5
Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 www.ksmagazin.de Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM Rascher Einstieg Coaching für Topmanager Innere Außenseiter Erkundung mit Schulz von Thun Vom Tun und Lassen in der Chefetage & Kommunikation 6 Gewaltfreie Kommunikation • NLP • Business Coaching • Mediation • Pädagogik • Gesundheit Neue Führung Neue Führung

6 Kommunikation - DialogKultur · 2019. 7. 4. · Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang •! 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 6 Kommunikation - DialogKultur · 2019. 7. 4. · Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang •! 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM

Junfermann

Ve

rl

ag

De

zem

be

r 2

013

Seminar

22. Jahrgang • € 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131w w w. k s m a g a z i n . d e

Spür das ZielTeamarbeitmit dem ZRM

RascherEinstiegCoaching fürTopmanager

InnereAußenseiterErkundung mitSchulz von Thun

Vom Tun und Lassen in der Chefetage

&Kommunikation

6

Gewaltfreie Kommunikation • NLP • Business Coaching • Mediation • Pädagogik • Gesundheit

Neue FührungNeue Führung

Page 2: 6 Kommunikation - DialogKultur · 2019. 7. 4. · Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang •! 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM

Was mag ich an meinem Chef?Von Andrea Wiedel

Dieses Wissen reicht oft schon, um Teilnehmer von der per-sönlichen Betroffenheit zu entlasten und Verständnis fürihre Vorgesetzten zu entwickeln. Selbst bei GFK-Geübten,die im Umgang mit Anderen Verständnis und Empathie -fähigkeit reklamieren, treffe ich Empathie für Vorgesetzteund Führungskräfte selten an. Wenn Führungskräfte sich soverhalten, wie Mitarbeiter es sich normalerweise nicht wün-schen, fallen regelmäßig die Giraffenohren ab.

Das Ellipsenmodell

Das Ellipsenmodell der Bedürfnisse macht auf die beson-dere Bedürfnislage von Führungskräften und Unternehmernaufmerksam und stellt sie denen von Mitarbeitern gleich-wertig gegenüber. Ich habe dieses Modell entwickelt undarbeite auch danach, weil bisher ein Konzept fehlte, das sich

„Was mache ich mit meinem Chef, der jeden Morgenzu mir ins Büro rauscht und nach dem gestrigen

Umsatz fragt? Er weiß doch aus Erfahrung, wie viel Umsatzich ungefähr an einem Tag machen kann. Wieso kommt erdann jeden Morgen in mein Büro?“, fragte mich einmal einSeminarteilnehmer verständnislos.

Ein Chef, der sich so verhält, ist vermutlich besorgt undbraucht – finanzielle – Sicherheit für das Unternehmen. Ermacht nichts anderes, als was manch einer tut, dessen Gi-rokonto in die roten Zahlen zu geraten droht. Er checktmehrmals täglich den aktuellen Stand – auch wenn er weiß,dass sich nicht viel verändert haben kann. Es ist eine „un-taugliche“ Strategie, sich die Sicherheit zu erfüllen, für diezurzeit keine anderen „tauglichen“ Strategien zur Verfügungstehen.

6/2013 Kommunikation & Seminar 15

Bitte nennen Sie zehn angenehme Eigenschaften!

GFK-Tipps für mündige Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter.

Page 3: 6 Kommunikation - DialogKultur · 2019. 7. 4. · Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang •! 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM

Grafik: © Andrea Wiedel

speziell an Mitarbeiter wendet und mit dessen Hilfe es ge-lingt, in der Hierarchieebene wertschätzend von unten nachoben zu kommunizieren.

Meine Erfahrung damit: Kommunikation auf Augenhöheführt zur Partnerschaftlichkeit, Gleichwertigkeit und letzt-endlich zu einer effektiveren Zusammenarbeit zum Nutzenaller. Die Angst vor Machtverlust ist unnötig.

Allerdings haben wir nicht gelernt, auf diese Art zu kom-munizieren, da die Strukturen, in denen wir aufwuchsen,andere waren, als es die Kommunikationspsychologie heutefür ein gedeihliches Miteinander empfiehlt und auch er-möglicht. Die Gewaltfreie Kommunikation nach MarshallRosenberg bietet die Möglichkeit der respektvollen, wert-schätzenden Kommunikation auf Augenhöhe. Doch wievieles Neue, ist sie erst einmal ungewohnt und erfordertUmdenken und Übung.

Mitarbeiter verlassen die passive Opferhaltung und lernendas Arbeitsverhältnis positiv mitzugestalten. Sie erleben da-mit Selbstwirksamkeit und Sinnhaftigkeit. Dies schützt sievor Demotivation und Burn-out. Und die Führungskräfte?Sie werden von ihren Mitarbeitern als Mensch gesehen. Sieerfahren Wertschätzung und Anerkennung, Unterstützungund Loyalität.

Nachfolgend erläutere ich mithilfe des Ellipsenmodells derBedürfnisse das „Prinzip Verantwortung“. Dies zu verste-hen, ist der erste Schritt.

Das Prinzip Verantwortung

Das Prinzip Verantwortung macht deutlich, dass der Unter-nehmer für das Unternehmen (die Führungskraft für ihrenBereich) verantwortlich ist und zugleich der Mitarbeitervom Wohlergehen des Unternehmens abhängt. Wenn dasUnternehmen sich im Umsatz verschlechtert, gar insolventwird, ist auch die Existenzgrundlage des Mitarbeiters in Ge-fahr. Der Unternehmer wiederum, die Führungskraft, ist aufLeistung und Ergebnisse der Mitarbeiter angewiesen, umden Umsatz zu gewährleisten.

Zwischen Führungskraft und Mitarbeiter besteht also einegegenseitige Abhängigkeit in Bezug auf ein gemeinsamesZiel: die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.

Es gibt einen wenig verhandelbaren Kern an Passung hin-sichtlich Kompetenz, Arbeitszeit, Gehalt im VerhältnisFührungskraft – Mitarbeiter. Die Beziehung zwischenbeiden kann durch wertschätzende Kommunikation oderVerhaltensänderung positiv gestaltet werden. Das wäregewissermaßen der Bereich, in dem neue Kompetenzengelernt werden können. Davon profitieren drei Seiten:Führungskraft, Mitarbeiter und Unternehmen. Es han-delt sich gewissermaßen um eine Win-win-win-Situa-tion.

Doch wie geht Führung von unten nach oben konkret? Waskönnen Mitarbeiter tun, um die Arbeitsbedingungen positivzu beeinflussen?

16 Kommunikation & Seminar 6/2013

TITEL Was mag ich an meinem Chef ?

Page 4: 6 Kommunikation - DialogKultur · 2019. 7. 4. · Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang •! 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM

Auskünfte von

Andrea Wiedel, Bayreuth

Gab es eine Situation in Ihrem Leben, von der Sie glauben,

„gut geführt“ worden zu sein?

Die Einarbeitung in meiner ersten Arbeitsstelle.

Woran haben Sie es gemerkt?

Ich wurde Schritt für Schritt an die Sache herangeführt,

meine Ergebnisse wurden kontrolliert und besprochen.

Wo haben Sie selbst Führen gelernt?

Durch das Leben selbst: Aufbau meiner Kanzlei und Er-

ziehung meiner Tochter.

Befanden Sie sich schon einmal in einer Situation, in der

alles Wissen über „gute Führung“ nix nutzte?

Als ich selbst mit dem Rücken zur Wand stand und nicht

die Ressourcen für Führung hatte.

Was können wir davon lernen?

Sich die Kraft so einteilen, dass sie auch für eine längere

Wegstrecke reicht.

„Egal, was ein Mensch tut, es ist das Schönste und Beste, wasihm im Moment zur Verfügung steht, um seine Bedürfnissezu erfüllen.“ Diese Weisheit von Marshall Rosenberg trifftauch auf Vorgesetzte, Chefs und Chefinnen zu. Und es ist soeinfach, den Chef als einen Menschen zu sehen, wenn mandas Ellipsenmodell der Bedürfnisse verstanden hat.

Empathie schafft Nähe und Verbundenheit, vielleicht mehr,als es im beruflichen Kontext üblich und erwünscht ist. Dielaut ausgesprochene empathische Vermutung „Fühlen Siesich hilflos und brauchen Sie finanzielle Sicherheit für dasUnternehmen/Ihren Bereich?“ wäre denn auch als Reaktiondes ratlosen Seminarteilnehmers meiner Ansicht nach zuviel des Guten. Stilles Verständnis, die gewünschten Zahlentäglich von sich aus zu präsentieren oder ein nettes Wortoder eine Tasse Tee reichen aus.

Perspektivenwechsel

In der einschlägigen Fachliteratur ist immer wieder vonmehr Menschlichkeit in den Unternehmen der Zukunft undGegenwart die Rede. Einer Forderung, der ich zu hundertProzent zustimme. Auch ich plädiere für mehr Mensch-lichkeit in den Unternehmen. Ich plädiere aber auch fürmehr Menschlichkeit Führungskräften und Geschäftsinha-bern gegenüber.

Wenn Mitarbeiter ihre Vorgesetzten auf die pünktliche Ge-haltszahlung am Monatsende reduzieren, ist es nicht über-raschend, dass ihre Chefs sie selbst auf die Erbringung or-dentlicher Leistung reduzieren. Meine Seminarteilnehmererhalten ein Arbeitsblatt, das sie regelmäßig ins Strauchelnbringt: „Bitte benennen Sie zehn Eigenschaften oder Ver-haltensweisen, die Sie an Ihrer Führungskraft schätzen!“

Dann setze ich gern noch eins drauf und spiele die „Ulti-mative Lobhudelei“ (angelehnt an die WDR-Sendung„Zimmer frei“): Stellen Sie sich vor, Ihre Chefin hat sie be-auftragt, in einer angesagten Metropole (München, NewYork, Moskau), sich in ihrem Namen um ein freies Zimmerin einer Wohngemeinschaft zu bewerben. Sie haben genaueine Minute Zeit, wie alle anderen Bewerber auch, dieWohngemeinschaft zu überzeugen, warum das freie Zim-mer ausgerechnet an Ihre Chefin vergeben werden sollte.

Butter bei die Fische!

„Nun erzählen Sie mal!“ Nicht selten wird das jährliche Ge-haltsgespräch mit diesen Worten eingeleitet, wobei sich dieVorgesetzte mit spitzem Stift in ihrem Chefsessel abwar-tend zurücklehnt.

Nach meiner Erfahrung lassen Mitarbeiter diese Gelegen-heit oft ungenutzt verstreichen. „Was soll ich denn da noch

groß sagen? Sie sieht doch, was ich den ganzen Tag hier leis te.“

Nicht unbedingt. Um im noch üblichen Rollenklischee zubleiben – ohne es gutheißen zu wollen: Sieht der berufstä-tige Ehemann, was die Hausfrau den ganzen Tag leistet? Erfindet eine blitzende Wohnung vor, nette Kinder mit sau-beren Händen und etwas Leckeres zu Essen auf dem Tisch.Wie viel Arbeit hierfür erforderlich ist, entzieht sich seinerKenntnis und Erfahrung, weil er am Produktionsprozessnicht direkt beteiligt ist.

Ähnlich geht es Führungskräften. Sie sind oft sachfremdund nicht beteiligt an den Arbeitsprozessen der Mitarbeiter.Deshalb empfehle ich meinen Klienten, die eigenen Erfolgezu erkennen und nach oben zu kommunizieren: WelcheKunden haben Sie wie beschwichtigt oder gewonnen? Wel-ches Arbeitsmaterial würde Ihre Arbeit beschleunigen underleichtern und weshalb? Mit welchen Strategien haben Siewelchen Umsatz geschaffen? Welche betriebliche Neuerunghatte ihren Ursprung in Ihrer Idee?

„Ich mache gute Arbeit. Ich bin zuverlässig, pünktlich undselten krank.“ Das ist heutzutage zu selbstverständlich. Ge-ben Sie „Butter bei die Fische“! Lernen Sie Ihre gute Arbeitmit Zahlen, Daten, Fakten zu belegen. Lernen Sie Ihr Ar-

6/2013 Kommunikation & Seminar 17

Page 5: 6 Kommunikation - DialogKultur · 2019. 7. 4. · Junfermann Verlag Dezember 2013 Seminar 22. Jahrgang •! 9,00 • 19183 • ISSN 1862-3131 Spür das Ziel Teamarbeit mit dem ZRM

sie hilflos über sich ergehen lassen. Ihnen empfehle ich fol-genden Textbaustein auf GFK-Basis: „Ich bin frustriert undmöchte respektvoll behandelt werden. Können wir bitteweiterreden, wenn Sie sich beruhigt haben?“

Meine Teilnehmer entgegnen dann mit großen Augen: „Sokann ich doch nicht mit meinen Vorgesetzten reden!“

„Wer von Ihnen hat schon mal einen Wutausbruch gehabt?“Alle.

„Wer von Ihnen hat sich nach dem Wutausbruch gut ge-fühlt?“ Keiner.

Dann sage ich: „Sehen Sie, genauso geht es Ihrem Vorge-setzten.“

Wut ist ein Sekundärgefühl und entsteht, wenn Menschensich hilflos fühlen und Primärgefühle wie Angst oder Trauernicht zulassen wollen. Führungskräfte tragen viel Verant-wortung und stehen unter großem Druck (Ellipsenmodell).Doch sie sind Menschen und fühlen sich nach einem Wut-ausbruch eher schlecht. Die Contenance zu verlieren, zehrtam Selbstrespekt.

Schützen Sie Ihren Respekt, den Selbstrespekt Ihrer Vorge-setzten und die Beziehung. Signalisieren Sie: So nicht –aber gerne in ruhigem Ton. So behandeln Sie Ihre Vorge-setzten respektvoll und zeigen deutlich, dass auch Sie esverdient haben, mit Respekt behandelt zu werden.

Andrea Eleonore Wiedel, Bayreuth, Trai-

ning & Coaching, Gewaltfreie Kommuni-

kation nach Marshall Rosenberg.

Website: www.wiedel-training.de

Was mag ich an meinem Chef ?TITEL

18 Kommunikation & Seminar 6/2013

beitsergebnis als „konkrete Beobachtung“ im Sinn der GFKzu formulieren. Dies erfordert eine gute Beobachtungsgabeund Analysefähigkeit, einen entsprechenden Wortschatzund Kenntnis dessen, was in der Branche üblich ist.

Es lohnt sich. Unwiderlegbare Beweise dokumentieren IhreArbeitsergebnisse und Ihre Qualitäten. Sie können um Feed-back oder Anerkennung bitten. Nicht nur im jährlichen Ge-spräch. Und auch die Vorgesetzten profitieren von diesenneuen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter. Denn so können sieSchaumschläger von echten Leistungsträgern unterscheiden.

Bitten hinterfragen, Grenzen setzen

Leider haben wir in unserer Alltagssprache nicht gelernt,unsere Wünsche klar und eindeutig in Worte zu fassen. DieGFK nach Marshall Rosenberg ist ein Handwerkszeug, dashilft, konkret um das zu bitten, was das (Arbeits-)Leben ver-schönert. Damit können Mitarbeiter auch ihren Führungs-kräften helfen, eine konkrete Bitte zu formulieren.

„Sagen Sie mir bitte das nächste Mal vorher Bescheid!“,bittet die Inhaberin einer Arztpraxis ihre Mitarbeiterin. Alsdie Mitarbeiterin sie das nächste Mal persönlich informiert,wird die Ärztin nervös und bittet darum, doch das nächsteMal wegen so einer Lappalie nicht gestört zu werden. EineE-Mail hätte ihr völlig ausgereicht. Eine Mitarbeiterin mitFührungskompetenz hätte erkannt, dass es sich bei der Ar-beitsanweisung „Bescheid sagen“ um keine konkrete Bitteim Sinn der GFK handelt. Sie hätte nachfragen können, wiesich die Ärztin die Information wünscht.

„Arbeiten Sie das nächste Mal weniger schlampig!“ Auchdiese Kritik ist keine konkrete Bitte im Sinn der GFK undlässt Mitarbeiter eher ratlos und frustriert zurück. Mitar-beiter mit Führungskompetenz können nachfragen: „Wo -rauf beziehen Sie sich? Was genau wünschen Sie sich an-ders?“ Klarheit in der Kommunikation erleichtert das Mit-einander.

Eine besondere Spezialität ist der cholerische Chef. Mitar-beiter klagen oft über Wutausbrüche ihrer Vorgesetzten, die