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3. Nicht standardisierte Erhebungsverfahren
3.1.1 Qualitative Sozialforschung (siehe Skript)
3.1.2 Narratives Interview
3.1.3 Experteninterview
3.1.4 Leitfadeninterview
Literatur:
• Flick (2000): „Qualitative Forschung.“ Hamburg: Rohwolt.
• Strobl / Böttger (Hrsg) (1996): „Wahre Geschichten? : Zu Theorie und Praxis qualitativer Interviews.“ Baden-Baden: Nomos.
• Kelle (1996): „Die Bedeutung theoretischen Vorwissens in der
Methodologie der Grounded Theory.“ S. 23-47 in: Böttger, A.; Strobl, R. (Hrsg.): Wahre Geschichten?
• Griese (1996): „Synopse und Schlussdiskussion.“ S. 195-215 in: Böttger,
A.; Strobl, R. (Hrsg.): Wahre Geschichten?
• Böttger (1996): „’Hervorlocken’ oder Aushandeln? Zu Methodologie und Methode des ’rekonstruktiven Interviews’ in der Sozialforschung.“ S. 131-158 in: Böttger, A.; Strobl, R. (Hrsg.): Wahre Geschichten?
• Meuser / Nagel (1991): „Experteninterviews – vielfach erprobt, wenig
bedacht. Ein Beitrag zur qualitativen Methodendiskussion.“ S. 441-471. In: Garz / Kaimer (Hrsg.): Qualitativ-empirische Sozialforschung. Opladen: Westdeutscher Verlag.
• Csikszentmihalyi / Rochberg-Halton (1989): „Der Sinn der Dinge: Das
Selbst und die Symbole des Wohnbereichs.“ München : Psychologie-Verlags Union.
Wilhelm Busch (aus ´Plisch und Plum´)
Ihre Haube, zart umflort, Wird von Fittigs Stock durchbohrt.
»Hehe!« - lacht der böse Schlich - »Wie ich sehe, hat man sich!«
Wer sich freut, wenn wer betrübt, Macht sich meistens unbeliebt.
Lästig durch die große Hitze Ist die Pfannekuchenmütze.
»Höchst fatal!« - bemerkte Schlich - »Aber diesmal auch für mich!«
Zur Methodologie der Grounded Theory von Glaser /Strauss (1967)
„The Discovery of Grounded Theory“ ist eine polemische Streitschrift gegen die traditionelle
Methodologie des hypothetisch-deduktiven Paradigmas. Das eigene methodische Vorgehen
in der Forschung wird so gut wie nicht beschrieben. Es heißt dazu lapidar: Theorie bzw.
theoretische Konzepte sollen aus dem Datenmaterial „emergieren“ und ihnen nicht vom
Forscher durch theoriegeleitete Vorannahmen „aufgezwungen“ werden.
Glaser (1978) führt später den Begriff des „theoretischen Kodierens“ ein und bezieht sich
dabei auf die Relevanz des „theoretischen Vor(!)-Wissens“ für die Auswertung und
Interpretation der Daten, von ihm als „theoretische Sensibilität“ bezeichnet. Strauss (1984)
fordert hingegen, dass der Forscher bei der Kodierung ein allgemeines handlungs-
theoretisches Modell, von ihm „Kodierparadigma“ genannt, verwenden soll. In seiner
Antwort beharrt Glaser (1992) auf einer „rein induktiven Methodik der Theoriebildung“.
Der Forscher müsse „ohne Forschungsproblem oder Fragestellung“, ohne Bezug zu früherer
Forschung und der Literaturlage usw. sich seinem Gegenstand nähern, da jedes
Hintergrundwissen schädlich sei und die Erkenntnisse verzerre. Das „Kodierparadigma“ von
Strauss (und Corbin) wird strikt abgelehnt und als Verfälschung der qualitativen
Methodologie bezeichnet.
Letztlich geht es um den Stellenwert von Theorie bzw. theoretischen Konzepten
in der qualitativ-hermeneutischen Sozialforschung: Sind sie Ausgangspunkt
oder Ergebnis der Forschung? Kann der Forscher theorielos entdecken oder
findet er in den „Daten“ nur das, was er bereits theoretisch im Kopf hat und aus
dieser Perspektive wahrnimmt?
„Oberkategorien“ können nicht „theorielos“ entwickelt werden, sondern
sind, etwa in der Form des Kodierparadigmas, bereits vorstrukturiert. Eine
forscherische Unvoreingenommenheit im Sinne eines „tabula rasa –
Denkens“ ist unmöglich. Letztlich vertritt Glaser eine Variante des
hermeneutischen Positivismus, die längst als wissenschaftstheoretisch
unhaltbar erkannt worden ist.
Das narrative Interview (nach F. Schütze)
Das narrative Interview ist ein offenes Verfahren, mit dessen Hilfe die Befragten zu “Erzählungen thematisch relevanter Geschichten“ (Schütze) ermuntert werden sollten. Das narrative Interview wurde als Methode im Sinne des interpretativen Paradigmas konzipiert, dessen Grundsatz es ist, die Welt aus der Sichtweise der Handelnden zu interpretieren. Der Verlauf eines narrativen Interviews kann in drei zentrale Teile untergliedert werden: Den ersten Teil bildet die autobiographische Anfangserzählung, die, sofern sie sich in dem vom Forschungsprojekt intendierten thematischen Rahmen bewegt und verständlich erzählt wird, nicht unterbrochen werden soll. An diese Erzählung schließen sich im zweiten Teil gezielte Nachfragen des Interviewers an. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass auch diese Nachfragen wirklich narrativ sind. Erst der dritte (Bilanzierungs-)Teil besteht aus der Aufforderung zu abstra-hierenden Beschreibungen, Abläufen und systematischen Zusammenhängen sowie aus theoretischen Warum-Fragen und ihrer argumentativen Beantwortung. Es geht nunmehr um die Nutzung der Erklärungs- und Abstraktionsfähigkeit des Befragten als Experte und Theoretiker seiner selbst. Das Konzept des narrativen Interviews orientiert sich am Modell der Erzählung von Geschichten, deren Ausgestaltung weitestgehend dem Befragten überlassen bleibt. Thematische Vorgaben durch den Interviewer gibt es nicht. Auch unmittelbare Reaktionen auf Inhalte der Stegreiferzählung sollen im Idealfall nicht erfolgen. Der Interviewer verbleibt in der Rolle des “Narrationsanimateurs“ (Metapher des „Hervorlockens“). Dass in narrativen Interview subjektiv Erlebtes vergleichsweise unverzerrt “auftaucht“, führen Vertreter des narrativen Interviews insbesondere auf die Zugzwänge des Erzählens zurück: Zu diesen ist zunächst der Gestaltschließungszwang zu rechnen, der laut Schütze bewirkt, dass immer der “Gesamtzusammenhang der erlebten Geschichte“ wiedergegeben werden muss, was die Darstellung aller wichtigen Teilereigniszusammenhänge erforderlich macht, da die Geschichte sonst nicht vollständig, verständlich und ausgewogen wäre. Weiterhin handelt es sich um den Kondensierungszwang, der, aufgrund der auch in einem narrativen Interview begrenzten Zeit, dazu führt, dass nur das Ereignisgerüst der erlebten Geschichte berichtet wird. Schließlich wird auch der Detaillierungszwang wirksam, und zwar in der Form, dass sich die Geschichte an den tatsächlichen im historischen Gesamtzusammenhang erfahrenen Ereignissen zu orientieren hat.