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6. Die Gestapo in Lübeck - Jugend ins · PDF fileDie Gestapo in Schleswig-Holstein, Hamburg 1996, S. 98. Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt

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© Michael-Haukohl-Stiftung

6. Die Gestapo in Lübeck Ort: Gerichtssaal vor dem Richtertisch Das Zeughaus - Die Gestapozentrale in Lübeck

Das ehemalige Polizeipräsidium im Zeughaus diente während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft als Hauptquartier der Gestapo. Hier wurden die Gefangenen im Keller eingesperrt, verhört und gefoltert.

Quellen: Akten, Literatur, Filmdokumentation, Radiobeitrag

Kopitsch, Wolfgang: Das Polizeibataillon 307 (Lübeck) "im Osteinsatz" 1940-1945 – eine Ausstellung der Landespolizei Schleswig-Holstein, Polizeidirektion Schleswig - Holstein Süd. Essen o. J. (2002) Gerhard Paul: Staatlicher Terror und gesellschaftliche Verrohung. Die Gestapo in Schleswig-Holstein, Hamburg 1996, S. 98.

Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main 2003.

Material:

Text: „Gestapo“ Kurzbiografie: „Wilhelm Bock“

Fotos:

- Gefängniszellen Zeughaus von außen. - Wilhelm Bock Akten: - Schreiben der Geheimen Staatspolizei Hamburg - Schreiben des Geheimen Staatspolizeiamt Lübeck - Anstaltsärztliches Gutachten der Strafanstalt Lauerhof

Aufgabe: 1. Stelle die Person Wilhelm Bock vor (Foto, Kurzbiographie).

2. Erkläre, wie die Gestapo in Lübeck organisiert war, welche Menschen dort

beschäftigt waren (Text).

3. Versetze dich in die Lage von Wilhelm Bock und formuliere Gefühle oder

Gedanken aus seiner Sicht.

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Kurzbiografie: Wilhelm Bock Wilhelm Heinrich Martin Bock wurde am 11. September 1903 in Lübeck

als Sohn des Maschinisten Leopold Bock geboren. Er wuchs dort auf,

besuchte die Mittelschule und begann eine Handelslehre. Nach seiner

Ausbildung arbeitete er zunächst als Kaufmännischer Angestellter in

Lübeck, Hamburg und Berlin. 1921 heiratete er. Bereits am 1.

November 1929 trat er der NSDAP bei. Er engagierte sich in der Partei

als Sektionsleiter und Gauredner. Von 1929 – 1931 war er Mitglied der

SA. Dann trat er zur SS über. Am 6. März 1933 trat er als Adjutant des

Polizeiherrn in Lübeck, Walter Schröder, in den Staatsdienst ein. Bereits

am 31. Mai wurde er Kommissar zur besonderen Verwendung und

schon am 14. September zum ersten Leiter der Geheimen Staatspolizei

Lübeck ernannt. In der Folgezeit machte er eine steile Karriere in der

SS-Hierachie. Am 9. November 1933 wurde er Untersturmführer, schon

am 25. November Oberstumführer. 1943 war er Führer des

Sturmbannes I der 22. SS-Standarte, am 1. Januar 1935

Hauptsturmführer. 1935 wechselte er zum Sicherheitsdienst, wurde

Regierungsrat und Kriminalrat.1

Bock war wegen seiner brutalen Polizeimethoden im gesamten

Deutschen Reich bekannt und machte nicht zuletzt deshalb eine steile

Karriere. Während andere Gestapostellen in wesentlich stärkerem Maße

1 Paul, Gerhard: Staatlicher Terror und gesellschaftliche Verrohung. Die Gestapo in Schleswig- Holstein, Ergebnisse Verlag 1996, S. 98f., 235. Am 11. September 1938 wurde er Sturmbannführer und Leiter der Abteilung II der Gestapo Wien. Im April 1940 wurde er sogar stellvertretender Leiter der Gestapo Wien. Vom 1. November 1941 bis 1942 war er Führer des so genannten „Vorkommandos Moskau“, von Januar 1942 bis Juni 1942 Kommandeur des Sonderkommandos 7c der Einsatzgruppe B. Im Juli 1942 ist er SS- und Polizeiführer in Winnitza/ Ukraine. Von November 1942 schließlich bis April 1944 ist er als Regierungsdirektor Leiter der Staatspolizeistelle Berlin am Alexanderplatz. Am 20. April 1943 wird er zum Obersturmbannführer ernannt. Andreas Seeger: Gestapo-Müller: Die Karriere eines Schreibtischtäters. Metropol Verlag, Berlin 1996. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Frankfurt am Main: S. Fischer, 2003.

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mit regulären Polizeimethoden arbeiteten, wurden unter Bock auch

Misshandlungen und Foltermethoden zur Ermittlungsarbeit genutzt.

Er war an der Vernehmung der Beteiligten am Widerstand des 20. Juli

beteiligt. Am 1. Oktober 1944 wurde er zum Standartenführer befördert.

Die Aussagen über sein Schicksal nach Kriegsende sind unterschiedlich.

Nach Gerhard Paul (Staatlicher Terror, S. 235) soll es ihm gelungen

sein, dauerhaft abzutauchen, nach Seeger (Gestapo Müller, S. 67) hat

er sich jedoch im Lazarettbunker der Reichskanzlei vergiftet. Ernst Klee

berichtet schließlich, er sei am 3. April 1947 in Landsberg hingerichtet

worden. Einen Beweis bleiben jedoch alle drei schuldig.

Alexander John:

Bereits während der Abkommandierung Bocks nach Wien hatte

Alexander John zunächst stellvertretend dessen Position in Lübeck

übernommen. Mit der Versetzung seines Chefs nach Berlin avancierte

John offiziell zum Leiter des Grenzpolizeikommissariats.

Der bereits 57jährige John stammte aus dem fränkischen Königsberg,

hatte wie fast alle seiner Generation am Ersten Weltkrieg teilgenommen

und war 1937 von der Schutzpolizei zur Kriminalpolizei versetzt worden.

Im selben Jahr hatte er sich der NSDAP angeschlossen.

1941 wurde der inzwischen zum Kriminalrat beförderte John zum

Grenzpolizeikommissariat nach Lübeck geschickt, wo er bis zu seiner

eigenen Abkommandierung im Sommer 1943 zum Befehlshaber des

Sicherheitsdienstes nach Paris blieb. 1944 wurde er nach Kattowitz

versetzt. Am 5. Mai 1945 beging John, zuletzt in der Position eines

Kriminaldirektors, zusammen mit dem ehemaligen Lübecker

Oberbürgermeister Otto-Heinrich Drechsler in Mölln Selbstmord.2

2 Paul, Gerhard: Staatlicher Terror und gesellschaftliche Verrohung. Die Gestapo in Schleswig-Holstein, Ergebnisse Verlag 1996, S. 97, 132.

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Quelle: Gestapo in Lübeck

Mit dem Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des

Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurde ein nicht geringer Teil der

Polizeibeamten vor allem des Höheren Dienstes auf Grund ihrer

demokratischen Gesinnung entlassen.

Auf Grund des zunächst noch mangelnden Vertrauens in die

Verlässlichkeit der regulären Polizeikräfte wurde bereits am 13. März

1933 eine „Hilfspolizeitruppe“ aus Stahlhelm, SA und SS Männern

aufgestellt, die nach dem 20. März umfangreiche Massenverhaftungen

(„Schutzhaft“) politischer Oppositioneller vornahm, darunter Fritz Solmitz

und Julius Leber.

1937 wurde die Gestapo Lübeck als Grenzkommissariat (Greko) dem

Grenzpolizeikommissariat Kiel unterstellt.

Die Gestapo-Zentrale im Zeughaus war während der NS-Diktatur ein

Ort staatlich sanktionierten Terrors und Durchgangsstation in die

Konzentrationslager. Wer dort bleiben sollte, erhielt von der Gestapo in

seiner Akte den RU-Vermerk: "Rückkehr unerwünscht".

Von 1933 – 1945 waren insgesamt ca. 95 Mitarbeiter bei der

Gestapostelle in Lübeck beschäftigt. Die Angestellten der Gestapo

waren durchschnittlich 30 – 35 Jahre alt und kamen überwiegend direkt

aus Lübeck. Es waren Ober- und Realschüler, Söhne von Bäckern,

Textilwarenhändlern und Kaufleuten. In über 30 Zimmern arbeiteten

zeitgleich immer etwa 30 - 40 Gestapobeamte. Zu Hochzeiten der

Verfolgung reichten ihre Kapazitäten jedoch nicht aus, sodass Hilfskräfte

von SA und SS herangezogen wurden. Unter den Mitarbeitern waren

auch 22 Frauen, die als Dolmetscherinnen, Stenopisten, Telefonistinnen

und als Schreibkräfte ihren Dienst taten. 3

3 Paul, Gerhard: a.a.O.,S. 34ff., 98f., 200f., 235. Am 6.3.1933 wird das NSDAP-Mitglied Senator Walter Schröder als kommissarischer Leiter der Lübecker Polizeibehörde eingesetzt. Zum neuen Kommandeur bzw. stellvertretenden Kommandeur der Ordnungspolizei wurden die NSDAP-Parteimitglieder Polizeioberstleutnant Kriegbaum und Polizeimajor Susemihl berufen.

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Wilhelm Bock

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Das Lübecker Polizeipräsidium im Zeughaus