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Beitragsserie: UVP und Okometrie EDV-Anwendungen Beitragsserie: UVP und Okometrie Hrsg." Dr. Th. Bunge, Dipl.-Geo6kol. L. Ries, Umweltbundesamt, Bismarckplatz I, D-W-IO00 Berlin 33 Die Beitragsserie aus den Ausgaben 2- 4/1992 wird hier fortgesetzt. 3 EDV-Anwendungen - Geographisches Informationssystem* M6glichkeiten im Rahmen einer Umweltvertr/iglichkeitspr/ifung Dipl.-Geogr. Andreas Klein, Dipl.-Geogr. Astrid Dickow Projektzentrum C)kosystemforschung, Schauenburgerstraf~e 112, D-W-2300 Kiel Zusammenfassung. Geographische Informationssysteme sind ein n~tzliches Werkzeug der Datenverarbeitung und -darstellung im Rahmen einer Umweltvertr/iglichkeitsstudie. Die Nutzung ihrer vielf~ifigen M6glichkeiten ist ein wichtiger Schritt in Richmng auf intersubjekfiv iiberprfifbare Umweltvertr/iglichkeitsprfifungen. Darfiber hinaus bleibt ihr Ausbau zu entscheidungsvorbereitenden Systemen durch die Kopplung externer Prozessoren wfinschens- wert. Allerdings k6nnen derart komplexe Systeme nicht unreflek- tiert eingesetzt werden, ihre Anwendung erfordert Sachverstand, der dann jedoch nicht ffir die Aufarbeitung und Verwaltung der vielschichtigen Informationen, sondern f/Jr inhaltliche Schwer- punkte eingesetzt werden kann. 1 Einleitung und ProblemsteUung Den Kern einer (Projekt-) Umweltvertriiglichkeitsprfifung als Verwaltungsablauf bildet eine Studie fiber m6gliche Auswirkungen eines geplanten Vorhabens auf die Umwelt. Dies impliziert nach g~ingigen Vorstellungen mehrere von- einander abh/ingige Arbeitsschritte: Eine Bestandsaufnah- me sowohl des m6glichen Standortes als auch des geplanten Objektes verschaffen eine umfangreiche Datenbasis ffir die darauf aufbauenden Prognosen alternativer Realisationen des Vorhabens. Der Begriff der ,Umwelt" konkretisiert sich dabei in den betroffenen Umweltkompartimenten wie Flo- ra, Fauna, Boden, Luft, Wasser etc. Der Bewertung der Auswirkungen auf diese einzelnen Medien folgt eine zusam- menfassende Beurteilung des Projektes und Empfehlungen zu seiner Durchffihrung. Das fordert ffir die Operationalisierung der Umweltvertr~ig- lichkeitsstudie Arbeiten, bei denen ein Geographisches In- formationssystem (GIS) wesentliche Hilfestellung geben kann: - Beschaffung, Speicherung und Auswertung einer Vielzahl yon raumbezogenen Informationen ffir ein bestimmtes Gebiet. - Aufarbeitung und Bereitstellung der jeweils notwendigen Daten for die Beschreibung, Prognose und Bewertung der verschiedenen Um- weltmedien. - Integration aller Einzelergebnisse zu einem Gesamtbild der aktuel- len und prognostizierten Situation. - Kartographische Darstellung der medialen und integrierten Ergeb- nisse und Alternativen. Im Rahmen eines Projektes des Umweltbundesamtes konn- ten Erfahrungen mit einem Geographischen Informations- system gewonnen werden, die Grundlage der folgenden Ausffihrungen sind. Der Beitrag konzentriert sich im we- sentlichen auf die M6glichkeiten dieses Instruments, Pro- bleme der Datenerhebung und der Bewertung werden an dieser Stelle nur am Rande diskutiert. Ein GIS kann im Zentrum einer EDV-gestfitzten Durchffih- rung einer Umweltvertr~iglichkeitsstudie (UVS) stehen (--*" Abb. S. 304). Alle notwendigen Daten werden ins Sy- stem eingegeben, dort fiberarbeitet und zur Beschreibung des Ist-Zustandes kartographisch dargestellt. Die geplante Maflnahme geht ebenfalls als ,Szenario" fiber die sie be- schreibenden Parameter in das GIS ein. Hier werden sie ffir die externen Prognosen jedes betroffenen Umweltmediums durch Modelle verschiedener Komplexit~it vorbereitet. Die Bewertung dieser Ergebnisse wird dargeste!lt und kann zur Diskussion m6glicher Alternativen herangezogen werden. M6gliche Ver/inderungen der Eingangsdaten eines Medi- ums durch die Modellierung eines anderen werden im GIS selbst verwaltet und ffir weitere Auswertungen berficksich- tigt. Ffir die Zusammenfassung der Einzelergebnisse stehen geeignete Prozeduren zur Verffigung, die verschiedene In- formationsschichten fiberlagern und die Grundlage ffir die abschlieflende Bewertung bereitstellen. * Die Arbeiten zu diesem Beitrag wurden im Rahmen des durch das Umweltbundesamt gef6rderten Projektes .Erarbeitung und Erprobung einer Konzeption ffir die 6kologisch orientierte Planung auf der Grundlage der regionalisierenden Umweltbeobachtung am BeispielSchleswig-Holstein" mit Hilfe des Geographischen Informa- tionssystems ARC-INFO der Firma ESRI durchgeffihrt. UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 4 (5) 303- 306 (1992) 303 9 ecomed-Verlag Landsberg - Zfirich

3 EDV-Anwendungen

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Beitragsserie: UVP und Okometrie EDV-Anwendungen

Beitragsserie: UVP und Okometr ie

Hrsg." Dr. Th. Bunge, Dipl.-Geo6kol. L. Ries, Umweltbundesamt, Bismarckplatz I, D-W-IO00 Berlin 33

Die Beitragsserie aus den Ausgaben 2 - 4/1992 wird hier fortgesetzt.

3 EDV-Anwendungen - Geographisches Informationssystem*

M6glichkeiten im Rahmen einer Umweltvertr/iglichkeitspr/ifung

Dipl.-Geogr. Andreas Klein, Dipl.-Geogr. Astrid Dickow

Projektzentrum C)kosystemforschung, Schauenburgerstraf~e 112, D-W-2300 Kiel

Zusammenfassung. Geographische Informationssysteme sind ein n~tzliches Werkzeug der Datenverarbeitung und -darstellung im Rahmen einer Umweltvertr/iglichkeitsstudie. Die Nutzung ihrer vielf~ifigen M6glichkeiten ist ein wichtiger Schritt in Richmng auf intersubjekfiv iiberprfifbare Umweltvertr/iglichkeitsprfifungen. Darfiber hinaus bleibt ihr Ausbau zu entscheidungsvorbereitenden Systemen durch die Kopplung externer Prozessoren wfinschens- wert. Allerdings k6nnen derart komplexe Systeme nicht unreflek- tiert eingesetzt werden, ihre Anwendung erfordert Sachverstand, der dann jedoch nicht ffir die Aufarbeitung und Verwaltung der vielschichtigen Informationen, sondern f/Jr inhaltliche Schwer- punkte eingesetzt werden kann.

1 Einleitung und ProblemsteUung

Den Kern einer (Projekt-) Umweltvertriiglichkeitsprfifung als Verwaltungsablauf bildet eine Studie fiber m6gliche Auswirkungen eines geplanten Vorhabens auf die Umwelt. Dies impliziert nach g~ingigen Vorstellungen mehrere von- einander abh/ingige Arbeitsschritte: Eine Bestandsaufnah- me sowohl des m6glichen Standortes als auch des geplanten Objektes verschaffen eine umfangreiche Datenbasis ffir die darauf aufbauenden Prognosen alternativer Realisationen des Vorhabens. Der Begriff der ,Umwelt" konkretisiert sich dabei in den betroffenen Umweltkompartimenten wie Flo- ra, Fauna, Boden, Luft, Wasser etc. Der Bewertung der Auswirkungen auf diese einzelnen Medien folgt eine zusam- menfassende Beurteilung des Projektes und Empfehlungen zu seiner Durchffihrung. Das fordert ffir die Operationalisierung der Umweltvertr~ig- lichkeitsstudie Arbeiten, bei denen ein Geographisches In- formationssystem (GIS) wesentliche Hilfestellung geben kann:

- Beschaffung, Speicherung und Auswertung einer Vielzahl yon raumbezogenen Informationen ffir ein bestimmtes Gebiet.

- Aufarbeitung und Bereitstellung der jeweils notwendigen Daten for die Beschreibung, Prognose und Bewertung der verschiedenen Um- weltmedien.

- Integration aller Einzelergebnisse zu einem Gesamtbild der aktuel- len und prognostizierten Situation.

- Kartographische Darstellung der medialen und integrierten Ergeb- nisse und Alternativen.

Im Rahmen eines Projektes des Umweltbundesamtes konn- ten Erfahrungen mit einem Geographischen Informations- system gewonnen werden, die Grundlage der folgenden Ausffihrungen sind. Der Beitrag konzentriert sich im we- sentlichen auf die M6glichkeiten dieses Instruments, Pro- bleme der Datenerhebung und der Bewertung werden an dieser Stelle nur am Rande diskutiert.

Ein GIS kann im Zentrum einer EDV-gestfitzten Durchffih- rung einer Umweltvertr~iglichkeitsstudie (UVS) stehen (--*" Abb. S. 304). Alle notwendigen Daten werden ins Sy- stem eingegeben, dort fiberarbeitet und zur Beschreibung des Ist-Zustandes kartographisch dargestellt. Die geplante Maflnahme geht ebenfalls als ,Szenario" fiber die sie be- schreibenden Parameter in das GIS ein. Hier werden sie ffir die externen Prognosen jedes betroffenen Umweltmediums durch Modelle verschiedener Komplexit~it vorbereitet. Die Bewertung dieser Ergebnisse wird dargeste!lt und kann zur Diskussion m6glicher Alternativen herangezogen werden. M6gliche Ver/inderungen der Eingangsdaten eines Medi- ums durch die Modellierung eines anderen werden im GIS selbst verwaltet und ffir weitere Auswertungen berficksich- tigt. Ffir die Zusammenfassung der Einzelergebnisse stehen geeignete Prozeduren zur Verffigung, die verschiedene In- formationsschichten fiberlagern und die Grundlage ffir die abschlieflende Bewertung bereitstellen.

* Die Arbeiten zu diesem Beitrag wurden im Rahmen des durch das Umweltbundesamt gef6rderten Projektes .Erarbeitung und Erprobung einer Konzeption ffir die 6kologisch orientierte Planung auf der Grundlage der regionalisierenden Umweltbeobachtung am Beispiel Schleswig-Holstein" mit Hilfe des Geographischen Informa- tionssystems ARC-INFO der Firma ESRI durchgeffihrt.

UWSF-Z. Umweltchem. Okotox. 4 (5) 303- 306 (1992) 303 �9 ecomed-Verlag Landsberg - Zfirich

EDV-Anwendungen Beitragsserie: UVP und Okometrie

Datenerhebung

Novellierung

I

[ " S Bewertung

GIS

1. Datenhaltung

2. Datenaufbereitung

- Geometrische Prozeduren

- Interpolationen

- Oberfl~chenanalysen

3. Darstellung

Abb.: GIS als Werkzeug ffir eine Umweltvertriglichkeitsstudie

UVS

Szenarien Alternativen

I I

Ist-Zustand

4

I I

I Prognosen ]_

+

2 Geographisches Informationssystem als I n s t r u m e n t der Umweltvertr/ iglichkeitsstudie

Ein GIS speichert riumliche Daten in einem zweiteiligen Sy- stem. Eine relationale Datenbank enthilt die Merkmalstri- ger mit Werten verschiedener Parameter, die fiber Zeiger mit der Geometriedatenbank verknfipft sind. Sie verwaltet die Lage der Merkmalstriger im Raum als Punkt-, Linien- oder Flicheninformation. Damit stehen dem Benutzer nicht nur inhaltliche Angaben wie etwa Bodentyp, Humusgehalt oder Speicherkapazitit einer Bodenkarte zur Verffigung, sondern auch geometrische Informationen wie Umfang und Gr6~e einer Fliche, die Linge der begrenzenden Linien oder Informationen zu Nachbarfliichen. Die Bereitstellung vieler so beschriebener Informationsschichten ffir ein und dasselbe Gebiet bietet die Grundlage einer fliichenbezoge- nen Auswertung, wie sie gerade fiir Umweltvertriiglich- keitsstudien charakteristisch ist.

Herkunft und Qualitiit der fiir die Studie notwendigen In- formationen sind vielfiltig. Das erfordert ihre Aufarbeitung im Vorfeld der eigentlichen Auswertung etwa durch Klassi- fizierungen oder Codierungen bestimmter verbaler Be- schreibungen. Notwendig sind aber auch flexible M6glichkeiten ihrer Eingabe in das Datenbanksystem. Im Zuge der wachsenden Anwendung der Datenverarbeitung auch bei Beh6rden liegen zunehmend mehr Informationen bereits digital vor, die fiber geeignete Schnittstellen direkt fibernommen werden k6nnen. Die automatische Verarbei- tung analoger Daten etwa durch Scanner ist zwar technisch m6glich, erfordert aber aufgrund der Kartenvorlagen in der Regel ein hohes Mat~ an Vor- und Nacharbeiten. Sie spielt daher lediglich bei der Aufnahme, Auswertung und Uber- nahme von Luftbildern eine Rolle. Der gr6t~te Te l der be- n6tigten Daten mul~ daher in Handarbeit eingegeben werden. In aller Regel erfolgt dies ffir die Geometriedaten

fiber ein Digitalisiertablett mit Maus und ffir die inhaltli- chen Angaben fiber die Tastatur.

Die Aufarbeitung und 0bernahme von Daten ins GIS be- dingt noch nicht ihre Brauchbarkeit ffir die Bearbeitung be- stimmter Fragestellungen. So mfissen punkthaft vorliegen- de Informationen etwa yon Niederschlagsstationen oder Belastungen des Bodens mit Schwermetallen zu flichenbe- zogenen Aussagen interpoliert werden. Auch extern bear- beitete Punktdaten etwa durch Trendanalysen oder Kriging werden auf Rasterbasis an das GIS fibergeben und bediirfen deshalb interner Prozeduren zur Auswertung und Darstel- lung. Dies kann durch die Interpolation von Isolinien an- hand verschiedener Algorithmen bei metrischen Daten erfolgen. Ordinal oder nominal skalierte Informationen las- sen sich auf konstruierte Flichen, etwa regelm~it~ige Raster oder Thiessen-Polygone, fibertragen. Ein modernes GIS bietet umgekehrt aber auch die M6glichkeit, Informationen an bestimmten Orten abzurufen. So lassen sich Grundwas- serst~inde, die in Form eines unregelmil~igen Punktrasters vorliegen, ffir betiebige andere Koordinaten interpolieren, etwa um das Netz eines Grundwassermodells zu besetzen oder Niederschlagsmittelwerte eines Standortes aus den Daten nahegelegener Wetterstationen zu bestimmen.

Auch flichenhaft vorliegende Informationen k6nnen durch die Uberlagerung der entsprechenden Karten punkthaft ab- gerufen werden. Allen Elementen der Punktekarte wird da- bei automatisch ein Merkmal angeffigt, das den betreffenden Wert der Flichenkarte enthilt. Das gilt auch ffir Linienkarten, so dat~ sich Fragen wie die nach der Linge eines Straf~ennetzes in einem Naturschutzgebiet bearbeiten lassen.

Ffir die Praxis der UVS sind hiufig Daten zur Lage eines Objektes im Raum erforderlich, wie Abst~inde zu Nachbar- objekten, oder Pufferzonen um Schutzgfiter. Diese manuell

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Beitragsserie: UVP und Okometrie EDV-Anwendungen

aufwendig zu erstellenden Informationen produziert ein GIS anhand zwar rechenintensiver, abet benutzerfreundli- cher Prozeduren. Abst~inde von Punkten zu den nfichsten oder beliebig vielen anderen Objekten lassen sich ebenso er- mitteln wie Pufferbereiche um bestimmte Punkte, Linien oder Flfichen mit konstanten Abstfinden oder in Abh~ngig- keit bestimmter Parameterwerte.

Ffir eine komplexe Raumbeurteilung, wie es die Zusam- menfassung der Einzelergebnisse einer Umweltvertr~iglich- keitsstudie darstellt, bestehen M6glichkeiten, nahezu beliebig viele Fliichenkarten miteinander zu verschneiden. Dieser mit dem lDbereinanderlegen mehrerer Folien ver- gleichbare Prozet~ erlaubt nicht nut die graphische Darstel- lung, sondern auch die rechnerische Bearbeitung des Datensatzes. Die Belastung des Bodens mag im Rahmen ei- ner Studie ffir einzelne Ackerschlfige, L~irmbelfistigungen durch Isophonen und die Grundwasserverunreinigung dutch Kontaminationsfahnen prognostiziert sein. Die Be- wertung etwa anhand yon Grenz- und Richtwerten, die an dieser Stelle nicht diskutiert werden sollen, ffihrt so zu drei Informationsschichten klassifizierter Fl~ichen. Durch die Verschneidung entsteht eine neue Karte, die alle Linien der Ursprungskarten und so eine Vielzahl ihrer Flfichen ent- hfilt. Jedes einzelne Polygon der Karte ffihrt in der relatio- nalen Datenbank neben den allgemeinen Angaben fiber Flfiche, Umfang und Nachbarpolygone auch die Werte der Einzelbeurteilungen mit. Durch die Pr~isenz aller Informa- tionen lassen sich Fliichen bestimmter Belastungsstruktur selektieren und darstellen, abet auch Gesamtbeurteilungen fiber Bewertungsschlfissel durchfiihren.

Die Auswirkung eines Projektes auf das Landschaftsbild spielt eine ganz wesentliche Rolle bei dessen Beurteilung. Zur Hilfestellung bei der Prognose und Bewertung dieser schwer zu konkretisierenden Grft~en bietet ein GIS einige Mfglichkeiten der Oberfl~ichenanalyse. Erste Eindrficke des geplanten Vorhabens bieten Visualisierungen auf der Basis eines Gel~indemodells aus verschiedenen Blickrichtun- gen und Hfhen. Berechnungen der Hangneigung und Ex- position bilden die Grundlage mikroklimatischer Fragestel- lungen wie der Dauer und Intensitfit der Sonneneinstrah- lung oder lufthygienischer Untersuchungen. Reale Flfichen und Entfernungen unter Berficksichtigung der Topographie lassen sich ebenso kalkulieren wie Volumina zwischen zwei Oberflfichen, etwa zur Abschiitzung der Erdbewegungen ffir eine geplante Trasse.

3 Model l ierungen im Rahmen einer Umweltvertr~iglichkeitsstudie

Zur Prognose umweltrelevanter Auswirkungen einer plane- rischen Mat~nahme sind in aller Regel eine Reihe von Daten erforderlich. Man kann dabei verschiedene Parametertypen unterscheiden:

- S t a n d o r t p a r a m e t e r beschreiben den Planungsraum ohne Berficksichtigung der aktuellen Nutzung des Untersu- chungsgebiets. Dies sind zeitlich und rfiumlich relativ stabile Grft~en wie Klimadaten oder Bodenparameter.

- N u t z u n g s p a r a m e t e r enthalten Informationen zur aktuel-

len oder geplanten Flfichenbeanspruchung und kfnnen dutch Planungen ver~indert werden. Die Vegetation, die Art der agrarischen Bewirtschaftung und der daraus re- sultierende Stoffinput, der Grad der Bebauung oder die Hfhe eines Schornsteins mfgen einige Beispiele dieser Randbedingungen sein.

- W i r k u n g s p a r a m e t e r zeigen das Resultat bestimmter Nutzungen auf den betreffenden Fl~ichen an. Die Arten- vielfalt, der Staubgehalt der Luft oder der Nitratgehalt im Grundwasser sind Indikatoren ffir die Reaktion der Umweltmedien auf bestimmte Fl~ichenbeanspruchungen.

Ffir eine Prognose ist nun die Kennmis fiber die Zusammen- hfinge dieser Parameter von entscheidender Bedeutung. Wie ~indert sich ffir stabile Standortparameter und ver~nderte Nutzungsparameter die beobachtbare Wirkung? Diese Ab- h~ingigkeiten kfnnen aus der Grundlagenforschung oder der Praxis in verschiedener Form vorliegen. Von einfachen Abschfitzungen bis zu komplexen numerischen Simula- tionsmodellen sind ffir die verschiedenen Umweltmedien Erkl~irungsans~itze ffir die Wirkungszusammenhfinge vor- handen. Je nach dem Grad der Komplexit~it lassen sich die- se Modelle im GIS selbst oder extern anwenden. In jedem Fall mfissen die erforderlichen Daten inhaltlich und geome- trisch ad~iquat vorbereitet werden. Am Beispiel eines Was- serhaushaltsmodells, das Schadstoffeintr~ige in das Grund- wasser berechnet, soil dies dargestellt werden. Eingangspa- rameter sind Boden-, Nutzungs- und Klimadaten. Simuliert wird der Bodenwasserhaushalt ffir Fl~ichen, die hinsichtlich der einzelnen Parameter homogen sind. Wechselnde Ver- h~iltnisse der Bodenstruktur oder der Nutzung sind auf ei- ner Flfiche nicht zugelassen. Die Anforderungen an das GIS sind also vielffiltig. Zun~ichst mfissen Fl~ichendaten geschaf- fen werden, etwa durch die Ubertragung der punkthaft vor- liegenden Daten der Reichsbodenschfitzung auf die Flfichen ganzer Ackerschlfige. Danach erfolgt die Homogenisierung dutch Klassenbildung, beispielsweise durch die Ableitung von inhaltlich begrfindeten Hangneigungsklassen aus den topographischen Angaben. Die Flfichen der unterschiedli- chen Informationsschichten sind jedoch nicht deckungs- gleich, Nutzungsstrukturen werden durch die Bodenver- h~iltnisse zerschnitten und diese wiederum durch die topo- graphischen Gegebenheiten. Das GIS 16st dieses Problem durch die Aggregation zu einer Karte, die alle Geometrien und alle Inhalte enthfilt. Damit entsteht eine Vielzahl neuer Fl~ichen, die in sich homogen sind. Auf diese Datens~itze greift das Modell fiber geeignete Schnittstellen zu und kal- kuliert ffir jede Fl~iche die Stoffeintrfige in das Grundwas- ser. Die Ergebnisse werden der Ausgangskarte als zus~itz- licher Parameter angeffigt und stehen so weiteren Auswer- tungen zur Verffigung.

Die hier rechnerisch ermittelte Wirkungsvariable ,,Stoff- konzentration im Grundwasser" wird durch Messungen in der Natur fiberprfift und beschreibt in diesem Fall den Ist- Zustand. Die Prognose einer Sanierung besonders hoch be- lasteter Fl~ichen erfolgt fiber die Ver~inderung der die ge- plante Nutzung beschreibenden Eingangsparameter. Im vorliegenden Fall wurden verschiedene Extensivierungspro- gramme der Landesregierung Schleswig-Holstein for einen landwirtschaftlich intensiv genutzten Teileinzugsbereich ei- nes Baches untersucht. Das Modell simuliert die hypotheti-

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EDV-Anwendungen Beitragsserie: UVP und Okometrie

schen Stoffeintriige fiber mehrere Jahre und liefert damit die Basis ffir eine Diskussion der m6gtichen Alternativen. Die Wirkungen einer geplanten Maflnahme k6nnen so ohne kostspielige und langj~ihrige Versuche in der Natur inner- halb kfirzester Zeit abgeschfitzt werden.

4 Probleme der Benutzerpraxis

Die Einsatzm6glichkeiten eines GIS sind vielf~iltig, aller- dings erfordern sie auch die Bewiiltigung einiger Probleme, die anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden soil.

Die Informationsbeschaffung kann, auch aus Datenschutz- gr/inden, auf Schwierigkeiten stoflen. Gerade eine zeitlich begrenzte UVS kann daher nut mit der rfickhaltlosen Un- terstiitzung der genehmigenden Beh6rde durchgeffihrt werden.

Die Eingabe der Geometriedaten und ihre Uberprfifung ist aufwendig und lohnt sich nur, wenn so h~iufig auf sie zuge- griffen wird, wie es die Durchfiihrung einer UVS erfordert.

Die vorhandenen Informationen erfiillen in den seltensten F~illen die Anforderungen vorliegender numerischer Model- le. Eine ganz wesentliche Aufgabe wird in Zukunft deshalb deren Anpassung an die bestehenden oder leicht zu erhe- benden Daten sein.

Die Datenbanken im GIS haben in der Regel nicht die M6g- lichkeiten externer Statistik- oder Geostatistikpakete, so daft fiber z.T. noch zu schaffende Schnittstellen gearbeitet werden mut~.

Die Anwendung eines GIS erfordert geschultes, erfahrenes Personal und kann nicht yon den die UVS durchffihrenden Fachleuten allein geleistet werden.

Die Anbindung yon Bewertungsverfahren an das GIS ist grunds~itzlich m6glich, allerdings ist ihre Anwendung noch umstritten und der jeweiligen Situation noch st~irker anzu- passen als eingesetzte Modelle.

Der Ausbau Geographischer Informationssysteme zu ent- scheidungsvorbereitenden Systemen wird die Handhabung des Instruments in Zukunft vereinfachen, birgt aber die Ge- fahr unreflektierter Anwendung. Es bleibt daher ein nfitzli- ches, aber von der Erfahrung des Fachmanns abh~ingiges Werkzeug, das einer objektiven Entscheidungsfindung zur Seite stehen kann.

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