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5. Studientage - Komplexe Suchtarbeit Das gute Leben 20. - 21. März 2017 Steiermarkhof Graz Eine Veranstaltung der: In Kooperation mit: Caritas Diözese Graz-Seckau http://streetwork.caritas-steiermark.at Bild: R.R. Willi Arndt

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5. Studientage - Komplexe Suchtarbeit

Das gute Leben20. - 21. März 2017 Steiermarkhof Graz

Eine Veranstaltung der:

In Kooperation mit:

Caritas Diözese Graz-Seckauhttp://streetwork.caritas-steiermark.at

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2 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

TitelbildR. R. Willi Arndt(freischaffender Künstler Graz)

Impressum Caritas Diözese Graz-SeckauKontaktladen und Streetwork im DrogenbereichOrpheumgasse 8, 8020 GrazTel +43 316 772238Fax +43 316 [email protected]://streetwork.caritas-steiermark.at

Organisation und inhaltliche Konzeption:Gabriella DokterMax FoissnerStephanie GrasserThomas JägerRoland UrbanUlf Zeder

Eine Veranstaltung der .

Veranstaltungsort:Steiermarkhof GrazKrottendorferstraße 818052 Graz

AnmeldungDie Anmeldung zu den Studientagen ist ab 2. November 2016 möglich.

Ansprechperson:Thomas Jäger Grabenstraße 398010 Graz

Telefon: 0676 88015 399E-Mail: [email protected]

Preis: 190€

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20.-21. März 2017 3

Sehr geehrte Damen und herren,liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Verbesserung der Lebensqualität von sucht- kranken Menschen steht in nahezu jedem Konzept der Suchthilfe als Ziel und Auftrag – wenn auch an unterschiedlichen Stellen der Zielpyramiden. Die Herangehensweisen sind allerdings oftmals so individuell wie die Behandelten selbst. In der Suchthilfe vertreten wir jedenfalls die Auffassung, dass in der Betreuung Partizipation gewährleistet werden muss und das „gute Leben“ von jedem Menschen selbst definiert wird. Daraus ergeben sich einige Fragen: • Woran können wir uns in der Suchthilfe orientieren? • Was ist das gute Leben? • Was ist Glück? • Was bedeutet Verbesserung und wie trägt unsere

Beratung, Betreuung und Behandlung dazu bei?• Wie können wir ein gutes Leben unserer Adres-

satinnen und Adressaten fördern, wenn „gut“ ein subjektives Maß ist?

Die Notwendigkeit des Paradigmenwechsels in der Suchthilfe ist in den letzten Jahren in die Konzepte und Ausrichtungen unserer Beratungs- und Behandlungs-angebote eingeflossen. Die Abstinenz steht als Ziel nicht mehr über einem risikoärmeren Konsum oder der Schadensminimierung. Vielmehr muss in einem diversifizierten Zugang unterschiedlichsten Heraus- forderungen Rechnung getragen werden. Immer mit dem Blick auf die Ressourcen, Möglichkeiten und Bedürfnisse des/der Einzelnen.

Kontaktladen und Streetwork im Drogenbereich ist eine Einrichtung der Caritas der Diözese Graz-Seckau und bietet einen Leistungskatalog nach den Grundsätzen der akzeptanzorientierten und niederschwelligen Dro-

genarbeit. Zur Zielgruppe zählen Menschen, die vorrangig von illegalisierten Drogen und Medikamenten abhängig sind und Personen, die am Substitutionsprogramm teilnehmen, für die ein abstinenzorientiertes Leben nicht lebbar oder vorstellbar ist oder die gezielt ein niederschwelliges Setting aufsuchen.

Neben unseren Kernaufgaben in der Beratung und Betreuung ist es uns nach wie vor ein Anliegen zur Weiterentwicklung, Wissensvermittlung und zum gegenseitigen Austausch in der Suchthilfe und darüber hinaus beizutragen. Die Studientage mit dem Titel „Das gute Leben“ bieten zum 5. Mal eine breite Themenpalette zum komplexen Phänomen der Sucht-erkrankung und vermitteln praxisnahe Anhaltspunkte für die Arbeit mit suchtkranken Menschen. Zudem soll die Auseinandersetzung mit eigenen Haltungen und Zugängen gefördert werden.

Erstmals werden die Studientage mit einem Kooperationspartner der Suchthilfe, der I.K.A – Interdisziplinäre Kontakt- und Anlaufstelle, ausge-richtet. Wir bedanken uns herzlich für die gelungene Zusammenarbeit und freuen uns auf zwei interessante und bereichernde Tage.

Mit herzlichen Grüßen

DSa roland urban, MaSLeiter Kontaktladen und Streetwork im Drogenbereich

Vorwort

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4 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

Montag, 20. März 201713:00 uhr begrüßung und einleitung

Roland Urban Stadträtin/ Stadtrat für Gesundheit Landesrat für Gesundheit Christoper Drexler

Moderation: Ulf Zeder

13:30 uhr impulsreferat peter StrasserDie Sucht nach Lebendigkeit – ein erweiterter Drogenbegriff

14:10 uhr interview & lesung Jörg böckem Über Versuche der Sucht ein gutes Leben abzutrotzen

14:45 uhr Kaffeepause

15:15 uhr impulsreferat Daniel Meili Der Sturz des Abstinenz-Paradigmas

15:45 uhr impulsreferat peter Degkwitz25 Jahre Harm Reduction und die Frage von Teilhabe und „gutem Leben“

16:30 uhr Kaffeepause

17:00 uhr impulsreferat Martin Kurz Das geglückte Leben. Identitätsentwicklung im Recovery-Prozess

17:30 uhr impulsreferat Christel lüdecke Sucht – Bindung – Trauma. Der Zusammenhang zwischen Bindungstraumatisierungen und Suchtentwicklung

18:15 uhr Abendessen

programmübersicht

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20.-21. März 2017 5

Dienstag, 21. März 201709:00 uhr Auftakt

Charlotte Cordes (geb. höfner)Interaktive Einführung in die proaktive SystemArbeit

09:30 uhr Workshops Ganztag

WS 4: Charlotte CordesGlauben Sie ja nicht, wer Sie sind.Humor in der (Sucht)beratung durch Provokative SystemArbeit

WS 10: Dietmar Czycholl Interkulturelle Kompetenz in der Suchthilfe

Workshops Vormittag

WS 1: Martin KurzProfessionelle und KlientInnen-Rollen im Recovery Prozess

WS 2: Christel lüdeckeTraumabehandlung bei Menschen mit Suchterkrankungen

Workshops Vormittag

WS 6: Stefan zahs & Vincenzo Mannino„Nothing about us without us“Betroffenenpartizipation, Recoveryo-rientierung und Peermitarbeit in der Behandlung von Abhängigkeitserkran-kungen

WS 7: Sean McCollumAbgesagt

WS 11: Stefan pawlataDer spielende Mensch als Beitrag zum guten Leben

13:00 uhr Mittagessen

14:30 uhr Workshops Ganztag

WS 4: Charlotte Cordes Glauben Sie ja nicht, wer Sie sind.Humor in der (Sucht)beratung durch Provokative SystemArbeit WS 10: Dietmar CzychollInterkulturelle Kompetenz in der Suchthilfe

Workshops Nachmittag

WS 3: Karoline leitnerAchtsamkeit - Ein Weg zu einem guten Leben?

WS 5: Steve Müller„Recreational Drug Use“ - Ein gutes Leben mit Drogen.

Workshops Nachmittag

WS 8: Michael hidenSubstitutionsbehandlung - ein Weg zur Stabilisierung und zu mehr Lebens-qualität

WS 9: Martin poltrumCinematherapie in der stationären Suchtbehandlung

WS 12: bettina bergmairAlexandertechnik - ein Weg zu mehr Selbstwahrnehmung, Genussfähigkeit und Wahlfreiheit

17:30 uhr Performance & feierlicher Ausklang zum Jubiläum

peter ulrich mit axe körpertheater„ich schlaraffe die wolke zum kuckuck heim - weil das glück ist mein vögelein“

programmübersicht

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6 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

referentin titel/abstracts

ImpulsreferatDr. peter StrasserUniv.-Prof., Dr. phil.,Jg. 1950, seit Oktober2015 im Ruhestand,unterrichtet an derKarl-Franzens-Uni-versität in GrazPhilosophie undRechtsphilosophie.2014: Österreichischer Staatspreis für Kul-turpublizistik. Letzte Buchpublikationen: „Von Göttern und Zombies: Die Sehnsucht nach Lebendigkeit“; „Achtung Achtsam-keit!“; „Ontologie des Bösen. Mit einem An-hang: Über das Radikalgute“. Neuerdings zur Lebendigkeitskultur: „Morgengrauen: Journal zum philosophischen Hausge-brauch“.

Die Sucht nach lebendigkeit – ein erweiterter DrogenbegriffEs gibt heute einen Zombie-Kult. In dessen vergnüglichem Grusel spiegelt sich aber auch un-sere Angst, lebendig tot zu sein. Menschen neigen dazu, unter Zuständen der Leblosigkeit zu leiden, von der bohrenden Langweile bis zur tödlichen Depression. Lebendigkeitssteigernde Mittel gehören daher seit jeher zur menschlichen Kultur. Solche Mittel sind – streng genommen – Drogen, denn sie erzeugen Sucht: Man will sich wieder und wieder lebendig fühlen. Beim Kampf gegen jene Drogen, die wegen ihres aggressiven Einwirkens auf Organismus und Psy-che nicht toleriert werden, wird leicht übersehen, dass unsere postmodernen Gesellschaften keine nachhaltige Lebendigkeitskultur generieren. Klassisch „existenzielle Drogen“ – sei es die Religion, ein politisches Heilsprogramm oder die bürgerliche Selbstverwirklichung – sind passé. Hingegen bleiben spirituelle Techniken, glamouröse Inszenierungen oder Extremsport-arten nur kleinen Gruppen aus der großen Masse zugänglich. Das rasche Abgleiten in zer-störerische Suchtmittel, beginnend bei den Partydrogen, ist Symptom einer zivilisatorischen Krise, unter der besonders junge Menschen leiden.

Interview & LesungJörg böckemgeboren 1966, istfreier Journalist undAutor; er arbeitet unteranderem für dasNachrichtenmagazin„Der Spiegel“ und das„Zeit Magazin“ undhat fünf Bücher zuDrogen, Rausch und Sucht geschrieben. In seinem Bestseller „Lass mich die Nacht überleben – mein Leben als Journalist und Junkie“ hat er seine langjährige Heroinab-hängigkeit und Erfahrungen mit Strafverfol-gung, Substitution, Entgiftung und Therapie beschrieben. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche Lesungen an Schulen und Universitäten gehalten. Sein aktuelles Buch „High sein - Ein Aufklärungsbuch“ hat er zu-sammen mit dem Wissenschaftler Dr. Hen-rik Jungaberle verfasst. Es widmet sich vor allem der Prävention und harm reduction.

Über Versuche der Sucht ein gutes leben abzutrotzenJörg Böckem wird Auszüge aus seiner Autobiografie „Lass mich die Nacht überleben“ lesen, die von seinen Versuchen erzählen, mit Hilfe von Drogen ein besseres Leben zu führen und der Sucht ein gutes Leben im Schlechten abzutrotzen. Anschließend wird er im Interview mit dem Suchtkoordinator der Stadt Graz, Ulf Zeder, über Glück und die Suche nach dem gutem Leben zwischen Rausch, Sucht, Substitution, Therapie und Ausstieg reden.

Vorträge

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ImpulsreferatDr. med. Daniel Meili1956 Ausbildung zumPsychiater undPsychoanalytiker.1993 bis 2007 imAufbau und alsChefarzt der ARUDZürich, Arbeits-gemeinschaft fürrisikoarmen Umgang mit Drogen tätig, einer privaten Organisation, die sich als Pionie-rin für eine Verminderung der negativen Folgen des Suchtmittelkonsums und der -abhängigkeit und damit auch gegen das Abstinenzdogma engagiert.

Entwicklung der „niedrigschwelligen“ Me-thadonsubstitution und Durchführungen der ersten Heroingestützten Behandlun-gen der Schweiz. Koordinator der SSAM, Schweizerische Gesellschaft für Suchtme-dizin für die Erstellung der Medizinischen Empfehlungen für substitutionsgestützte Behandlungen (SGB) bei Opioidabhän-gigkeit, Guidelines im Auftrag des Bundes-amtes für Gesundheit, (BAG) 2007/2012. Heute in freier psychiatrisch/psychothera-peutischer Praxis tätig.

Der Sturz des abstinenz-paradigmasBis in die 90er Jahre galt eine Suchtbehandlung als gescheitert, wenn sie nicht zur Abstinenz führte. Dies schloss Betroffene von der Behandlung aus, welche die Abstinenz nicht erreichen konnten. Das Abstinenzparadigma war demzufolge mitverantwortlich für sehr viele Todesfälle durch Überdosierungen und Infektionskrankheiten. Die Frage, wer was erreichen will oder kann, wurde kaum gestellt. Suchtbehandlung ist aber sehr effektiv hinsichtlich Reduktion von Letalität und Morbidität und kann einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Lebens-qualität leisten, die sich nur individuell und letztendlich subjektiv definieren lässt. Menschen eine solch wirksame Behandlung vorzuenthalten ist ethisch nicht vertretbar; jemandem aufok-troyieren, was gutes Leben sei, ist eine Anmaßung.

Die Begriffe Schadensminderung, substitutionsgestützte oder abstinenzgestützte Behandlung und kontrollierter Konsum fanden Einzug ins therapeutische Denken und dadurch wurde die Abstinenz von der Spitze der Zielpyramide gestürzt. Nur wer überlebt, kann seine Ressour-cen nutzen, sei es mit oder ohne weiter bestehenden Drogenkonsum. So entstand eine neue Zielpyramide.

ImpulsreferatDr. peter Degkwitz

Dr. rer. pol., Sozial-wissenschaftler;wissenschaftlicherMitarbeiter am Zen-trum für interdiszipli-näre Suchtforschungder UniversitätHamburg (ZIS), Klinikfür Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf UKE, Hamburg. Er hat seit Beginn der 90er Jahre in vielfältigen Forschungspro-jekten zu Harm Reduction Interventionen sowie zur Substitutionsbehandlung (insbe-sondere Methadon und iv-Diamorphin) in Deutschland und Europa gearbeitet.

25 Jahre harm reduction unddie Frage von teilhabe und „gutem leben“Zumindest in West- und Mitteleuropa haben sich mit Harm Reduction und Substitutionsbe-handlung wichtige Aspekte einer rationalen Drogenpolitik fest etabliert. Aber trotz dieser Durchbrüche und ihrer Effekte auf Überleben sowie auf gesundheitliche und soziale Stabi-lisierung bestehen Diskriminierung und Desintegration von DrogenkonsumentInnen fort und das „gute Leben“ bleibt zumeist Fiktion. Diese Stagnation verwundert nicht bei Bilanzierung der drogenpolitischen Gesamtsituation der letzten Jahrzehnte. Beim Plädoyer für eine humane Drogenpolitik (nach 68, in Verbindung mit den neuen sozialen und Bürgerrechtsbewegungen) wurde in den 80ern von einer durch Politik selbst geschaffener Verstrickung von Kriminalisie-rung, Profitanreiz auf Märkten, Angeboten und Abhängigkeiten ausgegangen, die entflochten werden muss.

Über Spritzentausch, niedrigschwellige Hilfen, Substitution erfolgten solche Entflechtungen, die getragen von einem Konsens zwischen drogenpolitisch aktiven Professionellen und breiter Öffentlichkeit realisiert wurden. Aber politischer Katalysator dafür war die AIDS-Krise der 80er (nicht Einsicht in die Untragbarkeit des Drogenelends) und die kulturellen „Gedankengefäng-nisse“ der Prohibition und des „War on Drugs“ blieben weitgehend intakt. Hinzu kam, dass seit den 90er Jahren die Fortschritte der Drogenhilfe in Deregulierung, Endsolidarisierung so-wie Rückzug des Sozialstaats eingebettet sind. Dadurch verengen sich die Optionen für die Betroffenen wie die Hilfeeinrichtungen, die auf ihre ordnungspolitische Funktion beschränkt werden.

Fortsetzung auf S.8

Vorträge

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8 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

Aktuell ist er an einem sozialwissenschaft-lich orientierten Projekt zur Untersuchung von ATS (Amphetamine-type stimulants)-Konsummustern in verschiedenen Ländern Europas beteiligt. Das besondere Interesse gilt sozialwissenschaftlichen Modellen zu Substanzkonsum und Abhängigkeit.

Fortsetzung von S.7

Wir (Praxis wie Wissenschaft) sollten uns beständig mit den offiziellen drogenbezogenen An-schauungen auseinandersetzen, die komplexe Zusammenhänge in simple Schuldzuweisun-gen (an KonsumentInnen oder Droge) aufzulösen suchen. Anhand dieser Paradoxien ist die sozial- und gesundheitspolitische Auseinandersetzung um Entkriminalisierung, Modelle der Regulation, Normalisierung und um Teilhabe und Integration von KonsumentInnen neu zu füh-ren.

Impulsreferatuniv.-Doz. Dr. med. Martin Kurz Facharzt fürPsychiatrie undPsychotherapie,Psychoanalytiker/Psychotherapeut infreier Praxis. 2009-2014 Primararzt desZentrums für Sucht-medizin an der Landesnervenklinik Sig-mund Freud (Graz). Seit 2015 Leitung des Fachbereichs Psychiatrie am Krankenhaus St. Vinzenz, Zams. Lehrbeauftragter an der Medizinischen Universität Innsbruck. Lehrtherapeut für psychotherapeutische Medizin der österreichischen Ärztekammer. Lehr-, Supervisions- und Beratungstätigkeit in klinischen und nichtklinischen Kontexten zu suchtmedizinischen und –therapeuti-schen Fragen, insbesondere der Bezie-hungsdynamik suchtkranker Menschen und ihrer Bezugspersonen.

Das geglückte leben. identitätsentwicklung im recovery-prozessPartizipation, Recovery, Empowerment und andere individuums- und ressourcenorientierte Konzepte stammen ursprünglich aus politisch motivierten Menschenrechts- und Bürgerbe-teiligungsbewegungen und haben sich in den letzten Jahren einen strategisch-ideologischen Platz in der Gesundheitspolitik erworben. Interessanterweise ging diese Entwicklung sehr stark über die Bereiche der Suchtmedizin und –therapie und Psychiatrie, also Handlungs-felder, welche bedingt durch ihren starken ordnungspolitischen Hintergrund lange Zeit als besonders autoritär und rigide galten.

Eine der zentralen Aufgaben im Recovery (Genesungs-) Prozess ist die Förderung einer positi-ven Identität, welche über die Pflege guter Beziehungen und dem damit verbundenen Erleben konstruktiver positiver sozialer Rollen entwickelt werden kann. Dieser Prozess steht unter dem Motto: „Ich bin mehr als meine Teil-Identität als chronisch Kranker“.

Bei all diesen Entwicklungsaufgaben spielen ProfessionistInnen der Suchthilfe eine beglei-tende und die individuelle Resilienz unterstützende Rolle, insbesondere die der „Holders of Hope“. Im Rahmen des Vortrags wird die Hypothese diskutiert, dass viele “notorische“ selbst- und fremddestruktive Verhaltensweisen bei Drogenkranken als Teil einer mehrfach determi-nierten „negativen“ Identität, welche für das Individuum jedoch überlebenswichtig geworden sind, verstanden werden kann. Viele Behandlungsprogramme sehen sich in einem Konflikt zwischen paternalistischen Ordnungszwängen einerseits und dem Auftrag zur Förderung von Autonomie und Verantwortungsübernahme andererseits, was zwangsläufig für alle Beteiligten verwirrende double-bind Konstellationen schafft.

Genesungsprozesse beginnen auch in den Strukturen der betreuenden/begleitenden Institu-tionen als Gegenüber der Betroffenen, daher wäre der erste Schritt zu prüfen, ob wir schon so weit sind, potenziell einengende Situationen und Dynamiken in der Beziehung zu unseren KlientInnen/PatientInnen in tatsächlich therapeutische Situationen umzuwandeln, in denen tat-sächlich positive Identität im Sinne von Autonomie, positiven Selbstvorstellungen und partizi-pativem Handlungsspielraum entwickelt werden kann.

Vorträge

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Vorträge

ImpulsreferatDrin Christel lüdeckeChristel Lüdecke leitetals Chefärztin denFunktionsbereichAllgemeinpsychiatrie –Sucht – im AsklepiosFachklinikumGöttingen. Sie istFachärztin fürPsychiatrie und Psychotherapie und hat sich seit 1994 auf die Behandlung von Suchterkrankungen spezialisiert. Neben der stationären Tätigkeit leitet sie eine Er-mächtigungspraxis zur Substitutionsthe-rapie illegal Drogenabhängiger. Frau Lü-decke beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Behandlung von Traumatisierungen und Traumafolgestörungen bei Menschen mit Suchterkrankungen. Sie hat u.a. ein sta-tionäres Behandlungskonzept zur integrati-ven Behandlung von Sucht und Traumafol-gestörungen entwickelt.

Sucht-bindung-trauma. Der zusammenhang zwischen bindungs- traumatisierungen und SuchtentwicklungFast zwei Drittel der SuchtpatientInnen mit schwerem Verlauf haben, bedingt durch Bindungs-traumatisierungen in den ersten Lebensjahren, Defizite in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie begeben sich in abhängige Beziehungen, in denen sie nicht selten erneut traumatisiert werden, sie haben mangelnde Selbstfürsorge, leiden an Störungen der Stress- und Emotions-regulation und können nicht allein sein. Diese Defizite bestimmen wiederum den Verlauf der Suchterkrankung. Ausgelöst durch frühe Traumatisierungen und Vernachlässigungen haben diese PatientInnen ein psychophysiologisches Defizit. Ein Grund hierfür ist die unzureichende Ausreifung des inneren psychischen Binnenraums und der Ich-Funktionen. Betroffene sind emotional vulnerabel und haben mangelhaft ausgebildete Bewältigungsstrategien. Alkohol- oder Drogenkonsum beginnt als ein teilweise erfolgreicher Versuch, schmerzvolle oder schwer erträgliche emotionale Zustände zu lindern. Der Substanzkonsum kann so für Betroffene eine zentrale Funktion in der Sicherung elementarer Grundbedürfnisse einnehmen und als dysfunk-tionaler Versuch der Alltags- und Lebensbewältigung angesehen werden.

Um eine Suchtbehandlung möglichst effektiv zu gestalten, ist es deshalb notwendig Trauma-folgestörungen bei Menschen, die sich im Suchthilfesystem vorstellen, mit zu erfassen. Es kann dann eine Behandlung eingeleitet werden, die sowohl die Suchterkrankung wie auch die Traumafolgestörungen berücksichtigt. Eine Substitutionsbehandlung kann neben der Sucht-behandlung auch eine effektive Therapie in Bezug auf Bindungstraumatisierungen sein.

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10 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

Workshops Ganztag

Workshop 4Dr.in Charlotte Cordes (geb. höfner)Drin Charlotte Cordes(geb. Höfner) hatKommunikations-wissenschaft undPsychologie inMünchen studiert undführt seit den 90erJahren ProSA- undimpro-Seminare sowie Coachings und psy-chologische Einzelberatungen für die un-terschiedlichsten Zielgruppen durch. Sie ist Teil der Institutsleitung des Deutschen Insti-tutes für Provokative Therapie | D.I.P. (www.provokativ.com), das ihre Mutter Dr. Noni E. Höfner in den 80er Jahren gegründet hat. Sie hat Aus- und Fortbildungen in EMDR und PET und ist zertifizierter Humorcoach bei Humorcare (HCDA). Seit fast 20 Jahren spielt sie Improvisationstheater (www.im-progoesloose.de) und singt seit fünf Jahren im Münchner Vokalensemble »Die Dach-schrägen« (www.diedachschraegen.de). Ihre langjährige Erfahrung im Bereich Pro-SA und Bühne ist sehr wertvoll und ihre Be-geisterungsfähigkeit äußerst ansteckend. Sie hat zwei Söhne und lebt in München.

Glauben Sie ja nicht, wer Sie sind. humor in der (Sucht)beratung durch provokative Systemarbeit (proSa®)Die Provokative SystemArbeit ist eine Kommunikationsform, die sich aus der Provokativen Therapie von Frank Farrelly entwickelt haben. Sie repräsentiert eine energiegeladene Art der Kommunikation in der Beratung (Therapie, Coaching, Mediation usw.), die im professionellen Kontext eher ungewöhnlich ist. Wer Sinn für Humor hat und Lachen bei der Arbeit nicht für eine unnütze oder gar schädliche Zeitverschwendung hält, wird feststellen, dass provokative Interventionen eine sehr nützliche Bereicherung des beraterischen Repertoires darstellen und sich in fast jeden Therapie- und Beratungsstil einbauen lassen. Grundlage des provokativen Ansatzes ist eine hohe Wertschätzung des Klienten und die Überzeugung des Beraters, dass die/der KlientIn mündig und stark ist und alle Ressourcen zur Verfügung hat, um sein Problem zu lösen. BeraterIn und KlientIn begegnen sich daher auf Augenhöhe. Die/der BeraterIn fun-giert nur als Katalysator, der die konstruktiven Energien des Klienten weckt und dessen Selbst-heilungskräfte aktiviert. Provokative Interventionen werden als Kurzzeittherapie eingesetzt und erzielen sehr schnelle und nachhaltige Veränderungen beim Klienten. Die Kernstücke sind Humor und Herausforderung: Das Lachen über sich selbst entspannt die/den KlientIn. Die humorvolle Verzerrung und Übertreibung seiner eingefahrenen und selbstschädigenden Glau-benssätze und Verhaltensweisen provozieren seinen emotional geladenen Widerstand dage-gen, der damit sinnvoll genutzt wird, anstatt sich kontraproduktiv gegen die/den TherapeutIn zu richten. Die emotionale Neuorientierung öffnet der/dem KlientIn die Türe zu neuem Denken und ermöglicht ihm eine angstfreie Erprobung neuer Verhaltensweisen. In Ihrem Workshop stellt Dr. Charlotte Höfner die Provokative Vorgehensweise vor und zeigt anhand von Live-Demonstrationen, wie sie selbst in ihrer Beratungspraxis arbeitet. Außerdem bekommen die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, die Provokative SystemArbeit in einigen Übungssequenzen selbst auszuprobieren.

Workshop 10Dr. Dietmar CzychollDr. rer. nat.,Diplom-Psychologe,PsychologischerPsychotherapeut,Supervisor BDP,Fachpsychologe fürVerkehrspsychologieBDPTätigkeiten: 1985 - 2002: Suchthilfe: Leitung Fachkinik Hohenrodt, Leitung Drogenhilfe Tübingen Zentrum I; seit 2003: Praxis für Verkehrspsychologie, Psychotherapie und Supervision (Freudenstadt, Reutlingen, Göppingen, Schwäbisch Gmünd); seit 2003: Fortbildungsinstitut „FTK - Fortbil-dung transkulturell“ Freudenstadt; Lehrauf-träge; Fortbildungsseminare; Publikationen; Projektevaluationen

interkulturelle Kompetenz in der SuchthilfeMigration - und Flucht ganz besonders - ist ein gravierendes Ereignis im Leben eines Men-schen. Sie geht mit erheblichen Belastungen und einer Vielzahl von Risiken einher, welche durch Haltungen und Reaktionen der Mitglieder und Institutionen der aufnehmenden Gesell-schaft häufig noch verstärkt werden. Soziale Auffälligkeit, psychische Probleme, Rauschmit-telprobleme oder Abhängigkeitserkrankungen und andere „Integrationsprobleme“ sind nicht losgelöst vom Migrationshintergrund der Betroffenen und den Reaktionen in der Aufnahmege-sellschaft zu verstehen. Die Fachdienste der Suchthilfe stehen vor der Aufgabe, ihre Angebote und Leistungen auch für die Zugewanderten aus anderen Kulturkreisen zugänglich zu ma-chen. Dieser Aufgabe stehen oft gewohnte Abläufe, „eingefleischte“ Kommunikationsmuster und andere kulturbedingte Zugangsbarrieren auf beiden Seiten im Wege.

Die Suchthilfe ist gefordert, interkulturelle Kompetenzen auszubauen. Träger, Teams und die Fachkräfte können durch die systematische Entwicklung einer inter- und transkulturellen Kom-petenz eine Brücke von der Suchthilfe zu den betroffenen Menschen anderer Kulturen bauen.

Inhalte:• Sucht und Migration: ein Zusammenhang• Sozialpsychologie der Aufnahmegesellschaft• Erkennen und Überwinden von Zugangsbarrieren• Interkulturelles Verständnis und Missverständnis• Interkulturelle Kompetenz und Öffnung• Kooperation mit Migrationsorganisatoren

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Workshops Vormittag

Workshop 1univ.-Doz. Dr. med. Martin Kurz (siehe S. 8)

professionelle und Klientinnen-rollen im recovery-prozessIm Rahmen des Workshop sollen die recovery-spezifischen Aufgaben der ProfessionistInnen in der Suchthilfe dargestellt und anhand von Fallbeispielen aus der täglichen Praxis vertieft werden. Insbesondere wird der Schwerpunkt auf von KlientInnen und ProfessionistInnen mög-licherweise konflikthaft erlebte neue Rollenfunktionen, Menschenbilder und Zielvorstellungen gelegt werden, welche im Rahmen eines Recovery-orientierten Paradigmenwechsels auftreten und Lösungen für die Neuorientierung gesucht werden.

Workshop 2Drin Christel lüdecke (siehe S. 9)

traumabehandlung bei Menschen mit SuchterkrankungenAufgrund der hohen Traumatisierungsrate bei Menschen mit Suchterkrankungen ist die Di-agnostik von Traumafolgestörungen im Suchthilfesystem dringend erforderlich. Eine integ-rative Behandlung ermöglicht auch bei Suchterkrankten eine erfolgreiche psychotrauma-tologische Behandlung. Dabei müssen DrogenpatientInnen weder abstinent sein noch ihre Drogenabhängigkeit unter Ausschluss ihrer Traumafolgestörung bereits behandelt haben. Auch AlkoholpatientInnen müssen im Vorfeld keine längerfristige Abstinenz nachweisen. Die Traumabehandlung findet unter fortlaufender Suchtstabilisierung in drei Phasen – Traumasen-sibilisierung, Traumastabilisierung und Traumasynthese – statt. Bei integrativer Behandlung kann die Abwärtsspirale, die sich durch gegenseitige negative Beeinflussung von Trauma und Sucht bedingt, unterbrochen und eine Besserung beider Erkrankungen erreicht werden. In diesem Workshop sollen nach Erläuterung der neurobiologischen Zusammenhänge von Trau-mafolgestörungen und Sucht die neuen Behandlungsverfahren einer erfolgreichen integrati-ven Traumatherapie bei Suchtkranken vorgestellt und deren Besonderheiten erläutert werden.

Workshop 6Stefan zahsAusbildung zumPflegefachmann HF,seit 1998 tätig inden PsychiatrischenDiensten Thurgau alsStv. Stationsleitungeiner Station für frühePsychosen. Seit 2010 Stationsleitung der Station für Drogenentzug und Therapie. Recovery-beauftragter Psychiatrische Dienste. Aus-bildung in Milieutherapie bei Kinder und Jugendlichen; CAS Psychiatrische Pflege; Studium Diploma of Advanced Studies in Psychischer Gesundheit, University of Ap-plied Sciences, Bern. Referententätigkeit an div. Kongressen und Tagungen zum Thema Recoveryorientierung und Peerarbeit.

„nothing about us without us“betroffenenpartizipation, recoveryorientierung und peermit-arbeit in der behandlung von abhängigkeitserkrankungenHintergrund: Partizipative und recoveryorientierte Ansätze in der Psychiatrie lösen heute zu-nehmend paternalistisch geprägte Behandlungskonzepte ab. Dabei ist „Nothing about us without us“ schon lange eine der zentralen Forderungen von Betroffenen an die Psychiatrie. Die Institutionen und Gesundheitssysteme orientieren sich deshalb vermehrt nach den Be-dürfnissen und Anliegen der Betroffenen. Ihre Mitsprachemöglichkeiten werden gefördert und individuelle Sichtweisen gewinnen so zunehmend an Bedeutung. Grundlage dafür ist ein partizipativer Ansatz bei dem die Ressourcen und Wünsche der Betroffenen für ein selbst-bestimmtes Recovery, im Mittelpunkt aller Interventionen stehen. Das Erfahrungswissen von Peermitarbeitenden als Genesungsbegleiter leistet einen wichtigen Beitrag bei der Gestaltung und Umsetzung dieser partizipativen Haltung in der Psychiatrie.

Fortsetzung auf S. 12

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12 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

Vincenzo ManninoVincenzo Mannino ist gelernter Automecha-niker, bis 2011 drogenabhängig. Seit Januar 2012 aktives Mitglied der Narcotics Anony-mus (Selbsthilfegruppe). Ab Oktober 2013 Festanstellung auf der Drogenentzug und Therapie Station S2 in Münsterlingen (TG) als Peermitarbeiter mit 20%-Anstellung.Seit 2014 Tätigkeit bei der Selbsthilfe Thur-gau, seit August 2015 Ausbildung zum Peer von der Pro Mente Sana, die im November 2016 beendet sein wird. Seit April 2016 eine weitere 20%-Anstellung als Peermitarbei-ter an der UPK Basel auf der Station U2 im Drogenentzug. Referententätigkeit an div. Kongressen und Tagungen zum Thema Re-coveryorientierung und Peerarbeit.

Fortsetzung von S. 11

Ablauf: Im ersten Teil wird in einem Referat die praktische Umsetzung eines recoveryorientier-ten Partizipationsmodells und Elemente für eine erfolgreiche Peerarbeit vorgestellt. Im zwei-ten Teil diskutieren die Workshop TeilnehmerInnen, unter anderem mit einem aktiven Peermit-arbeiter, die Auswirkungen, den Nutzen aber auch die Risiken dieser Haltungsänderung für die psychiatrische Praxis.

Workshop 11Mag. (Fh) Stefan pawlatageb. 1982,Sozialarbeiter,Theaterpädagoge,Supervisor. Geborenund aufgewachsen inGraz, immer wiederfür mehrere Monateunterwegs (Wien,Potsdam, Mittelamerika, Ost- und Westafri-ka), immer wieder zurück nach Graz. Aktu-elles Erwerbsleben: Sozialarbeiter im Verein für Männer- und Geschlechterthemen Stei-ermark, Fachstelle für Burschenarbeit und Fachstelle für Gewaltarbeit, Projektmitarbei-ter im Verein Sozialprofil, Selbstständige Tä-tigkeiten als Theaterpädagoge und Schau-spieler.

Ich bin eine reisende Person mit Interesse an interkulturellen Begegnungen. Ich bin wandernd mit einer Vorliebe für Bewegung in der Natur. Ich bin ein spielender Mensch – Theater, Kartenspiele, Spiele am Brett.

Der spielende Mensch als beitrag zum guten lebenFriedrich Schiller sagt, „der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Das Spielen kann zu einem guten Leben bei-tragen. Gleich welche Lebensgeschichte, welches Alter, welche Herkunft – es tut gut, eigene Phantasien aus sich heraus zu lassen. Beispielsweise mit dem Theaterspiel.

Im Workshop findet ein heiteres gemeinsames drauflos spielen statt. Ungewohnte Rollen ein-nehmen, aus verschiedenen Perspektiven das gute Leben beleuchten, Figuren begegnen sich, Emotionen ausdrücken, sich im Spielen was Gutes tun.

Auf die Aktion folgt die Reflexion: Was ist das gute Leben für mich mitten in Europa? Welche Ansprüche an das gute Leben stelle ich an andere? Was ist das gute Leben aus meiner individuellen Sicht? Welche Süchte hat mein gutes Leben? „Ja“ sagen zum Leben. „Ja“ zu Herausforderungen. Höhen und Tiefen annehmen, gefordert sein und miteinander lernen, Veränderungen anlächeln, vertrauen, spielen. Das Leben ist gut.

Workshops Vormittag

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20.-21. März 2017 13

Workshops Vormittag

Workshop 3DSain Karoline leitner Dipl. Sozialarbeiterin,Mal- und Gestal-tungstherapeutin,Achtsamkeitstrainerin.Seit 1990 tätig in derambulanten Betreu-ung von Suchtkrankenund deren Angehörigen, sowie im Bereich der Suchtprävention und Gesundheitsför-derung. Leitung von Achtsamkeitstrainings (MBSR nach Jon Kabat Zinn) und Selbst-mitgefühlskursen (MSC nach Germer/Neff)

achtsamkeit – ein Weg zu einem guten leben?Die, aus dem Buddhismus stammende Haltung von Achtsamkeit und Mitgefühl als Meta-The-orie und Praxis gewinnt in der westlichen Medizin, Psychologie und Pädagogik zunehmend an Bedeutung. Dieser Workshop gibt Ihnen einen Einblick in diesen sanften und nachhaltigen Weg, mehr innere Ruhe und Gelassenheit zu erlangen.Die Praxis der Achtsamkeit ermöglicht uns, aus dem Modus „Autopilot“ auszusteigen und richtet unsere Aufmerksamkeit auf dass, was wir gerade tun, denken, fühlen und empfinden. Achtsamkeit unterstützt uns dabei, wahrzunehmen, was tatsächlich ist. Die nichtwertende, liebvolle Zuwendung zum jetzigen Augenblick und der momentanen Erfahrung ist das Herz-stück der Achtsamkeitspraxis. Dieser Workshop wird sich mit folgenden Fragen auseinander-setzen: Wie kann Achtsamkeit zu einem guten Leben Etwas beitragen? Wie können Achtsam-keitsübungen, Suchtkranke und HelferInnen unterstützen und stärken? Ziel dieses Workshops ist, das Prinzip von Achtsamkeit als Haltung und Methode kennenzulernen und die wichtigsten Achtsamkeitsübungen auszuprobieren.

Workshop 5Steve MüllerSteve Müller istpsychosozialerBerater und Trainerfür Gesprächsführungbei checkit, einerEinrichtung derSuchthilfe Wien GmbH.„Recreational DrugUse“ ist eines seiner Schwerpunktthemen, zu dem er Erfahrungen aus drei europäi-schen Ländern einbringen kann. Daneben engagiert er sich im europäischen Netz-werk für Rausch- & Risikobalance und ist Lehrer für Entspannungstechniken, Acht-samkeitsmethoden und Meditationen.

„recreational Drug use”– ein gutes leben mit Drogen.Wie Konsumentinnen die balance halten können und was Suchtprävention dafür tun kann, am beispiel des „partydrogen-“ und „Freizeitdrogenkonsums“„Sucht“ – „Abhängigkeit“ – „Missbrauch“ – „problematischer Konsum“ – diese Konsummuster und die mit ihnen einhergehenden Lebenssituationen prägen meist den Arbeitsalltag in der Sucht-/Drogenhilfe. Auch die Prävention ist letztendlich eine Reaktion auf solche Problemla-gen, geht also von diesen aus. Traurige und dramatische Schicksale werfen verständlicher-weise einen dunklen, langen Schatten, der - ob wir es wollen oder nicht - unsere Sicht mitprägt. Gelegenheiten aus diesem Schatten zu treten sind selten. Dieser Workshop ist eine solche Ge-legenheit. Wir bemühen uns um einen klaren Blick auf die gesunden Aspekte von Konsum & Rausch, um von diesen zu lernen. Gemeinsam erkunden wir die verschiedenen Facetten des sogenannten „Recreational Drug Use“, machen sie in Übungen erlebbar und besprechbar. Im Fokus steht die Frage, wie suchtpräventive Angebote Menschen unterstützen können die Balance zwischen subjektiver Lebensqualität und Gesundheit zu finden und zu halten.

Workshop 8Dr. Michael hidenDr. Michael Hiden istseit Jänner 2013 alsärztliche Leiter in derI.K.A. Graz (InterdisziplinäreKontakt-&Anlaufstelle,medizinische undpsychosozialeSuchtkrankenversorgung) tätig. Seit seiner Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedi-zin im Jahr 2010 ist er in der Suchtarbeit, mit Schwerpunkt Opiatabhängigkeit aktiv. Abseits von allgemeinmedizinischer, such-medizinischer und psychiatrischer Schwer-punktsetzung verwendet er auch manual-medizinische Techniken in seiner

Substitutionsbehandlung – ein Weg zur Stabilisie-rung und zu mehr lebensqualitätOpioidabhängigkeit kann zu einer Vielzahl von gesundheitlichen und psychosozialen Proble-men führen.

Dieser Workshop soll es den TeilnehmerInnen ermöglichen, einen Einblick in die Arbeit mit Substitutions-PatientInnen zu gewinnen. Es sollte geklärt werden:• Welche Überlegungen sind anzustellen, bevor man sich für eine abstinenz- oder arzneimit-

telgestüzte Behandlung entscheidet.• In welcher Weise eventuell psychosoziale oder gesundheitliche Probleme einen Einfluss in

die Entscheidungsfindung haben.• Wie ist es in der interdisziplinären Zusammenarbeit möglich eine umfassende Abklärung

mannigfaltiger Problemlagen durchzuführen und individualisierte Lösungsstrategien zu er-arbeiten.

Fortsetzung auf S. 14

Workshops nachmittag

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14 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

Workshops nachmittag

täglichen Arbeit.Er vertreibt sich seine Freizeit als zwei-facher Familienvater meist im Kreise der Seinen. Nebstbei engagiert er sich in der Gemeinwesenarbeit.

Fortsetzung von S. 13

Mit Blick auf die konkrete Arbeitsweise in der I.K.A. und anhand von Fallbeispielen wird ge-zeigt, wie es durch multiprofessionelle Unterstützung gelingen kann, trotz schwerwiegender Suchterkrankung Lebensqualität wieder zu erlangen.

Workshop 9univ. Doz. Dr. Martin poltrumPhilosoph, Psycho-therapeut, Lehr-therapeut. 2003Promotion. 2014Habilitation.Universitätsdozent fürPsychotherapie-wissenschaft an derSigmund Freud Privat Universität Wien. Lehrtherapeut für Existenzanalyse an der Donau Universität Krems. Vizepräsident der European Society of Aesthetics and Medicine. Philosoph am Anton Proksch In-stitut Wien. Monographien: Philosophische Psychotherapie. Das Schöne als Thera-peutikum, Berlin 2015; Musen und Sirenen. Ein Essay über das Leben als Spiel, Berlin 2013; Klinische Philosophie. Logos Ästheti-kus und Philosophische Therapeutik, Berlin 2010; Schönheit und Sein bei Heidegger, Wien 2005. Wissenschaftlicher Herausge-ber – u.a. von: Rausch. Wiener Zeitschrift für Suchttherapie.

Cinematherapie in der stationären SuchtbehandlungUnter dem Code „Cinematherapie“ gibt es seit geraumer Zeit Bemühungen, die Wirkung von Filmen in unterschiedlichen therapeutischen Settings zu erproben. Schaut man sich die Ge-schichte der Filmtherapie genauer an, zeigt sich, dass es schon in der Stummfilmzeit einen medizinischen Diskurs über die Wirkung von Filmen im therapeutischen Kontext gab. Im ge-planten Seminar werden Grundsatzüberlegungen zur Cinematherapie angestellt, die Diskurse dazu vorgestellt, und von eigenen kinotherapeutischen Modellen, Erfahrungen und Überle-gungen berichtet. Am Anton Proksch Institut gibt es seit 2009 ein eigens für Abhängigkeitser-krankte entwickeltes Kinotherapieprogramm. Anhand von Filmbeispielen und gezeigten Film-ausschnitten soll gezeigt werden wie cinematherapeutische Interventionen aussehen können.

Workshop 12Maga bettina bergmairTheologin und selbst-ständige Religions-pädagogin; Alexander-techniklehrerin Inter-national (ATI),zertifiziert seit 2001; Integrative Tanz-pädagogin, AuthenticMovement Leiterin, 9-jährige Weiterbil-dung in Leibarbeit nach der Initiatischen Therapie nach Graf Dürkheim; arbeitet als Religionslehrerin an höher bildenden Schulen und als Krankhausseelsorgerin; gibt in freier Praxis Einzelstunden in Alex-andertechnik, sowie Kurse und Seminare in Alexandertechnik; verbindet in ihren Kursen und Seminaren Alexandertechnik, Tanz, Authentisches Bewegen, Meditation und Spiritualität.

alexandertechnik – ein Weg zu mehr Selbst- wahrnehmung, Genussfähigkeit und WahlfreiheitDie Alexandertechnik ist achtsame Körperarbeit, die das Zusammenspiel von Denken, Bewe-gen und Fühlen bewusst und konstruktiv nutzbar macht. Bewegungsmuster, die meist unbe-wusst ablaufen, werden durch einen sensomotorischen Zugang erfahrbar gemacht und in die eigene Verantwortung genommen. Das so gewonnene Bewusstsein schafft die Möglichkeit zur Veränderung. Die von vielen Menschen häufig gelebte und in der Suchtarbeit übliche „Zielfi-xierung“ führt zu Über- und Unterspannungen. Das kann auf Dauer psychische und physische Probleme und Schmerzen nach sich ziehen. Mit der Alexandertechnik lernt man Wohlspan-nung zuzulassen. Damit steht mehr Lebensenergie zur Verfügung.

ProfessionistInnen der Suchtarbeit lernen in diesem Workshop eine körperliche Selbsterfah-rungsmethode kennen. Die daraus geschöpften, persönlichen Erkenntnisse können sowohl unterstützend in den Arbeitsalltag einfließen, als auch eine persönliche Ressource darstellen. Betroffene können dadurch mehr Selbstbewusstsein, Wahlfreiheit, und Genussfähigkeit ge-winnen. TeilnehmerInnen dieses Workshops mögen die Bereitschaft für bewusste und spiele-rische Bewegung, sowie bequeme Kleidung mitbringen.

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Workshops nachmittag

Abschluss DienstagMag. peter ulrichMag. Peter Ulrich istKünstler und Schrift-steller. Er realisiertKulturprojekte mitsozial marginalisiertenMenschen. Lebt und liebt in Graz. 2016 hater den „Couragette-Publikumspreis“ verliehen bekommen. Er ist für die Inszenierung der dargebotenen The-aterperformance mit dem Ensemble von aXe-Körpertheater verantwortlich.

theaterperformance: „ich schlaraffe die wolke zum kuckuck heim - weil das glück ist mein vögelein“ich stehe auf den brettern, die die welt bedeuten. Und wenn ich eines davon vor dem kopf hab, was seh ich dann? Noch mehr welt.Entschuldige, wenn ich dich manchmal nicht seh. die welt liegt zwischen uns.Wenn du mir das brett wegnimmst, schau ich auf dein brett und bitte dich, mir meins wieder zu geben. Weil, was willst du damit? Du hast ja dein eigenes.Wenn wir gemeinsam über unsere bretter brettern, dann lachen wir uns die weltkugelrund und das leben glücklich bis zum nimmerleinstag.Wer mag, der trag seinen bretterverschlag vor sich her und der hat damit die hütte immer dabei, zum wohnen, begästen und lieben – bis zum abwinken ....

Feierlicher ausklang

5. Studientage Komplexe Suchtarbeit und 5 Jahre interdisziplinäre Kontakt- und anlaufstelle

Anlässlich des Jubiläums der Veranstaltungsreihe „Studientage Komplexe Suchtarbeit“ und des 5-jährigenBestehens unseres Kooperationspartners I.K.A. – Interdisziplinäre Kontakt- und Anlaufstelle laden wir Sie

herzlich zu einem feierlichen Ausklang und einem gemeinsamen Tagungsabschluss ein.Nutzen Sie bei Getränken und Brötchen den Rahmen für Austausch und Vernetzung.

abschluss

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16 5. StuDientaGe KoMplexe SuChtarbeit

In Kooperation mit:

Stlp – Steirischer landesverband bÖp – berufsverband akademie der ärztefür psychotherapie Österreichischer psychologinnenDie Studientage sind als Fortbildung Die Studientage sind als Fortbildung Für die Teilnahme an den Studien- im Sinne des des Psychochotherapie- im Sinne des des PsychologInnen- Tagen vergibt die Österreichische gesetzes mit 13 Einheiten zu je gesetzes mit 13 Einheiten zu je Ärztekammer 6 fachspezifische 45 Minuten anerkannt. 45 Minuten anerkannt. Punkte (Psychiatrie und Psychothera peutische Medizin).

Diese Veranstaltung wird gefördert von: