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www.bgfe.de 13. Vortragsveranstaltung Elektrotechnik Nürnberg, 30. und 31. Mai 2006 M O N O G R A F I E

402711 001.ps, page 1-2 @ Normalize ( 402711 M 22 …...Elektrotechnik Nürnberg, 30. und 31. Mai 2006 M O N O G R A F I E Herausgeber: Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik

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  • Bestell-Nr. M 221 - 15 - 07 - 06 - 5

    Alle Rechte beim HerausgeberGedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfreiem Papier www.bgfe.de

    13. Vortragsveranstaltung

    ElektrotechnikNürnberg, 30. und 31. Mai 2006

    M O N O G R A F I E

  • Herausgeber:

    Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik

    Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Köln

    Alle Rechte vorbehalten

    1. Auflage 2006

  • 13. VORTRAGSVERANSTALTUNG

    ELEKTROTECHNIK

    Nürnberg, 30. und 31. Mai 2006Meistersingerhalle

  • 2

  • Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

    Elektrische Gefährdungen im Alltag . . . . . . . . . . . . . 7

    Risiken für Implantatträger in starken elektromag-netischen Feldern der Arbeitsumgebung . . . . . . . . 11

    Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens . . 19

    EU-Richtlinie 2004/40/EG „Elektromagnetische Felder“ – Normung, Handlungshilfen und betriebliche Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

    Sicherer Umgang mit Widerstandsschweiß-einrichtungen – Neue Berufsgenossenschaft-liche Information „Beurteilung magnetischer Felder Von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

    Gefahren durch Störlichtbögen Thermische Wirkungen von Störlichtbögen – Stand der Normung zum Personenschutz . . . . . . . . 39

    Prüfung elektrischer Arbeitsmittel . . . . . . . . . . . . . 47

    Arbeiten unter Spannung und BGR A3 aus Sicht eines EVU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

    Allgemeine Leitlinien für sicheres Arbeiten unter Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

    Notwendigkeit der zweiten Person zur Sicher-stellung der Rettungskette beim Arbeiten unterSpannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

    Der Einsatz von halbautomatischen Defibrillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

    Mobile Notrufsysteme zur Absicherung von gefährlichen Alleinarbeitsplätzen . . . . . . . . . . 71

    IVSS-Leitlinie zur Beurteilung der Befähigung von Elektrofachkräften – Bericht des IVSS-Arbeits-kreises „Elektrofachkraft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .75

    Sicherstellung der Mitarbeiterqualifikation bei elektrotechnischen Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . 79

    Qualifikation spartenübergreifender Netzmon-teure bei Arbeiten an Gasversorgungsanlagen . . . 85

    Arbeitsschutz in global agierenden Unternehmen . . 89

    Berufsgenossenschaftliche Information 657 „Windenergieanlagen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

    Sicherheitstechnische Mängel an Vielfachmess-geräten beim Feststellen der Spannungsfreiheit . . . 99

    Erfassung elektrotechnischer Grenzwerte zur sicherheitstechnischen Beurteilung elektrischer Betriebsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

    Psychische Traumen am Arbeitsplatz Auswirkungen und erforderliche Maßnahmen . . . 107

    3

    INHALT ..................................................................................................................................................................................

  • 4

    ............................................................................................................................................................................................................

  • Das Interesse an der Vortragsveranstaltung ELEKTRO-TECHNIK war auch im Jahre 2006 sehr groß. Das zeig-te sich an der schon fast traditionell voll ausgebuchtenNürnberger Meistersingerhalle. Wieder kamen über 400Teilnehmer aus Industrie, Gewerbe, staatlichen und be-rufsgenossenschaftlichen Institutionen, um sich zum aktu-ellen Stand beim Arbeits- und Gesundheitsschutz im Be-reich Elektrotechnik informieren zu können.

    Die Veranstaltung stand dieses Mal ganz unter dem Lichtder Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Ein Thema,das letztlich alle Tagungsteilnehmer mehr oder wenigerbewegte. Deshalb war es auch sehr geeignet als Einstiegund Test zum „digivote“-System (beim Fernsehen als TEDbezeichnet), das eine Premiere auf der Vortragsveranstal-tung hatte. Mit diesem System konnten die Teilnehmer zuaktuellen Fragen in Zusammenhang mit den Vorträgenihre Meinung äußern. Eine Neuerung, die vom Publikumgern angenommen wurde. Die Befragungsergebnissefinden Sie auf der beiliegenden CD-ROM.Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich bei den Re-ferenten der 21 ausgezeichneten Fachvorträge bedanken.Ist es doch nicht immer so leicht, komplizierte Sachver-halte für ein breit gefächertes Publikum aufzubereiten. Dassdie behandelten Themen auch mehrheitlich den Wünschendes Publikums entsprachen, zeigten die vielen positivenRückmeldungen.

    Meine Damen und Herren, die Vorbereitungen zur 14.Vortragsveranstaltung am 17. und 18. Juni 2008 sind be-reits angelaufen. Bitte merken Sie sich diesen Termin vor,denn wir würden Sie auch dort gern wieder begrüßen!

    Ihr

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    VORWORT ..........................................................................................................................................................................

    Dr. Jens Jühling

    Präventionsmanager derBGFE

  • 6

    ............................................................................................................................................................................................................

  • Ralf Irion, Landeskriminalamt NRW

    Obwohl in Deutschland gemäß der offiziellen Todes-ursachenstatistik des Statistischen Bundesamtes in den letz-ten Jahren eine deutliche Verbesserung der Elektrosicher-heit registriert wurde (zuletzt 49 Stromtodesfälle in 2004),liegt der Schwerpunkt der Unfallorte immer noch eindeu-tig im Haushalt. In dem Vortrag werden anhand von zwei Fällen einigeim Alltag vorhandene elektrische Gefährdungen geschil-dert. In diesen Fällen war ich als Sachverständiger desLandeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) vonder ermittelnden Kriminalpolizei bzw. Staatsanwaltschaftbeauftragt worden, die Geschehen zu untersuchen undGutachten zu erstellen. Darüber hinaus wird der erst kürzlich vom VDE-AusschussSicherheits- und Unfallforschung herausgegebene Leitfaden„Technisches Gutachten bei vermuteter elektrischer Körper-durchströmung“ vorgestellt. Dieser Leitfaden wurde unterMitwirkung der beiden auf diesem Gebiet tätigen LKA-Sachverständigen aus NRW erarbeitet, die dort ihrelangjährigen Erfahrungen auf diesem Gebiet einfließenlassen konnten.

    Zwei Stromunfälle in Alltagssituationen:

    1. Fall „Hüpfburg“ Bei einem Sommerfest wurde auf einer Rasenfläche imGarten eines Vereinshauses zur Kinderbelustigung einesog. Hüpfburg aufgestellt, in welche mit Hilfe eines Ge-

    bläses kontinuierlich Luft eingeblasen wurde. Der Gebläse-motor war über zwei Leitungsroller mit einer Wand-steckdose im angrenzenden Gebäude verbunden. BeiBerührung der Metalltrommel eines Leitungsrollers erlitt einKind einen elektrischen Schlag. Von einem zunächst hin-zugerufenen Mitarbeiter des Energieversorgers war durchelektrische Widerstandsmessungen ein Körperschluss fest-gestellt worden. Daraufhin wurden das Gebläse und diebeiden Leitungsroller zur Untersuchung eingesandt.

    Das Gebläse zeigte bereits äußerlich offenkundige Mängelu. a. in der Form, dass der Deckel des Motoranschluss-kastens nicht ordnungsgemäß befestigt war. Über dasSchraubgewinde zur Deckelbefestigung war in demAnschlusskasten auch der Schutzleiter angeschlossen.Die dazugehörige Schraubenmutter war jedoch nicht festangezogen, so dass es zu einer Berührung von demKabelschuh des Schutzleiters mit einer spannungsführen-den Anschlussklemme kommen konnte.

    7

    ELEKTRISCHE GEFÄHRDUNGEN IM ALLTAG ........................................................................................

    Abb. 1 Abb. 3

    Abb. 2

  • Eine von diesem Fehler ausgehende Gefährdung hättebei Funktion der angewandten Schutzmaßnahme „Schutzdurch automatische Abschaltung der Stromversorgung imTN-System mit Überstromschutzeinrichtungen“, nachfol-gend kurz „Nullung“ genannt, unmittelbar beseitigt wer-den können. Eine Abschaltung des betroffenen Strom-kreises fand jedoch nicht statt. Die Ursache hierfür konn-te bei der anschließend durchgeführten Überprüfung derElektroinstallation festgestellt werden. Demnach war derSchutzleiter von der Unterverteilung zu der relevantenWandsteckdose unterbrochen. Als Folge dessen warensämtliche, mit dem Schutzleiter dieses Steckdosen-stromkreises verbundenen, leitfähigen Teile spannungs-führend, d. h. nicht nur das metallene Gebläsegehäuse,sondern auch die beiden Metalltrommeln der Leitungsroller.Die nachfolgende Skizze verdeutlicht den Stromwegnoch einmal bildlich in stark vereinfachter Darstellung.

    Es bleibt festzuhalten, dass in diesem Fall zwei Fehler vor-handen waren, die den Unfall erst ermöglichten. DerBasisschutz war nicht mehr gegeben und der Fehlerschutzwar nicht funktionsfähig. Ein Zusatzschutz durch einenFehlerstromschutzschalter (FI-Schutzschalter), der hierwirksam geworden wäre, war nicht vorhanden.

    Bei dem Besitzer der Hüpfburg ist zumindest von einemmangelnden Gefahrenbewusstsein, bei Berücksichtigungder offensichtlichen Schäden am Gebläsemotor, zudemauch von einem hohen Maß an Leichtsinn auszugehen.

    2. Fall „Waschmaschine“ Eine Person wurde im Badezimmer ihrer Wohnung zwi-schen Waschmaschine und Badewanne von einemMitbewohner tot aufgefunden. Die Rechtsmedizin stelltebei der Obduktion an beiden Armen Strommarken fest,– am rechten Arm unterhalb und am linken Arm oberhalb

    des Ellenbogens. Bei der Untersuchung der Elektro-installation und Erdungsverhältnisse am Auffindeort be-fand sich die Waschmaschine noch im Badezimmer. Diebeiden Abb. 5 und 6 zeigen die Waschmaschine nacheiner Rekonstruktion an ihrem ursprünglichen Standort so-wie den Auffindeort der Person.

    Die Untersuchung vor Ort ergab, dass die relevanteWandsteckdose ordnungsgemäß angeschlossen war unddie Bedingungen für die angewandte Schutzmaßnahme„Nullung“ erfüllt waren. Bei der weiteren Überprüfung wur-de festgestellt, dass der für den Anschluss der Wasch-maschine verwendete Wasserhahn auf Erdpotential lag.

    Die Wandsteckdose und der Wasserhahn sind auf derAbb. 7 erkennbar, die den Auffindeort nach Entfernender Waschmaschine zeigt.Als Besonderheit muss erwähnt werden, dass es sich beider Waschmaschine um eine Gewerbeausführung han-delte, die mit einer fünfadrigen Anschlussleitung versehenwar und am Gerät ordnungsgemäß entsprechend der al-ternativen dreiphasigen Anschlussmöglichkeit verdrahtetwar. Im Widerspruch dazu stand die Feststellung, dassdas freie Ende der Anschlussleitung mit einem zweipoli-gen Schutzkontakt-Netzstecker versehen war. Nach Öff-

    8

    .............................................................................................................................................................. Elektrische Gefährdungen im Alltag

    Abb. 4 Abb. 5

  • nen des Netzsteckers war der fehlerhafte Anschluss er-sichtlich. Alle fünf Leitungsadern waren auf zwei Gruppenverteilt an die beiden Steckerstifte angeschlossen. Wieauf dem nachfolgenden Bild erkennbar ist, war dieSchutzleiterklemme des Steckers nicht belegt, sondern derSchutzleiter war zusammen mit zwei weiteren Leitungs-adern an einen Steckerstift angeschlossen.

    Demzufolge war das Metallgehäuse der Waschmaschi-ne, abhängig von der Lage des Netzsteckers in derSteckdose, über den Schutzleiter unmittelbar mit einem

    spannungsführenden Außenleiter verbunden. Wurdenvon der Person zeitgleich die Waschmaschine und derWasserhahn berührt, dann konnte sich ein Stromflussdurch den Körper einstellen. Für diesen Stromweg spra-chen auch die dazu korrespondierenden Strommarken anbeiden Armen, so dass von einer Querdurchströmungdurch den Körper entsprechend der nebenstehenden,stark vereinfachten Darstellung auszugehen war.In diesem Fall waren die Schutzmaßnahmen durch einekonkrete Handlung außer Kraft gesetzt worden. EinZusatzschutz durch einen FI-Schutzschalter, der auch hierwirksam geworden wäre, war jedoch ebenfalls nicht vor-handen.

    Zweifelsfrei war hier der vermutlich von einem Laien vor-genommene, fehlerhafte Anschluss des Netzsteckers alsursächlich für das Geschehen anzusehen. Wäre die

    9

    Elektrische Gefährdungen im Alltag ..............................................................................................................................................................

    Abb. 6

    Abb. 8

    Abb. 7 Abb. 9

  • Gefahr erfasst worden, dass das Gerät nach Aussonde-rung noch im privaten Bereich weiter betrieben und da-für der Netzstecker evtl. auch von Laien ausgetauscht wird,dann wären u. U. bereits einfache Maßnahmen (z. B.Abtrennen der Anschlussleitung unmittelbar am Gerät) ge-eignet gewesen, den fehlerhaften Austausch bzw. Ansch-luss des Netzsteckers zu verhindern.

    VDE-Leitfaden „Technisches Gutachten bei vermuteterelektrischer Körperdurchströmung“:Dieser aktuelle Leitfaden ist als Arbeitshilfe für Gutachterkonzipiert und wurde Anfang 2005 vom VDE-AusschussSicherheits- und Unfallforschung herausgegeben. Nachdem der Ausschuss Kenntnis von mehreren ungenü-genden Gutachten zu Stromunfällen verschiedener frei-er Sachverständiger erhielt, wurden Überlegungen zurVerbesserung der Gutachtenqualität angestellt. Dabeiwirkten die beiden auf diesem Gebiet tätigen Sach-verständigen des Landeskriminalamtes NRW mit undkonnten ihre langjährigen Erfahrungen einfließen lassen.Bei den angestellten Überlegungen und Diskussionenwurde erkannt, dass ein großes Problem der kritischenGutachten in ihrer Unvollständigkeit bestand, wodurch ih-re Nachvollziehbarkeit oder gar Gerichtsverwertbarkeitwesentlich beeinträchtigt war. Zur Verbesserung dieses Zustandes erschien es zweckmä-ßig, die aus Sicht des Ausschusses unverzichtbarenBestandteile für Gutachten zu Stromunfällen aufzuzei-gen.Als Ergebnis wurde ein kompakter, 15-seitiger Leitfadenfür Gutachter erstellt. Das Kernstück des Leitfadens stel-len die grundsätzlich in einem technischen Gutachten zubehandelnden Punkte dar, die in übersichtlicher Form aufnur einer Seite wiedergegeben sind. Diese Punkte wer-den im Leitfaden anschließend erläutert, u. a. in Form ei-ner „Checkliste“.Als wichtigstes Ziel des Gutachtens wird die Nach-weisführung der Körperdurchströmung angesehen, wel-che neben der Darstellung des Stromweges durch denKörper soweit möglich auch eine Abschätzung der Höhedes Körperstromes sowie dessen Einwirkdauer umfasst.Weiterhin ist es von Bedeutung, wie es zu der Körper-durchströmung kam bzw. ob und ggf. welche Schutz-maßnahmen von Bedeutung waren bzw. versagt haben.Aus diesen Gründen ist eine Untersuchung des Stromnetzesund ggf. beteiligter Geräte unabdingbar.Der Leitfaden kann im Internet unter www.vde.com/sufkostenlos herunter geladen oder angefordert werden.

    Abschließend sei noch bemerkt, dass eine Überarbeitungdes Leitfadens im nächsten Jahr (2007) geplant ist, beider Anwendererfahrungen und evtl. Änderungsvorschlä-ge berücksichtigt werden sollen.

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    .............................................................................................................................................................. Elektrische Gefährdungen im Alltag

  • Prof. Dr. J. Silny, Forschungszentrum für Elektro-Mag-netische Umweltverträglichkeit (femu), Rheinisch-West-fälische Technische Hochschule Aachen

    1. Einleitung

    Technische Implantate stellen heute eine bewährte und ef-fektive Therapie verschiedener erkrankter Organe sowieeine vielseitige Unterstützung medizinischer Eingriffe be-reit. Entsprechend ist das Spektrum der verfügbarenImplantate sehr groß, es reicht von Schrauben, Verschlüssenund Haltemechanismen über künstliche Gelenke bis zukomplexen, mit Elektronik versehenen Implantaten, wiez. B. Cochlear-Implantate, Nervenstimulatoren, Insulin-pumpen, Herzschrittmacher und Kardioverter Defibril-latoren. Die Anwendung der technischen Implantate istvon Patienten wie auch von Ärzten inzwischen voll ak-zeptiert, da sie zuverlässig nicht nur eine unterstützende,sondern bei einigen Erkrankungen auch lebenserhalten-de Funktion übernehmen können. Auf diese Weise wirddie Lebensqualität der Patienten wesentlich verbessert, invielen Fällen können sie sogar ihren Beruf weiterhin un-beschränkt ausüben.Wie andere therapeutische Mittel weist der Einsatz tech-nischer Implantate bestimmte spezifische und häufig auchindividuelle Risiken auf. Elektromagnetische Felder gehö-ren dabei zu den äußeren Einflussfaktoren, die dieFunktion eines technischen Implantats beeinträchtigenkönnen. Diese Beeinträchtigung kann sich, z. B. beiCochlear-Implantaten, für den Organismus als eine harm-lose temporäre Störung bemerkbar machen. In bestimm-ten Situationen, wie z. B. bei Herzschrittmachern oderKardioverter Defibrillatoren, kann dies aber zur Gefähr-dung der lebenserhaltenden Funktionen führen, weshalbeine derartige Störsituation bei diesen Implantaten unterallen Umständen verhindert werden muss. Die Wahr-scheinlichkeit einer derartigen Situation für die Im-plantatträger steigt grundsätzlich mit der Stärke der ein-wirkenden elektromagnetischen Felder und sie erhöhtsich von passiven zu aktiven, mit Elektronik ausgestatte-ten Aggregaten. Die Störanfälligkeit elektronischerImplantate für elektromagnetische Felder wird auch maß-geblich durch ihre Modulation und Frequenz sowie wei-tere Charakteristika bestimmt. Diese Zusammenhängewerden u. a. in der folgenden Abhandlung näher betrach-tet, wobei exemplarisch Herzschrittmacher und Kardio-verter Defibrillatoren herangezogen werden. Diese Wahl

    begründet sich mit der Aufgabe dieser Implantate, die le-benserhaltende Funktion des Herzens zu gewährleisten,und einer relativ starken Störanfälligkeit der elektronischenImplantate in elektromagnetischen Feldern.

    2. Funktionsweise von Herzschrittmachern undKardioverter Defibrillatoren

    Die sog. intelligenten Implantate, wozu auch Herz-schrittmacher und Kardioverter Defibrillatoren gehören,sind mit Elektronik ausgestattet, damit die Abgabe vonTherapeutika, wie z. B. Medikamente bzw. elektrischeReize, in Abhängigkeit vom Funktionszustand des betrof-fenen Organs erfolgen kann. Bei Herzschrittmachern undKardioverter Defibrillatoren ist die Elektronik in einem klei-nen Gehäuse (ca. 4 x 4 x 2 cm) untergebracht, das ge-gen das Einsickern von Körperflüssigkeiten mit einemMetallmantel geschützt ist. Diese Aggregate werden imlinken oder rechten Brustbereich implantiert, die elektri-sche Verbindung mit dem Herzen erfolgt mittels einesKatheters, in dem eine oder zwei elektrisch voneinanderisolierte Leitungen geführt werden. Diese Leitungen ver-binden die Elektronik mit einer oder zwei Elektroden ausder Spitze des Katheters, die meistens in der rechtenHerzkammer bzw. im rechten Vorhof gezielt platziertwerden. Auf diese Weise können die Aggregate über diegleichen Leitungen die elektrische Aktivität des Herzensmit Hilfe des intrakardialen Elektrodiagramms (IEKG) auf-nehmen und einen elektrischen Reiz zum Herzen führen.Dabei leitet der elektrische Reiz des Herzschrittmachersdie Erregung des Herzens ein, wogegen ein starker Pulsdes Defibrillators das Herzkammerflimmern unterdrückt.Die Aufnahme (Sensing) des IEKG und die Reizabgabezwischen dem Gehäuse und der Elektrode an der Spitze

    11

    RISIKEN FÜR IMPLANTATTRÄGER IN STARKEN ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN DER ARBEITSUMGEBUNG ....................................

    Abb. 1: Unipolare und bipolare Arbeitsweise von

    Herzschrittmachern und Kardioverter Defibrillatoren

  • des Katheters wird als unipolare, die Aufnahme undReizung über zwei im Herzen verankerte Elektroden alsbipolare Arbeitsweise bezeichnet (Abb. 1). ModerneAggregate erlauben, zwischen beiden Betriebsartendrahtlos umzuschalten.

    Beide Anordnungen haben bestimmte Vor- und Nachtei-le, die Wahl der Anordnung wurde bisher aufgrund me-dizinischer Indikation oder der gängigen Praxis der je-weiligen Klinik festgelegt. Die Abb. 2 zeigt beispielhaft die wichtigsten Funk-tionsblöcke eines Herzschrittmachers. Die elektrische Aktivität des Herzens, das IEKG, wird dem

    Verstärker zugeleitet und in den nächsten Stufen zu syn-chronen Pulsen verarbeitet. Dieses Signal wird in derLogik des Herzschrittmachers zur Triggerung oder Unter-drückung der Pulsabgabe des Pulsgenerators verwen-det. Ohne diese Synchronisation mittels des IEKG gibt derPulsgenerator Impulse im vorangestellten, festen Intervallab, die den Herzmuskel wiederholt zu Kontraktionenbringen. Durch diese starre, festfrequente Stimulationkann die Herzaktivität aufrecht erhalten werden, dem phy-siologischen Bedarf nach einer Erhöhung, z. B. währendkörperlicher Arbeit, oder Absenkung während des Schlafeskann aber nicht Rechnung getragen werden. Eine elektrische Störung am Eingang des Aggregats, die

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    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung............................................................................................................ 2. Funktionsweise von Herzschrittmachern und Kardioverter Defibrillatoren

    Abb. 2: Wichtigste Funktionsblöcke eines Herzschrittmachers

    Abb. 3: Arbeitszustände des Herzschrittmachers ohne und mit Störung

  • nach der Verstärkung und Filterung ein dem IEKG ähnli-ches Signal liefert, kann zu falscher Triggerung oderInhibition des Reizimpulses führen. Aus der Einstellung desHerzschrittmachers sowie dem Verhältnis zwischen derAmplitude des IEKG und der Störung ergeben sich unter-schiedliche Störzustände (Abb. 3).Insbesondere bei Patienten, die völlig auf die Reizung durchdie Herzschrittmacher angewiesen sind, kann eineInhibition zu einer lebensbedrohlichen Situation führen.Kontinuierliche Störsignale können ab einer bestimmtenAmplitude vom Herzschrittmacher erkannt werden und ihnauf eine festfrequente Stimulation umschalten. Dabeibleibt aber die eventuelle eigene elektrische Aktivität desHerzens außer Kraft, was die Qualität der Herzschritt-machertherapie verringert. Die Abb. 3 veranschaulichtdie vier wichtigsten Modi eines Herzschrittmachers oh-ne und mit einer Störung durch elektromagnetische Felder.Ist die Störamplitude sehr klein, arbeitet der Herzschritt-macher im normalen Betrieb. Je nach Einstellung wird beimregulären IEKG ohne Störung der Reiz unterdrückt (inhi-bierendes System), oder synchron mit dem IEKG, aberohne Reizwirkung (getriggertes System), abgegeben. Ohne reguläres IEKG geben beide Systeme Reize ab, diedie Herzfunktion aufrecht erhalten, die Herzaktivität wirderkannt und richtig gedeutet. Eine Störung kann ab einerbestimmten Schwelle eine gefährliche Inhibition bzw.Fehltriggerung einleiten. Noch höhere Amplituden einerStörung werden vom Herzschrittmacher erkannt, und er

    schaltet in einen festfrequenten „asynchronen“ Betrieb um.Der Übergang vom Normalbetrieb eines Herzschritt-machers in die beiden grundsätzlich unterschiedlichenStörbetriebe ist in Abb. 4 veranschaulicht.

    3. Einkopplung elektromagnetischer Felder in die Implantate

    Niederfrequente elektrische und magnetische sowie hoch-frequente elektromagnetische Felder koppeln sich unter-schiedlich in den Körper und in die Implantate ein.Deshalb ist eine getrennte Betrachtung der Einkopplungverschiedener Feldkomponenten unter Berücksichtigungdes jeweiligen Implantats erforderlich. Zur Erläuterung wirdhier exemplarisch wiederum das Herzschrittmachersys-tem herangezogen.

    Niederfrequente elektrische FelderNiederfrequente elektrische Felder und die sie begleiten-den Ströme koppeln sich kapazitiv in den Körper ein (Abb.5). Bei einer vertikalen Ausrichtung des elektrischen Feldes,wie es z. B. unter einer Hochspannungsfreileitung der Fallist, ist die Einkopplung in der oberen Hälfte des Körpersam stärksten. Der kapazitiv eingekoppelte Strom fließt imKörper von den Eintrittstellen über elektrisch gut leitfähi-ge Blutbahnen kapazitiv über das Schuhwerk, oder bei

    13

    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung 3. Einkopplung elektromagnetischer Felder in die Implantate ................................................................................................................................

    Abb. 4: Übergang von Normal- zu Störbetrieb in Abhängigkeit von der Amplitude der Störung

  • Berührung geerdeter Teile direkt zur Erde ab. Unter ei-ner Hochspannungsfreileitung wird mit einem Summen-strom im Körper von ca. 14 µA/1 kV/m ungestörter elek-trischer Feldstärke gerechnet (Schneider 1994). Der in-fluenzierte Strom erzeugt im Körper einen Spannungsabfall,der bei der unipolaren Anordnung eines Herzschritt-machers zwischen dem Gehäuse und der Reizelektrodeim Herzen, oder bei bipolarer Anordnung zwischen denbeiden Elektroden im Herzen aufgegriffen wird. Bei uni-polaren Systemen muss mit einer Störspannung zwischen180 und 400 µV/kV/m elektrischer Feldstärke gerech-net werden, je nachdem, ob ein realer Fall oder einworst case betrachtet wird. Bei einem bipolaren Systemverringert sich diese Störspannung auf 28 bis 60 µV/kV/m.Bei Herzschrittmachern mit einer Empfindlichkeit von 2

    mV muss nach Abb. 6 unter ungünstigsten Bedingungenab einer Feldstärke über 5 kV/m mit einer Störung vonHerzschrittmachern gerechnet werden (Scholten 2002;Scholten, Silny 2001a).

    Niederfrequente magnetische FelderMagnetische Wechselfelder induzieren in den elektrischleitfähigen Körper, wie auch in den verschiedenen Schleifendes Herzschrittmachersystems, Störspannungsanteile, diesich addieren oder auch subtrahieren können (Abb. 6).Die resultierende Induktionsfläche liegt bei unipolarerAnordnung und rechtspektoraler Lage des Aggregats um100 cm2, wogegen bei linkspektoraler Anordnung mit ca.200 cm2 gerechnet werden muss. Bipolare Anordnungenergeben mit ca. 15 cm2 die kleinste Induktionsfläche.

    14

    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung.............................................................................................................................. 3. Einkopplung elektromagnetischer Felder in die Implantate

    Abb. 5: Influenz elektrischer Wechselfelder in den Körper. Der kapazitiv Strom erzeugt

    zwischen den jeweiligen beiden Bezugselektroden eine Störspannung, die dem IEKG überlagert ist.

  • 15

    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung 3. Einkopplung elektromagnetischer Felder in die Implantate ................................................................................................................................

    Abb. 6: Influenzierte Störspannung am Eingang eines Herzschrittmachers im elektrischen 50 Hz-Feld

    Abb. 7: Magnetische Wechselfelder induzieren im Körper sowie in den unterschiedlich orientierten Schleifen des

    Herzschrittmachersystems Störanteile, die sich addieren oder auch subtrahieren.

  • magnetischen wie auch hochfrequenten Feldern ausge-setzt (Abb. 9). Im ungünstigsten Fall, von dem immer aus-gegangen werden muss, sind alle Störanteile zu addie-ren, was zwangsläufig zu einem erhöhten Risiko einerStörung führt (Scholten et al. 2005).

    4. Störschwellen beeinflussende physiologischeund technische Faktoren

    Bei der Betrachtung der Störbeeinflussung von Implanta-ten mit Elektronik durch elektromagnetische Felder sindverschiedene Faktoren zu berücksichtigen, die aus indi-viduellen Unterschieden in � Anatomie und Physiologie des Implantatträgers� Lage und Bewegung des Körpers� Beschaffenheit des elektromagnetischen Feldes� Einstellung und Störanfälligkeit des Herzschritt-

    machers sowie der� Positionierung des Herzschrittmachersystems im

    Körper resultieren

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    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung................................................................................................................ 4. Störschwellen beeinflussende physiologische und technische Faktoren

    Hierbei sind die Fläche und die Orientierung derKatheterschleifen, die unter den Herzschrittmacher gelegtwerden, noch nicht berücksichtigt. Entsprechend diesenexperimentell ermittelten Flächen muss bei einigen Herz-schrittmachern mit einer vorprogrammierten Empfindlichkeitvon 2 mV bereits ab 60 µT in einem weit ausgedehntenmagnetischen 50 Hz-Feld mit einer Störung desHerzschrittmachers gerechnet werden (Scholten, Silny2001b).

    Hochfrequente FelderHochfrequente Felder, wie z. B. die der Handys, kop-peln sich am stärksten direkt in die Leitung des Kathetersein. Je nach Frequenz und Länge verhält sich der Katheterwie eine Antenne unterschiedlicher Güte. Erfahrungs-gemäß können Mobilfunkfelder der Handys im D-Netzzu einer Störung der Herzschrittmacher führen, wenn derAbstand zum Aggregat weniger als 15 cm beträgt (Silny1998).

    Zusammengesetzte FelderIn der Praxis werden die Herzschrittmacherträger norma-lerweise gleichzeitig niederfrequenten elektrischen und

    Abb. 8: Die Störschwelle von Herzschrittmachern in magnetischen Wechselfeldern hängt vom Fabrikat, der Implantationslage des Sys–

    tems im Körper, der eingestellten Empfindlichkeit des Aggregats sowie von der Frequenz und Modulation elektromagnetischer Felder ab.

  • Die Einkopplung der niederfrequenten elektrischen Felderfällt am stärksten bei hochgewachsenen, schlankenImplantatträgern mit erhobenem Arm während des Einat-mens, bei einer perfekten Erdung des Körpers und uni-polarer Anordnung des Herzschrittmachers, aus. Die un-günstigsten Bedingungen im niederfrequenten magneti-schen Feld ergeben sich bei einem großen Körper wäh-rend des Einatmens bei linkspektoraler Herzschrittma-cherlage und unipolarer Anordnung. Die hochfrequentenFelder können sich am besten bei einem schlanken Körperdes Implantatträgers und einem oberflächlichen Verlaufdes Katheters in die Implantate einkoppeln. Bei allen Arten der Störung und der störenden elektroma-gnetischen Felder kommt es darauf an, dass die Implantateeine möglichst hohe Störschwelle für die jeweilige Frequenzdes Störsignals, schmale Inhibitionsbereiche und eineangepasste Empfindlichkeit auf das IEKG aufweisen. Dieunter dem Herzschrittmachergehäuse positionierte Katheter-Schleife soll so gebildet werden, dass sie die anderenBeiträge subtrahiert und damit zur Anhebung derStörschwelle beiträgt.

    5. Provokationsstudien mit Trägern elektronischer Implantate

    In der bisherigen Praxis wurde die Störschwelle elektro-nischer Implantate in Modellen bzw. in wenigen Unter-suchungen mit Implantatträgern abgeschätzt. Die heran-gezogenen physikalischen oder numerischen Modellesind aber nicht imstande, die tatsächliche Komplexität derProblematik zu erfassen, weshalb bisherige Ergebnissedieser Betrachtungen Streuungen der ermittelten Stör-schwellen von einigen 100 % liefern. Derartige Modellesind nach wie vor zweckmäßig, um gewisse Tendenzenzu ermitteln, sie werden aber nie verlässliche, individu-elle Störschwellen liefern können.Die bisherigen experimentellen Untersuchungen mitImplantatträgern haben sich auf die Überprüfung derExistenz einer Störung bei Implantatträgern im eng defi-nierten Feld begrenzt. Diese Feldsituationen entsprachenleider nicht den praktischen Bedingungen, so dass ausderartigen Untersuchungen keine Rückschlüsse auf anders-artig zusammengesetzte Felder, wie sie in der Praxis auf-treten, gezogen werden können.

    17

    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung 5. Provokationsstudien mit Trägern elektronischer Implantate

    Abb. 9: Die Beiträge niederfrequenter, elektrischer und magnetischer sowie hochfrequenter Felder zur Störamplitude können sich im

    ungünstigsten Fall addieren.

  • Um die tatsächliche Störschwelle individueller Implan-tatträger ermitteln zu können, sind Provokationsstudien er-forderlich, die � die tatsächlich einwirkenden Felder der beruflichen

    Umgebung weitgehend nachbilden und� die tatsächlichen Störschwellen im jeweiligen Feld

    ermitteln.Nur auf diese Weise besteht die Möglichkeit, nicht nureine ja/nein-Antwort, sondern auch Informationen überdie Sicherheitsabstände für Implantatträger in der jewei-ligen Feldsituation zu geben. Damit wird erreicht, dassnur in begründeten Fällen der Implantatträger die ihm ver-traute Arbeitsumgebung verlassen und sich umschulen las-sen muss. Eine derartige Versuchsreihe wird mit Unterstützung derBerufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotech-nik, Köln, im femu durchgeführt. Informationen über dasVorgehen sowie Anmeldungen für die Teilnahme an die-ser Studie können dem Internet (http://www.femu.rwth-aachen.de/interference.php3?l=g) entnommen werden.Die Untersuchungen, die unter strengster medizinischerÜberwachung erfolgen, sollen Daten liefern, die Entscheid-ungen über eine Weiterbeschäftigung des jeweiligenImplantatträgers in der gegebenen (beruflichen) Feldsitu-ation erlauben. Darüber hinaus soll über eine statistischeBewertung vieler Provokationsstudien eine Basis erarbei-tet werden, die eine verlässliche Festlegung der Grenzwertefür Implantatträger erlaubt.

    6. Zusammenfassung

    Insbesondere Träger elektronischer Implantate wieHerzschrittmacher oder Kardioverter Defibrillatoren kön-nen durch elektromagnetische Felder der Berufsumge-bung gestört werden. Die Herzschrittmacher und Kardio-verter Defibrillatoren stellen eine Klasse technischerImplantate dar, die wegen der häufigen Nutzung und auf-grund ihrer meist lebenserhaltenden Funktionen eine be-sondere Stellung einnehmen. Die Störschwelle ist indivi-duell und hängt von einer Reihe anatomischer, physiolo-gischer und technischer Faktoren ab. Die Wissenschafthat bisher keine verlässlichen Störschwellen, auch nichtfür die wichtigste Gruppe der Herzschrittmacher undKardioverter Defibrillatoren, geliefert. Zur Abschätzungder möglichen Schwelle wurden bisher physikalischeoder numerische Modelle herangezogen, die die gesam-te Problematik nur rudimentär erfassen können. Wenige

    durchgeführte Untersuchungen mit Implantatträgern be-schränken sich auf eine ja/nein-Testung in Feldern, dieder praktischen Situation nicht entsprechen. HäufigeFolgen der Unsicherheit bezüglich einer Störschwellesind kostspielige Versetzungen und Umschulungen des be-troffenen Mitarbeiters, ohne dass dies erforderlich ist.Abhilfe versprechen hier kontrollierte Provokationsstudienmit Implantatträgern, die, in Abhängigkeit von den resul-tierenden Sicherheitsabständen, eine klare Entscheidungüber die Weiterbeschäftigung von Implantatträgern in ei-nigen exponierten Bereichen ermöglichen. Darüber hin-aus werden auf dieser Grundlage Maßgaben erarbeitet,wie die Störanfälligkeit von Implantaten durch eine Auswahlvon Aggregaten und eine besser geeignete Platzierung desImplantatsystems im Körper verbessert werden kann. Diestatistische Bewertung vieler Provokationsstudien verspricht,eine Basis für die Einführung verlässlicher Grenzwerte fürdiese Patientengruppe zu liefern.

    7. Literaturverzeichnis

    Schneider KH (1994): Wirkung niederfrequenter Felderauf den Menschen. Elektrizitätswirtschaft 93 (17): 991–1002Scholten A, Joosten S, Silny J (2005): Unipolar cardiacpacemakers in electromagnetic fields of high voltageoverhead lines. J Med Eng Technol 29 (4): 170–175Scholten A (2002): Zur Abschätzung des Einflusses nie-derfrequenter elektromagnetischer Felder auf Herzschritt-macherimplantate unter besonderer Berücksichtigung vonHochspannungsfreileitungen. Diss. RWTH Aachen,Klinkenberg-Verlag, Aachen, ISBN 3-934318-38-XScholten A, Silny J (2001a): The interference thresholdof unipolar cardiac pacemakers in extremely low fre-quency magnetic fields. J Med Eng Technol 25 (5): 185–194Scholten A, Silny J (2001b): The interference thresholdof cardiac pacemakers in electric 50 Hz fields. J Med EngTechnol 25 (1): 1–11Silny J (1998): Interference of Cardiac Pacemakers in theNear Fields of Portable Digital Transmitters. In: G.L. Carlo(Ed.).: Wireless phones and health. Scientific Progress,Kluwer Academic Publishers, Boston, Dordrecht, London,305-315

    18

    Risiken für Implantatträger in starken elektromagnetischen Feldern der Arbeitsumgebung................................................................................................................................................................................ 6. Zusammenfassung

  • Harald Gröner, RWE Power AG

    Rechtlicher Hintergrund zur GefährdungsbeurteilungDie Einführung eines europäischen Binnenmarktes hat zurKonsequenz, dass die Anforderungen an die Beschaf-fenheit von Arbeitsmitteln in allen europäischen Staatengleich geregelt sein müssen. Deshalb sind die europäi-schen Sicherheitsanforderungen an die Beschaffenheit 1:1von allen europäischen Staaten in nationales Recht zuübernehmen. In Deutschland ist dieses im Wesentlichendurch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG)erfolgt.

    Im Unterschied zur Beschaffenheitsanforderung von Ar-beitsmitteln ist der Betrieb weiterhin primär in nationalerZuständigkeit. Zwar gibt es auch hier europäische Arbeits-schutzrichtlinien, die eine Vereinheitlichung innerhalbvon Europa zum Ziel haben, bei der Umsetzung in na-tionales Recht sind aber über die europäische Regelunghinausgehende nationale Schutzvorschriften zulässig. InDeutschland ist der Betrieb im Wesentlichen über dieArtikelverordnung mit dem Kernstück Betriebssicherheits-verordnung geregelt. Ermächtigungsgrundlage für dieBetriebssicherheitsverordnung ist sowohl das GPSG alsauch das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).

    Gefährdungsbeurteilung nach rechtlichen VorgabenEine Gefährdungsbeurteilung istrechtlich gefordert (§ 5 Arbeits-schutzgesetz, Betriebssicher-heitsverordnung) und aus Sichtdes Arbeitsschutzes zum Schutzder Mitarbeiter zwingend erfor-derlich. Aufgabe der Gefähr-dungsbeurteilung ist es, auf sys-tematische Weise festzustellen,ob die am Arbeitsplatz vorhande-nen Risiken, die sich aus den er-mittelten Gefährdungen ergeben,unterhalb des Grenzrisikos lie-gen. Aus betrieblicher Sicht ist eszweckmäßig, eine Gefährdungs-beurteilung so zu gestalten, dassdie Vorgesetzten die Gefähr-dungen in ihrem verantwortlichenArbeitsbereich erkennen und dieverlangte Dokumentation bei der

    Erfüllung ihrer Aufgaben mit nutzen können. Ziele einerGefährdungsbeurteilung sind:� Unfallrisiken und gesundheitsgefährdende Arbeiten am

    Arbeitsplatz erkennen, bewerten und vermeiden� physische und psychische Belastungen der Arbeit-

    nehmer erkennen, bewerten und vermeiden bzw. ver-mindern

    � Schutzziele überwachen und die Wirksamkeit prüfen� die Arbeitsbedingungen verbessern, dabei den spe-

    ziellen Blick auf die ergonomischen Anforderungen,die an einen Arbeitsplatz gestellt werden, berücksich-tigen.

    Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilungeines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.Das Arbeitsschutzgesetz gibt darüber hinaus Hinweise,wo sich insbesondere Gefährdungen ergeben können undlegt die Rangfolge der Schutzmaßnahmen fest. Dabei sindtechnische vor organisatorischen und personenbezoge-nen Maßnahmen festzulegen (TOP-Prinzip).

    Das Arbeitsschutzgesetz wird in einer Reihe von Ver-ordnungen konkretisiert. In Bezug auf die Gefährdungs-beurteilung sind insbesondere Biostoffverordnung (§ 5),Gefahrstoffverordnung (§ 3), Betriebssicherheitsverord-nung (§ 3), Bildschirmarbeitsplatzverordnung (§ 3) undAllgemeine Bergbauverordnung (§ 3) zu nennen.Innerhalb der Arbeitsstättenverordnung erfolgt keine

    19

    PROGRAMM ZUR GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG AM BEISPIEL EINES ENERGIEVERSORGUNGSUNTERNEHMENS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    Abb. 1

  • Konkretisierung der Gefährdungsbeurteilung. Für denBetreiber z. B. eines Kraftwerkes stellt sich nun die Frage:„Reicht eine Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeits-schutzgesetz aus oder ist für jede einzelne Verordnungeine separate Gefährdungsbeurteilung zu erstellen?“.Da die Verantwortung für die Durchführung der Gefähr-dungsbeurteilung dem Arbeitgeber direkt übertragenwurde, kann er selber entscheiden, wie er vorgeht.Zweckmäßig ist die Durchführung einer Gefährdungs-beurteilung, die dann sowohl das Arbeitsschutzgesetz alsauch die vielen anderen Verordnungen abdeckt, damitdie Beurteilung einschließlich der Wechselwirkung für denAnwender überschaubar bleibt.

    Betriebssicherheitsverordnung und TRBS 1111Konkretisierende Hinweise bzgl. der Anforderung, diean eine Gefährdungsbeurteilung gestellt werden, liefertdie Betriebssicherheitsverordnung. Hier steht das Arbeits-mittel im Zentrum der Betrachtung und die Gefähr-dungsbeurteilung richtet sich auf Bereitstellung undBenutzung von Arbeitsmitteln aus. Die Gefährdungs-beurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung erfor-dert eine Vielzahl zu prüfender Aspekte, die zukünftigin eine Reihe neuer technischer Regeln zur Betriebs-sicherheitsverordnungen niedergeschrieben werden.Zentrale Regel ist die TRBS 1111 „Gefährdungsbeur-teilung“, die Anwendungsbereich, Verantwortung undAblauf der Gefährdungsbeurteilung beschreibt.

    Wann ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen?Die Betriebssicherheitsverordnung schreibt eine Gefähr-dungsbeurteilung sowohl für die Bereitstellung als auchfür die Benutzung eines Arbeitsmittels vor. Daraus ist ab-zuleiten, dass eine Erstbeurteilung vor Benutzung desArbeitsmittels zu erstellen ist. Nach Änderung einerAnlage ist die Gefährdungsbeurteilung neu zu überprü-fen. Das Auftreten von Unfällen, Störfällen, Beinaheun-fällen oder Berufskrankheiten sind wesentliche Anlässe,eine erneute Bewertung durchzuführen und ggf. zusätz-liche Maßnahmen abzuleiten. Außerdem schreibt derGesetzgeber vor, dass in regelmäßigen Abständen dievorhandenen Gefährdungsbeurteilungen zu überprüfensind.

    Ablauf einer GefährdungsbeurteilungBevor man mit einer Gefährdungsbeurteilung startet,sind die Voraussetzungen für die Durchführung derGefährdungsbeurteilung zu schaffen. Dazu ist eine

    Vielzahl von Informationen zusammenzustellen, z. B.:� rechtliche Grundlagen� vorliegende Gefährdungsbeurteilungen� Herstellerinformation zum Arbeitsmittel� Information zu Arbeitsstoffen und Arbeitsumgebung� Erfahrungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Benutzer� Information zu Unfällen, Beinaheunfällen und gesund-

    heitliche Gefährdungen.Mit Hilfe der bereitgestellten Informationen werden dievorhandenen Gefährdungen ermittelt.

    Gefährdungen ermittelnZur Erfüllung der Gefährdungsbeurteilung muss geprüftwerden, ob durch die Bereitstellung oder die Benutzungdes Arbeitsmittels eine gesundheitliche Beeinträchtigungoder eine Unfallgefahr für die Beschäftigten zu erwartenist. Gefährdungen und Belastungen können in einzelneFaktoren gegliedert werden, z. B. in:� mechanische Gefährdungen� elektrische Gefährdung

    20

    ........................................................................................ Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens

    Abb. 2

  • � Brand- und Explosionsgefährdung� thermische Gefährdung� Gefährdung durch sonstige physikalische Einwir-

    kungen� Gefährdung durch Absturz� Gefahrstoffe/biologische Gefährdung� Belastung durch Arbeitsbe-

    dingungen

    Die einzelnen Gefährdungen wer-den in speziellen technischenRegeln zur Betriebssicherheit be-schrieben. Die erste dazu veröf-fentlichte TRBS 2111 „Mecha-nische Gefährdungen“ gibt Hin-weise, wo mit mechanischen Ge-fährdungen zu rechnen ist, wie siezu beurteilen sind und welcheMaßnahmen ergriffen werdenkönnen.

    Gefährdungen bewertenSind im vorhergehenden Schrittalle Gefährdungen ermittelt, müs-sen diese dahingehend bewertetwerden, ob die Sicherheit undder Gesundheitsschutz der Mitarbeiter gewährleistet wird.Arbeitsmittel, bei denen mit Unfallgefahren zu rechnenist, müssen in der Gefährdungsbewertung berücksichtigtwerden. Zur Bewertung können u. a. herangezogen wer-den:� Betriebserfahrungen und eigene Einschätzung� Betriebsunterlagen� BG-Vorschriften, BG-Regeln, BG-Information� Expertenmeinungen� Messergebnisse

    Alle möglichen Quellen, die bei den Voraussetzungen zu-sammengetragen wurden, wie z. B. gesetzliche Bestim-mungen und Herstellerinformationen, sind in der Bewer-tung mit zu berücksichtigen. Hier trägt die vorher geleis-tete Arbeit ihre Früchte: Je besser die Vorbereitung ist, umsoschneller und einfacher ist die Bewertung der Gefähr-dungen.

    Schutzmaßnahmen festlegenIm Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung werden Maß-nahmen zur Vermeidungen der Gefahren festgelegt. Die

    festgelegten Maßnahmen müssen die Gefährdungen aus-schließen oder hinreichend begrenzen. Dabei sind ins-besondere die allgemeinen Grundsätze nach § 4 Ar-beitsschutzgesetz, das TOP-Prinzip, einzuhalten. DerArbeitgeber ist angehalten, dafür zu sorgen, dass dieSchutzmaßnahmen umgesetzt werden.

    Schutzmaßnahmen überprüfenDie vom Arbeitgeber festgelegten Schutzmaßnahmensind im Hinblick auf die Erreichung der Schutzziele zuüberprüfen. Der Arbeitgeber muss also feststellen, ob� die festgelegte Schutzmaßnahme durchgeführt worden

    ist� die Maßnahme ausreichend ist� sich nach Durchführung der Maßnahme keine neuen

    Gefährdungen ergeben haben

    Werden alle drei Fragen mit „ja“ beantwortet, ist dasSchutzziel erreicht und die Ergebnisse sind jetzt noch zudokumentieren. Im anderen Fall (Schutzziel nicht erreicht)ist die Gefährdungsbeurteilung wie im vorher beschrie-benen Ablauf neu durchzuführen.

    Dokumentation der ErgebnisseEs ergibt sich eine Dokumentationsverpflichtung aus § 6des Arbeitsschutzgesetzes. Hiernach sind Arbeitgebermit mehr als zehn Mitarbeitern verpflichtet, die Ergebnisseder Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.

    21

    Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens ........................................................................................

    Abb. 3

  • Die Betriebssicherheitsverordnung gibt vor, dass Prüffris-ten, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für über-wachungsbedürftige Anlagen festgelegt werden, zu do-kumentieren sind. Prüffristen und das Ergebnis derGefährdungsbeurteilung können in einem Dokument zu-sammengefasst werden.

    Die Gefährdungsbeurteilung der RWE PowerWie im Vorfeld schon dargestellt, hat die RWE Power denWeg eingeschlagen, eine Gefährdungsbeurteilung durch-zuführen, die alle Rechtsvorschriften abdeckt. Dabei er-füllt die Gefährdungsbeurteilung der RWE Power nebendem Arbeitsschutzgesetz und den nachfolgenden Verord-nungen auch die Forderungen, die sich aus dem Bergrechtergeben. Die in Zusammenarbeit mit der Berufsge-nossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik entwickel-te, intranetbasierte Gefährdungsbeurteilung kann in al-len Betriebsteilen der RWE Power angewendet werden:� Braunkohle-, Stein- und Gaskraftwerke� Kernkraftwerke� Regenerative Kraftwerke� Tagebau und Veredlung� Verwaltung

    Wesentliche Kriterien dieser Gefährdungsbeurteilungsind, dass sie leicht handhabbar und änderbar ist. Dieintranetbasierte Version ist für alle zugängig. Somit kön-nen die Kollegen in dem einen Kraftwerk sehen, wie der

    verantwortliche Meister in einem anderen Kraftwerk dieGefährdungen eines Arbeitsplatzes bewertet. Die einge-pflegten Daten sind somit vergleichbar, können kopiertund übernommen werden. Verantwortlich für seinenBereich ist jedoch jeder einzelne Vorgesetzte, der dieGefährdungen in seinem Tätigkeitsbereich und an seinenArbeitsmitteln ermitteln und bewerten muss. Bei derErstellung der Gefährdungsbeurteilung wird der verant-wortliche Vorgesetzte durch die Sicherheitsfachkraft unterstützt, die auch die Dokumentation der Gefährdungs-beurteilung freigibt. Die Transparenz der Gefährdungs-beurteilung sichert eine Übertragbarkeit der Erfahrun-gen und steigert somit die Qualität der durchzuführendenSchutzmaßnahmen.

    Es sollten möglichst mehrfache Dokumentationen innerhalbeines Arbeitschutzmanagementsystems vermieden wer-den. Aus diesem Grund wurde die Gefährdungsbeurtei-lung der RWE Power mit den anderen im RWE Intranetvorhandenen Datenbanken verknüpft. Dies minimiert denAufwand der Pflege und garantiert, dass keine veralter-ten Dokumente innerhalb unserer Gefährdungsbeurtei-lung stehen. Die Aktualisierung erfolgt „online“.

    Start der GefährdungsbeurteilungStartet man eine neue Gefährdungsbeurteilung, wird ersteine Dokumenteninformation angelegt, in der derBearbeiter und das Erstellungsdatum erfasst werden. Der

    22

    ........................................................................................ Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens

    Abb. 4

  • Bearbeiter beschreibt die in seinem Arbeitsbereich anfal-lenden Tätigkeiten.Die Gefährdungsbeurteilung hat eine Ortsstruktur. Esmuss im ersten Schritt der Ort, in der die Gefährdungs-beurteilung durchgeführt wird, festgelegt werden. DerBearbeiter klickt sich durch das System bis zu seinemArbeitsplatz.

    Tätigkeit festlegenAn dem zu betrachtenden Arbeitsort sind nun die Tätig-keiten festzulegen. Dabei wird z. B. unterschieden zwischenInstandsetzung, Wartung, Reinigung, Rundgang oderAnlagenbedienung. Risiken und Gefährdungen des tägli-chen Lebens oder solche, die mit ihnen vergleichbar sind,wie z. B. Umgang mit einfachen Arbeitsmitteln (Hammer,Meißel) werden in der Gefährdungsbeurteilung nicht be-trachtet. Hier setzen wir auf die Erfahrungen und dieFachkunde der Mitarbeiter. Außerdem finden bewusstesFehlverhalten oder Verstöße gegen Sicherheitsvorschrif-ten keinen Eingang in die Gefährdungsbeurteilung.

    Gewerkegruppen festlegenSoweit aus Sicht der Gefährdungsbetrachtung möglich,können Arbeitsbereiche in Gewerkegruppen zusammen-gefasst werden (vgl. § 6 ArbSchG). Nach dem Festlegeneiner Gewerkegruppe werden anschließend die Tätig-keiten dieser bewertet. Als ein Beispiel kann hier derBetrieb von Zerspannungsmaschinen (Bohr-, Fräs-, Dreh-

    maschinen) genannt werden.

    RelevanzprüfungIn der folgenden Relevanzprüfung (Abb. 6) sind alleGefährdungsfaktoren, die zu betrachten sind, hinterlegt.Liegt eine relevante Gefährdung vor, ist diese mit „JA“anzuklicken und die Gefährdungs- bzw. Belastungs-faktoren sind zu beschreiben. Zum leichteren Verständnisund besseren Darstellung ist es möglich, digital aufgenom-mene Bilder direkt in die Gefährdungs-beurteilung mit ein-zupflegen. Somit kann der Praktiker sich in der Gefähr-dungsbeurteilung selber leicht ein „Bild“ machen.

    Vorteile des MusterkatalogesEine wesentliche Erleichterung zur Durchführung derGefährdungsbeurteilung bringt der Musterkatalog. Für allerelevanten Tätigkeiten, die innerhalb der RWE Powerdurchgeführt werden, wurde ein Musterkatalog ange-legt. Aus diesem Musterkatalog kann sich der Bearbeiterbedienen und die für seine Tätigkeit relevanten Bewer-tungen herausziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dassbei gleichartigen Arbeitsbedingungen die Beurteilung ei-nes Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend ist.Die aus dem Musterkatalog kopierte Gefährdungs-beurteilung wird nun im Hinblick auf die tatsächlichen,vor Ort vorhandenen Gefährdungen überprüft und die re-levanten Schutzmaßnahmen festgelegt. Bei der Festlegungder Maßnahmen ist das TOP-Prinzip zu berücksichtigen.

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    Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens ........................................................................................

    Abb. 5

  • 24

    ........................................................................................ Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens

    Abb. 7

    Abb. 6

  • Verknüpfungen im SystemWurden für die Gefährdungen bereits Betriebsan-weisungen erstellt, erfolgt der direkte Link auf die Betriebs-anweisungen. Sind zusätzlich Maßnahmen erforderlichund ist somit ein Handlungsbedarf festgestellt, kann auto-matisch die zuständige Person über eine E-Mail informiertwerden. Es besteht die Möglichkeit, auf alle relevanten,im RWE genutzten IT-Systeme zu verlinken. Die direkteEinsichtnahme in aktuelle Schulungsunterlagen ist genau-so möglich, wie der Zugriff auf BG-Vorschriften, -Regelnund -Informationen oder Sicherheitsdatenblätter von vor-handenen Gefahrstoffen.

    Dokumentation und AbschlussDie Zusammenfassung der Gefährdungsbeurteilung erfolgtin Tabellenform und wird vom System automatisch archi-viert. Der Zugriff wird durch die Sicherheitsfachkraft frei-gegeben. Hier erfolgt die letzte Qualitätskontrolle. Derletzter Bearbeitungsstand wird automatisch gepflegt.Hieraus kann der Bearbeiter den Stand der Gefährdungs-beurteilung sehen und daraus ableitend den Bedarf derAktualisierung festlegen.

    Zusammenfassende BewertungDie Gefährdungsbeurteilung der RWE Power bietet dieMöglichkeit, jederzeit online Gefährdungen zu bearbei-ten und zu aktualisieren. Durch die offene Darstellung imIntranet ist eine Transparenz geschaffen, die Vergleicheermöglicht und somit die Qualität im Arbeitsschutz wei-ter steigert. Mit dieser Vorgehensweise wurden die ge-setzlichen Vorgaben erfüllt und die betrieblichen Belangeberücksichtigt.

    Die vorgestellte, mit der BGFE zusammen entwickelteGefährdungsbeurteilung bietet dem Praktiker eine guteMöglichkeit, gesetzliche Forderungen so umzusetzen,dass dabei noch ein praktischer Nutzen entsteht. DieTransparenz der möglichen Gefährdungen und Wechsel-wirkungen, bezogen auf den direkten Arbeitsplatz unddie konkrete Tätigkeit, erlaubt den Führungskräften, dasSystem Gefährdungsbeurteilung zum Zwecke der Unter-weisung eigener Mitarbeiter und Einweisung von Fremd-firmenmitarbeitern mit zu nutzen.

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    Programm zur Gefährdungsbeurteilung am Beispiel eines Energieversorgungsunternehmens ........................................................................................

  • 26

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  • Markus Fischer, BGFE

    EinleitungSchon Anfang der 90er Jahre wurde von der EU-Kommis-sion ein Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über„Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit undGesundheit der Arbeitnehmer vor den Gefährdungendurch physikalische Einwirkungen“ erarbeitet. Dieserwurde auch bis 1994 im Rat der EU beraten, aber nichtverabschiedet. Der Entwurf behandelte gemeinsam diephysikalischen Faktoren Lärm, Mechanische Schwing-ungen, Optische Strahlung und Elektromagnetische Felder. Doch zunächst widmete man sich den physikalischenEinwirkungen Lärm und Vibrationen, die FaktorenElektromagnetische Felder und Optische Strahlung wurden zurückgestellt. Dies war der Anlass, dass inDeutschland Mitte der 90er Jahre das Sachgebiet „Elektro-magnetische Felder“ im Fachausschuss Elektrotechnikvom damaligen Bundesministerium für Arbeit undSozialordnung beauftragt wurde, eine neue Unfallverhüt-ungsvorschrift zum Schutz der Arbeitnehmer vor Elektro-magnetischen Feldern zu erarbeiten. Im Jahr 2002 haben das Europäische Parlament und derRat die 16. Einzelrichtlinie 2002/44/EG (Vibrationen),und im Jahr 2003 die 17. Einzelrichtlinie 2003/10/EG„Lärm“ angenommen. Erst im Jahre 2002 wurden von Seiten der EU-Kommissiondie Arbeiten an einer EU-Richtlinie zu elektromagneti-schen Feldern fortgesetzt.

    Diese 18. Einzelrichtlinie 2004/40/EG „Elektromag-netische Felder“ wurde Ende April 2004 vom Europäi-schen Parlament und dem Rat angenommen. Diese Richtlinie ist von den Mitgliedsstaaten innerhalb vonvier Jahren, d.h. bis Ende April 2008, national umzuset-zen. Da die Richtlinie Mindestanforderungen enthält, istes durchaus möglich, dass nationale Umsetzungen von-einander abweichen.In Deutschland wird die Umsetzung durch eine Verordnungerfolgen, eventuell gemeinsam mit der Umsetzung der 19.Einzelrichtlinie „Künstliche optische Strahlung“, die am27. April 2006 verabschiedet wurde.

    Aufbau und Inhalt der Richtlinie In der 18. Einzelrichtlinie 2004/40/EG „Elektromag-netische Felder“ werden Mindestanforderungen für denSchutz der Arbeitnehmer gegen tatsächliche oder mög-liche Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit

    durch Einwirkung von elektromagnetischen Feldern (0 Hz – 300 GHz) während ihrer Arbeit festgelegt.Die Richtlinie enthält detaillierte Festlegungen der Pflichtender Arbeitgeber zur Expositionsermittlung, zur Vermin-derung des Risikos, zur Unterweisung und zur Gesund-heitsüberwachung der Arbeitnehmer. Es werden Gefähr-dungen betrachtet, die durch bekannte schädliche Kurz-zeitwirkungen, verursacht durch das Fließen induzierterStröme, Energieabsorption sowie durch Kontaktströme immenschlichen Körper hervorgerufen werden können.Die Richtlinie bezieht sich bewusst nicht auf immer wie-der diskutierte Langzeitwirkungen einschließlich potentiellkarzinogener Wirkungen, für die bislang kein schlüssigerwissenschaftlicher Beweis für einen kausalen Zusammen-hang vorliegt.Die Richtlinie bezieht sich auf statische magnetische undzeitvariable elektrische, magnetische und elektromagne-tische Felder mit Frequenzen bis 300 GHz.Es werden Expositionsgrenzwerte (Stromdichte, spezifi-sche Absorptionsrate, Leistungsdichte im Körper) defi-niert, die sich direkt auf nachgewiesene Auswirkungenauf den menschlichen Körper beziehen. Bei Einhaltungder Grenzwerte wird gewährleistet, dass Arbeitnehmergegen alle bekannten gesundheitsschädlichen Auswir-kungen geschützt sind. Die Expositionsgrenzwerte dürfennicht überschritten werden.

    Je nach Frequenz werden folgende Größen zur Angabedes Expositionsgrenzwertes definiert:

    � Die Stromdichte für zeitlich veränderliche Felder bis10 MHz, um Auswirkungen auf das kardiovaskulä-re und das Zentralnervensystem vorzubeugen.

    � Die Werte der Spezifischen Absorptionsrate SAR für denFrequenzbereich zwischen 100 kHz und 10 GHz, umdie Wärmebelastung des Körpers und eine übermäßi-ge lokale Gewebeerwärmung zu vermeiden.

    � Die Werte der Leistungsdichte für den Frequenzbereichzwischen 10 GHz und 300 GHz, um eine übermä-ßige Gewebeerwärmung an oder nahe der Körper-oberfläche zu vermeiden.

    Neben den Expositionsgrenzwerten werden Auslösewer-te definiert, bei deren Überschreitung Maßnahmen ergrif-fen werden müssen. Diese Auslösewerte sind als direktmessbare Größen wie die elektrische Feldstärke (H), diemagnetische Flussdichte (B), die Leistungsdichte (S) undals Kontaktstrom (I) angegeben.

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    EU-RICHTLINIE 2004/40/EG „ELEKTROMAGNETISCHE FELDER“ –NORMUNG, HANDLUNGSHILFEN UND BETRIEBLICHE UMSETZUNG . . . . . . . . . .

  • Die Auslösewerte wurden auf der Basis der Richtlinienfür die Begrenzung der Exposition gegenüber nichtioni-sierender Strahlung der internationalen Strahlenschutz-kommission ICNIRP (ICNIRP-Guidelines, Occupational-Exposure) festgelegt.Es ergeben sich folgende Auslösewerte: siehe Tabelle 1.

    Pflichten der ArbeitgeberIn der Richtlinie wird vom Arbeitgeber gefordert, dasser im Rahmen seiner Pflichten gemäß Artikel 6 Absatz3 und Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWGeine Bewertung und erforderlichenfalls eine Messungund/oder Berechnung der elektromagnetischen Felder vor-nimmt, denen die Arbeitnehmer ausgesetzt sind.Eine Bewertung kann dabei auch auf Grundlage einesVergleichs durchgeführt werden, z.B. wenn vom HerstellerEmissionswerte angegeben werden.

    An öffentlich zugänglichen Bereichen, für die bereits ei-ne Bewertung nach der EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG „Empfehlung des Rates zur Begrenzung derExposition der Bevölkerung gegenüber elektromagneti-schen Feldern“ erfolgt ist und die dort angegebenenWerte nicht überschritten werden, ist keine erneute Be-wertung erforderlich.

    Die Ermittlungen und Bewertungen müssen grundsätz-lich sachkundig geplant und durchgeführt werden. Dieaus den Bewertungen, Messungen oder Berechnungen re-sultierenden Daten müssen in geeigneter Form gespeichertund aufbewahrt werden, um eine spätere Einsichtnahmezu ermöglichen.

    Es wird eine Risikobewertung gefordert, hierbei ist folgen-des zu berücksichtigen:

    � Ausmaß, Frequenzspektrum, Dauer und Art derExposition

    � Expositionsgrenzwerte und Auslösewerte� Exposition gegenüber Mehrfachquellen� Gleichzeitige Exposition gegenüber Feldern mit meh-

    reren Frequenzen� Indirekte Wirkungen

    Indirekte Wirkungen können Beeinflussungen von elektro-nischen medizinischen Geräten und Vorrichtungen (z.B.Herzschrittmacher, Defibrillator, körpergeführten Infusions-pumpen, etc.), Auslösung von elektronischen Zünd-vorrichtungen (Detonatoren), Entzündung von entzündli-chen Materialien durch Funkenbildung sowie auchProjektilrisiken aufgrund Beschleunigungen von ferro-

    28

    .............................................................. EU-Richtlinie 2004/40/EG „Elektromagnetische Felder“ – Normung, Handlungshilfen und betriebliche Umsetzung

    Frequenzf

    ElektrischeFeldstärkeE[V/m]

    MagnetischeFeldstärkeH[A/m]

    MagnetischeFlussdichteB[µT]

    Leistungsdichte

    S[W/m2]

    Kontaktstrom

    /[mA]

    0 – 1 Hz - - 1,63 · 105 2 · 105 - - 1,0

    1 – 8 Hz 20000 1,63 · 105/f2 2 · 105/f2 - - 1,0

    8 – 25 Hz 20000 2 · 104/f 2,5 · 104/f - - 1,0

    0,025 – 0,82 kHz 500/f 20/f 25/f - - 1,0

    0,82 – 2,5 KHz 610 24,4 30,7 - - 1,0

    2,5 – 65 kHz 610 24,4 30,7 - - 0,4 · f

    65 – 100 kHz 610 1600/f 2000/f - - 0,4 · f

    0,1 – 1 MHz 610 1,6/f 2/f - - 40

    1 – 10 MHz 610/f 1,6/f 2/f - - 40

    10 – 110 MHz 61 0,16 0,2 10 40

    110 – 400 MHz 61 0,16 0,2 10 - -

    400 – 2000 MHz 3f1/2 0,008/f1/2 0,01/f1/2 f/40 - -

    2 – 300 GHz 137 0,36 0,45 50 - -

    Tabelle 1: Auslösewerte

  • magnetischen Gegenständen im magnetischen Flussdichtenüber 3 mT sein.

    Sobald bedeutsame Veränderungen hinsichtlich der auf-tretenden elektromagnetischen Felder eintreten, ist eineerneute Bewertung durchzuführen.

    Wird bei der Ermittlung der elektromagnetischen Felderfestgestellt, dass Auslösewerte überschritten werden undnicht nachgewiesen, dass die Expositionsgrenzwerte ein-gehalten sind, muss ein Programm mit technischenund/oder organisatorischen Maßnahmen durchgeführtwerden. Ziel ist, sicherzustellen, dass Expositionsgrenz-werte nicht überschritten werden. Falls die Einhaltung der Expositionsgrenzwerte nicht nach-gewiesen werden kann, muss eine geeignete Kennzeich-nung mit Warnzeichen vor elektromagnetischen Feldernangebracht werden. Weiterhin sind unverzüglich Maß-nahmen einzuleiten, um sicherstellen, dass der Expositions-grenzwert an zugänglichen Bereichen unterschritten wird.

    Die Einhaltung der Auslöse- und Expositionsgrenzwerte ge-währleistet zwar, dass keine nachteiligen gesundheitlichenAuswirkungen auftreten, eine Beeinflussung von elektro-nischen Geräten und Systemen ist jedoch nicht ausgeschlos-sen. Daher muss besonders im Hinblick auf medizinischeGeräte wie Herzschrittmacher, Defibrillatoren, Cochlea-Implantaten und sonstigen Implantaten sichergestellt wer-den, dass es nicht zu Beeinflussungen dieser kommt. Hiermüssen entsprechende Vorkehrungen und Schutzmaß-nahmen getroffen werden.

    Regelungen in DeutschlandIn Deutschland gilt hinsichtlich elektromagnetischer Felderam Arbeitsplatz die 2001 erlassene Unfallverhütungs-vorschrift BGV B11 „Elektromagnetische Felder“. In die-ser werden Basiswerte (Stromdichte, SAR, Leistungsdichte)definiert, die identisch mit den Expositionsgrenzwertender EU-Richtlinie sind.Die BGV B11 spricht jedoch im Weiteren nicht vonAuslösewerten, sondern von zulässigen (abgeleiteten)

    29

    EU-Richtlinie 2004/40/EG „Elektromagnetische Felder“ – Normung, Handlungshilfen und betriebliche Umsetzung ..............................................................

    Abb. 1

  • Werten. Es werden je nach Expositionsbedingung verschie-dene Expositionsbereiche und zulässige Werte festgelegt.Bei Einhaltung der in der BGV B11 angegebenen zuläs-sigen Werte ist in jedem Fall sichergestellt, dass die Basis-werte bzw. Expositionsgrenzwerte nach EU-Richtlinienicht überschritten werden.

    Vergleicht man die Maßnahmen, die in der BGV B11 ge-fordert sind, mit denen der EU-Richtlinie, so stellt man auchhier Gemeinsamkeiten fest. Maßnahmen sind nach BGV B11 dann zu treffen, wenndie zulässigen Werte des Expositionsbereichs 2 – nied-rigste zulässige Werte, vergleichbar mit den Auslöse-werten der EU-Richtlinie – überschritten werden. In die-sem Fall sind z.B. Betriebsanweisungen zu erstellen unddie Mitarbeiter sind zu unterweisen.

    Dies bedeutet, dass bei Einhaltung der bisherigen BGVB11 auch den Anforderungen der EU-Richtlinie entspro-chen wird.Die Unfallverhütungsvorschrift BGV B11 „Elektromagne-tische Felder“ könnte daher, nach eventuellen Anpassun-

    gen, durchaus als nationale Umsetzung der EU-Richtliniedienen.

    Handlungshilfen und betriebliche UmsetzungWie schon genannt, muss die EU-Richtlinie bis April2008 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht um-gesetzt werden. Diese Umsetzung muss, damit sie anwend-bar ist, wesentlich weitgehender sein als die Richtlinie,die nur Mindestanforderungen enthält. Ebenso sindHandlungshilfen für die betriebliche Umsetzung erfor-derlich. Handlungshilfen, wie sie z.B. schon mit derInkraftsetzung der BGV B11 in Deutschland erarbeitet wur-den. So sind Konkretisierungen und Erläuterungen zur BGVB11 in der dazugehörigen BG-Regel BGR B11 „Elektro-magnetische Felder“ zu finden. Weiterhin wurde eine EMF-Datenbank „EMF-Data“ erarbeitet und den Unternehmenzur Verfügung gestellt. In dieser Datenbank befinden sichbeispielhaft Geräte und Anlagen, von der handgeführ-ten Bohrmaschine bis zur Induktionslötanlage, mit andiesen Anlagen gemessenen Feldstärkewerten und denzu treffenden Maßnahmen. Da auftretende Feldstärkenjedoch nicht einfach Anlagentypen zugeordnet werdenkönnen, sondern vielmehr von den verschiedenen Para-metern, wie z.B. den geometrischen Faktoren oder deneingestellten Parametern, abhängen, können die in derDatenbank zu den jeweiligen Geräten und Anlagen an-gegebenen Maßnahmen nicht immer auf vergleichbareAnlagen übertragen werden.Hierzu ist ein anderer Ansatz notwendig, wie er derzeitauch von Seiten der CENELEC verfolgt wird. Hinsichtlichder Umsetzung der Richtlinie hat die EuropäischeKommission dem CENELEC-Komitee TC106x ein Mandatzur Erstellung von Normen zur Anwendung der EU-Richtlinie erteilt. Hier wird in einem „Generic Workers Standard“, der zurZeit erarbeitet wird, das Konzept einer so genannten„White-List“ verfolgt. In dieser werden Anlagen undGeräte aufgelistet, bei denen keine Maßnahmen erfor-derlich sind. Neben dieser „White-List“ wird es eine wei-tere Liste geben, in der Anlagen aufgeführt sind, bei de-nen auf jeden Fall weitere Ermittlungen bzw. Maßnahmenerforderlich sind.Diese „White-List“ führt schon dazu, dass für eine Vielzahlvon Geräten und Anlagen, so z.B. bei handgeführten elek-trischen Betriebsmitteln, Antrieben/Motoren bis 250 kVA,Hausinstallationen oder Geräten der Bürokommunikationkeine gesonderte Bewertung bzw. Maßnahmen erfor-derlich sind. Dies bedeutet eine wesentliche Vereinfachung

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    ............................................................ EU-Richtlinie 2004/40/EG „Elektromagnetische Felder“ – Normung, Handlungshilfen und betriebliche Umsetzung

    Abb. 2

  • bei der Anwendung der neuen EU-Richtlinie bzw. bei derdiesbezüglichen nationalen Umsetzung.

    AusblickDerzeit gilt in Deutschland die im Jahr 2001 verabschie-dete Unfallverhütungsvorschrift BGV B11 „Elektromag-netische Felder“ mit der dazugehörigen BG-Regel BGRB11. Diese sind in der Fachwelt und den Unternehmenanerkannt und werden angewendet. Dadurch ist derSchutz der Arbeitnehmer vor elektromagnetischen Feldernsichergestellt.Bei Einhaltung der BGV B11 werden ebenfalls dieAnforderungen der EU-Richtlinie 2004/40/EG erfüllt.Insofern könnte die BGV B11, eventuell nach kleinerenAnpassungen, eine Vorlage für eine praktikable nationa-le Umsetzung der EU-Richtlinie sein.

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    EU-Richtlinie 2004/40/EG „Elektromagnetische Felder“ – Normung, Handlungshilfen und betriebliche Umsetzung ..............................................................

    Abb. 3

  • 32

    ............................................................................................................................................................................................................

  • Hans-Peter Steimel, BGFE

    1. Einleitung

    Der Prozess des Widerstandsschweißens wird im Sinneder Beurteilung der Exposition durch elektromagnetischeFelder durch die beiden Hauptfaktoren, hoher Strom (einbis mehrere hundert Kiloampere) und kurze Schweißzei-ten (wenige Millisekunden bis einige Minuten), gekenn-zeichnet. Diese beiden Variabeln orientieren sich an derSchweißaufgabe und dem zu verschweißenden Materi-al. Anwendungsgebiete der Widerstandsschweißtechni-ken Punktschweißen und Buckelschweißen sind vor allemin der Automobilfertigung zu finden, aber auch andereIndustriezweige greifen auf diese Verbindungstechnikmehr und mehr zurück. Die sich aus den hohen Strömenergebenden magnetischen Felder stellen bei der Beurtei-lung der Exposition gerade im Bereich der so genanntenHandarbeitsplätze, wie sie zum Beispiel im Prototypen-bau (Bild 1) der Automobilindustrie üblich sind, ein Pro-blem dar. Mit der herkömmlichen Herangehensweise, die-se Exposition zu beurteilen, entstehen Bedienabstände,die nicht praktikabel wären. Dem gegenüber bietet diePhysiologie des Menschen aber eine an die Feldform „ge-pulst“ angepasste Bewertung auf der Basis der kurzen Ein-wirkzeit.Die Unfallverhütungsvorschrift „Elektromagnetische Felder“(BGV B11) präsentierte 2001 erstmals – und im interna-tionalen Vergleich einmalig – Bewertungsmöglichkeiten fürdiese niederfrequenten gepulsten Magnetfelder.

    Die Umsetzung dieser Bewertungsansätze soll durch dieneu erarbeitete BG-Information „Beurteilung magneti-scher Felder an Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI5011) erleichtert werden.

    2. Grundlagen

    Betrachtet man die physiologischen Wirkungen magneti-scher Felder, so überwiegt im Frequenzbereich bis 30 kHz die Reizwirkung. Dies bedeutet, dass ein z. B. in-

    duktiv erzeugter Strom immenschlichen Gewebe diekörpereigenen Reize über-deckt bzw. eigenständig Rei-ze erwirken kann. Zur Be-wertung dieser Wirkung wirdauf die Stromdichte J in A/m2

    zurückgegriffen. Um aller-dings eine Erregung auslö-sen zu können, muss eineSchwelle überschritten wer-den. Gleichzeitig hängt dieAuslösung auch vom zeitli-chen Verlauf der Änderungder Stromdichte im Gewebeab. Dieser Zusammenhangwurde von Louis Lapicque

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    SICHERER UMGANG MIT WIDERSTANDSSCHWEISSEINRICHTUNGENNeue Berufsgenossenschaftliche Information „Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    Abb. 1: Typische Punktschweißsituation im Prototypenbau.

    Durch die körpernahe Leitungsführung kann sich eine Über-

    schreitung der Expositionsgrenzwerte ergeben – eine durchdach-

    te Arbeitsplatzergonomie kann dies verhindern.

    Abb. 2: Gesetz von Louis Lapicque

  • 1909 entdeckt und zeigt, dass zu geringe zeitliche Än-derungen der Stromdichte (niedrige Frequenz) oder zu kur-ze Reize (zu hohe Frequenz) auch bei hoher Reizstärkekeine Erregung auslösen können (Bild 2).

    3. Bewertung gepulster Magnetfelder nach BGV B11

    Auf Grund der voran beschriebenen physiologischenZusammenhänge können im Falle der gepulsten Mag-netfelder, wie sie z. B. im Bereich des Widerstands-schweißens auftreten, die Bewertungsansätze für die sogenannten „Dauerwerte“ dieser Exposition angepasst wer-den. Herausragend ist hierbei der Gewichtungsfaktor V,der es ermöglicht, bei gepulsten Magnetfeldern höherezulässige Werte zuzulassen. Dabei bleibt die Basis desSchutzkonzepts der BGV B11 unangetastet, sodass auchim Bereich der gepulsten magnetischen Felder die not-wendige Sicherheit gewährleistet wird. Dies wird sofortdeutlich, sobald man die in der BGV B11 in Anlage 1unter 3. „Gepulste Felder“ beschriebene Beurteilungs-grundsätze auf Pulsformen wie eine länger als 1 Sekun-de andauernde Sinusschwingung anwendet. Es erge-ben sich die gleichen zulässigen Werte, wie sie in derTabelle 3 in dieser Anlage für sinusförmige periodischeVorgänge angegeben sind.

    4. BGI 5011 „Bewertung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“

    Aufgrund der verschiedenen Anwendungstechniken desWiderstandsschweißens wird in einem ersten Teil auf diegrundsätzlichen Unterschiede eingegangen.Zu den verschiedenen Widerstandsschweißverfahren:

    � 50 Hz Wechselstrom� Konventionelle Gleichstromtechnik� Mittelfrequenz Gleichstromtechnik� Kondensatortechnik

    werden abschätzende sowie exakte Bewertungsvorga-ben angegeben, die abschließend mit Beispielrechnun-gen praktisch ausgeführt werden.

    Grundsätzlich erfordert die Bewertung magnetischer Fel-der an Widerstandsschweißeinrichtungen verschiedene zu

    ermittelnde Parameter. Für alle oben aufgeführten Verfah-ren ist es notwendig, den zeitlichen Signalverlauf auf-zeichnen zu können und für die weitere Bearbeitung ab-zuspeichern. So hat sich bei den Untersuchungen der Uni-versität Magdeburg herausgestellt, dass für die Bewer-tung der magnetischen Felder an Widerstandsschweißein-richtungen mit klassischer Gleichstromtechnik und Einrich-tungen mit Inverter-(1 kHz) Gleichstromtechnik im überwie-genden Maße der jeweilige Oberwellenanteil auf demSchweißgleichstrom entscheidend ist. Dies setzt aber dieMöglichkeit der nachträglichen Verarbeitung der aufgenom-menen Signalverläufe voraus.

    5. Ermittlung der auftretenden Felder

    In der BGI 5011 „Beurteilung magnetischer Felder vonWiderstandsschweißeinrichtungen“ werden zwei grund-sätzlich verschiedene Verfahren zur Ermittlung der durchWiderstandsschweißeinrichtungen emittierten magneti-schen Felder im Bereich der Arbeitsplätze der Versicher-ten vorgestellt.

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    Sicherer Umgang mit Widerstandsschweißeinrichtungen Neue Berufsgenossenschaftliche Information „Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011)

    ........................................................................................................................................ 3. Bewertung gepulster Magnetfelder nach BGV B11

    Abb. 3

  • � Direkte Messung aller für die Bewertungder Exposition erforderlichen Kenngrö-ßen dieser Felder mittels speziell fürdiesen Zweck entwickelter Messgeräte.

    � Messung des die Felder verursachendenSchweißstromes mit Erfassung aller fürdie Bewertung der Exposition erforder-lichen Kenngrößen und nachfolgendBerechnung der räumlichen Verteilungund der Absolutwerte der Felder.

    Die direkte Messung der Felder hat beiVerfügbarkeit geeigneter Messgeräte denVorteil, sofort Feldwerte zu liefern, die eineerste Einschätzung der Expositionssituationzulassen. Nachteile dieses Verfahrens sinddie nur sehr kleine Anzahl verfügbarer ge-eigneter Messgeräte und der hohe Auf-wand für die exakte Bewertung nach derUnfallverhütungsvorschrift BGV B11.

    Das zweite Verfahren – Messung desSchweißstromes und Berechnung der Fel-der – lässt eine weitgehend automatischeBewertung zu und verringert damit denAufwand und die Möglichkeit von Fehlern,liefert aber mit der Messung nicht sofortFeldstärkewerte.

    Zur Berechnung der magnetischen Flussdichte aus demgemessenen Strom kann zur ersten Abschätzung dasnachfolgende Programm unterstützend eingesetzt werden.Das als Berechnungsgrundlage dienende Gesetz vonBiot-Savart wird so eingesetzt, dass für jeden Punkt P imRaum ein Flussdichtewert berechnet werden kann. DieÜbereinstimmung der berechnenden Werte mit gemesse-nen natürlichen Werten wurde unter Beachtung sehr ge-ringer Toleranzen von unabhängigen Instituten bestätigt.

    Mit Erscheinen der BGI wird dieses Programm auf derWebsite der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik undElektrotechnik (www.bgfe.de) zum „Download“ bereitge-stellt.

    6. Praktische Anwendungsbeispiele

    Zur praktischen Umsetzung sind für den Anwender im An-hang der BGI 5011 beispielhafte Bewertungen angege-ben. Diese sind so aufgebaut, dass in einer Schritt-für-Schritt-Anleitung eine vollständige Bewertung für ver-schiedene Anlagentypen (50 Hz-Wechselstrom-, Mittelfre-quenz- oder Kondensatorentladungsanlage) durchgeführtwird. Der in Bild 4 angegebene grundsätzliche Ablaufder Expositionsbewertung wird für den Fall der 50 HzWechselstrommaschine explizierter ausgeführt. Der An-wender wird durch die „Kochrezepte“ in die Lage ver-setzt, eine, trotz vielleicht abweichender Schweißpara-meter differierende Bewertung seiner eigenen Schweiß-einrichtungen durchzuführen. Diese Form der Anleitungentbindet aber den Anwender keinesfalls von der Not-wendigkeit, sich die vorangestellten, breit gefächerten In-formationen anzueignen. Nur so kann man diese Beispiel-bewertungen auch auf die eigenen Anlagen abbilden.Außerdem werden neben den Bewertungsmethoden auchwichtige Hinweise zu möglichen Fehlern bei der Messung,

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    Sicherer Umgang mit Widerstandsschweißeinrichtungen Neue Berufsgenossenschaftliche Information „Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011)6. Praktische Anwendungsbeispiele ..............................................................................................................................................................

    Abb. 4: Grundsätzlicher Ablauf der Expositionsbewertung nach BGV B11

  • wie z. B. durch die Auswahl eines unpassenden Mess-gerätes etc., angegeben.

    7. Maßnahmen

    In diesem Unterpunkt der BGI 5011 werden beispielhaftLösungsansätze zur Feldreduzierung aufgezeigt, die anden konkreten Fall anzupassen sind. Dabei sind Kombi-nationen von Maßnahmen möglich.Einige Maßnahmen können an bestehenden Zangendurch entsprechende Umrüstungen durchgeführt werden.Bei der Planung von neuen Zangen empfiehlt es sich, mög-lichst frühzeitig die Exposition gegenüber der magneti-schen Flussdichte in die Planung mit einzubeziehen.Es werden Angaben zu technischen und organisatorischenMaßnahmen ausgeführt.

    Feldreduzierte KabelBei den Kabeln führt die Benutzung von Koaxialkabelnoder sogenannten polgleichgerichteten Kabeln zu einerdeutlichen Reduzierung der magnetischen Felder gegen-über dem Einsatz von zwei parallel verlaufenden Einzel-kabeln. Die zulässigen Werte werden häufig bereits ander Oberfläche des Kabels eingehalten.

    Allen feldreduzierten Kabeln ist gemeinsam, dass siedurch symmetrische Anordnung der Leiter erreichen, dasssich negativ und positiv ausgerichtete Feldanteile an derKabeloberfläche weitgehend aufheben. Da sich damitauch die resultierenden Kräfte aufheben, bewegt sich dasKabel bei Stromdurchfluss nicht. Aus diesem Grund wird

    es häufig schon aus Gründen der Haltbarkeit eingesetzt.Wie Abb. 5 zeigt, ist der Knickradius trotz des mehrad-rigeren Aufbaus vergleichbar mit herkömmlichen Kabeln.Allerdings ist die Torsionssteifigkeit deutlich größer als beizwei getrennten Kabeln, was sich negativ auf die Hand-habbarkeit der Zange auswirkt.Bei der Umstellung konventioneller Zangen auf koaxialeoder polgleichgerichtete Kabel müssen in der Regel dieAnschlussterminals an der Zange angepasst werden.

    Handgriffe und HandhabungAbstand halten ist die einfachste und wirkungsvollsteMaßnahme gegenüber hohen magnetischen Flussdichten.Bei einigen Zangen kann durch ergonomisch günstige In-stallation von Handgriffen (Abb. 6) sowohl die Handha-bung der Zange vereinfacht als auch die Exposition deut-lich gesenkt werden. Insbesondere bei Zangen, die nurfür eine geringe Anzahl von Schweißsituationen einge-setzt werden, können häufig geeignete Griffpositionen ge-funden werden.

    Weitere Maßnahmen werden beschrieben:� Änderung der Zangengeometrie� Aktive Feldkompensation� Stationäre Schweißeinrichtungen� Abschirmung� Änderung der Schweißfenstergeometrie� Aktive Feldkompensation� Maßnahmen an der Stromquelle� Optimierung des Stromverlaufes� Anlagengestaltung

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    Sicherer Umgang mit Widerstandsschweißeinrichtungen Neue Berufsgenossenschaftliche Information „Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011)

    ...................................................................................................................................................................................... 7. Maßmahmen

    Abb. 5: Polgleichgerichtetes Kabel

  • Organisatorische MaßnahmenZu den organisatorischen Maßnahmen werden zu folgen-den Punkten Angaben und Hinweise für die Umsetzunggegeben:

    � Unterweisung� Kennzeichnung� Zugangsbeschränkung� Betriebsanweisung

    8. Fachsymposium „Schutz von Personen in mag-netischen Feldern von Widerstandsschweißeinrich-tungen“ – 12. und 13. September 2006 in derBG-Akademie, Dresden –

    Im Rahmen eines Fachsymposiums soll die Problematikder gepulsten magnetischen Felder am Beispiel der Wi-derstandsschweißmaschinen erörtert und sowohl demFachpublikum als auch dem interessierten Laien präsen-tiert werden.

    9. Ausblick

    Mit den Grundsätzen zur Beurteilunggepulster Felder in der Unfallverhü-tungssvorschrift BGV B11 „Elektro-magnetische Felder“ wurde ein wich-tiger Schritt für die Zukunft eingelei-tet. Mit der Maßgabe, dass dasSchutzkonzept der BGV B11 erhaltenbleiben muss, wurde in weiser Voraus-sicht eine nicht von der generellen Li-nie abweichende Bewertung geschaf-fen und damit auch die Möglichkeitder negativen Diskussion über dieseBewertungsart unterbunden. Geradefür den Bereich der Widerstands-schweißeinrichtungen war es wich-tig, auch für den Arbeitsplatzerhalt,eine abgewandelte, auf die gepulstenFelder zugeschnittene Bewertung zuerarbeiten. Erste Auswirkungen zei-gen sich auf der Ebene der europäi-schen CENELEC-Normung. Hier fin-

    det die Bewertung nach BGV B11 Anwendung in einerNorm, die sich mit der Beurteilung elektromagnetischerFelder an Widerstandsschweißeinrichtungen zur CE-Zer-tifizierung beschäftigt. Weiterhin zeigen sich erste Anzei-chen auch bei der internationalen Kommission zum Schutzvor nichtionisierender Strahlung ICNIRP, deren Richtlini-en von 1998 (Guidelines for limiting Exposure to time-varying elektric, magnetic and electromagnetic Fieldsup to 300 GHz) die Basis aller Ansätze weltweit zur Be-

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    Sicherer Umgang mit Widerstandsschweißeinrichtungen Neue Berufsgenossenschaftliche Information „Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011)8. Fachsymposium „Schutz von Personen in magnetischen Feldern von Widerstandsschweißeinrichtungen“ ......................................................................

    Abb. 6: Trafozange mit Griffen

    Abb. 7

  • urteilung elektromagnetischer Felder bildet, diese zeitnahzu novellieren.Bleibt zu hoffen, dass sich diesen modernen Gedankenim Sinne der Sache auch diejenigen anschließen werden,die an der Umsetzung der EU-Richtlinie „Elektromagneti-sche Felder“ (40/2004) (s. Vortrag Herr Markus Fischer)in eine nationale Verordnung beteiligt sind.

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    Sicherer Umgang mit Widerstandsschweißeinrichtungen Neue Berufsgenossenschaftliche Information „Beurteilung magnetischer Felder von Widerstandsschweißeinrichtungen“ (BGI 5011)

    ............................................................................................................................................................................................ 9. Ausblick

  • Dr. Holger Schau, Technische Universität Ilmenau, VDE

    1. Einführung

    Bei fast allen Kurzschlüssen in elektrischen Anlagen wer-den die fehlerhaften Verbindungen zwischen den Anla-geteilen unterschiedlichen Potentials durch Lichtbögengebildet. Diese Störlichtbögen sind enorme Energiequel-len, die insbesondere Wärme- und Strahlungsenergiesehr hoher Intensität an die Umgebung abgeben. Nebenden große Zerstörungswirkungen, die von Störlichtbögenausgehen, bestehen deshalb auch Personengefährdungen.Dabei ist zwischen direkter und indirekter Exposition zuunterscheiden. Der Störlichtbogen ist insbesondere ein sehrgroßer Risikofaktor für Personen, die an, in oder in derNähe elektrischer Anlagen arbeiten. Gerade im Nieder-spannungsbereich werden häufig Arbeiten in der NäheSpannung führender Teile oder Arbeiten unter Spannungausgeführt, wodurch besondere Bedingungen hinsichtlichder Lichtbogenexposition und der Möglichkeiten der Feh-lereinleitung bestehen. Die Unfallstatistiken der Berufsge-nossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik aus denzurückliegenden Jahren zeigen, dass ca. 90 % allerStromunfälle auf den Niederspannungsbereich entfallen;wobei etwa die Hälfte dieser Unfälle mit Störlichtbogen-wirkungen verbunden sind. Bei Arbeiten unter Spannungist der Unfallanteil zwar gering. Hier ist allerdings ein ver-gleichsweise hohes Gefährdungspotential durch die di-rekte Exposition gegeben, die im Fehlerfall auf Grund ge-öffneter Anlagenbereiche bestehen kann.Die Frage des Lichtbogenschutzes ist deshalb im Nieder-spannungsbereich von besonderer Bedeutung.

    2. Erfordernis des Lichtbogenschutzes

    Die Vermeidung von Gesundheitsgefahren für Personenbei Ausübung ihrer Arbeitstätigkeit ist das erklärte Zieldes Arbeitsschutzes. Dem Arbeitgeber obliegt die ge-setzliche Pflicht, eine geeignete Organisation einzurich-ten und die erforderlichen Mittel zur Sicherheit und zumSchutz der Beschäftigten bei der Arbeit bereit zu stellen.Als Grundlage dafür ist eine Gefährdungsbeurteilung je-des Arbeitsplatzes erforderlich, in deren Folge dann dieentsprechenden Arbeitsschutzmaßnahmen mit dem Zielzu treffen sind, Gefahren zu vermeiden und verbleiben-de Gefährdungen möglichst gering zu halten bzw. auf

    ein vertretbares Maß zu reduzieren. Eine Personengefähr-dung ist an erster Stelle durch technische Maßnahmen zuverhindern. Im Falle von Arbeiten an und in der Nähevon elektrischen Anlagen oder Arbeiten unter Spannung,bei denen die allgemeinen technischen Schutzmaßnah-men, wie Abdeckungen und Türen vorübergehend entferntoder geöffnet werden, kann eine Gefährdung durch Stör-lichtbögen nicht ausgeschlossen werden. Sind die Gefah-ren bekannt und durch technische und organisatorischeMaßnahmen nicht vollständig auszuschließen, muss derBeschäftigte durch geeignete persönliche Schutzausrüstun-gen vor den Auswirkungen dieser Gefahren geschützt wer-den. Es muss folglich der Schutz vor Störlichtbogenwir-kungen realisiert werden. Die Arbeitskleidung (Schutz- undBerufskleidung) ist wichtiger Bestandteil der Schutzausrüs-tungen, zu denen darüber hinaus der Gesichtsschutz(Schalen, Schirme), Kopfschutz (Helme) und Handschutz(Handschuhe) zählen.Nachfolgend werden die Wirkungen von Störlichtbögenund Einflussgrößen auf die Personengefährdungen betrach-tet. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf den thermi-schen Wirkungen. Es wird der Stand zur Normung aufdem Gebiet des Personenschutzes gegen die thermischenGefahren durch Lichtbögen betrachtet, der sich gegenwär-tig ausschließlich auf Schutzkleidung bezieht. Besonde-res Augenmerk gilt dem so genannten Box-Test, der derPrüfung von Schutzkleidung dient.

    3. Auswirkungen von Störlichtbögen

    Störlichtbögen besitzen graviere