgef�hrten und schließlich ver-
brauchten Treibstoffsm 0 : Startmasse der Rakete ðm 0 ¼ mR þ mTÞt : Brennschlussdauer (in dieser Zeit, vom Start aus
gerechnet, wird die mitgef�hrte Treibstoffmengevollst�ndig verbraucht)
a) Bestimmen Sie H�he h und Geschwindigkeit v der Rakete zur Zeit t, wenn die Be-wegung zum Zeitpunkt t ¼ 0 von der Erdoberfl�che aus und aus der Ruhe heraus er-folgt.
b) Welche H�he hat die Rakete unmittelbar nach Brennschluss erreicht, wie groß ist dannihre Geschwindigkeit?
c) Welche H�he H erreicht die Rakete maximal?
L�sungshinweis: Die Ausstr�mgeschwindigkeit u der Gase und der Massenstrom m werdenw�hrend der gesamten Brennzeit t als konstant angenommen. Die Rakete erf�hrt dann diekonstante Schubkraft FSchub ¼ m u. Ebenso wird die Erdbeschleunigung g als eine Kon-
315
h
u
v
Rakete
Erdboden(h= 0)
Bild IX-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_9
stante angesehen, Reibungskr�fte bleiben unber�cksichtigt. Die Dgl der Raketenbewegung(auch Raketengleichung genannt) erhalten Sie aus dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.1.5 Physikalische Grundlagen: A27
L�sung:a) Durch die ausstr�menden Gase erf�hrt die Rakete nach dem R�ckstoßprinzip die konstante
Schubkraft FSchub ¼ m u. Ihr wirkt die Schwerkraft (das Gewicht) G ¼ mg entgegen.Somit gilt nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ]
ma ¼ FSchub � G ¼ m u � mg
Die Rakete erf�hrt daher die nach oben gerichtete Beschleunigung
a ¼ _v ¼ m um� g > 0
sofern die Schubkraft m u das anf�ngliche Gewichtm 0 g �bersteigt! Dabei ist zu beachten, dass die Ge-samtmasse m der Rakete in der Zeit vom Start biszum Brennschluss t linear abnimmt und zwar vomAnfangswert m 0 ¼ mR þ mT auf den EndwertmR (Bild IX-2):
m ¼ m ðtÞ ¼ m 0 � m t , 0 t t
m t ist dabei die in der Zeit t verbrauchteTreibstoffmasse.
Die Raketengeschwindigkeit v gen�gt somit der Dgl 1. Ordnung
_v ¼ m um� g ¼ m u
m 0 � m t� g
die durch direkte Integration l�sbar ist. Wir erhalten zun�chst
v ¼ð
_v dt ¼ð
m um 0 � m t
� g
� �dt ¼ m u �
ð1
m 0 � m tdt � g t
Mit Hilfe der Substitution
z ¼ m 0 � m t ,dzdt¼ � m , dt ¼ � dz
m
folgt weiter
v ¼ m u �ð
1z� � dz
m
� �� g t ¼ � u �
ð1z
dz � g t ¼ � u � ln j z j � g t þ C 1
tt
m
m0
mR
Bild IX-2
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen316
Nach R�cksubstitution ergibt sich
v ðtÞ ¼ � u � ln ðm 0 � m tÞ � g t þ C 1
Die Integrationskonstante C 1 wird aus der Anfangsgeschwindigkeit v ð0Þ ¼ 0 berechnet:
v ð0Þ ¼ 0 ) � u � ln m 0 þ C 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ u � ln m 0
Das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz der Raketenbewegung bis zum Brennschluss t lautetdamit wie folgt:
v ðtÞ ¼ � u � ln ðm 0 � m tÞ � g t þ u � ln m 0 ¼
¼ � u ½ ln ðm 0 � m tÞ � ln m 0 � g t ¼ � u � ln m 0 � m tm 0
� �� g t
Durch Integration dieser Gleichung gewinnt man das Weg-Zeit-Gesetz der Rakete f�r dengleichen Zeitraum:
h ðtÞ ¼ðv ðtÞ dt ¼ � u �
ðln
m 0 � m tm 0
� �dt � g �
ðt dt ¼
¼ � u �ðln
m 0 � m tm 0
� �dt|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
I
� 12
g t 2 ¼ � u � I � 12
g t 2
Das unbestimmte Integral I l�sst sich zun�chst mit Hilfe der Substitution
z ¼ m 0 � m tm 0
,dzdt¼ � m
m 0, dt ¼ � m 0
mdz
vereinfachen und anschließend mit Hilfe der Integraltafel der Formelsammlung wie folgtl�sen (Integral Nr. 332):
I ¼ðln
m 0 � m tm 0
� �dt ¼
ðln z � � m 0
mdz
� �¼ � m 0
m�ðln z dz ¼
¼ �m 0
m� z ðln z � 1Þ þ C 2
Durch R�cksubstitution folgt
I ¼ � m 0
m� m 0 � m t
m 0ln
m 0 � m tm 0
� �� 1
�þ C 2 ¼
¼ � m 0 � m tm
lnm 0 � m t
m 0
� �� 1
�þ C 2
und somit
h ðtÞ ¼ � u � I � 12
g t 2 ¼ u ðm 0 � m tÞm
lnm 0 � m t
m 0
� �� 1
�� uC 2 � 1
2g t 2
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 317
Aus der Anfangsh�he h ð0Þ ¼ 0 l�sst sich die Integrationskonstante C 2 bestimmen:
h ð0Þ ¼ 0 ) um 0
mð ln 1|{z}
0
� 1Þ � uC 2 ¼ � um 0
m� uC 2 ¼ 0 )
� um 0
mþ C 2
� �¼ 0 ) m 0
mþ C 2 ¼ 0 ðda u 6¼ 0Þ ) C 2 ¼ � m 0
m
Die Rakete befindet sich daher zum Zeitpunkt t t in der H�he
h ðtÞ ¼ u ðm 0 � m tÞm
lnm 0 � m t
m 0
� �� 1
�þ um 0
m� 1
2g t 2
b) Im Zeitpunkt des Brennschlusses, d. h. zur Zeit t ¼ t ist der gesamte TreibstoffmT ¼ m 0 � mR verbraucht (siehe hierzu auch Bild IX-2):
m ðtÞ ¼ m 0 � m t ¼ mR
F�r die Brennschlussdauer t folgt hieraus
m t ¼ m 0 � mR ) t ¼ m 0 � mR
m
Die Raketenh�he betr�gt dann unter Ber�cksichtigung von mR ¼ m 0 � m t :
h ðtÞ ¼ u ðm 0 � m tÞm
lnm 0 � m t
m 0
� �� 1
�þ um 0
m� 1
2g t 2 ¼
¼ umR
mln
mR
m 0
� �� 1
�þ um 0
m� 1
2g
m 0 � mR
m
� �2
¼
¼ umR
mln
mR
m 0
� �þ m 0
mR� 1
�� 1
2g
m 0 � mR
m
� �2
Die Rakete erreicht im Augenblick des Brennschlusses, d. h. zur Zeit t ¼ t ihre gr�ßteGeschwindigkeit. Sie betr�gt
vmax ¼ v ðtÞ ¼ � u � ln m 0 � m t
m 0
� �� g t ¼ � u � ln mR
m 0
� �� g
m 0 � mR
m
� �¼
¼ u � ln m 0
mR
� �� g
m 0 � mR
m
� �c) Nach Erreichen der Brennschlussdauer t f�llt die
Schubkraft FSchub ¼ m u weg und die Rakete unter-liegt nur noch der (als weiterhin konstant angenom-menen) Schwerkraft G ¼ mg. Die Bewegung derRakete kann daher von diesem Zeitpunkt an modell-m�ßig als ein Wurf senkrecht nach oben mit der„Anfangsgeschwindigkeit“ v ðtÞ und der „Anfangs-h�he“ h ðtÞ interpretiert werden (Bild IX-3).
h
Brennschlusst = t
Raketeh ( )t
Start t = 0
v ( )t
Bild IX-3
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen318
Somit gilt f�r den Zeitraum t � t :
h ðtÞ ¼ h ðtÞ þ v ðtÞ ðt � tÞ � 12
g ðt � tÞ 2 , t � t
Dabei bedeuten:
h ðtÞ: Anfangsh�he zur Zeit t ¼ t
v ðtÞ ðt � tÞ : Im Zeitintervall t � t > 0 aufgrund der konstanten Anfangs-geschwindigkeit v ðtÞ zur�ckgelegter Weg nach oben
12
g ðt � tÞ 2 : Fallstrecke im Zeitintervall t � t > 0
F�r das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz im gleichen Zeitraum gilt dann
v ðtÞ ¼ _h ðtÞ ¼ 0 þ v ðtÞ ð1 � 0Þ � 12
g � 2 ðt � tÞ � 1 ¼ v ðtÞ � g ðt � tÞ
Die Rakete erreicht ihren h�chsten Punkt (Umkehrpunkt) zur Zeit t ¼ T , wenn die Ge-schwindigkeit den Wert null besitzt. Aus der Bedingung v ðTÞ ¼ _h ðTÞ ¼ 0 folgt dann:
v ðTÞ ¼ 0 ) v ðtÞ � g ðT � tÞ ¼ v ðtÞ � g T þ g t ¼ 0 )
g T ¼ v ðtÞ þ g t ) T ¼ v ðtÞ þ g tg
¼ v ðtÞgþ t
Die maximal erreichbare H�he betr�gt somit:
H ¼ hmax ¼ h ðTÞ ¼ h ðtÞ þ v ðtÞ ðT � tÞ � 12
g ðT � tÞ 2 ¼
¼ h ðtÞ þ v ðtÞ v ðtÞgþ t � t
� �� 1
2g
v ðtÞgþ t � t
� �2
¼
¼ h ðtÞ þ v ðtÞ v ðtÞg� 1
2g
v ðtÞg
� �2
¼ h ðtÞ þ v 2 ðtÞg� 1
2� v
2 ðtÞg¼
¼ h ðtÞ þ 12� v
2 ðtÞg¼ h ðtÞ þ v 2 ðtÞ
2 g
F�r t > T f�llt die Rakete (aus der Ruhe heraus) nach den Gesetzen des freien Falls.
Beispiel 2: RL-Schaltkreis mit einer Gleichstromquelle
Homogene lineare Dgl 1. Ordnung (Trennung der Variablen)
Eine Reihenschaltung aus einem ohmschen Widerstand R und einer Induktivit�t L wird voneiner Gleichstromquelle mit dem konstanten Strom I 0 gespeist und zur Zeit t ¼ 0 durchSchließen des Schalters S kurzgeschlossen (Bild IX-4).
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 319
Bestimmen Sie
a) den zeitlichen Verlauf der Stromst�rke i im RL-Zweig,
b) den zeitlichen Verlauf der am Widerstand R undan der Induktivit�t L liegenden Teilspannungen uR
und uL.
L�sungshinweis: Die Dgl des RL-Schaltkreises erhalten Sie durch Anwendung der Maschen-regel [ A32 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.2.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A45
L�sung:a) Nach der Maschenregel [ A32 ] ist
uR þ uL ¼ 0 oder uL þ uR ¼ 0
Mit uL ¼ L � didt
[ Induktionsgesetz A45 ] und uR ¼ R i [ Ohmsches Gesetz A14 ] wird
hieraus die homogene lineare Dgl 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten
L � didtþ R i ¼ 0 oder
didtþ R
Li ¼ 0
Diese Dgl l�sen wir wie folgt durch „Trennung der Variablen“:
didt¼ � R
Li ) di
i¼ � R
Ldt oder
1idi ¼ � 1
tdt
ðt ¼ L=R : ZeitkonstanteÞ. Beiderseitige Integration liefertð1idi ¼ � 1
t�ð1 dt ) ln i ¼ � t
tþ ln K
und somit
ln i � ln K ¼ lniK
� �¼ � t
t
Durch Entlogarithmierung folgt hieraus schließlich
iK¼ e�
tt oder i ¼ K � e� t
t
Die Integrationskonstante K wird aus dem Anfangswert i ðt ¼ 0Þ ¼ I 0 berechnet:
i ðt ¼ 0Þ ¼ I 0 ) K � e0 ¼ K � 1 ¼ I 0 ) K ¼ I 0
S
t = 0
L
uR uL
Gleichstromquelle
R
i
I0
Bild IX-4
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen320
Die Stromst�rke i im RL-Zweig nimmt somit im Laufe der Zeit exponentiell ab:
i ðtÞ ¼ I 0 � e�tt ¼ I 0 � e�
RL t , t � 0
Bild IX-5 zeigt den zeitlichen Verlauf dieser Abklingfunktion.
b) Aus dem ohmschen Gesetz [ A14 ] erhalten wir f�r die Teilspannung uR das Zeitgesetz
uR ðtÞ ¼ R i ðtÞ ¼ R I 0 � e�tt ¼ R I 0 � e�
RL t , t � 0
Die an der Induktivit�t L abfallende Spannung uL erhalten wir aus dem Induktionsgesetz[ A45 ] unter Verwendung der Kettenregel:
uL ðtÞ ¼ L � d i ðtÞdt¼ L � d
dtI 0 � e�
tt
h i¼ L I 0 � e�
tt � � 1
t
� �¼
¼ L I 0 � e�tt � � R
L
� �¼ �R I 0 � e�
tt ¼ �R I 0 � e�
RL t , t � 0
Mit dem Strom i klingen auch die beiden Teilspannungen uR und uL exponentiell mitder Zeit auf den Wert 0 ab (Bild IX-6). Sie sind ferner zu jedem Zeitpunkt entgegengesetztgleich groß.
t
u
u ( t )R
u ( t )L
–RI0
RI0
t
i
I0
Bild IX-5
Bild IX-6
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 321
Beispiel 3: Seilkr�fte und Seilreibung
Homogene lineare Dgl 1. Ordnung (Trennung der Variablen)
Eine arretierte Zylinderscheibe wird in der aus Bild IX-7 er-sichtlichen Weise von einem biegsamen Seil umschlungen, dasam rechten Ende durch eine Gewichtskraft G ¼ mg belastetwird.
a) Mit welcher Kraft F0 muss man am linken Seilende ein-wirken, um ein Abgleiten der Masse m zu verhindern,wenn der Haftreibungskoeffizient den Wert m 0 ¼ 0,5 be-sitzt?
b) Wie groß darf die am rechten Seilende befestigte Last Fwerden, wenn man das linke Seilende mit der Kraft F 0 ¼100 N festh�lt und das Seil die Zylinderscheibe genau 2,5mal umschlingt?
L�sungshinweis: Infolge der Haftreibung zwischen Seil und Zylinderscheibe ist die SeilkraftS nicht konstant, sondern eine noch vom Zentriwinkel j abh�ngige Gr�ße S ¼ S ðjÞ. ImGleichgewichtszustand gen�gt dabei die Seilkraft der Dgl
dSdj¼ m 0 S
Lehrbuch: Bd. 2, IV.2.2
L�sung:a) Wir l�sen zun�chst die Dgl der winkelabh�ngigen Seilkraft nach der Methode „Trennung
der Variablen“:
dSdj¼ m 0 S ) dS
S¼ 1
SdS ¼ m 0 dj )
ð1S
dS ¼ m 0 �ð1 dj )
ln S ¼ m 0 j þ ln C ) ln S � ln C ¼ lnSC
� �¼ m 0 j
Entlogarithmierung f�hrt schließlich zu
SC¼ e m 0 j oder S ¼ C � e m 0 j
Die Integrationskonstante C wird dabei aus dem Anfangswert S ðj ¼ 0Þ ¼ F 0
bestimmt:
S ðj ¼ 0Þ ¼ F 0 ) C � 1 ¼ F 0 ) C ¼ F 0
Bild IX-7
F0
S
Seil
f
m
Zylinderscheibe
G
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen322
Somit w�chst die Seilkraft S exponentiell mit dem „Umschlingwinkel“ j nach der Glei-chung
S ðjÞ ¼ F 0 � em 0 j
Am rechten Seilende, d. h. f�r j ¼ p ist
S ðj ¼ pÞ ¼ F 0 � e m 0 p ¼ G
Aus dieser Beziehung folgt ðmit m 0 ¼ 0,5ÞF 0 ¼ e�m 0 p � G ¼ e� 0,5p � G ¼ 0,208 � G
Ein Abgleiten der Masse m wird somit verhindert, wenn die am linken Seilende wirkendeSeilkraft rund 21% des am rechten Seilende angeh�ngten Gewichtes betr�gt.
b) Der „Umschlingwinkel“ ist jetzt j ¼ 2,5 � 2p ¼ 5p. Die Belastung F am rechtenSeilende kann daher den Wert
F ¼ S ðj ¼ 5pÞ ¼ F 0 � e m 0 � 5p ¼ 100 N � e0,5 � 5p ¼ 100 N � e2,5p ¼¼ 257 597 N � 257,6 kN
erreichen.
Beispiel 4: Fallbewegung einer Kugel in einer z�hen Fl�ssigkeit
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung (Variation der Konstanten)
Eine homogene Kugel mit dem Radius r und derDichte rK wird in einer z�hen Fl�ssigkeit mit derDichte rF und der Z�higkeit h aus der Ruhe herausfrei fallengelassen (Bild IX-8). Bestimmen Sie ausdem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ]
a) das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v ¼ v ðtÞ,b) das Weg-Zeit-Gesetz s ¼ s ðtÞunter Ber�cksichtigung des Auftriebs [ A35 ] und derStokesschen Reibung [A59 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.2.5.3.1 Physikalische Grundlagen: A27, A35, A59
Gs
FA
FR
Anfangslage
s(0) = 0
Kugel
Bild IX-8
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 323
L�sung:a) Auf die Kugel wirken nach Bild IX-8 folgende Kr�fte ein (m: Masse der Kugel; g : Erd-
beschleunigung; VK ¼ 4p r 3=3: Kugelvolumen):
1. Die nach unten gerichtete Schwerkraft G ¼ mg;
2. Der nach oben gerichtete Auftrieb [ A35 ] FA ¼ rF VK g;
3. Die nach oben gerichtete Stokessche Reibungskraft [ A59 ] FR ¼ 6p h r v.
Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] gilt dann f�r die beschleunigende Kraft
ma ¼ G � FA � FR ¼ mg � rF VK g � 6p h r v
und somit f�r die Beschleunigung
a ¼ g � rF VK gm
� 6p h rm
v ¼ g 1 � rF VK
m
� �� 6p h r
mv
Mit a ¼ _v und m ¼ rK VK ¼ 4p rK r 3=3 wird daraus eine inhomogene lineare Dgl
1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten f�r die Geschwindigkeit v:
_v ¼ g 1 � rF VK
rK VK
� �� 6p h r
4p rK r 3=3v ¼ g 1 � rF
rK
� �� 9 h
2 rK r 2v ¼
¼ ðrK � rFÞ grK
� 9h2rK r 2
v
Zur Abk�rzung und der besseren �bersicht wegen setzen wir noch
a ¼ 9h2rK r 2
und b ¼ ðrK � rFÞ grK
und erhalten die Dgl
_v ¼ b � a v oder _v þ a v ¼ b
die wir durch „Variation der Konstanten“ l�sen 1). Zun�chst wird die zugeh�rige homoge-ne Dgl
_v þ a v ¼ 0
mit dem L�sungsansatz v ¼ K � e l t, _v ¼ lK � e l t gel�st:
lK � e l t þ aK � e l t ¼ ðl þ aÞ K � e l t|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}6¼ 0
¼ 0 ) l þ a ¼ 0 ) l ¼ �a
Somit ist v ¼ K � e�a t die allgemeine L�sung der homogenen Dgl. F�r die inhomogeneDgl wird daher der L�sungsansatz
v ¼ K ðtÞ � e�a t
gew�hlt (K wird durch die Funktion K ðtÞ ersetzt; Variation der Konstanten).
1) Die Dgl ist auch durch „Trennung der Variablen“ oder durch „Aufsuchen einer partikul�ren L�sung“ l�sbar.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen324
Mit der Ableitung
_v ¼ _K ðtÞ � e�a t � aK ðtÞ � e�a t ðProdukt- und KettenregelÞerhalten wir dann durch Einsetzen des L�sungsansatzes und seiner Ableitung in die inho-mogene Dgl _v þ a v ¼ b die folgende Dgl 1. Ordnung f�r die noch unbekannte Faktor-funktion K ðtÞ :
_K ðtÞ � e�a t �aK ðtÞ � e�a t þ aK ðtÞ � e�a t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}0
¼ b ) _K ðtÞ � e�a t ¼ b )
_K ðtÞ ¼ b � ea t
Durch unbestimmte Integration folgt (Integral Nr. 312 mit a ¼ a)
K ðtÞ ¼ð
_K ðtÞ dt ¼ b �ðea t dt ¼ b � 1
a� ea t þ C 1 ¼ b
a� ea t þ C 1
Somit lautet die allgemeine L�sung der inhomogenen Dgl wie folgt:
v ¼ K ðtÞ � e�a t ¼ b
a� ea t þ C 1
� �� e�a t ¼ b
a� ea t � e�a t|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}
e0 ¼ 1
þC 1 � e�a t ¼
¼ b
aþ C 1 � e�a t
Die Integrationskonstante C 1 bestimmen wir aus der Anfangsgeschwindigkeit v ð0Þ ¼ 0:
v ð0Þ ¼ 0 ) b
aþ C 1 � 1 ¼ b
aþ C 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ � b
a
Das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz der Fallbewegung der Kugel in einer z�hen Fl�ssigkeitlautet damit
v ðtÞ ¼ b
a� b
a� e�a t ¼ b
að1 � e�a tÞ , t � 0
Die Kugel erreicht dabei (theoretisch nach unendlich langer Zeit, d. h. f�r t ! 1) dieEndgeschwindigkeit
vE ¼ limt!1 v ðtÞ ¼ lim
t!1b
að1 � e�a tÞ ¼ b
að1 � 0Þ ¼ b
a¼
¼ðrK � rFÞ g
rK
9h2rK r 2
¼ ðrK � rFÞ grK
� 2rK r 2
9h¼ 2 ðrK � rFÞ g r 2
9 h
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 325
Die Zeitabh�ngigkeit der Sinkgeschwindigkeit vkann daher auch durch die Gleichung
v ðtÞ ¼ vE ð1 � e�a tÞ , t � 0
beschrieben werden (Bild IX-9).
b) Das Weg-Zeit-Gesetz s ¼ s ðtÞ erhalten wir durch Integration der bereits bekanntenGeschwindigkeit-Zeit-Funktion v ¼ v ðtÞ ¼ _s ðtÞ :
s ðtÞ ¼ðv ðtÞ dt ¼ vE �
ðð1 � e�a tÞ dt ¼
¼ vE
ð1 dt �
ðe�a t dt
� �¼ vE t þ 1
a� e�a t þ C 2
� �(Integral Nr. 312 mit a ¼ �a). Die Integrationskonstante C 2 bestimmen wir aus demAnfangswert s ð0Þ ¼ 0:
s ð0Þ ¼ 0 ) vE1a� 1 þ C 2
� �¼ vE
1aþ C 2
� �¼ 0 )
1aþ C 2 ¼ 0 ðda vE 6¼ 0Þ ) C 2 ¼ � 1
a
Das Weg-Zeit-Gesetz lautet somit im Zeitraum t � 0 wie folgt:
s ðtÞ ¼ vE t þ 1a� e�a t � 1
a
� �¼ b
a
a t þ e�a t � 1a
� �¼ b
a 2ða t þ e�a t � 1Þ
Bild IX-10 zeigt den Verlauf dieser Funktion, die f�r großes t nahezu linear verl�uftðda e�a t ! 0 fur t ! 1Þ :
s ðtÞ � b
a 2ða t þ 0 � 1Þ ¼
¼ b
a 2ða t � 1Þ ¼
¼ b
a� t � b
a 2
t
vE
v1/a Tangente in t = 0
Bild IX-9
t
s
s = s( t )
Asymptote für t → ∞
ba2
–
Bild IX-10
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen326
Beispiel 5: RC-Schaltkreis mit einer Gleichspannungsquelle
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung (Variation der Konstanten)
Die in Bild IX-11 dargestellte RC-Reihenschaltung mit dem ohmschen Widerstand R undeinem Kondensator mit der Kapazit�t C wird zum Zeitpunkt t ¼ 0 �ber einen Schalter San eine Spannungsquelle mit der konstanten Spannung U 0 angeschlossen.
Bestimmen Sie den zeitlichen Verlauf
a) der am Kondensator liegenden Teilspannung uC,
b) der Stromst�rke i,
c) der am ohmschen Widerstand R liegenden Teil-spannung uR,
wenn der Kondensator im Einschaltaugenblick t ¼ 0energielos, d. h. ungeladen ist.
L�sungshinweis: Durch Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf den RC-Schaltkreis l�sstsich eine Dgl f�r die am Kondensator abfallende Teilspannung uC gewinnen.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.2.5.3.1 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A40, A43
L�sung:a) Aus der Maschenregel [ A32 ] folgt
uR þ uC � U 0 ¼ 0 oder uR þ uC ¼ U 0
Nach dem ohmschen Gesetz [ A14 ] ist uR ¼ R i, wobei sich die Stromst�rke i noch wiefolgt durch die Kondensatorspannung uC ausdr�cken l�sst [ A43 ]:
i ¼ dqdt¼ d
dt½C uC ¼ C � duC
dt¼ C _uC
(q: Kondensatorladung; q ¼ C uC [ A40 ]). Daher gilt f�r die am ohmschen Widerstandliegende Teilspannung
uR ¼ R i ¼ RC _uC ¼ t _uC
mit der Zeitkonstanten t ¼ RC. Die Maschenregel f�hrt damit auf die folgende inhomo-gene lineare Dgl 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten:
t _uC þ uC ¼ U 0 oder _uC þ 1t� uC ¼ U 0
t
Wir l�sen diese Dgl durch „Variation der Konstanten“.
S
t = 0
C
uR
U0
uC
R
i
Bild IX-11
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 327
Die zugeh�rige homogene Dgl
_uC þ 1t� uC ¼ 0
wird bekanntlich durch den Exponentialansatz
uC 0 ¼ K � e l t , _uC 0 ¼ lK � e l t
gel�st (mit K 2 R):
_uC 0 þ 1t� uC 0 ¼ lK � e l t þ K
t� e l t ¼ l þ 1
t
� �� K � e l t|fflfflffl{zfflfflffl}6¼ 0
¼ 0 ) l ¼ � 1t
Somit ist
uC 0 ¼ K � e� tt
die L�sung der homogenen Dgl. F�r die inhomogene Dgl w�hlen wir daher den L�sungsansatz
uC ¼ K ðtÞ � e� tt
wobei K ðtÞ eine noch unbekannte, zeitabh�ngige Funktion bedeutet (Variation der Konstan-ten). Mit diesem Ansatz und der zugeh�rigen Ableitung (unter Verwendung von Produkt- undKettenregel)
_uC ¼ _K ðtÞ � e� tt þ e�
tt � � 1
t
� �� K ðtÞ ¼ _K ðtÞ � e� t
t � K ðtÞt� e� t
t
gehen wir in die inhomogene Dgl ein:
_uC þ 1t� uC ¼ _K ðtÞ � e� t
t � K ðtÞt� e� t
t þ K ðtÞt� e� t
t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}0
¼ U 0
t)
_K ðtÞ � e� tt ¼ U 0
t) _K ðtÞ ¼ U 0
t� e t
t
Durch unbestimmte Integration erhalten wir hieraus die gesuchte Faktorfunktion K ðtÞ :
K ðtÞ ¼ð
_K ðtÞ dt ¼ U 0
t�ðett dt ¼ U 0
t� t � e t
t þ K 1 ¼ U 0 � ett þ K 1
(Integral Nr. 312 mit a ¼ 1=t; K 1 2 R). Somit ist
uC ¼ K ðtÞ � e� tt ¼ U 0 � e
tt þ K 1
� �� e� t
t ¼ U 0 � ett � e� t
t|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}e 0 ¼ 1
þK 1 � e�tt ¼
¼ U 0 þ K 1 � e�tt
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen328
Die Integrationskonstante K 1 bestimmen wir aus dem Anfangswert uC ð0Þ ¼ 0 (derKondensator ist zu Beginn ungeladen):
uC ð0Þ ¼ 0 ) U 0 þ K 1 � 1 ¼ U 0 þ K 1 ¼ 0 ) K 1 ¼ �U 0
Die Kondensatorspannung gen�gt daher dem folgenden Zeitgesetz:
uC ðtÞ ¼ U 0 � U 0 � e�tt ¼ U 0 1 � e�
tt
� �, t � 0
Bild IX-12 zeigt den Verlauf dieser S�ttigungs-funktion, die asymptotisch gegen den EndwertU 0 strebt.
b) F�r die Stromst�rke i ergibt sich damit f�r t � 0 die folgende Zeitabh�ngigkeit:
i ðtÞ ¼ C _uC ðtÞ ¼ C � ddt
U 0 1 � e�tt
� �h i¼ CU 0 � ddt 1 � e�
tt
� �¼
¼ CU 0 0 � e�tt � � 1
t
� � �¼ CU 0
t� e� t
t ¼ CU 0
RC� e� t
t ¼
¼ U 0
R� e� t
t ¼ I 0 � e�tt , t � 0
ðI 0 ¼ U 0=RÞ. Der Strom i nimmt daher im Laufe der Zeit exponentiell ab (Bild IX-13).
c) Die am ohmschen Widerstand liegende Spannung uR klingt ebenfalls mit der Zeit expo-nentiell ab (Bild IX-14). Aus dem ohmschen Gesetz [ A14 ] folgt n�mlich
uR ðtÞ ¼ R i ðtÞ ¼ R I 0 � e�tt ¼ U 0 � e�
tt , t � 0 ðmit U 0 ¼ R I 0Þ
t
U0
uCt Tangente in t = 0
Bild IX-12
t
i
I0
t
uR
U0
Bild IX-13 Stromst�rke i ðtÞ Bild IX-14 Teilspannung uR ðtÞ
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 329
Beispiel 6: RC-Wechselstromkreis
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung (Aufsuchen einerpartikul�ren L�sung)
An eine Reihenschaltung aus einem ohmschen Widerstand R und einem Kondensator mitder Kapazit�t C wird zum Zeitpunkt t ¼ 0 eine sinusf�rmige Wechselspannung mit derGleichung u ðtÞ ¼ uu � sin ðw tÞ angelegt (Bild IX-15).
Wie lautet der zeitliche Verlauf
a) der Kondensatorspannung uC,
b) der Stromst�rke i,
c) der am ohmschen Widerstand R abfallenden Teil-spannung uR,
wenn der Kondensator im Einschaltaugenblick t ¼ 0energielos, d. h. ungeladen ist?
L�sungshinweis: Die Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf den RC-Wechselstromkreisliefert eine Dgl f�r die Kondensatorspannung uC .
Anmerkung: Diese Aufgabe wird in Kapitel XII, Beispiel 2 mit Hilfe der Laplace-Transfor-mation gel�st. Vergleichen Sie die beiden doch sehr unterschiedlichen L�sungs-methoden miteinander und bilden Sie sich somit ein eigenes Urteil �ber derenLeistungsf�higkeit.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.2.5.3.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A40, A43
L�sung:a) Nach der Maschenregel [ A32 ] ist
uR þ uC � u ¼ 0 oder uR þ uC ¼ u
F�r die Teilspannung uR gilt ferner nach dem ohmschen Gesetz [ A14 ] uR ¼ R i. DieStromst�rke i l�sst sich dabei noch wie folgt durch die Kondensatorspannung uC aus-dr�cken [ A43 ]:
i ¼ dqdt¼ d
dt½C uC ¼ C � d uC
dt¼ C _uC
(q: Kondensatorladung; q ¼ C uC [ A40 ]). Somit ist
uR ¼ R i ¼ RC _uC ¼ t _uC
wobei wir noch die Zeitkonstante t ¼ RC eingef�hrt haben.
S
t = 0
C
uR
u
uC
R
i
Bild IX-15
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen330
Die Maschengleichung f�hrt damit zu der folgenden inhomogenen linearen Dgl 1. Ordnungmit konstanten Koeffizienten :
t _uC þ uC ¼ uu � sin ðw tÞWir l�sen diese Dgl durch „Aufsuchen einer partikul�ren L�sung“. Zun�chst wird diezugeh�rige homogene Dgl
t _uC þ uC ¼ 0
gel�st. Ihre mit dem Exponentialansatz uC 0 ¼ K � e� l t gewonnene L�sung lautet
uC 0 ¼ K � e� tt ðmit K 2 RÞ
F�r die partikul�re L�sung uC p der inhomogenen Dgl w�hlen wir aufgrund dersinusf�rmigen St�rfunktion u ¼ uu � sin ðw tÞ den L�sungsansatz
uC p ¼ C 1 � sin ðw tÞ þ C 2 � cos ðw tÞ(siehe Band 2, Abschnitt IV.2.6, Tabelle 1). Mit diesem Ansatz und der zugeh�rigen Ableitung
_uC p ¼ wC 1 � cos ðw tÞ � wC 2 � sin ðw tÞgehen wir in die inhomogene Dgl ein und erhalten
t ½wC 1 � cos ðw tÞ � wC 2 � sin ðw tÞ þ C 1 � sin ðw tÞ þ C 2 � cos ðw tÞ ¼¼ t wC 1 � cos ðw tÞ � t wC 2 � sin ðw tÞ þ C 1 � sin ðw tÞ þ C 2 � cos ðw tÞ ¼¼ uu � sin ðw tÞ
Ordnen der Glieder f�hrt zu der Gleichung
ðC 1 � wt � C 2Þ � sin ðw tÞ þ ðwt � C 1 þ C 2Þ � cos ðw tÞ ¼ uu � sin ðw tÞAuf der rechten Seite dieser Gleichung erg�nzen wir noch den verschwindenden Kosinus-term 0 � cos ðw tÞ:
ðC 1 � wt � C 2Þ � sin ðw tÞ þ ðwt � C 1 þ C 2Þ � cos ðw tÞ ¼¼ uu � sin ðw tÞ þ 0 � cos ðw tÞ
Durch Koeffizientenvergleich der Sinus- bzw. Kosinusterme gewinnen wir hieraus das fol-gende lineare Gleichungssystem f�r die noch unbekannten Konstanten C 1 und C 2 :
ðIÞ C 1 � wt � C 2 ¼ uu
ðIIÞ wt � C 1 þ C 2 ¼ 0
Aus Gleichung (II) folgt zun�chst C 2 ¼ �wt � C 1. Diesen Ausdruck setzen wir inGleichung (I) ein und erhalten f�r C 1 :
C 1 � wt ð�wt � C 1Þ ¼ C 1 þ ðwtÞ 2 � C 1 ¼ C 1 ½ 1 þ ðwtÞ 2 ¼ uu )
C 1 ¼ uu
1 þ ðwtÞ 2
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 331
Damit ist auch C 2 bestimmt:
C 2 ¼ �wt � C 1 ¼ �wt � uu
1 þ ðwtÞ 2 ¼ �uuwt
1 þ ðwtÞ 2
Die partikul�re L�sung besitzt daher die folgende Gestalt :
uC p ¼ uu
1 þ ðwtÞ 2 � sin ðw tÞ � uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � cos ðw tÞ ¼
¼ uu
1 þ ðwtÞ 2 ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ
Die allgemeine L�sung der inhomogenen Dgl lautet damit
uC ðtÞ ¼ uC 0 þ uC p ¼ K � e� tt þ uu
1 þ ðwtÞ 2 ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ
Die Integrationskonstante K bestimmen wir aus der Anfangsbedingung uC ð0Þ ¼ 0 (derKondensator ist zu Beginn ungeladen):
uC ð0Þ ¼ 0 ) K � 1 þ uu
1 þ ðwtÞ 2 ½ sin 0|ffl{zffl}0
�wt � cos 0|ffl{zffl}1
¼ 0 )
K � uuwt
1 þ ðwtÞ 2 ¼ 0 ) K ¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2
Die Kondensatorspannung uC besitzt daher den folgenden zeitlichen Verlauf:
uC ðtÞ ¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uu
1 þ ðwtÞ 2 ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ , t � 0
Die in der eckigen Klammer stehende Funktion beschreibt die �berlagerung zweiergleichfrequenter Sinus- und Kosinusfunktionen und ist auch als phasenverschobene Sinus-funktion gleicher Frequenz in der Form
sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ ¼ A � sin ðw t � jÞdarstellbar. Im Zeigerdiagramm nach Bild IX-16 sind die beiden Schwingungskomponen-ten y 1 ¼ sin ðw tÞ und y 2 ¼ �wt � cos ðw tÞ durch (reelle) Zeiger bildlich dargestellt.Amplitude A und Nullphasenwinkel j lassen sichdann wie folgt aus dem rechtwinkligen Dreieck be-rechnen:
y ¼ y 1 þ y 2 ¼ A � sin ðw t � jÞ
A 2 ¼ 12 þ ðwtÞ 2 ) A ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
qtan j ¼ wt
1¼ wt ) j ¼ arctan ðwtÞ
+cos
+sin1
1
A
y1
f
vt vt
y2y
Bild IX-16
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen332
Somit ist
sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ ¼ A � sin ðw t � jÞ ¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q� sin ðw t � arctan ðwtÞÞ
und die Spannung am Kondensator gen�gt dem Zeitgesetz
uC ðtÞ ¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uu
1 þ ðwtÞ 2 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q� sin ðw t � jÞ ¼
¼ uu wt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q � sin ðw t � jÞ
mit j ¼ arctan ðwtÞ > 0. Die Kondensatorspannung uC enth�lt somit einen exponen-tiell abklingenden „fl�chtigen“ Anteil, der nach einer kurzen „Einschwingphase“ prak-tisch keine Rolle mehr spielt (siehe Bild IX-17) und einen „station�ren“ Anteil, der eine
sinusf�rmige Wechselspannung mit dem Scheitelwert uu 0 ¼ uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q , der Kreis-
frequenz w und dem Nullphasenwinkel j ¼ arctan ðwtÞ darstellt (Bild IX-18) 2).
b) Aus der zu Beginn hergeleiteten Beziehung i ¼ C _uC erhalten wir damit f�r die Strom-st�rke i den folgenden zeitlichen Verlauf:
i ðtÞ ¼ C _uC ðtÞ ¼ C � ddt
uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q � sin ðw t � jÞ
264375 ¼
t
uC0
u
1 + ( )
vtvt 2
t
u0
–u0
uCP
2pv
fv
T =
Bild IX-17 „Fl�chtiger“ Anteil Bild IX-18 „Station�rer“ Anteil
2) Der „fl�chtige“ Anteil ist die L�sung der homogenen Dgl, der „station�re“ Anteil die partikul�re L�sung derinhomogenen Dgl. Die angelegte Wechselspannung eilt dabei dem station�ren Anteil um den Winkelj ¼ arctan ðwtÞ voraus.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 333
¼ Cuuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt � � 1
t
� �þ uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q � cos ðw t � jÞ � w
264375 ¼
¼ � uuwC
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uuwCffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q � cos ðw t � jÞ , t � 0
Der „station�re“ Anteil ist ein (kosinusf�rmiger) Wechselstrom mit dem Scheitelwert
ii 0 ¼ uuwCffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q , der Kreisfrequenz w und dem Nullphasenwinkel j ¼ arctan ðwtÞ.
c) Aus dem ohmschen Gesetz [ A14 ] erhalten wir f�r die am ohmschen Widerstand R lie-gende Teilspannung uR die folgende Zeitabh�ngigkeit (mit t ¼ RC):
uR ðtÞ ¼ R i ðtÞ ¼ � uuwRC
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uuwRCffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q � cos ðw t � jÞ ¼
¼ � uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt þ uuwtffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q � cos ðw t � jÞ , t � 0
Beispiel 7: Biegelinie eines beidseitig eingespannten Balkens beikonstanter Streckenlast
Dgl 2. Ordnung vom Typ y 00 ¼ f (x) (direkte Integration)
Bestimmen Sie die Gleichungder Biegelinie [ A28 ] einesbeidseitig eingespannten ho-mogenen Balkens der L�nge lbei konstanter Streckenlast qund konstanter Biegesteifig-keit E I (Bild IX-19). Anwelcher Stelle ist die Durch-biegung am gr�ßten?
L�sungshinweis: Ermitteln Sie zun�chst das Biegemoment Mb ðxÞ an der Schnittstelle x.Beachten Sie dabei das Auftreten eines Einspannmomentes M 0 an den beiden Einspannstel-len x ¼ 0 und x ¼ l.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.1.5 Physikalische Grundlagen: A1, A7, A28
x
y
M0 M0
FA FB
F = qxS
x/2S
A By
x
Biegelinie y(x)
q = const.
l
Bild IX-19
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen334
L�sung:Wir bestimmen zun�chst das Biegemoment Mb ðxÞ an der Schnittstelle x. Es setzt sich wiefolgt aus drei Teilmomenten zusammen:
1. Infolge der Einspannung tritt beiderseits ein (statisch unbestimmtes) Einspannmoment M 0 auf.
2. Die Gesamtbelastung des Balkens ist F ¼ q l und verteilt sich gleichm�ßig auf die bei-den Lager A und B. F�r die Lagerkr�fte gilt somit aufgrund der statischen Gleichge-wichtsbedingungen [ A1 ]
FA ¼ FB ¼ q l2
Die Lagerkraft FA erzeugt damit an der Stelle x das Moment [ A7 ]
MA ¼ FA x ¼ q l2
x
3. Ein weiteres Moment entsteht durch die konstante Streckenlast q. Der Balken wird dabei imBereich vom Auflager A bis zur Schnittstelle x durch die Kraft FS ¼ q x gleichm�ßigbelastet (grau unterlegtes Teilst�ck in Bild IX-19). Diese Kraft greift aus Symmetriegr�ndengenau in der Mitte dieser Strecke, d. h. im Schwerpunkt S des Teilst�ckes und somit imAbstand x=2 von der Schnittstelle x an, und erzeugt daher das Moment [ A7 ]
MS ¼ �FS � x2 ¼ � q x � x2¼ � q
2x 2
Damit erhalten wir das folgende Biegemoment :
Mb ðxÞ ¼ M 0 þ MA þ MS ¼ M 0 þ q l2
x � q2
x 2 , 0 x l
Die Biegegleichung, d. h. die Dgl der Biegelinie lautet dann (f�r kleine Durchbiegungen) n�-herungsweise [ A28 ] wie folgt:
y 00 ¼ � Mb ðxÞE I
¼ � 1E I� Mb ðxÞ ¼ � 1
E IM 0 þ q l
2x � q
2x 2
� �Diese Dgl l�sst sich durch zweimalige (unbestimmte) Integration leicht l�sen:
y 0 ¼ðy 00 dx ¼ � 1
E I�ð
M 0 þ q l2
x � q2
x 2� �
dx ¼
¼ � 1E I
M 0 x þ q l4
x 2 � q6
x 3 þ C 1
� �
y ¼ðy 0 dx ¼ � 1
E I�ð
M 0 x þ q l4
x 2 � q6
x 3 þ C 1
� �dx ¼
¼ � 1E I
M 0
2x 2 þ q l
12x 3 � q
24x 4 þ C 1 x þ C 2
� �
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 335
Die Integrationskonstanten C 1 und C 2 sowie das Einspannmoment M 0 bestimmen wir ausden folgenden Anfangsbedingungen:
y ð0Þ ¼ y ðlÞ ¼ 0 ðkeine Durchbiegung in den beiden LagernÞy 0 ð0Þ ¼ y 0 ðlÞ ¼ 0 ðwaagerechte Tangenten in den beiden LagernÞ
Sie liefern drei Bestimmungsgleichungen f�r die drei Unbekannten 3):
y ð0Þ ¼ 0 ) � 1E I� C 2 ¼ 0 ) C 2 ¼ 0
y 0 ð0Þ ¼ 0 ) � 1E I� C 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ 0
y ðlÞ ¼ 0 ) � 1E I
M 0
2l 2 þ q l 4
12� q l 4
24
� �¼ 0 ) M 0
2l 2 þ q l 4
12� q l 4
24¼ 0
) M 0
2l 2 þ 2 q l 4 � q l 4
24¼ 0 ) M 0
2l 2 þ q l 4
24¼ 0
) M 0
2l 2 ¼ � q l 4
24) M 0 ¼ � q l 2
12
Die Biegelinie lautet damit
y ðxÞ ¼ � 1E I
� q l 2
24x 2 þ q l
12x 3 � q
24x 4
� �¼ q
24E Iðl 2 x 2 � 2 l x 3 þ x 4Þ ¼
¼ q24E I
ðx 4 � 2 l x 3 þ l 2 x 2Þ , 0 x l
Die gr�ßte Durchbiegung erfolgt aus Symmetriegr�nden genau in der Balkenmitte. Sie betr�gt
ymax ¼ yl2
� �¼ q
24E Il 4
16� l 4
4þ l 4
4
� �¼ q
24E I� l
4
16¼ q l 4
384 E I
Beispiel 8: Knicklast nach Euler
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung (Schwingungsgleichung)
Lange, schlanke St�be, die in axialer Richtung durch Druckkr�fte belastet werden, k�nnenbereits vor �berschreiten der Materialfestigkeit ein seitliches Ausbiegen zeigen, das bis zurZerst�rung der St�be f�hren kann. Man bezeichnet diesen Vorgang als Knickung. In diesemBeispiel soll das Verhalten eines beidseitig gelenkig gelagerten Stabes der L�nge l unter-sucht werden, der durch eine Druckkraft F axial belastet wird (Bild IX-20).
3) Wir ben�tigen nur drei der vier Bedingungen. Wir w�hlen y ð0Þ ¼ 0, y 0 ð0Þ ¼ 0 und y ðlÞ ¼ 0. Die vierteRandbedingung ist dann aus Symmetriegr�nden automatisch erf�llt.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen336
Bestimmen Sie die Eulersche KnickkraftFK , bei der die Zerst�rung des Stabesinfolge seitlichen Ausknickens erstmalseinsetzt.
E I : konstante Biegesteifigkeit des Stabes
L�sungshinweis: Bestimmen Sie zun�chst das Biegemoment Mb ðxÞ und untersuchen Siedann, unter welchen Voraussetzungen die sog. Biegegleichung, d. h. die Dgl der Biegelinie[ A28 ] nichttriviale L�sungen besitzt.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.3 und IV.4.1.2 Physikalische Grundlagen: A7, A28
L�sung:Die axiale Druckkraft F erzeugt an der Schnittstelle x die ortsabh�ngige Durchbiegungy ¼ y ðxÞ und somit (bez�glich des linken Auflagerpunktes A) ein Biegemoment [ A7 ] vomBetrag
Mb ðxÞ ¼ F y
Die Dgl der Biegelinie, d. h. die sog. Biegegleichung lautet dann [A28 ]
y 00 ¼ � Mb ðxÞE I
¼ � FE I
y oder y 00 þ FE I
y ¼ 0
Wir setzen noch zur Abk�rzung a 2 ¼ F=ðE IÞ und erhalten die als Schwingungsgleichungbezeichnete homogene lineare Dgl 2. Ordnung
y 00 þ a 2 y ¼ 0
Ihre allgemeine L�sung ist nach Band 2, Abschnitt IV.4.1.2 in der Form
y ¼ C 1 � sin ða xÞ þ C 2 � cos ða xÞdarstellbar. In den beiden Randpunkten (Auflager A und B an den Stellen x ¼ 0 undx ¼ l) ist die Durchbiegung jeweils null: y ð0Þ ¼ y ðlÞ ¼ 0 . Dies f�hrt zu dem folgendenhomogenen linearen Gleichungssystem f�r die beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 :
y ð0Þ ¼ 0 ) C 1 � sin 0 þ C 2 � cos 0 ¼ C 1 � 0 þ C 2 � 1 ¼ 0
) 0 � C 1 þ 1 � C 2 ¼ 0
y ðlÞ ¼ 0 ) C 1 � sin ða lÞ þ C 2 � cos ða lÞ ¼ 0
) sin ða lÞ � C 1 þ cos ða lÞ � C 2 ¼ 0
Eine nichttriviale L�sung, d. h. eine von C 1 ¼ C 2 ¼ 0 verschiedene L�sung existiert be-kanntlich nur dann, wenn die Koeffizientendeterminante des Gleichungssystems verschwindet 4):
xl
y Biegelinie y(x)
A BStab
xy
F F
Bild IX-20
4) F�r C 1 ¼ C 2 ¼ 0 ist y ¼ 0 (keine Durchbiegung und somit kein seitliches Ausknicken).
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 337
0 1
sin ða lÞ cos ða lÞ
¼ 0 � cos ða lÞ � 1 � sin ða lÞ ¼ � sin ða lÞ ¼ 0
Diese Bedingung ist nur erf�llbar f�r a l ¼ k p und somit a ¼ k p=l (mit k 2 Z).
Unter Ber�cksichtigung von a 2 ¼ F=ðE IÞ folgt hieraus f�r die Druckkraft
F ¼ E I a 2 ¼ E Ik pl
� �2
¼ k 2 p2 E Il 2
ðk 2 ZÞ
Die kleinstm�gliche Druckkraft, bei der seitliches Ausbiegen, d. h. Knickung eintritt, erh�ltman f�r k ¼ 1 5). Die gesuchte Eulersche Knickkraft betr�gt somit
FK ¼ p 2 E Il 2
Die Biegelinie besitzt dann die Gestalt eines Sinusbogens mit der Gleichung
y ¼ C 1 � sin p
lx
� �, 0 x l
(siehe Bild IX-21).
Denn das lineare Gleichungssystem f�r die beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 be-sitzt f�r k ¼ 1 und damit a l ¼ p die spezielle Form
0 � C 1 þ 1 � C 2 ¼ 0
ðsin pÞ � C 1 þ ðcos pÞ � C 2 ¼ 0 � C 1 � 1 � C 2 ¼ 0
und wird f�r C 2 ¼ 0 und beliebige Werte von C 1 gel�st. Die Konstante C 1 bleibt somitunbestimmt!
Beispiel 9: Radialbewegung einer Masse in einer geraden, rotierendenF�hrung
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung
Bild IX-22 zeigt eine mit konstanter Winkelgeschwindigkeit w rotierende Zylinderscheibevom Radius R, auf der sich eine Masse m in einer radialen F�hrungsschiene reibungsfreinach außen bewegt.
xl
y
A B
C1
y = C · sin x1pl
Bild IX-21
5) F�r k ¼ � 1 erhalten wir dieselbe L�sung, da F � k 2 ist. Die Knickung erfolgt lediglich in der Gegenrich-tung (also nach oben), die Gestalt der Biegelinie bleibt jedoch erhalten. Wir k�nnen uns somit auf die positivenk-Werte beschr�nken ðk 2 N*Þ.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen338
a) Wie lautet das Weg-Zeit-Gesetz r ¼ r ðtÞ sowiedas Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v ¼ _r ðtÞ dieserRadialbewegung f�r die Anfangswerte r ð0Þ ¼ a,v ð0Þ ¼ 0?
b) Nach welcher Zeit t verl�sst die Masse dieScheibe?
L�sungshinweis: Die Dgl der Radialbewegung erhalten Sie aus dem Newtonschen Grund-gesetz [ A27 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.3 Physikalische Grundlagen: A15, A27
L�sung:a) F�r die radiale Bewegung ist die Zentrifugalkraft [ A15 ] FZ ¼ mw 2 r verantwortlich.
Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] gilt dann
ma ¼ m __r ¼ mw 2 r oder __r � w 2 r ¼ 0 ðmit a ¼ __r ÞDies ist eine homogene lineare Dgl 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Sie wirddurch den Exponentialansatz
r ¼ e l t , _r ¼ l � e l t , __r ¼ l 2 � e l t ¼ l 2 � rgel�st und f�hrt zu der charakteristischen Gleichung
l 2 � w 2 ¼ 0
mit den L�sungen l 1=2 ¼ �w. Die allgemeine L�sung der Dgl lautet damit
r ¼ C 1 � ew t þ C 2 � e�w t
Die Integrationskonstanten C 1 und C 2 bestimmen wir aus den beiden Anfangswerten :
r ð0Þ ¼ a ) C 1 � 1 þ C 2 � 1 ¼ C 1 þ C 2 ¼ a
_r ¼ wC 1 � ew t � wC 2 � e�w t ¼ w ðC 1 � ew t � C 2 � e�w tÞ_r ð0Þ ¼ 0 ) w ðC 1 � 1 � C 2 � 1Þ ¼ w ðC 1 � C 2Þ ¼ 0
) C 1 � C 2 ¼ 0 ðda w 6¼ 0Þ ) C 2 ¼ C 1
Schiene
R
Mr
a m
v
v
rotierendeZylinderscheibe
Bild IX-22
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 339
Aus den Gleichungen C 1 þ C 2 ¼ a und C 2 ¼ C 1 folgt dann
C 1 þ C 1 ¼ 2C 1 ¼ a ) C 1 ¼ C 2 ¼ 12
a
Das Weg-Zeit-Gesetz der Bewegung lautet somit im Zeitintervall 0 t t :
r ðtÞ ¼ 12
a � ew t þ 12
a � e�w t ¼ a � ew t þ e�w t
2¼ a � cosh ðw tÞ
Durch Differentiation nach der Zeit t erhalten wir hieraus das Zeitgesetz der Radial-geschwindigkeit:
v ðtÞ ¼ _r ðtÞ ¼ aw � sinh ðw tÞ , 0 t t
Der zeitliche Verlauf beider Funktionen im Intervall 0 t t ist in den Bildern IX-23und IX-24 dargestellt.
b) Im Zeitpunkt t ist r ðtÞ ¼ R (die Masse befindet sich am Rand der Scheibe) und somit
a � cosh ðwtÞ ¼ R oder cosh ðwtÞ ¼ Ra
Durch Umkehrung erhalten wir hieraus schließlich die gesuchte Zeitgr�ße t :
wt ¼ arcoshRa
� �) t ¼ 1
w� arcosh R
a
� �
Beispiel 10: Elektromagnetischer Schwingkreis
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung (Schwingungsgleichung)
Ein Kondensator mit der Kapazit�t C ¼ 1 mF wird zun�chst durch eine Spannungsquelleauf die Spannung U 0 ¼ 100 V aufgeladen (Bild IX-25). Zum Zeitpunkt t ¼ 0 wird derKondensator durch Umlegen des Schalters S von der Spannungsquelle getrennt und einerSpule mit der Induktivit�t L ¼ 1 H zugeschaltet.
t
a
t
R
r
tt
v( )t
v
Bild IX-23 Weg-Zeit-Gesetz Bild IX-24 Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen340
Beschreiben Sie die im LC-Stromkreis ent-stehende elektromagnetische Schwingungdurch den Verlauf der Stromst�rke i ¼ i ðtÞin Abh�ngigkeit von der Zeit t.
L�sungshinweis: Die Dgl der elektromagnetischen Schwingung erhalten Sie aus der Maschen-regel [ A32 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.3 und IV.4.2.2 Physikalische Grundlagen: A32, A40, A43, A45
L�sung:Nach der Maschenregel [ A32 ] ist
uL þ uC ¼ 0
Mit uL ¼ L � didt
[ A45 ] und uC ¼ qC
[ A40 ] wird hieraus
L � didtþ q
C¼ 0 oder
didtþ 1
LC� q ¼ 0
(q: Kondensatorladung). Wir differenzieren diese Gleichung gliedweise nach der Zeit t, be-
achten dabei die Beziehung i ¼ dqdt
[ A43 ] und erhalten schließlich die folgende Dgl einer
freien, unged�mpften elektromagnetischen Schwingung:
d 2idt 2þ 1
LC� dqdt¼ 0 oder
d 2idt 2þ w 2 � i ¼ 0 mit w 2 ¼ 1
LC
� �Diese Schwingungsgleichung besitzt bekanntlich die allgemeine L�sung
i ðtÞ ¼ K 1 � sin ðw tÞ þ K 2 � cos ðw tÞ(siehe Band 2, Abschnitt IV.4.2.2). Die Integrationskonstanten K 1 und K 2 lassen sich ausden folgenden Anfangsbedingungen bestimmen:
1. Der Strom i ist zu Beginn der Schwingung, d. h. zur Zeit t ¼ 0 gleich null : i ð0Þ ¼ 0;
2. Die Kondensatorspannung hat zu Beginn den Wert uC ð0Þ ¼ U 0.
Aus der Maschengleichung folgt dann f�r den Zeitpunkt t ¼ 0:
uL ð0Þ þ uC ð0Þ ¼ L � didt
� �t¼ 0þ U 0 ¼ 0 ) di
dt
� �t¼ 0¼ � U 0
L
t = 0
C L uLuCU0
S
iBild IX-25
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 341
F�r die Integrationskonstanten ergeben sich aus diesen Anfangswerten dann folgende Werte:
i ð0Þ ¼ 0 ) K 1 � sin 0 þ K 2 � cos 0 ¼ K 1 � 0 þ K 2 � 1 ¼ 0 þ K 2 ¼ 0
) K 2 ¼ 0
didt¼ d
dt½K 1 � sin ðw tÞ þ K 2 � cos ðw tÞ ¼ wK 1 � cos ðw tÞ � wK 2 � sin ðw tÞ ¼
¼ w ½K 1 � cos ðw tÞ � K 2 � sin ðw tÞ didt
� �t¼ 0¼ � U 0
L) w ½K 1 � cos 0 � K 2 � sin 0 ¼ w ðK 1 � 1 � K 2 � 0Þ ¼
¼ wK 1 ¼ � U 0
L) K 1 ¼ � U 0
wL¼ � U 0
ffiffiffiffiffiffiffiLCp
L¼ �U 0
ffiffiffiffiffiCL
rIm LC-Schwingkreis fließt somit der sinusf�rmige Wechselstrom
i ðtÞ ¼ �U 0
ffiffiffiffiffiCL
r� sin ðw tÞ ¼ � i 0 � sin ðw tÞ ¼ i 0 � sin ðw t þ pÞ , t � 0 s
mit dem Scheitelwert i 0 ¼ U 0
ffiffiffiffiCL
r, der Kreisfrequenz w ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffi
LCp und dem Nullphasen-
winkel j ¼ p.
Nach Einsetzen der vorgegebenen Werte erhalten wir schließlich
i ðtÞ ¼ 0,1 A � sin ð1000 s� 1 � t þ pÞ , t � 0 s
Der zeitliche Verlauf dieser Schwingungist in Bild IX-26 dargestellt.
Beispiel 11: Biegeschwingung einer elastischen Blattfeder
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung (Schwingungsgleichung)
Eine einseitig fest eingespannte elastische Blattfeder der L�nge l tr�gt am anderen Ende eineMasse m und wird durch seitliches Auslenken in Biegeschwingungen versetzt (Bild IX-27).
ts
iA
0,1
–0,1 p500
T = s
Bild IX-26
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen342
a) Wie lautet die Dgl dieser Schwingung?
b) Bestimmen Sie die L�sung der Schwingungs-gleichung f�r die Anfangswerte y ð0Þ ¼ y 0 undv ð0Þ ¼ _y ð0Þ ¼ 0.
y ¼ y ðtÞ : Auslenkung zur Zeit t
A, B: Umkehrpunkte der Schwingung
C: Gleichgewichtslage der Feder
L�sungshinweis: Verwenden Sie bei der Bestimmung der R�ckstellkraft FR der Blattfederden folgenden Sachverhalt: Ein einseitig eingespannter elastischer Tr�ger (wie die Blattfeder),der am freien Ende durch eine Kraft F belastet wird, erf�hrt dort die Durchbiegungy ¼ F l 3=ð3E IÞ (E I : konstante Biegesteifigkeit des Tr�gers; E : Elastizit�tsmodul; I : Fl�-chentr�gheitsmoment). Die Dgl der Biegeschwingung erhalten Sie dann aus dem Newton-schen Grundgesetz [ A27 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.3 und IV.4.1.2 Physikalische Grundlagen: A27
L�sung:a) Bild IX-28 zeigt die Lage der Blattfeder zum Zeit-
punkt t, die Auslenkung der Masse m zu dieserZeit ist durch die Koordinate y gegeben.
Die auf die Masse einwirkende, r�cktreibende Kraft FR ist (betragsm�ßig) gleich jener�ußeren Kraft F, die am freien Ende der Blattfeder die Durchbiegung y hervorrufenw�rde. Zwischen dieser Kraft und der von ihr erzeugten Durchbiegung besteht aber lautL�sungshinweis der folgende Zusammenhang:
y ¼ F l 3
3E Ioder F ¼ 3E I
l 3y
Somit ist
FR ¼ �F ¼ � 3E Il 3
y
(die R�ckstellkraft FR wirkt der Durchbiegung y entgegen). Die Federkonstante c derBlattfeder hat daher den Wert
c ¼ FR
y
¼ � 3E Il 3
¼ 3E Il 3
y
m C
Al
B
y0
y0
Blattfeder
Bild IX-27
y
yFR
m
Bild IX-28
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 343
Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] gilt dann (mit a ¼ __y)
ma ¼ m __y ¼ FR ¼ � 3E Il 3
y oder __y ¼ � 3E Im l 3
y
Wir stellen diese homogene lineare Dgl 2. Ordnung noch geringf�gig um und erhalten diebekannte Schwingungsgleichung in der Form
__y þ 3E Im l 3
y ¼ 0 oder __y þ w 2 y ¼ 0 w 2 ¼ 3E Im l 3
� �:
b) Die allgemeine L�sung dieser Dgl ist aus Band 2, Abschnitt IV.4.1.2 bekannt. Sie lautet
y ¼ C 1 � sin ðw tÞ þ C 2 � cos ðw tÞDie beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 bestimmen wir aus den Anfangswerteny ð0Þ ¼ y 0 und v ð0Þ ¼ _y ð0Þ ¼ 0:
y ð0Þ ¼ y 0 ) C 1 � sin 0 þ C 2 � cos 0 ¼ C 1 � 0 þ C 2 � 1 ¼ 0 þ C 2 ¼ y 0
) C 2 ¼ y 0
_y ¼ wC 1 � cos ðw tÞ � wC 2 � sin ðw tÞ_y ð0Þ ¼ 0 ) wC 1 � cos 0 � wC 2 � sin 0 ¼ wC 1 � 1 � wC 2 � 0 ¼ wC 1 ¼ 0
) C 1 ¼ 0 ðda w 6¼ 0ÞDie Biegeschwingung verl�uft daher harmonisch nach der Gleichung
y ðtÞ ¼ y 0 � cos ðw tÞ , t � 0
mit der Schwingungsamplitude y 0 und der Kreisfrequenz w ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffi3E Im l 3
rbzw. der Schwin-
gungsdauer T ¼ 2pw¼ 2p �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffim l 3
3E I
r(siehe Bild IX-29).
t
y
y0
–y0
T2
T
Bild IX-29
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen344
Beispiel 12: Scheibenpendel (physikalisches Pendel)
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung (Schwingungsgleichung)
Eine homogene Zylinderscheibe mit der Masse m und dem Radius R schwingt um eineAchse A, die parallel zur Symmetrieachse (Zylinderachse) durch den Scheibenumfang ver-l�uft (Bild IX-30).
a) Wie lautet die Dgl dieser Schwingung?
b) L�sen Sie die Schwingungsgleichung f�r kleine Winkelj unter den Anfangsbedingungen j ð0Þ ¼ j 0 und_j ð0Þ ¼ 0.
A : Drehachse (senkrecht zur Zeichenebene)
S: Schwerpunkt (¼ Mittelpunkt der Scheibe)
j: Auslenkwinkel zur Zeit t
L�sungshinweis: Das Massentr�gheitsmoment der Scheibe bez�glich der Symmetrieachse
(Schwerpunktachse) betr�gt JS ¼ 12
mR 2. Das ben�tigte Massentr�gheitsmoment JA
bez�glich der Drehachse A l�sst sich dann aus dem Steinerschen Satz [ A31 ] bestimmen.Die Dgl der Schwingung erhalten Sie aus dem Grundgesetz der Drehbewegung [ A36 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.3 und IV.4.1.2 Physikalische Grundlagen: A7, A31, A36
L�sung:a) Das im Schwerpunkt S angreifende Gewicht G ¼ mg erzeugt ein r�cktreibendes Mo-
ment [ A7 ]
MR ¼ �Gx ¼ �mg ðR � sin jÞ ¼ �mgR � sin jðsin j ¼ x=R ) x ¼ R � sin j; siehe Bild IX-30Þ
Aus dem Grundgesetz der Drehbewegung [ A36 ] folgt
JA a ¼ JA __j ¼ MR ¼ �mgR � sin j oder __j þ mgRJA� sin j ¼ 0
Dabei ist a die Winkelbeschleunigung ða ¼ __jÞ und JA das Massentr�gheitsmomentder Scheibe bez�glich der Drehachse A. Dieses l�sst sich nach dem Steinerschen Satz[ A31 ] wie folgt berechnen:
JA ¼ J S þ mR 2 ¼ 12
mR 2 þ mR 2 ¼ 32
mR 2
AR
G
Sx
f
ScheibenpendelBild IX-30
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 345
Die Pendelbewegung gen�gt somit der nichtlinearen Dgl 2. Ordnung
__j þ mgR32
mR 2� sin j ¼ 0 oder __j þ 2 g
3R� sin j ¼ 0
b) F�r kleine Winkel 6) ist sin j � j und die Dgl des Scheibenpendels geht dann �ber ineine homogene lineare Dgl 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten, die unter der Be-zeichnung Schwingungsgleichung allgemein bekannt ist:
__j þ 2 g3R
j ¼ 0 oder __j þ w 20 j ¼ 0 w 2
0 ¼2 g3R
� �Ihre allgemeine L�sung lautet (siehe Band 2, Abschnitt IV.4.1.2)
j ðtÞ ¼ C 1 � sin ðw 0 tÞ þ C 2 � cos ðw 0 tÞDie beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 bestimmen wir aus den Anfangsbedingun-gen j ð0Þ ¼ j 0 und _j ð0Þ ¼ 0:
j ð0Þ ¼ j 0 ) C 1 � sin 0 þ C 2 � cos 0 ¼ C 1 � 0 þ C 2 � 1 ¼ 0 þ C 2 ¼ j 0
) C 2 ¼ j 0
_j ¼ w 0 C 1 � cos ðw 0 tÞ � w 0 C 2 � sin ðw 0 tÞ_j ð0Þ ¼ 0 ) w 0 C 1 � cos 0 � w 0 C 2 � sin 0 ¼ w 0 C 1 � 1 � w 0 C 2 � 0 ¼ 0
) w 0 C 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ 0 ðda w 0 6¼ 0ÞDas Scheibenpendel schwingt somit f�r kleine Auslenkwinkel j nahezu harmonisch nachder Gleichung
j ðtÞ ¼ j 0 � cos ðw 0 tÞ , t � 0
Bild IX-31 zeigt den zeitlichen Verlauf dieser Schwingung mit dem maximalen Auslenk-
winkel (der Winkelamplitude) j 0, der Kreisfrequenz w 0 ¼ffiffiffiffiffiffiffi2 g3R
rund der Schwingungs-
dauer T ¼ 2p �ffiffiffiffiffiffiffi3R2 g
r.
t
f
f0
–f0
T2
TBild IX-31
6) F�r Winkel unter 14� betr�gt der maximale prozentuale Fehler rund 1%, f�r Winkel unter 20� rund 2%.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen346
Beispiel 13: Vertikale Schwingungen eines K�rpers in einer Fl�ssigkeit
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung (ged�mpfte Schwingung)
Ein homogener zylindrischer K�rper mit der Masse m und der Querschnittsfl�che A tauchtin eine Fl�ssigkeit der Dichte r zur H�lfte ein. Zur Zeit t ¼ 0 wird der K�rper aus derRuhe heraus kurz nach unten angestoßen und beginnt dann um die Gleichgewichtslage zuschwingen. Die augenblickliche Position des schwingenden K�rpers soll durch die Schwer-punktskoordinate x beschrieben werden (siehe Bild IX-32).
a) Wie lautet die Dgl dieserSchwingung unter Ber�ck-sichtigung des Auftriebs[ A35 ] und einer der Ge-schwindigkeit v propor-tionalen (schwachen) Rei-bungskraft?
b) L�sen Sie diese Schwin-gungsgleichung f�r dieAnfangswerte x ð0Þ ¼ 0und v ð0Þ ¼ v 0 > 0.
k : Reibungskoeffizient
r: Dichte der Fl�ssigkeit
L�sungshinweis: Die Schwingungsgleichung l�sst sich aus dem Newtonschen Grundgesetz[ A27 ] herleiten.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.3 und IV.4.1.3 Physikalische Grundlagen: A27, A35
L�sung:a) In der Gleichgewichtslage ðx ¼ 0Þ wird die Gewichtskraft G ¼ mg gerade durch die
nach oben gerichtete Auftriebskraft kompensiert. Der Schwerpunkt S des K�rpers liegtdann genau in der Fl�ssigkeitsoberfl�che (siehe Bild IX-32). Durch das kurze Anstoßennach unten taucht der K�rper weiter unter und erf�hrt daher eine zus�tzliche AuftriebskraftFA nach oben, die von der augenblicklichen Eintauchtiefe abh�ngt und als r�cktreibendeKraft wirkt. Nach dem Archimedischen Prinzip [ A35 ] entspricht diese zus�tzliche Auf-triebskraft FA dem Gewicht der verdr�ngten Fl�ssigkeitsmenge vom Volumen DV ¼ A xund der Masse Dm ¼ r DV ¼ rA x (in Bild IX-32 dunkelgrau unterlegt). Somit ist
FA ¼ �Dm g ¼ � r DV g ¼ � r ðA xÞ g ¼ � r gA x
(das Minuszeichen bringt dabei zum Ausdruck, dass der Auftrieb dem Gewicht entgegenwirkt).
Flüssigkeitsoberflächex = 0
x
x
x
FR
FADV
zylindrischerKörper
A
S
S
x
Bild IX-32
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 347
Die in der gleichen Richtung wirkende Reibungskraft setzen wir in der Form
FR ¼ � k v ¼ � k _x ðmit v ¼ _xÞan. Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] gilt dann (mit a ¼ __x )
ma ¼ m __x ¼ FA þ FR oder m __x ¼ �r gA x � k _x
Wir bringen diese homogene lineare Dgl 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten nochauf eine spezielle Form:
m __x þ k _x þ r gA x ¼ 0 oder __x þ 2 d _x þ w 20 x ¼ 0
d ¼ k2m
; w 20 ¼
r gAm
� �. Dies ist die Dgl einer freien (schwach) ged�mpften Schwingung.
b) Die allgemeine L�sung dieser Dgl l�sst sich in der Form
x ðtÞ ¼ C � e� dt � sin ðw d t þ j dÞdarstellen (siehe Band 2, Abschnitt IV.4.1.3.1 und IV.4.1.3.4). Darin bedeuten:
d: D�mpfungsfaktor oder Abklingkonstante
w d : Eigenkreisfrequenz des ged�mpften Systems
C, j d : Integrationskonstanten, die aus den Anfangsbedingungen bestimmt werdenm�ssen ðC > 0; 0 j d < 2pÞ
Die Eigenkreisfrequenz w d ist dabei durch den Ausdruck
w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
gegeben. Die Integrationskonstanten C und j d bestimmen wir aus den vorgegebenenAnfangsbedingungen wie folgt:
x ð0Þ ¼ 0 ) C � 1 � sin j d ¼ 0 ) sin j d ¼ 0 ðda C > 0ÞAls L�sungen kommen wegen 0 j d < 2p nur die Winkel j d ¼ 0 und j d ¼ pinfrage. Eine Entscheidung dar�ber treffen wir etwas sp�ter anhand einer weiteren Bedin-gung. Zun�chst aber erf�llen wir noch die zweite Anfangsbedingung v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ v 0.Die ben�tigte Ableitung _x ðtÞ erhalten wir mit Hilfe der Produkt- und Kettenregel:
_x ðtÞ ¼ C ½ e� dt � ð� dÞ � sin ðw d t þ j dÞ þ e� dt � cos ðw d t þ j dÞ � w d ¼¼ C � e�dt ½ �d � sin ðw d t þ j dÞ þ w d � cos ðw d t þ j dÞ
_x ð0Þ ¼ v 0 ) C � 1 � ½ � d � sin j d|fflffl{zfflffl}0
þ w d � cos j d ¼ Cw d � cos j d ¼ v 0
(der Faktor sin j d verschwindet f�r die m�glichen Winkelwerte j d ¼ 0 und j d ¼ p)
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen348
Da C, w d und v 0 positive Gr�ßen sind, gilt dies auch f�r den Faktor cos j d. Damitkommt von den beiden zun�chst m�glichen Winkelwerten j d ¼ 0 und j d ¼ p nurder erste Wert infrage. Somit ist j d ¼ 0 7). F�r die Integrationskonstante C erhalten wirdann den folgenden Wert:
Cw d � cos 0 ¼ Cw d � 1 ¼ Cw d ¼ v 0 ) C ¼ v 0
w d
Der eingetauchte K�rper schwingt daher ged�mpft nach der Gleichung
x ðtÞ ¼ v 0
w d� e� dt � sin ðw d tÞ , t � 0
mit dem D�mpfungsfaktor d ¼ k=ð2mÞ und der Kreisfrequenz
w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffir g Am� k 2
4m 2
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4 r g Am � k 2
4m 2
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4r gAm � k 2
p2m
Bild IX-33 zeigt den zeitlichenVerlauf dieser Schwingung.
Beispiel 14: Schwingung eines rotierenden Federpendels
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung (Schwingungs-gleichung, Aufsuchen einer partikul�ren L�sung)
Ein zylindrisches Hohlrohr rotiert mitder konstanten Winkelgeschwindigkeitw 0 in einer horizontalen Ebene. In demRohr befindet sich ein Federpendel mitder Masse m und der Federkonstantenc (Bild IX-34). Die L�nge der Feder imentspannten Zustand ist l. Zum Zeit-punkt t ¼ 0 besitzt das Federpendel dieAuslenkung x 0 und ist relativ zum Rohrin Ruhe.
t
x
2pvd
T =
Periodenintervall
Bild IX-33
Drehachse
Hohlrohr Feder
l
x = 0
x
xv0
m
Bild IX-34
7) cos 0 ¼ 1 > 0, aber cos p ¼ � 1 < 0.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 349
Nach welchem Weg-Zeit-Gesetz x ¼ x ðtÞ erfolgt die Schwingung des rotierenden Federpen-dels bei Vernachl�ssigung der Reibungskr�fte?
L�sungshinweis: Die Dgl der Schwingung erhalten Sie aus dem Newtonschen Grundgesetz[ A27 ]. Die Federmasse wird als vernachl�ssigbar angesehen.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.4 und IV.4.1 Physikalische Grundlagen: A15, A27
L�sung:Auf das rotierende Pendel wirken folgende Kr�fte ein:
1. Die nach außen gerichtete Zentrifugalkraft [ A15 ] FZ ¼ mw 20 r ¼ mw 2
0 ðl þ xÞ;2. Die r�cktreibende elastische Kraft der Feder (R�ckstellkraft) FR ¼ � c x.
Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] gilt dann (mit a ¼ __x )
ma ¼ m __x ¼ FZ þ FR ¼ mw 20 ðl þ xÞ � c x ¼ mw 2
0 l þ mw 20 x � c x
Wir stellen diese Gleichung noch wie folgt um:
m __x þ c x � mw 20 x ¼ m __x þ ðc � mw 2
0Þ x ¼ mw 20 l )
__x þ c � mw 20
m
� �x ¼ w 2
0 l ) __x þ w 2 x ¼ w 20 l w 2 ¼ c � mw 2
0
m
� �Dies ist eine inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Wir l�sen sienach der Methode „Aufsuchen einer partikul�ren L�sung“ (Band 2, Abschnitt IV.3.4). Diezugeh�rige homogene Dgl
__x þ w 2 x ¼ 0
ist die bekannte Schwingungsgleichung und besitzt die allgemeine L�sung
xh ¼ C 1 � sin ðw tÞ þ C 2 � cos ðw tÞDie St�rfunktion der inhomogenen Dgl ist die konstante Funktion g ðtÞ ¼ w 2
0 l ¼ const. Da-her w�hlen wir f�r die partikul�re L�sung der inhomogenen Dgl den L�sungsansatz 8)
x p ¼ A ¼ const: , _x p ¼ 0 , __xp ¼ 0
Durch Einsetzen in die inhomogene Dgl erhalten wir dann
0 þ w 2 A ¼ w 20 l ) w 2 A ¼ w 2
0 l ) A ¼ w 20 l
w 2
Somit ist x p ¼ w 20 l
w 2die gesuchte partikul�re L�sung und die allgemeine L�sung der inho-
mogenen Dgl lautet wie folgt:
8) L�sungsansatz nach Band 2, Abschnitt IV.3.4, Tabelle 2.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen350
x ðtÞ ¼ x h þ xp ¼ C 1 � sin ðw tÞ þ C 2 � cos ðw tÞ þ w 20 l
w 2
Die Berechnung der beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 erfolgt aus den Anfangs-bedingungen x ð0Þ ¼ x 0, v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0:
x ð0Þ ¼ x 0 ) C 1 � sin 0 þ C 2 � cos 0 þ w 20 l
w 2¼ C 1 � 0 þ C 2 � 1 þ w 2
0 lw 2¼ x 0
) C 2 þ w 20 l
w 2¼ x 0 ) C 2 ¼ x 0 � w 2
0 lw 2
_x ðtÞ ¼ wC 1 � cos ðw tÞ � wC 2 � sin ðw tÞ
_x ð0Þ ¼ 0 ) wC 1 � cos 0 � wC 2 � sin 0 ¼ wC 1 � 1 � wC 2 � 0 ¼ 0
) wC 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ 0 ðda w 6¼ 0Þ
Das rotierende Federpendel schwingt somit harmonisch nach der Gleichung
x ðtÞ ¼ x 0 � w 20 l
w 2
� �� cos ðw tÞ þ w 2
0 lw 2
, t � 0
Amplitude A, Kreisfrequenz w und Schwingungsdauer T betragen dabei der Reihe nach
A ¼ x 0 � w 20 l
w 2¼ w 2 x 0 � w 2
0 lw 2
, w ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffic � mw 2
0
m
r,
T ¼ 2pw¼ 2p �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim
c � mw 20
rBild IX-35 zeigt den zeitlichen Verlauf dieser harmonischen Schwingung.
t
x
2pvT =
x0
– x0
vv02
l
2vv
02
l
2
2
2A
Bild IX-35
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 351
Beispiel 15: Drehspulinstrument
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung (Schwingungsgleichung,Aufsuchen einer partikul�ren L�sung)
Bild IX-36 zeigt den prinzipiellenAufbau eines Drehspulinstrumenteszur Messung von Gleichstrom.
Das Magnetfeld im Luftspalt zwischenden �ußeren Polschuhen und dem in-neren (festgehaltenen) Weicheisen-zylinder verl�uft nahezu radial undder Betrag der magnetischen Fluss-dichte ~BB darf in diesem Spalt als na-hezu konstant angenommen werden.Um den Zylinder ist eine rechteckigeLeiterschleife drehbar gelagert (L�nge:l; Breite: 2 r). Sie wird durch eineSpiralfeder in Ruhestellung gehalten.
Fließt ein konstanter Messstrom I durch die Leiterschleife, so erf�hrt diese im Magnetfeld ~BB
eine Kraft ~FF und somit ein Drehmoment M!. Das System ist dabei so stark ged�mpft, dass
der mit der Drehachse starr verbundene Zeiger asymptotisch seiner Endlage zustrebt (Drehungum den Winkel j aus der Ruhelage j ¼ 0).
a) Durch welche Dgl wird diese aperiodische Zeigerbewegung beschrieben?
b) Wie lautet die L�sung dieser Schwingungsgleichung f�r die Anfangswerte j ð0Þ ¼ 0 und_j ð0Þ ¼ 0?
L�sungshinweis: Das R�ckstellmoment MR der Spiralfeder ist dem Drehwinkel j pro-portional (Federkonstante: c > 0), die D�mpfung des Systems wird durch ein der Winkel-geschwindigkeit _j proportionales Drehmoment MD beschrieben (Reibungskoeffizient:k > 0). Das als bekannt vorausgesetzte Massentr�gheitsmoment der Leiterschleife ist J. DieDgl der aperiodischen Bewegung erhalten Sie aus dem Grundgesetz der Drehbewegung [ A36 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.4 und IV.4.1.3.2 Physikalische Grundlagen: A6, A7, A36
L�sung:a) Die stromdurchflossene Leiterschleife erf�hrt ein Gesamtmoment, das sich aus den folgen-
den drei Teilmomenten zusammensetzt:1. Ein stromdurchflossener Leiter erf�hrt in einem Magnetfeld eine Kraft [ A6 ]. Von Be-
deutung sind in unserem Beispiel allerdings nur die beiden im Luftspalt liegendenL�ngsseiten der Leiterschleife 9). Sie erfahren eine Kraft vom Betrag F ¼ B I l. Der
N S
Polschuh
Weicheisen-zylinder
Polschuh Spiralfeder
Leiterschleife Luftspalt
Bild IX-36
9) In den L�ngsseiten der Leiterschleife fließt der Strom senkrecht zu den magnetischen Feldlinien, in den beiden�brigen Teilen jedoch parallel zum Magnetfeld.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen352
Kraftvektor steht dabei sowohl auf dem Magnetfeld als auch zur Stromrichtung senk-recht und verl�uft somit auch senkrecht zum Dreharm der L�nge r. Diese Krafterzeugt somit das konstante Drehmoment [ A7 ]
M ¼ F r ¼ B I l r ¼ B l r I
2. Die R�ckstellkraft der Spiralfeder erzeugt nach Voraussetzung ein dem Drehwinkel jproportionales R�ckstellmoment
MR ¼ � cj ðc : FederkonstanteÞ
3. Die D�mpfung wird nach Voraussetzung durch ein der Winkelgeschwindigkeit _j pro-portionales Drehmoment beschrieben:
MD ¼ � k _j ðk : ReibungskoeffizientÞ
Nach dem Grundgesetz der Drehbewegung [ A36 ] gilt dann (mit a ¼ __jÞJ a ¼ M þ MR þ MD ) J __j ¼ B l r I � cj � k _j
(J : Massentr�gheitsmoment der Leiterschleife). Wir bringen diese inhomogene lineare Dgl2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten noch auf eine �bersichtlichere Gestalt:
J __j þ k _j þ cj ¼ B l r I ) __j þ kJ _j þ c
Jj ¼ B l r I
J)
__j þ 2d _j þ w 20 j ¼
B l r IJ
d ¼ k2 J
; w 20 ¼
cJ
� �b) Wir l�sen die in a) hergeleitete Schwingungsgleichung durch „Aufsuchen einer partikul�-
ren L�sung“ (Band 2, Abschnitt IV.3.4). Zuerst wird die zugeh�rige homogene Dgl
__j þ 2d _j þ w 20 j ¼ 0
gel�st. Mit dem L�sungsansatz (Exponentialansatz) j ¼ e l t , _j ¼ l � e l t und__j ¼ l 2 � e l t folgt dann
l 2 � e l t þ 2 d l � e l t þ w 20 � e l t ¼ 0
Wir dividieren durch e l t 6¼ 0 und erhalten die charakteristische Gleichung
l 2 þ 2d l þ w 20 ¼ 0
mit den reellen L�sungen 10)
l 1=2 ¼ � d �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffid 2 � w 2
0
q¼ � d � m|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}
m 2
10) Wegen der vorausgesetzten starken D�mpfung ist d > w 0 und somit m 2 ¼ d 2 � w 20 > 0.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 353
Da m < d ist, sind beide L�sungen negativ: l 1=2 < 0. Die allgemeine L�sung der ho-mogenen Dgl setzt sich somit aus zwei streng monoton fallenden e-Funktionen zusam-men:
j 0 ¼ C 1 � e l 1 t þ C 2 � e l 2 t ¼ C 1 � e ð� dþ mÞ t þ C 2 � e ð�d� mÞ t
Eine partikul�re L�sung j p der inhomogenen Dgl gewinnen wir durch den L�sungs-ansatz
j p ¼ A ¼ const , _j p ¼ 0 , __j p ¼ 0
da die St�rfunktion g ðtÞ ¼ B l r IJ
konstant ist (Band 2, Abschnitt IV.3.4, Tabelle 2).
Durch Einsetzen in die inhomogene Dgl folgt dann (mit w 20 ¼ c=J)
0 þ 0 þ w 20 A ¼
B l r IJ
) w 20 A ¼
B l r IJ
) A ¼ B l r I
w 20 J¼ B l r I
cJJ¼ B l r I
c
Somit ist die konstante Funktion
j p ¼ A ¼ B l r Ic
eine partikul�re L�sung der gegebenen Schwingungsgleichung. Die allgemeine L�sung be-sitzt somit die Gestalt
j ðtÞ ¼ j 0 þ j p ¼ C 1 � e ð� dþmÞ t þ C 2 � e ð� d� mÞ t þ B l r Ic
Die beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 lassen sich aus den Anfangsbedingungenwie folgt bestimmen:
j ð0Þ ¼ 0 ) C 1 � 1 þ C 2 � 1 þ B l r Ic¼ 0 ) C 1 þ C 2 þ B l r I
c¼ 0
_j ðtÞ ¼ ð� d þ mÞ C 1 � e ð� dþ mÞ t þ ð� d � mÞ C 2 � e ð�d� mÞ t
_j ð0Þ ¼ 0 ) ð� d þ mÞ C 1 � 1 þ ð� d � mÞ C 2 � 1 ¼ 0
) ð� d þ mÞ C 1 � ðd þ mÞ C 2 ¼ 0
Das lineare Gleichungssystem
C 1 þ C 2 ¼ � B l r Ic
ð� d þ mÞ C 1 � ðd þ mÞ C 2 ¼ 0
l�sen wir nach der Cramerschen Regel (Band 2, Abschnitt I.5.4.3).
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen354
Mit der Koeffizientendeterminante
D ¼ 1 1
ð� d þ mÞ � ðd þ mÞ
¼ �ðd þ mÞ � ð� d þ mÞ ¼
¼ � d � m þ d � m ¼ � 2m
und den beiden Hilfsdeterminanten
D 1 ¼�ðB l r IÞ=c 1
0 �ðd þ mÞ
¼ ðd þ mÞ B l r I
c,
D 2 ¼1 �ðB l r IÞ=c
ð� d þ mÞ 0
¼ ð� d þ mÞ B l r I
c
erhalten wir schließlich
C 1 ¼ D 1
D¼ðd þ mÞ B l r I
c� 2 m
¼ � ðd þ mÞ B l r I2 c m
,
C 2 ¼ D 2
D¼ð� d þ mÞ B l r I
c� 2 m
¼ � ð� d þ mÞ B l r I2 c m
Die gesuchte L�sung lautet damit
j ðtÞ ¼ � ðd þ mÞ B l r I2 c m
� e ð� dþ mÞ t � ð� d þ mÞ B l r I2 c m
� e ð�d� mÞ t þ B l r Ic¼
¼ B l r Ic
1 � m þ d
2m� e ð�dþ mÞ t � m � d
2m� e ð�d� mÞ t
�, t � 0
Der zeitliche Verlauf dieser aperiodischen Bewegung ist in Bild IX-37 dargestellt. DieD�mpfung des Drehspulinstrumentes l�sst sich dabei so einstellen, dass die beiden Expo-nentialfunktionen rasch gegen null abklingen und der Endwert (Messwert) jE somitschnell erreicht wird 11):
jE ¼ limt!1 j ðtÞ ¼ lim
t!1B l r Ic
1 � m þ d
2m� e ð� dþmÞ t � m � d
2m� e ð� d� mÞ t
�¼
¼ B l r Icð1 � 0 � 0Þ ¼ B l r I
c¼ B l r
c� I � I
Der Zeiger des Messinstrumentes strebt somit in kurzer Zeit asymptotisch gegen seinenEndwert jE. Wegen jE � I ist die Skala linear unterteilt.
11) Da d > m gilt ð�d � mÞ < 0.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 355
Anmerkung: Die L�sung l�sst sich damit auch in der folgenden Form darstellen:
j ðtÞ ¼ jE 1 � m þ d
2 m� e ð� dþ mÞ t � m � d
2 m� e ð� d�mÞ t
�¼
¼ jE
mm � e�d t
m þ d
2� e m t þ m � d
2� e�m t
� � �¼
¼ jE
mm � e�d t
m
2� em t þ d
2� em t þ m
2� e�m t � d
2� e� m t
� � �¼
¼ jE
mm � e�d t m � e
m t þ e�m t
2þ d � e
m t � e�m t
2
� � �¼|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}
cosh ðm tÞ|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}sinh ðm tÞ
¼ jE
m½m � e�d t ðm � cosh ðm tÞ þ d � sinh ð m tÞÞ
Beispiel 16: Erzwungene mechanische Schwingung
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung (erzwungeneSchwingung, Aufsuchen einer partikul�ren L�sung)
Ein schwach ged�mpftes schwingungsf�higes mechanisches System mit dem D�mpfungsfaktord und der Eigenkreisfrequenz w 0 (des unged�mpften Systems) wird von außen durch eineperiodische Kraft mit derselben Kreisfrequenz w 0 zu erzwungenen Schwingungen angeregt.L�sen Sie die Schwingungsgleichung
__x þ 2 d _x þ w 20 x ¼ a � cos ðw 0 tÞ ðmit d < w 0Þ
f�r die Anfangswerte x ð0Þ ¼ 0 und v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0.
x ¼ x ðtÞ : Auslenkung des Systems zur Zeit t; F ¼ F 0 � cos ðw 0 tÞ : periodische �ußereKraft mit F0 > 0; m: Schwingungsmasse; a ¼ F 0=m
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3.4 und IV.4.1.4
t
f
fEEndwert des Zeigerausschlags
Bild IX-37
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen356
L�sung:Wir l�sen zun�chst die zugeh�rige homogene Dgl
__x þ 2 d _x þ w 20 x ¼ 0
durch den L�sungsansatz (Exponentialansatz) x ¼ e l t , _x ¼ l � e l t und __x ¼ l 2 � e l tund erhalten die Gleichung
l 2 � e l t þ 2d l � e l t þ w 20 � e l t ¼ 0
Division durch e l t 6¼ 0 f�hrt schließlich zu der charakteristischen Gleichung
l 2 þ 2d l þ w 20 ¼ 0
Diese besitzt bei der vorausgesetzten schwachen D�mpfung ðd < w 0Þ konjugiert komplexeL�sungen:
l 1=2 ¼ �d �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffid 2 � w 2
0
q¼ �d �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi�ðw 2
0 � d 2Þq
¼ � d �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi�w 2
d
q¼ � d � jw d|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}
< 0|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}w 2
d > 0
Wir erhalten somit eine ged�mpfte Schwingung mit der Gleichung
x 0 ðtÞ ¼ e� d t ½C 1 � sin ðw d tÞ þ C 2 � cos ðw d tÞ mit w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
(siehe Band 2, Abschnitt IV.4.1.3.1). Eine partikul�re L�sung xp dor inhomogenen Schwin-gungsgleichung findet man mit dem L�sungsansatz
x p ¼ A � sin ðw 0 tÞ þ B � cos ðw 0 tÞðsiehe Band 2, Abschnitt IV.3.4, Tabelle 2; St�rfunktion: g ðtÞ ¼ a � cos ðw 0 tÞÞ.Mit diesem Ansatz und den zugeh�rigen Ableitungen
_x p ¼ w 0 A � cos ðw 0 tÞ � w 0 B � sin ðw 0 tÞ
__xp ¼ �w 20 A � sin ðw 0 tÞ � w 2
0 B � cos ðw 0 tÞgehen wir in die inhomogene Dgl ein:
�w 20 A � sin ðw 0 tÞ � w 2
0 B � cos ðw 0 tÞ þ 2d ½w 0 A � cos ðw 0 tÞ � w 0 B � sin ðw 0 tÞ þþ w 2
0 ½A � sin ðw 0 tÞ þ B � cos ðw 0 tÞ ¼ a � cos ðw 0 tÞ )�w 2
0 A � sin ðw 0 tÞ � w 20 B � cos ðw 0 tÞ þ 2dw 0 A � cos ðw 0 tÞ � 2 dw 0 B � sin ðw 0 tÞþ
þ w 20 A � sin ðw 0 tÞ þ w 2
0 B � cos ðw 0 tÞ ¼ a � cos ðw 0 tÞ
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 357
Diese Gleichung reduziert sich wie folgt:
2dw 0 A � cos ðw 0 tÞ � 2dw 0 B � sin ðw 0 tÞ ¼ a � cos ðw 0 tÞ þ 0 � sin ðw 0 tÞAuf der rechten Seite haben wir dabei den verschwindenden Sinusterm 0 � sin ðw 0 tÞ addiert.Durch Koeffizientenvergleich der Kosinus- bzw. Sinusterme beiderseits lassen sich dann diegesuchten Koeffizienten A und B bestimmen:
2dw 0 A ¼ a ) A ¼ a2 dw 0
und � 2 dw 0 B ¼ 0 ) B ¼ 0
Somit lautet die partikul�re L�sung
x p ¼ a2 dw 0
� sin ðw 0 tÞ
Die allgemeine L�sung der inhomogenen Schwingungsgleichung ist dann die Summe aus x 0
und x p :
x ðtÞ ¼ x 0 þ xp ¼ e� d t ½C 1 � sin ðw d tÞ þ C 2 � cos ðw d tÞ þ a2 dw 0
� sin ðw 0 tÞ
Die beiden Integrationskonstanten C 1 und C 2 berechnen wir aus den Anfangsbedingungenx ð0Þ ¼ 0 und _x ð0Þ ¼ 0 wie folgt:
x ð0Þ ¼ 0 ) 1 ½C 1 � sin 0 þ C 2 � cos 0 þ a2dw 0
� sin 0 ¼ 0 )
C 1 � 0 þ C 2 � 1 þ a2 dw 0
� 0 ¼ 0 ) 0 þ C 2 þ 0 ¼ 0 ) C 2 ¼ 0
Zwischenergebnis: x ðtÞ ¼ C 1 � e� d t � sin ðw d tÞ þ a2 dw 0
� sin ðw 0 tÞ
Die ben�tigte Ableitung _x ðtÞ erhalten wir mit Hilfe der Produkt- und Kettenregel:
_x ðtÞ ¼ C 1 ½ e� d t � ð� dÞ � sin ðw d tÞ þ cos ðw d tÞ � w d � e� d t þ a2dw 0
� cos ðw 0 tÞ � w 0 ¼
¼ C 1 � e� d t ½ �d � sin ðw d tÞ þ w d � cos ðw d tÞ þ a2d� cos ðw 0 tÞ
_x ð0Þ ¼ 0 ) C 1 � 1 ½ � d � sin 0 þ w d � cos 0 þ a2d� cos 0 ¼ 0 )
C 1 ½ � d � 0 þ w d � 1 þ a2d� 1 ¼ 0 ) C 1 w d þ a
2d¼ 0 ) C 1 ¼ � a
2 dw d
Die erzwungene Schwingung wird somit durch die Gleichung
x ðtÞ ¼ � a2 dw d
� e� d t � sin ðw d tÞ þ a2 dw 0
� sin ðw 0 tÞ ¼
¼ a2 d
sin ðw 0 tÞw 0
� e�d t � sin ðw d tÞw d
�, t � 0
beschrieben.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen358
Sie besitzt den in Bild IX-38 dargestellten Verlauf.
Im Laufe der Zeit stabilisiert sich diese Schwingung, da der zweite Term exponentiell gegen nullabklingt, zu einer reinen Sinusschwingung mit der Kreisfrequenz w 0 und der Schwingungs-
amplitude A ¼ a2dw 0
(siehe Bild IX-39):
x ðtÞ � a2 d
sin ðw 0 tÞw 0
� 0
�¼
¼ a2dw 0
� sin ðw 0 tÞ ðt 1=dÞ
Beispiel 17: Gleichung einer Seilkurve (Kettenlinie)
Nichtlineare Dgl 2. Ordnung (Substitutionsmethode,Trennung der Variablen)
Die Kurvengleichung y ¼ y ðxÞ eines an zwei Punk-ten A und B befestigten freih�ngenden Seiles, dasausschließlich durch sein Eigengewicht belastet wird,gen�gt der nichtlinearen Dgl 2. Ordnung
y 00 ¼ qFH�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðy 0Þ 2
q¼ 1
k�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðy 0Þ 2
qq: Eigengewicht des Seils pro L�ngeneinheit
FH : Konstante Horizontalkomponente der Seilkraft
k ¼ FH=q
t
x
a2dv0
Bild IX-38
t
x
A
–A
2pv0
T =
Bild IX-39
x
y
–a a
A B
Seilkurve y = y ( x )
Bild IX-40
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 359
Bestimmen Sie die Gleichung dieser Seilkurve (auch Kettenlinie genannt) bei symmetrischerAufh�ngung und einer Spannweite von 2 a (Bild IX-40).
L�sungshinweis: Die Dgl der Seilkurve l�sst sich mit Hilfe der Substitution u ¼ y 0 auf eineelementar l�sbare Dgl 1. Ordnung zur�ckf�hren.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.2.2
L�sung:Durch die Substitution
u ¼ y 0 , u 0 ¼ y 00
�berf�hren wir die Dgl der Seilkurve in eine solche 1. Ordnung:
u 0 ¼ 1k�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ u 2
poder
dudx¼ 1
k�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ u 2
pDiese Dgl l�sst sich durch „Trennung der Variablen“ leicht l�sen (Grundintegrale!):
duffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ u 2p ¼ 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ u 2p du ¼ 1
kdx )
ð1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ u 2p du|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
Integral Nr: 123 mit a ¼ 1
¼ 1k�ð1 dx )
arsinh u ¼ 1k� x þ C 1 ¼ x
kþ C 1
Wir l�sen diese Funktionsgleichung nach der Variablen u auf und erhalten
u ¼ sinhxkþ C 1
� �Da die Seilkurve bei symmetrischer Aufh�ngung im tiefsten Punkt, d. h. an der Stelle x ¼ 0eine waagerechte Tangente besitzt, ist y 0 ð0Þ ¼ u ð0Þ ¼ 0. Aus dieser Eigenschaft berech-nen wir die Integrationskonstante C 1 :
u ð0Þ ¼ 0 ) sinh C 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ arsinh 0 ¼ 0
Die 1. Ableitung der Seilkurve lautet somit
u ¼ y 0 ¼ sinhxk
� �Durch Integration dieser Gleichung erhalten wir die gesuchte Seilkurve (Integral Nr. 349 mita ¼ 1=k):
y ¼ðy 0 dx ¼
ðsinh
xk
� �dx ¼ k � cosh x
k
� �þ C 2
�ber die Integrationskonstante C 2 k�nnen wir frei verf�gen, da sie lediglich eine Verschie-bung der Seilkurve l�ngs der y-Achse bewirkt. Wir w�hlen daher zweckm�ßigerweise dasKoordinatensystem so, dass C 2 ¼ 0 wird. Die Seilkurve schneidet dann die y-Achse beiy ð0Þ ¼ k � cosh 0 ¼ k � 1 ¼ k.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen360
Damit ist die Gleichung der Seilkurve (auch Kettenlinie genannt) eindeutig bestimmt. Sie lau-tet wie folgt:
y ðxÞ ¼ k � cosh xk
� �, � a x a
Beispiel 18: Torsionsschwingungen einer zweifach besetztenelastischen Welle
System linearer Dgln 2. Ordnung
Bild IX-41 zeigt einen einfachen Torsionsschwinger, bestehend aus einer nahezu masselosenelastischen Welle mit zwei gleichen starren Zylinderscheiben vom Massentr�gheitsmoment J.Ein solches System l�sst sich zu sog. Torsionsschwingungen anregen, z. B. dadurch, dass mandie Scheiben gegeneinander verdreht.
Die zeitabh�ngigen Drehwinkel j 1 undj 2 der beiden Scheiben gen�gen dabei zujedem Zeitpunkt t � 0 dem folgenden Sys-tem zweier miteinander gekoppelter linearerDgln 2. Ordnung:
J __j 1 þ c ðj 1 � j 2Þ ¼ 0
J __j 2 þ c ðj 2 � j 1Þ ¼ 0
c > 0 ist die Torsionsfederkonstante der elastischen Welle, c ðj 1 � j 2Þ und c ðj 2 � j 1Þsind die jeweiligen R�ckstellmomente der elastischen Welle 12). Bestimmen Sie die Eigen-schwingungen dieses Torsionsschwingers mit den zugeh�rigen Eigenkreisfrequenzen w mitHilfe des folgenden L�sungssatzes:
j 1 ðtÞ ¼ A 1 � sin ðw tÞ , j 2 ðtÞ ¼ A 2 � sin ðw tÞ(A 1 > 0, A 2 > 0: maximale Drehwinkel)
L�sungshinweis: Der vorgegebene L�sungsansatz f�hrt zu einem linearen Gleichungssystemf�r die Gr�ßen A 1 und A 2. Die Eigenkreisfrequenzen des Torsionsschwingers ergeben sichaus der Forderung, dass dieses Gleichungssystem nichttrivial l�sbar sein soll.
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3 und IV.7.2
v vWelle
Scheibe 1 Scheibe 2
Bild IX-41
12) Diese sind dem jeweiligen relativen Drehwinkel proportional. Die Dgln selbst erh�lt man aus dem Grundgesetzder Drehbewegung [ A36 ].
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 361
L�sung:Mit dem vorgegebenen L�sungsansatz und den zugeh�rigen Ableitungen
_j 1 ¼ wA 1 � cos ðw tÞ , __j 1 ¼ �w 2 A 1 � sin ðw tÞ_j 2 ¼ wA 2 � cos ðw tÞ , __j 2 ¼ �w 2 A 2 � sin ðw tÞ
gehen wir in das Dgl-System ein und erhalten
� J w 2 A 1 � sin ðw tÞ þ c ðA 1 � A 2Þ � sin ðw tÞ ¼ 0
� J w 2 A 2 � sin ðw tÞ þ c ðA 2 � A 1Þ � sin ðw tÞ ¼ 0
Wir k�rzen beide Gleichungen noch durch sin ðw tÞ und ordnen anschließend die Glieder.Dies f�hrt zu dem homogenen linearen Gleichungssystem
ðc � J w 2Þ A 1 � c A 2 ¼ 0
� c A 1 þ ðc � J w 2Þ A 2 ¼ 0
das nur dann nichttrivial l�sbar ist (d. h. von A 1 ¼ A 2 ¼ 0 verschiedene L�sungen hat),wenn die Koeffizientendeterminante verschwindet :
ðc � J w 2Þ � c
� c ðc � J w 2Þ
¼ ðc � J w 2Þ 2 � c 2 ¼ 0 ) ðc � J w 2Þ 2 ¼ c 2 )
c � J w 2 ¼ � c ) J w 2 ¼ c � c ) w 2 ¼ c � cJ
Wir erhalten zun�chst folgende L�sungen:
w 2 ¼ 0 ðoberes VorzeichenÞ ) w 1=2 ¼ 0
w 2 ¼ 2 cJ
ðunteres VorzeichenÞ ) w 3=4 ¼ �ffiffiffiffiffiffiffi2 cJ
rDa w eine Kreisfrequenz darstellt, kommen jedoch als L�sungen nur positive Werte infrage.
Es gibt somit genau eine Eigenschwingung mit der Eigenkreisfrequenz w 0 ¼ w 3 ¼ffiffiffiffiffiffiffi2 cJ
r.
Diesen Wert setzen wir in das homogene lineare Gleichungssystem ein und erhalten f�r dieKoeffizienten A 1 und A 2 zwei identische Gleichungen
c � J � 2 cJ
� �A 1 � c A 2 ¼ ðc � 2 cÞ A 1 � c A 2 ¼ � c A 1 � c A 2 ¼ 0
� c A 1 þ c � J � 2 cJ
� �A 2 ¼ � c A 1 þ ðc � 2 cÞ A 2 ¼ � c A 1 � c A 2 ¼ 0
Somit gilt
� c A 1 � c A 2 ¼ � c ðA 1 þ A 2Þ ¼ 0 ) A 1 þ A 2 ¼ 0 ðda c 6¼ 0Þmit der L�sung A 2 ¼ �A 1.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen362
Die gesuchte L�sung lautet somit f�r t � 0 wie folgt 13):
j 1 ðtÞ ¼ A 1 � sin ðw 0 tÞ ¼ j 0 � sin ðw 0 tÞj 2 ðtÞ ¼ �A 1 � sin ðw 0 tÞ ¼ A 1 � sin ðw 0 t þ pÞ ¼ j 0 � sin ðw 0 t þ pÞ
Die Scheiben schwingen somit mit gleicherWinkelamplitude, d. h. mit dem gleichen ma-ximalen Drehwinkel j 0, jedoch in Gegen-phase (Phasenverschiebung: 180� bzw. p,siehe Bild IX-42). Die Kreisfrequenz dieserEigenschwingung betr�gt w 0 ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2 c=J
p.
Beispiel 19: Elektronenbahn im homogenen Magnetfeld
System linearer Dgln 2. Ordnung
Ein Elektron mit der Ruhemasse m 0 und der Elementarladunge bewegt sich in einem homogenen Magnetfeld mit dem Fluss-
dichtevektor ~BB ¼0
0
B 0
0B@1CA. Zu Beginn der Bewegung ðt ¼ 0Þ
befindet sich das Elektron im Koordinatenursprung, der Ge-
schwindigkeitsvektor zu dieser Zeit ist ~vv ð0Þ ¼v 0
0
v 0
0B@1CA mit
v 0 > 0 (Bild IX-43).
a) Wie lautet die Dgl der Elektronenbewegung?
b) Bestimmen Sie den Ortsvektor ~rr ¼ ~rr ðtÞ und den Geschwindigkeitsvektor ~vv ¼ ~vv ðtÞ derElektronenbahn. Wie l�sst sich das Ergebnis physikalisch deuten?
L�sungshinweis: Die Schwerkraft darf infolge der geringen Elektronenmasse vernachl�ssigtwerden. Das Elektron unterliegt somit ausschließlich der Lorentz-Kraft [ A9 ]. Die Dgl derBewegung erhalten Sie aus dem Newtonschen Grundgesetz in vektorieller Form [A27 ].
Lehrbuch: Bd. 2, IV.3 Physikalische Grundlagen: A9, A27
t
f
f0
– f0
f1( t )
f2( t )
2pv0
T =Bild IX-42
y
z
x
B
v(0) Elektron
v0
v0
Bild IX-43
13) Um deutlich zu machen, dass A 1 der maximale Drehwinkel ist, setzen wir A 1 ¼ j 0. Der Wert von j 0 wirddurch die Anfangsbedingungen festgelegt (bleibt somit in diesem Beispiel unbestimmt).
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 363
L�sung:a) Das Elektron erf�hrt im Magnetfeld die Lorentz-Kraft [ A9 ] (unter Ber�cksichtigung von
~vv ¼ _~rr ):
~FFL ¼ � e ð~vv � ~BB Þ ¼ � e ð_~rr � ~BB Þ ¼ � e
_x
_y
_z
0B@1CA � 0
0
B 0
0B@1CA ¼
¼ � e B 0
_x
_y
_z
0B@1CA � 0
0
1
0B@1CA ¼ � e B 0
_y � 0
0 � _x0 � 0
0B@1CA ¼ � e B 0
_y� _x0
0B@1CA
Aus dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] folgt dann (mit ~aa ¼ __~rr )
m 0~aa ¼ m 0 __~rr ¼ ~FFL )
m 0
__x
__y
__z
0B@1CA ¼ � e B 0
_y� _x0
0B@1CA oder
__x
__y
__z
0B@1CA ¼ �w _y
� _x0
0B@1CA
ðmit w ¼ e B 0=m 0Þ. In der Komponentenschreibweise lautet dieses System aus drei ge-koppelten Dgln 2. Ordnung wie folgt:
ðIÞ __x ¼ �w _y
ðIIÞ __y ¼ w _x
ðIIIÞ __z ¼ 0
b) Wir l�sen dieses System linearer Dgln 2. Ordnung f�r die vorgegebenen Anfangswerte desOrts- und Geschwindigkeitsvektors. Dgl (III) l�sst sich durch 2-malige Integration direktl�sen:
_z ¼ð
__z dt ¼ð0 dt ¼ C 1
z ¼ð
_z dt ¼ C 1 �ð1 dt ¼ C 1 t þ C 2
Aus den Anfangswerten z ð0Þ ¼ 0 und _z ð0Þ ¼ v 0 bestimmen wir die beiden Integra-tionskonstanten C 1 und C 2 :
z ð0Þ ¼ 0 ) C 1 � 0 þ C 2 ¼ 0 þ C 2 ¼ 0 ) C 2 ¼ 0
_z ð0Þ ¼ v 0 ) C 1 ¼ v 0
Somit gilt f�r die z-Komponente der Elektronenbewegung
z ðtÞ ¼ v 0 t
Die Ortskoordinaten x und y sind durch die Dgln (I) und (II) miteinander gekoppelt.Wir integrieren zun�chst Dgl (II) beiderseits und erhalten:ð
__y dt ¼ w �ð
_x dt ) _y ¼ w x þ K 1
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen364
Die Integrationskonstante K 1 l�sst sich dabei aus den Anfangswerten x ð0Þ ¼ 0 und_y ð0Þ ¼ 0 bestimmen:
w � 0 þ K 1 ¼ 0 þ K 1 ¼ 0 ) K 1 ¼ 0
Somit ist
_y ¼ w x
Diesen Ausdruck setzen wir in die Dgl (I) ein und erhalten eine homogene lineare Dgl 2.Ordnung mit konstanten Koeffizienten f�r die Ortskoordinate x:
__x ¼ �w _y ¼ �w ðw xÞ ¼ �w 2 x oder __x þ w 2 x ¼ 0
Die allgemeine L�sung dieser Schwingungsgleichung ist bekanntlich in der Form
x ¼ A � sin ðw tÞ þ B � cos ðw tÞdarstellbar (Band 2, Abschnitt IV.4.1.2). Die Koeffizienten A und B lassen sich dabeiaus den Anfangswerten x ð0Þ ¼ 0 und _x ð0Þ ¼ v 0 leicht bestimmen:
x ð0Þ ¼ 0 ) A � sin 0 þ B � cos 0 ¼ 0 ) A � 0 þ B � 1 ¼ 0
) 0 þ B ¼ 0 ) B ¼ 0
_x ðtÞ ¼ wA � cos ðw tÞ � wB � sin ðw tÞ_x ð0Þ ¼ v 0 ) wA � cos 0 � wB � sin 0 ¼ v 0 ) wA � 1 � wB � 0 ¼ v 0
) wA � 0 ¼ v 0 ) wA ¼ v 0 ) A ¼ v 0
w
Somit erhalten wir f�r die Ortskoordinate x das Zeitgesetz
x ðtÞ ¼ v 0
w
� �� sin ðw tÞ
Den zeitlichen Verlauf der Ortskoordinate y bestimmen wir aus der Beziehung _y ¼ w xdurch Einsetzen des gefundenen Ausdrucks und anschließender Integration:
_y ¼ w x ¼ wv 0
w
� �� sin ðw tÞ ¼ v 0 � sin ðw tÞ
y ¼ð
_y dt ¼ v 0 �ðsin ðw tÞ dt ¼ v 0 � cos ðw tÞ
�w þ K 2 ¼ � v 0
w
� �� cos ðw tÞ þ K 2
(Integral Nr. 204 mit a ¼ w). Die Integrationskonstante K 2 wird aus dem Anfangs-wert y ð0Þ ¼ 0 berechnet:
y ð0Þ ¼ 0 ) � v 0
w
� �� cos 0 þ K 2 ¼ 0 ) � v 0
w
� �� 1 þ K 2 ¼ 0
) � v 0
wþ K 2 ¼ 0 ) K 2 ¼ v 0
w
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 365
F�r die y-Koordinate erhalten wir damit die folgende Zeitabh�ngigkeit:
y ðtÞ ¼ � v 0
w
� �� cos ðw tÞ þ v 0
w¼ v 0
w½ 1 � cos ðw tÞ
Die Elektronenbewegung im homogenen Magnetfeld wird damit durch den zeitabh�ngigenOrtsvektor
~rr ðtÞ ¼ v 0
w
sin ðw tÞ1 � cos ðw tÞ
w t
0B@1CA , t � 0 z ðtÞ ¼ v 0 t ¼ v 0
w
� �w t
� �
beschrieben. Durch komponentenweise Differentiation dieser Vektorgleichung nach derZeit t gewinnen wir den Geschwindigkeitsvektor
~vv ðtÞ ¼ _~rr ðtÞ ¼ v 0
w
w � cos ðw tÞw � sin ðw tÞ
w
0B@1CA ¼ v 0
ww
cos ðw tÞsin ðw tÞ
1
0B@1CA ¼ v 0
cos ðw tÞsin ðw tÞ
1
0B@1CA
Physikalische Deutung
(1) Projiziert man die durch den Ortsvektor ~rr ðtÞ beschriebene Bahnkurve in die x, y-Ebe-ne, so erh�lt man eine Kreisbahn mit dem Radius R ¼ v 0=w. Um dies zu zeigen,l�sen wir die beiden Koordinatengleichungen
x ¼ x ðtÞ ¼ v 0
w
� �� sin ðw tÞ ¼ R � sin ðw tÞ
y ¼ y ðtÞ ¼ v 0
w½ 1 � cos ðw tÞ ¼ R ½ 1 � cos ðw tÞ
zun�chst nach der jeweiligen trigonometrischen Funktion auf und setzen die Aus-dr�cke anschließend in den „trigonometrischen Pythagoras“ ein (Formelsammlung,Abschnitt III.7.5):
sin ðw tÞ ¼ xR
,yR¼ 1 � cos ðw tÞ ) cos ðw tÞ ¼ 1 � y
R¼ R � y
R
sin 2 ðw tÞ þ cos2 ðw tÞ ¼ x 2
R 2þ ðR � yÞ 2
R 2¼ 1 )
x 2 þ ðR � yÞ 2 ¼ R 2 oder x 2 þ ðy � RÞ 2 ¼ R 2
Dies aber ist die Gleichung eines Kreises mit dem Mittel-punkt M ¼ ð0; RÞ und dem Radius R (Bild IX-44). DasElektron bewegt sich dabei aus der AnfangspositionA ¼ ð0; 0Þ mit der Winkelgeschwindigkeit w gegen denUhrzeigersinn.
x
y
A
MR
v
Bild IX-44
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen366
(2) Die Elektronenbewegung in der Feldrichtung (z-Richtung) verl�uft gleichf�rmig mitder konstanten Geschwindigkeit v z ¼ v 0.
(3) Das Elektron bewegt sich somit insgesamt auf einer Schraubenlinie um das Magnet-feld (Rotation um die Feldrichtung und gleichzeitige Translation in Feldrichtung).
Beispiel 20: 2-stufige chemische Reaktion vom Typ X ! Y ! Z
System homogener linearer Dgln 1. Ordnung,Matrizeneigenwertproblem, Lineares Gleichungssystem
Eine chemische Reaktion verlaufe in zwei Stufen nach dem Schema X ! Y ! Z, d. h. einMolek�l der Sorte X wird zun�chst in ein Molek�l der Sorte Y und dieses schließlich in einMolek�l der Sorte Z umgewandelt. Bezeichnet man die Molek�lkonzentrationen zur Zeit tder Reihe nach mit cX ðtÞ, cY ðtÞ, cZ ðtÞ, so kennzeichnen ihre Differentialquotienten _cX ðtÞ,_cY ðtÞ und _cZ ðtÞ die Konzentrations�nderungen der drei Stoffe in der Zeiteinheit. Die 2-stufigechemische Reaktion l�sst sich dann durch das folgende System homogener linearer Differen-tialgleichungen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten beschreiben (in Matrizenform):
_cX
_cY
_cZ
0B@1CA ¼ � k 1 0 0
k 1 � k 2 0
0 k 2 0
0B@1CA cX
cY
cZ
0B@1CA
k 1 > 0 und k 2 > 0 sind dabei stoffabh�ngige sog. Geschwindigkeitskonstanten ðk 1 6¼ k 2Þ.a) Interpretieren Sie die drei Differentialgleichungen. Welche Annahmen liegen den Glei-
chungen zugrunde?
b) Bestimmen Sie die Konzentrationen der drei Stoffe (Molek�lsorten) in Abh�ngigkeit vonder Zeit f�r die Anfangsbedingungen cX ð0Þ ¼ a, cY ð0Þ ¼ 0, cZ ð0Þ ¼ 0 (Anfangs-konzentrationen zur Zeit t ¼ 0; a > 0).
c) Wann kommt die chemische Reaktion zum Stillstand, welche Werte besitzen dann die Mo-lek�lkonzentrationen?
Lehrbuch: Bd. 2, I.7.3 und IV.7.1
L�sung:a) 1. Dgl: _cX ¼ � k 1 cX
Die Konzentrations�nderung pro Zeiteinheit der Molek�lsorte X ist der augenblicklichenKonzentration dieser Sorte proportional (eine durchaus plausible Annahme, denn je mehrMolek�le vorhanden sind, umso gr�ßer ist die Anzahl der umgewandelten Molek�le; dasMinuszeichen kennzeichnet die Abnahme der Konzentration durch die UmwandlungX ! Y ).
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 367
2. Dgl: _cY ¼ k 1 cX � k 2 cY
Zwei Prozesse bestimmen die Konzentrations�nderung pro Zeiteinheit der Sorte Y : derTerm k 1 cX beschreibt die Umwandlung von X in Y (Zunahme der Konzentration), derTerm � k 2 cY die Umwandlung von Y in Z (Abnahme der Konzentration).
3. Dgl: _cZ ¼ k 2 cY
Die Zunahme der Konzentration pro Zeiteinheit der Molek�lsorte Z ist der augenblick-lichen Konzentration der Molek�lsorte Y proportional.
b) Mit den Vektoren bzw. Matrizen
c ¼cXcY
cZ
0B@1CA , _c ¼
_cX
_cY
_cZ
0B@1CA , K ¼
� k 1 0 0
k 1 � k 2 0
0 k 2 0
0B@1CA
l�sst sich die 2-stufige chemische Reaktion X ! Y ! Z auch in der Kurzform Kc ¼ _cdarstellen. Wir l�sen diese Matrizengleichung durch den Ansatz
c ¼A 1
A 2
A 3
0B@1CA e l t , _c ¼
A 1
A 2
A 3
0B@1CA l � e l t ¼ l
A 1
A 2
A 3
0B@1CA e l t ¼ l c
|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}c
(A 1, A 2, A 3 sind reelle Konstanten). Die Gleichung Kc ¼ _c f�hrt dann auf das folgen-de Eigenwertproblem:
Kc ¼ _c ¼ l c ¼ lE c ) Kc � lEc ¼ ðK � lEÞ c ¼ 0
(E: 3-reihige Einheitsmatrix; c ¼ E c). Da die Komponenten des L�sungsvektors c dengemeinsamen Exponentialfaktor e l t besitzen, k�nnen wir die Eigenwertgleichung nochdurch diesen Faktor dividieren und erhalten schließlich das folgende Eigenwertproblem:
ðK � lEÞ a ¼ 0 mit a ¼A 1
A 2
A 3
0B@1CA
Den gesuchten L�sungsvektor c erhalten wie dann durch (komponentenweise) Multiplika-tion des Eigenvektors a mit dem zugeh�rigen Exponentialfaktor e l t, d. h. c ¼ a � e l t.Berechnung der Eigenwerte der Koeffizientenmatrix K
Die Eigenwerte der Koeffizientenmatrix K werden aus der charakteristischen Gleichung
det ðK � lEÞ ¼ð� k 1 � lÞ 0 0
k 1 ð� k 2 � lÞ 0
0 k 2 � l
¼
¼ ð� k 1 � lÞ ð� k 2 � lÞ ð� lÞ ¼ 0
berechnet (Determinantenberechnung nach der Regel von Sarrus). Sie lauten: l 1 ¼ � k 1,l 2 ¼ � k 2, l 3 ¼ 0.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen368
Berechnung der Eigenvektoren der Koeffizientenmatrix K
Die Berechnung der zugeh�rigen Eigenvektoren erfolgt aus dem homogenen linearen Glei-chungssystem ðK � lEÞ a ¼ 0.
Eigenwert l 1 ¼ � k 1 ðK � l 1 EÞ a ¼ ðK þ k 1 EÞ a ¼ 0
0 0 0
k 1 ð� k 2 þ k 1Þ 0
0 k 2 k 1
0B@1CA A 1
A 2
A 3
0B@1CA ¼ 0
k 1 A 1 þ ðk 1 � k 2Þ A 2
k 2 A 2 þ k 1 A 3
0B@1CA ¼ 0
0
0
0B@1CA
Komponentenschreibweise f�hrt zu zwei Gleichungen mit drei Unbekannten:
k 1 A 1 þ ðk 1 � k 2Þ A 2 ¼ 0
k 2 A 2 þ k 1 A 3 ¼ 0
Eine der drei Unbekannten ist frei w�hlbar, wir w�hlen A 2 und setzen A 2 ¼ 1. F�r die�brigen Unbekannten erhalten wir dann die folgenden Werte:
k 1 A 1 þ ðk 1 � k 2Þ � 1 ¼ 0 ) k 1 A 1 þ k 1 � k 2 ¼ 0 ) A 1 ¼ k 2 � k 1
k 1
k 2 � 1 þ k 1 A 3 ¼ 0 ) k 2 þ k 1 A 3 ¼ 0 ) A 3 ¼ � k 2k 1
Der zum Eigenwert l 1 ¼ � k 1 geh�rige Eigenvektor lautet somit (unter Ber�cksichti-gung des zugeh�rigen Exponentialfaktors e� k 1 t ):
c 1 ¼ðk 2 � k 1Þ=k 1
1
� k 2=k 1
0B@1CA e� k 1 t ¼ 1
k 1
k 2 � k 1
k 1
� k 2
0B@1CA e� k 1 t
Eigenwert l 2 ¼ � k 2 ðK � l 2 EÞ a ¼ ðK þ k 2 EÞ a ¼ 0
ð� k 1 þ k 2Þ 0 0
k 1 0 0
0 k 2 k 2
0B@1CA A 1
A 2
A 3
0B@1CA ¼ ðk 2 � k 1Þ A 1
k 1 A 1
k 2 A 2 þ k 2 A 3
0B@1CA ¼ 0
0
0
0B@1CA
In Komponentenschreibweise:
ðk 2 � k 1Þ A 1 ¼ 0 ) A 1 ¼ 0
k 1 A 1 ¼ 0 ) A 1 ¼ 0
k 2 A 2 þ k 2 A 3 ¼ 0 ) k 2 ðA 2 þ A 3Þ ¼ 0 ) A 3 ¼ �A 2
Aus den ersten beiden Gleichungen folgt jeweils A 1 ¼ 0, aus der dritten GleichungA 3 ¼ �A 2. Dabei k�nnen wir �ber A 2 oder A 3 frei verf�gen. Wir w�hlen A 2 und
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 369
setzen A 2 ¼ 1. Somit ist A 3 ¼ �A 2 ¼ � 1. Der zum Eigenwert l 2 ¼ � k 2 geh�ri-ge Eigenvektor lautet somit (unter Ber�cksichtigung des zugeh�rigen Exponentialfaktorse� k 2 t ):
c 2 ¼0
1
� 1
0B@1CA e� k 2 t
Eigenwert l 3 ¼ 0 ðK � l 3 EÞ a ¼ ðK � 0EÞ a ¼ Ka ¼ 0
� k 1 0 0
k 1 � k 2 0
0 k 2 0
0B@1CA A 1
A 2
A 3
0B@1CA ¼ � k 1 A 1
k 1 A 1 � k 2 A 2
k 2 A 2
0B@1CA ¼ 0
0
0
0B@1CA
In Komponentenschreibweise:
� k 1 A 1 ¼ 0 ) A 1 ¼ 0
k 1 A 1 � k 2 A 2 ¼ 0
k 2 A 2 ¼ 0 ) A 2 ¼ 0
Aus der 1. Gleichung folgt A 1 ¼ 0, aus der 3. Gleichung A 2 ¼ 0. Die 2. Gleichung istf�r diese Werte erf�llt. Die Unbekannte A 3 ist in den drei Gleichungen �berhaupt nichtenthalten und daher frei w�hlbar. Wir setzen daher A 3 ¼ 1 und erhalten den folgenden(zeitunabh�ngigen) Eigenvektor zum Eigenwert l 3 ¼ 0:
c 3 ¼0
0
1
0B@1CA e0 t ¼
0
0
1
0B@1CA ðe0 t ¼ 1 ist der zugehorige ExponentialfaktorÞ
Berechnung der zeitabh�ngigen Molek�lkonzentrationen
Der gesuchte allgemeine L�sungsvektor c ist als Linearkombination der drei Eigenvektorenc 1, c 2, c 3 darstellbar (A, B, C sind reelle Konstanten):
c ¼ A c 1 þ B c 2 þ C c 3 ¼
¼ Ak 1
k 2 � k 1
k 1
� k 2
0B@1CA e� k 1 t þ B
0
1
� 1
0B@1CA e� k 2 t þ C
0
0
1
0B@1CA
In komponentenweiser Darstellung:
cX ðtÞ ¼ Ak 1ðk 2 � k 1Þ � e� k 1 t ¼ A ðk 2 � k 1Þ
k 1� e� k 1 t
c Y ðtÞ ¼ Ak 1� k 1 � e� k 1 t þ B � 1 � e� k 2 t ¼ A � e� k 1 t þ B � e� k 2 t
c Z ðtÞ ¼ Ak 1� ð� k 2Þ � e� k 1 t þ B ð� 1Þ � e� k 2 t þ C � 1 ¼ � A k 2
k 1� e� k 1 t � B � e� k 2 t þ C
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen370
Aus den vorgegebenen Anfangswerten cX ð0Þ ¼ a, cY ð0Þ ¼ cZ ð0Þ ¼ 0 lassen sich dienoch unbekannten Koeffizienten A, B, C wie folgt bestimmen:
cX ð0Þ ¼ a ) A ðk 2 � k 1Þk 1
� 1 ¼ a ) A ¼ a k 1
k 2 � k 1
cY ð0Þ ¼ 0 ) A � 1 þ B � 1 ¼ A þ B ¼ 0 ) B ¼ �A ¼ � a k 1
k 2 � k 1
cZ ð0Þ ¼ 0 ) � A k 2
k 1� 1 � B � 1 þ C ¼ � A k 2
k 1� B þ C ¼ 0
) C ¼ A k 2k 1þ B ¼ a k 1 k 2
k 1 ðk 2 � k 1Þ �a k 1
k 2 � k 1¼
¼ a k 2
k 2 � k 1� a k 1
k 2 � k 1¼ a k 2 � a k 1
k 2 � k 1¼ a ðk 2 � k 1Þ
k 2 � k 1¼ a
Die gesuchte L�sung lautet somit (unter Ber�cksichtigung von B ¼ �A bei der Zwi-schenrechnung):
cX ðtÞ ¼ A ðk 2 � k 1Þk 1
� e� k 1 t ¼ a k 1 ðk 2 � k 1Þk 1 ðk 2 � k 1Þ � e
� k 1 t ¼ a � e� k 1 t
c Y ðtÞ ¼ A � e� k 1 t þ B � e� k 2 t ¼ A � e� k 1 t � A � e� k 2 t ¼ A ðe� k 1 t � e� k 2 tÞ ¼
¼ a k 1k 2 � k 1
ðe� k 1 t � e� k 2 tÞ
cZ ðtÞ ¼ � A k 2
k 1� e� k 1 t � B � e� k 2 t þ C ¼ � A k 2
k 1� e� k 1 t þ A � e� k 2 t þ a ¼
¼ A � k 2
k 1� e� k 1 t þ e� k 2 t
� �þ a ¼
¼ a k 1
k 2 � k 1
� k 2 � e� k 1 t þ k 1 � e� k 2 t
k 1
� �þ a ¼
¼ ak 2 � k 1
ðk 1 � e� k 2 t � k 2 � e� k 1 tÞ þ a
c) Die 2-stufige chemische Reaktion kommt zum Stillstand, wenn alle Molek�le der Sorte X�ber das „ Zwischenprodukt “ Y in die Sorte Z (Endprodukt) umgewandelt worden sind.Dies ist (theoretisch) nach unendlich langer Reaktionszeit der Fall:
cX ðt ¼ 1Þ ¼ limt!1 cX ¼ lim
t!1 a � e� k 1 t ¼ 0
cY ðt ¼ 1Þ ¼ limt!1 cY ¼ lim
t!1a k 1
k 2 � k 1ðe� k 1 t � e� k 2 tÞ ¼ 0
cZ ðt ¼ 1Þ ¼ limt!1 cZ ¼ lim
t!1a
k 2 � k 1ðk 1 � e� k 2 t � k 2 � e� k 1 tÞ þ a
�¼ a
(alle Exponentialfunktionen sind streng monoton fallend und gehen f�r t ! 1 gegen null).Erwartungsgem�ß sind dann keine Molek�le der Sorten X und Y mehr vorhandenðcX ð1Þ ¼ cY ð1Þ ¼ 0Þ, sondern nur noch Molek�le der Sorte Z ðcZ ð1Þ ¼ aÞ.
IX Gew�hnliche Differentialgleichungen 371
X Fehler- und Ausgleichsrechnung
Hinweise zur Fehlerrechnung
1) Wir verwenden die in der DIN-NORM 1319 empfohlenen Bezeichnungen, obwohl sichdiese in der Praxis nur sehr langsam durchzusetzen scheinen. Um Missverst�ndnisse zuvermeiden, setzen wir die jeweiligen „alten“ (aber noch weitgehend �blichen) Bezeich-nungen in Klammern.
2) Bei der Fehlerfortpflanzung nach Gauß wird das Messergebnis einer unabh�ngigen, d. h.direkt gemessenen Gr�ße x stets in der Form x ¼ x � Dx vorgegeben. Dabei ist x der(arithmetische) Mittelwert und Dx die sog. Messunsicherheit, f�r die man �blicherweisedie Standardabweichung des Mittelwertes heranzieht.
3) Bei der „linearen Fehlerfortpflanzung“ unter Verwendung des totalen oder vollst�ndigenDifferentials werden f�r die meist unbekannten Messunsicherheiten der unabh�ngigenGr�ßen Sch�tzwerte verwendet (sog. „�berschlagsrechnungen“).
Beispiel 1: Widerstandsmoment eines kreisringf�rmigenRohrquerschnittes gegen Torsion (Verdrehung)
Maximale Messunsicherheit (Maximalfehler, maximaleroder gr�ßtm�glicher Fehler)
Das Widerstandsmoment eines Rohres mit einem kreisringf�rmigen Querschnitt gegen Verdre-hung (Torsion) wird nach der Formel
Wt ¼ Wt ðd; DÞ ¼ p
16� D
4 � d 4
D
berechnet, wobei d und D den Innen- bzw. Außendurchmesser des Rohres bedeuten(Bild X-1). Eine Messung dieser Gr�ßen ergab dabei folgende Werte:
d ¼ ð60,5 � 0,4Þmm , D ¼ ð75,2 � 0,5Þmm
Bestimmen Sie das Widerstandsmoment des Rohres. Wie großist die absolute bzw. prozentuale maximale Messunsicherheit(d. h. der absolute bzw. prozentuale Maximalfehler)?
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.5.5
372
d
D
Bild X-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_10
L�sung:F�r das Widerstandsmoment erhalten wir den (arithmetischen) Mittelwert
W t ¼ Wt ð d; D Þ ¼ p
16� D
4 � d4
D¼ p
16� ð75,2 mmÞ4 � ð60,5 mmÞ4
75,2 mm¼
¼ 4,852 � 104 mm3
Die Berechnung der absoluten maximalen Messunsicherheit (d. h. des absoluten Maximalfeh-lers) erfolgt definitionsgem�ß nach der Formel
DWt, max ¼ @Wt
@dDd
þ @Wt
@DDD
Die dabei ben�tigten partiellen Ableitungen bestimmen wir mit Hilfe der Potenz- bzw. Quo-tientenregel. Sie lauten:
@Wt
@d¼ @
@dp
16� D
4 � d 4
D
� �¼ p
16� � 4 d 3
D
� �¼ � p
4� d
3
D
@Wt
@D¼ @
@Dp
16� D
4 � d 4
D
� �¼ p
16� 4D
3 � D � 1 � ðD 4 � d 4ÞD 2
¼
¼ p
16� 4D
4 � D 4 þ d 4
D 2¼ p
16� 3D
4 þ d 4
D 2
Somit ist
DWt, max ¼ @Wt
@dDd
þ @Wt
@DDD
¼ � p
4� d
3
DDd
þ p
16� 3D
4 þ d4
D2 DD
¼
¼ p
4� ð60,5 mmÞ 3
75,2 mm� 0,4 mm þ p
16� 3 ð75,2 mmÞ 4 þ ð60,5 mmÞ 4
ð75,2 mmÞ 2 � 0,5 mm ¼
¼ 2,82 � 103 mm3
Damit erhalten wir f�r das Widerstandsmoment das folgende (indirekte) Messergebnis:
Wt ¼ W t � DWt, max ¼ 4,852 � 104 mm3 � 2,82 � 103 mm3 ¼¼ 48,52 � 103 mm3 � 2,82 � 103 mm3 ¼ ð48,52 � 2,82Þ � 103 mm3
Die prozentuale maximale Messunsicherheit (d. h. der prozentuale Maximalfehler) betr�gt
DWt, max
W t
� 100% ¼ 2,82 � 103 mm3
48,52 � 103 mm3� 100% � 5,8%
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 373
Beispiel 2: Kombinierte Parallel-Reihenschaltung elastischer Federn
Maximale Messunsicherheit (Maximalfehler, maximaleroder gr�ßtm�glicher Fehler)
Bild X-2 zeigt eine kombinierte Parallel-Reihenschaltung dreier elas-tischer Federn, deren Federkonstanten nach Angabe des Herstellersder Reihe nach die Werte
c 1 ¼ 500 N=cm , c 2 ¼ 300 N=cm und c 3 ¼ 200 N=cm
haben bei einer Toleranz (Genauigkeit) von jeweils � 1%. BerechnenSie die Federkonstante c der Ersatzfeder [ A26 ] und die absolutebzw. prozentuale maximale Messunsicherheit (d. h. den absolutenbzw. prozentualen Maximalfehler) dieser Gr�ße.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.5.5 Physikalische Grundlagen: A26
L�sung:Bei einer Parallelschaltung addieren sich die Federkonstanten [ A26 ]. Wir d�rfen daher dieFedern c 1 und c 2 durch eine Feder mit der Federkonstanten c 1 2 ¼ c 1 þ c 2 ersetzen.Diese wiederum ist mit c 3 in Reihe geschaltet. Daher addieren sich diesmal die Kehrwerteder einzelnen Federkonstanten zum Kehrwert der Federkonstanten c der Ersatzfeder [ A26 ]:
1c¼ 1
c 1 2þ 1
c 3¼ 1
c 1 þ c 2þ 1
c 3¼ c 1 þ c 2 þ c 3
ðc 1 þ c 2Þ c 3 )
c ¼ c ðc 1; c 2; c 3Þ ¼ ðc 1 þ c 2Þ c 3
c 1 þ c 2 þ c 3
Die Ersatzfeder besitzt somit die Federkonstante
c ¼ c ðc 1; c 2; c 3Þ ¼ ðc 1 þ c 2Þ c 3
c 1 þ c 2 þ c 3¼
500Ncmþ 300
Ncm
� �� 200 N
cm
500Ncmþ 300
Ncmþ 200
Ncm
¼ 160Ncm
Die absolute maximale Messunsicherheit (d. h. der absolute Maximalfehler) wird nach derFormel
Dcmax ¼ @c@c 1
Dc 1
þ @c@c 2
Dc 2
þ @c@c 3
Dc 3
berechnet. Wir bilden zun�chst mit Hilfe der Quotientenregel die ben�tigten partiellen Ablei-tungen 1. Ordnung:
c1 c2
c3
Bild X-2
X Fehler- und Ausgleichsrechnung374
@c@c 1¼ @
@c 1
ðc 1 þ c 2Þ c 3
c 1 þ c 2 þ c 3
� �¼ 1 � c 3 ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ � 1 � ðc 1 þ c 2Þ c 3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2¼
¼ c 1 c 3 þ c 2 c 3 þ c 23 � c 1 c 3 � c 2 c 3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2¼ c 23ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2
@c@c 2¼ c 23ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2
ðaus Symmetriegrunden!Þ
@c@c 3¼ @
@c 3
ðc 1 þ c 2Þ c 3
c 1 þ c 2 þ c 3
� �¼ ðc 1 þ c 2Þ � 1 � ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ � 1 � ðc 1 þ c 2Þ c 3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2¼
¼ ðc 1 þ c 2Þ ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ � ðc 1 þ c 2Þ c 3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2¼
¼ ðc 1 þ c 2Þ ðc 1 þ c 2 þ c 3 � c 3Þðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2
¼ ðc 1 þ c 2Þ ðc 1 þ c 2Þðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2
¼ ðc 1 þ c 2Þ 2ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2
Mit Dc 1 ¼ 5 N=cm, Dc 2 ¼ 3 N=cm und Dc 3 ¼ 2 N=cm erhalten wir f�r die absolutemaximale Messunsicherheit (d. h. den absoluten Maximalfehler) den folgenden Wert:
Dcmax ¼ @c@c 1
Dc 1
þ @c@c 2
Dc 2
þ @c@c 3
Dc 3
¼¼ c 2
3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2Dc 1
þ c 23
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2Dc 2
þ ðc 1 þ c 2Þ 2
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2Dc 3
¼
¼ c 23 Dc 1 þ c 2
3 Dc 2 þ ðc 1 þ c 2Þ 2 Dc 3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2¼ c 2
3 ðDc 1 þ Dc 2Þ þ ðc 1 þ c 2Þ 2 Dc 3
ðc 1 þ c 2 þ c 3Þ 2¼
¼200
Ncm
� �2
� 5Ncmþ 3
Ncm
� �þ 500
Ncmþ 300
Ncm
� �2
� 2 Ncm
500Ncmþ 300
Ncmþ 200
Ncm
� �2 ¼ 1,6Ncm
Die prozentuale maximale Messunsicherheit (d. h. der prozentuale Maximalfehler) ist dann
Dcmax
c
� 100% ¼ 1,6Ncm
160Ncm
� 100% ¼ 1%
Messergebnis: c ¼ c � Dcmax ¼ ð160 � 1,6Þ Ncm
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 375
Beispiel 3: Selbstinduktivit�t einer elektrischen Doppelleitung
Fehlerfortpflanzung nach Gauß
Eine elektrische Doppelleitung besteht aus zwei pa-rallelen Leitern (Dr�hten) mit der L�nge l und demLeiterradius r. Der Mittelpunktabstand der beidenLeiter betr�gt a (Bild X-3). Die Selbstinduktivit�t Ldieser Doppelleitung in Luft wird dabei nach derFormel
L ¼ L ðl; r; aÞ ¼ m 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� �
berechnet
�magnetische Feldkonstante: m 0 ¼ 4p � 10� 7 Vs
Am
�.
a) Welche Selbstinduktivit�t L besitzt eine Doppelleitung, deren Dimensionen wie folgt ge-messen wurden?
l ¼ ð2000 � 10Þm ; r ¼ ð2 � 0,05Þmm ; a ¼ ð30 � 0,3Þ cmb) Wie groß ist die absolute bzw. prozentuale Messunsicherheit des Mittelwertes von L
(d. h. der absolute bzw. prozentuale mittlere Fehler des Mittelwertes von L)?
Lehrbuch: Bd. 3, IV.4
L�sung:
a) L ¼ L ðl; r; aÞ ¼ m 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� �¼
¼4p � 10� 7 Vs
Amp
� 2000 m � ln300 mm � 2 mm
2 mm
� �þ 1
4
� �¼
¼ 0,004 203 H ¼ 4,203 mH
b) Definitionsgem�ß gilt f�r die absolute Messunsicherheit des Mittelwertes (d. h. den abso-luten mittleren Fehler des Mittelwertes) nach Gauß:
DL ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi@L@l
Dl
� �2
þ @L@r
Dr
� �2
þ @L@a
Da
� �2s
Wir bilden die ben�tigten partiellen Ableitungen unter Verwendung der Kettenregel:
@L@l¼ @
@lm 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� � �¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
� �� @@lðlÞ ¼
LeiterLeiter
a
r r
Bild X-3
X Fehler- und Ausgleichsrechnung376
¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
� �� 1 ¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
� �@L@r¼ @
@rm 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� � �¼ m 0
pl � @
@rln ða � rÞ � ln r þ 1
4
� �¼
¼ m 0
pl
1a � r
� ð� 1Þ � 1rþ 0
� �¼ � m 0
pl
1a � r
þ 1r
� �¼
¼ � m 0
pl
r þ a � rða � rÞ r
� �¼ � m 0
pl � aða � rÞ r ¼ �
m 0
p� a lða � rÞ r
@L@a¼ @
@am 0
pl ln
a � rr
� �þ 1
4
� � �¼ m 0
pl � @
@aln ða � rÞ � ln r þ 1
4
� �¼
¼ m 0
pl
1a � r
� 1 � 0 þ 0
� �¼ m 0
p� la � r
Durch Einsetzen der Mittelwerte l ¼ 2000 m ¼ 2 � 106 mm, r ¼ 2 mm und a ¼ 30 cm¼ 300 mm folgt daraus weiter
@L@lðl; r; aÞ ¼ m 0
pln
a � rr
� �þ 1
4
� �¼
¼4p � 10� 7 Vs
Amp
ln300 mm � 2 mm
2 mm
� �þ 1
4
� �¼ 2,1016 � 10� 6 Vs
Am
@L@rðl; r; aÞ ¼ � m 0
p� a lða � rÞ r ¼ �
4p � 10� 7 VsAm
p� 300 mm � 2 � 106 mmð300 mm � 2 mmÞ 2 mm
¼
¼ � 0,4027VsAm
@L@aðl; r; aÞ ¼ m 0
p� la � r
¼4p � 10� 7 Vs
Amp
� 2 � 106 mm300 mm � 2 mm
¼ 2,6846 � 10� 3 VsAm
Damit erhalten wir f�r die absolute Messunsicherheit (d. h. den mittleren Fehler) des Mittel-wertes der Selbstinduktivit�t L (mit Dl ¼ 10 m, Dr ¼ 0,05 mm ¼ 5 � 10� 5 m undDa ¼ 0,3 cm ¼ 3 � 10� 3 m):
DL ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi@L@l
Dl
� �2
þ @L@r
Dr
� �2
þ @L@a
Da
� �2s
¼
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 377
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið2,1016 � 10� 6 � 10Þ 2 þ ð� 0,4027 � 5 � 10� 5Þ 2 þ ð2,6846 � 10� 3 � 3 � 10� 3Þ 2
qVsAm¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffið2,1016 � 10� 5Þ 2 þ ð� 2,0135 � 10� 5Þ 2 þ ð0,80538 � 10� 5Þ 2
qVsAm¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi½ 2,10162 þ ð� 2,0135Þ 2 þ 0,805382 � ð10� 5Þ 2
qVsAm¼ 3,0199 � 10� 5 Vs
Am¼
¼ 3,0199 � 10� 5 H � 0,030 mH
Dies entspricht einer prozentualen Messunsicherheit (d. h. einem prozentualen mittlerenFehler) von
DL
L
� 100% ¼ 0,030 mH4,203 mH
� 100% � 0,71%
Messergebnis: L ¼ L � DL ¼ ð4,203 � 0,030ÞmH
Beispiel 4: Wirkleistung eines Wechselstroms
Maximale Messunsicherheit (Maximalfehler,maximaler oder gr�ßtm�glicher Fehler)
Die Wirkleistung eines sinusf�rmigen Wechselstroms l�sst sich nach der Formel
P ¼ U I � cos jberechnen. Dabei sind U und I die Effektivwerte von Wechselspannung und Wechselstromund j der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung
a) Berechnen Sie zun�chst den sog. Leistungsfaktor l ¼ cos j und dessen absolute Mess-unsicherheit (d. h. dessen absoluten Maximalfehler) Dlmax f�r einen Wechselstromkreis,bei dem die Gr�ßen U, I und P wie folgt gemessen wurden:
U ¼ ð200 � 2Þ V ; I ¼ ð5 � 0,1Þ A ; P ¼ ð800 � 20ÞWb) Bestimmen Sie aus der L�sung a) den zugeh�rigen Phasenwinkel j und dessen absolute
Messunsicherheit (d. h. dessen absoluten Maximalfehler) Djmax.
Lehrbuch: Bd. 2, III.2.5.5
L�sung:a) Aus P ¼ U I � cos j ¼ U I l folgt l ¼ l ðU; I; PÞ ¼ P
U Iund somit
l ¼ l ðU; I; PÞ ¼ P
U I¼ 800 W
200 V � 5 A ¼ 0,8
X Fehler- und Ausgleichsrechnung378
F�r die Berechnung der absoluten maximalen Messunsicherheit (d. h. des absoluten Maxi-malfehlers) Dlmax ben�tigen wir noch die folgenden partiellen Ableitungen 1. Ordnung:
@l
@U¼ @
@UPU I
� �¼ P
I� @
@UðU � 1Þ ¼ P
I� ð� 1Þ U � 2 ¼ � P
U 2 I
@l
@I¼ @
@IPU I
� �¼ � P
U I 2ðaus SymmetriegrundenÞ
@l
@P¼ @
@PPU I
� �¼ 1
U I� @
@PðPÞ ¼ 1
U I� 1 ¼ 1
U I
Definitionsgem�ß gilt dann
Dlmax ¼ @l
@UDU
þ @l
@IDI
þ @l
@PDP
¼¼ � P
U2IDU
þ � P
U I2 DI
þ 1
U IDP
Damit ergibt sich eine absolute maximale Messunsicherheit (d. h. ein absoluter Maximal-fehler) von
Dlmax ¼ 800 W � 2 Vð200 VÞ 2 � 5 A þ
800 W � 0,1 A200 V � ð5 AÞ 2 þ
20 W200 V � 5 A ¼ 0,044
Messergebnis: l ¼ l � Dlmax ¼ 0,8 � 0,044
b) Wir l�sen die Gleichung l ¼ cos j nach j auf und erhalten j ¼ arccos l. Zum Leis-tungsfaktor l ¼ 0,8 geh�rt somit der Phasenwinkel j ¼ arccos 0,8 ¼ 0,6435 (im Bo-genmaß). Zwischen den absoluten maximalen Messunsicherheiten (d. h. den absoluten Ma-ximalfehlern) von j und l besteht dabei der folgende Zusammenhang 1):
Djmax ¼@j
@l� Dlmax
¼ djdl� Dlmax
Mit der Ableitung
djdl¼ d
dlðarccos lÞ ¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 � l 2p
folgt daraus
Djmax ¼ � 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � l
2q � Dlmax
¼
Dlmaxffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 � l
2q ¼ 0,044ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 � 0,8 2p ¼ 0,0733
Messergebnis: j ¼ j � Djmax ¼ 0,6435 � 0,0733 oder j ¼ 36,9� � 4,2�
1) j h�ngt nur von l ab, ist also eine Funktion von einer Variablen: j ¼ j ðlÞ. Das totale Differential, das derBerechnung der absoluten Messunsicherheit (d. h. des absoluten Maximalfehlers) zugrunde liegt, reduziert sichsomit auf einen Summand. Ferner besteht kein Unterschied zwischen der partiellen und der gew�hnlichen Ableitung.
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 379
Beispiel 5: Widerstandsmessung mit der Wheatstoneschen Br�cke
Mittelwert und Standardabweichung des Mittelwertes(mittlerer Fehler des Mittelwertes), Fehlerfortpflanzungnach Gauß
Mit der in Bild X-4 dargestellten Wheatstone-schen Br�cke l�sst sich ein unbekannter elektri-scher Widerstand Rx bequem bestimmen. Beivorgegebenem Widerstand R wird der Schleif-kontakt S solange auf dem homogenen Schleif-draht der L�nge l verschoben, bis die Br�ckeA–S stromlos ist: I A ¼ 0 2). Der SchleifkontaktS teilt dabei den Schleifdraht im Verh�ltnisx : ðl � xÞ. Der Widerstand Rx l�sst sich dannaus der Proportion Rx : R ¼ x : ðl � xÞberechnen:
Rx ¼ R � xl � x
In einem speziellen Versuch erhielt man bei einer Schleifdrahtl�nge von l ¼ 100 cm undeinem festen Widerstand von R ¼ 600W die folgende aus zehn Einzelmessungen gleicherGenauigkeit bestehende Messreihe f�r die Positionsgr�ße x des Schleifkontaktes:
i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
x i
cm40,0 40,2 39,8 39,7 40,3 40,1 39,8 39,9 40,4 39,8
a) Berechnen Sie zun�chst den Mittelwert x und die Standardabweichung des Mittelwertes(d. h. den mittleren Fehler des Mittelwertes), die als Maß f�r die Messunsicherheit dienensoll.
b) Welcher Messwert (Mittelwert) ergibt sich daraus f�r den unbekannten Widerstand Rx
und mit welcher Messunsicherheit (d. h. welchem mittleren Fehler) DRx ist diese Gr�ßeversehen?
Lehrbuch: Bd. 3, IV.3 und IV.4
L�sung:
a) Zun�chst berechnen wir den Mittelwert x, dann die Abweichungen x i � x vom Mittel-wert x und schließlich deren Quadrate.
Rx R
u
S
x l – x
I = 0A
A
A
Schleifdraht
Bild X-4
2) Das in die Br�cke A–S geschaltete Amperemeter �A dient lediglich als Nullindikator.
X Fehler- und Ausgleichsrechnung380
ix icm
x i � xcm
ðx i � xÞ 2cm2
1 40,0 0,0 0,002 40,2 0,2 0,043 39,8 � 0.2 0,044 39,7 � 0.3 0,095 40,3 0,3 0,096 40,1 0,1 0.017 39,8 � 0,2 0,048 39,9 � 0,1 0,019 40,4 0,4 0,16
10 39.8 � 0,2 0,04P400 0 0,52
Arithmetischer Mittelwert:
x ¼Pni¼ 1
x i
n¼P10i¼ 1
x i
10¼ 400 cm
10¼ 40 cm
Standardabweichung des Mittelwertes (d. h. mittlerer Fehler des Mittelwertes):
Dx ¼ s x ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiPni¼ 1ðx i � xÞ 2
n ðn � 1Þ
vuuut ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiP10i¼ 1ðx i � xÞ 2
10 ð10 � 1Þ
vuuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi0,52 cm2
90
r¼
¼ 0,076 cm � 0,08 cm
b) Der Widerstand Rx ist als eine Funktion der L�nge x aufzufassen: Rx ¼ Rx ðxÞ. SeinMesswert (Mittelwert) betr�gt damit
Rx ¼ Rx ðxÞ ¼ R � xl � x
¼ 600W40 cm
100 cm � 40 cm¼ 400W
Die Messunsicherheit des Mittelwertes (d. h. der mittlere Fehler des Mittelwertes) wirddann nach der Formel
DRx ¼ dRx
dxDx
berechnet. Mit der nach der Quotientenregel gebildeten Ableitung
dRx
dx¼ d
dxR � x
l � x
� �¼ R � d
dxx
l � x
� �¼ R � 1 ðl � xÞ � ð� 1Þ x
ðl � xÞ 2 ¼
¼ R � l � x þ x
ðl � xÞ 2 ¼ R � l
ðl � xÞ 2 ¼R l
ðl � xÞ 2
erhalten wir schließlich
DRx ¼ R l
ðl � xÞ 2 Dx
¼ 600W � 100 cmð100 cm � 40 cmÞ 2 � 0,08 cm � 1,3W
Messergebnis: Rx ¼ Rx � DRx ¼ ð400 � 1,3ÞW
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 381
Beispiel 6: Massentr�gheitsmoment eines d�nnen Stabes
Auswertung von Messreihen, Fehlerfortpflanzung nach Gauß
Das Massentr�gheitsmoment J eines d�nnen homogenen Zylinderstabes bez�glich einerdurch den Schwerpunkt S gehenden und senkrecht zur Stabachse verlaufenden Bezugsachsewird nach der Formel
J ¼ J ðm; lÞ ¼ 112
m l 2
berechnet (Bild X-5).
m: Masse des Stabes
l: L�nge des Stabes
In einem Experiment wurden dabei f�r die Masse m und die L�nge l des Stabes die folgen-den Messwerte ermittelt (jeweils zehn Einzelmessungen gleicher Genauigkeit):
i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
mi
g119,5 119,2 121,0 119,7 120,3 120,4 119,8 120,4 119,2 120,5
l icm
20,2 19,9 19,7 19,7 20,0 19,6 20,2 20,5 19,8 20,4
a) Werten Sie die beiden Messreihen in der �blichen Weise aus (Angabe des jeweiligen Mit-telwertes und der zugeh�rigen Standardabweichung des Mittelwertes, d. h. des mittlerenFehlers des Mittelwertes).
b) Welcher Mittelwert ergibt sich daraus f�r das Massentr�gheitsmoment J, wie groß ist dieMessunsicherheit (d. h. der mittlere Fehler) dieser Gr�ße?
Lehrbuch: Bd. 3, IV.3 und IV.4
L�sung:a) Auswertung der beiden Messreihen: Zun�chst werden die Mittelwerte m und l berech-
net, dann die Abweichungen der einzelnen Messwerte vom jeweiligen Mittelwert undschließlich deren Abweichungsquadrate.
Bezugsachse
S
l
Stab
Bild X-5
X Fehler- und Ausgleichsrechnung382
im i
gmi � m
gðmi � mÞ 2
g2
l icm
l i � lcm
ðl i � lÞ 2cm2
1 119,5 � 0,5 0,25 20,2 0,2 0,04
2 119,2 � 0,8 0,64 19,9 � 0,1 0,01
3 121,0 1,0 1,00 19,7 � 0.3 0,09
4 119,7 � 0,3 0,09 19,7 � 0.3 0,09
5 120,3 0,3 0,09 20,0 0,0 0,00
6 120,4 0,4 0,16 19,6 � 0,4 0,16
7 119,8 � 0,2 0,04 20,2 0,2 0,04
8 120,4 0,4 0,16 20,5 0,5 0,25
9 119,2 � 0,8 0,64 19,8 � 0,2 0,04
10 120,5 0,5 0,25 20,4 0,4 0,16P1200,0 0,0 3,32 200,0 0,0 0,88
Mittelwerte von Masse m und L�nge l:
m ¼Pni¼ 1
mi
n¼P10i¼ 1
mi
10¼ 1200 g
10¼ 120 g ,
l ¼Pni¼ 1
l i
n¼P10i¼ 1
l i
10¼ 200 cm
10¼ 20 cm
Messunsicherheiten der beiden Mittelwerte (Standardabweichungen oder mittlere Fehlerder Mittelwerte):
Dm ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiPni¼ 1ðmi � mÞ 2
n ðn � 1Þ
vuuut ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiP10i¼ 1ðmi � mÞ 2
10 ð10 � 1Þ
vuuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi3,32 g2
90
r¼ 0,192 g � 0,2 g
Dl ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiPni¼ 1ðl i � lÞ 2
n ðn � 1Þ
vuuut ¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiP10i¼ 1ðl i � l Þ 2
10 ð10 � 1Þ
vuuut ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi0,88 cm2
90
r¼ 0,099 cm � 0,1 cm
Messergebnisse:
m ¼ m � Dm ¼ ð120 � 0,2Þ g , l ¼ l � Dl ¼ ð20 � 0,1Þ cmb) F�r den Mittelwert J des Massentr�gheitsmomentes erhalten wir den Wert
J ¼ J ðm; l Þ ¼ 112
m l2 ¼ 1
12� 120 g � ð20 cmÞ 2 ¼ 4000 g cm2
F�r die Berechnung der Messunsicherheit (d. h. des mittleren Fehlers) DJ ben�tigen wirnoch die partiellen Ableitungen 1. Ordnung der Funktion J ðm; lÞ. Sie lauten:
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 383
@J@m¼ @
@m112
m l 2� �
¼ 112
l 2 ,@J@l¼ @
@l112
m l 2� �
¼ 16
m l
Damit erhalten wir nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz die folgende Messun-sicherheit (d. h. den folgenden mittleren Fehler) f�r das Massentr�gheitsmoment J :
DJ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi@J@m
Dm
� �2
þ @J@l
Dl
� �2s
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi112
l2Dm
� �2
þ 16
m l Dl
� �2s
¼
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi112ð20 cmÞ 2 � 0,2 g
� �2
þ 16� 120 g � 20 cm � 0,1 cm
� �2s
¼
¼ 40,55 g cm2 � 41 g cm2
Das „Messergebnis“ f�r das Massentr�gheitsmoment lautet damit
J ¼ J � DJ ¼ ð4000 � 41Þ g cm2
Die prozentuale Messunsicherheit (d. h. der prozentuale mittlere Fehler) betr�gt rund 1%.
Beispiel 7: Widerstandskennlinie eines Thermistors (Heißleiters)
Ausgleichskurve (Exponentialfunktion)
Ein Thermistor oder Heißleiter ist ein Halbleiter, dessen elektrischer Widerstand R mit zu-nehmender absoluter Temperatur T nach der Gleichung
R ðTÞ ¼ A � e BT , T > 0
stark abnimmt (gute Leitf�higkeit im „heißen“ Zustand, schlechte Leitf�higkeit im „kalten“Zustand). Bestimmen Sie mit den Methoden der Ausgleichsrechnung die Parameter A und Bf�r einen Heißleiter, bei dem die folgenden Messwerte gefunden wurden (J: Temperatur desHeißleiters in �C):
J�C
20 40 60 80 100
RW
510 290 178 120 80
Zeichnen Sie die Ausgleichskurve mitsamt den vorgegebenen Messwerten (Messpunkten).
L�sungshinweise:
(1) Beachten Sie, dass die Temperaturwerte zun�chst aus der Einheit �C in die Einheit Kelvin(K) umzurechnen sind. Die Umrechnungsformel lautet
T ¼ JK�Cþ 273,15 K
X Fehler- und Ausgleichsrechnung384
(2) F�hren Sie das Problem auf den aus Band 3, Abschnitt IV.5.3 bekannten Fall der Aus-gleichsgeraden zur�ck, indem Sie die Gleichung zun�chst beidseitig logarithmieren undanschließend durch Einf�hrung von geeigneten Hilfsvariablen auf die Geradenformy ¼ a x þ b bringen.
Lehrbuch: Bd. 3, IV.5
L�sung:Die logarithmierte Gleichung
ln R ¼ ln A � eBT
� �¼ ln A þ ln e
BT
� �¼ ln A þ B
T� ln e ¼ ln A þ B
T� 1 ¼
¼ ln A þ BT¼ B � 1
Tþ ln A
erh�lt mit y ¼ ln R, x ¼ 1T, a ¼ B und b ¼ ln A die gew�nschte Form y ¼ a x þ b.
Die Umrechnung der Variablen J bzw. T und R in die Hilfsvariablen x und y erfolgtnach dem folgenden Schema (ohne Einheiten):
J ! T ¼ J þ 273,15 ! x ¼ 1=T
R ! y ¼ ln R
Die Berechnung der Koeffizienten a und b erfolgt dabei mit Hilfe des folgenden Rechen-schemas (Formeln f�r a und b: siehe Band 3, Abschnitt IV.5.3):
i T ix i
10� 3y i
x 2i
10� 6
x i y i10� 3
1 293,15 3,4112 6,2344 11,6363 21,2668
2 313,15 3,1934 5,6699 10,1978 18,1063
3 333,15 3,0017 5,1818 9,0102 15,5542
4 353,15 2,8317 4,7875 8,0185 13,5568
5 373,15 2,6799 4,3820 7,1819 11,7433P15,1179 26,2556 46,0447 80,2274
In den nachfolgenden Summen wird jeweils von i ¼ 1 bis i ¼ 5 summiert. Wir berechnenzun�chst den Nenner D in den Formeln der beiden Koeffizienten:
D ¼ n �P x 2i � ð
Px iÞ 2 ¼ 5 � 46,0447 � 10� 6 � ð15,1179 � 10� 3Þ 2 ¼ 1,6726 � 10� 6
a ¼ n � P x i y i � ðP
x iÞ � ðP
y iÞD
¼
¼ 5 � 80,2274 � 10� 3 � 15,1179 � 10� 3 � 26,25561,6726 � 10� 6
¼ 2515,52
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 385
b ¼ ðP
x 2i Þ � ðP
y iÞ � ðP
x iÞ � ðP
x i y iÞD
¼
¼ 46,0447 � 10� 6 � 26,2556 � 15,1179 � 10� 3 � 80,2274 � 10� 3
1,6726 � 10� 6¼ � 2,3548
F�r die Parameter A und B ergeben sich somit folgende Werte:
ln A ¼ b ) A ¼ e b ¼ e� 2,3548 ¼ 0,0949 ðin WÞB ¼ a ¼ 2515,52 ðin KÞ
Die Widerstandskennlinie des Heißleiters wird da-mit durch die Gleichung
R ðTÞ ¼ 0,0949W � e2515,52 K
T
oder
R ðJÞ ¼ 0,0949W � e2515,52 �CJþ 273,15 �C
� �beschrieben.
Bild X-6 zeigt den Verlauf dieser Kennlinie imTemperaturbereich 10 �C J 110 �C. Die vor-gegebenen Messwerte sind als Punkte eingezeich-net.
Beispiel 8: Kennlinie eines nichtlinearen Widerstandes (Gl�hlampe)
Ausgleichskurve (kubische Funktion)
Eine Gl�hlampe stellt einen nichtlinearen Widerstand dar, d. h. ihr Widerstand ist keine Kons-tante, sondern noch vom durchflossenen Strom abh�ngig. Die Spannung-Strom-KennlinieU ¼ f ðIÞ einer Gl�hlampe verl�uft somit nicht geradlinig, l�sst sich aber in guter N�herungdurch eine kubische Funktion vom Typ
U ¼ f ðIÞ ¼ a I 3 þ b I
beschreiben, wobei die noch unbekannten Koeffizienten a und b aus n vorliegenden Mess-punkten ðI k; UkÞ ðk ¼ 1, 2, . . . , nÞ mit Hilfe der Ausgleichsrechnung bestimmt werdenk�nnen 3).
700
600
500
400
300
200
100
20 40 60 80 100
RV
u°C
Bild X-6
3) Die Kennlinie ist punktsymmetrisch, da eine Umkehrung der Stromrichtung lediglich eine Richtungsumkehr derabfallenden Spannung bewirkt.
X Fehler- und Ausgleichsrechnung386
a) Bestimmen Sie zun�chst nach dem Gaußschen Prinzip der kleinsten Quadratsumme dieje-nige kubische Ausgleichskurve, die sich diesen Messwerten „optimal“ anpasst. Gehen Siedabei analog vor wie im Lehrbuch bei der Herleitung der Ausgleichsgeraden (siehe Band3, Abschnitt IV.5.3).
b) F�r eine spezielle Gl�hlampe wurde die folgende Messreihe ermittelt (f�nf Einzelmes-sungen):
k 1 2 3 4 5
I kA
0,2 0,3 0,4 0,5 0,6
Uk
V51 101 174 288 446
Berechnen Sie die Koeffizienten a und b der kubischen Ausgleichskurve und zeichnenSie diese.
Lehrbuch: Bd. 3, IV.5
L�sung:a) Der Abstand eines Messpunktes Pk ¼ ðI k; UkÞ von der Ausgleichskurve U ¼ f ðIÞ ¼
a I 3 þ b I betr�gt nach Bild X-7
v k ¼ Uk � f ðI kÞ ¼ Uk � ða I 3k þ b I kÞ ¼ Uk � a I 3k � b I k ðk ¼ 1, 2, . . . , nÞðv k > 0, falls Pk oberhalb der Kennlinie liegt, sonst v k 0ÞWir quadrieren und addieren und erhalten die Summe der Abstandsquadrate, die noch vonden beiden Parametern a und b abh�ngt:
S ða; bÞ ¼Xnk¼ 1
v 2k ¼
Xnk¼ 1
ðUk � a I 3k � b I kÞ 2
Diese werden nach Gauß nun so bestimmt, dass dieFunktion S ða; bÞ ein Minimum annimmt. Daherm�ssen die beiden partiellen Ableitungen 1. Ord-nung verschwinden. Mit Hilfe der Kettenregel erhal-ten wir die folgenden sog. Normalgleichungen :
@S@a¼ 2 �
Xnk¼ 1
ðUk � a I 3k � b I kÞ � ð� I 3k Þ ¼ 0
@S@b¼ 2 �
Xnk¼ 1
ðUk � a I 3k � b I kÞ � ð� I kÞ ¼ 0 I
U
Uk
f ( I )k
Pk
v = U – f ( I )k k k
U = f ( I )
Ik
Bild X-7
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 387
Sie f�hren zu dem inhomogenen linearen Gleichungssystem
ðP I 6k Þ � a þ ðP
I 4k Þ � b ¼P
Uk I3k
ðP I 4k Þ � a þ ðP
I 2k Þ � b ¼P
Uk I k
das wir nach der Cramerschen Regel l�sen (summiert wird jeweils von k ¼ 1 bisk ¼ nÞ. Die dabei ben�tigten Determinanten lauten:
Koeffizientendeterminante D:
D ¼P
I 6kP
I 4kPI 4k
PI 2k
¼ ðP I 6k Þ � ð
PI 2k Þ � ð
PI 4k Þ 2
Hilfsdeterminante D 1 :
D 1 ¼P
Uk I 3kP
I 4kPUk I k
PI 2k
¼ ðP Uk I
3k Þ � ð
PI 2k Þ � ð
PUk I kÞ � ð
PI 4k Þ
Hilfsdeterminante D 2 :
D 2 ¼P
I 6kP
Uk I 3kPI 4k
PUk I k
¼ ðP I 6k Þ � ð
PUk I kÞ � ð
PI 4k Þ � ð
PUk I
3k Þ
Das lineare Gleichungssystem besitzt dann die folgende L�sung :
a ¼ D 1
D, b ¼ D 2
DðD 6¼ 0Þ
b) Aus der vorliegenden Messreihe ermitteln wir die ben�tigten Potenzen und Potenzprodukteder Messgr�ßen I und U und stellen diese Werte in einer Tabelle zusammen:
k I kA
Uk
VI 2kA 2
I 4kA 4
I 6kA 6
Uk I kVA
Uk I 3kVA3
1 0,2 51 0,04 0,0016 0,000 064 10,2 0,408
2 0,3 101 0,09 0,0081 0,000 729 30,3 2,727
3 0,4 174 0,16 0,0256 0,004 096 69,6 11,136
4 0,5 288 0,25 0,0625 0,015 625 144,0 36,000
5 0,6 446 0,36 0,1296 0,046 656 267,6 96,336P0,90 0,2274 0,067 170 521,7 146,607
X Fehler- und Ausgleichsrechnung388
F�r die Determinanten ergeben sich damit die folgenden Werte:
D ¼ ðP I 6k Þ � ðP
I 2k Þ � ðP
I 4k Þ 2 ¼
¼ ð0,067 170 A6Þ � ð0,90 A2Þ � ð0,2274 A4Þ 2 ¼ 0,008 742 A8
D 1 ¼ ðP
Uk I3k Þ � ð
PI 2k Þ � ð
PUk I kÞ � ð
PI 4k Þ ¼
¼ ð146,607 VA3Þ � ð0,90 A2Þ � ð521,7 VAÞ � ð0,2274 A4Þ ¼ 13,311 720 VA5
D 2 ¼ ðP
I 6k Þ � ðP
Uk I kÞ � ðP
I 4k Þ � ðP
Uk I3k Þ ¼
¼ ð0,067 170 A6Þ � ð521,7 VAÞ � ð0,2274 A4Þ � ð146,607 VA3Þ ¼ 1,704 157 VA7
Somit ist
a ¼ D 1
D¼ 13,311 720 VA5
0,008 742 A8 ¼ 1522,73V
A3 ,
b ¼ D 2
D¼ 1,704 157 VA7
0,008 742 A8 ¼ 194,94VA
Die gesuchte U-I-Kennlinie der Gl�hlampe lautet damit wie folgt:
U ¼ f ðIÞ ¼ a I 3 þ b I ¼ 1522,73V
A3 � I 3 þ 194,94VA� I
Ihr Verlauf ist in Bild X-8 dargestellt undzeigt deutlich die gute �bereinstimmung mitden vorgegebenen Messwerten (als Punkteeingetragen).
400
300
200
100
UV
IA
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6Bild X-8
X Fehler- und Ausgleichsrechnung 389
XI Fourier-Transformationen
Hinweis: Alle in den L�sungen angegebenen Nummern f�r Integrale bzw. Fourier-Transfor-mationen beziehen sich auf die Integraltafel bzw. Fourier-Transformationstabelle(Tabelle 1) der Mathematischen Formelsammlung des Autors. Die Abk�rzung Dglbedeutet Differentialgleichung.
Beispiel 1: Spektraldichte eines cos 2-Impulses
Fourier-Integral, Fourier-Kosinus-Transformation
Bestimmen Sie die Spektraldichte des in Bild XI-1 skizzierten zeitabh�ngigen cos2-Impulsesmit der Funktionsgleichung
f ðtÞ ¼A � cos2 ðw 0 tÞ
0fur
j t j T
j t j > T
(
A > 0; w 0 > 0: Kreisfrequenz
T ¼ p=ð2w 0Þ
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.2 und V.2.1
L�sung:Die Spektraldichte F ðwÞ ist die Fourier-Transformierte des Impulses f ðtÞ, d. h. es istF ðwÞ ¼ F f f ðtÞg. Wegen der Spiegelsymmetrie der Kurve ( f ðtÞ ist eine gerade Funktion)k�nnen wir F ðwÞ mit Hilfe der Fourier-Kosinus-Transformation bestimmen:
F ðwÞ ¼ F f f ðtÞg ¼ 2 � Fc ðwÞ ¼ 2 �ð10
f ðtÞ � cos ðw tÞ dt ¼
¼ 2A �ðT0
cos 2 ðw 0 tÞ � cos ðw tÞ dt
Unter Verwendung der trigonometrischen Formel
cos 2 x ¼ 12½ 1 þ cos ð2 xÞ mit x ¼ w 0 t
(siehe Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.4) l�sst sich das Integral in zwei Teilintegrale zerlegen:
390
t
f ( t )
–T T
A
Bild XI-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_11
F ðwÞ ¼ 2A � 12�ðT0
½ 1 þ cos ð2w 0 tÞ � cos ðw tÞ dt ¼
¼ AðT0
cos ðw tÞ dt þðT0
cos ð2w 0 tÞ � cos ðw tÞ dt0@ 1A ¼ A ðI 1 þ I 2Þ|fflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
I 1|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
I 2
Auswertung der Teilintegrale mit der Integraltafel (Integral Nr. 228 mit a ¼ w und IntegralNr. 252 mit a ¼ 2w 0, b ¼ w) und unter Ber�cksichtigung von sin 0 ¼ 0:
I 1 ¼ðT0
cos ðw tÞ dt ¼ sin ðw tÞw
�T0¼ sin ðwTÞ
w� sin 0
w¼ sin ðw TÞ
w
I 2 ¼ðT0
cos ð2w 0 tÞ � cos ðw tÞ dt ¼ sin ½ ð2w 0 � wÞ t 2 ð2w 0 � wÞ þ sin ½ ð2w 0 þ wÞ t
2 ð2w 0 þ wÞ �T
0
¼
¼ sin ½ ð2w 0 � wÞ T 2 ð2w 0 � wÞ þ sin ½ ð2w 0 þ wÞ T
2 ð2w 0 þ wÞ � sin 02 ð2w 0 � wÞ �
sin 02 ð2w 0 þ wÞ ¼
¼ sin ½ ð2w 0 � wÞ T 2 ð2w 0 � wÞ þ sin ½ ð2w 0 þ wÞ T
2 ð2w 0 þ wÞDen Z�hler der beiden Teilbr�che k�nnen wir noch mit Hilfe des Addionstheorems des Sinusvereinfachen (unter Ber�cksichtigung von 2w 0 T ¼ p):
sin ½ ð2w 0 � wÞ T ¼ sin ð2w 0 T � wTÞ ¼ sin ðp � w TÞ ¼¼ sin p � cos ðwTÞ � cos p � sin ðw TÞ ¼¼ 0 � cos ðwTÞ � ð� 1Þ � sin ðw TÞ ¼ � sin ðw TÞ )
sin ½ ð2w 0 þ wÞ T ¼ � sin ðw TÞ ; sin ½ ð2w 0 � wÞ T ¼ sin ðw TÞSomit ist
I 2 ¼ sin ðw TÞ2 ð2w 0 � wÞ �
sin ðwTÞ2 ð2w 0 þ wÞ
Die Spektraldichte lautet damit wie folgt (f�r w 6¼ 0, w 6¼ � 2w 0Þ:
F ðwÞ ¼ A ðI 1 þ I 2Þ ¼ Asin ðwTÞ
wþ sin ðwTÞ
2 ð2w 0 � wÞ �sin ðw TÞ
2 ð2w 0 þ wÞ� �
¼
¼ A1wþ 1
2 ð2w 0 � wÞ �1
2 ð2w 0 þ wÞ� �
� sin ðwTÞ
XI Fourier-Transformationen 391
Der Kurvenverlauf der Spektraldichte F ðwÞist in Bild XI-2 dargestellt. An den Stellenw ¼ 0 und w ¼ � 2w 0 ist F ðwÞ nichtdefiniert, besitzt dort jedoch die folgendenGrenzwerte:
F ð0Þ ¼ AT , F ð� 2w 0Þ ¼ AT=2
(mit der Grenzwertregel von Bernoulli undde L’Hospital berechnet).
Nullstellen: � 4w 0, � 6w 0, � 8w 0, . . .
Beispiel 2: Amplituden- und Phasengang eines DT1-Regelkreisgliedes
Fourier-Transformation, Frequenzspektrum
Die Impulsantwort eines DT1-Regelkreisgliedes, d. h. die Reaktion des �bertragungssystemsauf einen Dirac-Impuls d ðtÞ im Eingang lautet wie folgt:
g ðtÞ ¼ K � d ðtÞ � KT� e� t
T � s ðtÞ
t : Zeit; s ðtÞ: Sprungfunktion; K > 0: �bertragungsfaktor; T > 0: Zeitkonstante
Bestimmen Sie zun�chst den Frequenzgang (das Frequenzspektrum) G ðwÞ des Systems unddaraus den Amplituden- und Phasengang.
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.2 und V.4.1 Physikalische Grundlagen: A68
L�sung:Der Frequenzgang (das Frequenzspektrum) G ðwÞ ist die Fourier-Transformierte der Impuls-antwort g ðtÞ [ A68 ]:
G ðwÞ ¼ F f g ðtÞg ¼ F K � d ðtÞ � KT� e� t
T � s ðtÞ� �
¼
¼ K � F fd ðtÞg|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}1
� KT� F
ne�
tT � s ðtÞ
o|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
1Tþ jw
¼ K � 1 � KT� 1
1Tþ jw
¼
�4 =�0–4 = –�02Tπ2
Tπ
F( )�
AT
Bild XI-2 Spektraldichte des cos 2-Impulses
XI Fourier-Transformationen392
¼ K � K
T1Tþ jw
� � ¼ K � K1 þ jw T
¼ K 1 � 11 þ jwT
� �¼
¼ K1 þ jwT � 1
1 þ jwT
� �¼ jK w T
1 þ jw T
Die Transformationen wurden der Tabelle 1 entnommen (Nr. 18 und Nr. 9 mit a ¼ 1=TÞ.Der Amplitudengang (das Amplitudenspektrum) A ðwÞ ist der Betrag des FrequenzgangesG ðwÞ [ A68 ]:
A ðwÞ ¼ jG ðwÞ j ¼ jK w T1 þ jw T
¼ j jK w T jj 1 þ jw T j ¼
K jw j Tffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwTÞ 2
q ¼ K T jw jffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðw TÞ 2
qBild XI-3 zeigt den Verlauf des Amplitu-denganges A ðwÞ.
Der Phasengang j ðwÞ ist das Argument (der Winkel) des Frequenzganges G ðwÞ [ A68 ].Die komplexe Funktion G ðwÞ muss daher zun�chst auf die kartesische Form gebracht wer-den (Zerlegung in Real- und Imagin�rteil; j 2 ¼ � 1 beachten):
G ðwÞ ¼ jK wT1 þ jwT
¼ jK wT ð1 � jw TÞð1 þ jw TÞ ð1 � jwT|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}3: Binom: 1 � j 2 ðwTÞ 2
Þ ¼jK w T � j 2 K ðw TÞ 2
1 � j 2 ðwTÞ 2 ¼
¼ jK w T þ K ðw TÞ 21 þ ðwTÞ 2 ¼ K ðwTÞ 2
1 þ ðwTÞ 2 þ jK ðwTÞ
1 þ ðw TÞ 2
Der Phasenwinkel j ¼ j ðwÞ wird nach [A68 ] aus der Gleichung
tan j ¼ Im ½G ðwÞ Re ½G ðwÞ ¼
K ðw TÞ1 þ ðwTÞ 2K ðwTÞ 2
1 þ ðwTÞ 2¼ K ðw TÞ
1 þ ðw TÞ 2 �1 þ ðwTÞ 2K ðwTÞ 2 ¼
1wT
wie folgt berechnet:
tan j ¼ 1wT
) j ¼ j ðwÞ ¼ arctan1w T
� �
K
v
A( )v
Bild XI-3 Amplitudengang einesDT1-Regelkreisgliedes
XI Fourier-Transformationen 393
Der Verlauf des Phasen-gangs j ðwÞ ist in BildXI-4 dargestellt.
Beispiel 3: Beidseitig ged�mpfte Sinusschwingung(amplitudenmodulierte Sinusschwingung)
Fourier-Integral, Fourier-Sinus-Transformation
Die in Bild XI-5 skizzierte beidseitig ged�mpfte (amplitudenmodulierte) mechanische Sinus-schwingung wird durch die Gleichung
x ðtÞ ¼ e� d j t j � sin ðw 0 tÞ , � 1 < t < 1 ðd < w 0Þbeschrieben.
x ðtÞ: Auslenkung zur Zeit t; d > 0: D�mpfungsfaktor; w 0 > 0: Kreisfrequenz
Bestimmen Sie auf dem direkten Wege �ber das Fourier-Integral das Frequenzspektrum X ðwÞsowie das Amplitudenspektrum A ðwÞ ¼ jX ðwÞ j dieser Schwingung.
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.2 und V.2.2
v
f v( )
p2
p2
–
Bild XI-4Phasengang einesDT1-Regelkreisgliedes
t
x ( t )
Bild XI-5
XI Fourier-Transformationen394
L�sung:x ðtÞ ist eine ungerade Funktion (punktsymmetrischer Kurvenverlauf). Daher l�sst sich dasgesuchte Frequenzspektrum X ðwÞ ¼ F fx ðtÞg mit Hilfe der Fourier-Sinus-Transformationbestimmen:
X ðwÞ ¼ � 2 j � Fs ðwÞ ¼ � 2 j �ð10
x ðtÞ � sin ðw tÞ dt ¼
¼ � 2 j �ð10
e� d t � sin ðw 0 tÞ � sin ðw tÞ dt
(f�r t � 0 gilt j t j ¼ t und somit e�d j t j ¼ e� d t). Mit Hilfe der trigonometrischen Formel
sin ðw 0 tÞ � sin ðw tÞ ¼ 12
hcos ðw 0 t � w tÞ � cos ðw 0 t þ w tÞ
i¼
¼ 12
hcos ½ ðw 0 � wÞ t � cos ½ ðw 0 þ wÞ t
i(siehe Formelsammlung, Abschnitt III.7.6.6) folgt weiter (Aufspaltung des Integrals in zweiTeilintegrale):
X ðwÞ ¼ � 2 j �ð10
e� d t � 12
hcos ½ ðw 0 � wÞ t � cos ½ ðw 0 þ wÞ t
idt ¼
¼ � j �ð10
e�d t � cos ½ ðw 0 � wÞ t dt �ð10
e�d t � cos ½ ðw 0 þ wÞ t dt0@ 1A ¼|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
I 1|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
I 2
¼ � j ðI 1 � I 2ÞAuswertung der Teilintegrale I 1 und I 2 mit der Integraltafel ( Integral Nr. 324 mita ¼ � d und b ¼ w 0 � w bzw. b ¼ w 0 þ w):
I 1 ¼ð10
e�d t � cos ½ ðw 0 � wÞ t dt ¼
¼ e�d t
d 2 þ ðw 0 � wÞ 2h� d � cos ½ ðw 0 � wÞ t þ ðw 0 � wÞ � sin ½ ðw 0 � wÞ t
i" #10
¼
¼ � e0
d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 ½ � d � cos 0|ffl{zffl}1
þðw 0 � wÞ � sin 0|ffl{zffl}0
¼ d
d 2 þ ðw 0 � wÞ 2
Hinweis: Wegen e� d t ! 0 f�r t ! 1 verschwindet die Stammfunktion an der oberenGrenze.
XI Fourier-Transformationen 395
Analog : I 2 ¼ð10
e�d t � cos ½ ðw 0 þ wÞ t dt ¼ d
d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2
Damit erhalten wir das folgende Frequenzspektrum :
X ðwÞ ¼ � j ðI 1 � I 2Þ ¼ � jd
d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 �d
d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2 !
¼
¼ � jd1
d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 �1
d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2 !
¼
¼ � jdd 2 þ ðw 0 þ wÞ 2 � d 2 � ðw 0 � wÞ 2½d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 ½ d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2 ¼
¼ � jdd 2 þ w 2
0 þ 2w 0 w þ w 2 � d 2 � w 20 þ 2w 0 w � w 2
½ d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 ½d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2 ¼
¼ � j d4w 0 w
½ d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 ½ d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2 ¼
¼ � j4dw 0 w
½ d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 ½d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2
Amplitudenspektrum [A68 ]
Das Amplitudenspektrum A ðwÞ ist der Betrag des Frequenzspektrums X ðwÞ :
A ðwÞ ¼ jX ðwÞ j ¼ 4dw 0 jw j½d 2 þ ðw 0 � wÞ 2 ½d 2 þ ðw 0 þ wÞ 2
Das Minimum dieser spiegelsymmetrischen Funktion liegt bei w 1 ¼ 0, die beiden Maximabei w 2=3 ¼ �w 0 (siehe Bild XI-6).
vv0–v0
A( )v
Bild XI-6 Amplitudenspektrum einer beidseitig ged�mpften Sinusschwingung
XI Fourier-Transformationen396
Beispiel 4: Spektraldichte (Frequenzspektrum) eines moduliertenRechteckimpulses
Fourier-Integral, D�mpfungssatz (Frequenzverschiebungssatz)
Der in Bild XI-7 skizzierte mit einer Kosinusfunktion modulierte zeitabh�ngige Rechteck-impuls l�sst sich durch die Gleichung
f ðtÞ ¼cos ðw 0 tÞ
0fur
j t j a
j t j > a
(
beschreiben (w 0 > 0: Kreisfrequenz):
Bestimmen Sie die Spektraldichte (das Frequenzspektrum) F ðwÞ des Impulses f ðtÞa) auf direktem Wege �ber das Fourier-Integral,
b) aus der als bekannt vorausgesetzten Fourier-Transformierten des Rechteckimpulses unterVerwendung des D�mpfungssatzes (Frequenzverschiebungssatzes).
c) Skizzieren Sie den Verlauf der Spektraldichte F ðwÞ und das zugeh�rige Amplitudenspek-trum A ðwÞ ¼ jF ðwÞ j.
L�sungshinweis: Die Fourier-Transformierte des Rechteckimpulses entnehmen Sie der Trans-formationstabelle (Tabelle 1).
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.2, V.2.1 und V.4.4
L�sung:Die Spektraldichte F ðwÞ ist die Fourier-Transformierte des modulierten Rechteckimpulsesf ðtÞ, d. h. es gilt F ðwÞ ¼ F f f ðtÞg.a) Da f ðtÞ eine gerade Funktion ist (spiegelsymmetrischer Kurvenverlauf), l�sst sich die
Fourier-Transformierte von f ðtÞ �ber die Fourier-Kosinus-Transformation berechnen:
t
f ( t )
a–a
1
Bild XI-7
XI Fourier-Transformationen 397
F ðwÞ ¼ F f f ðtÞg ¼ 2 � Fc ðwÞ ¼ 2 �ð10
f ðtÞ � cos ðw tÞ dt ¼
¼ 2 �ða0
cos ðw 0 tÞ � cos ðw tÞ dt ¼ 2 �ða0
cos ðw tÞ � cos ðw 0 tÞ dt
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}Integral Nr: 252 mit a ¼ w, b ¼ w 0
¼
¼ 2sin ½ ðw � w 0Þ t
2 ðw � w 0Þ þ sin ½ ðw þ w 0Þ t 2 ðw þ w 0Þ
� a
0
¼
¼ sin ½ ðw � w 0Þ a w � w 0
þ sin ½ ðw þ w 0Þ a w þ w 0
� sin 0w � w 0
� sin 0w þ w 0
¼
¼ sin ½ ðw � w 0Þ a w � w 0
þ sin ½ ðw þ w 0Þ a w þ w 0
b) Ausgangspunkt ist der in Bild XI-8 skizzierte Rechteckimpuls mit der Gleichung
r ðtÞ ¼ s ðt þ aÞ � s ðt � aÞ ¼1
0fur
j t j a
j t j > a
(und der Fourier-Transformierten
R ðwÞ ¼ F fr ðtÞg ¼ 2 � sin ðw aÞw
(aus der Tabelle 1 entnommen, Nr. 2). Die Gleichung des mit der Kosinusfunktion cos ðw 0 tÞmodulierten Rechteckimpulses r ðtÞ l�sst sich dann auch wie folgt schreiben, wobei wir dieKosinusfunktion noch durch komplexe Exponentialfunktionen nach der Gleichung
cos x ¼ 12ðe j x þ e� j xÞ mit x ¼ w 0 t
ausdr�cken (siehe Formelsammlung, Abschnitt VIII.7.3.2):
f ðtÞ ¼ cos ðw 0 tÞ � r ðtÞ ¼ 12
�e jw 0 t þ e� jw 0 t
�� r ðtÞ ¼
¼ 12
�r ðtÞ � e jw 0 t þ r ðtÞ � e� jw 0 t
�, j t j a
Die beiden Summanden in der Klammer beschreiben mit e jw 0 t bzw. e� jw 0 t modulierteRechteckimpulse, deren Fourier-Transformierte nach dem D�mpfungs- oder Frequenz-
t
r ( t )
a–a
1
Bild XI-8
XI Fourier-Transformationen398
verschiebungssatz der Fourier-Transformation aus der (bekannten) Fourier-Transformiertendes Rechteckimpulses durch Frequenzverschiebung hervorgehen. Somit gilt (in �berein-stimmung mit dem Ergebnis aus Teil a)):
F ðwÞ ¼ F f f ðtÞg ¼ F 12
�r ðtÞ � e jw 0 t þ r ðtÞ � e� jw 0 t
�� �¼
¼ 12
�F fr ðtÞ � e jw 0 t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}R ðw � w 0Þ
g þ F fr ðtÞ � e� jw 0 t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}R ðw þ w 0Þ
g�¼
¼ 12
�R ðw � w 0Þ þ R ðw þ w 0Þ
�¼
¼ 12
2 � sin ½ ðw � w 0Þ a w � w 0
þ 2 � sin ½ ðw þ w 0Þ a w þ w 0
� �¼
¼ sin ½ ðw � w 0Þ a w � w 0
þ sin ½ ðw þ w 0Þ a w þ w 0
c) Bild XI-9 zeigt den Verlauf der Spektraldichte F ðwÞ.
Das Amplitudenspektrum wird durch die Gleichung
A ðwÞ ¼ jF ðwÞ j ¼ sin ½ ðw � w 0Þ a w � w 0
þ sin ½ ðw þ w 0Þ a w þ w 0
beschrieben (siehe Bild XI-10).
v0–v0 v
F( )v
Bild XI-9Spektraldichte F ðwÞ
v0–v0 v
A( )v
Bild XI-10Amplituden-spektrum A ðwÞ
XI Fourier-Transformationen 399
Beispiel 5: Impulsantwort eines PT1-�bertragungssystems
Inverse Fourier-Transformation, Zeitverschiebungssatz,Faltungssatz
Durch die Gleichung
G ðwÞ ¼ K � e� jwTL
1 þ jw T, � 1 < w < 1
wird der Frequenzgang eines PT1-Regelkreisgliedes beschrieben.
K > 0: �bertragungsfaktor; T > 0: Zeitkonstante; TL > 0: Laufzeit; w: Kreisfrequenz
Bestimmen Sie die Impulsantwort g ðtÞ dieses �bertragungssystems, d. h. die Reaktion desSystems auf einen Dirac-Impuls als Eingangssignal
a) unter Verwendung der Transformationstabelle (Tabelle 1) und des Verschiebungssatzes(Zeitverschiebungssatzes),
b) mit Hilfe des Faltungssatzes.
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.3, V.4.3 und V.4.7 Physikalische Grundlagen: A68
L�sung:Der Frequenzgang G ðwÞ ist die Fourier-Transformierte der Impulsantwort g ðtÞ. Somit gilt:
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg und g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞga) Wir zerlegen G ðwÞ wie folgt in ein Produkt:
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg ¼ K � e� jw TL
1 þ jw T¼ K
1 þ jwT� e� jwTL ¼ F ðwÞ � e� jw TL
mit F ðwÞ ¼ K1 þ jwT
� �Der linke Faktor F ðwÞ ist die Bildfunktion (Fourier-Transformierte) einer zun�chst noch un-bekannten Originalfunktion (Zeitfunktion) f ðtÞ, d. h. es ist F ðwÞ ¼ F f f ðtÞg: Damit gilt:
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg ¼ F ðwÞ � e� jwTL ¼ F f f ðtÞg � e� jwTL
Aus dem Zeitverschiebungssatz folgt dann, dass der Frequenzgang G ðwÞ die Fourier-Transformierte der um TL verschobenen Originalfunktion f ðtÞ ist:
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg ¼ F ðwÞ � e� jwTL ¼ F f f ðt � TLÞgAus dieser Gleichung folgt (inverse Fourier-Transformation):
g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞg ¼ f ðt � TLÞ
XI Fourier-Transformationen400
Die noch unbekannte Zeitfunktion f ðtÞ bestimmen wir aus der bekannten BildfunktionF ðwÞ mit Hilfe der Tabelle 1 (inverse Fourier-Transformation):
F f f ðtÞg ¼ F ðwÞ ¼ K1 þ jw T
¼ K � 1
T1Tþ jw
� � ¼ KT� 11Tþ jw
)
f ðtÞ ¼ F � 1 fF ðwÞg ¼ F � 1 KT� 11Tþ jw
8><>:9>=>; ¼ K
T� F � 1 1
1Tþ jw
8><>:9>=>; ¼
¼ KT� e� t
T � s ðtÞ
ðNr. 9 mit a ¼ 1=TÞ. Die Impulsantwort des PT 1-�bertragungssystems lautet somit:
g ðtÞ ¼ f ðt � TLÞ ¼ KT� e�
t� TLT � s ðt � TLÞ
Der Verlauf dieser Funktion ist in Bild XI-11dargestellt.
b) Der Frequenzgang G ðwÞ l�sst sich wie folgt als Produkt zweier Bildfunktionen G 1 ðwÞund G 2 ðwÞ darstellen:
G ðwÞ ¼ K � e� jw TL
1 þ jwT¼ K � e� jw TL
T1Tþ jw
� � ¼ KT� e� jw TL
1Tþ jw
¼
¼ KT� 11Tþ jw
� e� jw TL ¼ KT� G 1 ðwÞ � G 2 ðwÞ
mit G 1 ðwÞ ¼ 11Tþ jw
und G 2 ðwÞ ¼ e� jw TL :
Durch inverse Fourier-Transformation folgt dann mit Hilfe des Faltungssatzes :
g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞg ¼ F � 1 KT� G 1 ðwÞ � G 2 ðwÞ
� �¼
¼ KT� F � 1 fG 1 ðwÞ � G 2 ðwÞg ¼ K
T� g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ
t
g( t )
TL
KT
Bild XI-11 Impulsantwort eines PT1-�bertra-gungssystems
XI Fourier-Transformationen 401
Die gesuchte Impulsantwort g ðtÞ ist demnach (vom konstanten Faktor K=T abgesehen)das Faltungsprodukt zweier zun�chst noch unbekannter Zeitfunktionen (Originalfunktio-nen) g 1 ðtÞ und g 2 ðtÞ, deren Fourier-Transformierte jedoch bekannt sind:
F fg 1 ðtÞg ¼ G 1 ðwÞ ¼ 11Tþ jw
, F fg 2 ðtÞg ¼ G 2 ðwÞ ¼ e� jwTL
Die beiden Zeitfunktionen lassen sich aus der Transformationstabelle (Tabelle 1) leichtbestimmen:
g 1 ðtÞ ¼ F � 1 fG 1 ðwÞg ¼ F � 1 11Tþ jw
8><>:9>=>; ¼ e�
tT � s ðtÞ
(Fourier-Transformation Nr. 9 mit a ¼ 1=TÞg 2 ðtÞ ¼ F � 1 fG 2 ðwÞg ¼ F � 1 fe� jwTLg ¼ F � 1 fe� j TL wg ¼ d ðt � TLÞ(Fourier-Transformation Nr. 20 mit a ¼ TL)
Wir berechnen jetzt das Faltungsprodukt (Faltungsintegral) g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ. Definitions-gem�ß gilt:
g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ ¼ð1�1
g 1 ðuÞ � g 2 ðt � uÞ du ¼ð1�1
e�uT � s ðuÞ � d ðt � u � TLÞ du
Die Diracsche Deltafunktion d ðt � u � TLÞ l�sst sich unter Ber�cksichtigung ihrerSymmetrieeigenschaft noch wie folgt umschreiben:
d ðt � u � TLÞ ¼ d ð� ðt � u � TLÞÞ ¼ d ð� t þ u þ TLÞ ¼ d ðu � t þ TLÞ ¼¼ d ðu � ðt � TL|fflfflffl{zfflfflffl}
a
ÞÞ ¼ d ðu � aÞ
(mit a ¼ t � TL). Somit ist
g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ ¼ð1�1
e�uT � s ðuÞ � d ðu � aÞ du ¼
ð1�1
d ðu � aÞ � e� uT � s ðuÞ du ¼
¼ð1�1
d ðu � aÞ � f ðuÞ du ðmit f ðuÞ ¼ e�uT � s ðuÞÞ
Dieses Integral ist kein Integral im herk�mmlichen Sinne, sondern ein sog. „verallgemei-nertes Integral“. Die Auswertung erfolgt daher nach der sog. Ausblendvorschrift
XI Fourier-Transformationen402
ðba
d ðu � aÞ � f ðuÞ du ¼f ðaÞ0
fura a b
alle ubrigen a
(
In unserem Fall liegt der Parameter a ¼ t � TL im Integrationsintervall (d. h. zwischen�1 und þ1) und die Integralauswertung f�hrt zu dem folgenden Ergebnis:
g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ ¼ð1�1
d ðu � aÞ � f ðuÞ du ¼ f ðaÞ ¼ e�aT � s ðaÞ ¼
¼ e�t� TLT � s ðt � TLÞ
Die Impulsantwort lautet somit wie folgt (in �bereinstimmung mit dem Ergebnis aus Teil a)):
g ðtÞ ¼ KT� g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ ¼ K
T� e�
t�TLT � s ðt � TLÞ
Beispiel 6: Lineares zeitinvariantes �bertragungssystem (LTI-System)
Inverse Fourier-Transformation
Das �bertragungsverhalten eines LTI-Systems l�sst sich durch die sog. Impulsantwort, d. h.die Reaktion des Systems auf einen Dirac-Stoß als Eingangssignal, vollst�ndig charakterisie-ren. Das in Bild XI-12 skizzierte System besitzt die �bertragungsfunktion (den Frequenz-gang)
G ðwÞ ¼ 12 þ jRCw
R : ohmscher Widerstand; C : Kapazit�t; w : Kreisfrequenz; ue ðtÞ: Eingangsspannung;
ua ðtÞ: AusgangsspannungBestimmen Sie die Impulsantwort g ðtÞ ¼ ua ðtÞ des �bertragungssystems unter Verwen-dung der Transformationstabelle (Tabelle 1).
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.3 Physikalische Grundlagen: A68
u ( t )au ( t )e
R
RC
Bild XI-12
XI Fourier-Transformationen 403
L�sung:Der Frequenzgang G ðwÞ ist Fourier-Transformierte der Impulsantwort g ðtÞ [ A68 ]:
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg ¼ 12 þ jRCw
¼ 1
RC2RCþ jw
� �Aus dieser Gleichung gewinnen wir durch R�cktransformation (d. h. inverse Fourier-Transfor-mation) mit Hilfe der Transformationstabelle (Tabelle 1) die gesuchte Impulsantwort g ðtÞ desSystems:
g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞg ¼ F � 1 1
RC2RCþ jw
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼1RC� F � 1 1
2RCþ jw
8><>:9>=>; ¼
¼ 1RC� e� 2 t
R C � s ðtÞ ðNr. 9 mit a ¼ 2=ðRCÞÞ
Bild XI-13 zeigt den Verlauf der exponentiellabklingenden Impulsantwort g ðtÞ ¼ ua ðtÞ.
Beispiel 7: �bertragungsverhalten einer RC-Schaltung
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung, Ableitungssatz f�rOriginalfunktionen, inverse Fourier-Transformation
Das in Bild XI-14 skizzierte �bertragungssystem enth�lt einen ohmschen Widerstand R undeinen Kondensator mit der Kapazit�t C (RC-Schaltung). Eingangssignal ist die angelegteEingangsspannung ue ¼ ue ðtÞ, Ausgangssignal der Spannungsabfall ua ¼ ua ðtÞ am Kon-densator.
t
g( t )
1RC
Bild XI-13 Impulsantwort des �bertragungs-systems
u ( t )au ( t )e
R
C
uR
uC
i
Bild XI-14
XI Fourier-Transformationen404
a) Leiten Sie aus der Maschenregel [ A32 ] die Differentialgleichung f�r ua ðtÞ her.
b) Unterwerfen Sie diese Differentialgleichung der Fourier-Transformation und bestimmenSie die �bertragungsfunktion (den Frequenzgang) G ðwÞ des Systems. Wie lautet das zu-geh�rige Amplitudenspektrum A ðwÞ?
c) Bestimmen Sie die Impulsantwort g ðtÞ sowie die Sprungantwort h ðtÞ des �bertragungs-gliedes.
L�sungshinweis: Die Sprungantwort h ðtÞ l�sst sich durch Integration aus der Impulsantwortg ðtÞ bestimmen:
h ðtÞ ¼ðt�1
g ðzÞ dz
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.3 und V.4.5.1 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A40, A68
L�sung:a) Fließt der Strom i ¼ i ðtÞ, so ist uR ¼ R i der Spannungsabfall am ohmschen Wider-
stand R (Ohmsches Gesetz [ A14 ]). Aus der Maschenregel [ A32 ] folgt dann:
uR þ ua � ue ¼ 0 oder R i þ ua ¼ ue ðua ¼ uCÞDie Stromst�rke i ist dabei die zeitliche Ableitung der Kondensatorladung q ¼ C ua
1):
i ¼ dqdt¼ d
dtðC uaÞ ¼ C � d ua
dt¼ C _ua
Wir setzen diesen Ausdruck in die Maschengleichung ein und erhalten die gesuchte Diffe-rentialgleichung f�r die Ausgangsspannung ua :
RC _ua þ ua ¼ ue oder t _ua þ ua ¼ ue
(mit der Zeitkonstanten t ¼ RC ). Es handelt sich dabei um eine inhomogene lineareDgl 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
b) Die Dgl wird gliedweise unter Verwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionender Fourier-Transformation unterworfen. Mit
Ue ðwÞ ¼ F fue ðtÞg und Ua ðwÞ ¼ F fua ðtÞgerhalten wir:
t ð jwÞ � Ua ðwÞ þ Ua ðwÞ ¼ Ue ðwÞ )ð jwtÞ � Ua ðwÞ þ Ua ðwÞ ¼ Ue ðwÞ ) ð1 þ jwtÞ � Ua ðwÞ ¼ Ue ðwÞ )
Ua ðwÞ ¼ 11 þ jwt
� Ue ðwÞ ¼ G ðwÞ � Ue ðwÞ
1) Definitionsgem�ß gilt C ¼ quC¼ q
uaund somit q ¼ C ua [ A40 ].
XI Fourier-Transformationen 405
Die gesuchte �bertragungsfunktion, d. h. der Frequenzgang des �bertragungssystems lau-tet somit wie folgt:
G ðwÞ ¼ 11 þ jwt
¼ 11 þ jwRC
¼ 11 þ jRCw
Das Amplitudenspektrum A ðwÞ ist der Betrag des Frequenzganges [ A68 ]:
A ðwÞ ¼ jG ðwÞ j ¼ 11 þ jRCw
¼ 1j 1 þ jRCw j ¼
1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðRCwÞ 2
qBild XI-15 zeigt den Verlauf dieser Funktion.
c) Die Impulsantwort g ðtÞ ¼ ua ðtÞ ist die Reaktion des �bertragungssystems auf das Ein-gangssignal ue ðtÞ ¼ d ðtÞ (angelegter Spannungsstoß in Form eines Dirac-Stoßes). MitUe ðwÞ ¼ F fd ðtÞg ¼ 1 (siehe Tabelle 1, Nr. 18) gilt daher:
Ua ðwÞ ¼ G ðwÞ � Ue ðwÞ ¼ 11 þ jRCw
� Ue ðwÞ ¼ 11 þ jRCw
� F fd ðtÞg ¼
¼ 11 þ jRCw
� 1 ¼ 11 þ jRCw
Durch R�cktransformation (inverse Fourier-Transformation) folgt nach Tabelle 1 ðNr. 9mit a ¼ 1=ðRCÞÞ:
ua ðtÞ ¼ g ðtÞ ¼ F � 1 fUa ðwÞg ¼ F � 1 11 þ jRCw
� �¼
¼ F � 1 1
RC1RCþ jw
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼1RC� F � 1 1
1RCþ jw
8><>:9>=>; ¼
¼ 1RC� e� t
R C � s ðtÞ
v
A( )v
1
Bild XI-15 Amplitudenspektrum einesRC-�bertragungsgliedes
XI Fourier-Transformationen406
Der Spannungsabfall am Kondensator klingtsomit im Laufe der Zeit exponentiell aufnull ab (siehe Bild XI-16)
Die Sprungantwort h ðtÞ ist die Reaktion des �bertragungssystems auf das Eingangssig-nal ue ðtÞ ¼ s ðtÞ (zur Zeit t ¼ 0 wird die konstante Spannung ue ¼ 1 angelegt, sie-he Bild XI-17a)). Sie l�sst sich durch Integration aus der inzwischen bekannten Impuls-antwort g ðtÞ wie folgt bestimmen [A68 ] (z : Integrationsvariable):
ua ðtÞ ¼ h ðtÞ ¼ðt�1
g ðzÞ dz ¼ðt�1
1RC� e� z
RC � s ðzÞ dz ¼ 1RC�ðt0
e�z
RC dz ¼
¼ 1RC
e�z
RC
� 1RC
264375
t
0
¼ 1RC
h� RC � e� z
RC
i t0¼ �RC
RC
he�
zRC
i t0¼
¼ ��e�
tR C � 1
�¼ � e�
tRC þ 1 ¼ 1 � e�
tRC , t � 0
Schreibweise unter Verwendung der Sigmafunktion (Sprungfunktion):
ua ðtÞ ¼�1 � e�
tR C
�� s ðtÞ
Die Spannung am Kondensator steigt somit vom Anfangswert ua ð0Þ ¼ 0 im Laufe derZeit auf den Endwert ua ð1Þ ¼ 1 an (siehe Bild XI-17b))
t
u ( t )a
1RC
Bild XI-16 Spannungsabfall am Konden-sator (Impulsantwort)
tta) b)
u ( t )au ( t )e
1
1
Bild XI-17 Sprungantwort eines RC-�bertragungsgliedes
a) Eingangssignal (Einheitssprung) ue ðtÞ ¼ s ðtÞb) Ausgangssignal (S�ttigungsfunktion) ua ðtÞ ¼
�1 � e�
tRC
�� s ðtÞ
XI Fourier-Transformationen 407
Beispiel 8: Fourier-Analyse einer ged�mpften mechanischenSchwingung
Fourier-Integral, Amplituden- und Phasenspektrum
Durch die Gleichung
x ðtÞ ¼ e� d t � sin ðw 0 tÞ � s ðtÞ ðmit d < w 0Þwird eine ged�mpfte Schwingung in einem mechanischen Schwingkreis (Feder-Masse-Schwinger) beschrieben (Bild XI-18).
d > 0: D�mpfungsfaktor; w 0 > 0: Kreisfrequenz; s ðtÞ : Sprungfunktion;x ðtÞ: von der Zeit t abh�ngige Auslenkung
a) Bestimmen Sie das Frequenzspektrum X ðwÞ dieser Schwingung auf dem direkten Wege�ber das Fourier-Integral.
b) Welches Amplituden- und Phasenspektrum liefert die Fourier-Analyse?
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.2 Physikalische Grundlagen: A68
L�sung:a) Das Frequenzspektrum X ðwÞ ist die Fourier-Transformierte der Zeitfunktion x ðtÞ
[ A68 ]:
X ðwÞ ¼ F fx ðtÞg ¼ð1�1
x ðtÞ � e� jw t dt ¼ð1�1
e� d t � sin ðw 0 tÞ � s ðtÞ � e� jw t dt ¼
¼ð10
e� d t � sin ðw 0 tÞ � 1 � e� jw t dt ¼ð10
e�d t � sin ðw 0 tÞ � e� jw t dt
ðs ðtÞ ¼ 0 fur t < 0 , s ðtÞ ¼ 1 fur t � 0Þ
t
x ( t )
Bild XI-18
XI Fourier-Transformationen408
Die Sinusfunktion dr�cken wir noch mit Hilfe der Formel
sin ðw 0 tÞ ¼ 12 jðe jw 0 t � e� jw 0 tÞ
durch komplexe Exponentialfunktionen aus (siehe Formelsammlung, Abschnitt VIII.7.3.2):
X ðwÞ ¼ 12 j�ð10
e�d t ðe jw 0 t � e� jw 0 tÞ � e� jw t dt ¼
¼ 12 j�ð10
�e�d t � e jw 0 t � e� jw t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
e� j ðw�w 0Þ t
� e� d t � e� jw 0 t � e� jw t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}e� j ðwþw 0Þ t
�dt ¼
¼ 12 j�ð10
�e� d t � e� j ðw�w 0Þ t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}e� ½dþ j ðw�w 0Þ t
� e� d t � e� j ðwþw 0Þ t|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}e� ½dþ j ðwþw 0Þ t
�dt ¼
¼ 12 j�ð10
�e� ½dþ j ðw�w 0Þ t � e� ½ dþ j ðwþw 0Þ t
�dt
Der besseren �bersicht wegen setzen wir vor�bergehend
a ¼ d þ j ðw � w 0Þ und b ¼ d þ j ðw þ w 0Þund erhalten:
X ðwÞ ¼ 12 j�ð10
ðe�a t � e� b tÞ dt ¼ 12 j
ð10
e�a t dt �ð10
e� b t dt
0@ 1A ¼ 12 jðI 1 � I 2Þ
|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}I 1
|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}I 2
Auswertung der Teilintegrale I 1 und I 2 mit der Integraltafel (Nr. 312 mit a ¼ �a bzw.a ¼ � b ):
I 1 ¼ð10
e�a t dt ¼ e�a t
�a �1
0
¼ 0 � 1�a ¼ 1
a¼ 1
d þ j ðw � w 0Þ
Hinweis: Wegen d > 0 und somit e� d t ! 0 f�r t ! 1 verschwindet die Stamm-funktion an der oberen Integralgrenze (t ¼ 1):
limt!1 e�a t ¼ lim
t!1 e� ½dþ j ðw�w 0Þ t ¼ limt!1 e�d t � e� j ðw�w 0Þ t ¼ 0
Analog: I 2 ¼ð10
e� b t dt ¼ 1b¼ 1
d þ j ðw þ w 0Þ
XI Fourier-Transformationen 409
Damit erhalten wir das folgende Frequenzspektrum ð j 2 ¼ � 1 beachtenÞ :
X ðwÞ ¼ 12 jðI 1 � I 2Þ ¼ 1
2 j1
d þ j ðw � w 0Þ �1
d þ j ðw þ w 0Þ� �
¼
¼ 12 j� d þ j ðw þ w 0Þ � d � j ðw � w 0Þ½d þ j ðw � w 0Þ ½d þ j ðw þ w 0Þ ¼
¼ 12 j� jw þ jw 0 � jw þ jw 0
d 2 þ j d ðw þ w 0Þ þ jd ðw � w 0Þ þ j 2 ðw � w 0Þ ðw þ w 0|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}3: Binom: w 2 � w 2
0
Þ ¼
¼ 12 j� 2 jw 0
d 2 þ j d ðw þ w 0 þ w � w 0Þ � ðw 2 � w 20Þ¼
¼ w 0
d 2 þ 2 j dw � w 2|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}1:Binom: : ðd þ jwÞ 2
þw 20
¼ w 0
ðd þ jwÞ2 þ w 20
b) Das Amplitudenspektrum A ðwÞ ist der Betrag des Frequenzspektrums X ðwÞ :
A ðwÞ ¼ jX ðwÞ j ¼ w 0
ðd þ jwÞ 2 þ w 20
¼ w 0
jd 2 þ 2 jdw � w 2 þ w 20 j¼
¼ w 0
j ðd 2 þ w 20 � w 2Þ þ j 2dw j ¼
w 0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðd 2 þ w 2
0 � w 2Þ 2 þ 4d 2 w 2q
Bild XI-19 zeigt den Verlauf des Amplitudenspektrums. Das Minimum liegt bei w 1 ¼ 0,
die beiden Maxima an den Stellen w 2=3 ¼ �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
:
v d02 2– v d0
2 2–v
A( )v
–
Bild XI-19 Amplitudenspektrum einer (schwach) ged�mpften Schwingung ðd < w 0Þ
XI Fourier-Transformationen410
Um das Phasenspektrum j ðwÞ zu bestimmen, m�ssen wir das Frequenzspektrum X ðwÞzun�chst in die kartesische Form bringen:
X ðwÞ ¼ w 0
ðd þ jwÞ 2 þ w 20
¼ w 0
d 2 þ 2 j dw � w 2 þ w 20
¼
¼ w 0
ðd 2 þ w 20 � w 2|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}a
Þ þ j 2 dw|ffl{zffl}b
¼ w 0
a þ j b¼ w 0 ða � j bÞða þ j bÞ ða � j b|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
3: Binom : a 2 � j 2 b 2
Þ ¼
¼ w 0 a � jw 0 b
a 2 � j 2 b 2¼ w 0 a � jw 0 b
a 2 þ b 2¼ w 0 a
a 2 þ b 2|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}Re ½X ðwÞ
þ j�w 0 ba 2 þ b 2|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}Im ½X ðwÞ
(mit a ¼ d 2 þ w 20 � w 2 und b ¼ 2 dw)
Der Phasenwinkel (das Argument) j der komplexen Funktion X ðwÞ wird aus der fol-genden Gleichung berechnet [ A68 ]:
tan j ¼ Im ½ ðX ðwÞ Re ½X ðwÞ ¼
�w 0 ba 2 þ b 2
w 0 aa 2 þ b 2
¼ �w 0 ba 2 þ b 2
� a2 þ b 2
w 0 a¼ � b
a)
j ¼ arctan � ba
� �¼ � arctan
ba
� �¼ � arctan
2dw
d 2 þ w 20 � w 2
!
Phasenspektrum: j ðwÞ ¼ � arctan2 dw
d 2 þ w 20 � w 2
!
Der Kurvenverlauf ist in Bild XI-20 dargestellt (Sprungunstetigkeiten bei w 1=2 ¼�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 þ d 2q
).
v
f v( )
v d02 2+ v d0
2 2+–
Bild XI-20 Phasenspektrum einer ged�mpften Schwingung
XI Fourier-Transformationen 411
Beispiel 9: Frequenzgang und Impulsantwort eines linearen�bertragungssystems
Inverse Fourier-Transformation, Faltungsprodukt(Faltungsintegral), Partialbruchzerlegung
Der Frequenzgang eines bestimmten linearen �bertragungssystems wird durch die echt gebro-chenrationale Funktion
G ðwÞ ¼ 1ða þ jwÞ ðb þ jwÞ ða > 0; b > 0; a 6¼ �Þ
beschrieben (w: Kreisfrequenz).
Wie reagiert dieses System auf einen „Dirac-Impuls“ d ðtÞ im Eingang?
Bestimmen Sie die sog. Impulsantwort g ðtÞa) unter Verwendung des Faltungsproduktes (Faltungsintegrals),
b) mit Hilfe der Partialbruchzerlegung von G ðwÞ und R�cktransformation (inverse Fourier-Transformation).
L�sungshinweis: Der Frequenzgang G ðwÞ ist die Fourier-Transformierte der Impulsantwortg ðtÞ [ A68 ].
Lehrbuch: Bd. 2, V.1.3, V.4.7 und V.5.1 Physikalische Grundlagen: A68
L�sung:Die Impulsantwort g ðtÞ l�sst sich aus dem Frequenzgang G ðwÞ durch R�cktransformation(inverse Fourier-Transformation) gewinnen:
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg ) g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞga) Wir zerlegen zun�chst den Frequenzgang G ðwÞ in ein Produkt aus zwei Faktoren
G 1 ðwÞ und G 2 ðwÞ:
G ðwÞ ¼ 1ða þ jwÞ ðb þ jwÞ ¼
1a þ jw
� �� 1
b þ jw
� �¼ G 1 ðwÞ � G 2 ðwÞ|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
G 1 ðwÞ|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}G 2 ðwÞ
Die zugeh�rigen Originalfunktionen g 1 ðtÞ und g 2 ðtÞ der beiden Faktoren ermitteln wiraus der Transformationstabelle (Tabelle 1, Nr. 9 mit a ¼ a bzw. a ¼ b):
G 1 ðwÞ ¼ 1a þ jw
� � g 1 ðtÞ ¼ e�a t � s ðtÞ
G 2 ðwÞ ¼ 1b þ jw
� � g 2 ðtÞ ¼ e� b t � s ðtÞ
XI Fourier-Transformationen412
Nach dem Faltungssatz l�sst sich die gesuchte Impulsantwort g ðtÞ aus dem Faltungspro-dukt der Originalfunktionen g 1 ðtÞ und g 2 ðtÞ ermitteln:
g ðtÞ ¼ g 1 ðtÞ � g 2 ðtÞ ¼ð1�1
g 1 ðuÞ � g 2 ðt � uÞ du ¼
¼ð1�1
e�a u � s ðuÞ � e� b ðt� uÞ � s ðt � uÞ du ¼
¼ð1�1
e�a u � e� b t � eb u � s ðuÞ � s ðt � uÞ du ¼
¼ e� b t �ð1�1
e ðb�aÞ u � s ðuÞ � s ðt � uÞ du
Bevor wir das Faltungsintegral berechnen, m�ssen wir kl�ren, welchen Wert das Produkts ðuÞ � s ðt � uÞ im Integranden annimmt. s ðuÞ ist die Sprungfunktion (Einheitssprung)mit s ðuÞ ¼ 1 f�r u � 0 und s ðuÞ ¼ 0 im Intervall u < 0 (siehe Bild XI-21a)).Der zweite Faktor s ðt � uÞ ist die zun�chst an der vertikalen Achse gespiegelte unddann um die Strecke t nach rechts verschobene Sprungfunktion:
s ðuÞ �������!Spiegelungs ð� uÞ ��������!Verschiebung
s ð� u þ tÞ ¼ s ðt � uÞSpiegelung und Verschiebung sind in Bild XI-21 anschaulich dargestellt.
u
ut
u
s( t – u)
s(u) s(–u)
a)
c)
b)
1
1
1
Bild XI-21 Zur Spiegelung und Verschiebung der Sprungfunktion (Einheitssprung) s ðuÞa) s ðuÞ b) s ð� uÞ c) s ðt � uÞ
XI Fourier-Transformationen 413
Das Produkt s ðuÞ � s ðt � uÞ verschwindet �berall dort, wo einer der beiden Faktorenverschwindet, d. h. also f�r u < 0 bzw. u > t. Im „�berlappungsbereich“ 0 u thaben beide Faktoren und somit auch das Produkt den Wert 1 (siehe Bild XI-22).
Somit gilt:
s ðuÞ � s ðt � uÞ ¼1
0fur
0 u t
alle ubrigen u
(
Damit verschwindet der Integrand des Faltungsintegrals außerhalb des Intervalls0 u t, d. h. die Integration beschr�nkt sich auf das Intervall von u ¼ 0 bis u ¼ t :
g ðtÞ ¼ e�b t �ðt0
e ðb�aÞ u � 1 du ¼ e� b t �ðt0
e ðb�aÞ u du ¼ e�b te ðb�aÞ u
b � a
�t0¼
¼ e� b t � eðb�aÞ t � 1b � a
¼ e�b t � e ðb�aÞ t � e�b t
b � a¼ e� b t � eb t�a t � e�b t
b � a¼
¼ e� b tþ b t�a t � e� b t
b � a¼ e�a t � e� b t
b � a
Diese Gleichung gilt nur f�r t � 0, f�r negative t verschwindet g ðtÞ. Mit Hilfe derSprungfunktion s ðtÞ l�sst sich die Impulsantwort auch wie folgt darstellen:
g ðtÞ ¼ e�a t � e� b t
b � a� s ðtÞ ¼ 1
b � a
�e�a t � e�b t
�� s ðtÞ
b) Vor der R�cktransformation wird der Frequenzgang G ðwÞ wie folgt in Partialbr�che zer-legt:
G ðwÞ ¼ 1ða þ jwÞ ð b þ jwÞ ¼
Aa þ jw
þ Bb þ jw
¼ A ð b þ jwÞ þ B ða þ jwÞða þ jwÞ ð b þ jwÞ
Die Br�che stimmen im Nenner �berein und m�ssen somit auch im Z�hler �bereinstimmen:
A ðb þ jwÞ þ B ða þ jwÞ ¼ 1 ) bA þ jwA þ aB þ jwB ¼ 1 )ðbA þ aBÞ þ jw ðA þ BÞ ¼ 1 ¼ 1 þ j 0
1
ut
f (u)
s( t – u)
s(u)
0 u t≤ ≤
Bild XI-22
XI Fourier-Transformationen414
Auf der rechten Seite haben wir den Summand j 0 ¼ 0 erg�nzt. Durch Vergleich vonReal- und Imagin�rteil beiderseits erhalten wir zwei einfache Gleichungen f�r die unbe-bekannten Konstanten A und B :
(I) bA þ aB ¼ 1
(II) w ðA þ BÞ ¼ 0 j : w 6¼ 0 ) A þ B ¼ 0 ) B ¼ �A
Einsetzen von B ¼ �A in Gleichung (I) f�hrt zu:
(I) bA þ aB ¼ bA � aA ¼ ð b � aÞ A ¼ 1 ) A ¼ 1b � a
,
B ¼ �A ¼ � 1b � a
Somit gilt (unter Ber�cksichtigung von B ¼ �A bei der Zwischenrechnung):
G ðwÞ ¼ Aa þ jw
þ Bb þ jw
¼ Aa þ jw
þ �Ab þ jw
¼ Aa þ jw
� Ab þ jw
¼
¼ A1
a þ jw� 1b þ jw
� �¼ 1
b � a
1a þ jw
� 1b þ jw
� �Durch R�cktransformation unter Verwendung der Transformationstabelle (Tabelle 1) erhal-ten wir schließlich aus G ðwÞ die gesuchte Impulsantwort g ðtÞ in �bereinstimmung mitdem Ergebnis aus Teil a):
g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞg ¼ F � 1 1b � a
1a þ jw
� 1b þ jw
� �� �¼
¼ 1b � a
F � 1 1a þ jw
� �� F � 1 1
b þ jw
� �� �¼|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
Nr: 9 mit a ¼ a|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}Nr: 9 mit a ¼ b
¼ 1b � a
�e�a t � s ðtÞ � e� b t � s ðtÞ
�¼ 1
b � a
�e�a t � e�b t
�� s ðtÞ
XI Fourier-Transformationen 415
XII Laplace-Transformationen
Hinweis: Alle in den L�sungen angegebenen Nummern f�r Integrale bzw. Laplace-Transfor-mationen beziehen sich auf die Integraltafel bzw. Laplace-Transformationstabelleder Mathematischen Formelsammlung des Autors. Die Abk�rzung Dgl bedeutetDifferentialgleichung.
Beispiel 1: Ausschaltvorgang in einem RL-Schaltkreis
Homogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
An eine Spule mit dem ohmschen Wider-stand R und der Induktivit�t L wird zu-n�chst eine konstante Spannung U ange-legt. Nach einer gewissen Zeit fließt dann indiesem Kreis ein Gleichstrom der St�rkeI ¼ U=R . Zum Zeitpunkt t ¼ 0 wird dieSpule durch Umlegen des Schalters S vonder Spannungsquelle getrennt und gleichzei-tig mit dem ohmschen Widerstand R 0 ver-bunden. Bestimmen Sie den zeitlichen Ver-lauf der Stromst�rke i im Zeitintervallt � 0 mit Hilfe der Laplace-Transforma-tion.
L�sungshinweis: Die Dgl f�r die Stromst�rke i erhalten Sie durch Anwendung der Maschen-regel [ A32 ] auf die in Bild XII-1 eingezeichnete Masche M.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A45
L�sung :F�r t � 0 gilt nach der Maschenregel [ A32 ]
uR þ uL þ uR 0 ¼ 0
Mit den aus dem ohmschen Gesetz [ A14 ] bzw. dem Induktionsgesetz [ A45 ] gewonnenenBeziehungen
uR ¼ R i , uR 0 ¼ R 0 i und uL ¼ L � didt
416
St = 0
U
R L
uR uL
R0
uR0 M i
Bild XII-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_12
erhalten wir hieraus die folgende homogene lineare Dgl I. Ordnung mit konstanten Koeffizienten:
R i þ L � didtþ R 0 i ¼ 0 oder
didtþ R þ R 0
Li ¼ 0
Wir f�hren noch die Zeitkonstante t ¼ L=ðR þ R 0Þ ein. Das Ansfangswertproblem l�sstsich dann in der Form
didtþ 1
t� i ¼ 0 , Anfangswert: i ð0Þ ¼ U
R
darstellen. Die L�sung erfolgt dabei in drei Schritten.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fi ðtÞg ¼ I ðsÞ
s � I ðsÞ � UR
�þ 1
t� I ðsÞ ¼ l f0g ¼ 0
(2) L�sung im Bildbereich
Wir l�sen die algebraische Gleichung nach der Bildfunktion I ðsÞ auf:
s þ 1t
� �� I ðsÞ ¼ U
R) I ðsÞ ¼ U
R� 1
s þ 1t
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
Die Bildfunktion ist vom allgemeinen Typ F ðsÞ ¼ 1s � a
. Aus der Laplace-Transforma-
tionstabelle entnehmen wir (Nr. 3 mit a ¼ � 1=tÞ:
i ðtÞ ¼ l� 1 fI ðsÞg ¼ l� 1 UR� 1
s þ 1t
8><>:9>=>; ¼ U
R� l� 1 1
s þ 1t
8><>:9>=>; ¼ U
R� e� t
t
Die Stromst�rke i klingt somit im Laufe der Zeitvom Anfangswert i ð0Þ ¼ U=R exponentiell gegennull ab (Abklingfunktion, siehe Bild XII-2).
t
i
UR
Bild XII-2
XII Laplace-Transformationen 417
Beispiel 2: RC-Wechselstromkreis
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen, Faltungssatz)
An eine Reihenschaltung aus einem ohmschen Wider-stand R und einem Kondensator mit der Kapazit�t Cwird zum Zeitpunkt t ¼ 0 durch Schließen des Schal-ters S eine sinusf�rmige Wechselspannung mit derGleichung u ðtÞ ¼ uu � sin ðw tÞ angelegt (Bild XII-3).Bestimmen Sie mit Hilfe der Laplace-Transformationden zeitlichen Verlauf der Kondensatorspannung uC,wenn der Kondensator im Einschaltaugenblick t ¼ 0energielos, d. h. ungeladen ist.
uu: Scheitelwert der Spannung; w: Kreisfrequenz
L�sungshinweis: Leiten Sie zun�chst aus der Maschenregel [ A32 ] die Dgl f�r die Kondensa-torspannung uC her und l�sen Sie diese dann mit Hilfe der Laplace-Transformation unterVerwendung des Faltungssatzes.
Anmerkung: Diese Aufgabe wird in Kapitel IX, Beispiel 6 mit der klassischen Methode„Aufsuchen einer partikul�ren L�sung“ gel�st.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1, VI.2.7 und VI.5.1.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A40
L�sung :Nach der Maschenregel [ A32 ] gilt
uR þ uC � u ¼ 0 oder uR þ uC ¼ u
Ferner ist nach dem ohmschen Gesetz [ A14 ] uR ¼ R i, wobei die Stromst�rke i mit derKondensatorladung q und der Kondensatorspannung uC noch wie folgt verkn�pft ist:
i ¼ dqdt¼ d
dtðC uCÞ ¼ C � d uC
dt¼ C _uC
(q ¼ C uC [ A40 ]). Somit gilt
uR ¼ R i ¼ RC _uC ¼ t _uC (t ¼ RC : Zeitkonstante)
Die Maschengleichung geht dabei unter Ber�cksichtigung von u ¼ uu � sin ðw tÞ in die fol-gende inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten �ber:
t _uC þ uC ¼ uu � sin ðw tÞ oder _uC þ 1t� uC ¼ uu
t� sin ðw tÞ
RC
uR
u
uC
S
t = 0
i
Bild XII-3
XII Laplace-Transformationen418
Zu Beginn, d. h. zur Zeit t ¼ 0 ist der Kondensator ungeladen : uC ð0Þ ¼ 0. Wir l�sendieses Anfangswertproblem schrittweise wie folgt.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fuC ðtÞg ¼ UC ðsÞ
½ s � UC ðsÞ � 0 þ 1t� UC ðsÞ ¼ l
uut� sin ðw tÞ
� �¼
¼ uut� l fsin ðw tÞg ¼ uu
t� w
s 2 þ w 2
(Laplace-Transformation Nr. 24 mit a ¼ w)
(2) L�sung im Bildbereich
Die algebraische Gleichung wird nach der Bildfunktion UC ðsÞ aufgel�st:
s þ 1t
� �� UC ðsÞ ¼ uu
t� w
s 2 þ w 2)
UC ðsÞ ¼ uut� w
s 2 þ w 2
� �� 1
s þ 1t
0B@1CA ¼ uu
t� F1 ðsÞ � F2 ðsÞ|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}
F1 ðsÞ |fflffl{zfflffl}F2 ðsÞ
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
Es ist
uC ðtÞ ¼ l� 1 fUC ðsÞg ¼ l� 1 uut� F1 ðsÞ � F2 ðsÞ
� �¼ uu
t� l� 1 fF1 ðsÞ � F2 ðsÞg
Nach dem Faltungssatz gilt weiter
uC ðtÞ ¼ uut� ð f 1 ðtÞ � f 2 ðtÞÞ ¼ uu
t�ðt0
f 1 ðxÞ � f 2 ðt � xÞ dx
wobei f 1 ðtÞ und f 2 ðtÞ die zun�chst noch unbekannten Originalfunktionen der beidenBildfunktionen F1 ðsÞ und F2 ðsÞ bedeuten. Diese aber lassen sich anhand der Laplace-Transformationstabelle leicht bestimmen:
f 1 ðtÞ ¼ l� 1 fF1 ðsÞg ¼ l� 1 w
s 2 þ w 2
� �¼ w � l� 1 1
s 2 þ w 2
� �¼
¼ w � sin ðw tÞw
¼ sin ðw tÞ ðNr: 24 mit a ¼ wÞ
XII Laplace-Transformationen 419
f 2 ðtÞ ¼ l� 1 fF2 ðsÞg ¼ l� 1 1
s þ 1t
8><>:9>=>; ¼ e�
tt ðNr: 3 mit a ¼ � 1=tÞ
F�r die gesuchte Originalfunktion uC ðtÞ erhalten wir damit die Integraldarstellung
uC ðtÞ ¼ uut� ð f 1 ðtÞ � f 2 ðtÞÞ ¼ uu
t�ðt0
f 1 ðxÞ � f 2 ðt � xÞ dx ¼
¼ uut�ðt0
sin ðw xÞ � e� t� xt dx ¼ uu
t�ðt0
sin ðw xÞ � e� tt � e x
t dx ¼
¼ uut� e� t
t �ðt0
ext � sin ðw xÞ dx
(sog. Faltungsintegral). Die Auswertung des Integrals soll hier mit der Integraltafel derFormelsammlung erfolgen. Das Integral ist dabei vom Integraltyp Nr. 322:ð
e a x � sin ðb xÞ dx ¼ e a x
a 2 þ b 2
ha � sin ðb xÞ � b � cos ðb xÞ
iMit a ¼ 1=t und b ¼ w folgt hieraus f�r das Faltungsintegral (ohne den Faktor vordem Integral):
ðt0
ext � sin ðw xÞ dx ¼ e
xt
1t 2þ w 2
1t� sin ðw xÞ � w � cos ðw xÞ
� �264375
t
0
¼
¼ 1
1 þ w 2 t 2
t 2
ext � sin ðw xÞ � wt � cos ðw xÞ
t
� t
0¼
¼ t 2
t ½ 1 þ ðwtÞ 2 hext ½ sin ðw xÞ � wt � cos ðw xÞ
i t0¼
¼ t
1þ ðwtÞ 2hett ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ � 1 ð0� wt � 1Þ
i¼
¼ t
1þ ðwtÞ 2hett ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ þ wt
iF�r die Kondensatorspannung erhalten wir damit die f�r t � 0 g�ltige Zeitabh�ngigkeit
uC ðtÞ ¼ uut� e� t
t �ðt0
ext � sin ðw xÞ dx ¼
¼ uut� e� t
t � t
1þ ðwtÞ 2hett ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ þ wt
i¼
XII Laplace-Transformationen420
¼ uu
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt
hett ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ þ wt
i¼
¼ uu
1þ ðwtÞ 2he�
tt � e t
t|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}e 0 ¼ 1
½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ iþ uuwt
1þ ðwtÞ 2 � e� tt ¼
¼ uu
1þ ðwtÞ 2 ½ sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}A � sin ðw t � jÞ
þ uuwt
1þ ðwtÞ 2 � e� tt
Wie in Kapitel IX, Beispiel 6 bereits gezeigt wurde, l�sst sich der trigonometrische Aus-druck, der eine �berlagerung frequenzgleicher Sinus- und Kosinusschwingungen darstellt,in die folgende phasenverschobene Sinusschwingung gleicher Frequenz umformen:
sin ðw tÞ � wt � cos ðw tÞ ¼ A � sin ðw t � jÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1þ ðwtÞ 2
q� sin ðw t � arctan ðwtÞÞ
Somit liegt am Kondensator die Spannung
uC ðtÞ ¼ uu
1 þ ðwtÞ 2 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q� sin ðw t � arctan ðwtÞÞ þ uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt ¼
¼ uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q � sin ðw t � arctan ðwtÞÞ þ uuwt
1þ ðwtÞ 2 � e� tt , t � 0
Sie enth�lt einen exponentiell rasch gegen null abklingenden „fl�chtigen“ Anteil (2. Sum-mand, streng monoton fallende Exponentialfunktion), der nach einer kurzen „Einschwing-phase“ praktisch keine Rolle mehr spielt (siehe Bild XII-4) und einen „station�ren“Anteil (1. Summand), der eine sinusf�rmige Wechselspannung mit dem Scheitelwert
uu 0 ¼ uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q und dem Nullphasenwinkel j ¼ arctan ðwtÞ beschreibt, wobei die
Frequenz die der angelegten Wechselspannung ist (Bild XII-5).
t
u
u
1 + ( )
vtvt 2
t
u
u0
fv
2pvT =
Periodenintervall
Bild XII-4 „Fl�chtiger Anteil“ Bild XII-5 „Station�rer Anteil“
XII Laplace-Transformationen 421
Beispiel 3: RL-Schaltkreis mit Rampenspannung
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
An eine Spule mit dem ohmschen Widerstand R undder Induktivit�t L wird zum Zeitpunkt t ¼ 0 durchSchließen des Schalters S eine mit der Zeit t linearansteigende Spannung mit der Gleichung
u ðtÞ ¼ k t , t � 0 ðk > 0Þangelegt (Bild XII-6). Bestimmen Sie mit Hilfe derLaplace-Transformation den zeitlichen Verlauf derStromst�rke i im Zeitintervall t � 0, wenn derStromkreis zu Beginn, d. h. zur Zeit t ¼ 0 stromlosist.
L�sungshinweis: Die Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf den RL-Schaltkreis f�hrt aufeine Dgl f�r die Stromst�rke i, die sich mit Hilfe der Laplace-Transformation l�sen l�sst.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A45
L�sung :F�r t � 0 gilt nach der Maschenregel [ A32 ]
uR þ uL � u ¼ 0 oder uR þ uL ¼ u
Dabei ist u ¼ k t und ferner nach dem ohmschen Gesetz [ A14 ] uR ¼ R i und nach dem
Induktionsgesetz [ A45 ] uL ¼ L � didt. Die Maschengleichung f�hrt dann zu der folgenden
inhomogenen linearen Dgl 1. Ordnung:
R i þ L � didt¼ k t oder
didtþ R
Li ¼ k
Lt
Wir f�hren noch die Zeitkonstante t ¼ L=R ein. Das Anfangswertproblem lautet dann
didtþ 1
t� i ¼ k
L� t , Anfangswert: i ð0Þ ¼ 0
und wird schrittweise wie folgt gel�st.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fi ðtÞg ¼ I ðsÞ
½ s � I ðsÞ � 0 þ 1t� I ðsÞ ¼ l
kL� t
� �¼ k
L� l ftg ¼ k
L� 1s 2
ðNr: 4Þ
R L
uR uL
u = kt
S
t = 0
i
Bild XII-6
XII Laplace-Transformationen422
(2) L�sung im Bildbereich
Wir l�sen die algebraische Gleichung nach der Bildfunktion I ðsÞ auf:
s þ 1t
� �� I ðsÞ ¼ k
L� 1s 2
) I ðsÞ ¼ kL� 1
s 2 s þ 1t
� �(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
Die Bildfunktion ist vom allgemeinen Typ F ðsÞ ¼ 1s 2 ðs � aÞ . Aus der Laplace-Trans-
formationstabelle entnehmen wir (Nr. 11 mit a ¼ � 1=tÞ :
i ðtÞ ¼ l� 1 fI ðsÞg ¼ l� 1 kL� 1
s 2 s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼kL� l� 1 1
s 2 s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼
¼ kL�e�
tt þ t
t� 1
1t 2
¼ k t 2
Le�
tt þ t
t� 1
� �¼ k t 2
L� t � e
� tt þ t � t
t¼
¼ k tL
�t � t þ t � e� t
t
�, t � 0
Der zeitliche Verlauf der Stromst�rke i ist in Bild XII-7 wiedergegeben. F�r großet-Werte, d. h. f�r t t ist der Stromverlauf nahezu linear :
i ðtÞ � k tLðt � tÞ , t t
Begr�ndung: Die Exponentialfunktion e�tt
ist wegen t > 0 f�r große t-Werte ver-nachl�ssigbar klein und strebt f�r t ! 1gegen null.
t
i
kLt
Asymptote für t t
i ~ ( t – )t
–2
Bild XII-7
XII Laplace-Transformationen 423
Beispiel 4: RC-Schaltkreis mit einem rechteckigen Spannungsimpuls
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen, 1. Verschiebungssatz)
An eine Reihenschaltung aus einem ohmschen Wider-stand R und einemKondensator mit der Kapazit�t Cwirdzum Zeitpunkt t ¼ 0 durch Schließen des Schalters Sein rechteckiger Spannungsimpuls mit der Gleichung
u ðtÞ ¼U 0 0 t a
fur
0 t > a
8><>:9>=>; ða > 0Þ
angelegt (Bild XII-8). Bestimmen Sie mit Hilfe der La-place-Transformation unter Verwendung des 1. Ver-schiebungssatzes den zeitlichen Verlauf der Kondensa-torspannung uC.
L�sungshinweis: Die Dgl f�r die Kondensatorspannung uC erhalten Sie mit Hilfe derMaschenregel [ A32 ].
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.3.1, VI.2.5.1 undVI.5.1.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A40
L�sung :Nach der Maschenregel [ A32 ] ist
uR þ uC � u ¼ 0 oder uR þ uC ¼ u
F�r den im Schaltkreis fließenden Strom der St�rke i gilt unter Ber�cksichtigung der Kon-densatorladung q ¼ C uC [ A40 ]:
i ¼ dqdt¼ d
dtðC uCÞ ¼ C � d uC
dt¼ C _uC
Nach dem ohmschen Gesetz [ A14 ] betr�gt die am ohmschenWiderstand R abfallende Spannung
uR ¼ R i ¼ RC _uC ¼ t _uC
(t ¼ RC : Zeitkonstante). Die Maschengleichung geht damit �ber in
t _uC þ uC ¼ u oder _uC þ 1t� uC ¼ u
t
Dies ist eine inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten mit der Anfangs-bedingung uC ð0Þ ¼ 0 (der Kondensator ist zu diesem Zeitpunkt ungeladen). Den von außenangelegten Rechteckimpuls nach Bild XII-9a) k�nnen wir auch als Differenz zweier zeitlich ver-setzter Sprungimpulse auffassen (Bild XII-9b)):
RC
uR
u
uC
S
t = 0
i
Bild XII-8
XII Laplace-Transformationen424
u ¼ u ðtÞ ¼ u 1 ðtÞ � u 2 ðtÞ
mit u 1 ðtÞ ¼0 t < 0
furU 0 t � 0
8<:9=; und u 2 ðtÞ ¼
0 t < afur
U 0 t � a
8<:9=;
oder unter Verwendung der Sprungfunktion (Sigmafunktion)
u 1 ðtÞ ¼ U 0 � s ðtÞ und u 2 ðtÞ ¼ U 0 � s ðt � aÞ(Sprungstellen bei t ¼ 0 bzw. t ¼ a, siehe Bild XII-9b)).
Die L�sung dieser Anfangswertaufgabe erfolgt in drei Schritten.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fuC ðtÞg ¼ UC ðsÞ
½ s � UC ðsÞ � 0 þ 1t� UC ðsÞ ¼ l
u ðtÞt
� �¼ 1
t� l fu ðtÞg
Dabei ist
l fu ðtÞg ¼ l fu 1 ðtÞ � u 2 ðtÞg ¼ l fu 1 ðtÞg � l fu 2 ðtÞg ¼¼ l fU 0 � s ðtÞg � l fU 0 � s ðt � aÞg ¼ U 0 � l fs ðtÞg � U 0 � l fs ðt � aÞg ¼
¼ U 0 � 1s � U 0 � 1s � e� a s ¼ U 0
1s� e� a s
s
� �¼ U 0 � 1 � e� a s
s
(Laplace-Transformation Nr. 2 in Verbindung mit dem 1. Verschiebungssatz, Verschiebungauf der Zeitachse um a nach rechts). Somit gilt
½ s � UC ðsÞ � 0 þ 1t� UC ðsÞ ¼ 1
t� U 0 � 1 � e� a s
s¼ U 0
t� 1 � e� a s
s
(2) L�sung im Bildbereich
Wir l�sen die algebraische Gleichung nach der Bildfunktion UC ðsÞ auf:
s þ 1t
� �� UC ðsÞ ¼ U 0
t� 1 � e� a s
s) UC ðsÞ ¼ U 0
t� 1 � e� a s
s s þ 1t
� �
Bild XII-9 Rechteckimpuls als Differenz zweier zeitlich versetzter Sprungimpulse
XII Laplace-Transformationen 425
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
uC ðtÞ ¼ l� 1 fUC ðsÞg ¼ l� 1 U 0
t� 1 � e� a s
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼U 0
t� l� 1 1 � e� a s
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼
¼ U 0
t� l� 1 1
s s þ 1t
� � � e� a s
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼
¼ U 0
t� l� 1 1
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; �U 0
t� l� 1 e� a s
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}F ðsÞ
|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}e� a s � F ðsÞ
¼ U 0
t� l� 1 fF ðsÞg � U 0
t� l� 1 fe� a s � F ðsÞg
Die Originalfunktion f ðtÞ zur Bildfunktion F ðsÞ entnehmen wir der Laplace-Transfor-mationstabelle (Nr. 5 mit a ¼ � 1=t):
f ðtÞ ¼ l� 1 fF ðsÞg ¼ l� 1 1
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼e�
tt � 1
� 1t
¼ t�1 � e�
tt
�
Nach dem 1. Verschiebungssatz ist dann
l� 1 fe� a s � F ðsÞg ¼ f ðt � aÞSomit erhalten wir bei der R�cktransformation des zweiten Summanden eine um a nachrechts verschobene Funktion:
l� 1 fe� a s � F ðsÞg ¼ l� 1 e� a s
s s þ 1t
� �8>><>>:
9>>=>>; ¼ t�1 � e�
t� at
�, t � a
Die gesuchte Kondensatorspannung uC ðtÞ entsteht somit durch �berlagerung zweier zeit-lich versetzter Teilspannungen uC 1 ðtÞ und uC 2 ðtÞ, deren Gleichungen wie folgt lauten:
uC 1 ðtÞ ¼ U 0
t� l� 1 fF ðsÞg ¼ U 0
t� t�1 � e�
tt
�¼ U 0
�1 � e�
tt
�, t � 0
uC 2 ðtÞ ¼ U 0
t�l� 1 fe� a s � F ðsÞg ¼ U 0
t� t�1 � e�
t� at
�¼
XII Laplace-Transformationen426
¼ U 0
�1 � e�
t� at
�, t � a
Mit Hilfe der Sprungfunktion lassen sich die Teilspannungen auch wie folgt beschreiben:
uC 1 ðtÞ ¼ U 0
�1 � e�
tt
�� s ðtÞ
uC 2 ðtÞ ¼ U 0
�1 � e�
t� at
�� s ðt � aÞ
Bild XII-10 zeigt den zeitlichen Verlauf dieser Teilspannungen.
Die Gesamtl�sung lautet somit:
Im Zeitintervall 0 t a liefert nur uC 1 ðtÞ einen Beitrag:
uC ðtÞ ¼ uC 1 ðtÞ ¼ U 0
�1 � e�
tt
�, 0 t a
Vom Zeitpunkt t ¼ a an gilt dagegen
uC ðtÞ ¼ uC 1 ðtÞ � uC 2 ðtÞ ¼ U 0
�1 � e�
tt
�� U 0
�1 � e�
t� at
�¼
¼ U 0
�1 � e�
tt � 1 þ e�
t� at
�¼ U 0
�e�
t� at � e�
tt
�¼
¼ U 0
�e�
tt � e a
t � e�tt
�¼ U 0
�eat � 1
�� e� t
t , t � a
Zusammengefasst erhalten wir den folgenden Spannungsverlauf am Kondensator:
uC ðtÞ ¼U 0
�1 � e�
tt
�0 t a
fur
U 0
�eat � 1
�� e� t
t t � a
8>><>>:
ta
uC
uC1 uC2
U0
Bild XII-10
XII Laplace-Transformationen 427
Bild XII-11 zeigt den zeitlichenSpannungsverlauf am Kondensator.Die Spannung steigt zun�chst nacheiner S�ttigungsfunktion bis zumMaximalwert
uC ðaÞ ¼ U 0
�1 � e�
at
�im Zeitpunkt t ¼ a an und f�lltanschließend im Laufe der Zeit ex-ponentiell gegen null ab.
Beispiel 5: Rohrzuckerinversion
Inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
Die Inversion des Rohrzuckers liefert ein wichtiges Beispiel f�r eine chemische Reaktion1. Ordnung. Sie wird durch die folgende inhomogene lineare Dgl 1. Ordnung mit konstantenKoeffizienten beschrieben:
_x ¼ k ða � xÞ oder _x þ k x ¼ k a
Dabei bedeuten:
a: Anzahl der Rohrzuckermolek�le zu Beginn der chemischen Reaktion ðZeitpunkt t ¼ 0Þx ¼ x ðtÞ : Umsatzvariable (Anzahl der invertierten Molek�le pro Zeiteinheit) zur Zeit t
k > 0: Geschwindigkeitskonstante der chemischen Reaktion
Somit ist a � x die Anzahl der Rohrzuckermolek�le zur Zeit t. Bestimmen Sie den zeit-lichen Verlauf der Umsatzvariablen x unter Verwendung der Laplace-Transformation.
Hinweis: Bei der Herleitung dieser Dgl geht man davon aus, dass die Anzahl dx der imZeitintervall dt invertierenden Rohrzuckermolek�le sowohl der augenblicklichen Anzahla � x als auch dem Zeitintervall dt direkt proportional ist:
d x � ða � xÞ dt oderdxdt¼ _x � ða � xÞ
Durch Einf�hren des Proportionalit�tsfaktors k > 0 entsteht aus dieser Proportion die obigeDgl.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.2
t
u (a)C
U0
uC
uC1u – uC1 C2
a
Bild XII-11
XII Laplace-Transformationen428
L�sung :Zu Beginn der chemischen Reaktion. d. h. zur Zeit t ¼ 0 hat noch kein Umsatz stattgefun-den. Somit gilt x ð0Þ ¼ 0. Wir l�sen das vorliegende Anfangswertproblem schrittweise wiefolgt.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fx ðtÞg ¼ X ðsÞ
½ s � X ðsÞ � 0 þ k � X ðsÞ ¼ l fk ag ¼ k a � l f1g ¼ k a � 1s
ðNr: 2Þ
(2) L�sung im Bildbereich
Wir l�sen die Gleichung nach der Bildfunktion X ðsÞ auf:
ðs þ kÞ � X ðsÞ ¼ k a � 1s) X ðsÞ ¼ k a � 1
s ðs þ kÞ(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
x ðtÞ ¼ l� 1 fX ðsÞg ¼ l� 1 k a � 1s ðs þ kÞ
� �¼ k a � l� 1 1
s ðs þ kÞ� �
¼
¼ k a � e� k t � 1� k
¼ � a ðe� k t � 1Þ
(Laplace-Transformation Nr. 5 mit a ¼ � k)
Die Umsatzvariable x h�ngt damit wie folgt von der Zeit t ab:
x ðtÞ ¼ � a ðe� k t � 1Þ ¼ a ð1 � e� k t Þ , t � 0
Nach (theoretisch) unendlich langer Zeit ðt ! 1Þ ist die Rohrzuckerinversion abge-schlossen. Der Umsatz betr�gt dann erwartungsgem�ß (alle Rohrzuckermolek�le wurdenumgewandelt):
x ðt ! 1Þ ¼ limt!1 x ðtÞ ¼ lim
t!1 a ð1 � e� k t Þ ¼ a ð1 � 0Þ ¼ a
Bild XII-12 zeigt den Verlauf dieser„S�ttigungsfunktion“.
t
x
x = a(1 – e )–kt
a
Bild XII-12
XII Laplace-Transformationen 429
Beispiel 6: Bewegung einer Masse im Erdkanal
Homogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
Bild XII-13 zeigt die Erdkugel mit einemdurch den Erdmittelpunkt verlaufenden Ka-nal. Zur Zeit t ¼ 0 wird aus der Ruhe he-raus eine Punktmasse m von der Erdober-fl�che aus in den Erdkanal fallengelassen.Die augenblickliche Position dieser Massel�sst sich durch die eingezeichnete Koor-dinate x ¼ x ðtÞ beschreiben (Abstand derPunktmasse vom Erdmittelpunkt, nach obenhin positiv gerechnet).
a) Wie lautet die Dgl dieser Bewegung?
b) Bestimmen Sie mit Hilfe der Laplace-Transformation das Weg-Zeit-Gesetzx ¼ x ðtÞ der Bewegung.
R : Erdradius; r: konstant angenommene Dichte der Erdkugel; g: Gravitationskonstante
L�sungshinweis: Reibungskr�fte sollen unber�cksichtigt bleiben. F�r die Bewegung derPunktmasse ist ausschließlich die Gravitationskraft verantwortlich [A18 ]. Die Anziehung derPunktmasse in der durch die Koordinate x eindeutig beschriebenen Position erfolgt dabeidurch die Masse M ðxÞ der „reduzierten“ Erdkugel vom Radius r ¼ j x j, in Bild XII-13grau unterlegt! Diese Masse nimmt zun�chst ab und dann nach dem Erreichen des Erdmittel-punktes wieder zu. Bestimmen Sie zun�chst die Abh�ngigkeit der „reduzierten“ ErdmasseM ðxÞ von der Lagekoordinate x.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.3 Physikalische Grundlagen: A18, A27
L�sung :a) Zun�chst bestimmen wir die reduzierte Erdmasse M ðxÞ ¼ r � V ðxÞ, wobei r die kons-
tante Dichte der Erdkugel und V ðxÞ das von der Koordinate x abh�ngende Volumen der„reduzierten“ Erdkugel mit dem Radius r ¼ j x j bedeuten:
M ðxÞ ¼ r � V ðxÞ ¼ r � 43p r 3 ¼ r � 4
3p j x j 3 ¼ 4
3p r j x j 3
Die Punktmasse m erf�hrt dann nach dem Gravitationsgesetz von Newton [ A18 ] die folgen-de Anziehungskraft (der Schwerpunkt der „reduzierten“ Erdmasse liegt im Erdmittelpunkt):
R
R
Erdkanal
M(x)
m
Mittelpunkt
x
x
Bild XII-13
XII Laplace-Transformationen430
F ¼ F ðxÞ ¼ g � m � M ðxÞj x j 2 ¼ g �m � 4
3p r j x j 3
j x j 2 ¼ 43p grm � j x j
ðmit j x j RÞDie Kraft F ðxÞ ist also betragsm�ßig dem Abstand j x j direkt proportional. Sie ist stetsauf den Mittelpunkt der Erde gerichtet. Die Richtung der Kraft wird �blicherweise durchein Vorzeichen geregelt. F�r x > 0 d�rfen wir j x j durch x ersetzen, die Kraft ist aberder positiven Z�hlrichtung entgegengerichtet und muss daher ein negatives Vorzeichen tra-gen. Diese Regelung gilt auch f�r x < 0 . Damit erhalten wir den folgenden Zusammen-hang zwischen der Gravitationskraft F ðxÞ und der Lagekoordinate x :
F ðxÞ ¼ � 43p g rm � x , � R x R
Kontrolle (siehe hierzu Bild XII-14):
x > 0 ) F ðxÞ < 0 ) F ðxÞ ist nach unten gerichtet (Bild XII-14a))
x < 0 ) F ðxÞ > 0 ) F ðxÞ ist nach oben gerichtet (Bild XII-14b)))
Aus dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] erhalten wir dann die folgende Dgl f�r dieBewegung der Punktmasse im Erdkanal:
ma ¼ F ðxÞ oder m __x ¼ � 43p g rm � x ðmit a ¼ __xÞ
Wir dividieren die Gleichung noch durch m und stellen geringf�gig um:
__x þ 43p g r � x ¼ 0 oder __x þ w 2 x ¼ 0 mit w 2 ¼ 4
3p g r
� �b) Wir l�sen diese homogene lineare Dgl 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten mit Hilfe
der Laplace-Transformation f�r die Anfangswerte x ð0Þ ¼ R und v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0schrittweise wie folgt.
F
F
m
m
x > 0
x < 0
a) b)
x = 0 x = 0
Erdkanal
Erdkanal
Bild XII-14
XII Laplace-Transformationen 431
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fx ðtÞg ¼ X ðsÞ½ s 2 � X ðsÞ � s � R � 0 þ w 2 � X ðsÞ ¼ l f0g ¼ 0
(2) L�sung im Bildbereich
s 2 � X ðsÞ � s � R þ w 2 � X ðsÞ ¼ 0 ) ðs 2 þ w 2Þ � X ðsÞ ¼ R � s )
X ðsÞ ¼ R � ss 2 þ w 2
(3) R�cktransformation vom Bild- in den Originalbereich (inverse Laplace-Transfor-mation)
x ðtÞ ¼ l� 1 fX ðsÞg ¼ l� 1 R � ss 2 þ w 2
� �¼ R � l� 1 s
s 2 þ w 2
� �¼
¼ R � cos ðw tÞ , t � 0
Die R�cktransformation erfolgte dabei mit Hilfe der Laplace-Transformationstabelleder Formelsammlung (Nr. 25 mit a ¼ w).
Physikalische Interpretation: Die Punktmasse f�hrt eine harmonische Schwingung
aus mit der Amplitude A ¼ R und der Kreisfrequenz w ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi43p gr
r.
Beispiel 7: Schwingung eines rotierenden Federpendels
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
Ein zylindrisches Hohlrohr rotiert mitder konstanten Winkelgeschwindigkeitw 0 in einer horizontalen Ebene. In demRohr befindet sich ein Federpendel mitder Masse m und der Federkonstanten c(siehe Bild XII-15). Die L�nge der Federim entspannten Zustand ist l. Zum Zeit-punkt t ¼ 0 besitzt das Federpendeldie Auslenkung x 0 und ist relativ zumRohr in Ruhe.
Nach welchem Weg-Zeit-Gesetz x ¼ x ðtÞ erfolgt die Schwingung des rotierenden Feder-pendels bei Vernachl�ssigung der Federmasse und der Reibungskr�fte?
m
Drehachse
Hohlrohr Feder
l
x = 0
x
xv0
Bild XII-15
XII Laplace-Transformationen432
L�sungshinweis: Die Dgl der Schwingung erhalten Sie aus dem Newtonschen Grundgesetz[ A27 ]. Dieses Beispiel wurde bereits in Kapitel IX behandelt (Beispiel 14) und dort nachder „klassischen Methode“ durch Aufsuchen einer partikul�ren L�sung der Schwingungsglei-chung gel�st.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.3 Physikalische Grundlagen: A15, A27
L�sung :Die Dgl dieser Schwingung wurde bereits in Kapitel IX, Beispiel 14 hergeleitet. Sie lautet:
__x þ w 2 x ¼ w 20 l mit w 2 ¼ c � mw 2
0
m> 0 vorausgesetzt
� �Anfangsbedingungen: x ð0Þ ¼ x 0 , v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0
Wir l�sen dieses Anfangswertproblem in drei Schritten.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fx ðtÞg ¼ X ðsÞ
½ s 2 � X ðsÞ � s � x 0 � 0 þ w 2 � X ðsÞ ¼ l fw 20 l g ¼ w 2
0 l � l f1g ¼ w 20 l �
1s
(Laplace-Transformation Nr. 2)
(2) L�sung im Bildbereich
s 2 � X ðsÞ � s � x 0 þ w 2 � X ðsÞ ¼ ðs 2 þ w 2Þ � X ðsÞ � s � x 0 ¼ w 20 l �
1s)
ðs 2 þ w 2Þ � X ðsÞ ¼ x 0 � s þ w 20 l �
1s)
X ðsÞ ¼ x 0 � ss 2 þ w 2
þ w 20 l �
1s ðs 2 þ w 2Þ
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
x ðtÞ ¼ l� 1 fX ðsÞg ¼ l� 1 x 0 � ss 2 þ w 2
þ w 20 l �
1s ðs 2 þ w 2Þ
� �¼
¼ x 0 � l� 1 ss 2 þ w 2
� �þ w 2
0 l � l� 1 1s ðs 2 þ w 2Þ� �
¼|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}F1 ðsÞ
|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}F2 ðsÞ
¼ x 0 � l� 1 fF1 ðsÞg þ w 20 l � l� 1 fF2 ðsÞg
XII Laplace-Transformationen 433
F�r die beiden Bildfunktionen F1 ðsÞ und F2 ðsÞ entnehmen wir der Laplace-Transfor-mationstabelle der Formelsammlung folgende Originalfunktionen:
l� 1 fF1 ðsÞg ¼ l� 1 ss 2 þ w 2
� �¼ cos ðw tÞ ðNr: 25 mit a ¼ wÞ
l� 1 fF2 ðsÞg ¼ l� 1 1s ðs 2 þ w 2Þ� �
¼ 1 � cos ðw tÞw 2
ðNr: 36 mit a ¼ wÞ
Die Schwingung des rotierenden Federpendel wird somit durch das folgende Weg-Zeit-Gesetz beschrieben ðt � 0Þ :
x ðtÞ ¼ x 0 � l� 1 fF1 ðsÞg þ w 20 l � l� 1 fF2 ðsÞg ¼
¼ x 0 � cos ðw tÞ þ w 20 l �
1 � cos ðw tÞw 2
¼
¼ x 0 � cos ðw tÞ þ w 20 l
w 2
�1 � cos ðw tÞ
�¼
¼ x 0 � cos ðw tÞ þ w 20 l
w 2� w 2
0 lw 2� cos ðw tÞ ¼ x 0 � w 2
0 lw 2
� �� cos ðw tÞ þ w 2
0 lw 2
Mit der Abk�rzung K ¼ w 20 l=w
2 l�sst sich diese Gleichung auch wie folgt schreiben:
x ðtÞ ¼ ðx 0 � K Þ|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}A
� cos ðw tÞ þ K ¼ A � cos ðw tÞ þ K , t � 0
Es handelt sich also um eine harmonische Kosinusschwingung, der sich eine konstante Aus-lenkung (Summand K ) �berlagert. Kreisfrequenz w, Schwingungsdauer T, AmplitudeA ¼ x 0 � K und die Konstante K h�ngen dabei noch wie folgt von den bekanntenGr�ßen c, m, l, w 0 und x 0 ab:
w ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffic � mw 2
0
m
r, T ¼ 2p
w¼ 2p �
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffim
c � mw 20
r,
K ¼ w 20 l
w 2¼ w 2
0 l
c � mw 20
m
¼ m lw 20
c � mw 20
, A ¼ x 0 � K ¼ x 0 � m lw 20
c � mw 20
Bild XII-16 zeigt den zeitlichen Verlauf dieser harmonischen Schwingung.
t
x
2pvT =
x0
– x0
vv02
l
2vv
02
l
2
2
2A
Bild XII-16
XII Laplace-Transformationen434
Beispiel 8: Erzwungene mechanische Schwingung im Resonanzfall
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
Ein unged�mpftes schwingungsf�higes mechanisches System mit der Eigenkreisfrequenz w 0
wird durch eine �ußere periodische Kraft mit derselben Kreisfrequenz w 0 zu erzwungenenSchwingungen angeregt (Resonanzfall). L�sen Sie die Schwingungsgleichung
__x þ w 20 x ¼ a 0 � cos ðw 0 tÞ
f�r die Anfangswerte x ð0Þ ¼ 0 und v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0 mit Hilfe der Laplace-Transforma-tion. Dabei sind x ¼ x ðtÞ und v ¼ v ðtÞ Lagekoordinate und Geschwindigkeit der schwin-genden Masse zur Zeit t 1).
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.3
L�sung :Die L�sung dieses Anfangswertproblems erfolgt in drei Schritten.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fx ðtÞg ¼ X ðsÞ½ s 2 � X ðsÞ � s � 0 � 0 þ w 2
0 � X ðsÞ ¼ l fa 0 � cos ðw 0 tÞg ¼
¼ a 0 � l fcos ðw 0 tÞg ¼ a 0 � s
s 2 þ w 20
(Laplace-Transformation Nr. 25 mit a ¼ w 0Þ(2) L�sung im Bildbereich
Die algebraische Gleichung wird nach der Bildfunktion X ðsÞ aufgel�st:
s 2 � X ðsÞ þ w 20 � X ðsÞ ¼ ðs 2 þ w 2
0Þ � X ðsÞ ¼ a 0 � s
s 2 þ w 20
)
X ðsÞ ¼ a 0 � s
ðs 2 þ w 20Þ 2
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
Die Bildfunktion ist vom allgemeinen Typ F ðsÞ ¼ s
ðs 2 þ a 2Þ 2 (Laplace-Transformation
Nr. 38). Wir erhalten daher mit a ¼ w 0 die folgende Originalfunktion:
1) Die erregende Kraft ist F ðtÞ ¼ F0 � cos ðw 0 tÞ. Sie erzeugt eine maximale Beschleunigung von a 0 ¼ F0=m,wobei m die schwingende Masse bedeutet.
XII Laplace-Transformationen 435
x ðtÞ ¼ l� 1 fX ðsÞg ¼ l� 1 a 0 � s
ðs 2 þ w 20Þ 2
( )¼ a 0 � l� 1 s
ðs 2 þ w 20Þ 2
( )¼
¼ a 0 � t � sin ðw 0 tÞ2w 0
¼ a 0
2w 0� t � sin ðw 0 tÞ , t � 0
Der zeitliche Verlauf dieser Schwingungist in Bild XII-l7 dargestellt. Die
„Schwingungsamplitude“ A ¼ a 0
2w 0� t
vergr�ßert sich dabei proportional mitder Zeit t. Das schwingende Systemwird somit allm�hlich zerst�rt, es kommtzur sog. Resonanzkatastrophe.
Beispiel 9: Erzwungene Schwingung eines mechanischen Systems
Inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
Bild XII-18 zeigt ein schwingungsf�higes mechanischesSystem, bestehend aus zwei gleichen, mit einer Fun-damentplatte fest verbundenen elastischen Federn und ei-ner Masse m. Die Verbindung der Federn mit der Masseerfolgt dabei �ber ein biegsames, jedoch nicht dehnbaresSeil, das �ber eine Zylinderscheibe gespannt ist. Die Fun-damentplatte f�hrt in vertikaler Richtung eine periodischeBewegung nach der Gleichung
y ðtÞ ¼ y 0 � sin ðw tÞ , t � 0 ðy 0 > 0Þaus und erregt das System zu erzwungenen Schwingungen.
a) Wie lautet die Dgl dieser Schwingung?
b) Bestimmen Sie die L�sung der Schwingungsgleichungf�r die Anfangswerte x ð0Þ ¼ 0, v ð0Þ ¼ _x ð0Þ ¼ 0mit Hilfe der Laplace-Transformation.
y ðtÞ : Lagekoordinate der schwingenden Fundamentplattezur Zeit t
w: Kreisfrequenz der Schwingung
t
x
x = –
x =
a2
0
0v
a2
0
0v
t
t
Bild XII-17
schwingendeFundamentplatte
y( t )
x( t )
Einzelfeder
Seil
m
Zylinderscheibe
r f
Bild XII-18
XII Laplace-Transformationen436
x ðtÞ : Lagekoordinate der Masse zur Zeit t; c : Federkonstante der beiden Einzelfedern;
r : Radius der Zylinderscheibe; J S : Massentr�gheitsmoment der Zylinderscheibe;
j ðtÞ : Drehwinkel der Zylinderscheibe zur Zeit t
L�sungshinweis: Ersetzen Sie zun�chst das Federsystem durch eine Ersatzfeder [ A26 ]. DieR�ckstellkraft des Federsystems bzw. der Ersatzfeder erzeugt ein R�ckstellmoment MR, dasder augenblicklichen relativen Auslenkung der beiden Federn proportional ist. Reibungskr�ftesollen unber�cksichtigt bleiben, der Resonanzfall wird ausgeschlossen. Die Dgl der erzwunge-nen Schwingung erhalten Sie dann aus dem Grundgesetz der Drehbewegung [ A36 ].
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.3 Physikalische Grundlagen: A7, A26, A36
L�sung :a) Die beiden parallelgeschalteten Federn k�nnen durch eine Feder mit der doppelten Feder-
konstanten c * ¼ 2 c ersetzt werden [A26 ]. Die Ortskoordinate der Masse m zur Zeit tbezeichnen wir mit x (gemessen gegen�ber der Gleichgewichtslage). Zu dieser Zeit hatdie Fundamentplatte die Ortskoordinate y, sodass die Ersatzfeder um die Strecke x � ygedehnt bzw. gestaucht ist. Die elastische R�ckstellkraft der Feder ist somit nach demHookeschen Gesetz FR ¼ � c * ðx � yÞ ¼ � 2 c ðx � yÞ. Sie erzeugt am Hebelarm rdas R�ckstellmoment [ A7 ]
MR ¼ r FR ¼ � 2 r c ðx � yÞ ¼ � 2 r c x þ 2 r c y ¼ � 2 r c x þ 2 r c y 0 � sin ðw tÞNach dem Grundgesetz der Drehbewegung [ A36 ] gilt dann
J a ¼ J __j ¼ MR ¼ � 2 r c x þ 2 r c y 0 � sin ðw tÞða ¼ __j : WinkelbeschleunigungÞ. Das Massentr�gheitsmoment J des Systems setzt sichdabei additiv aus dem Massentr�gheitsmoment JS der Scheibe und dem Massentr�gheits-moment Jm ¼ mr 2 der Masse m zusammen:
J ¼ JS þ Jm ¼ JS þ mr 2
F�r die Umfanggeschwindigkeit v der Scheibe gilt die Beziehung v ¼ _x ¼ r _j, worausdurch Differentiation
__x ¼ r __j oder __j ¼ __xr
folgt. Die Bewegung der Masse wird daher durch die folgende Schwingungsgleichung be-schrieben:
J __j ¼ ðJS þ mr 2Þ __xr¼ � 2 r c x þ 2 r c y 0 � sin ðw tÞ
Wir dividieren noch durch r und stellen die Gleichung geringf�gig um:
ðJS þ mr 2Þ __xr 2þ 2 c x ¼ J S
r 2þ m
� �__x þ 2 c x ¼ 2 c y 0 � sin ðw tÞ )|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
m *
XII Laplace-Transformationen 437
m * __x þ 2 c x ¼ 2 c y 0 � sin ðw tÞ oder __x þ 2 c
m * x ¼ 2 c y 0
m * � sin ðw tÞ
m * ist dabei die sog. reduzierte Masse. Mit den Abk�rzungen
w 20 ¼
2 c
m * und k ¼ 2 c y 0
m *
l�sst sich diese inhomogene lineare Dgl 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten auch wiefolgt schreiben:
__x þ w 20 x ¼ k � sin ðw tÞ
b) Das Anfangswertproblem
__x þ w 20 x ¼ k � sin ðw tÞ , Anfangswerte: x ð0Þ ¼ 0, _x ð0Þ ¼ 0
wird schrittweise wie folgt gel�st.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l f x ðtÞg ¼ X ðsÞ½ s 2 � X ðsÞ � s � 0 � 0 þ w 2
0 � X ðsÞ ¼ l fk � sin ðw tÞg ¼ k �l fsin ðw tÞg ¼
¼ k � w
s 2 þ w 2¼ kw � 1
s 2 þ w 2ðNr: 24 mit a ¼ wÞ
(2) L�sung im Bildbereich
Wir l�sen die Gleichung nach der Bildfunktion X ðsÞ auf:
s 2 � X ðsÞ þ w 20 � X ðsÞ ¼ ðs 2 þ w 2
0Þ � X ðsÞ ¼ kw � 1s 2 þ w 2
)
X ðsÞ ¼ kw � 1ðs 2 þ w 2
0Þ ðs 2 þ w 2Þ(3) R�cktransformation vom Bild- in den Originalbereich (inverse Laplace-Transfor-
mation)
x ðtÞ ¼ l� 1 fX ðsÞg ¼ l� 1 kw � 1ðs 2 þ w 2
0Þ ðs 2 þ w 2Þ� �
¼
¼ kw � l� 1 1ðs 2 þ w 2
0Þ ðs 2 þ w 2Þ� �
Die Bildfunktion ist vom allgemeinen Typ F ðsÞ ¼ 1ðs 2 þ a 2Þ ðs 2 þ b 2Þ . Aus der
Laplace-Transformationstabelle entnehmen wir die folgende L�sung (Nr. 43 mita ¼ w 0 und b ¼ w):
XII Laplace-Transformationen438
x ðtÞ ¼ kw �l� 1 1ðs 2 þ w 2
0Þ ðs 2 þ w 2Þ� �
¼ kw � w 0 � sin ðw tÞ � w � sin ðw 0 tÞw 0 w ðw 2
0 � w 2Þ ¼
¼ k
w 0 ðw 20 � w 2Þ
�w 0 � sin ðw tÞ � w � sin ðw 0 tÞ
�, t � 0
Die erzwungene Schwingung der Masse m beschreibt somit eine �berlagerung zweierSinusschwingungen mit den Kreisfrequenzen w 0 (Eigenkreisfrequenz des Systems) und w(Kreisfrequenz des Erregers, d. h. der schwingenden Fundamentplatte; w 6¼ w 0).
Beispiel 10: Elektromagnetischer Reihenschwingkreis
Integro-Differentialgleichung(Ableitungs- und Integrationssatz f�r Originalfunktionen)
Der in Bild XII-19 dargestellte elektromagnetische Reihenschwingkreis enth�lt eine Spule mit derInduktivit�t L und dem ohmschenWiderstand R sowie einen Kondensator mit der Kapazit�t C.
Bestimmen Sie mit Hilfe der Laplace-Transfor-mation unter Verwendung des Ableitungs- unddes Integrationssatzes f�r Originalfunktionenden zeitlichen Verlauf der Stromst�rke i unterder Voraussetzung, dass zum Zeitpunkt t ¼ 0durch Schließen des Schalters S eine konstanteSpannung U 0 angelegt wird und der Reihen-schwingkreis in diesem Augenblick energielosist.
L�sungshinweis: Die Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf den Reihenschwingkreis f�hrtzu einer Integro-Differentialgleichung f�r die Stromst�rke i.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 undVI.2.6.1 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A40, A43, A45
L�sung :Nach der Maschenregel [ A32 ] ist
uR þ uL þ uC � U 0 ¼ 0 oder uR þ uL þ uC ¼ U 0
F�r die Teilspannungen uR, uL und uC gelten dabei folgende Beziehungen [A14, A45, A40 ]:
uR ¼ R i , uL ¼ L � didt
, uC ¼ qC
R LC
uR uL
U0
uC
S
t = 0
i
Bild XII-19
XII Laplace-Transformationen 439
Die Kondensatorladung q ist das Zeitintegral der Stromst�rke i ¼ i ðtÞ [ A43 ]. Da der Rei-henschwingkreis zum Einschaltzeitpunkt t ¼ 0 energielos ist, gilt q ð0Þ ¼ 0. Somit ist
q ¼ðt0
i ðtÞ dt und uC ¼ qC¼ 1
C� q ¼ 1
C�ðt0
i ðtÞ dt
Die Maschenregel [ A32 ] f�hrt damit zu der folgenden Integro-Differentialgleichung :
R i þ L � didtþ 1
C�ðt0
i ðtÞ dt ¼ U 0
Wir dividieren diese Gleichung durch L , vertauschen noch die ersten beiden Glieder underhalten schließlich mit den Abk�rzungen
d ¼ R2 L
und w 20 ¼
1LC
das Anfangswertproblem
didtþ 2 d � i þ w 2
0 �ðt0
i ðtÞ dt ¼ U 0
L, i ð0Þ ¼ 0
(der Schwingkreis ist zu Beginn energielos, daher fließt in diesem Augenblick kein Strom).Die L�sung dieser Aufgabe mit Hilfe der Laplace-Transformation erfolgt in drei Schritten.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation)
l fi ðtÞg ¼ I ðsÞUnter Verwendung des Ableitungs- und des Integrationssatzes f�r Originalfunktionen er-halten wir aus der Integro-Dgl die algebraische Gleichung
½ s � I ðsÞ � 0 þ 2d � I ðsÞ þ w 20 �
I ðsÞs¼ l
U 0
L
� �¼ U 0
L� l f1g ¼ U 0
L� 1s
(Laplace-Transformation Nr. 2)
(2) L�sung im Bildbereich
Wir multiplizieren diese Gleichung mit s und l�sen sie dann nach der Bildfunktion I ðsÞ auf:
s 2 � I ðsÞ þ 2 d s � I ðsÞ þ w 20 � I ðsÞ ¼ ðs 2 þ 2d s þ w 2
0Þ � I ðsÞ ¼U 0
L)
I ðsÞ ¼ U 0
L� 1s 2 þ 2d s þ w 2
0
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
Die R�cktransformation soll unter Verwendung der Laplace-Transformationstabelle derFormelsammlung erfolgen. Zun�chst ist
XII Laplace-Transformationen440
i ðtÞ ¼ l� 1 fI ðsÞg ¼ l� 1 U 0
L� 1s 2 þ 2d s þ w 2
0
� �¼
¼ U 0
L� l� 1 1
s 2 þ 2 d s þ w 20
� �¼ U 0
L� l� 1 fF ðsÞg|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
F ðsÞDie Bildfunktion F ðsÞ bringen wir noch durch quadratische Erg�nzung des Nenners aufeine spezielle Form (wir addieren und subtrahieren zugleich d 2):
s 2 þ 2d s þ w 20 ¼ s 2 þ 2 d s þ w 2
0 þ d 2 � d 2 ¼
¼ ðs 2 þ 2 d s þ d 2|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}1: Binom : ðs þ dÞ 2
Þ þ ðw 20 � d 2|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}w 2
d
Þ ¼ ðs þ dÞ 2 þ w 2d
F ðsÞ ¼ 1s 2 þ 2 d s þ w 2
0
¼ 1
ðs þ dÞ 2 þ w 2d
ðmit w 2d ¼ w 2
0 � d 2Þ
Diese Funktion ist somit vom allgemeinen Typ1
ðs � bÞ 2 þ a 2(Nr. 28). Mit a ¼ w d
und b ¼ � d erhalten wir damit f�r den zeitlichen Verlauf der Stromst�rke i die Glei-chung
i ðtÞ ¼ U 0
L�l� 1 fF ðsÞg ¼ U 0
L�l� 1 1
ðs þ dÞ 2 þ w 2d
( )¼ U 0
L� e�d t � sin ðw d tÞ
w d¼
¼ U 0
Lw d� e� d t � sin ðw d tÞ , t � 0
In dem Reihenschwingkreis fließt also ein im Laufe der Zeit t exponentiell abklingenderWechselstrom (siehe Bild XII-20). Es handelt sich somit um eine ged�mpfte elektromag-
netische Schwingung mit dem D�mpfungsfaktor d ¼ R2 L
und der Kreisfrequenz w d ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiw 2
0 � d 2q
¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1LC� R 2
4L 2
r.
t
i
2pvd
T =
Periodenintervall
Bild XII-20
XII Laplace-Transformationen 441
Beispiel 11: Spannungs�bertragung bei einem Vierpol
System linearer Dgln 1. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen,Partialbruchzerlegung der Bildfunktion)
Unter einem Vierpol versteht man ein elektri-sches Netzwerk mit einem Eingangs- und ei-nem Ausgangsklemmenpaar. Der in Bild XII-21dargestellte Vierpol enth�lt einen ohmschenWiderstand R und eine Induktivit�t L. An dieEingangsklemmen wird zum Zeitpunkt t ¼ 0die sinusf�rmige Wechselspannung
ue ðtÞ ¼ uu � sin ðw tÞ , t � 0
angelegt.
uu > 0: Scheitelwert; w > 0: Kreisfrequenz
Bestimmen Sie mit Hilfe der Laplace-Transformation den zeitlichen Verlauf der Ausgangs-spannung ua ðtÞ, wenn das Netzwerk im Einschaltzeitpunkt t ¼ 0 stromlos ist.
L�sungshinweis: Die Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf die beiden in Bild XII-21gekennzeichneten Maschen f�hrt zu einem System aus zwei gekoppelten linearen Dgln 1. Ord-nung f�r die Stromst�rke i und die Ausgangsspannung ua. Unterwerfen Sie dieses Systemder Laplace-Transformation und eliminieren Sie die Bildfunktion I ðsÞ der Stromst�rke i ðtÞ.Zerlegen Sie die Bildfunktion Ua ðsÞ der Ausgangsspannung ua ðtÞ vor der R�cktransfor-mation zun�chst in Partialbr�che.
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1, VI.4.1 und VI.5.1.2 Physikalische Grundlagen: A14, A32, A45
L�sung :Die Maschenregel [ A32 ] liefert f�r die beiden eingezeichneten Maschen (I) und (II) und denvorgegebenen Umlaufsinn die folgenden Gleichungen:
ðIÞ uL þ uR � ue ¼ 0 oder uL þ uR ¼ ue
ðIIÞ � uL þ ua ¼ 0 oder uL ¼ ua
Die Teilspannungen uR und uL gen�gen dabei den physikalischen Gesetzen
uR ¼ R i und uL ¼ L � didt
(ohmsches Gesetz [ A14 ] bzw. Induktionsgesetz [ A45 ]).
R
L
uR
uLI IIue ua
i
i
Bild XII-21
XII Laplace-Transformationen442
Die Maschengleichungen lauten damit unter Ber�cksichtigung der Eingangsspannungue ¼ uu � sin ðw tÞ und der Stromlosigkeit zu Beginn
ðIÞ L � didtþ R i ¼ uu � sin ðw tÞ
ðIIÞ L � didt¼ ua
9>>=>>; Anfangswert: i ð0Þ ¼ 0
Dies sind zwei gekoppelte lineare Dgln 1. Ordnung f�r die (noch unbekannten) Funktioneni ¼ i ðtÞ und ua ¼ ua ðtÞ. Wir l�sen sie mit Hilfe der Laplace-Transformation wie folgt.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendnung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fi ðtÞg ¼ I ðsÞ , l fua ðtÞg ¼ Ua ðsÞðIÞ L ½ s � I ðsÞ � 0 þ R � I ðsÞ ¼ l fuu � sin ðw tÞg ¼ uu � l fsin ðw tÞg ¼
¼ uu � w
s 2 þ w 2ðNr: 24 mit a ¼ wÞ
ðIIÞ L ½ s � I ðsÞ � 0 ¼ Ua ðsÞ(2) L�sung im Bildbereich
Zun�chst ordnen wir die beiden Gleichungen:
ðIÞ L s � I ðsÞ þ R � I ðsÞ ¼ ðL s þ RÞ � I ðsÞ ¼ uuws 2 þ w 2
ðIIÞ L s � I ðsÞ ¼ Ua ðsÞGleichung (I) wird nun nach I ðsÞ aufgel�st und anschließend geringf�gig umgeformt:
I ðsÞ ¼ uuwðL s þ RÞ ðs 2 þ w 2Þ ¼
uuw
L s þ RL
� �ðs 2 þ w 2Þ
¼ uuw
L s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
(t ¼ L=R : Zeitkonstante). Diesen Ausdruck setzen wir in Gleichung (II) ein und erhaltenf�r Ua ðsÞ :
Ua ðsÞ ¼ L s � I ðsÞ ¼ L s � uuw
L s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
¼ uuw � s
s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
(3) R�cktransformation vomBild- in denOriginalbereich (inverse Laplace-Transformation)
Es ist
ua ðtÞ ¼ l� 1 fUa ðsÞg ¼ l� 1 uuw � s
s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
8>><>>:9>>=>>; ¼
XII Laplace-Transformationen 443
¼ uuw � l� 1 s
s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
8>><>>:9>>=>>; ¼ uuw � l� 1 fF ðsÞg
|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}F ðsÞ
Vor der R�cktransformation zerlegen wir die echt gebrochenrationale Bildfunktion F ðsÞwie folgt in Partialbr�che (A, B und C sind Konstanten):
F ðsÞ ¼ s
s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
¼ A
s þ 1t
þ B þ C ss 2 þ w 2
Wir bringen die Br�che zun�chst auf den Hauptnenner (Nenner der linken Seite):
s
s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
¼A ðs 2 þ w 2Þ þ ðB þ C sÞ s þ 1
t
� �s þ 1
t
� �ðs 2 þ w 2Þ
Ein Vergleich der Z�hler auf beiden Seiten f�hrt auf die Gleichung
s ¼ A ðs 2 þ w 2Þ þ ðB þ C sÞ s þ 1t
� �oder (seitenvertauscht)
ðs 2 þ w 2Þ A þ s þ 1t
� �ðB þ C sÞ ¼ s
Die drei Konstanten A, B und C lassen sich dabei durch Einsetzen spezieller Werte f�rdie Bildvariable s wie folgt bestimmen ðwir w�hlen der Reihe nach s ¼ � 1=t, s ¼ 0und s ¼ 1=tÞ:
s ¼ � 1t
1t 2þ w 2
� �A ¼ � 1
t) 1 þ w 2 t 2
t 2� A ¼ � 1
t)
A ¼ � 1t� t 2
1 þ w 2 t 2¼ � t
1 þ ðwtÞ 2
s ¼ 0 w 2 A þ 1t� B ¼ 0 j � t ) w 2 t A þ B ¼ 0 )
B ¼ �w 2 t A ¼ �w 2 t � � t
1 þ ðwtÞ 2 !
¼ w 2 t 2
1 þ ðwtÞ 2 ¼ðwtÞ 2
1 þ ðwtÞ 2
s ¼ 1t
1t 2þ w 2
� �A þ 2
tB þ 1
t� C
� �¼ 1
t
� t 2 )
ð1 þ w 2 t 2Þ A þ 2 t B þ 1t� C
� �¼ t )
XII Laplace-Transformationen444
½ 1 þ ðwtÞ 2 A þ 2 t B þ 2C ¼ t )2C ¼ t � ½ 1 þ ðwtÞ 2 A � 2 t B )
2C ¼ t � ½ 1 þ ðwtÞ 2 � � t
1 þ ðwtÞ 2 !
� 2 t � ðwtÞ 21 þ ðwtÞ 2 ¼
¼ t þ ½ 1 þ ðwtÞ2 t
1 þ ðwtÞ 2 � 2 t ðwtÞ 21 þ ðwtÞ 2 ¼
¼ t þ t � 2 t ðwtÞ 21 þ ðwtÞ 2 ¼ 2 t � 2 t ðwtÞ 2
1 þ ðwtÞ 2 )
C ¼ t � t ðwtÞ 21 þ ðwtÞ 2 ¼
t þ t ðwtÞ 2 � t ðwtÞ 21 þ ðwtÞ 2 ¼ t
1 þ ðwtÞ 2
Die Konstanten A und B lassen sich noch wie folgt durch die Konstante C ausdr�cken(der grau markierte Ausdruck ist die Konstante C):
A ¼ � t
1 þ ðwtÞ 2 ¼ �C , B ¼ ðwtÞ 21 þ ðwtÞ 2 ¼ w 2 t � t
1 þ ðwtÞ 2 ¼ w 2 t � C
Die Partialbruchzerlegung der Bildfunktion F ðsÞ hat damit die folgende Gestalt:
F ðsÞ ¼ s
s þ 1t
� �ðs 2 þ w 2Þ
¼ A
s þ 1t
þ B þ C ss 2 þ w 2
¼ �C
s þ 1t
þ w 2 tC þ C ss 2 þ w 2
¼
¼ C � 1
s þ 1t
þ w 2 t þ ss 2 þ w 2
264375 ¼ t
1 þ ðwtÞ 2 � 1
s þ 1t
þ w 2 t þ ss 2 þ w 2
264375
Somit ist
ua ðtÞ ¼ uuw �l� 1 fF ðsÞg ¼ uuw �l� 1 t
1 þ ðwtÞ 2 � 1
s þ 1t
þ w 2 t þ ss 2 þ w 2
264375
8><>:9>=>; ¼
¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � l� 1 � 1
s þ 1t
þ w 2 t
s 2 þ w 2þ s
s 2 þ w 2
8><>:9>=>; ¼
¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2 �l� 1 1
s þ 1t
8><>:9>=>; þ w 2 t � l� 1 1
s 2 þ w 2
� �þ
264
þl� 1 ss 2 þ w 2
� �375
XII Laplace-Transformationen 445
Die dabei auftretenden Bildfunktionen der rechten Seite sind der Reihe nach vom all-
gemeinen Typ1
s � a(Nr. 3 mit a ¼ � 1=t),
1s 2 þ a 2
(Nr. 24 mit a ¼ w) unds
s 2 þ a 2(Nr. 25 mit a ¼ w). Die gesuchte L�sung lautet daher wie folgt:
ua ðtÞ ¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e�tt þ w 2 t � sin ðw tÞ
wþ cos ðw tÞ
� �¼
¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2�� e�
tt þ wt � sin ðw tÞ þ cos ðw tÞ
�¼
¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2�wt � sin ðw tÞ þ cos ðw tÞ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
K � sin ðw t þ jÞ� e�
tt
�¼
¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2�K � sin ðw t þ jÞ � e�
tt
�Die gleichfrequenten Summanden u 1 ¼ wt � sin ðw tÞ und u 2 ¼ cos ðw tÞ ¼1 � cos ðw tÞ lassen sich noch mit Hilfe des (reellen) Zeigerdiagramms zu einer phasen-verschobenen Sinusschwingung gleicher Frequenz zusammenfassen:
u ¼ u 1 þ u 2 ¼ wt � sin ðw tÞ þ 1 � cos ðw tÞ ¼ K � sin ðw t þ jÞAus dem Zeigerdiagramm XII-22 folgt dann unmittelbar (Satz des Pythagoras):
K 2 ¼ 1 þ ðwtÞ 2 ) K ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
qtan j ¼ 1
wt
� �) j ¼ arctan
1wt
� �
Die Ausgangsspannung ua ðtÞ besitzt daher den folgenden zeitlichen Verlauf:
ua ðtÞ ¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2�K � sin ðw t þ jÞ � e�
tt
�¼
¼ uuwt
1 þ ðwtÞ 2� ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
1 þ ðwtÞ 2q
� sin ðw t þ jÞ � e�tt
�¼
¼ uuwtffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1 þ ðwtÞ 2
q � sin ðw t þ jÞ � uuwt
1 þ ðwtÞ 2 � e� tt , t � 0
+cosu = u + u1 2
+sin
1
u1
u2
1
vtf
K
Bild XII-22
XII Laplace-Transformationen446
Unter Ber�cksichtigung von t ¼ L=R wird daraus schließlich (bitte nachrechnen)
ua ðtÞ ¼ w L uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ ðwLÞ 2
q � sin ðw t þ jÞ � RwL uu
R 2 þ ðwLÞ 2 � e� R
L t , t � 0
mit j ¼ arctanRw L
� �> 0. Nach einer gewissen „Einschwingphase“ spielt der durch
die streng monoton fallende Exponentialfunktion beschriebene „fl�chtige“ Anteil keinenennenswerte Rolle mehr und es verbleibt der folgende „station�re“ Anteil:
ua ðtÞ � w L uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ ðwLÞ 2
q � sin ðw t þ jÞ , t t ¼ L=R
Die Ausgangsspannung ua ðtÞ eilt somit der angelegten Eingangsspannung ue ðtÞ in der
Phase um den Nullphasenwinkel j ¼ arctanRw L
� �voraus (Bild XII-23). Der Scheitel-
wert betr�gt uu a ¼ w L uuffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiR 2 þ ðw LÞ 2
q , die Kreisfrequenz w ist die der Eingangsspannung.
Beispiel 12: Gekoppelte mechanische Schwingungen
System linearer Dgln 2. Ordnung(Ableitungssatz f�r Originalfunktionen)
Unter einem harmonischen Oszillator versteht man ein Federpendel mit der Masse m undder Federkonstanten c (Feder-Masse-Schwinger). Das in Bild XII-24 dargestellte schwin-gungsf�hige System besteht aus zwei gleichen harmonischen Oszillatoren, die durch eine Fe-der mit der Federkonstanten ck miteinander gekoppelt sind. Bei einer Anregung dieses Sys-tems (z. B. durch Anstoßen einer Masse oder Dehnen einer Feder) entstehen sog. gekoppelteSchwingungen.
t
ua
fv
Periodenintervall
ua
2pvT =
Bild XII-23
XII Laplace-Transformationen 447
a) Durch welche Dgln lassen sich die Schwingungen der beiden Massen beschreiben?
b) L�sen Sie diese Dgln f�r die Anfangswerte
x 1 ð0Þ ¼ 0 , _x 1 ð0Þ ¼ v 0 und x 2 ð0Þ ¼ 0 , _x 2 ð0Þ ¼ � v 0
mit Hilfe der Laplace-Transformation und deuten Sie das Ergebnis.
L�sungshinweis: Die Dgln f�r die zeitabh�ngigen Auslenkungen x 1 ¼ x 1 ðtÞ undx 2 ¼ x 2 ðtÞ der beiden Massen erhalten Sie aus dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ].
Lehrbuch: Bd. 2, VI.2.5.1 und VI.5.1.3 Physikalische Grundlagen: A27
L�sung :a) Auf jede der beiden Massen wirken gleichzeitig zwei R�ckstellkr�fte ein. Die linke Feder
erzeugt infolge ihrer Dehnung um die Strecke x 1 die r�cktreibende Kraft F1 ¼ � c x 1,w�hrend die Kopplungsfeder infolge ihrer Stauchung um die Strecke Dx ¼ x 1 � x 2 mitder R�ckstellkraft F2 ¼ � ck Dx ¼ � c k ðx 1 � x 2Þ auf die Masse I einwirkt (in BildXII-24 wurde x 1 > x 2 angenommen). Nach dem Newtonschen Grundgesetz [ A27 ] giltdann
ðIÞ ma 1 ¼ m __x 1 ¼ F1 þ F2 ¼ � c x 1 � c k ðx 1 � x 2Þ ¼ � c x 1 � c k x 1 þ c k x 2
oder
ðIÞ m __x 1 þ ðc þ c kÞ x 1 ¼ c k x 2
(a 1 ¼ __x 1 : Beschleunigung der Masse I). Analoge �berlegungen f�hren bei der Masse IIzu der Bewegungsgleichung
ðIIÞ m __x 2 þ ðc þ c kÞ x 2 ¼ c k x 1
(__x 2 : Beschleunigung der Masse II). Wir dividieren beide Gleichungen noch durch dieMasse m und erhalten schließlich mit den Abk�rzungen
a ¼ c þ c km
und b ¼ c k
mða > b > 0Þ
c c
I
I ck
II
II
m m
x1 x2Bild XII-24
XII Laplace-Transformationen448
das folgende System aus zwei gekoppelten linearen Dgln 2. Ordnung mit konstanten Koef-fizienten:
ðIÞ __x 1 þ a x 1 ¼ b x 2
ðIIÞ __x 2 þ a x 2 ¼ b x 1
b) Das Anfangswertproblem
ðIÞ __x 1 þ a x 1 ¼ b x 2
ðIIÞ __x 2 þ a x 2 ¼ b x 1
)Anfangswerte: x 1 ð0Þ ¼ 0 , _x 1 ð0Þ ¼ v 0
x 2 ð0Þ ¼ 0 , _x 2 ð0Þ ¼ � v 0
wird schrittweise wie folgt gel�st.
(1) Transformation vom Original- in den Bildbereich (Laplace-Transformation) unterVerwendung des Ableitungssatzes f�r Originalfunktionen
l fx 1 ðtÞg ¼ X 1 ðsÞ , l fx 2 ðtÞg ¼ X 2 ðsÞðIÞ ½ s 2 � X 1 ðsÞ � s � 0 � v 0 þ a � X 1 ðsÞ ¼ b � X 2 ðsÞðIIÞ ½ s 2 � X 2 ðsÞ � s � 0 þ v 0 þ a � X 2 ðsÞ ¼ b � X 1 ðsÞ
Nach Ordnen der Glieder folgt weiter
ðIÞ ðs 2 þ aÞ � X 1 ðsÞ � b � X 2 ðsÞ ¼ v 0
ðIIÞ � b � X 1 ðsÞ þ ðs 2 þ aÞ � X 2 ðsÞ ¼ � v 0
oder – in der Matrizenform –
ðs 2 þ aÞ � b� b ðs 2 þ aÞ
!� X 1 ðsÞ
X 2 ðsÞ
� �¼ v 0
� v 0
� �|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}Koeffizientenmatrix A
Dies ist ein inhomogenes lineares Gleichungssystem mit den beiden Unbekannten X 1 ðsÞund X 2 ðsÞ.
(2) L�sung im Bildbereich
Wir l�sen dieses System nach der Cramerschen Regel. Die dabei ben�tigte Koeffizien-tendeterminante D ¼ det A sowie die beiden Hilfsdeterminanten D 1 und D 2 lau-ten wie folgt:
D ¼ det A ¼ ðs 2 þ aÞ � b�b ðs 2 þ aÞ
¼ ðs 2 þ aÞ 2 � b 2|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}3: Binom: a 2 � b 2 ¼ ða þ bÞ ða � bÞ mit a ¼ s 2 þ a , b ¼ b
¼
¼ ½ ðs 2 þ aÞ þ b ½ ðs 2 þ aÞ � b ¼ ðs 2 þ a þ bÞ ðs 2 þ a � bÞ
XII Laplace-Transformationen 449
D 1 ¼v 0 � b� v 0 ðs 2 þ aÞ
¼ v 0 ðs 2 þ aÞ � v 0 b ¼ v 0 ðs 2 þ a � bÞ
D 2 ¼ðs 2 þ aÞ v 0
� b � v 0
¼ � v 0 ðs 2 þ aÞ þ v 0 b ¼ � v 0 ðs 2 þ a � bÞ
Nach der Cramerschen Regel ist dann
X 1 ðsÞ ¼ D 1
D¼ v 0 ðs 2 þ a � bÞðs 2 þ a þ bÞ ðs 2 þ a � bÞ ¼
v 0
s 2 þ a þ b¼
¼ v 0 � 1s 2 þ ða þ bÞ ¼ v 0 � 1
s 2 þ w 2
Dabei wurde zur Abk�rzung w 2 ¼ a þ b gesetzt. Analog erhalten wir f�r die zweiteBildfunktion:
X 2 ðsÞ ¼ D 2
D¼ � v 0 ðs 2 þ a � bÞðs 2 þ a þ bÞ ðs 2 þ a � bÞ ¼
� v 0
s 2 þ a þ b¼
¼ � v 0 � 1s 2 þ a þ b
¼ � v 0 � 1s 2 þ w 2
ðmit w 2 ¼ a þ bÞ
(3) R�cktransformation vom Bild- in den Originalbereich (inverse Laplace-Transfor-mation)
Beide Bildfunktionen sind vom allgemeinen Typ F ðsÞ ¼ 1s 2 þ a 2
(Nr. 24). Wir
erhalten daher mit a ¼ w die folgenden Originalfunktionen :
x 1 ðtÞ ¼ l� 1 fX 1 ðsÞg ¼ l� 1 v 0 � 1s 2 þ w 2
� �¼ v 0 � l� 1 1
s 2 þ w 2
� �¼
¼ v 0 � sin ðw tÞw
¼ v 0
w
� �� sin ðw tÞ
x 2 ðtÞ ¼ l� 1 fX 2 ðsÞg ¼ l� 1 � v 0 � 1s 2 þ w 2
� �¼ � v 0 �l� 1 1
s 2 þ w 2
� �¼
¼ � v 0 � sin ðw tÞw
¼ � v 0
w
� �� sin ðw tÞ ¼ v 0
w
� �� sin ðw t þ pÞ
(unter Ber�cksichtigung der Beziehung sin ðx þ pÞ ¼ � sin x mit x ¼ w tÞDie Auslenkungen der beiden Massen unterscheiden sich somit nur im Vorzeichen,d. h. es gilt zu jedem Zeitpunkt x 2 ðtÞ ¼ � x 1 ðtÞ.Beide Massen schwingen bei dieser sog. Normalschwingung mit gleicher Amplitude
A ¼ v 0
w¼ v 0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
a þ bp ¼ v 0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
c þ c k
mþ c k
m
r ¼ v 0ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffic þ 2 c k
m
r ¼ v 0 �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
mc þ 2 ck
r
XII Laplace-Transformationen450
und gleicher Kreisfrequenz
w ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffia þ b
p¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffic þ c k
mþ c k
m
r¼
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffic þ 2 c k
m
rbzw. gleicher Schwingungsdauer
T ¼ 2pw¼ 2pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
c þ 2 c k
m
r ¼ 2p �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi
mc þ 2 c k
r
jedoch in Gegenphase (Phasenverschiebung ¼ p, siehe Bild XII-25).
Bild XII-26 verdeutlicht nochmals diesen speziellen Typ einer gekoppelten Schwin-gung, bei der die Kopplungsfeder maximal beansprucht wird.
t
x ( t )1 x ( t )2v0v
v0v–
x( t )
2pvT =
Bild XII-25
I III IIbzw. Bild XII-26
XII Laplace-Transformationen 451
XIII Vektoranalysis
Hinweis: Alle in den L�sungen angegebenen Integralnummern beziehen sich auf die Inte-graltafel der Mathematischen Formelsammlung des Autors.
Beispiel 1: Temperaturverteilung auf einer d�nnen Zylinderscheibe
Niveaulinien (�quipotentiallinien), Gradient
Die 2-dimensionale Temperaturverteilung auf einer (w�rmeleitf�higen) d�nnen Zylinderschei-be wird durch die Gleichung
T ðx; yÞ ¼ T 0
1 þ x 2 þ y 2, 0 x 2 þ y 2 R 2
beschrieben (Bild XIII-1).
R : Radius der Zylinderscheibe
T 0 : konstante Temperatur in der Scheibenmitte
a) Bestimmen Sie die Kurven gleicher Temperatur.
b) In welcher Richtung findet die gr�ßte Temperatur�nderung statt?
Lehrbuch: Bd. 3, I.3.2 und I.4
L�sung :Wegen der Zylinder- bzw. Kreissymmetrie gehen wir zweckm�ßigerweise zu Polarkoordinatenr und j �ber. Mit den Transformationsgleichungen
x ¼ r � cos j , y ¼ r � sin j und x 2 þ y 2 ¼ r 2
erhalten wir die folgende Abh�ngigkeit der Temperatur T von der Abstandskoordinate r :
T ¼ T ðrÞ ¼ T 0
1 þ r 2, 0 r R
452
x
y
T0
R
Bild XIII-1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7_13
a) Die Kurven gleicher (konstanter) Temperatur sind die Niveau- oder �quipotentiallinien derFunktion T ¼ T ðrÞ :
T ¼ const: ) r 2 ¼ const: ) r ¼ const:
Es handelt sich demnach um konzentrische Kreiseum die Scheibenmitte ðr ¼ 0Þ mit Radien vonr ¼ 0 (Scheibenmitte) bis hin zu r ¼ R(Scheibenrand, siehe Bild XIII-2).
b) Die gr�ßte Temperatur�nderung erfolgt in Richtung des Gradienten von T . Da die Tem-peratur nur von r, nicht aber vom Polarwinkel j abh�ngt, gilt (unter Verwendung derKettenregel):
grad T ¼ @T@r
~ee r ¼ @
@ rT 0
1 þ r 2
� �~ee r ¼ T 0 � @
@ rð1 þ r 2Þ� 1~ee r ¼
¼ T 0 ð� 1Þ ð1 þ r 2Þ� 2 � 2 r~ee r ¼ � 2 T 0 r
ð1 þ r 2Þ 2 ~ee r
~ee r ist dabei der radiale Einheitsvektor.
Physikalische Deutung: Die gr�ßte �nderung erf�hrt die Temperatur in radialer Richtung,
sie nimmt dabei von innen nach außen von T ðr ¼ 0Þ ¼ T 0 auf T ðr ¼ RÞ ¼ T 0
1 þ R 2ab (siehe Bild XIII-3).
x
y
NiveaulinieT = const.
Bild XIII-2
T
T0
R r
T
1 + R
02 Bild XIII-3
Temperaturverteilung auf einerZylinderscheibe
XIII Vektoranalysis 453
Beispiel 2: Quellstr�mung einer Fl�ssigkeit
Niveaulinien, Gradient
Eine ebene Fl�ssigkeitsstr�mung mit dem Geschwindigkeitspotential
F ¼ F ðx; yÞ ¼ Q2p� ln
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffix 2 þ y 2
p, x 2 þ y 2 > 0
beschreibt eine sog. Quellstr�mung mit einer Quelle der St�rke (Ergiebigkeit) Q > 0 imKoordinatenursprung. Sie ist ein Sonderfall der Potentialstr�mung [ A66 ]. Bestimmen Sie
a) die Potentiallinien (Niveaulinien) des Str�mungsfeldes,
b) das Geschwindigkeitsfeld ~vv ¼ gradF der str�menden Fl�ssigkeit (in kartesischen undPolarkoordinaten),
c) die Stromlinien (Feldlinien) des Geschwindigkeitsfeldes.
Lehrbuch: Bd. 3, I.3.2 und I.4.1 Physikalische Grundlagen: A66
L�sung :a) Die Potentiallinien sind die Niveaulinien der Potentialfunktion:
F ðx; yÞ ¼ const: ) Q2p� ln
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffix 2 þ y 2
p¼ const: )
x 2 þ y 2 ¼ const: ¼ C > 0
Wir erhalten konzentrische Kreise um die imUrsprung liegende Quelle mit den RadienR ¼ ffiffiffiffi
Cp
> 0 (siehe Bild XIII-4).
b) Die Geschwindigkeitskomponenten sind die partiellen Ableitungen 1. Ordnung der Potenti-alfunktion F, die wir zun�chst noch auf eine f�r das Differenzieren bequemere Formbringen:
F ¼ Q2p� ln
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffix 2 þ y 2
p¼ Q
2p� ln ðx 2 þ y 2Þ 1=2 ¼ Q
2p� 12� ln ðx 2 þ y 2Þ ¼
¼ Q4p� ln ðx 2 þ y 2Þ
x
y
Quelle Q
Potentiallinie
( x ; y ) = const.F
Bild XIII-4
XIII Vektoranalysis454
Die gesuchten Ableitungen erhalten wir mit Hilfe der Kettenregel :
v x ¼ @F
@x¼ @
@xQ4p� ln ðx 2 þ y 2Þ
� �¼ Q
4p� @
@xln ðx 2 þ y 2Þ ¼
¼ Q4p� 1x 2 þ y 2
� 2 x ¼ Q2p� xx 2 þ y 2
Analog: v y ¼ @F
@y¼ Q
2p� yx 2 þ y 2
Das Geschwindigkeitsfeld lautet damit in kartesischen Koordinaten wie folgt:
~vv ¼ v x~ee x þ v y~ee y ¼ Q2p
xx 2 þ y 2
~ee x þ yx 2 þ y 2
~ee y
� �, x 2 þ y 2 > 0
In Polarkoordinaten ausgedr�ckt ðx 2 þ y 2 ¼ r 2Þ :
~vv ¼ Q2p
xr 2
~ee x þ yr 2
~ee y
� �¼ Q
2p r 2ðx~ee x þ y~ee y|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}
~rr
Þ ¼ Q2p r 2
~rr ¼ Q2p r 2
ðr~ee rÞ ¼
¼ Q2p r
~ee r , r > 0
~rr ¼ r~ee r ist dabei der Ortsvektor des Punktes P ¼ ðx; yÞ, ~ee r der radiale Einheitsvektor.
L�ngs einer Potentiallinie, d. h. l�ngs eines konzentrischen Kreises um die Quelle ist dieStr�mungsgeschwindigkeit ~vv dem Betrage nach konstant :
v ¼ j~vv j ¼ Q2p r
~ee r
¼ Q2p r
� j~ee r j ¼ Q2p r
¼ const: ðfur r ¼ const:Þ|{z}1
c) Die Stromlinien sind die Feldlinien des Geschwindigkeitsfeldes ~vv ¼ Q2p r
~ee r . Da dieses
Feld nur eine Radialkomponente v r ¼ Q2p r
besitzt, verlaufen die Stromlinien strah-
lenf�rmig von der Quelle aus radial nach außen und zwar mit abnehmender Geschwindig-keit ðv r � 1=rÞ. Potentiallinien und Stromlinien stehen somit aufeinander senkrecht,d. h. sie schneiden sich unter einem rechten Winkel (siehe Bild XIII-5).
Stromlinie
Potentiallinie
Q
Bild XIII-5
XIII Vektoranalysis 455
Beispiel 3: Potential und Feldst�rke des elektrischen Feldes in derUmgebung einer homogen geladenen Kugel
�quipotentialfl�che (Niveaufl�che), Gradient
Eine homogen geladene Kugel mit dem Radius R und der positiven Ladung Q besitzt imAußenraum das radialsymmetrische elektrische Potential
V ¼ V ðrÞ ¼ Q4p e 0 r
, r � R
e 0 : elektrische Feldkonstante; r : Abstand vom Kugelmittelpunkt
a) Bestimmen Sie die �quipotentialfl�chen (Niveaufl�chen) des elektrischen Feldes.
b) Beschreiben Sie das elektrische Feld durch den Feldst�rkevektor ~EE ¼ � grad V.
Lehrbuch: Bd. 3, I.3.2 und I.4.1 Physikalische Grundlagen: A55, A57
L�sung :a) Auf einer �quipotentialfl�che (Niveaufl�che) nimmt das Potential V einen konstanten
(festen) Wert an:
V ¼ Q4p e 0 r
¼ const: ) r ¼ const: ¼ C � R
Die �quipotentialfl�chen sind somit die Oberfl�chen konzentrischer Kugeln mit den Ra-dien r ¼ C � R (die Mittelpunkte der Kugeln fallen mit dem Mittelpunkt der geladenenKugel zusammen). Bild XIII-6 zeigt einen ebenen Schnitt durch den Kugelmittelpunkt.Beim Verschieben einer Probeladung q auf einer dieser �quipotentialfl�chen (Kugelober-fl�chen) wird somit keine Arbeit verrichtet.
b) In Kugelkoordinaten r, J und j besitzt der Gradient des elektrischen Potentials V einebesonders einfache Form, da V nur von r, nicht aber von den Winkelkoordinaten J undj abh�ngt (daher besteht kein Unterschied zwischen der partiellen und der gew�hnlichenAbleitung):
~EE ¼ � grad V ¼ � @V@r
~ee r ¼ � dVdr
~ee r@V@r¼ dV
dr
� �~ee r ist dabei der radiale Einheitsvektor.
Äquipotentialfläche(Kugeloberfläche)
geladene Kugel(Radius R, Ladung Q)
R
Bild XIII-6
XIII Vektoranalysis456
Wir bestimmen noch die ben�tigte (gew�hnliche) Ableitung von V nach r :
dVdr¼ d
drQ
4p e 0 r
� �¼ Q
4p e 0� ddr
1r
� �¼ Q
4p e 0� ddrðr� 1Þ ¼
¼ Q4p e 0
ð� 1Þ r� 2 ¼ � Q4p e 0 r 2
Somit ist
~EE ¼ � dVdr
~ee r ¼ Q4p e 0 r 2
~ee r , r � R
die gesuchte elektrische Feldst�rke im Außenraum der homogen geladenen Kugel. Daselektrische Feld ist (erwartungsgem�ß) radialsymmetrisch nach außen gerichtet, wobei derBetrag der Feldst�rke
E ¼ j ~EE j ¼ Q4p e 0 r 2
~ee r
¼ Q4p e 0 r 2
� j~ee r j ¼ Q4p e 0 r 2
, r � R|{z}1
von innen nach außen proportional zu 1=r 2 abnimmt (siehe Bild XIII-7).
r
Q
4 Rpe0 2
1r 2
E ~
E
R
a) b)
Kugel
R
E
Bild XIII-7 Elektrisches Feld in der Umgebung einer homogen geladenen Kugel
a) Radial- oder kugelsymmetrisches elektrisches Feld
b) Der Betrag der elektrischen Feldst�rke nimmt nach außen hin ab
XIII Vektoranalysis 457
Beispiel 4: Geschwindigkeitsfeld einer rotierenden Kugel
Rotation
Eine homogene Kugel vom Radius R rotiere mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit w 0
um einen Kugeldurchmesser (z-Achse). Bestimmen Sie das Geschwindigkeitsfeld der Massen-punkte auf der Kugeloberfl�che und zeigen Sie, dass es sich dabei um ein Wirbelfeld handelt.Die Rechnung soll
a) in Kugelkoordinaten,
b) in kartesischen Koordinaten durchgef�hrt werden.
Lehrbuch: Bd. 3, I.5.2.1 und I.6.3.3 Physikalische Grundlagen: A8
L�sung :a) Wir betrachten einen beliebigen Massenpunkt P auf der Kugeloberfl�che, dessen augen-
blickliche Position durch den Ortsvektor ~rr ¼ MP��!
beschrieben wird (M ist der Kugel-mittelpunkt und zugleich der Koordinatenursprung, siehe Bild XIII-8). Er bewegt sich ineiner Ebene senkrecht zur Drehachse (z-Achse) auf einer Kreisbahn mit dem Radiusr ¼ r � sin J mit konstanter Geschwindigkeit 1).
sin J ¼ r
j~rr j ¼r
r
r ¼ r � sin J ð0 J pÞ
z
v0
r
v
P
r
Kreisbahn
u
M Bild XIII-8
1) Der Massenpunkt bewegt sich auf dem zum Winkel J geh�rigen Breitenkreis.
XIII Vektoranalysis458
Der Geschwindigkeitsvektor ~vv hat tangentiale Richtung, d. h. er hat nur eine Tangential-komponente vj in Richtung des Tangenteneinheitsvektors ~eej. Somit gilt : ~vv ¼ vj~eej.
Diese Komponente l�sst sich wie folgt bestimmen. F�r einen vollen Umlauf auf der Kreis-bahn ben�tigt der Massenpunkt die Zeit T ¼ 2p=w 0, der dabei zur�ckgelegte Weg sentspricht dem Kreisumfang 2p r. Somit gilt :
vj ¼ sT¼ 2p r
T¼ 2p
T� r ¼ 2p
2pw 0
� r ¼ w 0 r ¼ w 0 ðr � sin JÞ ¼ w 0 r � sin J
Damit erhalten wir das folgende Geschwindigkeitsfeld f�r die Massenpunkte auf der Kugel-oberfl�che:
~vv ¼ vj~eej ¼ ðw 0 r � sin JÞ~eej , 0 J p
Man beachte: ~vv hat die Komponenten v r ¼ 0, vJ ¼ 0 und vj ¼ vj ðr; JÞ ¼w 0 r � sin J, d. h. vj ist nur von r und J, nicht aber von j abh�ngig. Wir bestimmennun die Rotation des Geschwindigkeitsfeldes ~vv (in Kugelkoordinaten):
rot~vv ¼ 1r � sin J �
@
@Jðsin J � vjÞ~ee r � 1
r� @@rðr � vjÞ~eeJ þ 0~eej ¼
¼ 1r � sin J �
@
@Jðsin J � w 0 r � sin JÞ~ee r � 1
r� @@rðr � w 0 r � sin JÞ~eeJ ¼
¼ w 0 rr � sin J �
@
@Jðsin 2 JÞ~ee r � w 0 � sin J
r� @@rðr 2Þ~eeJ ¼
¼ w 0
sin Jð2 � sin J � cos JÞ~ee r � w 0 � sin J
rð2 rÞ~eeJ ¼
¼ ð2w 0 � cos JÞ~ee r � ð2w 0 � sin JÞ~eeJ ¼¼ 2w 0 ðcos J ~ee r � sin J ~eeJ|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
~ee z
Þ ¼ 2 w 0~ee z|fflffl{zfflffl}~ww
¼ 2 ~ww
Der in der Klammer stehende Ausdruck ist genau der Einheitsvektor ~ee z in Richtung derpositiven z-Achse (siehe Bd. 3, Abschnitt I.6.3.2). Der Vektor ~ww ¼ w 0~ee z ist die Win-kelgeschwindigkeit (siehe Bild XIII-8). Das Geschwindigkeitsfeld ist somit wegenrot~vv ¼ 2 ~ww 6¼ ~00 ein Wirbelfeld.
b) Der Geschwindigkeitsvektor ~vv ist das Vektorprodukt der Vektoren ~ww und ~rr [ A8 ]:
~vv ¼ ~ww � ~rr ¼ w 0~ee z � ~rr ¼ w 0
0
0
1
0B@1CA� x
y
z
0B@1CA ¼ w 0
0 � y
x � 0
0 � 0
0B@1CA ¼ w 0
� y
x
0
0B@1CA
Da ~vv ein ebener Vektor ist ðv z ¼ 0, d. h. die z-Komponente verschwindet), verschwin-den die x- und y-Komponenten der Rotation von ~vv automatisch:
ðrot~vv Þ x ¼ ðrot~vv Þ y ¼ 0
XIII Vektoranalysis 459
F�r die z-Komponente erhalten wir mit v x ¼ �w 0 y und v y ¼ w 0 x :
ðrot~vv Þ z ¼@v y
@x� @v x
@y¼ @
@xðw 0 xÞ � @
@yð�w 0 yÞ ¼ w 0 � ð�w 0Þ ¼ 2w 0 6¼ 0
Wegen
rot~vv ¼ ðrot~vv Þ x~ee x þ ðrot~vv Þ y~ee y þ ðrot~vv Þ z~ee z ¼ 0~ee x þ 0~ee y þ 2 w 0~ee z|fflffl{zfflffl}~ww
¼ 2 ~ww 6¼ ~00
ist das Geschwindigkeitsfeld ein Wirbelfeld.
Beispiel 5: Zusammenhang zwischen der elektrischen Feldst�rke undder r�umlichen Ladungsdichte in einem elektrischen Feld(Maxwellsche Gleichung)
Divergenz, Rotation
Die elektrische Feldst�rke ~EE im Innern einer homogen geladenen Kugel mit dem Radius Rund der positiven Ladung Q nimmt nach der Gleichung
~EE ¼ Qr4p e 0 R 3
~ee r , 0 r R
von innen ðr ¼ 0Þ nach außen ðr ¼ RÞ dem Betrage nach linear zu.
e 0 : elektrische Feldkonstante; r : Abstand vom Kugelmittelpunkt;
~ee r : Einheitsvektor in radialer Richtung
a) Zeigen Sie: Zwischen der elektrischen Feldst�rke ~EE und der r�umlichen Ladungsdichte r el
der homogen geladenen Kugel (Ladung pro Volumeneinheit) besteht die Beziehung 2)
div ~EE ¼ r el=e 0
b) Ist das elektrische Feld im Innern der Kugel ein Wirbelfeld?
Lehrbuch: Bd. 3, I.5 und I.6.3.3
L�sung :Der in Kugelkoordinaten r, J und j dargestellte elektrische Feldst�rkevektor ~EE besitztnur eine Radialkomponente Er, die beiden �brigen Komponenten in den WinkelrichtungenJ und j verschwinden:
Er ¼ Er ðrÞ ¼ Q r4p e 0 R 3
, EJ ¼ Ej ¼ 0
2) Es handelt sich um eine der vier Maxwellschen Gleichungen, die die Grundlage der Elektrodynamik bilden. Diesespezielle Gleichung besagt, dass die Ladungen die Quellen und Senken des elektrischen Feldes sind (die Feld-linien beginnen und enden an den Ladungen).
XIII Vektoranalysis460
a) F�r die Divergenz der Feldst�rke ~EE erhalten wir (in Kugelkoordinaten):
div ~EE ¼ 1r 2� @@rðr 2 � ErÞ ¼ 1
r 2� @@r
r 2 � Qr4p e 0 R 3
� �¼
¼ 1r 2� Q4p e 0 R 3
� @@rðr 3Þ ¼ 1
r 2� Q4p e 0 R 3
� 3 r 2 ¼ 3Q4p e 0 R 3
Die Definitionsformel der Ladungsdichte r el liefert die M�glichkeit, die Ladung Q durchdie (konstante) Ladungsdichte r el und den Kugelradius R auszudr�cken:
r el ¼LadungVolumen
¼ Q
43p R 3
¼ 3Q4p R 3
) 3Q ¼ 4p R 3 r el
Damit erhalten wir f�r die Divergenz der Feldst�rke ~EE den folgenden Ausdruck (in �ber-einstimmung mit Maxwell):
div ~EE ¼ 3Q4p e 0 R 3
¼ 4p R 3 r el
4p e 0 R 3¼ r el
e 0
b) Wegen EJ ¼ 0 und Ej ¼ 0 reduziert sich der Vektor rot ~EE zun�chst wie folgt (inKugelkoordinaten):
rot ~EE ¼ 1r � sin J �
@Er
@j~eeJ � 1
r� @Er
@J~eej
Da die Radialkomponente Er weder von j noch von J abh�ngt (sondern nur von derAbstandskoordinate r), verschwinden die partiellen Ableitungen von Er nach j bzw.J und es gilt somit:
rot ~EE ¼ 1r � sin J � 0~eeJ �
1r� 0~eej ¼ 0~eeJ � 0~eej ¼ ~00
Das elektrische Feld im Innern der Kugel ist daher wirbelfrei.
Beispiel 6: Kugel- oder radialsymmetrische Vektorfelder (Zentralfelder)
Divergenz, Rotation
In Naturwissenschaft und Technik spielen die kugel- oder radialsymmetrischen Vektorfeldereine besondere Rolle. Sie werden auch als Zentralfelder bezeichnet und lassen sich in derallgemeinen Form ~FF ¼ f ðrÞ~rr darstellen, wobei f ðrÞ eine nur vom Abstand r zum Zent-rum abh�ngige skalare Funktion bedeutet und ~rr der Ortsvektor eines Raumpunktes ist.
XIII Vektoranalysis 461
Beispiele f�r Zentralfelder:
Gravitationsfeld einer Masse (z. B. der Erde,siehe Bild XIII-9), elektrisches Feld einerPunktladung oder einer homogen geladenenKugel
a) Zeigen Sie durch komponentenweise Rechnung in Kugelkoordinaten, dass ein Zentralfeldimmer wirbelfrei ist.
b) Welche speziellen Zentralfelder sind zugleich auch quellenfrei?
Lehrbuch: Bd. 3, I.5 und I.6.3.3
L�sung :a) Wir zerlegen zun�chst das Zentralfeld in Komponenten (unter Verwendung der symmetrie-
gerechten Kugelkoordinaten r, J und j):
~FF ¼ f ðrÞ~rr ¼ f ðrÞ � r~ee r ¼ Fr ðrÞ~ee r
(mit Fr ðrÞ ¼ f ðrÞ � r ¼ r � f ðrÞ; ~ee r ist der radiale Einheitsvektor mit ~rr ¼ r~ee r). Dasradialsymmetrische Vektorfeld besitzt nur eine Radialkomponente Fr ¼ Fr ðrÞ ¼ r � f ðrÞ,die restlichen beiden Komponenten dagegen verschwinden : FJ ¼ 0 und Fj ¼ 0.Ber�cksichtigen wir ferner, dass die Radialkomponente nur vom Abstand r, nicht abervon den Winkeln J und j abh�ngt, so erhalten wir f�r die Komponenten der Rotation(in Kugelkoordinaten) das folgende Ergebnis:
ðrot ~FF Þ r ¼1
r � sin J@
@Jðsin J � Fj|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}Þ � @FJ
@j
� �¼ 1
r � sin J ð0 � 0Þ ¼ 0
0|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}0
|{z}0
ðrot ~FF ÞJ ¼1r
1sin J
� @Fr
@j� @
@rðr � Fj|fflffl{zfflffl}Þ
� �¼ 1
r1
sin J� 0 � 0
� �¼ 1
rð0 � 0Þ ¼ 0
0|{z}0 |fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
0
|fflfflffl{zfflfflffl}0
Erde
F
r
Bild XIII-9
XIII Vektoranalysis462
ðrot ~FF Þj ¼1r
@
@rðr � FJ|fflffl{zfflffl}Þ � @Fr
@J
� �¼ 1
rð0 � 0Þ ¼ 0
0|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}0
|{z}0
Alle drei Komponenten verschwinden, somit gilt rot ~FF ¼ ~00 und ein Zentralfeld ist daherstets wirbelfrei.
b) Ein Zentralfeld mit der Radialkomponente Fr ðrÞ ¼ r � f ðrÞ ist quellenfrei, wenn dieDivergenz des Feldes verschwindet:
div ~FF ¼ 1r 2� @@rðr 2 � FrÞ ¼ 0 ) @
@rðr 2 � FrÞ ¼ 0
Dies ist genau dann der Fall, wenn r 2 � Fr eine Konstante ist. Wir erhalten somit folgen-des Ergebnis:
r 2 � Fr ¼ r 2 � r � f ðrÞ ¼ r 3 � f ðrÞ ¼ const: ) f ðrÞ ¼ const:r 3
Quellenfrei sind also die folgenden Zentralfelder:
~FF ¼ f ðrÞ~rr ¼ const:r 3
~rr ¼ const:r 3
� r~ee r ¼ const:r 2
~ee r
Der Betrag eines quellenfreien Zentralfeldes ist dabei dem Quadrat des Abstandes r um-gekehrt proportional: F ¼ j ~FF j � 1=r 2.
Beispiel 7: Elektrisches Feld in der Umgebung eines homogengeladenen Zylinders
Divergenz, Rotation
Das elektrische Feld in der Umgebung eines langen homogen geladenen Zylinders ist axial-oder zylindersymmetrisch und l�sst sich in jeder Schnittebene senkrecht zur Zylinderachse(z-Achse) durch den (ebenen) Feldst�rkevektor
~EE ¼ r el R2
2 e 0 ðx 2 þ y 2Þ ðx~ee x þ y~ee yÞ , x 2 þ y 2 � R 2
beschreiben (Bild XIII-10) 3).
3) Wegen der Zylindersymmetrie verschwindet die z-Komponente: Ez ¼ 0. Daher k�nnen wir uns auf eine beliebi-ge Schnittebene senkrecht zur Zylinderachse (z-Achse) beschr�nken. Wir w�hlen als Schnittebene die x, y-Ebene(siehe hierzu auch Bild XIII-10).
XIII Vektoranalysis 463
e 0 : elektrische Feldkonstante
R: Zylinderradius
r el : konstante Ladungsdichte des Zylinders(Ladung pro Volumeneinheit)
a) Beschreiben Sie das elektrische Feld im Außenraum des Zylinders durch den Feldst�rke-vektor ~EE in Zylinder- bzw. Polarkoordinaten.
b) Zeigen Sie, dass das elektrische Feld im Außenraum des Zylinders quellen- und wirbelfreiist.
Lehrbuch: Bd. 3, I.5 und I.6.1
L�sung :a) Da die z-Komponente der elektrischen Feldst�rke ~EE verschwindet und somit ein ebenes
Feld vorliegt, k�nnen wir den Feldst�rkevektor auch in den (symmetriegerechten) Polar-koordinaten r und j ausdr�cken. Mit den Transformationsgleichungen
x ¼ r � cos j , y ¼ r � sin j , x 2 þ y 2 ¼ r 2 ,
~ee x ¼ cos j ~ee r � sin j ~eej , ~ee y ¼ sin j ~ee r þ cos j ~eej
erhalten wir dann die gew�nschte (und einfache) Darstellung des Feldst�rkevektors ~EE inPolarkoordinaten (~ee r, ~eej : radialer bzw. tangentialer Einheitsvektor):
~EE ¼ r el R2
2 e 0 ðx 2 þ y 2Þ ðx~ee x þ y~ee yÞ ¼
¼ r el R2
2 e 0 r 2
�r � cos j ðcos j ~ee r � sin j ~eejÞ þ r � sin j ðsin j ~ee r þ cos j ~eejÞ
�¼
¼ r el R2
2 e 0 r 2� r ðcos 2 j ~ee r � cos j � sin j ~eej þ sin 2 j ~ee r þ sin j � cos j ~eejÞ ¼
¼ r el R2
2 e 0 rðcos2 j þ sin 2 j|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
1
Þ~ee r ¼ r el R2
2 e 0 r~ee r , r � R
x
y
Zylinder
R
E
Bild XIII-10
XIII Vektoranalysis464
Wegen der Zylinder- bzw. Kreissymmetrie existiert (erwartungsgem�ß) nur eine Radial-komponente :
Er ¼ Er ðrÞ ¼ r el R2
2 e 0 r, r � R
b) Wir berechnen zun�chst die Divergenz und dann die Rotation des Feldes, das nur eineRadialkomponente E r, jedoch keine Tangentialkomponente Ej besitzt (Ej ¼ 0):
div ~EE ¼ 1r� @@rðr � ErÞ ¼ 1
r� @@r
r � r el R2
2 e 0 r
� �¼ 1
r� @@r
r el R2
2 e 0
� �¼ 0|fflffl{zfflffl}
const:
Das elektrische Feld ist somit im Außenraum des geladenen Zylinders quellenfrei (im Au-ßenraum befinden sich keine Ladungen).
Bei einem ebenen Vektorfeld verschwinden bekanntlich die x- und y-Komponenten derRotation automatisch. F�r die verbleibende z-Komponente erhalten wir, da Ej ¼ 0 istund Er nur von r, nicht aber von j abh�ngt (in der Polarkoordinatendarstellung):
ðrot ~EE Þ z ¼1r
@
@rðr � Ej|fflfflffl{zfflfflffl}Þ � @Er
@j
� �¼ 1
rð0 � 0Þ ¼ 0
0|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}0
|{z}0
Somit gilt rot ~EE ¼ ~00 (alle drei Komponenten verschwinden), das elektrische Feld ist da-her wirbelfrei.
Fazit: Das elektrische Feld im Außenraum eines homogen geladenen Zylinders ist quel-len- und wirbelfrei.
Beispiel 8: Staupunktstr�mung einer Fl�ssigkeit
Rotation, Divergenz, Gradient, Differentialgleichung(Trennung der Variablen)
Die in Bild XIII-11 skizzierte ebene Staupunktstr�mung einer Fl�ssigkeit l�sst sich durch dasGeschwindigkeitsfeld
~vv ¼ ~vv ðx; yÞ ¼ a x
� a y
� �ða > 0 ; � 1 < x < 1 ; y � 0Þ
beschreiben (der Staupunkt befindet sich im Koordinatenursprung).
XIII Vektoranalysis 465
a) Zeigen Sie, dass es sich um ein quellen- und rotationsfreies Feld und somit um eine Poten-tialstr�mung handelt [ A66 ].
b) Bestimmen Sie das Geschwindigkeitspotential F ¼ F ðx; yÞ und die zugeh�rigen Poten-tiallinien.
c) Durch welche Gleichungen werden die in Bild XIII-11 skizzierten Stromlinien beschrie-ben?
Hinweis: Die Potentialfunktion verschwindet im Staupunkt, d. h. F ðx ¼ 0; y ¼ 0Þ ¼ 0.
Lehrbuch: Bd. 3, I.4.1 und I.5 Physikalische Grundlagen: A66
L�sung :a) Das ebene Geschwindigkeitsfeld ist quellenfrei, da die Divergenz von ~vv verschwindet:
div~vv ¼ @ v x
@xþ @ v y
@y¼ @
@xða xÞ þ @
@yð� a yÞ ¼ a � a ¼ 0
Es ist zugleich rotations- oder drehungsfrei, also wirbelfrei, da auch die Rotation von ~vvverschwindet. Denn als ebenes Vektorfeld verschwinden die x- und y-Komponenten derRotation automatisch. Auch die 3. Komponente (z-Komponente) hat den Wert null:
ðrot~vv Þ z ¼@v y
@x� @v x
@y¼ @
@xð� a yÞ � @
@yða xÞ ¼ 0 � 0 ¼ 0
Somit ist rot~vv ¼ ~00 und das Geschwindigkeitsfeld wirbelfrei. Es handelt sich demnachum eine Potentialstr�mung.
x
y
Stromlinie
StaupunktWand
Bild XIII-11
XIII Vektoranalysis466
b) Es existiert also ein Potential F ¼ F ðx; yÞ mit ~vv ¼ gradF und somit
v x ¼ @F
@x¼ a x und v y ¼ @F
@y¼ � a y
Wir integrieren die erste Gleichung nach x und beachten dabei, dass die „Integrations-konstante“ noch von der zweiten Variablen y abh�ngen kann:
F ¼ð@F
@xdx ¼
ða x dx ¼ 1
2a x 2 þ K ðyÞ
Die partielle Ableitung dieser Funktion nach y ist bereits bekannt (es ist die Geschwin-digkeitskomponente v y ¼ � a y). Daher gilt :
@F
@y¼ @
@y12
a x 2 þ K ðyÞ� �
¼ 0 þ K 0 ðyÞ ¼ K 0 ðyÞ ¼ � a y
Durch unbestimmte Integration nach y folgt weiter:
K 0 ðyÞ ¼ � a y ) K ðyÞ ¼ðK 0 ðyÞ dy ¼
ðð� a yÞ dy ¼ � 1
2a y 2 þ C
Somit:
F ¼ 12
a x 2 þ K ðyÞ ¼ 12
a x 2 � 12
a y 2 þ C ¼ 12
a ðx 2 � y 2Þ þ C
Da das Potential im Staupunkt (Koordinatenursprung) verschwindet, hat auch die Integra-tionskonstante C den Wert null:
F ðx ¼ 0; y ¼ 0Þ ¼ 0 ) 12
a ð0 � 0Þ þ C ¼ 0 þ C ¼ 0 ) C ¼ 0
Das Potential des Geschwindigkeitsfeldes lautet daher:
F ¼ F ðx; yÞ ¼ 12
a ðx 2 � y 2Þ , � 1 < x < 1 , y � 0
Die Potentiallinien sind die �quipotentiallinien der Potentialfunktion. Sie lassen sich ausder Bedingung F ðx; yÞ ¼ const: bestimmen und f�hren auf die folgende Gleichung:
12
a ðx 2 � y 2Þ ¼ const: bzw: x 2 � y 2 ¼ const:
Es handelt sich dabei um gleichseitige oder rechtwinklige Hyperbeln oberhalb der x-Ach-se (da y � 0 ist, siehe Bild XIII-12).
XIII Vektoranalysis 467
c) Der qualitative Verlauf der Stromlinien (Feldlinien) des Geschwindigkeitsfeldes ~vv ðx; yÞist uns bereits aus Bild XIII-11 bekannt. Sie lassen sich exakt aus der Gleichung~vv � d~rr ¼ ~00 bestimmen. Die Vektoren ~vv und d~rr m�ssen wir dabei als 3-dimensionaleVektoren darstellen (mit einer jeweils verschwindenden z-Komponente):
~vv � d~rr ¼ ~00 )a x
� a y
0
0B@1CA � dx
dy
0
0B@1CA ¼ 0 � 0
0 � 0
a x dy þ a y dx
0B@1CA ¼ 0
0
a x dy þ a y dx
0B@1CA ¼ 0
0
0
0B@1CA )
a x dy þ a y dx ¼ 0 j : a ) x dy þ y dx ¼ 0
Diese Differentialgleichung l�sen wir durch Trennung der Variablen ðx 6¼ 0, y > 0Þ:
x dy þ y dx ¼ 0 ) x dy ¼ � y dx ) dyy¼ � dx
x)
ðdyy¼ �
ðdxx) ln j y j ¼ � ln j x j þ ln jC j ¼ ln
Cx
)
j y j ¼ y ¼ Cx
¼ jC jj x j ¼ Kj x j ðK > 0; wegen y > 0 gilt j y j ¼ yÞ
Die Stromlinien sind somit ebenfalls rechtwinklige Hyperbeln, sie schneiden die Potential-linien des Str�mungsfeldes unter einem rechten Winkel.
x
y
StaupunktWand
Potentiallinie
Bild XIII-12 Potentiallinien einer ebenen Staupunktstr�mung
XIII Vektoranalysis468
Beispiel 9: Station�re (zeitunabh�ngige) W�rmeleitung durch eineRohrwand
Laplace-Gleichung, Differentialgleichung(Trennung der Variablen)
Bild XIII-13 zeigt den Querschnitt eines langen Rohres (Hohlzylinders) mit der Wandst�rke d.Bringt man Innen- und Außenwand auf konstante, aber unterschiedliche Temperaturen, sofindet eine W�rmestr�mung l�ngs des Temperaturgef�lles in radialer Richtung statt. DieTemperaturverteilung von innen nach außen gen�gt dabei der Laplace-Gleichung DT ¼ 0.
r i, r a : Innen- bzw. Außenradius
d ¼ r a � r i : Wandst�rke
T i, Ta : Innen- bzw. Außentemperatur
ðTa > T iÞ
Bestimmen Sie den Temperaturverlauf in der Rohrwand.
Hinweis: Es wird vorausgesetzt, dass die Wandst�rke im Vergleich zu den Kr�mmungsradiender beiden W�nde sehr klein ist. Der W�rmeleitungsprozess kann dann als ein 1-dimensiona-ler Prozess in radialer Richtung betrachtet werden, d. h. die Temperatur in der Rohrwandh�ngt nur vom senkrechten Abstand r zur Symmetrieachse des Hohlzylinders (z-Achse) ab:T ¼ T ðrÞ. Verwenden Sie daher Zylinder- bzw. Polarkoordinaten.
Lehrbuch: Bd. 3, I.5.3.3, I.6.1.3 und I.6.2.3 Physikalische Grundlagen: A65
L�sung :Die Laplace-Gleichung lautet in Polar- bzw. Zylinderkoordinaten r und j wie folgt (da Tnur von der einen Variablen r abh�ngt, besteht kein Unterschied zwischen den partiellen undden gew�hnlichen Ableitungen):
DT ¼ @ 2T@r 2
þ 1r� @T@r¼ 0 oder T 00 ðrÞ þ 1
r� T 0 ðrÞ ¼ 0
d
r
ri
ra
Hohlzylinder(Rohr)
Innenwand (r = r )i Außenwand (r = r )a Bild XIII-13
XIII Vektoranalysis 469
Die Temperaturverteilung unterliegt dabei den Randbedingungen T ðr ¼ r iÞ ¼ T i undT ðr ¼ r aÞ ¼ Ta. Zun�chst verwandeln wir die vorliegende Differentialgleichung 2. Ord-nung mit Hilfe der Substitution
u ¼ u ðrÞ ¼ T 0 ðrÞ , u 0 ¼ u 0 ðrÞ ¼ T 00 ðrÞin eine Differentialgleichung 1. Ordnung, die dann durch Trennung der Variablen gel�st wer-den kann:
T 00 ðrÞ þ 1r� T 0 ðrÞ ¼ 0 ) u 0 þ 1
r� u ¼ 0 ) u 0 ¼ du
dr¼ � 1
r� u )
duu¼ � dr
r)
ðduu¼ �
ðdrr) ln u ¼ � ln r þ ln C 1 ¼ ln
C 1
r
� �)
u ¼ C 1
rðC 1 : positive KonstanteÞ
Durch R�cksubstitution T 0 ðrÞ ¼ u ðrÞ und einer sich anschließenden (unbestimmten) Inte-gration folgt weiter:
T 0 ðrÞ ¼ C 1
r) T ðrÞ ¼
ðT 0 ðrÞ dr ¼ C 1 �
ð1r
dr ¼ C 1 � ln r þ C 2
Die noch unbekannten Integrationskonstanten C 1 und C 2 bestimmen wir aus den beidenRandwerten wie folgt:
T ðr ¼ r aÞ ¼ Ta ) ðIÞ C 1 � ln r a þ C 2 ¼ Ta
T ðr ¼ r iÞ ¼ T i ) ðIIÞ C 1 � ln r i þ C 2 ¼ T i
)�
Durch Differenzbildung erhalten wir dann eine Bestimmungsgleichung f�r die Unbekannte C 1 :
C 1 � ln r a � C 1 � ln r i ¼ Ta � T i ) C 1 ðln r a � ln r iÞ ¼ Ta � T i )
C 1 � ln r ar i
� �¼ Ta � T i ) C 1 ¼ Ta � T i
lnr ar i
� �Aus Gleichung (II) folgt weiter:
C 2 ¼ Ti � C 1 � ln r iDamit erhalten wir in der Rohrwand die folgende Temperaturverteilung :
T ðrÞ ¼ C 1 � ln r þ C 2 ¼ C 1 � ln r þ Ti � C 1 � ln r i ¼ C 1 ðln r � ln r iÞ þ T i ¼
¼ C 1 � ln rr i
� �þ T i ¼ Ta � T i
lnr ar i
� � � ln rr i
� �þ T i , r i r r a
XIII Vektoranalysis470
Bild XIII-14 zeigt den Verlauf dieserVerteilung. Die Temperatur nimmtdabei von innen nach außen zu undzwar von Ti bis Ta.
Beispiel 10: Gravitationspotential und Fallbeschleunigung
Gradient, Laplace-Gleichung (Potentialgleichung)
Das Gravitationsfeld der Erdkugel vom Radius R ist ein konservatives Zentralfeld und besitztsomit ein Potential F (auch Gravitationspotential genannt), das sich aus der Laplace-Glei-chung (Potentialgleichung) DF ¼ 0 bestimmen l�sst.
a) Wie lautet diese kugel- oder radialsymmetrische Potentialfunktion F ¼ F ðrÞ?b) Bestimmen Sie durch Gradientenbildung aus dem Potential F die Erd- oder Fall-
beschleunigung ~gg ¼ � gradF.
Hinweis: Das Potential F verschwindet im Unendlichen: F ðr ! 1Þ ¼ 0. Die Erd-beschleunigung an der Erdoberfl�che ðr ¼ RÞ hat den Betrag g 0 � 9,81 m=s 2.
Lehrbuch: Bd. 3, I.4.1, I.5.3.3 und I.6.3.3
L�sung :a) Wegen der Kugelsymmetrie des Feldes verwenden wir Kugelkoordinaten r, J und j. Das
Gravitationspotential h�ngt dabei nur vom Abstand r zum Erdmittelpunkt, nicht aber von denWinkeln J und j ab: F ¼ F ðrÞ. Die Laplace-Gleichung (Potentialgleichung) reduziertsich damit auf
DF ¼ 1r 2� @@r
r 2 � @F@r
� �¼ 0 ) @
@rr 2 � @F
@r
� �¼ 0
Der in der Klammer stehende Ausdruck muss eine Konstante sein, da die Ableitung ver-schwindet. Daher gilt:
r 2 � @F@r¼ r 2 � dF
dr¼ r 2 � F 0 ðrÞ ¼ const: ¼ C 1
(F h�ngt nur von der einen Variablen r ab, daher besteht kein Unterschied zwischen derpartiellen und der gew�hnlichen Ableitung)
rri ra
T
Ta
Ti
Bild XIII-14
XIII Vektoranalysis 471
Wir l�sen diese einfache Differentialgleichung nach F 0 ðrÞ auf und integrieren dann un-bestimmt:
F 0 ðrÞ ¼ C 1
r 2) F ðrÞ ¼
ðF 0 ðrÞ dr ¼ C 1 �
ð1r 2
dr ¼ C 1 �ðr� 2 dr ¼
¼ C 1 � r� 1
� 1þ C 2 ¼ � C 1
rþ C 2
Im Unendlichen verschwindet das Potential:
F ðr ! 1Þ ¼ 0 ) limr!1 � C 1
rþ C 2
� �¼ � 0 þ C 2 ¼ 0 ) C 2 ¼ 0
Das Gravitationspotential lautet also wie folgt:
F ðrÞ ¼ � C 1
r, r � R
Die Integrationskonstante C 1 bestimmen wir sp�ter.
b) Die Erdbeschleunigung ~gg besitzt wegen der Kugelsymmetrie des Gravitationsfeldes nureine Radialkomponente g r. Es gilt
~gg ¼ � gradF ¼ � @F
@r~ee r ¼ � dF
dr~ee r ¼ g r ~ee r
und somit
gr ¼ � dFdr¼ � d
dr� C 1
r
� �¼ C 1 � ddr
1r
� �¼ C 1 � ddr ðr
� 1Þ ¼
¼ C 1 ð� 1Þ r� 2 ¼ � C 1
r 2
An der Erdoberfl�che ðr ¼ RÞ hat die Radialkomponente den Wert g r ðr ¼ RÞ ¼ � g 0.Aus diesem speziellen Wert bestimmen wir die noch unbekannte Konstante C 1 :
gr ðr ¼ RÞ ¼ � C 1
R 2¼ � g 0 ) C 1 ¼ g 0 R
2
Die Radialkomponente g r lautet damit wie folgt:
gr ¼ � C 1
r 2¼ � g 0 R 2
r 2, r � R
F�r die Erd- oder Fallbeschleunigung gilt dann:
~gg ¼ � gradF ¼ g r~ee r ¼ � g 0 R 2
r 2~ee r , r � R
Der Betrag g ¼ j~gg j der Erdbeschleunigung ~gg nimmt dabei mit zunehmender Entfer-nung von der Erdoberfl�che wie folgt ab (siehe Bild XIII-15):
g ¼ j~gg j ¼ j g r j ¼ � g 0 R 2
r 2
¼ g 0 R 2
r 2¼ g 0 R
2 � 1r 2� 1
r 2, r � R
XIII Vektoranalysis472
Das Gravitationspotential F lautet damit in Abh�ngigkeit vom Abstand r :
F ðrÞ ¼ � C 1
r¼ � g 0 R 2
r¼ � g 0 R
2 � 1r� 1
r, r � R
Der Betrag des Gravitationspotentials nimmt dabei mit zunehmender Entfernung von derErdkugel ab (siehe Bild XIII-16):
Beispiel 11: Potential und Feldst�rke des elektrischen Feldesim Innenraum eines homogen geladenen Zylinders
Gradient, Potentialgleichung (Laplace-Gleichung)
Ein langer homogen geladener Zylinder mit dem Radius R und der konstanten (positiven)Ladungsdichte r el (Ladung pro Volumeneinheit) erzeugt ein axial- oder zylindersymmetri-sches elektrisches Feld.
a) Bestimmen Sie aus der Potentialgleichung [ A67 ] das elektrische Potential V des Feldesim Innern des Zylinders.
b) Beschreiben Sie das elektrische Feld im Innenraum des Zylinders durch den elektrischenFeldst�rkevektor ~EE.
Hinweis: Verwenden Sie symmetriegerechte Koordinaten, d. h. hier Zylinderkoordinaten r, jund z. Die Symmetrieachse des Zylinders f�llt in die z-Achse. Das Potential V verschwin-det auf dieser Achse, d. h. es gilt V ðr ¼ 0Þ ¼ 0.
Lehrbuch: Bd. 3, I.4.1, I.5.3.3 und I.6.2.3 Physikalische Grundlagen: A57, A67
rR
1r 2
g ~
g
g0
rR
g R0
| |F ~
| |F
1r
Bild XIII-15 Bild XIII-16
XIII Vektoranalysis 473
L�sung :a) Das Potential V des elektrischen Feldes h�ngt wegen der Zylindersymmetrie des Feldes
nur von der Abstandskoordinate r ab (r ist der senkrechte Abstand zur Symmetrieach-se): V ¼ V ðrÞ. Die Potentialgleichung [ A67 ] reduziert sich daher (in Zylinderkoordina-ten) wie folgt:
DV ¼ 1r� @
@rr � @V
@r
� �¼ � r el
e 0
Wir multiplizieren die Gleichung mit r und beachten, dass die partiellen Ableitungenauch als gew�hnliche Ableitungen geschrieben werden k�nnen, da V nur von einer Varia-blen (der Abstandskoordinate r) abh�ngt:
ddr
r � dVdr
� �¼ d
drðr � V 0 ðrÞÞ ¼ � r el
e 0� r
Unbestimmte Integration beiderseits liefert dann:ðddrðr � V 0 ðrÞÞ dr ¼ � r el
e 0�ðr dr )
r � V 0 ðrÞ ¼ � r el
e 0� 12r 2 þ C 1 ¼ � r el
2 e 0� r 2 þ C 1
F�r r ¼ 0 folgt aus dieser Gleichung:
� 0 þ C 1 ¼ 0 ) C 1 ¼ 0
Somit ist
r � V 0 ðrÞ ¼ � r el
2 e 0� r 2 bzw: V 0 ðrÞ ¼ � r el
2 e 0� r
(nach Division durch r). Wir integrieren abermals auf beiden Seiten:
V ðrÞ ¼ðV 0 ðrÞ dr ¼ � r el
2 e 0�ðr dr ¼ � r el
2 e 0� 12r 2 þ C 2 ¼ � r el
4 e 0� r 2 þ C 2
Auf der Zylinderachse (z-Achse) verschwindet das Potential:
V ðr ¼ 0Þ ¼ 0 ) � 0 þ C 2 ¼ 0 ) C 2 ¼ 0
Das elektrische Potential im Innenraum des geladenen Zylinders lautet damit wie folgt:
V ¼ V ðrÞ ¼ � r el
4 e 0� r 2 , r R
b) Aus dem Potential V erhalten wir durch Bildung des Gradienten die gesuchte elektrischeFeldst�rke ~EE [ A57 ]. Da das Potential nur von r, nicht aber von j und z abh�ngt,erhalten wir das folgende Ergebnis:
XIII Vektoranalysis474
~EE ¼ � gradV ¼ � @V@r
~eer ¼ � dVdr
~ee r ¼ � ddr
� r el
4 e 0� r 2
� �~eer ¼
¼ r el
4 e 0� ddrðr 2Þ~eer ¼ r el
4 e 0� 2r~ee r ¼ r el
2 e 0� r~ee r , r R
Der Betrag der Feldst�rke nimmt also linear mit zunehmenden Abstand r von der Zylin-derachse zu (siehe Bild XIII-17):
E ¼ j ~EE j ¼ r el
2 e 0� r~ee r
¼¼ r el
2 e 0� r � j~ee r j ¼|{z}
1
¼ r el
2 e 0� r � r
Beispiel 12: Wirbelfreies Geschwindigkeitsfeld einer ebenen Str�mung
Divergenz, Rotation, Gradient
Das station�re Geschwindigkeitsfeld einer ebenen Str�mung laute in Polarkoordinaten r und jwie folgt:
~vv ¼ 1r~eej , r > 0 ð~eej : tangentialer EinheitsvektorÞ
a) Bestimmen Sie die Stromlinien (Feldlinien) des Geschwindigkeitsfeldes.
b) Zeigen Sie: Das Geschwindigkeitsfeld ist rotationsfrei (d. h. wirbelfrei).
c) Wie lautet die Darstellung des Feldes in (ebenen) kartesischen Koordinaten? Pr�fen Sie,ob das Feld auch quellenfrei ist (Rechnung in kartesischen Koordinaten).
d) Handelt es sich um eine Potentialstr�mung? Bestimmen Sie gegebenenfalls das Potentialdes Feldes.
Lehrbuch: Bd. 3, I.4.1, I.5 und I.6.1.3 Physikalische Grundlagen: A66
L�sung :a) Das Geschwindigkeitsfeld besitzt nur eine Tangentialkomponente vj ¼ vj ðrÞ ¼ 1=r.
Die Bewegung eines Fl�ssigkeitsteilchens erfolgt daher in tangentialer Richtung, d. h. aufeinem Kreis und zwar mit der konstanten Geschwindigkeit v ¼ 1=r.
reel
0
R
2
E~r
R r
E
Bild XIII-17
XIII Vektoranalysis 475
Die Stromlinien sind somit konzentrische Kreise um den Koordinatenursprung (siehe BildXIII-18). Die Geschwindigkeit nimmt dabei dem Betrage nach in radialer Richtung nachaußen hin ab (proportional zu 1=r).
b) Da ein ebenes Geschwindigkeitsfeld vorliegt, kann es nur eine z-Komponente der Rota-tion von ~vv geben. F�r diese erhalten wir mit v r ¼ 0 und vj ¼ 1=r :
ðrot~vv Þ z ¼1r
@
@rðr � vjÞ � @v r
@j
�¼ 1
r� @@r
r � 1r
� �¼ 1
r� @@rð1Þ ¼ 1
r� 0 ¼ 0|{z}
0|fflffl{zfflffl}
0
Somit gilt rot~vv ¼ ~00, das Geschwindigkeitsfeld ist wirbel- und damit rotationsfrei.
c) Mit Hilfe der Transformationsgleichungen
sin j ¼ yr, cos j ¼ x
r, r 2 ¼ x 2 þ y 2 , ~eej ¼ � sin j~ee x þ cos j~ee y
erhalten wir die gew�nschte Darstellung des Geschwindigkeitsfeldes in kartesischen Koor-dinaten:
~vv ¼ 1r~eej ¼ 1
rð� sin j~ee x þ cos j~ee yÞ ¼ 1
r� y
r~ee x þ x
r~ee y
� �¼
¼ 1r 2ð� y~ee x þ x~ee yÞ ¼ 1
x 2 þ y 2ð� y~ee x þ x~ee yÞ
x
y
v
v
v
v
vv
v
v
vv
v
v
Bild XIII-18
XIII Vektoranalysis476
Die Geschwindigkeitskomponenten lauten somit:
v x ¼ � yx 2 þ y 2
, v y ¼ xx 2 þ y 2
Das Feld ist quellenfrei, wenn die Divergenz von ~vv verschwindet. Die dabei ben�tigtenpartiellen Ableitungen erhalten wir mit Hilfe der Kettenregel (Substitution: u ¼ x 2 þ y 2):
div~vv ¼ @v x
@xþ @v y
@y¼ @
@x� y
x 2 þ y 2
� �þ @
@yx
x 2 þ y 2
� �¼
¼ � y � @
@xðx 2 þ y 2Þ� 1 þ x � @
@yðx 2 þ y 2Þ� 1 ¼
¼ � y ð� 1Þ ðx 2 þ y 2Þ� 2 � 2 x þ x ð� 1Þ ðx 2 þ y 2Þ� 2 � 2 y ¼
¼ 2 x y
ðx 2 þ y 2Þ 2 �2 x y
ðx 2 þ y 2Þ 2 ¼ 0
Das Geschwindigkeitsfeld ist somit quellenfrei.
d) Das Geschwindigkeitsfeld ist quellen- und wirbelfrei und damit ein Potentialfeld, dessen Po-tential F (hier als Geschwindigkeitspotential bezeichnet) aus der Gleichung ~vv ¼ gradFwie folgt bestimmt werden kann [A66 ]:
~vv ¼ gradF ) @F
@x¼ v x ¼ � y
x 2 þ y 2,
@F
@y¼ v y ¼ x
x 2 þ y 2
Wir integrieren die erste Gleichung:
F ¼ð@F
@xdx ¼ � y �
ð1
x 2 þ y 2dx|fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}
Integral Nr: 29 mit a ¼ y
¼ � y � 1y� arctan x
y
� �þ K ðyÞ ¼
¼ � arctanxy
� �þ K ðyÞ
Dabei haben wir ber�cksichtigt, dass die „Integrationskonstante“ noch von y abh�ngenkann (also eine Funktion von y ist). Jetzt differenzieren wir F mit Hilfe der Kettenregelpartiell nach y, das Ergebnis ist die bereits bekannte Geschwindigkeitskomponente v y :
@F
@y¼ @
@y� arctan
xy
� �þ K ðyÞ
� �¼ @
@y
�� arctan ðx y� 1Þ þ K ðyÞ
�¼
¼ � 1
1 þ ðx y� 1Þ 2 � x ð� 1Þ y� 2 þ K 0 ðyÞ ¼ 1
1 þ xy
� �2 � xy 2þ K 0 ðyÞ ¼
¼ x
1 þ x 2
y 2
� �y 2
þ K 0 ðyÞ ¼ xy 2 þ x 2
þ K 0 ðyÞ ¼ xx 2 þ y 2
þ K 0 ðyÞ
XIII Vektoranalysis 477
@F
@y¼ v y ) x
x 2 þ y 2þ K 0 ðyÞ ¼ x
x 2 þ y 2) K 0 ðyÞ ¼ 0
Aus K 0 ðyÞ ¼ 0 folgt K ðyÞ ¼ const:. Das Geschwindigkeitspotential lautet daher:
F ¼ F ðx; yÞ ¼ � arctanxy
� �þ const:
Beispiel 13: Magnetfeld eines stromdurchflossenen linearen Leiters
Linienintegral
Durch einen langen zylindrischen Leiter mit dem Querschnittsradius R fließe in L�ngsrich-tung ein �ber den Leiterquerschnitt gleichm�ßig verteilter Strom der St�rke I 0 (Bild XIII-19;Zylinderachse (z-Achse) senkrecht zur Zeichenebene nach oben gerichtet). Er erzeugt einringf�rmiges Magnetfeld mit einer ortsabh�ngigen magnetischen Feldst�rke ~HH.
Bestimmen Sie die Abh�ngigkeit des Betra-ges H ¼ j ~HH j der Feldst�rke vom senk-rechten Abstand r gegen�ber der Leiter-mitte (Leiterachse) M
a) innerhalb des Leiters,
b) außerhalb des Leiters
mit Hilfe des Durchflutungsgesetzes [ A64 ].
Lehrbuch: Bd. 3, I.7 Physikalische Grundlagen: A19, A64
L�sung :Sowohl im Innen- als auch im Außenbereich des Leiters gilt: In jeder Ebene senkrecht zurLeiterachse (z-Achse) verlaufen die magnetischen Feldlinien wegen der Kreis- bzw. Zylinder-symmetrie in Form von konzentrischen Kreisen um die Leiterachse, wobei der Betrag H desmagnetischen Feldst�rkevektors ~HH l�ngs einer jeden Feldlinie konstant ist. H ist somit einereine Funktion der Abstandskoordinate r : H ¼ HðrÞ.a) Im Innenbereich 0 r R hat die Stromdichte S [ A19 ] wegen der gleichm�ßigen
Stromverteilung an jeder Stelle des Leiters den gleichen Wert
S ¼ StromstarkeQuerschnittsflache
¼ I 0p R 2
¼ const:
R
M
magnetische Feldlinien LeiterquerschnittBild XIII-19
XIII Vektoranalysis478
Durch die in Bild XIII-20 dunkelgrau unterlegte Kreis-fl�che vom Radius r und Fl�cheninhalt A ðrÞ ¼ p r 2
fließt somit ein Strom der St�rke
I ðrÞ ¼ S � A ðrÞ ¼ I 0p R 2
� p r 2 ¼ I 0R 2� r 2
Nach dem Durchflutungsgesetz [ A64 ] gilt dann:þK
~HH � d~rr ¼ I ðrÞ ¼ I 0R 2� r 2
Die Integration erfolgt dabei l�ngs einer magnetischen Feldlinie, d. h. l�ngs eines konzen-trischen Kreises K vom Radius r. Der Verschiebungsvektor d~rr hat tangentiale Richtungwie auch der Feldst�rkevektor ~HH. Daher gilt f�r das skalare Produkt dieser Vektoren imgeschlossenen Linienintegral:
~HH � d~rr ¼ H � dr � cos 0� ¼ H � dr � 1 ¼ H � drBeim Umlauf l�ngs der (konzentrischen) Kreisbahn K vom Radius r bleibt H konstant,der dabei zur�ckgelegte Weg entspricht dem Kreisumfang 2p r. Somit istþ
K
~HH � d~rr ¼þK
H � dr ¼ H �þdr|ffl{zffl}
2p r
¼ H � 2p r ¼ I 0R 2� r 2
und daher
H ¼ H ðrÞ ¼ I 02p R 2
� r � r , 0 r R
Die magnetische Feldst�rke H nimmt also im Innern des Leiters proportional zum Leiter-abstand r zu und zwar vom Minimalwert H ðr ¼ 0Þ ¼ 0 bis zum MaximalwertH ðr ¼ RÞ ¼ I 0=ð2p RÞ (siehe hierzu auch Bild XIII-21).
b) Im Außenbereich des zylindrischen Leiters gilt: Durch jede Kreisfl�che vom Radiusr � R fließt der gleiche Strom I 0. Nach dem Durchflutungsgesetz [ A64 ] gilt somit nachanalogen �berlegungen wie im L�sungsteil a)þ
K
~HH � d~rr ¼þK
H � dr ¼ H �þK
dr ¼ H � 2p r ¼ I 0
Die magnetische Feldst�rke H nimmt damit außerhalb des Leiters nach der Gleichung
H ¼ H ðrÞ ¼ I 02p� 1r� 1
r, r � R
reziprok zum Abstand r ab (siehe Bild XIII-21).
H
r
dr
R
K
M
Bild XIII-20
XIII Vektoranalysis 479
Beispiel 14: Elektrisches Feld einer Linienquelle
Gradient, Rotation, Linienintegral
Das Potential des elektrischen Feldes in der Umgebung einer Linienquelle 4) l�sst sich in Ab-h�ngigkeit vom (senkrechten) Abstand r zur Leitermitte durch die Gleichung
V ¼ V ðrÞ ¼ � l
2p e 0� ln r
r 0
� �, r > 0
beschreiben.
e 0 : elektrische Feldkonstante; l: Ladung pro L�ngeneinheit;
r 0 > 0: Lage des Bezugspunktes mit dem Nullpotential, d. h. V ðr 0Þ ¼ 0
a) Wie lauten die kartesischen Komponenten Ex, Ey und Ez sowie der Betrag E ¼ j ~EE jdes elektrischen Feldst�rkevektors ~EE?
b) Zeigen Sie: Das elektrische Feld ist konservativ, d. h. die Arbeit beim Verschieben einerLadung im Feld h�ngt nur vom Anfangs- und Endpunkt des Weges ab, nicht aber vomeingeschlagenen Weg.
c) Welche Arbeit W wird beim Verschieben einer Ladung Q vom Punkt A zum Punkt Bverrichtet, wenn die senkrechten Abst�nde dieser Punkte von der Linienquelle r 1 bzw.r 2 betragen?
Hinweis: Die Linienquelle liegt in der z-Achse. Beachten Sie die Zylindersymmetrie deselektrischen Feldes.
Lehrbuch: Bd. 3, I.4.1, I.5.2 und I.7.3 Physikalische Grundlagen: A10, A55, A57
H ~ r 1rH ~
Innenbereich Außenbereich
I
2 R0
p
H
R rBild XIII-21
4) Linienquelle: Extrem d�nner (unendlich) langer zylindrischer Leiter mit homogener (konstanter) Ladungsvertei-lung.
XIII Vektoranalysis480
L�sung :a) Die �quipotentialfl�chen [ A55 ] des elektrischen Feldes sind wegen der Zylindersym-
metrie koaxiale Zylinderfl�chen (Mantelfl�chen koaxialer Zylinder). Der elektrische Feld-st�rkevektor ~EE ist daher (bei einer angenommenen positiven Linienladung) radial nachaußen gerichtet. Es gibt somit keine Komponente in Richtung der z-Achse, d. h. es istEz ¼ 0. Der Vektor ~EE kann also als ebener Vektor aufgefasst werden. Jeder ebeneSchnitt senkrecht zur Linienquelle (z-Achse) liefert das gleiche radialsymmetrische elektri-sche Feld (siehe Bild XIII-22; Schnittebene ist die x, y-Ebene, die z-Achse ist senkrechtzur Zeichenebene nach oben gerichtet).
Die elektrische Feldst�rke ~EE ist der negative Gradient des Potentials V [ A57 ]:
~EE ¼ Ex~ee x þ Ey~ee y ¼ � grad V ¼ � @V@x
~ee x � @V@y
~ee y
Die Feldst�rkekomponenten Ex und Ey sind somit die mit � 1 multiplizierten partiellenAbleitungen 1. Ordnung der Potentialfunktion V ðrÞ ¼ V ðx; yÞ. Bevor wir diese Ablei-tungen bilden k�nnen, m�ssen wir das Potential in kartesischen Koordinaten ausdr�cken.Den im Potential auftretenden logarithmischen Term bringen wir unter Verwendung derBeziehung
r ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffix 2 þ y 2
p¼ ðx 2 þ y 2Þ 1=2 ðSatz des PythagorasÞ
mit Hilfe der bekannten Rechenregeln f�r Logarithmen auf eine f�r das Differenziereng�nstigere Form:
lnrr 0
� �¼ ln r � ln r 0 ¼ ln ðx 2 þ y 2Þ 1=2 � ln r 0 ¼ 1
2� ln ðx 2 þ y 2Þ � ln r 0
Somit ist
V ¼ V ðx; yÞ ¼ � l
2p e 0� ln r
r 0
� �¼ � l
2p e 0
12� ln ðx 2 þ y 2Þ � ln r 0
� �
xx
y
y
E
rP
Äquipotentialfläche(koaxialer Zylindermantel)
Linienquelle(Querschnitt)
Bild XIII-22
XIII Vektoranalysis 481
Mit der Kettenregel erhalten wir hieraus die gesuchten Feldkomponenten Ex und Ey :
Ex ¼ � @V@x¼ � @
@x� l
2p e 0
12� ln ðx 2 þ y 2Þ � ln r 0
� � �¼
¼ l
2p e 0� @@x
12� ln ðx 2 þ y 2Þ � ln r 0
�¼ l
2p e 0
12� 1x 2 þ y 2
� 2 x � 0
�¼
¼ l
2p e 0� xx 2 þ y 2
¼ l
2p e 0� xr 2
ðmit x 2 þ y 2 ¼ r 2Þ
Analog: Ey ¼ � @V@y¼ l
2p e 0� yr 2
Der elektrische Feldst�rkevektor lautet somit in kartesischen Koordinaten wie folgt:
~EE ¼ Ex~ee x þ Ey~ee y ¼ l
2p e 0� xr 2
~ee x þ l
2p e 0� yr 2
~ee y ¼ l
2p e 0 r 2ðx~ee x þ y~ee yÞ ¼
¼ l
2p e 0 r 2x
y
� �¼ l
2p e 0 ðx 2 þ y 2Þx
y
� �F�r den Betrag der Feldst�rke erhalten wir (in Polarkoordinaten):
E ¼ j ~EE j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiE 2
x þ E 2y
q¼ l
2p e 0 r 2�
ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffix 2 þ y 2
p¼ l
2p e 0 r 2� r ¼ l
2p e 0 r¼
¼ l
2p e 0� 1r� 1
r, r > 0
Er nimmt nach außen hin ab und zwar umgekehrt proportional zum Abstand r von derLeitermitte (z-Achse; siehe hierzu Bild XIII-23).
b) Das elektrische Feld ist konservativ, wenn der Vektor rot ~EE verschwindet. Bei einem ebenenFeld wie in diesem Beispiel verschwinden bekanntlich die x- und y-Komponenten der Rota-tion automatisch. Die z-Komponente verschwindet, wenn die sog. Integrabilit�tsbedingung
ðrot ~EE Þ z ¼@Ey
@x� @Ex
@y¼ 0 oder
@Ex
@y¼ @Ey
@x
E
r
1rE ~
Bild XIII-23
XIII Vektoranalysis482
erf�llt ist. Die ben�tigten partiellen Ableitungen lauten (unter Verwendung der Kettenregel):
@Ex
@y¼ @
@yl
2p e 0� xx 2 þ y 2
�¼ l
2p e 0� x � @
@yðx 2 þ y 2Þ� 1 ¼
¼ l
2p e 0� x � ð� 1Þ ðx 2 þ y 2Þ� 2 � 2 y ¼ � l
p e 0� x y
ðx 2 þ y 2Þ 2
Analog:@Ey
@x¼ @
@xl
2p e 0� yx 2 þ y 2
�¼ � l
p e 0� x y
ðx 2 þ y 2Þ 2
Die partiellen Ableitungen stimmen �berein, das elektrische Feld ist somit konservativ.
c) Das elektrische Feld ist konservativ, die Arbeit ist daher wegunabh�ngig, h�ngt also nurvom Anfangspunkt A und dem Endpunkt B ab. Wir w�hlen den in Bild XIII-24 skizzier-ten Weg C, der zun�chst von A aus radial nach A * (Weg C 1) und von dort auf demKreisbogen vom Radius r 2 weiter nach B * verl�uft (Weg C 2). Der Punkt B * liegtdabei oberhalb oder unterhalb des Endpunktes B (in Richtung der z-Achse betrachtet)oder er f�llt mit B zusammen. Bei der Verschiebung der Ladung Q von B * nach B(parallel zur z-Achse) wird keine Arbeit verrichtet, dabeide Punkte in einer gemeinsamen �quipotentialfl�che(Zylinderfl�che) liegen. Die vom elektrischen Feld ander Ladung Q l�ngs des Weges C ¼ C 1 þ C 2 ver-richtete Arbeit W wird durch das Arbeitsintegral
W ¼ðC
~FF � d~rr ¼ðC 1
~FF � d~rr þðC 2
~FF � d~rr ¼
¼ W 1 þ W 2
berechnet. Dabei ist ~FF die auf die Ladung einwirkendeKraft und d~rr das Wegelement in Richtung des Weges(Verschiebung der Ladung um d~rr in Wegrichtung).
Arbeit W 1 l�ngs des Weges C 1 von A nach A*:
Die Verschiebung der Ladung Q erfolgt in radialer Richtung (Feldrichtung). Daher gilt
unter Ber�cksichtigung von ~FF ¼ Q ~EE [ A10 ]:
dW 1 ¼ ~FF � d~rr ¼ ðQ ~EE Þ � d~rr ¼ Q ð~EE � d~rr Þ ¼ Q ðE � dr � cos 0�|fflffl{zfflffl}1
Þ ¼ QE dr ¼
¼ Q � l
2p e 0� 1r� dr ¼ lQ
2p e 0� 1r
dr
W 1 ¼ðC 1
dW 1 ¼ðC 1
~FF � d~rr ¼ lQ2p e 0
�ðr 2r 1
1r
dr ¼ lQ2p e 0
hln r
i r 2r 1¼
¼ lQ2p e 0
ðln r 2 � ln r 1Þ ¼ lQ2p e 0
� ln r 2r 1
� �
r1
B*C2
A*
AC1
r2
E
Linienquelle
Bild XIII-24
XIII Vektoranalysis 483
Arbeit W 2 l�ngs des Weges C 2 von A* nach B*:
Der Verschiebungsvektor d~rr hat diesmal tangentiale Richtung und steht damit senkrechtauf den Vektoren ~EE und ~FF ¼ Q ~EE. Somit gilt auf diesem kreisf�rmigen Wegst�ck:
dW 2 ¼ ~FF � d~rr ¼ ðQ ~EEÞ � d~rr ¼ Q ð~EE � d~rr Þ ¼ Q ðE � dr � cos 90�|fflfflffl{zfflfflffl}0
Þ ¼ 0
Durch Aufsummieren (Integration) folgt schließlich:
W 2 ¼ðC 2
dW 2 ¼ðC 2
~FF � d~rr ¼ 0
Die Verschiebung erfolgt auf diesem Teilst�ck erwartungsgem�ß ohne Arbeitsaufwand, da
der Kreisbogen_A*B* in einer �quipotentialfl�che liegt.
Gesamtarbeit W ¼ W 1 þ W 2 :
W ¼ W 1 þ W 2 ¼ lQ2p e 0
� ln r 2r 1
� �þ 0 ¼ lQ
2p e 0� ln r 2
r 1
� �
Beispiel 15: Magnetische Feldst�rke in der Achseeines stromdurchflossenen kreisf�rmigen Leiters
Linienintegral
Ein kreisf�rmiger Leiter vom Radius R wird von einem konstanten Strom der St�rke Idurchflossen (Bild XIII-25; der Kreisring liegt in einer Ebene senkrecht zur Zeichenebene).
a) Bestimmen Sie den Betrag H dermagnetischen Feldst�rke ~HH in ei-nem Punkt P der Kreisringachse(x-Achse) durch Anwendung desBiot-SavartschenGesetzes [A49 ].
b) Wie stark ist das Magnetfeld inder Ringmitte M bzw. in großerEntfernung von der Ringmitte?
x : Lagekoordinate des Punktes Pð�1 < x < 1Þ
Lehrbuch: Bd. 3, I.7.3 Physikalische Grundlagen: A49
xx
Leiterelement ds
dHydH
a
a
dHxP
kreisförmiger Leiter
R
I
M
r
Bild XIII-25
XIII Vektoranalysis484
L�sung :a) Wir betrachten ein im Kreisring gelegenes Leiterelement d~ss und einen Punkt P auf der
Kreisringachse (das Leiterelement liegt in einer Ebene senkrecht zur Zeichenebene). ~rr istder vom Leiterelement zum Punkt P f�hrende Abstandsvektor der L�nge r ¼ j~rr j, mit xbezeichnen wir den Abstand des Punktes P vom Mittelpunkt M des Kreisringes (sieheBild XIII-25). Das vom Strom I durchflossene Leiterelement d~ss erzeugt dann in P nachdem Biot-Savartschen Gesetz [ A49 ] ein magnetisches Feld mit dem Feldst�rkevektor
d~HH ¼ I4p� d~ss � ~rr
r 3
vom Betrage
dH ¼ j d~HH j ¼ I4p� d~ss � ~rr
r 3
¼ I4p� j d~ss � ~rr j
r 3¼ I
4p� j~rr � d~ss j
r 3
Da die Vektoren ~rr und d~ss einen rechten Winkel miteinander bilden, gilt
j~rr � d~ss j ¼ j~rr j � j d~ss j � sin 90� ¼ r � ds � 1 ¼ r ds
und somit
dH ¼ I4p� j~rr � d~ss j
r 3¼ I
4p� r dsr 3¼ I
4p r 2ds
F�r die Komponente dHx der magnetischen Feldst�rke in Achsenrichtung (x-Richtung)
erhalten wir dann unter Ber�cksichtigung der aus Bild XIII-25 ersichtlichen Beziehungen
sin a ¼ j d~HHx jj d~HH j ¼
dHx
dHund sin a ¼ R
j~rr j ¼Rr
den folgenden Ausdruck:
dHx ¼ dH � sin a ¼ I4p r 2
ds � Rr¼ I R
4p r 3ds
Wegen der Kreissymmetrie gilt dann: In Achsenrichtung addieren sich die Beitr�ge dHx
aller Leiterelemente, w�hrend sich die dazu senkrechten Komponenten dHy insgesamt inihrer Wirkung aufheben 5).
Das resultierende Magnetfeld ~HH im Achsenpunkt P besitzt daher nur eine KomponenteHx in Achsenrichtung, d. h. es ist H ¼ Hx. Durch Summation, d. h. Integration �bers�mtliche im Kreisring gelegenen Leiterelemente erhalten wir schließlich die resultierendemagnetische Feldst�rke im Achsenpunkt P (die Integration f�hrt auf ein Linienintegral):
H ¼þdHx ¼
þI R
4p r 3ds ¼ I R
4p r 3�þds|ffl{zffl}
2p R
¼ I R4p r 3
� 2p R ¼ I R 2
2 r 3¼ I R 2
2� 1r 3
5) Die Komponenten dHy diametral gegen�berliegender Leiterelemente haben entgegengesetzte Richtungen undheben sich somit paarweise auf.
XIII Vektoranalysis 485
Ber�cksichtigt haben wir dabei, dass das Linienintegralþds dem Umfang 2p R des
stromdurchflossenen Kreisringes entspricht.
Die magnetische Feldst�rke H l�sstsich mit Hilfe der aus dem Satz desPythagoras gewonnenen Beziehungr 2 ¼ R 2 þ x 2 (siehe Bild XIII-25)
auch wie folgt durch die Koordinate
x ausdr�cken 6):
H ðxÞ ¼ I R 2
2� 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðR 2 þ x 2Þ 3
qð�1 < x < 1Þ. Der Verlauf dieserFunktion ist in Bild XIII-26 dargestellt.
b) In der Ringmitte ðx ¼ 0Þ erreicht die magnetische Feldst�rke (betragsm�ßig) ihrengr�ßten Wert:
Hmax ¼ H ðx ¼ 0Þ ¼ I R 2
2� 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðR 2Þ 3
q ¼ I R 2
2� 1ffiffiffiffiffiffi
R 6p ¼ I R 2
2� 1R 3¼ I
2R
In großer Entfernung von der Ringmitte, d. h. f�r j x j R ist R 2 þ x 2 � x 2 und f�rdie Feldst�rke gilt dann (n�herungsweise)
H ðxÞ � I R 2
2� 1ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðx 2Þ 3
q ¼ I R 2
2� 1
j x j 3 , j x j R
Je weiter wir uns von der Ringmitte entfernen, umso schw�cher wird das Magnetfeld (sieheBild XIII-26).
Beispiel 16: Gravitationspotential der Erde
Rotation, konservatives Feld, Linienintegral
Im Gravitationsfeld der Erde erf�hrt eine Masse m eine Anziehungskraft nach dem vonNewton stammenden Gravitationsgesetz [ A18 ]
~FF ¼ � g mMr 2
~ee r , r � R
g: Gravitationskonstante; M : Erdmasse; R : Erdradius; ~ee r : radialer Einheitsvektor;
r : Abstand der Masse m vom Erdmittelpunkt
x
HH(0 ) = I
2R
Bild XIII-26
6) Das Magnetfeld ist spiegelsymmetrisch zur Ebene des Kreisrings, daher kann die Koordinate x auch negativeWerte annehmen.
XIII Vektoranalysis486
a) Zeigen Sie, dass dieses Kraftfeld konservativ und somit ein Potentialfeld ist.
b) Bestimmen Sie das Gravitationspotential F, d. h. diejenige Arbeit, die man an der Ein-heitsmasse m ¼ 1 verrichten muss, um diese aus dem Unendlichen in den Abstand rvom Erdmittelpunkt zu bringen ðr � RÞ.
Lehrbuch: Bd. 3, I.5.2, I.6.3.3 und I.7.4 Physikalische Grundlagen: A18
L�sung :a) Das kugelsymmetrische (radialsymmetrische) Gravitationsfeld ~FF ist konservativ, wenn es
wirbelfrei ist, d. h. rot ~FF ¼ ~00 gilt. Der in Kugelkoordinaten r, J und j ausgedr�ckteVektor rot ~FF reduziert sich zun�chst auf
rot ~FF ¼ 1r � sin J �
@Fr
@j~eeJ � 1
r� @Fr
@J~eej
da das Gravitationsfeld nur eine Radialkomponente Fr besitzt:
Fr ¼ � g mMr 2
, FJ ¼ 0 , Fj ¼ 0
Fr h�ngt nur von r, nicht aber von den Winkeln J und j ab. Daher verschwinden die
partiellen Ableitungen@Fr
@Jund
@Fr
@jund es gilt:
rot ~FF ¼ 1r � sin J � 0~eeJ �
1r� 0~eej ¼ 0~eeJ � 0~eej ¼ ~00
Das Gravitationsfeld ist somit wirbelfrei und konservativ.
b) Das Gravitationspotential F ist definitionsgem�ß durch das weg-unabh�ngige Linienintegral
F ¼ �ðr1
~FF � d~rr
gegeben, wobei wir die Integration in radialer Richtung ausf�hrend�rfen (siehe Bild XIII-27).~FF ist dabei die Gravitationskraft f�r die Einheitsmasse m ¼ 1:
~FF ¼ � g Mr 2
~ee r ¼ �gM � 1r 2
~ee r
Da die Vektoren ~FF und d~rr gleiche Richtung haben, gilt
~FF � d~rr ¼ F � dr � cos 0 � ¼ F � dr � 1 ¼ F dr
Damit erhalten wir das folgende Gravitationspotential:
r > R
m
m
R
Erde
r = ∞
Bild XIII-27
XIII Vektoranalysis 487
F ¼ �ðr1
~FF � d~rr ¼ gM �ðr1
1r 2
dr ¼ gM �ðr1
r� 2 dr ¼ gMr� 1
� 1
� r
1¼
¼ gM � 1r
� r
1¼ gM � 1
rþ 0
� �¼ � gM
r� 1
r, r � R
Der Betrag des Gravitationspotentials h�ngt nur vom Abstand r ab und nimmt mit zuneh-mendem Abstand proportional zu 1=r ab (siehe Bild XIII-28).
Beispiel 17: Fluss eines elektrischen Feldes durch eine geschlosseneOberfl�che
Oberfl�chenintegral, Volumenintegral,Integralsatz von Gauß
Ein zylindrischer Leiter mit dem Querschnittsradius R, der L�nge (H�he) H und der kon-stanten r�umlichen Ladungsdichte r el > 0 (Ladung pro Volumeneinheit) erzeugt im Innen-und Außenraum ein zylinder- oder axialsymmetrisches elektrisches Feld mit der elektrischenFeldst�rke (in Zylinderkoordinaten)
~EE ¼ ~EE ðrÞ ¼
r el r
2 e 0~eer r R ðInnenraumÞ
fur
r el R2
2 e 0 r~ee r r > R ðAußenraumÞ
8>>>>><>>>>>:e 0 : elektrische Feldkonstante; r: senkrechter Abstand eines Raumpunktes von der Zylinder-
achse (z-Achse); ~eer : Einheitsvektor, senkrecht zur Zylinderachse nach außen gerichtet
rR
| |F ~
| |F
1r
gMR
Bild XIII-28
XIII Vektoranalysis488
Nach einer von Maxwell stammenden Beziehung sollte der Fluss dieses Feldes durch die(geschlossene) Oberfl�che eines koaxialen Zylinders mit dem Radius r > R den Wert Q=e 0besitzen, wobei Q die Ladung des zylindrischen Leiters bedeutet 7). �berpr�fen Sie dieseAussage
a) auf direktem Wege �ber das „Flussintegral“ (Oberfl�chenintegral),
b) mit Hilfe des Gaußschen Integralsatzes .
Hinweis: Wegen der vorgegebenen Symmetrie verwendet man zweckm�ßigerweise Zylinder-koordinaten r, j und z.
Lehrbuch: Bd. 3, I.8 und I.9.1
L�sung :a) Der Fluss des elektrischen Feldes durch die Oberfl�che A des koaxialen Zylinders mit
dem Radius r > R ist durch das Oberfl�chenintegral („Flussintegral“)
ðAÞ
ððð~EE � ~NNÞ dA ¼
ðððMÞ
ð~EE � ~NN Þ dA
gegeben (M : Mantelfl�che des koaxialen Zylinders, siehe Bild XIII-29).
Dabei haben wir bereits ber�cksichtigt, dass weder der „Boden“ noch der „Deckel“ desZylinders Beitr�ge liefern, da das elektrische Feld keine Komponente in Achsenrichtunghat ðEz ¼ 0; es existiert nur eine senkrecht zur Achse gerichtete axiale KomponenteEr 6¼ 0, siehe Bild XIII-29b)). Der Fluss des Feldes erfolgt also ausschließlich durch dieMantelfl�che M des koaxialen Zylinders.
b)a)
R
E = E eQ Q
koaxialerZylinder
geladener Zylinder(Querschnitt)
r
geladener Zylinder(Radius R)
koaxialer Zylinder(Radius r)
Bild XIII-29
7) Es handelt sich bei dieser Beziehung um eine der vier Maxwellschen Gleichungen.
XIII Vektoranalysis 489
Im Integrand ~EE � ~NN des Flussintegrals ist ~EE die elektrische Feldst�rke auf der Mantelfl�-che, also f�r den Zylinderradius r ¼ r > R, und ~NN die Fl�chennormale, identisch mitdem nach außen gerichteten Einheitsvektor ~ee r . Wir erhalten damit f�r das Skalarprodukt~EE � ~NN auf der Mantelfl�che den konstanten Wert
~EE � ~NN ¼ ~EE � ~ee r ¼ r el R2
2 e 0 rð~ee r � ~ee r|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}
1
Þ ¼ r el R2
2 e 0 r
Der Fluss des elektrischen Feldes durch die Oberfl�che des koaxialen Zylinders vom Ra-dius r > R betr�gt dann:
ðAÞ
ððð~EE � ~NN Þ dA ¼
ðððMÞ
ð~EE � ~NN Þ dA ¼ðððMÞ
r el R2
2 e 0 rdA ¼ r el R
2
2 e 0 r�ðððMÞ
dA
|fflffl{zfflffl}2p r H
¼
¼ r el R2
2 e 0 r� 2p r H ¼ r el ðp R 2 HÞ
e 0¼ r el Vz
e 0¼ Q
e 0
Dabei wurde ber�cksichtigt, dass das Oberfl�chenintegralðððMÞ
dA die Mantelfl�che
M ¼ 2p r H des koaxialen Zylinders beschreibt, Vz ¼ p R 2 H das Volumen undQ ¼ r el Vz die Ladung des zylindrischen Leiters ist.
b) Der Integralsatz von Gauß erm�glicht die Berechnung des gesuchten „Flussintegrals“(Oberfl�chenintegrals) durch ein Volumenintegral (Dreifachintegral). Es gilt nach Gauß:
ðAÞ
ððð~EE � ~NN Þ dA ¼
ððððVÞ
div ~EE dV
Die Integration erfolgt dabei �ber das Volumen V des koaxialen Zylinders vom Radiusr > R. Zun�chst aber berechnen wir die Divergenz des ~EE-Feldes und zwar getrennt f�rden Innen- bzw. Außenbereich des zylindrischen Leiters, beachten dabei, dass in beidenF�llen nur eine (von null verschiedene) axiale Feldkomponente Er existiert, w�hrend diebeiden restlichen Komponenten Ej und Ez verschwinden ðE r 6¼ 0; Ej ¼ Ez ¼ 0Þ.Im Innenraum ðr RÞ gilt:
div ~EE ¼ 1r� @
@rðr � E rÞ ¼ 1
r� @
@rr � r el r
2 e 0
� �¼ 1
r� r el
2 e 0� @
@rðr 2Þ ¼
¼ r el
2 e 0 r� 2r ¼ r el
e 0
Im Außenraum ðr > RÞ dagegen verschwindet die Divergenz:
div ~EE ¼ 1r� @@rðr � E rÞ ¼ 1
r� @@r
r � r el R2
2 e 0 r
� �¼ 1
r� @@r
r el R2
2 e 0
� �¼ 1
r� 0 ¼ 0|fflffl{zfflffl}
const:
XIII Vektoranalysis490
F�r die Integration bedeutet dies: Da die Divergenz im Außenraum des zylindrischen Leitersverschwindet, k�nnen wir den Integrationsbereich auf das Volumen Vz des zylindrischenLeiters beschr�nken (keine Beitr�ge außerhalb des Leiters, siehe hierzu Bild XIII-30).
Damit erhalten wir mit Hilfe des Gaußschen Integralsatzes den folgenden Fluss durch dieOberfl�che des koaxialen Zylinders:
ðAÞ
ððð~EE � ~NNÞ dA ¼
ððððVzÞ
div ~EE dV ¼ððððVzÞ
r el
e 0dV ¼ r el
e 0�ððððVzÞ
dV
|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}Vz
¼
¼ r el
e 0� Vz ¼ r el Vz
e 0¼ Q
e 0
Dabei haben wir ber�cksichtigt, dass das DreifachintegralððððVzÞ
dV das Volumen Vz und
Q ¼ r el Vz die Ladung des zylindrischen Leiters darstellt.
Fazit: Beide Berechnungen best�tigen die Aussage (Maxwellsche Gleichung).
Beispiel 18: Fluss eines Zentralfeldes durch eine konzentrischeKugeloberfl�che
Divergenz, Oberfl�chenintegral, Integralsatz von Gauß
Bestimmen Sie den Fluss des speziellen Zentralfeldes ~FF ¼ r 2~rr durch eine konzentrischeKugeloberfl�che vom Radius R
a) auf direktem Wege �ber ein Oberfl�chenintegral („Flussintegral“),
b) mit Hilfe eines Volumenintegrals unter Verwendung des Integralsatzes von Gauß.
divE = 0
divE = 0
koaxialer Zylinder(Radius r > R)
geladener Zylinder(Radius R)
r
R
Bild XIII-30
XIII Vektoranalysis 491
Hinweis: ~rr ist der Ortsvektor eines Raumpunktes, r sein Betrag. Verwenden Sie Kugel-koordinaten r, J, und j.
Lehrbuch: Bd. 3, I.5.1, I.6.3.3, I.8 und I.9.1
L�sung :Darstellung des Zentralfeldes in Kugelkoordinaten (mit ~rr ¼ r~ee r; ~ee r ist der Einheitsvektorin radialer Richtung):
~FF ¼ r 2~rr ¼ r 2 ðr~ee rÞ ¼ r 3~ee r ¼ Fr~ee r
Das radialsymmetrische Vektorfeld besitzt nur die Radialkomponente Fr ¼ r 3, die Kom-ponenten FJ und Fj dagegen verschwinden: FJ ¼ Fj ¼ 0.
a) Auf der Kugeloberfl�che gilt r ¼ R und somit ~FF ¼ R 3~ee r . Die Fl�chennormale ~NN istidentisch mit dem radialen Einheitsvektor ~ee r . Damit erhalten wir f�r den Fluss des Vek-torfeldes ~FF durch die Oberfl�che A der Kugel vom Radius R den folgenden Wert:
ðAÞ
ððð~FF � ~NN Þ dA ¼
ðAÞ
ððR 3 ð~ee r � ~ee r|fflfflffl{zfflfflffl}
1
Þ dA ¼ðAÞ
ððR 3 dA ¼ R 3 �
ðAÞ
ððdA
|fflfflffl{zfflfflffl}4p R 2
¼
¼ R 3 � 4p R 2 ¼ 4p R 5
Denn das Oberfl�chenintegral
ðAÞ
ððdA entspricht der Kugeloberfl�che A ¼ 4p R 2.
b) Das gesuchte Flussintegral (Oberfl�chenintegral) l�sst sich mit Hilfe des Integralsatzesvon Gauß auf ein Volumenintegral der Divergenz von ~FF zur�ckf�hren:
ðAÞ
ððð~FF � ~NN Þ dA ¼
ððððVÞ
div ~FF dV
F�r das skalare Feld div ~FF erhalten wir (in Kugelkoordinaten), da ~FF nur die Radialkom-ponente Fr ¼ r 3 besitzt:
div ~FF ¼ 1r 2� @@rðr 2 � FrÞ ¼ 1
r 2� @@rðr 2 � r 3Þ ¼ 1
r 2� @@rðr 5Þ ¼ 1
r 2� 5 r 4 ¼ 5 r 2
Die Integration erstreckt sich dabei �ber das gesamte Volumen der Kugel vom Radius R.Der Integrationsbereich lautet somit:
0 r R , 0 J p , 0 j 2p
Mit dem Volumenelement
dV ¼ r 2 � sin J dr dJ dj
XIII Vektoranalysis492
erhalten wir schließlich das folgende Dreifachintegral:ððððVÞ
div ~FF dV ¼ð2p
j¼ 0
ðpJ¼ 0
ðRr¼ 0
5 r 2 � r 2 � sin J dr dJ dj ¼
¼ 5 �ð2p
j¼ 0
ðpJ¼ 0
ðRr¼ 0
r 4 � sin J dr dJ dj
Dieses Integral kann auch als Produkt dreier gew�hnlicher Integrale berechnet werden (derIntegrand r 4 � sin J ist ein Produkt aus zwei Faktoren r 4 und sin J, die nur von r bzw.J, d. h. einer einzigen Variablen abh�ngen):ððð
ðVÞ
div ~FF dV ¼ 5 �ðR
r¼ 0
r 4 dr �ðp
J¼ 0
sin J dJ �ð2p
j¼ 0
1 dj ¼
¼ 5 � 15
r 5 �R
0�h� cos J
ip0�hji 2p0¼
¼ 5 � 15
R 5 � ð� cos p þ cos 0Þ � 2p ¼ R 5 ð1 þ 1Þ 2p ¼ 4p R 5
Das Ergebnis ist (nat�rlich) das gleiche wie im L�sungsteil a).
Beispiel 19: Elektrische Ladung und Ladungsdichte einer homogengeladenen Kugel
Integralsatz von Gauß, Oberfl�chenintegral
Das elektrische Feld in der Umgebung einerhomogen geladenen Kugel vom Radius R l�sstsich durch den elektrischen Feldst�rkevektor
~EE ¼ kr 2
~ee r , r � R
mit k > 0 beschreiben.
r : Abstand vom Kugelmittelpunkt
~ee r : radialer Einheitsvektor
Bild XIII-31 zeigt einen ebenen Schnitt durchdas nach außen gerichtete Radialfeld (Schnittdurch den Kugelmittelpunkt).
Kugel
R
E
r
Bild XIII-31
XIII Vektoranalysis 493
Zwischen der (hier konstanten) Ladungsdichte r el der Kugel (Ladung pro Volumeneinheit)und dem erzeugten elektrischen Feld mit der Feldst�rke ~EE besteht dabei nach Maxwell derfolgende fundamentale Zusammenhang:
r el ¼ e 0 � div ~EE
(e 0 : elektrische Feldkonstante). Bestimmen Sie die felderzeugende Ladung Q sowie die La-dungsdichte r el der Kugel unter Verwendung des Integralsatzes von Gauß.
Lehrbuch: Bd. 3, I.8 und I.9.1
L�sung :Ein Volumenelement dV der geladenen Kugel enth�lt die Ladung dQ ¼ r el dV . Wir sum-mieren (d. h. integrieren) �ber die Beitr�ge aller in der Kugel gelegenen Volumenelementeund erhalten f�r die gesuchte Ladung Q der Kugel die folgende Integraldarstellung, wobeiwir noch die Maxwellsche Beziehung r el ¼ e 0 � div ~EE ber�cksichtigen:
Q ¼ððððVÞ
dQ ¼ððððVÞ
r el dV ¼ððððVÞ
e 0 � div ~EE dV ¼ e 0 �ððððVÞ
div ~EE dV
Da wir weder die Ladungsdichte r el noch die elektrische Feldst�rke ~EE im Innern der Kugelkennen, k�nnen wir diese Dreifachintegrale nicht auf direktem Wege berechnen 8). Mit Hilfedes Integralsatzes von Gauß jedoch l�sst sich das letzte Dreifachintegral �ber die Divergenzdes Feldes ~EE auf ein Oberfl�chenintegral zur�ckf�hren. Es gilt n�mlich nach Gaußððð
ðVÞ
div ~EE dV ¼ðAÞ
ððð~EE � ~NN Þ dA
Die Integration ist dabei �ber Kugeloberfl�che zu erstrecken. Die Fl�chennormale ~NN istidentisch mit dem radialen Einheitsvektor ~ee r. Auf der Kugeloberfl�che hat der Integrand desOberfl�chenintegrals den folgenden konstanten Wert (es ist r ¼ R):
~EE � ~NN ¼ kR 2ð~ee r � ~ee r|fflfflffl{zfflfflffl}
1
Þ ¼ kR 2
Damit erhalten wir f�r das Oberfl�chenintegral:
ðAÞ
ððð~EE � ~NN Þ dA ¼
ðAÞ
ððkR 2
dA ¼ kR 2�ðAÞ
ððdA
|fflfflffl{zfflfflffl}4p R 2
¼ kR 2� 4p R 2 ¼ 4p k
8) Wir kennen nur die elektrische Feldst�rke außerhalb der Kugel!
XIII Vektoranalysis494
Denn das Integral
ðAÞ
ððdA beschreibt den Fl�cheninhalt der Kugeloberfl�che: A ¼ 4p R 2.
F�r die Ladung Q und die Ladungsdichte r el ergeben sich somit folgende Formeln:
Q ¼ e 0 �ððððVÞ
div ~EE dV ¼ e 0 �ðAÞ
ððð~EE � ~NN Þ dA ¼ e 0 � 4p k ¼ 4p e 0 k
r el ¼Ladung Q
Kugelvolumen V¼ 4p e 0 k
43p R 3
¼ 3 e 0 kR 3
Beispiel 20: Magnetfeld in der Umgebung eines stromdurchflossenenzylindrischen Leiters
Rotation, Integralsatz von Stokes
Ein sehr langer zylindrischer Leiter mit dem Querschnittsradius R wird in L�ngsrichtung(z-Achse) von einem Strom der konstanten Stromdichte ~SS ¼ S 0~ee z durchflossen. Zwischender magnetischen Feldst�rke ~HH des ring- bzw. kreisf�rmigen Magnetfeldes und dem Strom-dichtevektor ~SS besteht die nach Maxwell benannte Beziehung rot ~HH ¼ ~SS (es handelt sichhierbei um eine der vier Maxwellschen Gleichungen aus der Elektrodynamik). Der Betrag Hder magnetischen Feldst�rke ~HH h�ngt dabei aus Symmetriegr�nden nur vom senkrechtenAbstand r zur Leiterachse (z-Achse) ab: H ¼ H ðrÞ. Bestimmen Sie diese Abh�ngigkeit
a) im Innenraum des Zylinders ðr RÞ unter ausschließlicher Verwendung der Maxwell-schen Gleichung rot ~HH ¼ ~SS,
b) im Außenraum des Zylinders ðr � RÞ mit Hilfe des Integralsatzes von Stokes.
Hinweis: Verwenden Sie bei der L�sung dieser Aufgabe Zylinderkoordinaten r, j und z.
Lehrbuch: Bd. 3, I.5.2, I.6.2.3 und I.9.2
L�sung :In jeder Schnittebene senkrecht zur Zylinderachse (z-Achse) verlaufen die (geschlossenen)magnetischen Feldlinien in Form von konzentrischen Kreisen um die Leiterachse. Der Feld-st�rkevektor ~HH besitzt daher nur eine Tangentialkomponente Hj, jedoch keine Komponen-ten in radialer Richtung bzw. in Richtung der z-Achse (Leiterachse): H r ¼ Hz ¼ 0 (sieheBild XIII-32). Somit gilt:
~HH ¼ Hj~eej mit H ¼ j ~HH j ¼ Hj
XIII Vektoranalysis 495
Die Komponente Hj und damitder Betrag H der magnetischenFeldst�rke ~HH h�ngen nur vonder Abstandskoordinate r, nichtaber von j und z ab:
H ¼ H ðrÞ ¼ Hj ðrÞ
a) In Zylinderkoordinaten ausgedr�ckt reduziert sich die Rotation des Vektors ~HH wegenH r ¼ Hz ¼ 0 und der Unabh�ngigkeit der Komponente Hj von j und z auf
rot ~HH ¼ 1r� @
@rðr � HjÞ~ee z ¼ 1
r� ddrðr � HÞ~ee z ðmit Hj ¼ HÞ
(es besteht kein Unterschied zwischen der partiellen und der gew�hnlichen Ableitung).Die Maxwellsche Gleichung f�hrt dann im Innenraum des Leiters ðr RÞ zu einer ein-fachen Differentialgleichung, die wir durch Integration wie folgt l�sen:
rot ~HH ¼ ~SS ¼ S 0~ee z ) 1r� ddrðr � HÞ~ee z ¼ S 0~ee z )
1r� ddrðr � HÞ ¼ S 0
� r ) ddrðr � HÞ ¼ S 0 r )
ðddrðr � HÞ dr ¼
ðS 0 r dr ) r � H ¼ 1
2S 0 r
2 þ C 1
Auf der Leiterachse ist r ¼ 0 und somitC 1 ¼ 0. Damit erhalten wir f�r den Betragder magnetischen Feldst�rke im Innenraumdes Zylinders:
H ¼ H ðrÞ ¼ 12
S 0 � r , r R
Die St�rke des Magnetfeldes nimmt somitvon innen nach außen linear zu: H � r(siehe Bild XIII-33).
H = H ef f
magnetische Feldlinie
elektrischer Leiter(Querschnittradius R)
R
Bild XIII-32
H
R r
S R012
H ~ r
Bild XIII-33
XIII Vektoranalysis496
b) Im Außenraum des zylindrischen Leiters ðr � RÞ verwenden wir den Integralsatz vonStokes:þ
K
~HH � d~rr ¼ðððAÞ
ðrot ~HH Þ � ~NN dA
Dabei bedeuten (siehe BildXIII-34):
K : Ringf�rmige (kreisf�rmige)magnetische Feldlinie mitdem Radius r
A : Kreisfl�che, von der Feld-linie K umrandet
~NN : Fl�chennormale (identischmit dem Einheitsvektor ~ee z
in Richtung der Zylinder-achse)
Berechnung des Linienintegrals (sog. „Zirkulation“)
Die Vektoren ~HH und d~rr verlaufen jeweils tangential und sind somit parallel (siehe BildXIII-34). Somit gilt f�r das Skalarprodukt ~HH � d~rr im Linienintegral:
~HH � d~rr ¼ H � dr � cos 0� ¼ H � dr � 1 ¼ H dr
Die Tangentialkomponente Hj ¼ H h�ngt nur von r ab und ist daher l�ngs derkreisf�rmigen Feldlinie K konstant. Wir erhalten f�r das als Zirkulation bezeichnete Linien-integral den folgenden Ausdruck:þ
K
~HH � d~rr ¼þK
H dr ¼ H �þK
dr
|ffl{zffl}2p r
¼ H � 2p r ¼ 2p rH
Dabei haben wir ber�cksichtigt, dass das geschlossene LinienintegralþK
dr dem Kreis-umfang 2p r entspricht.
Berechnung des Oberfl�chenintegrals (sog. „Wirbelfluss“)
Innerhalb des zylindrischen Leiters gilt rot ~HH ¼ S 0~ee z, außerhalb dagegen rot ~HH ¼ 0(hier fließt kein Strom; siehe Bild XIII-35). Die f�r den Wirbelfluss wirksame Fl�chebeschr�nkt sich daher auf die Querschnittsfl�che A * des Leiters. Somit erhalten wir denfolgenden Wirbelfluss :
r
R
elektrischer Leiter(Querschnittradius R)
magnetische Feldlinie K(Radius )r
Hdr
Bild XIII-34
XIII Vektoranalysis 497
ðððAÞ
ðrot ~HH Þ � ~NN dA ¼ð ððA*Þ
ðS 0~ee zÞ � ~ee z dA ¼ S 0 �ð ððA*Þ
ð~ee z � ~ee z|fflfflffl{zfflfflffl}1
Þ dA ¼ S 0 �ð ððA*Þ
dA
|fflfflffl{zfflfflffl}p R 2
¼
¼ S 0 � p R 2 ¼ p R 2 S 0
Ber�cksichtigt wurde dabei, dassdie Fl�chennormale ~NN mit demEinheitsvektor ~ee z identisch ist und
das Oberfl�chenintegralð ððA*Þ
dA
die Querschnittsfl�che A * ¼ p R 2
des Leiters darstellt.
Integralsatz von Stokes
þK
~HH � d~rr ¼ðððAÞ
ðrot ~HH Þ � ~NN dA ) 2p rH ¼ p R 2 S 0 oder 2 rH ¼ R 2 S 0
Damit erhalten wir im Außenraum ein Magnetfeld, dessen St�rke nach der Gleichung
H ¼ H ðrÞ ¼ R 2 S 0
2 r¼ R 2 S 0
2� 1r� 1
r, r � R
reziprok zum Abstand r nach außen hin abnimmt.
Der Verlauf des Betrages H dermagnetischen Feldst�rke ~HH inner-halb und außerhalb des Leiters ist inBild XIII-36 dargestellt.
r
R
magnetische Feldlinie K
rot H = 0
elektrischer Leiter(Querschnittsfläche
A* = R )p 2
rot H = 0
Bild XIII-35
H ~ r 1r
H ~
Innenbereich Außenbereich
H
R r
S R012
Bild XIII-36
XIII Vektoranalysis498
Anhang: Physikalische Grundlagen
A 1 Statische Gleichgewichtsbedingungen
a) Allgemeiner FallEin (ebenes oder r�umliches) Kr�ftesystem ~FF1, ~FF2, . . . , ~FFn ist im Gleich-
gewicht, wenn sowohl die Summe aller Kr�fte ~FFi als auch die Summe
aller von diesen Kr�ften erzeugten Momente M!
i verschwindet:Xni¼ 1
~FFi ¼ ~00 undXni¼ 1
~MMi ¼ ~00
Diesen beiden Vektorgleichungen entsprechen die folgenden sechs skala-ren Gleichungen (Komponentengleichungen):Xn
i¼ 1
Fi x ¼ 0 ,Xni¼ 1
Fi y ¼ 0 ,Xni¼ 1
Fi z ¼ 0 ,
Xni¼ 1
Mix ¼ 0 ,Xni¼ 1
Miy ¼ 0 ,Xni¼ 1
Mi z ¼ 0
Fi x, Fi y, Fi z : Kraftkomponenten ði ¼ 1, 2, . . . , nÞMix, Miy, Mi z : Komponenten der Momente ði ¼ 1, 2, . . . , nÞ
b) Kr�ftesystem mit einem gemeinsamen AngriffspunktDie Gleichgewichtsbedingung reduziert sich aufXn
i¼ 1
~FFi ¼ ~00
oder (in der Komponentendarstellung)Xni¼ 1
Fi x ¼ 0 ,Xni¼ 1
Fi y ¼ 0 ,Xni¼ 1
Fi z ¼ 0
A 2 Schwerpunkt eines Massenpunktsystems
Ein Massenpunktsystem enthalte n punktf�rmige Massen m 1, m 2, . . . , mn,deren r�umliche Lage durch die Ortsvektoren ~rr 1,~rr 2, . . . ,~rr n festgelegt sei.Der Ortsvektor ~rr S des Schwerpunktes S gen�gt dann der VektorgleichungPn
i¼ 1mi
� �~rr S ¼
Pni¼ 1
mi~rr i
499
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 L. Papula, Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler - Anwendungsbeispiele, DOI 10.1007/978-3-658-10107-7
A 3 Elektrische Feldst�rke in der Umgebungeiner elektrischen Punktladung
Eine elektrische Punktladung Q erzeugt im Abstand r ein elektrisches Feldmit der elektrischen Feldst�rke vom Betrag
E ¼ Q4p e 0 e r 2
, r > 0
e 0 : elektrische Feldkonstante; e: Dielektrizit�tskonstante des umgebendenMediums
A 4 Magnetische Feldst�rke in der Umgebungeines stromdurchflossenen linearen Leiters
Ein vom Strom I durchflossener linearer elektrischer Leiter erzeugt imsenkrechten Abstand r von der Leiterachse ein magnetisches Feld mit dermagnetischen Feldst�rke vom Betrag
H ¼ I2p r
, r > 0
A 5 Zusammenhang zwischen der magnetischen Flussdichteund der magnetischen Feldst�rke
Zwischen der magnetischen Flussdichte ~BB und der magnetischen Feldst�rke~HH besteht der folgende Zusammenhang:
~BB ¼ m 0 m ~HH
m 0 : magnetische Feldkonstante; m: Permeabilit�t
A 6 Kraftwirkung auf einen stromdurchflossenen linearenLeiter in einem Magnetfeld
Ein vom Strom I durchflossener linearer elektrischer Leiter mit dem L�n-genvektor ~ll erf�hrt in einem Magnetfeld mit der magnetischen Flussdichte ~BBdie Kraft
~FF ¼ I ð~ll � ~BB Þ vom Betrag F ¼ I � l � B � sin jl ¼ j~ll j: L�nge des Leiters; j: Winkel zwischen Leiter und Magnetfeld
Anhang: Physikalische Grundlagen500
A 7 Moment einer Kraft
Das Moment M!
einer Kraft ~FF, die in einem Punkt P mit dem Ortsvektor~rr angreift, ist definitionsgem�ß das Vektorprodukt aus dem Ortsvektor ~rrund dem Kraftvektor ~FF :
M! ¼ ~rr � ~FF
Betrag des Momentes:
M ¼ jM!j ¼ j~rr j � j ~FF j � sin j ¼¼ r � F � sin j
Sonderfall: Die Komponenten Mx und My des Momentenvektors M!
ver-schwinden, wenn Ortsvektor ~rr und Kraftvektor ~FF in der x, y-Ebene liegen.Es verbleibt dann nur die z-Komponente Mz ¼ x Fy � y Fx.
A 8 Zusammenhang zwischen der Bahn- und derWinkelgeschwindigkeit
Die Bahngeschwindigkeit ~vv einesMassenpunktes, der mit der Winkel-geschwindigkeit ~ww auf einer Kreis-bahn um den Mittelpunkt M rotiert,ist das Vektorprodukt aus der Win-kelgeschwindigkeit ~ww und dem (au-genblicklichen) Ortsvektor ~rr desMassenpunktes:
~vv ¼ ~ww � ~rr
A 9 Kraftwirkung auf eine bewegte elektrische Punktladungin einem Magnetfeld (Lorentzkraft)
Eine elektrische Punktladung q, die sich mit der Geschwindigkeit ~vv durchein Magnetfeld mit der magnetischen Flussdichte ~BB bewegt, erf�hrt dort diesog. Lorentzkraft
~FFL ¼ q ð~vv � ~BB Þ
M = r F×
F
Of f
Pr
v
M
O
v
Massenpunkt
r
Anhang: Physikalische Grundlagen 501
A 10 Kraftwirkung auf eine elektrische Punktladungin einem elektrischen Feld
Eine elektrische Punktladung q erf�hrt in einem elektrischen Feld mit derelektrischen Feldst�rke ~EE die Kraft
~FF ¼ q ~EE vom Betrag F ¼ j q j � E
A 11 Magnetischer Fluss durch eine ebene Fl�che
Wird eine ebene Fl�che mit dem Fl�cheninhalt A von einem homogenenMagnetfeld mit der (konstanten) magnetischen Flussdichte ~BB durchflutet, soist der magnetische Fluss durch diese Fl�che durch das Skalarprodukt
F ¼ ~BB � ~AAgegeben. Dabei ist ~AA ein senkrecht auf der Fl�che stehender Vektor, dessenBetrag dem Fl�cheninhalt A entspricht.
Sonderfall: Wird die Fl�che A senkrecht von einem Magnetfeld mit derkonstanten Flussdichte B durchflutet, so ist F ¼ B � A.
A 12 Induktionsgesetz
Wird eine Leiterschleife mit N Windungen (Spule) von einem zeitlich ver�n-derlichen magnetischen Fluss F ¼ F ðtÞ durchflutet, so entsteht durch elek-tromagnetische Induktion eine Induktionsspannung vom Betrag
U ¼ N � dFdt¼ N � _F ðtÞ
A 13 Kirchhoffsche Regeln (Auszug)
Die hier f�r Gleichstromkreise formulierten Kirchhoffschen Regeln geltensinngem�ß auch f�r Wechselstromkreise, wenn man die Gleichstromgr�ßendurch die entsprechenden komplexen Wechselstromgr�ßen ersetzt.
a) Gesetze der Reihenschaltung
Die Einzelwiderst�nde R 1, R 2, . . . , Rn einer Reihenschaltung addierensich zum Gesamtwiderstand R:
R ¼ R 1 þ R 2 þ . . . þ Rn
Die Teilspannungen U 1, U 2, . . . , Un an den Einzelwiderst�nden R 1,R 2, . . . , Rn addieren sich zur Gesamtspannung U (angelegte Spannung):
U ¼ U 1 þ U 2 þ . . . þ Un
Anhang: Physikalische Grundlagen502
b) Gesetze der Parallelschaltung
Die Kehrwerte der Einzelwiderst�nde R 1, R 2, . . . , Rn einer Parallel-schaltung addieren sich zum Kehrwert des Gesamtwiderstandes R:
1R¼ 1
R 1þ 1
R 2þ . . . þ 1
Rn
Die Einzelleitwerte G 1, G 2, . . . , Gn addieren sich zum GesamtleitwertG:
G ¼ G 1 þ G 2 þ . . . þ Gn
(Leitwert ¼ Kehrwert des Widerstandes)
An jedem der parallel geschalteten Stromzweige liegt dabei die gleicheSpannung U :
U 1 ¼ U 2 ¼ . . . ¼ Un ¼ U ¼ const:
A 14 Ohmsches Gesetz
Bei einem metallischen Leiter sind Stromst�rke I und Spannung U einan-der proportional. Es gilt das ohmsche Gesetz
R ¼ UI¼ const:
R ist der ohmsche Widerstand des Leiters. Diese lineare Beziehung gilt auchf�r zeitabh�ngige Str�me und Spannungen und deren Effektivwerte.
A 15 Zentrifugalkraft
Ein punktf�rmiger K�rper der Masse m, der sich mit der konstanten Winkel-geschwindigkeit w auf einer Kreisbahn mit dem Radius r bewegt, erf�hrteine nach außen gerichtete Zentrifugalkraft vom Betrag
FZ ¼ mw 2 r
A 16 Zugspannung in einem Zugstab
Eine an einem Zugstab in axialer Richtung angreifendeKraft F erzeugt bei konstanter Querschnittsfl�che A anjeder Schnittstelle die Zugspannung
s ¼ FA
F
F
A
s
Anhang: Physikalische Grundlagen 503
A 17 Fallgesetze im luftleeren Raum
F�r Fallweg s und Fallgeschwindigkeit v gelten im luftleeren Raum folgen-de Zeitabh�ngigkeiten:
s ¼ 12
g t 2 þ v 0 t þ s 0 und v ¼ g t þ v 0
t : Zeit; g: Erdbeschleunigung; v 0 : Anfangsgeschwindigkeit; s 0 : Anfangsweg
A 18 Gravitationsgesetz von Newton
Zwischen zwei punktf�rmigen Massen m 1 und m 2 im gegenseitigen Ab-stand r wirkt stets eine Anziehungskraft (Gravitationskraft) vom Betrag
F ¼ gm 1 m 2
r 2, r > 0
g: Gravitationskonstante
A 19 Definition der Stromdichte
Die Stromdichte ~SS ist ein Vektor, der die Verteilung des elektrischen Stromsin einem Leiter beschreibt und somit i. Allg. eine von Ort zu Ort verschiede-ne Gr�ße darstellt. Die Richtung des Vektors ~SS f�llt mit der Str�mungsrich-tung zusammen, der Betrag der Stromdichte ist definitionsgem�ß
S ¼ dIdA
Dabei ist dA ein Fl�chenelement senkrecht zur Str�mungsrichtung und dIder durch dieses Fl�chenelement fließende Strom.
Sonderfall: Bei gleichm�ßiger (homogener) Stromverteilung gilt
S ¼ IA¼ const:
I : Stromst�rke; A : Querschnittsfl�che des Leiters
A 20 Kapazit�t eines Plattenkondensators
Ein Plattenkondensator mit der Plattenfl�che A (Fl�che einer Platte) unddem Plattenabstand d besitzt die Kapazit�t
C ¼ e 0 eAd
e 0 : elektrische Feldkonstante; e: Dielektrizit�tskonstante des Isolators, mitdem der Kondensator vollst�ndig gef�llt ist
Anhang: Physikalische Grundlagen504
A 21 Reihen- und Parallelschaltung von Kondensatoren(Kapazit�ten)
a) Reihenschaltung
Die Kehrwerte der Einzelkapazit�ten C 1, C 2, . . . , Cn einer Reihenschal-tung addieren sich zum Kehrwert der Gesamtkapazit�t C:
1C¼ 1
C 1þ 1
C 2þ . . . þ 1
Cn
b) Parallelschaltung
Die Einzelkapazit�ten C 1, C 2, . . . , Cn einer Parallelschaltung addierensich zur Gesamtkapazit�t C:
C ¼ C 1 þ C 2 þ . . . þ Cn
A 22 Energieerhaltungssatz der Mechanik
In einem abgeschlossenen mechanischen System bleibt die Gesamtenergie Eerhalten :
E ¼ E pot þ E kin þ E sp þ E rot ¼ const:
Es findet lediglich eine Umwandlung zwischen den einzelnen Energieformenstatt.
E pot ¼ mg h: Potentielle Energie (Lageenergie)
E kin ¼ 12
m v 2 : Kinetische Energie (Bewegungsenergie)
E sp ¼ 12
c s 2 : Spannungsenergie einer Feder
E rot ¼ 12
J S w2 : Rotationsenergie (bei Drehung um den Schwerpunkt S)
m: Masse; g: Erdbeschleunigung; h : H�he; v: Geschwindigkeit; c : Feder-konstante; s : Auslenkung der Feder; JS : Massentr�gheitsmoment des rotie-renden K�rpers bez�glich der Schwerpunktachse; w: Winkelgeschwindigkeit
A 23 Impuls einer punktf�rmigen Masse
Unter dem Impuls ~pp einer punktf�rmigen Masse m, die sich mit derGeschwindigkeit ~vv bewegt, versteht man definitionsgem�ß die Vektorgr�ße
~pp ¼ m~vv vom Betrag p ¼ m v
Anhang: Physikalische Grundlagen 505
A 24 Impulserhaltungssatz
In einem abgeschlossenen mechanischen System ist der Gesamtimpuls ~pp,d. h. die Summe der Einzelimpulse ~pp i konstant :
~pp ¼Xni¼ 1
~pp i ¼ const:���!A 25 Elektrische Feldst�rke in einem Plattenkondensator
Wird ein Plattenkondensator mit dem Plattenabstand d auf die Spannung Uaufgeladen, so besitzt das Kondensatorfeld die konstante elektrische Feldst�r-ke vom Betrag
E ¼ Ud
A 26 Reihen- und Parallelschaltung von elastischen Federn
a) Reihenschaltung
Die Kehrwerte der Einzelfederkonstanten c 1, c 2, . . . , c n addieren sichzum Kehrwert der resultierenden Federkonstanten c (Federkonstante derErsatzfeder):
1c¼ 1
c 1þ 1
c 2þ . . . þ 1
cn
c1 c2 cn
b) Parallelschaltung
Die Einzelfederkonstanten c 1, c 2, . . . , c n addieren sich zur resultieren-den Federkonstanten c (Federkonstante der Ersatzfeder):
c ¼ c 1 þ c 2 þ . . . þ c n
c1 c2 cn
Anhang: Physikalische Grundlagen506
A 27 Newtonsches Grundgesetz
Ein K�rper mit der konstanten Masse m erf�hrt durch das gleichzeitige Ein-wirken der Kr�fte ~FF1, ~FF2, . . . , ~FFn eine Beschleunigung ~aa, die nach dem
Newtonschen Grundgesetz der resultierenden Kraft ~FF ¼Xni¼ 1
~FFi proportionalist. Es gilt :
~FF ¼ Pni¼ 1
~FFi ¼ m~aa
A 28 Biegegleichung (Differentialgleichung einer Biegelinie)
F�r kleine Durchbiegungen gen�gt die Biegelinie y ¼ y ðxÞ eines elastischenBalkens der Differentialgleichung 2. Ordnung
y 00 ¼ � Mb ðxÞE I
Mb ðxÞ ist dabei das Biegemoment an der Stelle x:
E I : Biegesteifigkeit des Balkens; E: Elastizit�tsmodul; I : Fl�chenmoment2. Grades (Fl�chentr�gheitsmoment) des Balkenquerschnitts
A 29 Zusammenhang zwischen Biegemoment, Querkraft undStreckenlast bei einem elastischen Balken
Bei einem elastischen Balken bestehen zwischen dem Biegemoment Mb ðxÞ,der Querkraft Q ðxÞ und der Streckenlast q ðxÞ die folgenden Beziehungen:
Q ðxÞ ¼ M 0b ðxÞ , q ðxÞ ¼ �Q 0 ðxÞ ¼ �M 00
b ðxÞbzw.
Q ðxÞ ¼ �ðq ðxÞ dx , Mb ðxÞ ¼
ðQ ðxÞ dx
A 30 Zusammenhang zwischen Drehwinkel,Winkelgeschwindigkeit und Winkelbeschleunigung
Bei einer Drehbewegung l�sst sich die augenblickliche Lage des rotierendenMassenpunktes durch einen zeitabh�ngigen Drehwinkel j ¼ j ðtÞ beschrei-ben. Durch ein- bzw. zweimalige Differentiation nach der Zeit t erh�lt mandaraus die Winkelgeschwindigkeit w ¼ w ðtÞ bzw. die Winkelbeschleunigunga ¼ a ðtÞ :
w ðtÞ ¼ _j ðtÞ , a ðtÞ ¼ _w ðtÞ ¼ __j ðtÞDie Punkte �ber j und w kennzeichnen die Ableitung nach der Zeit t.
Anhang: Physikalische Grundlagen 507
A 31 Satz von Steiner f�r Massentr�gheitsmomente
J ¼ J S þ md 2
J S : Massentr�gheitsmoment bez�glich der SchwerpunktachseJ : Massentr�gheitsmoment bez�glich einer zur Schwerpunktachse paralle-
len Achsed: Abstand der beiden Achsenm: Masse des K�rpers
A 32 Maschenregel
In jeder Netzmasche ist die Summe der Spannungen gleich null:Xni¼ 1
Ui ¼ 0 ðUi : Teilspannung; i ¼ 1, 2, . . . , nÞ
A 33 Leistung eines Gleichstroms
Ein Gleichstrom der St�rke I erzeugt in einem ohmschen Widerstand R dieLeistung
P ¼ U I ¼ R I 2
U ¼ R I : Spannungsabfall am ohmschen Widerstand
A 34 Elektrische Feldst�rke in der Umgebung eines geladenenlinearen Leiters (Linienquelle)
Ein linearer elektrischer Leiter mit der L�nge l und der Ladung Q erzeugtim senkrechten Abstand r von der Leiterachse ein elektrisches Feld mit derelektrischen Feldst�rke vom Betrag
E ¼ Q2p e 0 e l r
, r > 0
e 0 : elektrische Feldkonstante; e: Dielektrizit�tskonstante des umgebendenMediums.
Diese Formel gilt auch f�r den Außenraum eines geladenen Zylinders.
A 35 Archimedisches Prinzip (Auftrieb in einer Fl�ssigkeit)
Ein K�rper erf�hrt beim Eintauchen in eine Fl�ssigkeit eine der Schwerkraftentgegen gerichtete Auftriebskraft. Diese ist gleich dem Gewicht der vom ein-getauchten K�rper verdr�ngten Fl�ssigkeitsmenge.
Anhang: Physikalische Grundlagen508
A 36 Grundgesetz der Drehbewegung
Ein K�rper rotiere infolge der von außen einwirkenden Momente M!
1,
M!
2, . . . , M!
n mit der Winkelbeschleunigung ~aa um eine Achse. Die Winkel-
beschleunigung ist dann dem resultierenden �ußeren Moment M! ¼
Xni¼ 1
M!
i
proportional. Es gilt:
M! ¼
Xni¼ 1
M!
i ¼ J ~aa
J : Massentr�gheitsmoment des K�rpers bez�glich der Drehachse
A 37 Induktionsspannung in einem durch ein Magnetfeldbewegten elektrischen Leiter
Wird ein elektrischer Leiter der L�nge l mit der konstanten Geschwindigkeitv senkrecht zu den Feldlinien eines homogenen Magnetfeldes der konstantenFlussdichte B bewegt, so betr�gt die im Leiter durch elektromagnetische In-duktion erzeugte Spannung
U ¼ B l v
A 38 Magnetischer Fluss durch eine ebene Fl�che
Eine ebene Fl�che mit dem Fl�cheninhalt A werde senkrecht von einemMagnetfeld mit einer ortsabh�ngigen magnetischen Flussdichte vom BetragB durchflutet. Der magnetische Fluss durch diese Fl�che ist dann durch dasDoppelintegral
F ¼ðððAÞ
dF ¼ðððAÞ
B dA
gegeben. dF ¼ B dA ist dabei der magnetische Fluss durch das Fl�chenele-ment dA.
Sonderfall: In einem homogenen Feld ist B ¼ const. und somit F ¼ BA.
Anhang: Physikalische Grundlagen 509
A 39 Spannung zwischen zwei Punkten eines elektrischenFeldes mit Kreis- oder Zylindersymmetrie
In einem elektrischen Feld mit Kreis- oder Zylindersymmetrie ist der Betragder elektrischen Feldst�rke ~EE eine reine Funktion E ¼ E ðrÞ der Abstands-koordinate r (senkrechter Abstand zur Symmetrieachse). Die Spannung Uzwischen zwei Punkten P 1 und P 2 mit den Abstandskoordinaten r 1 undr 2 ist dann durch das Integral
U ¼ðr 2r 1
E ðrÞ dr
gegeben.
A 40 Definitionsgleichung der Kapazit�t eines Kondensators
Die Ladung Q eines Kondensators ist der angelegten Spannung U propor-tional. Seine Kapazit�t C ist dann definitionsgem�ß durch die Gleichung
C ¼ QU
gegeben. Diese Beziehung gilt auch f�r zeitabh�ngige Spannungen und La-dungen.
A 41 Zusammenhang zwischen der Stromdichte und derelektrischen Feldst�rke in einem elektrischen Leiter
In einem elektrischen Leiter mit der Leitf�higkeit j besteht zwischen derStromdichte ~SS und der elektrischen Feldst�rke ~EE der folgende Zusammen-hang:
~SS ¼ j ~EE bzw: S ¼ j~SS j ¼ jE
A 42 Ohmscher Widerstand eines zylinderf�rmigen Drahtes
Ein zylinderf�rmiger Draht mit der L�nge l und der Querschnittsfl�che Abesitzt den ohmschen Widerstand
R ¼ rlA
r: spezifischer Widerstand des Drahtes
Anhang: Physikalische Grundlagen510
A 43 Zusammenhang zwischen Stromst�rke und Ladung
In einem elektrischen Leiter besteht zwischen der zeitabh�ngigen Stromst�rkei ðtÞ und der (ebenfalls zeitabh�ngigen) Ladung q ðtÞ der folgende Zusam-menhang:
i ðtÞ ¼ d q ðtÞdt
¼ _q ðtÞ bzw: q ðtÞ ¼ði ðtÞ dt
A 44 Stromarbeit bei zeitabh�ngiger Stromst�rke
Ein zeitabh�ngiger Strom i ðtÞ verrichtet in einem ohmschen Widerstand Rim Zeitintervall t 1 t t 2 die Stromarbeit
W ¼ðt 2t 1
p ðtÞ dt ¼ R �ðt 2t 1
½ i ðtÞ 2 dt ¼ R �ðt 2t 1
i 2 ðtÞ dt
p ðtÞ ¼ R � i 2 ðtÞ ist dabei die zeitabh�ngige Momentanleistung.
A 45 Selbstinduktion in einer Spule
Wird eine Spule mit der Induktivit�t L von einem zeitlich ver�nderlichenStrom i ðtÞ durchflossen, so betr�gt die in ihr durch elektromagnetische In-duktion erzeugte Spannung
u ðtÞ ¼ L � d i ðtÞdt
A 46 Leistung eines periodischen Wechselstroms
Der Momentantwert der Leistung eines periodischen Wechselstroms i ðtÞ beider Spannung u ðtÞ betr�gt
p ðtÞ ¼ u ðtÞ � i ðtÞ ðfur t � 0ÞDie durchschnittliche Leistung w�hrend einer Periode T ¼ 2p=w ist danndurch das Integral
P ¼ 1T�ðT0
p ðtÞ dt ¼ 1T�ðT0
u ðtÞ � i ðtÞ dt
gegeben (w: Kreisfrequenz des Wechselstroms).
Anhang: Physikalische Grundlagen 511
A 47 Vierpolgleichungen
Unter einem Vierpol versteht man ein elektrisches Netzwerk mit einemEingangsklemmenpaar und einem Ausgangsklemmenpaar. Zwischen den Ein-gangsgr�ßen (Eingangsspannung U 1, Eingangsstrom I 1) und den Aus-gangsgr�ßen (Ausgangsspannung U 2, Ausgangsstrom I 2) bestehen dabeidie folgenden Beziehungen:
I1 I2
Eingang Ausgang
VierpolU1 U2
a) Widerstandsform
U 1
U 2
� �¼ Z 1 1 Z 1 2
Z 2 1 Z 2 2
� �� I 1
I 2
� �oder U ¼ Z � I|{z} |fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl} |{z}
U I
���!
�� Widerstandsmatrix Z
b) Leitwertform
I 1
I 2
� �¼ Y 1 1 Y 1 2
Y 2 1 Y 2 2
� �� U 1
U 2
� �oder I ¼ Y � U|{z} |fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl} |{z}
I U
���!
�� Leitwertmatrix Y ¼ Z� 1
c) Kettenform
U 1
I 1
� �¼ A 1 1 A 1 2
A 2 1 A 2 2
� �� U 2
� I 2
� �|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}
Kettenmatrix A
Anhang: Physikalische Grundlagen512
A 48 Kettenschaltung von Vierpolen
Bei der Kettenschaltung von n Vierpolen mit den Kettenmatrizen A 1,A 2, . . . , A n werden die Ausgangsklemmen des ersten Vierpols mit den Ein-gangsklemmen des zweiten Vierpols zusammengeschaltet usw. Die Kettenma-trizen der einzelnen Vierpole multiplizieren sich dabei zur Kettenmatrix Ades Ersatzvierpols :
A ¼ A 1 � A 2 � . . . � A n
1.Vierpol
2.Vierpol
n.Vierpol
A 49 Biot-Savartsches Gesetz
Ein vom Strom I durchflossenes Leiterelement d~ss erzeugt im Punkt P einMagnetfeld mit dem magnetischen Feldst�rkevektor
d~HH ¼ I4p� d~ss � ~rr
r 3
(Biot-Savartsches Gesetz). Dabeiist ~rr der vom Leiterelement d~sszum Punkt P f�hrende Vektor derL�nge r. Durch Summation, d. h.Integration �ber alle Leiterelementedes linienf�rmigen d�nnen Leiterserh�lt man das Gesamtfeld imPunkt P.
A 50 Knotenpunktregel
In jedem Knotenpunkt ist die Summe der zu- und abfließenden Str�me gleichnull : Xn
i¼ 1
I i ¼ 0 ðI i : Strom im i-ten Zweig; i ¼ 1, 2, . . . , nÞ
Zufließende Str�me werden dabei positiv, abfließende Str�me negativ gerech-net.
dH
Leiterelement
Leiter
I
I
ds
P
r
Anhang: Physikalische Grundlagen 513
A 51 Maschenstromverfahren
Die nebenstehende Abbildungzeigt den Streckenkomplex eineselektrischen Netzwerkes mit 5Knotenpunkten und 8 Zweigen(Spannungsquellen, Widerst�ndeusw. wurden dabei nicht einge-zeichnet).
In einem elektrischen Netzwerk mit k Knotenpunkten und z Zweigen gibtes genau m ¼ z � ðk � 1Þ unabh�ngige Maschen (im gezeichneten Bei-spiel gilt: k ¼ 5, z ¼ 8, m ¼ 8 � ð5 � 1Þ ¼ 4Þ. Beim Maschenstrom-verfahren geht man schrittweise wie folgt vor:
(1) Es werden m unabh�ngige Maschen ausgew�hlt. Jeder dieser Maschenwird ein fiktiver Maschenstrom zugeordnet, dessen Richtung willk�rlichfestgelegt wird (im Beispiel sind dies die Maschenstr�me I I bis I IV).
(2) Die Anwendung der Maschenregel [ A32 ] auf jede der m unabh�ngigenMaschen f�hrt zu einem linearen Gleichungssystem mit m Gleichungenund ebensovielen unbekannten Maschenstr�men (im Beispiel: vier Glei-chungen mit den vier unbekannten Maschenstr�men I I bis I IV).
(3) Berechnung der Maschenstr�me z. B. mit Hilfe des Gaußschen Algorith-mus.
(4) Die Zweigstr�me lassen sich aus den (jetzt bekannten) Maschenstr�menberechnen. Geh�rt dabei ein Zweig gleichzeitig zwei Maschen an, so istder entsprechende Zweigstrom durch �berlagerung der beiden zugeh�ri-gen Maschenstr�me zu ermitteln (im Beispiel: die Zweigstr�me I 1 bisI 4 sind mit den Maschenstr�men I I bis I IV identisch, w�hrend dieZweigstr�me I 5 bis I 8 jeweils durch �berlagerung zweier Maschen-str�me entstehen: I 5 ¼ I IV � I I, I 6 ¼ I III � I II, I 7 ¼ I III � I IV,I 8 ¼ I II � I I).
A 52 Ohmsches Gesetz der Wechselstromtechnik
U ¼ Z � I bzw: I ¼ Y � UU und I sind die komplexen Effektivwerte von Spannung und Strom, Z derkomplexe Gesamtwiderstand und Y der komplexe Gesamtleitwert des Wech-selstromkreises.
IIV IIII
II III
I1 I2
I3I4
I5 I6
I7
I8
A B
C
D
E
Anhang: Physikalische Grundlagen514
A 53 Komplexe Wechselstromwiderst�nde undWechselstromleitwerte (Widerstands- undLeitwertgr�ßen)
In einem Wechselstromkreis werden die drei Grundschaltelemente R (ohm-scher Widerstand), C (Kapazit�t) und L (Induktivit�t) durch die folgendenkomplexen Widerstands- bzw. Leitwertgr�ßen (komplexe Zeiger) dargestellt :
A 54 Komplexe Scheinleistung, Wirk- und Blindleistungeines sinusf�rmigen Wechselstroms
Sind U und I die komplexen Effektivwerte von Wechselspannung undWechselstrom, so ist die komplexe Scheinleistung
S ¼ U � I *I * ist dabei die zu I konjugiert komplexe Gr�ße.
Wirkleistung P und Blindleistung Q sind der Real- bzw. Imagin�rteil von S:
P ¼ Re ð S ÞQ ¼ Im ð S Þ
�) S ¼ U � I * ¼ P þ jQ
A 55 �quipotentialfl�che
Unter einer �quipotentialfl�che versteht man eine Fl�che im Raum, die allePunkte eines elektrischen Feldes mit dem gleichen elektrostatischen Potentialverbindet. Der Feldst�rkevektor ~EE steht dabei in jedem Punkt der �qui-potentialfl�che senkrecht auf dieser Fl�che.
Schaltelement Komplexer Widerstand Komplexer Leitwert
R R1R
C � j1wC
j wC
L jwL � j1wL
Anhang: Physikalische Grundlagen 515
A 56 Elektrostatisches Potential in der Umgebungeiner elektrischen Punktladung
Eine elektrische Punktladung Q erzeugt im Abstand r ein elektrisches Feldmit dem elektrostatischen Potential
V ¼ Q4p e 0 e r
, r > 0
e 0 : elektrische Feldkonstante; e: Dielektrizit�tskonstante des umgebendenMediums
A 57 Zusammenhang zwischen der elektrischen Feldst�rkeund dem elektrostatischen Potential
Zwischen der elektrischen Feldst�rke ~EE bzw. den Komponenten Ex, Ey undEz der Feldst�rke und dem elektrostatischen Potential V besteht der folgendeZusammenhang:
~EE ¼ � grad V oder (in der Komponentendarstellung)
Ex ¼ � @V@x
, Ey ¼ � @V@y
, Ez ¼ � @V@z
Bei ebenen Problemen ist Ez ¼ 0.
A 58 Satz von Castigliano (Anwendung auf einen statischunbestimmt gelagerten Balken)
Bei einem statisch unbestimmt gelagerten Balken ist die Anzahl m der stati-schen Gleichgewichtsbedingungen [ Al ] kleiner als die Anzahl n der unbe-kannten Auflagergr�ßen (Kr�fte und Momente). Die fehlenden n � m Glei-chungen erh�lt man durch Ber�cksichtigung der Form�nderung des Balkens.Nach Castigliano stellen sich die statisch unbestimmten Auflagergr�ßen (ihreAnzahl ist n � m) stets so ein, dass die durch das Integral
W ¼ðl0
½Mb ðxÞ 22E I
dx ¼ðl0
M 2b ðxÞ2E I
dx
definierte Form�nderungsarbeit ein Minimum annimmt.
Mb ðxÞ : Biegemoment des Balkens an der Stelle x; l : L�nge des Balkens;
E I : Biegesteifigkeit des Balkens; E : Elastizit�tsmodul; I : Fl�chenmoment
Die partiellen Ableitungen 1. Ordnung der Form�nderungsarbeit W nachden statisch unbestimmten Auflagergr�ßen m�ssen daher verschwinden undliefern die noch fehlenden n � m Gleichungen.
Anhang: Physikalische Grundlagen516
A 59 Stokessche Reibungskraft
Eine Kugel vom Radius r, die sich mit der Geschwindigkeit v durch eineFl�ssigkeit mit der Viskosit�t (Z�higkeit) h bewegt, erf�hrt dort nach Stokesdie Widerstands- oder Reibungskraft vom Betrag
FR ¼ 6p h r v
A 60 Wirkleistung eines (sinusf�rmigen) Wechselstroms
Die von einem sinusf�rmigen Wechselstrom mit dem Effektivwert I in einemohmschen Widerstand R erzeugte Leistung betr�gt
P ¼ R � I 2
A 61 Stromst�rke bei ortsabh�ngiger Stromdichte
Wird ein linearer elektrischer Leiter mit der Querschnittsfl�che A von einemStrom mit der ortsabh�ngigen Stromdichte vom Betrag S durchflossen, soist die Stromst�rke I durch das Doppelintegral
I ¼ðððAÞ
dI ¼ðððAÞ
S dA
gegeben. dI ¼ S dA ist dabei der durch das Fl�chenelement dA fließendeStrom.
A 62 Satz von Steiner f�r Fl�chenmomente 2. Grades(Fl�chentr�gheitsmomente)
I ¼ I S þ A d 2
I S : Fl�chenmoment bez�glich der Schwerpunktachse
I : Fl�chenmoment bez�glich einer zur Schwerpunktachse parallelen Achse
d : Abstand der beiden Achsen
A : Fl�cheninhalt
Anhang: Physikalische Grundlagen 517
A 63 Hauptachsen und Hauptfl�chenmomente einer Fl�che
a) Hauptachsen
Unter den Hauptachsen u, v einer homogenen Fl�che A versteht man zweiaufeinander senkrecht stehende Achsen durch den Fl�chenschwerpunkt S,f�r die das gemischte Fl�chenmoment 2. Grades (auch Zentrifugalmomentgenannt) I u v verschwindet. Sie entste-hen durch Drehung des kartesischenx, h-Koordinatensystems um den Win-kel j, der sich aus der Gleichung
tan ð2jÞ ¼ � 2 I x hI x � Ih
berechnen l�sst. I x, Ih und I x h sinddabei die Fl�chenmomente 2. Gradesim x, h-Koordinatensystem.
b) Hauptfl�chenmomente
Die auf die Hauptachsen u, v bezogenen axialen Fl�chenmomente I u undI v heißen Hauptfl�chenmomente. Ihre Berechnung erfolgt nach der Formel
I u, v ¼ 12
I x þ I h �ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðI x � I hÞ 2 þ 4 I 2x h
q� �wobei I x, I h und I x h die entsprechenden Fl�chenmomente 2. Grades imx, h-Koordinatensystem darstellen.
A 64 Durchflutungsgesetz (spezielle Form)
In einem d�nnen elektrischen Leiter beliebiger Form fließe ein Strom derSt�rke I. Er erzeugt ein Magnetfeld mit der ortsabh�ngigen magnetischenFeldst�rke ~HH.
F�r jede den Leiterstrom I umfassende ge-schlossene Kurve C ist dann das Linien-integral der magnetischen Feldst�rke ~HHgleich der Stromst�rke I :þ
~HH � d~rr ¼ I
geschlosseneKurve C
Leiter
I
I
C
hv
S
Fläche A
x
u
f
Anhang: Physikalische Grundlagen518
A 65 W�rmeleitung
a) Station�re W�rmeleitungBei einem station�ren, d. h. zeitunabh�ngigen W�rmetransport (Energie-transport) gen�gt das ortsabh�ngige Temperaturfeld T der Laplace-Glei-chung
DT ¼ 0 ðD : Laplace-Operator)
b) Instation�re W�rmeleitungDas Temperaturfeld T ver�ndert sich im Laufe der Zeit t, h�ngt alsovom Ort und der Zeit ab und gen�gt der Poisson-Gleichung
a � DT ¼ @T@t
ða > 0 : TemperaturleitfahigkeitÞ
A 66 Potentialstr�mung einer Fl�ssigkeit
a) GrundbegriffeInkompressible Str�mung: Die Dichte der Fl�ssigkeit �ndert sich nichtbei einer Druck�nderung und konstant bleibender Temperatur.
Station�re Str�mung: Das Str�mungsverhalten ver�ndert sich nicht imLaufe der Zeit, d. h. das Geschwindigkeitsfeld der Str�mung ist zeit-unabh�ngig.
Potentialstr�mung: Die Str�mung ist inkompressibel, reibungs- und dre-hungsfrei (wirbelfrei) sowie station�r.
b) Ebene Potentialstr�mung einer Fl�ssigkeitDas Geschwindigkeitsfeld
~vv ¼ ~vv ðx; yÞ ¼ v x ðx; yÞ~ee x þ v y ðx; yÞ~ee y
einer ebenen Potentialstr�mung ist wirbel- und quellenfrei, d. h. es gilt
rot~vv ¼ ~00 und div~vv ¼ 0
Es besitzt ein Potential F ¼ F ðx; yÞ, auch Geschwindigkeitspotentialgenannt, das der sog. Potentialgleichung (Kontinuit�tsgleichung, Laplace-Gleichung)
DF ¼ 0 ðD : Laplace-Operator)
gen�gt. Das Geschwindigkeitsfeld der Str�mung ist dann als Gradient desPotentials F darstellbar, d. h. die Geschwindigkeitskomponenten sind diepartiellen Ableitungen 1. Ordnung der Potentialfunktion:
~vv ¼ gradF , v x ¼ @F
@x, v y ¼ @F
@y
Anhang: Physikalische Grundlagen 519
Stromlinien: Feldlinien des Geschwindigkeitsfeldes (Kurven, deren Tan-genten in jedem Punkt der Fl�ssigkeitsstr�mung die dort vorhandene Ge-schwindigkeitsrichtung angeben).
A 67 Potentialgleichung (Poisson-Gleichung)
Das elektrische Potential V eines elektrischen Feldes, das durch eine r�um-liche Ladungsverteilung mit der Ladungsdichte r el erzeugt wird, gen�gt dersog. Potentialgleichung (Poisson-Gleichung)
DV ¼ � r el
e 0
D: Laplace-Operator; e 0 : elektrische Feldkonstante
A 68 �bertragungssysteme
Ein zeitabh�ngiges Eingangssignal u ¼ u ðtÞ wird durch das �bertragungs-system in ein zeitabh�ngiges Ausgangssignal v ¼ v ðtÞ umgewandelt:
u ðtÞ Ubertragungssystem v ðtÞ�����" �����"
Lineares System: c 1 u 1 þ c 2 u 2 ! c 1 v 1 þ c 2 v 2
u 1, u 2 : Eingangssignale; v 1, v 2 : entsprechende Ausgangssignale; c 1, c 2 :Konstanten
Zeitinvariantes System: u ðt � t 0Þ ! v ðt � t 0ÞEine Verschiebung des Eingangssignals um die Zeitspanne t 0 bewirkt einegleich große Verschiebung des Ausgangssignals.
LTI-System (Linear Time Invariant): Lineares und zeitinvariantes �bertra-gungssystem.
Impulsantwort g ðtÞ : Reaktion des �bertragungssystems auf einen Dirac-Stoß (Impulsfunktion) d ðtÞ im Eingang.
u ¼ d ðtÞ Ubertragungssystem���� v ¼ g ðtÞ�����" "
Sprungantwort h ðtÞ : Reaktion des �bertragungssystems auf eine Sprung-funktion s ðtÞ im Eingang.
u ¼ s ðtÞ Ubertragungssystem v ¼ h ðtÞ�����" �����"
Zusammenhang zwischen Impulsantwort g ðtÞ und Sprungantwort h ðtÞ :
g ðtÞ ¼ d h ðtÞdt
¼ _h ðtÞ , h ðtÞ ¼ðt�1
g ðtÞ dt
Anhang: Physikalische Grundlagen520
Zusammenhang zwischen den Fourier-Transformierten des Eingangs- undAusgangssignals:
F fv ðtÞg ¼ G ðwÞ � F fu ðtÞg oder V ðwÞ ¼ G ðwÞ � U ðwÞmit F fu ðtÞg ¼ U ðwÞ und F fv ðtÞg ¼ V ðwÞG ðwÞ ist der Frequenzgang (die �bertragungsfunktion) des Systems und zu-gleich die Fourier-Transformierte der Impulsantwort g ðtÞ, d. h. es gilt
G ðwÞ ¼ F fg ðtÞg und g ðtÞ ¼ F � 1 fG ðwÞg(die Impulsantwort g ðtÞ erh�lt man aus dem Frequenzgang G ðwÞ mit Hilfeder inversen Fourier-Transformation).
Amplitudengang (Amplitudenspektrum): A ðwÞ ¼ jG ðwÞ jPhasengang (Phasenspektrum): j ðwÞ ¼ arg ðG ðwÞÞFrequenzgang: G ðwÞ ¼ A ðwÞ � e jj ðwÞDer Phasengang j ðwÞ l�sst sich aus dem Real- und Imagin�rteil des Fre-quenzgangs G ðwÞ wie folgt bestimmen:
tan ½j ðwÞ ¼ Im ½G ðwÞ Re ½G ðwÞ
Re ½G ðwÞ : Realteil von G ðwÞIm ½G ðwÞ : Imagin�rteil von G ðwÞ
A 69 Masse und Schwerpunkt eines r�umlichen K�rpers miteiner ortsabh�ngigen Dichte
Bei ortsabh�ngiger Dichte r gilt:
Masse: m ¼ððððmÞ
dm ¼ððððVÞ
r dV
Schwerpunkt S ¼ ðx S; y S; z SÞ :
x S ¼ 1m�ððððVÞ
r x dV
Ersetzt man beiderseits x durch y bzw. z, so erh�lt man analoge Formelnf�r die beiden �brigen Schwerpunktkoordinaten.
Anhang: Physikalische Grundlagen 521