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Seite 1 7. Sitzung des XXX. Vorarlberger Landtags am 7. Oktober 2015 TOP 4. Besprechung von bis zu vier als dringlich namhaft gemachten Anfragen (§ 54 Abs. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 lit. c der Landtags-Geschäftsordnung) LTP Mag. Sonderegger: Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 4. Besprechung von bis zu vier als dringlich namhaft gemachten Anfragen (§ 54 Abs. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 lit. c der Landtags-Geschäftsordnung) Für den Tagesordnungspunkt 4. gilt ebenfalls die Redezeit wie wir sie grundsätzlich eingeteilt haben, nämlich: 15 Minuten für die die Anfrage stellende Fraktion, jeweils neun Minuten für die übrigen Fraktionen und das zuständige Regierungsmitglied. Und andere Regierungsmitglieder sprechen zu Lasten des Zeitbudgets ihrer Fraktion. Die erste Anfrage kommt von den NEOS: Anfrage der Abg. Dr. Scheffknecht und Mag. Pointner (NEOS) an Landeshauptmann Mag. Markus Wallner und Landesrat Johannes Rauch „Grobes Fehlverhalten im ‚Gemeindeverband PNV Unteres Rheintal‘: Welche Konsequenzen zieht das Land?“ (29.01.118) Sie ist eingelangt am 14.9.2015, wurde beantwortet am 5.10.2015. Bitte, Frau Abgeordnete Scheffknecht. Dr. Scheffknecht: Herr Präsident, Hohes Haus, sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich möchte heute Werbung machen, Werbung für eine hoch spannende Leselektüre. Werbung für die Rechnungshofberichte und auch für die Berichte der Kontrollabteilung, wenn sie denn öffentlich werden. Diese Berichte haben alles, was eine gute Leselektüre so braucht: Spannung, Geheimnisse, unerwartete Momente, skurrile Augenblicke, manchmal sogar humoristische Passagen. Was sie allerdings selten haben ist ein Happy End. So auch der Kontrollbericht, den wir heute behandeln, und zwar über die Prüfung des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal. Eigentlich sollte der Kontrollbericht gar nicht veröffentlicht werden, viel lieber wäre es den Beteiligten – so sehe ich das – wahrscheinlich gewesen, das im ‚stillen Kämmerchen‘ unter sich zu verhandeln, wie so vieles hier im Land. Leider oder zum Glück ist das bei diesem Bericht nicht der Fall. Es wäre auch zu schade gewesen. Zuerst ein kurzer Abriss der Fakten: Die Kontrollabteilung des Landes hat letztes Jahr stichprobenartig die Gebarung des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal geprüft. Die Ergebnisse wurden am 18.12.2014 in einer Besprechung mit dem damaligen oder jetzigen – immer noch – Verbandsobmann Christian Natter, mit dem ehemaligen Verbandsobmann Egelhofer und mit dem Geschäftsführer Karl-Heinz Winkler besprochen. Offiziell übermittelt wurde der Bericht dann Anfang März 2015. Ich erwähne diese Termine nur deshalb, weil Fristen daran geknüpft sind, in denen gewisse Personen und Gremien informiert werden sollten beziehungsweise Fristen für eine Stellungnahme. So hätte zum Beispiel der Verbandsobmann eine Verbandsvollversammlung einberufen sollen, und zwar ohne unnötigen Aufschub beziehungsweise spätestens binnen zwei Monaten.

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7. Sitzung des XXX. Vorarlberger Landtags am 7. Oktober 2015 TOP 4. Besprechung von bis zu vier als dringlich namhaft gemachten Anfragen (§ 54 Abs. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 lit. c der Landtags-Geschäftsordnung) LTP Mag. Sonderegger: Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt 4. Besprechung von bis zu vier als dringlich namhaft gemachten Anfragen (§ 54 Abs. 4 i.V.m. § 35 Abs. 1 lit. c der Landtags-Geschäftsordnung) Für den Tagesordnungspunkt 4. gilt ebenfalls die Redezeit wie wir sie grundsätzlich eingeteilt haben, nämlich: 15 Minuten für die die Anfrage stellende Fraktion, jeweils neun Minuten für die übrigen Fraktionen und das zuständige Regierungsmitglied. Und andere Regierungsmitglieder sprechen zu Lasten des Zeitbudgets ihrer Fraktion. Die erste Anfrage kommt von den NEOS: Anfrage der Abg. Dr. Scheffknecht und Mag. Pointner (NEOS) an Landeshauptmann Mag. Markus Wallner und Landesrat Johannes Rauch „Grobes Fehlverhalten im ‚Gemeindeverband PNV Unteres Rheintal‘: Welche Konsequenzen zieht das Land?“ (29.01.118) Sie ist eingelangt am 14.9.2015, wurde beantwortet am 5.10.2015. Bitte, Frau Abgeordnete Scheffknecht. Dr. Scheffknecht: Herr Präsident, Hohes Haus, sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich möchte heute Werbung machen, Werbung für eine hoch spannende Leselektüre. Werbung für die Rechnungshofberichte und auch für die Berichte der Kontrollabteilung, wenn sie denn öffentlich werden. Diese Berichte haben alles, was eine gute Leselektüre so braucht: Spannung, Geheimnisse, unerwartete Momente, skurrile Augenblicke, manchmal sogar humoristische Passagen. Was sie allerdings selten haben ist ein Happy End. So auch der Kontrollbericht, den wir heute behandeln, und zwar über die Prüfung des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal. Eigentlich sollte der Kontrollbericht gar nicht veröffentlicht werden, viel lieber wäre es den Beteiligten – so sehe ich das – wahrscheinlich gewesen, das im ‚stillen Kämmerchen‘ unter sich zu verhandeln, wie so vieles hier im Land. Leider oder zum Glück ist das bei diesem Bericht nicht der Fall. Es wäre auch zu schade gewesen. Zuerst ein kurzer Abriss der Fakten: Die Kontrollabteilung des Landes hat letztes Jahr stichprobenartig die Gebarung des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal geprüft. Die Ergebnisse wurden am 18.12.2014 in einer Besprechung mit dem damaligen oder jetzigen – immer noch – Verbandsobmann Christian Natter, mit dem ehemaligen Verbandsobmann Egelhofer und mit dem Geschäftsführer Karl-Heinz Winkler besprochen. Offiziell übermittelt wurde der Bericht dann Anfang März 2015. Ich erwähne diese Termine nur deshalb, weil Fristen daran geknüpft sind, in denen gewisse Personen und Gremien informiert werden sollten beziehungsweise Fristen für eine Stellungnahme. So hätte zum Beispiel der Verbandsobmann eine Verbandsvollversammlung einberufen sollen, und zwar ohne unnötigen Aufschub beziehungsweise spätestens binnen zwei Monaten.

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Diese Verbandsvollversammlung fand dann am 16. Juni dieses Jahres statt, also mehr als drei Monate später. Natürlich gibt es zahlreiche Erklärungen dafür: die Gemeindevertretungswahlen, eine schwierige Terminfindung. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Ergebnisse schon letztes Jahr bekannt waren. Auch die Stellungnahme des Verbandsobmannes kam wesentlich zu spät, nämlich über drei Monate. Zeit dafür wären drei Monate gewesen, eingelangt ist die Stellungnahme dann am 21. September 2015. Und um ehrlich zu sein habe ich auch große Zweifel daran, ob sie denn überhaupt so früh gekommen wäre, wenn nicht der öffentliche Druck so groß gewesen wäre. Dies nur als kleine Vorbemerkung und um einmal jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die sich jetzt gleich hier hinstellen werden, um zu sagen: ‚Ja, wir geben es zu, kleine Fehler sind passiert, aber jetzt ist alles ganz anders.‘ Kommen wir aber zu den wesentlichen Punkten des Berichts. Der Gemeindeverband Personennahverkehr wurde 1993 gegründet und unterliegt dem Gemeindegesetz. Damals wurde mittels Verordnung der Landesregierung die Vereinbarung über die Bildung eines Gemeindeverbandes genehmigt. Und jetzt kommt es – und das sind alles Auszüge aus dem Kontrollbericht. Ich zitiere: „Diese Vereinbarung ist nicht mehr aktuell, insbesondere was die Mitgliedschaften einzelner Gemeinden, aber auch Kostenaufteilungen betrifft.“ – So weit, so gut. – „Bestimmungen dieser Vereinbarungen und auch das Gemeindegesetz“ – und das ist wesentlicher Punkt – „wurden teilweise nicht beachtet. Beschlüsse der Verbandsversammlung wurden teilweise nicht, wie gefordert, umgesetzt. In den Rechnungsabschlüssen fehlen Konten. Die Buchführung wurde durch den damaligen Verbandsobmann gemacht, obwohl das nicht zulässig war. Die Abgangsdeckungsberechnung wies Fehler auch auf, wenn auch nur kleine.“ Und zum guten Schluss: „Umsatzsteuer und vergaberechtliche Bestimmungen wurden teilweise nicht eingehalten.“ – Das sind nicht alle, sondern nur ein paar Punkte, die der Bericht hervorgebracht hat. Sehr geehrte Damen und Herren! Was heißt das? Ich möchte an dieser Stelle nur einen Punkt exemplarisch herausnehmen. Ich bin sicher, wir werden auch die anderen heute noch im Detail besprechen. Dieser eine Punkt zeigt für mich aber wie kein anderer auf, mit welchem Selbstverständnis hier im Land die politischen Verantwortlichen agieren. Ich habe es erwähnt: die Buchhaltung wurde widerrechtlich über Jahre vom damaligen Verbandsobmann erstellt. Das, obwohl bereits im Kontrollbericht aus dem Jahre 1996 darauf hingewiesen wurde, dass das gemäß Gemeindeverbandsverordnung beziehungsweise Gemeindegesetz widerrechtlich ist. Auf meine Frage im Kontrollausschuss, „wieso das trotz des Hinweises auf die Rechtswidrigkeit aus dem Jahre 1996 nicht geändert wurde?“, antwortete der jetzige Verbandsobmann Natter, „dass dies zwar im Vorstand besprochen wurde, man sich aber trotzdem dazu entschieden hätte, dies wie bisher weiterzuführen“. Ich hätte vieles verstanden: ein Versehen, Wechsel im Vorstand oder fehlende Informationsweitergabe, ein Missverständnis, das alles hätte ich akzeptiert. Aber dass sich ein Bürgermeister traut, sich im Landtagsausschuss hinzustellen oder hinzusetzen und zu sagen, „dass das innerhalb von einer Runde von Bürgermeistern und anderen politischen Vertretern hier aus Vorarlberg besprochen wurde und sie sich bewusst entscheiden, wider jeglichem Wissen, geltende Rechtsnormen zu missachten“, das finde ich schon ‚starken Tobak‘. Gründe dafür waren schnell zu finden – ich kann es nicht wortwörtlich wiedergeben, aber sinngemäß –: Es war eh nur für eine begrenzte Zeit; ein Ende war absehbar; und außerdem sei das so sinnvoller gewesen. Ich bin keine Juristin, aber ich weiß, dass ich als Privatperson, wenn ich widerrechtlich etwas mache oder Gesetze und Verordnungen nicht

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einhalte, mit Konsequenzen zu rechnen habe. Und ich weiß, dass mir Argumente wie: „es war eh nur für eine absehbare Zeit“ oder „ich halte das Gesetz nicht für sinnvoll“, nicht wirklich weiterhelfen würden. Und was für Konsequenzen hat das Ganze? Ich kann Ihnen die Antwort sagen, die wir vom Herrn Landeshauptmann auf diese Frage bekommen haben. Ich zitiere: „Mit Beendigung der Funktion als Verbandsobmann am 14.10.2014 ist die Buchführung durch den ehemaligen Verbandsobmann ab diesem Zeitpunkt rechtlich zulässig.“ Die Konsequenz ist also, dass jener ehemalige Verbandsobmann, der wissentlich, über Jahre rechtswidrig, die Buchhaltung gemacht hat, der dafür auch ein Honorar bekommen hat, das er, laut Kontrollabteilung, „wegen Befangenheit nicht annehmen hätte dürfen“, jetzt einfach so weitermacht. Im Ernst: keine Konsequenzen für ihn, keine Konsequenzen für einen Bürgermeister, der im Landtagsausschuss sagt, „man habe sich bewusst entschieden, gegen eine Verordnung beziehungsweise das Gemeindegesetz, das zu missachten“? Ich hätte heute eigentlich gerne die Gelegenheit genutzt und den Herrn Landeshauptmann gefragt, ob er denn nach wie vor zu seiner Antwort steht oder er das mittlerweile ein bisschen anders sieht? Scheinbar zieht er es aber vor, hier nicht Stellung zu beziehen. Ich stelle meine Fragen trotzdem. Ich glaube, es ist wichtig, zu sagen, was man den Menschen hier im Land mitgeben möchte. Die eine Möglichkeit ist: Es gibt zwar Gesetze und Verordnung, aber die VP-Politiker stehen darüber. Oder die zweite Möglichkeit ist: alle hier im Land haben sich gleich an die Gesetze zu halten. Ich bin sehr gespannt auf Ihre Antwort. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Frau Abgeordnete Scheffknecht. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Vizepräsident Hagen. LTVP Hagen: Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ja, der Bericht der Gebarungskontrolle über die Prüfung des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal, der hat wirklich hohe Wellen geschlagen, auch in der Öffentlichkeit. Und das ist natürlich nicht verwunderlich, hat diese Gebarungskontrolle doch gravierende Mängel festgestellt, etwa im Bezug auf das Gemeindegesetz, im Bezug auf die Nichtumsetzung von Beschlüssen der Verbandsversammlung, im Bezug auf Unterlassung von vertraglichen Vereinbarungen, der Buchhaltungsführung, im Bezug auf Direktvergaben ohne notwendige Ausschreibungen oder auch im Bezug auf die Kontrolle der Finanzgebarung. An Brisanz hat dieser Prüfbericht dann noch dazugewonnen, dass er lange Zeit eigentlich unter dem Deckel gehalten wurde und erst Monate später durch die Medien an die Öffentlichkeit kam, was zur Folge hatte, dass der Bericht dann natürlich auch im Kontrollausschuss behandelt werden konnte. Die diesbezüglichen Erklärungsversuche von Verbandsobmann Bürgermeister Natter im Kontrollausschuss waren – vorsichtig ausgedrückt – etwas holprig. Die Verschleppung der Behandlung des Prüfberichts in den zuständigen Gremien damit zu begründen, dass die – ich nehme an – durch ihn und den Geschäftsführer ausgearbeitete Stellungnahme in der Verbandsversammlung am 11.6.2015 noch zu intensiven Diskussionen geführt habe und er in seiner Gemeinde vor der Sommerpause noch wichtige und große Projekte abzuwickeln gehabt habe, ist vielleicht aus seiner Sicht nachvollziehbar, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die terminlichen Vorgaben nicht eingehalten wurden. In den Vorbemerkungen zum Prüfbericht heißt es – ich zitiere, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten: „Der Verbandsobmann hat den Bericht samt einer allfälligen Stellungnahme der Verbandsversammlung ohne unnötigen Aufschub, spätestens binnen zwei Monaten unter

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einem eigenen Tagesordnungspunkt zur Kenntnis zu bringen.“ – Zitat Ende. Das ist erst nach mehr als drei Monaten geschehen. Mit den Gemeindewahlen und der Neubestellung der Delegierten kann es auch nicht begründet werden, die Wahlen waren am 15. März, die Konstituierenden Sitzungen, unter Einbeziehung von Stichwahlen, spätestens Ende April. Man hat also sechs Wochen bis zur Verbandsversammlung am 11.6. verstreichen lassen. Also die Vermutung liegt nahe, dass die Brisanz dieses Prüfberichts den Verantwortlichen so viel Kopfzerbrechen bereitet hat, dass man einfach ‚auf Zeit gespielt‘ hat, um die notwendigen Erklärungsversuche zu formulieren. Meine Damen und Herren! Was mich sehr stark verwundert hat, ist die Tatsache, dass Landesrat Rauch, zuständig für den ÖPNV, den Prüfbericht erst am Tag der Verbandsversammlung, am 11.6., erhalten hat und überhaupt erst einige Tage davor über die Existenz dieses Prüfberichts vom Geschäftsführer des Vorarlberger Verkehrsverbundes in Kenntnis gesetzt wurde. Von außen betrachtet lässt diese Vorgangsweise tief blicken was die Zusammenarbeit in der schwarz-grünen Regierung anbelangt. Und es stellt sich mir auch die Frage, warum der Geschäftsführer des VVV erst am 3.6.2015 seinen Landesrat über die Existenz des Prüfberichts informiert hat? Hat er auch nicht gewusst, dass der Gemeindeverband Personennahverkehr Unteres Rheintal geprüft wurde? Wenn ja, dann wundere ich mich nochmals über die interne Informationspolitik in dieser Angelegenheit. Meine Damen und Herren! Dieser Prüfbericht zeigt eigentlich auf, mit welcher Sorglosigkeit und „Laschheit“ man in den verschiedenen Gremien des Gemeindeverbandes Personennahverkehr Unteres Rheintal vorgegangen ist und dadurch die Position des Geschäftsführers – bewusst oder unbewusst – gestärkt hat. Da wurden zum Beispiel Beschlüsse von Gemeindevertretungen im Gemeindeverband einfach nicht umgesetzt. Man muss sich das vorstellen: Da sitzen im Gemeindeverband Vertreter – also Bürgermeister, Gemeinderäte, Gemeindevertreter, Mitglieder der Mitgliedsgemeinden – und schauen nicht dazu, dass die Beschlüsse aus ihren Gemeindevertretungen im Gemeindeverband umgesetzt werden. Ja bitte, was ist denn das? Ein Versäumnis, eine bewusste Negierung dieser Beschlüsse! Ich kann das nicht nachvollziehen. Mit dem Geschäftsführer gibt es bis heute keine schriftliche Vereinbarung über seine Rechte und Pflichten. Der Verbandsversammlung ist das offenbar nicht aufgefallen. Man kann unterstellen, dass Herr Winkler schalten und walten konnte, wie er wollte. Es wird auch niemandem der Delegierten wirklich aufgefallen sein, dass dieser sich plötzlich eines Zuschlags zu einem Honorar erfreuen durfte. Die Kontrollabteilung spricht von einer „faktischen Erhöhung von 62,81 Prozent“. Beschluss darüber gab es jedenfalls nicht! Die Delegierten zur Verbandsversammlung am 11.6.2015 stellten zu diesem Punkt fest, dass „die Leistungen des Geschäftsführers unbestritten sind und auch nicht die Höhe des Honorars“ und, dass „diese Abrechnungsweise für den Verband sehr kostenschonend war“. Na ja, Tatsache ist, dass dieser Punkt in der Verbandsversammlung sehr intensiv – um es vorsichtig auszudrücken – diskutiert wurde und man sich schlussendlich dann doch zu einer gemeinsamen Stellungnahme durchgerungen hat, offenbar nicht zur Freude aller. Zu meiner Meinung, dass der Geschäftsführer schalten und walten konnte, wie er wollte, passt auch die Vergabepraxis, die in einzelnen Bereichen gegen das Bundes-Vergabegesetz verstoßen hat, etwa, wenn mit der Gestaltung der Fahrpläne und Folder eine einzige Firme mittels jährlicher Direktvergabe beauftragt wurde. Und in den Rechnungsabschlüssen von 2009 bis 2014 ist mir die Position „Entgelte für sonstige Leistungen an Firmen“ aufgefallen, die sich jährlich zwischen € 40.000,-- und € 65.000,-- bewegen. Gab es auch hier Firmen, denen jährliche Direktvergaben zugesprochen

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wurden, etwa im Bereich der Angebotsplanung, was sowieso zu hinterfragen wäre, um eine Doppelgleisigkeit mit dem VVV aufzuzeigen? Meine Damen und Herren! Im Prüfbericht aus dem Jahr 2011 stellt der Landes-Rechnungshof fest, dass der von der VVV-GesmbH eingeschlagene Weg der Konsensorientierung wesentlich dazu beigetragen hat, die Qualität des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs in Vorarlberg weiterzuentwickeln. Allerdings, und das hat auch ein einstimmiger Landtagsbeschluss 2010 gezeigt, dass wesentliche Ziele, trotz kontinuierlicher und intensiver Bemühungen der VVV GmbH nicht erreicht werden konnten – damals nicht und auch heute nicht. Und der Evaluierungsbericht zeigt ja, dass wesentliche Anregungen des Rechnungshofs bis heute nicht umgesetzt sind: Zentrale Bestellung von Verkehrsdienstleistungen durch den VVV – nicht umgesetzt! Kernteams zur Angebotsplanung/-bildung – nicht umgesetzt! Abrechnungs- und Finanzierungsabwicklung vereinfachen – nicht umgesetzt! Grundvertrag des Landes, mit klarem Auftrag an den VVV formulieren – nicht umgesetzt! Und dass diese Versäumnisse die Unregelmäßigkeiten beim Personennahverkehr Unteres Rheintal begünstigt haben, das pfeifen die Experten von den Dächern und VVV-Geschäftsführer Hillbrand meint dazu: Was im Prüfbericht der Kontrollabteilung stehe sei nichts anders als ein ‚Symptom des ganzen Systems‘. Der Kontrollausschuss hat gezeigt, dass es in der Regierung zwischen Landeshauptmann und Landesstatthalter einerseits und Landesrat Rauch andererseits unterschiedliche Auffassungen in der zukünftigen Ausrichtung des ÖPNV gibt, speziell in der Frage der Planungskompetenz, die Landesstatthalter Rüdisser bei den Gemeinden belassen will, während Landesrat Rauch die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten beim Verkehrsverbund gebündelt haben will und dem VVV entsprechende Steuerungs- und Durchgriffsmöglichkeiten geben will, um dringend notwendige Veränderungen im öffentlichen Personennahverkehr durchzuführen, um diese Veränderungen durchführen zu können. Da sind wir Freiheitlichen mit Ihnen einer Meinung und hoffen sehr, dass es sich diesbezüglich innerhalb der Regierung einmal, dass Sie sich durchsetzen. Und es muss Ihnen, Herr Landesrat, nicht peinlich sein, wenn Sie von freiheitlicher Seite diesbezüglich Unterstützung bekommen. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Vizepräsident. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Steinhofer. Steinhofer: Geschätzter Herr Präsident, Hoher Landtag! Die Marktgemeinde Lustenau zahlt etwa eine Million Euro – etwas mehr – in diesen Gemeindeverband ein. Es liegt also auch in meinem Interesse, dass die Gelder ordnungsgemäß verwendet werden. Und ich stehe auch nicht hier, um irgendwelches Unrecht zu verteidigen. Aber man muss die Ergebnisse dieses Prüfberichtes doch etwas relativieren und diesen krampfhaften Drang einiger Personen dieses Haues, in den meisten Fällen leider nur ‚vermeintliche Skandale aufzudecken‘, etwas bremsen und etwas Objektivität in diese Sache hineinbringen. Ich habe diesen Prüfbericht der Gebarungskontrolle im Juni gelesen. Hier noch als kleine Nachhilfe: Prüfungsberichte der Gebarungskontrolle sind im Gegensatz zu Prüfberichten des Rechnungshofes nicht zu veröffentlichen. Es ist also hier einfach der gängigen Praxis Folge geleistet worden. Und ich habe dabei weder Spannung erlebt, noch Humor, noch irgendwas anderes. Gewisse Dinge waren zu hinterfragen – die haben wir auch hinterfragt und haben dann unsere Schlüsse daraus gezogen.

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Zu den Fristen: Jetzt sagt uns die Kollegin Scheffknecht tagein-tagaus, dass sie aus der Wirtschaft stamme und weiß daher auch, wie Prüfungen von internen Revisionen in privaten Unternehmen ablaufen. Auch bei meinem Arbeitgeber wird der Aufsichtsrat – jetzt werden natürlich die Kollegen Einwallner und Kinz erschrecken – nicht über Abschlussbesprechungen oder Zwischengespräche bei Prüfungen von internen Revisionen unterrichtet, sondern der Abschlussbericht der internen Revision wird dann dem Aufsichtsrat vorgelegt. Das ist am 4. März 2015 dann auch erfolgt. Und dann muss ich dem Kollegen Ernst Hagen widersprechen, der behauptet, dass aufgrund der Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen Ende April bereits alle Sitzungen und alle Entsendungen von Vertretern etwa in diesem Gemeindeverband abgeschlossen waren. Das ist nicht der Fall! Am 12.5. wurde zum Beispiel erst in Kennelbach die Entsendung eines Vertreters in die Verbandsversammlung des Gemeindeverbandes beschlossen, am 12.5.; und am 19.5. wäre dann die ursprüngliche Verbandsversammlung angesetzt gewesen. Es war also richtig, dass der Gemeindeverband am 17.4. ein Ansuchen um Verlängerung der Frist gestellt hat und dann am 11.6., nachdem wirklich alle Delegierten bestellt waren, die Verbandsversammlung durchgeführt hat. Zum Prüfbericht im Detail: Betrachtet man die Empfehlungen der Gebarungskontrolle, so kann man im überwiegenden Teil der Empfehlungen doch feststellen, dass es Formmängel waren, die keinen unmittelbaren Schaden verursacht haben. Dass die Gebarungskontrolle etwa auf den Statuten aus dem Jahre 1992 aufbaut und nicht auf den von allen 20 Mitgliedsgemeinden und –Städten beschlossenen Statuten aus dem Jahre 2003 aufbaut, bringt etliche Formalfehler zu Tage, die bei Rechtsgültigkeit der neueren Statuten nicht aufgetreten wären. Die zugesagte Ausarbeitung der neuen Statuten im kommenden Jahr wird dem sowieso Abhilfe schaffen. Daneben hätte zum Beispiel auch die genaue Einhaltung von Wahlvorschriften gemäß Gemeindeverbandsverordnung, nämlich „einzeln durch Stimmzettel“ anstelle von „gesamt und mündlich“, das einstimmige Ergebnis höchstwahrscheinlich nicht verändert. Die laut Gebarungskontrolle nach Einrichtung eines entsprechenden Prüfungsausschusses aus Kostengründen zu überdenkende Prüfung durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer wünschen sich nicht nur die NEOS in ihrer Anfrage, sondern wird sogar von der Verbandsversammlung weiterhin gewünscht. Und die aus Sparsamkeits- und Effizienzgründen durch den ehemaligen Obmann erledigte Buchführung wurde durch den besagten Wirtschaftsprüfer kontrolliert und steht damit allenfalls unter dem Lichte der Befangenheit. Dem Gemeindeverband ist daraus kein Schaden entstanden. Die Verbandsversammlung war stets ausdrücklich darüber informiert. Und heute ist, wie schon erwähnt wurde, dieser Sachverhalt längst saniert. Ebenso ist heute die Einhaltung der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung durch die Abgabe einiger Leermeldungen gewährleistet und auch der richtige Ausweis in der Kassa-Umsatzrechnung ergänzt, wobei der beanstandete Ausweis zweier Bankkonten nicht erfolgswirksam war. Und wenn man hier jetzt diesen Gremien eine ‚gewisse Sorglosigkeit‘ unterstellt, dann muss man schon auch erwähnen, dass zum Beispiel in Lustenau bis 2010 ein blauer Bürgermeister offenbar ‚sorglos‘ gewesen ist. Und der Hans Dieter Grabher wird sich über den Vorwurf von Ernst Hagen dann sicher freuen. Ich glaube, dass auch die Strukturdiskussion hier im Technologiebereich zu führen ist, aber was die grundsätzliche Struktur anbelangt sind wir bislang damit gut gefahren. Und ich glaube damit, dass dieser Prüfbericht schon längst ad acta gelegt werden könnte und bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Dankeschön. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Einwallner.

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Ing. Einwallner: Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Eingangs muss man ganz kurz feststellen, dass es natürlich auch zeigt, wie sehr der Herr Landeshauptmann das Parlament wertschätzt, wenn er bei einer Anfrage, die dringlich gemacht wird, nicht einmal im Haus anwesend ist und an der Debatte teilnimmt. Meine Damen und Herren! Ich denke, dieser Prüfbericht zeigt ganz klar auf, dass es eklatante Mängel gegeben hat und gibt, und das sehen alle Fraktionen so, mit Ausnahme der VP, mit Ausnahme der VP. Denn, der Herr Steinhofer stellt sich heute noch da her – ich bin mir zwar nicht sicher, in welcher Funktion Du heute da gestanden bist, weil Du gesagt hast: „Die Sorgen als Gemeindevertreter, die Du in Lustenau hast, die teilst Du und da bist Du natürlich schon sehr besorgt.“ Du bist als Abgeordneter dieses Landtags hier und da geht es ja nicht nur um Lustenau, lieber Kollege Steinhofer! Aber wenn man dann sagt, „eigentlich könnte man das schon ad acta legen“. Ja, das wäre genau die Vorgangsweise der VP gewesen. Denn, man hätte ihn ja eh in der Schublade gelassen am liebsten, den Bericht. Man hätte ihn ja eh am liebsten gar nie in die Öffentlichkeit gebracht. Wenn es nicht eine Veröffentlichung gegeben hätte, dann würden wir hier gar nicht diskutieren über diese Mängel, die es gibt. Denn eines zeigt dieser Bericht klar auf, und ganz klar: Die interne Kontrolle hat überhaupt nicht funktioniert – hat überhaupt nicht funktioniert! Die vorhandenen Strukturen haben gar nicht oder viel zu spät reagiert. Das hat sogar der Obmann Natter zugegeben im Ausschuss. In diesem Bericht, das wär‘, am liebsten wäre die Vorgangsweise gewesen: ‚Hm, jetzt haben wir einen Bericht; den legen wir einmal kurz weg und wursteln so weiter‘. Das ist das VP-Prinzip, das Sie fortsetzen wollten. Und ich bin froh, dass dieser Bericht öffentlich ist, denn er zeigt, dass die VP-Bürgermeister im Gemeindeverband Unteres Rheintal kläglich versagt haben in diesem Gremium und alles getan haben, dass die Missstände nach der Gemeindewahl, meine Damen und Herren, „nach der Gemeindewahl“ öffentlich werden. Und das ist belegt (Zwischenruf KO Mag. Frühstück: Warst Du bei dem Ausschuss, oder was?), ist belegt in der Anfragebeantwortung. Dann lesen Sie die Anfragebeantwortung, Herr Klubobmann, dann lesen Sie die Anfragebeantwortung! Da legt man dem Landeshauptmann am 19.2. diesen Bericht vor. Die Vorgangsweise ist folgende: Jetzt kann schon sein, dass der Herr Rüdisser den Bericht wahrscheinlich auch am 19.2. gehabt hat. Der zuständige Landesrat Rauch hat ihn einmal vier Monate später kriegt, aber nicht einmal direkt vom Landeshauptmann, sondern er hat ein Glück gehabt, ein Glück hat er gehabt, dass ihm der Obmann des Verkehrsverbandes oder der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes den Bericht gegeben hat. Also das zeigt, wie diese Regierungsarbeit funktioniert. Dass man einmal in der VP einiges schubladisiert und den grünen Landesrat ins Leere laufen lässt. (Zwischenrufe) – Ja, wie arm die Rolle der grünen Landesrätin und des Landesrates ist, werden wir am Nachmittag noch diskutieren, Frau Wiesflecker, wenn es um die Sozial-Card geht. Aber jetzt sage ich, jetzt kann man natürlich auch sagen, da waren ja nicht nur ÖVPler drinnen in diesen Verbandsvorständen, das stimmt schon. (Zwischenruf KO Mag. Frühstück: …, ja, jetzt ist aber…!) – Ja natürlich. Ja, es war natürlich der grüne Vizebürgermeister Kiermayr in diesem Gremium und er hat erzählt, in welcher Kultur dort umgegangen wird mit Fehlentwicklungen. Der sagt: ‚Ja, man hat’s besprochen; ich habe Fehlentwicklungen angesprochen; dann wurde aber nicht abgestimmt; man hat nie Abstimmungen eingefordert.‘ Also, das ist natürlich auch keine Kontrollrolle, die da wahrgenommen wird. Wenn ich in so einem Gremium bin, dann muss ich entweder Abstimmungen einfordern. Wenn dann abgestimmt wurde, dann war er plötzlich wieder dabei und hat mitgestimmt.

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Also auch Kiermayr war dort offenbar ein Feigenblatt. Dieser Bericht zeigt weiters auf, dass man unter Freunden ganz großzügig ist wenn es um Lohnerhöhungen und Zuschläge geht. Da bekommt – der Herr Vizepräsident hat’s angekündigt, er hat’s schon gesagt –, da bekommt ein Geschäftsführer einen Zuschlag, eine Erhöhung eines Vielfachen eines Monatsgehaltes einer Handelsangestellten, und man macht nicht einmal einen Beschluss darüber. So lapidar geht man mit diesen um. Also neben diesen Gehaltserhöhungen für den Geschäftsführer müsste man natürlich auch die Mehrfachfunktionen und die Verflechtungen hinterfragen. Das kann man jetzt noch, könnte man noch groß thematisieren, aber ich denke, die Pensionierung vom Herrn Winkler steht bevor und das macht relativ wenig Sinn, sich hier noch groß auszubreiten. All das wurde abgenickt. Und der Herr Landesstatthalter hat im Ausschuss gesagt: Ja, aber „kein Steuergeld, kein Steuergeld verschwendet“. – Ich begrüße den Herrn Landeshauptmann. Danke, dass Sie da sind – schön, freut mich, dass Sie mir immer aufmerksam zuhören. All das wurde abgenickt. Und der Herr Landesstatthalter hat gesagt: „aber kein Steuergeld verschwendet“. Kein Steuergeld verschwendet! Also jetzt kann man natürlich attestieren, dass nichts veruntreut wurde – ja –, aber ob kein Steuergeld verschwendet wurde, ob es nicht eine effizientere und bessere Struktur gibt, dafür (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: Ja, jetzt stellen ….!), dafür würde ich die Hand hier nicht ins Feuer legen. Die Frage ist, welche Konsequenzen aus solchen Berichten gezogen werden. Und ich denke, man muss weggehen von diesen kleinen Strukturen. Denn im Ausschuss wurde ja diskutiert: Sind dann noch die Gemeinden dabei? Leisten die Gemeinden dann noch ihren Beitrag, wenn sie nicht direkt in diesen Planungsprozess, in diesen kleinräumigen Strukturen eingebunden sind? Ich glaube, ja. Ich glaube, ja, dass das auch anders funktionieren kann. Ich glaube und bin auch überzeugt, dass wir den Bogen größer spannen müssen und dass wir das landesweit planen müssen. Und auch da unterstütze ich, wenn ich den Herrn Landesrat Rauch im Ausschuss richtig interpretiert habe, seinen Weg. Und er kann auch mit der Unterstützung der Sozialdemokratie rechnen, wenn es darum geht, dass man Strukturen aufbaut, die klarer, besser kontrollierbar und besser planbar sind. Sonst muss man der Landesregierung leider attestieren, dass der Landesstatthalter durch „Nicht-reagieren“ bis Oktober 2014 aufgefallen ist in diesem Thema. (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: Da war ja die Prüfung …!), bis Oktober 2014, der zuständige Landesstatthalter auf diese Strukturen nicht reagiert hat; akzeptiert hat, wie es läuft. Und der Herr Landesrat Rauch bis dato leider nur beobachtet hat und noch nicht in die Rolle gekommen ist, dass er ins Handeln kommt. Ich hoffe, das wird in den nächsten Monaten passieren. Dankeschön! Während der Ausführungen des Abg. Ing. Einwallner übernimmt die LTVP Dr. Nußbaumer um 10.57 Uhr den Vorsitz. LTVP Dr. Nußbaumer: Danke. Die Frau Abgeordneten Pointner ist am Wort, danach der Abgeordnete Metzler. Mag. Pointner: Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, Hohes Haus! Zum Kollegen Steinhofer noch kurz: Fakt ist, dass die Frist nicht eingehalten wurde, warum auch immer. Und Fakt ist auch: Wenn Gesetze nicht eingehalten werden, dann ist das sicher kein Formalfehler.

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Ja: „eh nur heiße Luft“, so lautete der Kommentar einer Auskunftsperson vom Gemeindeverband Unteres Rheintal nach Abschluss des Kontrollausschusses in der letzten Woche und er meinte wohl, damit ist die Sache abgehakt, das Thema erledigt, der Deckel wieder drauf und wir machen einfach so weiter wie bisher. Aber nein, das Thema ist nicht abgehakt, so wie es sonst der Fall ist, wenn im Kontrollausschuss Themen unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt werden. Das Thema wird heute diskutiert, und zwar öffentlich und ausführlich, und es ist auch schön, dass der Herr Landeshauptmann wieder da ist, um zuzuhören. Es wurden bereits sehr wesentliche Problembereiche aufgezeigt. Ich möchte auf aus meiner Sicht zwei besonders fragwürdige Aspekte eingehen. Und zwar, erstens die Geschäftsführung und ihre Entlohnung als Auftraggeber und Auftragnehmer, und zweitens die Vergabe von Aufträgen an Dritte unter Missachtung des Vergabegesetzes. Zur Erinnerung noch einmal kurz die Fakten: Der Gemeindeverband hat ein Jahresbudget von immerhin 20 Millionen Euro und unterhält ein Busliniennetz von 330 Kilometern. Der finanzielle Abgang im Fahrbetrieb wird zu 60 Prozent vom Verband und zu 40 Prozent vom Vorarlberger Verkehrsverbund getragen. Allein 2013 – im Berichtszeitraum – mussten die betroffenen Gemeinden 7,75 Millionen aufbringen, also Steuergeld. Der Fahrbetrieb wurde über viele Jahre, bis Ende 2013 von der Firma Busoffice Winkler aus Dornbirn abgewickelt und das entsprechende Personal in Rechnung gestellt. Da der Verband im Jahr 2008 die Konzession für sämtliche Linien erhielt, war es notwendig, einen Betriebsleiter einzustellen. Diese Funktion wurde eben von Karl-Heinz Winkler, Busoffice-Chef Winkler, übernommen. Einen schriftlichen Vertrag – wir haben es schon gehört – die gegenseitigen Rechte und Pflichten betreffend gab es beziehungsweise gibt es nicht. Karl-Heinz Winkler verrechnete seine Leistungen für den Verband pauschal. Seit zumindest 2006 erhielt er neben seinem Honorar, das sich jährlich auf rund € 71.000,-- belief, Stand 2013, einen Zuschlag. Dieser Zuschlag namens „Verwaltungspauschale“ – das haben wir auch schon gehört – betrug zehn Prozent der gesamten Lohnsumme, die Winkler dem Verband für sein Personal in Rechnung stellte. Ja, ich nehme an, das war eine doch sehr lohnende Angelegenheit, denn allein für 2013 betrug dieser Zuschlag € 44.600,--. Bemessen am Grundhonorar – wir haben es auch schon gehört – waren das über 60 Prozent als Zuschlag. Und laut Prüfbericht gab es weder einen schriftlichen Vertrag, noch einen Beschluss der Verbandsversammlung, auch wurde das Honorar niemals auf seine Angemessenheit geprüft und es gab auch keine wirkliche Begründung dafür. In der Anfragebeantwortung finden wir wiederum eine Begründung. Hier heißt es, Herr Landeshauptmann, wörtlich: „Auch seien dem Geschäftsführer weder Kilometergeld noch Reisespesen abgegolten worden“, sozusagen als Begründung für diese über € 40.000,-- an Zuschlag. (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: Das Aufgabengebiet wurde vergrößert!) Und ich habe gesagt, unter anderem. Ja, das Aufgabengebiet hat sich vergrößert. Jedenfalls nachweislich nicht richtig ist aber, dass keine Spesen verrechnet wurden, denn laut Kontrollbericht, Seite 34 nachzulesen, wurden unter dem Budgetansatz „Sonstige Ausgaben“ auch die Spesen des Geschäftsführers, wie etwa Nächtigungskosten, verbucht. Beim Gemeindeverband hat also offensichtlich, vor allem auch der Geschäftsführer, jeder gemacht, was er gerade wollte. Einer, der zweifelsohne von dieser Vorgangsweise profitiert hat, ist Karl-Heinz Winkler, der sich über ein jährliches Honorar von über € 115.000,-- freuen durfte. Und ich sehe das anders als der Kollege Einwallner, dass es mit der baldigen Pensionierung des Herrn Winkler getan ist.

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Und das ist ja auch nicht das einzige Einkommen des Herrn Winkler, sondern es gibt offensichtlich auch noch einen Vertrag mit der Stadt Dornbirn – ich nehme an, der ist ebenso gut dotiert wie der mit dem Unteren Rheintal – für seine Tätigkeit beim Stadtbus Dornbirn. Interessanterweise hat Winkler noch weitere Ausgaben in recht beachtlicher Höhe an den Gemeindeverband weiterverrechnet. Konkret sind dies allein im Jahr 2013 neben den rund € 450.000,-- an Personalkosten für circa 11,5 Vollzeitäquivalente und den € 115.000,-- an Geschäftsführerhonorar noch knapp € 4.000,-- für Postdienste, über € 20.000,-- – ich wiederhole: über € 20.000,-- – für Telekommunikationsdienste. Ich frage mich, wer hier so viel telefoniert hat? Plus über € 37.000,-- für technische Ausstattung. (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: Bitte, für die Anschlusssicherung im Bus, gnädige Dame. ….Haupt-Telekommunikation…!) – Ja, okay, schön. Danke, Herr Landesstatthalter, Sie können sich gerne zu Wort melden. Und ich sage es noch einmal: All das geschah ohne schriftlichen Vertrag, ohne Kontrolle der Angemessenheit und großteils ohne gültige Beschlüsse. Aus meiner Sicht ein „echter Skandal“. (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: Ja, …!) Und jetzt noch zur Vergabe von Aufträgen an Dritte unter Missachtung des Vergabegesetzes. Auch hier wurde ganz nach dem Motto: „Wir wissen besser, was gut ist, und scheren uns einfach nicht um die Gesetze; wir vergeben Aufträge, wie wir sie wollen“. In dem Fall war eine Direktvergabe für die Fahrpläne und Folder in der Höhe von rund € 70.000,-- im Berichtszeitraum. Meine Damen und Herren, ich denke, das ist wahrlich keine ‚heiße Luft‘, das sind vielmehr Zustände, wie ich sie mir eigentlich nicht träumen habe lassen. Bis vor kurzem noch, bevor ich hier stand, habe ich immer geglaubt: ja, bei uns wird das alles ‚ghörig‘ gemacht, mit dem Geld wird wirklich sorgsam umgegangen. Aber offensichtlich ist das nicht so. Inzwischen musste ich lernen, dass der Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit leider allzu oft mit Füßen getreten wird und dass Gesetze gerade von denen, die sie eigentlich besser kennen müssten, missachtet werden. (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Frau Abgeordnete, die Zeit ist abgelaufen, bitte kommen Sie zum Schluss.) – Ah ja, jetzt wollte ich noch den Herrn Landeshauptmann fragen, weil er immer so groß ist mit großen Worten: „das dulde ich nicht in meinem Land“, wie er gedenkt, mit solchen Missständen umzugehen und welche Konsequenzen er daraus zieht? Aus der Anfragebeantwortung konnten wir das nicht wirklich entnehmen. Danke! Während der Ausführungen der Abg. Mag. Pointner übernimmt der LTP Mag. Sonderegger um 11.07 Uhr den Vorsitz. LTP Mag. Sonderegger: Danke, Frau Abgeordnete. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Metzler. Metzler: Geschätzter Herr Präsident, Hoher Landtag! Ein fahrlässiger Umgang mit Steuergeld, glaube ich, kann man aus dem Prüfbericht der Gebarungskontrolle nicht herauslesen. Wir haben es im Verkehrsverbund Unteres Rheintal grundsätzlich mit einer guten Struktur zu tun. Wir haben ein großes Gebiet abgedeckt mit sehr vielen Gemeinden. Wir haben mit der Stadt Dornbirn zusätzlich einen Partner in dieser Konstruktion, die es ermöglicht, gute Verknüpfungen herzustellen. Aber auch dieser große Verband zeigt, dass es an den Rändern Probleme gibt.

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„Eklatante Mängel“, wie der Herr Einwallner das dargestellt hat, kann man in dieser Gebarungskontrolle auch nicht feststellen. Es waren sicher Sachen dabei, die nicht ordentlich gemacht wurden, auf die nicht geachtet wurde. Aber als einer, der im ÖPNV tätig ist in einem solchen Verband als Gemeindevertreter, stelle ich einfach fest, dass dieser Austausch zwischen Gemeindevertretern und diesen Verbänden grundsätzlich nicht einfach ist. Es gibt wenige Personen in den Gemeinden, die sich der Thematik annehmen. Auch Sie, Herr Einwallner, hätten sich – Sie sind auch in einer Gemeinde engagiert – in dieser Sache vielleicht einmal früher einbringen können, wenn Sie auch von so vielen offenbar Ungereimtheiten gehört haben. (Zwischenrufe – Ing. Einwallner – LSth. Mag. Rüdisser) – Sie waren’s, Sie waren es! Und hier möchte ich einfach auf diesen Aspekt hinweisen, dass einmal das Thema Gemeindeautonomie hier stark in das Thema hineinspielt, aber andererseits auch dieser Austausch zwischen den Gemeindeverbänden, und hier ist Verbesserungsbedarf. Und das lese ich aus dieser Gebarungskontrolle heraus, dass hier dieser Austausch, auch die Information der Gemeindevertretungen, nicht wirklich funktioniert. Und wenn dann ein Verband – und das, glaube ich, behaupten zu können – und da, wenn man einen Benchmark macht mit den Zahlen, wie viel pro Einwohner und so weiter, grundsätzlich gut funktioniert, und das kann man dem Unteren Rheintal sehr wohl zusprechen, dann ist es auch noch so, dass genau diese Gremien, diese Kontrolle teilweise versagt. Hier haben wir Verbesserungsbedarf. Und das ist aber nicht die Ebene wahrscheinlich der Landesregierung, sondern die eine Ebene, dass wir mit dieser Gemeindeautonomie besser umgehen lernen – sprich: die Gemeinden. Und dann gibt es sehr wohl Verbesserungsbedarf. Dass der Verkehrsverbund, der Landesverkehrsverbund im Prinzip nur Zuschauerrolle bei diesen Verbänden hat, das ist ein grundsätzliches Problem. Im Prinzip laufen die Gespräche informell. Und wenn dann keine Einigung erzielt wird, dann sitzt der Kollege vom Verkehrsverbund in der Mitgliederversammlung, kann eine Faust machen, aber die Umsetzung dieser Anliegen, die wir hier hätten, die erfolgt nicht. Und hier ist sicher die Aufgabe fürs Land, jetzt ein neuer Landesrat, diese Anregungen, die gemacht wurden schon in den Rechnungshofberichten im Vorfeld, dazu zu schauen, dass diese umgesetzt werden. Und hier muss man natürlich einen Dialog mit den Gemeinden führen. Das wird nicht einfach sein. Und der Herr Landeshauptmann sieht das auch ein bisschen anders oder „a klä“ problematischer. Aber wenn man in das Walgau hinein sieht und da sieben oder sechs Verkehrsverbünde hat, mit entsprechenden Strukturen dahinter, dann ist Bedarf da, hier Verbesserungen herbeizuführen. Und es gibt Vorzeigebeispiele (Zwischenruf), es gibt Vorzeigebeispiele im Land, wie so eine Struktur gut geführt werden kann, auch im Einvernehmen mit dem Vorarlberger Verkehrsverbund. Und ich lese aus dieser (Zwischenruf KO Mag. Frühstück: Zum Rheintal ….!), und ich lese aus dieser Gebarungskontrolle das heraus, dass wir erstens diese Anregungen, die schon 2011 vom Rechnungshof gemacht wurden, endlich wirklich angehen müssen und hier Überzeugungsarbeit bei den Gemeinden und Bürgermeistern zu leisten haben. Und zweitens, dass die Kontrolle und der Austausch zwischen den entsprechenden Verbänden und der Gemeinde verbessert wird. LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Abgeordneter Metzler. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Steinhofer. Steinhofer: Geschätzter Herr Präsident, Herr Landeshauptmann, Hoher Landtag! Zu den Fristen noch einmal, und ich komme noch einmal mit Lustenau, weil das nun einmal eine Mitgliedsgemeinde des Gemeindeverbandes ist. Wir haben im Gemeindevorstand diese

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Thematik im Juni besprochen (Zwischenruf Mag. Tomaselli: Gemeindevertretung …) – ja, aber in diesem Augenblick hatte die FPÖ Kenntnis davon, hatten die Grünen Kenntnis davon; die SPÖ ist Gott sei Dank noch nicht so stark, dass sie im Gemeindevorstand sitzt, und die NEOS werden hoffentlich nie drinnen sitzen. (Heiterkeit) Jedenfalls haben sie zwei Monate gebraucht, um hier einen Skandal zu finden, den sie jetzt viel zu spät ausbreiten. Zum Lohnzuschlag noch: Wir haben (Zwischenruf) – Ja, Gott sei Dank, das hätte ich keine Sekunde länger ausgehalten bei Ihnen. Jene, die jetzt gerade vorher bei der 15a-Vereinbarung mitgestimmt haben, und das war meines Erachtens einstimmig, die haben einer ähnlichen Vereinbarung wie dieser Lohnzuschlag vorher, einer ähnlichen Vereinbarung zugestimmt. Da heißt es nämlich, dass eine Büropauschale für Aufwendungen für die Büroinfrastruktur und die interne Administration für den Dienstleister, der die erforderlichen Personalleistungen dann in diesem neu zu gründenden Verein erbringt, festgelegt wird. Und das haben Sie unkommentiert zur Kenntnis genommen, sozusagen, um im Jargon der NEOS zu bleiben, haben Sie also Ihre Kontrollfunktion als Abgeordnete sträflich vernachlässigt. Und Herr Einwallner, Sie haben eine wunderbare Show abgezogen. Eines Tages können Sie sicher eine Karriere als Kabarettist anstreben. Aber erstens waren die zuständigen Mitglieder der Landesregierung anwesend und der Landeshauptmann hat ja vorher schon auch betont, dass Ihr Redebeitrag auch draußen an den Monitoren nicht überhörbar war. Also ich bleibe dabei, hier wurden Missstände entdeckt. 23 der 24 Empfehlungen wurden umgesetzt – das ist auch der Sinn des Prüfberichtes und das wurde gemacht. Und jetzt wird hier künstlich ein Skandal verbreitet. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Abgeordneter Steinhofer. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Landesrat Rauch. LR Rauch: Herr Präsident, Hoher Landtag! Also ich finde, man muss die Dinge natürlich ernst nehmen und von Kabarett würde ich nicht sprechen. Aber gleichzeitig, Frau Kollegin Pointner, bei aller Wertschätzung für die wirklich gute Oppositionsarbeit, die Sie machen zu zweit, muss ich eines schon zurückweisen: wenn Sie hier sagen, „es sind die Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit nicht eingehalten worden“. Wenn Sie sich den österreichweiten Vergleich anschauen, was die Pro-Kopf-Kosten für den öffentlichen Verkehr, Einsatz der Steuermittel, bei Betrachtung der Kilometerleistung und des Angebotes und der Qualität angeht, dann werden Sie einfach feststellen, dass wir in Vorarlberg nach Wien den besten öffentlichen Verkehr haben, aber den weitaus günstiger organisierten. Also da kann man einfach den Gemeinden nicht vorwerfen und dem Land nicht vorwerfen, dass mit den Geldern nicht ordentlich umgegangen wird. Das heißt aber trotzdem, dass in meinen Augen die Konsequenzen aus dem Kontrollbericht und aus dem Prüfbericht des Landes-Rechnungshofs klar sind. Die Konsequenzen aus dem Kontrollbericht sind für mich – und das ist klar – die vollständige Umsetzung der in diesem Bericht getroffenen Empfehlungen. Die Statuten gehören bereinigt – das ist auf Schiene. Die gemachten Anregungen, Anforderungen sind umzusetzen, die Beschlüsse sind zu fassen, und es ist natürlich außer Zweifel zu stellen, dass die Gesetze, wie Sie sie in Zweifel gezogen haben, auch von den Gemeindeverbänden und Personennahverkehrsverbänden einzuhalten sind – keine Frage.

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Zweiter Punkt: Strukturen und Finanzierung und Organisation. Das ist eine gewachsene Struktur, die einigermaßen kompliziert ist und die sicher in ihrer Komplexität – der Christoph Metzler hat es angesprochen – schwer durchschaubar ist, einfach deshalb, weil wir eine Vielzahl von eigenständigen Gemeindeverbänden haben, wo der Verkehrsverbund zwar als Gast, nämlich in Person des Christian Hillbrand drinnen sitzen kann, aber kein Stimmrecht hat und schon gar keine Kontrollfunktion hat. Das heißt, es ist die Aufgabe oder wäre die Aufgabe der dort vertretenen Gemeindemandatarinnen und -mandatare, die Kontrollfunktion, die Steuerungsfunktion wahrzunehmen, bei gleichzeitiger Bedachtnahme darauf, dass die Verkehrsverbünde sich untereinander abstimmen. Jetzt sind aber die Finanzierungsstruktur und die Abrechnungsmodalitäten in diesen Verkehrsverbünden so komplex, dass ich behaupte, das ist für viele gar nicht durchschaubar. Haltestellenpunkte, Kilometerleistungen, Gegenverrechnungen mit dem Verkehrsverbund, die Vernetzung der Fahrpläne, die Abrechnung von Dienstleistungen, die vom Bund erbracht werden, Grunddienstleistungen auf der ÖBB, et cetera, et cetera – ich erspare Ihnen das. Da für eine Vereinfachung zu sorgen wird die Aufgabe der Zukunft sein. Und ich habe den Geschäftsführer des Verkehrsverbundes beauftragt, dazu ein Konzept auszuarbeiten und habe auch im Ausschuss angekündigt, sobald dieses vorliegt, dies mit allen Verkehrssprechern der Fraktionen zu diskutieren. Und da wird man auch die Gemeindeverbände und die Gemeinden miteinbeziehen müssen. Weil es wird halt nicht gehen, dass wir im Landtag hübsch etwas beschließen und der Gemeindeverband oder die Gemeinden diese Beschlüsse alle auch fassen müssen, die sagen, „das machen wir nicht“. Also da wird es notwendigerweise einen Aushandlungsprozess auch mit den Gemeinden geben müssen. Aber die Signale, die ich habe, zum Beispiel aus dem Walgau, sind durchaus die, dass auch von Seiten der Gemeinden und von Seiten der Bürgermeister die Bereitschaft besteht, da in diese Richtung den Verkehrsverbund und die Verkehrsverbünde weiterzuentwickeln. Wir brauchen größere Planungsregionen. Wir brauchen die Lösung der Schnittstellenproblematik auch zu den Randregionen. Und wir brauchen eine Transparenz auch im Bestellwesen und im Abrechnungssystem. Es ist schon kompliziert genug, Schiene und Bus auf die Reihe zu bekommen. Die Verhandlungen mit ÖBB und BMVIT in dieser Frage erspare ich Ihnen jetzt. Aber innerhalb des Landes, wo wir die Handlungsmöglichkeiten haben, größere Einheiten zu schaffen, ist das sicher vernünftig. Wir sind ja im Busbereich im Übrigen gezwungen, die Dienstleistungen, die erbracht werden, auszuschreiben. Und es ist keine triviale Aufgabe – das kann ich Ihnen sagen –, diese Ausschreibungen so hinzubekommen, dass nicht irgendein Anbieter aus Deutschland, der meint, einmal billig hineinhüpfen zu können für ein paar Jahre, zum Zug kommen muss und die regionalen Anbieter dann alle außen vor sind und die Aufträge nicht mehr bekommen. Da hängen Arbeitsplätze dran und es ist schon auch unser Job, darauf zu schauen, die Dienstleistung im Land zu lassen und die Erbringung des Angebotes durch die Landesanbieter sicherzustellen. Darum bemühen wir uns. Meine Zusage steht: sobald ein Konzept vorliegt, werde ich dazu einladen, das zu diskutieren. Und meine Absicht ist es, das im nächsten Jahr auch umzusetzen. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Landesrat. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Abgeordnete Gantner. Gantner: Sehr geehrter Herr Präsident, Hoher Landtag! Der Kollege Daniel Steinhofer ist sehr gut und detailliert bereits auf den Prüfbericht eingegangen. Es freut mich, dass er auch

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inhaltlich klargestellt hat, welch wichtige Arbeit in diesem Gemeindeverband geleistet wird, mit welch schlanker Struktur diese gemacht wird und auf welch hohem Standard wir uns gerade im öffentlichen Personennahverkehr bewegen. Ich möchte deshalb nur auf einen speziellen Punkt eingehen, nämlich die Strukturen beziehungsweise die zukünftigen Strukturen. Ich warne davor, hier ‚das Kind mit dem Bade auszuschütten‘ und es gleich zur Sicherheit mit dem zentralistischen Handtuch einzuwickeln. Gerade im ÖPNV ist es wichtig, die Strukturen und die Zusammenhänge vor Ort detailliert zu kennen, die Bedürfnisse der Menschen zu wissen und auf regionale Besonderheiten einzugehen und diese zu berücksichtigen. Nur so ist es gewährleistet, dass dieses System auch langfristig von den Gemeinden mitfinanziert wird, dass dieses System auch bedarfsorientiert funktioniert und dass die Erfolgsgeschichte des ÖPNV in dieser Form weitergeht. Ja deshalb dazu, Synergien zu nutzen, auch – da gebe ich dem Kollegen Metzler recht –, den einen oder anderen kleinen Gemeindeverband zusammenzulegen. Aber Nein zu einer generellen und landesweiten Organisation. Der ÖPNV, der öffentliche Personennahverkehr, soll seinem Namen auch weiterhin gerecht bleiben, nicht nur den öffentlichen Nahverkehr zu regeln, sondern auch weiterhin in der Planung nah bei den Menschen zu sein. LTP Mag. Sonderegge: Danke, Herr Abgeordneter Gantner. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Herr Landesstatthalter. LSth. Mag. Rüdisser: Herr Landtagspräsident, Herr Landeshauptmann, Hohes Haus! Ich habe zwar nicht viel Zeit zu einem umfassenden Thema, aber ein paar Bemerkungen seien mir gestattet. Erstens bedanke ich mich bei der Abteilung Gebarungskontrolle für eine ordentliche Prüfung und eine Aufarbeitung der Situation wie sie ist. Dort wo Missstände festgestellt worden sind, sind sie zu beseitigen. – Punkt, nicht mehr und nicht weniger! Kollegin Pointner, Kollegin Scheffknecht, auch Kollege Einwallner, Sie haben ja eine relativ kurze Karriere in diesem Haus. Wenn Sie Ihr ganzes politisches Leben immer so harmlose Berichte vorgelegt bekommen, dann kann ich Ihnen gratulieren, dann sind Sie gut drauf. Erstens muss ich sagen, ich möchte wiederholen und auf die ausgezeichnete Position des öffentlichen Verkehrs verweisen: Vorarlberg ist eine internationale Benchmark, internationale Benchmark im Bezug auf die Tarife, internationale Benchmark im Bezug auf die Angebotsgestaltung und internationale Benchmark im Bezug auf die Qualität. Wir haben dem Kollegen Rauch ein ‚wohl bestelltes Haus‘ übergeben, nicht ohne Probleme, aber in einem hervorragenden Zustand. Und er macht mit großem Engagement weiter und ich unterstütze ihn dabei. Ich war vor zwei Tagen auf der Insel Mainau auf einem Verkehrssymposium. Da hat mit großer Inbrunst der Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg verkündet: Er nimmt sich zum Ziel, im gesamten Baden-Württemberg Ein-Stunden-Takte zu realisieren. – Sie, da kann ich mich genüsslich zurücklehnen. Schoppernau, Langenegg, Doren, Dalaas haben nicht einen Stunden-Takt, sondern teilweise einen Halbstunden-Takt. Und der Grund, warum wir diese Qualität des Angebotes haben, ist, dass sich die Gemeinden engagieren und dass sie mitmachen. Wissen Sie, man muss in diesem Haus hin und wieder schon einen sehr guten Humor haben, damit man nicht trübsinnig wird. Wir reden immer wieder, wie wichtig es ist, dass Gemeinden sich zusammenschließen und Gemeindegrenzen überschreitend zusammenarbeiten. Gerade im Bereich des öffentlichen Verkehrs haben wir ein

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Paradebeispiel, wo drei Gemeindeverbände – Unteres Rheintal oder Unterland, Oberland und Bregenzerwald, 60 Gemeinden – an einem Strang ziehen. Sie zeigen mir das irgendwo in einer Region! Jetzt bin ich einer Meinung mit dem Kollegen Rauch, da gibt es einen gewissen Korrektur- oder vielleicht einen Effizienzsteigerungsbedarf. Man kann darüber reden, ob der Walgau, das Brandnertal, das Große Walsertal lauter eigene Gemeindeverbände sein müssen; machen wir daraus einen gesamten. Aber ich sage Ihnen eines, wenn Sie die Strukturen der Gemeinden zerstören, dann zerstören Sie die Erfolgsbasis für den öffentlichen Verkehr in Vorarlberg. Und davor warne ich und werde dem mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Jetzt hat der Gemeindeverband Unteres Rheintal eine Reihe von Fehlern gemacht. Man könnte auch sagen, „er war unbürokratisch“. Sie, ich bin seit Jahrzehnten im Schiverein Lauterach. Wenn ich in der Jahreshauptversammlung mich erheben würde und sage: „Nach den Statuen muss schriftlich über den Obmann abgestimmt werden“, sie würden mich mit ‚nassen Fetzen verjagen‘. Es ist zwar ein (Zwischenrufe), es ist zwar ein Widerspruch – ja gut, es ist nicht in Ordnung, dass nicht schriftlich gewählt wurde. Aber ich würde das jetzt in der Theologie als „lässliche Sünde“ bezeichnen. Es ist auch nicht in Ordnung, dass statt fünf zwei Prüfer gewählt worden sind; allerdings füge ich hinzu, dass ein externer Profi geprüft hat und keine Missstandsfeststellung getroffen hat. Ich würde das auch als ‚lässliche Sünde‘ bezeichnen. Und so gibt es eine Reihe von Punkten. Und der Bürgermeister als Obmann hat darauf hingewiesen, dass im Wesentlichen 98 Prozent der Vorschläge umgesetzt wurden oder werden. Und eines werden Sie auch noch lernen (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Herr Landesstatthalter, die Zeit ist abgelaufen.), nicht alle Vorschläge, die ein Rechnungshof oder eine Gebarungskontrolle machen, sind – jetzt sage ich nicht – „intelligent“, aber sind „praktikabel“. Und daher hat derjenige, der (Zwischenrufe – Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Herr Landesstatthalter, die Zeit ist abgelaufen!) Ja, ich halte das zum Beispiel, ein Vorschlag lautet, „dass keine Mehrwertsteuer verrechnet wurde“. Sie, wenn wir mit dem Finanzministerium in einer langen Abklärung erreichen konnten, dass unsere Beiträge nicht umsatzsteuerpflichtig sind, dann erspart das dem Land Vorarlberg pro Jahr 20 Millionen Euro. Ja, jetzt werde ich doch nicht auf eine Empfehlung der Gebarungskontrolle sagen, „ja, wir haben uns getäuscht, wir wollen die Mehrwertsteuer bezahlen“?! Ja, sind’s mir nicht bös, das ist eine Frage auch des betriebswirtschaftlichen (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Herr Landesstatthalter, bitte zum Ende zu kommen!) Managements. Vielen Dank! LTP Mag. Sonderegger: Danke. Bitte, Herr Abgeordneter Einwallner. Ing. Einwallner: Herr Präsident, Hoher Landtag! Ich hoffe, Sie sind mit der Zeit bei mir ähnlich großzügig wie beim Herrn Landesstatthalter. Man sieht ja die Diskrepanzen, die alleine im Redebeitrag vom Kollegen Metzler auftauchen. Der eingangs: „eigentlich funktioniert es ja ganz gut“; im zweiten Teil seiner Rede erklärt er uns dann, wie schwierig es ist in den Gremien, wenn man als Gemeindevertreter drinnen ist, dort Entscheidungen zu finden und auch Entscheidungen zu treffen. Dann richtet mir der Herr Landesstatthalter aus, das war ein „harmloser Bericht“. Ja, das stimmt jetzt. Das lässt ja einiges erahnen, was noch in den Schubladen der VP-Regierungsmitglieder liegt, wenn der Bericht harmlos ist. Das stimmt schon, in einem Jahr habe ich wahrscheinlich noch nicht so viele Berichte gelesen wie Sie in ihrer politischen Karriere. Aber das stellt dem Land kein gutes Zeugnis aus, wenn Sie sagen: Dieser Bericht war harmlos und da gibt es noch viel, viel schlimmere. Weil das wird nämlich impliziert mit (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: …korrekte Buchführung konstatiert hat, das ist das Entscheidende!), das wird impliziert durch Ihre Ding. Und wer wirklich guten

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Humor braucht in diesem Haus, das ist nach dieser klaren Absage vom Abgeordneten Gantner: guten Humor brauchen nicht wir da in den Oppositionsrängen, sondern guten Humor braucht offenbar der Landesrat Rauch. (Zwischenruf LR Rauch: Immer!) Weil eine Absage, eine so klare Absage (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Bitte zum Ende zu kommen!) für die innovativen Ideen, die Sie jetzt im Ausschuss gesagt haben, so etwas von blockiert von der VP wie Sie jetzt wieder werden, immer dort wo es geht, Systeme, alt eingesessene ÖVP-Systeme aufzubrechen, blockiert man, die jungen Abgeordneten genauso wie die ‚alten‘. Sie haben unsere Unterstützung: Seien Sie mutig, Herr Rauch und nehmen Sie unsere Unterstützung auf. LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Abgeordneter. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Bitte, die FPÖ, Herr Klubobmann Egger, hat noch 38 Sekunden. KO Egger: Herr Statthalter, ich mein‘, das ist ja unglaublich, dass ein Regierungsmitglied hier hersteht und sagt, 24 Verfehlungen, Verstöße des Gemeindegesetzes, Bundesvergabegesetzes, keine Beschlüsse (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: Keine Beschlüsse … .), keine Beschlüsse gefasst. Ja, aber es waren auch die Verfehlungen die zur Empfehlung geführt haben. 24 Verfehlungen seien halt eine „Form von Unbürokratie“. Also wenn wir das den Bürgern sagen; ich werde in Zukunft jedem Bürger sagen: ‚Ja, musst‘ Dich nicht so ans Gesetz halten, sag’s halt unbürokratisch.‘ (Zwischenruf LSth. Mag. Rüdisser: …) Das ist unglaublich, Herr Statthalter! Und das Zweite: Hören Sie auf mit dem Argument, man zerstöre die Gemeinden, nur weil man die Planungsräume etwas bündelt, besser abstimmt und die Finanzierung und die Verwaltung zusammenführt. Damit zerstört man keine Gemeinden (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Bitte, Herr Klubobmann, zum Ende zu kommen.), man macht das Ganze effizienter und transparenter. LTP Mag. Sonderegger: Dankeschön. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Damit kommen wir zur nächsten dringlich namhaft gemachten Anfrage der SPÖ: Anfrage der Abg. Dr. Sprickler-Falschlunger an Landesrat Dr. Bernhard „Primärversorgungszentren – welche Pläne hat das Land Vorarlberg?“ (29.01.117) eingelangt am 2.9.2015, beantwortet am 23.9.2015. Bitte, Frau Sprickler-Falschlunger. Dr. Sprickler-Falschlunger: Herr Präsident, Hoher Landtag! Unter dem etwas sperrigen Begriff, ich hoffe sehr, ich kann Sie jetzt begeistern – ich bin nämlich begeistert –, unter dem etwas sperrigen Begriff „Primärversorgungszentren oder Primärversorgungsnetzwerke“ verbirgt sich in Österreich ein Novum, nämlich dass man vorausplant, wie soll die Versorgung und Betreuung der Patienten in Zukunft ausschauen? Man wartet nicht ab bis zum Beispiel ein Ärztemangel existiert und überlegt dann, was man tun kann? Fest steht, und das kommt nicht von mir, sondern vom Obmann der Kurie der Allgemeinmedizin, Dr. Schlocker, dass bis 2025, also bis in zehn Jahren von den 230 praktischen Ärzten 50 Prozent in Pension sein werden. 50 Prozent! Wir werden auch wesentlich mehr Ärzte in den Krankenhäusern brauchen; also wir werden weniger Ärzte und Ärztinnen zur Verfügung haben. Und wir sehen

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jetzt schon bei der Ausschreibung von Praxen, dass das sehr zäh wird. So hat die Gebietskrankenkasse zum Beispiel angeboten, dass man für Praxen, die schlecht besetzt werden können für Allgemeinmediziner, dass man mehr bezahlt. Also man sieht ganz deutlich, dass sich die Krankenkasse und andere dieser Problematik bewusst sind. Und Gott sei Dank – und das sage ich noch dazu – sind junge Kolleginnen und Kollegen nicht mehr bereit, das zu tun, was ein praktischer Arzt noch vor 20/30 Jahren getan hat, nämlich Tag und Nacht für seine Patienten da zu sein. Das ist nur gegangen, weil es primär Männer waren, die von ihren Frauen in ihrer Arbeit unterstützt wurden. Also hier hat sich das Bild völlig geändert. Und ich sage, die jungen Ärztinnen und Ärzte haben recht, wenn sie diese Vorstellung nicht mehr erfüllen wollen. Und auf der anderen Seite haben wir durch die demographische Entwicklung, also dass die Menschen einfach viel älter werden, eine eklatante Zunahme – die ist wirklich eklatant – von chronischen Erkrankungen, auch aufgrund der besseren Medizin, dass die Menschen mit einer Krebskrankheit zum Beispiel heute wesentlich länger leben können, auch wenn sie nicht gesund werden. Und wir stehen also vor einer Versorgungssituation, die sogenannten Hausärzte werden auf der einen Seite weniger werden, und auf der anderen Seite werden wir zunehmend ältere chronisch kranke Patienten und Patientinnen versorgen müssen. Nun, wie sieht dieses Modell aus? Dieses Modell sieht so aus, im Grundkonstrukt ist vorgesehen, dass ein praktischer Arzt oder Ärztin, eine Assistentin und mindestens ein Dritter, also aus dem Pflegeberuf, dort anwesend sein müssen. Und das klingt nach nicht viel, aber es ist allein die Erweiterung um jemanden aus dem Pflegebereich ein immenser Fortschritt. Und dieses Team kann erweitert werden. Und ich sage Ihnen jetzt ein Beispiel – es wird jeder Arzt oder jede Ärztin andere Beispiele haben –, aber ich glaube, das zeigt, wie notwendig wir diese Unterstützung der anderen Professionen brauchen, auch wenn das die Ärzte nicht so gerne hören, aber wir brauchen es ganz dringend, nämlich um die Qualität auch der Versorgung der Patienten zu sichern. Diabetiker, die schwierig zu führen sind, ganz schwierig manchmal – viele nicht –, die brauchen sehr, sehr, sehr viel Zeit. Diese Zeit, auch wenn wir viel für diese Menschen aufwenden, überproportional viel, aber es ist immer noch zu wenig. Und meine Erfahrung aus dem Diabetiker-Kongress in Wien, wo der interessanteste Vortrag von der Pflegeleitung der Diabetes-Ambulanz gehalten wurde, das war der interessanteste Vortrag. Da ging es um Dinge wie: Wie oft wechsle ich meine Nadeln? Oder, wo appliziere ich das Insulin richtig? Oder, welche Spritzen muss ich wie oft wenden, damit überhaupt eine Wirksamkeit da ist? Oder, die Zeit, Protokolle, Ernährungsprotokolle einer Woche durchzugehen. Die Zeit hat man in der Regel leider nicht, wenn man ganz ehrlich ist. Das kann man hin und wieder machen, macht es auch, aber mit der steigenden Zahl der DiabetikerInnen vor allem, wird das nicht möglich sein. Und das würde ich für einen großen Fortschritt in der Betreuung der Patienten und in der Behandlung halten, hätten wir bedarfsgerecht solche Möglichkeiten. Und ich teile nicht die Meinung des Hausärzteverbandes, der hier mit den ‚Untergang des Hausarztes‘ sieht. Also das ist so ein völliger Blödsinn, weil es auch; ich mein‘, es gibt zwei Bedürfnisse – jetzt muss ich vorsichtig sein, weil ich schon einmal nach so einer Rede ziemliche Schwierigkeiten bekommen habe. Es gibt zwei Bedürfnisse, die sich nicht immer decken. Das eine ist das Bedürfnis der Patienten und Patientinnen, und das andere Bedürfnis ist das der Ärzteschaft. Das ist auch legitim, das sollen die Kammern vertreten, aber ich vertrete hier die Vorarlberger Bevölkerung. Und ich möchte das noch einmal betonen: also für mich ist dieses neue Modell der Versorgung - ich kann noch nicht beurteilen, wie es läuft; wir haben erst eines in Wien, das evaluiert wurde -, aber ist eine Notwendigkeit. Das ist eine

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Notwendigkeit! Und es ist wichtig, dass sich – das ist ja auch in der vertraglichen Situation so, dass dort ein Team ist. Dort ist ein Team; das kann man, je nach Region, abstimmen, et cetera, et cetera. Und alles andere ist „den Kopf in den Sand gesteckt“. Wenn selbst Dr. Schlocker sagt, „die Situation schaut wirklich dramatisch aus“. Und jetzt muss ich noch etwas sagen: Ja, ich war also auch für die Lehrpraxen, das ist sicher eine gute Geschichte. Aber ich glaube nicht, dass jemand, auch wenn er noch ganz begeistert ist wenn er in der Stadt in einer Lehrpraxis sitzt, nachher, wenn er die Möglichkeit hat, in irgendeine Talschaft geht. Das glaube ich nicht! Diese Stellen werden ganz schwer zu besetzen sein – wenn überhaupt. Und jetzt kann man den Kopf in den Sand stecken, wie manche das tun und sagen, ja, „machen wir die Hausärzte kaputt“. Wir machen nicht die Hausärzte kaputt. Wir werden einfach in 10/20 Jahren nicht mehr genug davon haben, samt Anreizen et cetera, und die werden diese Versorgung auch nicht mehr bieten können. Und jetzt, Herr Landesrat Bernhard, zu Ihnen und zur Anfrage. Also mich würde schon interessieren – das soll ja bis 2016 stehen und auch im RSG ausgewiesen sein –, mich würde schon interessieren, wo sehen Sie die Notwendigkeiten – ich weiß, das ist jetzt ganz schwierig, weil man sich da lieber bedeckt hält, weil man genau weiß, was dann kommen wird. Aber wo in Vorarlberg sehen Sie eher die Notwendigkeiten, sehen Sie die eher im ländlichen Bereich oder sehen Sie die vorerst im Rheintal zum Beispiel? Und haben Sie schon Vorstellungen über medizinisch, pflegerisch, physiotherapeutisch irgendwelche Notwendigkeiten, wo denn solche Netzwerke – Sie haben angedeutet, es sollen Netzwerke sein; das ist die mittlere Dosis, das ist mir schon klar, politisch auch, oder, nicht die volle Dosis –, wo sollen die entstehen? Und ich möchte Sie jetzt schon bitten, diese Planung, also da kenne ich Sie, glaube ich, auch jetzt gut genug, diese Planung kann natürlich keine Rücksicht darauf nehmen, wo die meisten Widerstände sind, sondern die muss sich danach richten, wo die größte Notwendigkeit ist. Dankeschön! LTP Mag Sonderegger: Danke, Frau Abgeordnete. Als Nächste ist die Frau Abgeordnete Rüscher zu Wort gemeldet. Rüscher: Herr Präsident, Herr Landeshauptmann, Hohes Haus, werte Zuseherinnen und Zuseher! Vorab eine ganz klare Botschaft unsererseits: Wir stehen Primärversorgungszentren positiv gegenüber. Warum vertreten wir diese Haltung? Unbestritten ist, wie das von meiner Vorrednerin schon fachlich gut ausgeführt wurde, dass sich die Herausforderungen an unsere Gesundheitspolitik wesentlich ändern werden. Ich spreche hier nicht nur an die Veränderungen in unserer Gesellschaft, insbesondere die Veränderungen der Altersstrukturen, was uns zwingen wird, unser Leistungsangebot zu adaptieren und das Ganze auch noch zu finanzieren, sondern ich spreche insbesondere auch die Sicherstellung der Versorgung der Patientinnen und Patienten in ganz Vorarlberg an. Und „ganz Vorarlberg“ bedeutet: alle Patientinnen und Patienten nahe an ihrem Wohnort und in hoher Qualität. Wir erkennen, wie ebenfalls bereits angesprochen, dass die Nachbesetzung von niedergelassenen Praxen schwer fällt, insbesondere in ländlichen Regionen. Die Krankenkassen haben hier bereits sehr gute Maßnahmen ergriffen. Wir haben derzeit auch noch eine gute Situation. In den letzten drei Jahren wurden 13 Stellen neu geschaffen und derzeit ist – nach meiner Information – nur eine Stelle momentan nicht nachbesetzt. Die ist

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leider im Bregenzerwald, in Schoppernau. Sollte uns jemand zuhören, der Interesse hat, wir freuen uns. Und in Braz wird gerade ausgeschrieben. Also wir hoffen auch sehr natürlich für das Klostertal, dass das gut funktionieren wird. Es gibt eine neue Honorarordnung, wie angesprochen, die eben nicht bestraft, wenn ein Arzt mehr Patientinnen und Patienten betreut. Es gibt das Modell der Lehrpraxen, auch dort dürfen wir noch unterstützen, denn es braucht schon eine große Bereitschaft von einem Arzt oder einer Ärztin, dass sie jemanden in die Praxis nimmt und bereit ist, Wissen weiterzugeben. Was mich besonders freut sind Modelle des Job Sharings, wie sie angeboten werden. Wir haben schon gehört, es braucht die zeitliche Flexibilität von Ärztinnen und Ärzten. Die sollen auch leben können, auch wenn sie einen Arztberuf ausüben. Und auch der fachliche Austausch, den darf ich auch mit hineinwerfen in dieses Boot. So unterstützen wir auch Familien, Ärztinnen und Ärzte, hier im niedergelassenen Bereich tätig zu werden. Und was mich besonders freut, dass wir seit Oktober jetzt auch das erweiterte Job Sharing haben. Bislang war es ja nur möglich, eine Arztstelle sich zu teilen; jetzt geht es auch bis zu 170 Prozent von zwei Ärzten. Zudem verändert sich das Patientenverhalten und Patientinnenverhalten. Sehr oft wandern sie direkt in die Ambulanz, vor allem dann, wenn sie in der Nähe von Ambulanzen wohnen, was in Vorarlberg ja nicht so schwer fällt und, ich vermute einmal, weil die Öffnungszeiten dort ansprechender sind und sehr oft auch eine Angst um den eigenen Job damit verbunden ist, das während der Arbeitszeit erledigen zu müssen; weil sie vielleicht mehr Kompetenzen dort erwarten, eine vielfältigere; und weil sie vielleicht auch in früheren Fällen schon einmal weitergeschickt wurden und sich dann beim zweiten oder dritten Mal diesen Weg dann gleich ersparen. Wir brauchen also neue Formen der Zusammenarbeit. Und die Primärversorgungszentren, wenn wir sie achtsam gestalten, können das sein. Sie sollen einen ersten, leichten und jederzeit zugänglichen Kontakt bieten für medizinische Belange. Auf der anderen Seite spüren wir eine ganz große Skepsis der Ärzteschaft und der Ärztekammer. Ich formuliere es jetzt einmal nett mit ‚Skepsis‘, aber die ist auch begründet. Und das muss man auch ernst nehmen und diese offenen Fragen muss man auch beantworten. Aus meiner Sicht sind das fünf wesentliche Dinge: Erstens, der Punkt der Vertragsgestaltung. Einzelverträge bergen auch kleine Gefahren, nämlich den Preisdruck in der Medizin. Der kann da ein bisschen gestärkt werden dadurch, weil ja Leistungen und Honorare einzeln vertraglich geregelt werden. Das kann positive Auswirkungen haben, dass es auch etwas günstiger wird für die Allgemeinheit; aber negativ, wenn sich das auf dem Rücken der Qualität für die PatientInnen auswirkt. Der Faktor Zeit wurde schon angesprochen. Hier haben wir, wir sollten solche Modelle rasch beginnen. 2016 soll ein Prozent der Bevölkerung bereits über Primärversorgungszentren bedient werden. Andererseits gibt es erst einen Pilot in Wien, und der ist eigentlich eine erweiterte Gruppenpraxis. Das heißt, was wir brauchen in dieser Zeit – wir müssen laufend lernen von der aktuellen Umsetzung. Und das müssen wir im System erst schaffen, Erfahrungen durch diese Zentren zu sammeln und sofort wieder in den neuen Zentren umzusetzen. Die interne Organisation ist sicher eine Herausforderung, weil ja Arzt, Assistent oder Assistentin, Krankenpfleger/-pflegerin, Therapeut/Therapeutin und Verwaltung gut zusammenarbeiten sollen, auf Augenhöhe, aber am Schluss wahrscheinlich doch der Arzt die Letztverantwortung tragen wird für die Behandlung. Das muss man genau anschauen.

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Thema: freie Arztwahl, freie Therapiewahl, könnte man auch mit an Bord werfen, sehe ich aber jetzt nicht ganz so kritisch. Da sehe ich den Vorteil, den der Patient oder die Patientin hat mit den breiteren Öffnungszeiten. Aber ganz wesentlich aus meiner Sicht ist der letzte dieser fünf Punkte: Wie wirken sich die Primärversorgungszentren auf die bestehenden Strukturen aus? Wenn die im niedergelassenen Beriech gut funktionieren, dann sollten sie nicht geschwächt werden, sondern gestärkt werden durch gute Netzwerke. Und hier möchte ich was in die Bresche werfen für unsere Hausärzte. Ich habe schon den Eindruck, dass sie ihre Patientinnen und Patienten sehr gut kennen oder besser kennen zumindest als wenn sie den Patienten das erste Mal sehen. Sie kennen das Umfeld besser. Sie können Doppeluntersuchungen vermeiden und, falls notwendig, zielgerichtet dorthin überweisen, wo Patientinnen und Patienten hin sollen. Das ist auch in der Schweiz übrigens so: 2010 gab es ein große Initiative „Ja zur Hausarztmedizin“. 2014 wurde sie mit 88 Prozent verankert durch eine Volksabstimmung, und zwar „Stärkung der medizinischen Grundversorgung“, verankert in der Verfassung; Gewährleistung einer für alle zugänglichen medizinischen Grundversorgung von hoher Qualität. Und die Hausarztmedizin wird als wesentlicher Bestandteil der Grundversorgung unterstützt und gefördert. Das heißt, Primärversorgungsnetzwerke können eine wirklich gute Antwort und gute Lösung sein, wenn Hausärzte – bestehende Strukturen in den niedergelassenen Bereichen, so sie gut funktionieren – in diese Netzwerke eingebunden sind und wir junge Ärztinnen und Ärzte dadurch motivieren können, einzusteigen. Wenn es gelingt, die offenen Fragen der Ärzteschaft zu beantworten, diese großen Kritikpunkte auch auszuräumen, und es gelingt, diese bestehenden Strukturen zu stärken, dann ist es eine wichtige Ergänzung. Und da unterstütze ich unseren Herrn Landesrat, der sich in der Zielsteuerungskommission – da wird doch sehr unterschiedlich diskutiert – sehr positiv und ausdrücklich positiv geäußert hat zu Primärversorgungszentren. Und ich fordere alle Beteiligten auf, einmal nicht von Vorneherein diese ganz negativen Szenarien zu zeichnen, sondern sich alle konstruktiv an einer gemeinsamen und guten und sinnvollen Gestaltung von Primärversorgungszentren und Netzwerken zu beteiligen. Vielen Dank! LTP Mag. Sonderegger: Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete. Ich darf an dieser Stelle noch ein ganz herzliches Grüß Gott unserem Altabgeordneten und Bürgermeister von Fußach, Herrn Ernst Blum, entbieten und gleichzeitig auch ein herzliches Grüß Gott der Frau Annette Sohler, Bürgermeisterin von Lingenau. Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Pointner. Mag. Pointner: Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Zuhörer! Ja, ich bin nicht ganz so begeistert wie die Kollegin Sprickler-Falschlunger, aber wahrscheinlich liegt das daran, dass ich einfach ein grundkritischer Mensch bin und immer versuche alle Seiten zu hinterfragen. Aber das ist natürlich die Gabi Sprickler-Falschlunger auch. Auch ich habe mich mit dem Thema ziemlich eingehend beschäftigt. Ich bin natürlich keine Ärztin, versuche es daher von einem vielleicht anderen Gesichtspunkt zu sehen. Also ich glaube, grundsätzlich ist Primary Care oder auch Primary Health Care sicher ein guter Ansatz. Es geht um einen niederschwelligen Kontakt, mit jedem Gesundheitsanliegen sozusagen eine erste Kontaktadresse zu haben. Das Ganze sollte, wenn es nach der Literatur geht, Langzeit- und Personen-fokussiert sein und eine umfassende Versorgung bieten. Und natürlich auch Koordinationsfunktion im Sinne von Case Management, wenn es andere Wege dann später braucht. Wenn man das so hört, ist es eigentlich das klassische Hausarztmodell.

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Wir haben aber bereits gehört, es gibt immer weniger Hausärzte. Aber anstatt sich einmal Gedanken zu machen, warum gibt es immer weniger? – Es gibt nämlich nicht weniger Mediziner im Land. Wir wissen alle, wir haben sehr viele Mediziner in Österreich. Aber offensichtlich ist es sehr unattraktiv, Hausarzt zu werden. – Also vielleicht müsste man sich da einmal mehr Gedanken machen. Kollegin Sprickler-Falschlunger hat auch gesagt, dass das Interesse der Patienten nicht immer das Interesse der Ärzte ist – das stimmt sicher –, aber auch nicht immer das Interesse der Gesundheitspolitik. Und ich glaube, da müssen wir ansetzen. Wir stehen alle da, um die Interessen der Patienten, also der Menschen zu vertreten. Zu Primary Health Care noch ein Satz: Also in der Literatur heißt es ja, das ist der Optimalfall. Es klingt nämlich sehr vielversprechend, einerseits Senkung der Mortalität als Ziel, also die Sterblichkeitsrate, dass es den Menschen besser geht. Natürlich auch eine verbesserte Patientenzufriedenheit – das wollen wir natürlich alle. Und als Drittes, und das ist die politische Komponente, geringere Kosten für das System. Das klingt für mich ein bisschen so: eine Expertin hat es in ihrem Artikel als „eierlegende Wollmilchsau“ beschrieben. Und das ist vielleicht auch ein Grundproblem. Da ich immer versuche, Querverbindungen zu ziehen, erinnert es mich ein bisschen an das Thema in der Bildung, wo jetzt die ‚Gemeinsame Schule‘ sozusagen die sein soll, die die ‚eierlegende Wollmilchsau‘ wird. Das macht mich ein bisschen skeptisch. Vor allem, weil man etwas Neues hier installiert, und zwar mit denselben Akteuren und noch ein paar anderen mehr, ohne das Gesamtsystem tiefgreifend zu hinterfragen. Ich glaube, das ist eines der Grundprobleme bei uns im Land, warum Medizin oder warum Gesundheitsversorgung nicht so richtig funktionieren. Als Stichworte hier: das Kassensystem, das aus den 50er Jahren stammt, das Honorierungssystem. Und das ist mit ein Grund, warum es eben nicht mehr attraktiv ist, Hausarzt zu sein. Es werden im Kassensystem viel mehr Anreize für die sogenannte Gerätemedizin gesetzt als für die sogenannte Zuwendungsmedizin. Aber das ist eigentlich das, was der Hausarzt tun sollte. Und das ist auch, was diese neuen Primärversorgungszentren tun sollten. Einen Aspekt, den ich hier anführen möchte, den auch die Ärzte zu Recht ins Treffen führen, ist die Patient-Arzt-Beziehung, die auch nachweislich für den Patienten von großer Bedeutung ist. Wenn dann natürlich der Patient immer mit wechselndem Personal zu tun hat, wird es schwer sein, diese Beziehung entsprechend aufzubauen. Also wenn man schon so etwas macht, sollte man sich auch Gedanken machen, wie das am besten funktioniert. Und die Frage, wenn es schon nicht mehr attraktiv ist, Hausarzt zu sein, wird es in Zukunft attraktiv sein, in so einem Zentrum zu arbeiten? Ich weiß es nicht. Kollegin Rüscher, Sie haben sich vielleicht schon Gedanken gemacht, Sie haben das auch ausgeführt: Wie schaffe ich das? Natürlich kann man sagen, wir werden hier die Frauen begeistern können, Teilzeit zu arbeiten. Ich glaube, da muss ein großes Hauptaugenmerk darauf gelegt werden. Also zum Schluss: gut gemeint muss nicht immer gut gemacht sein. Die großen Brocken stehen noch aus – wir haben es gehört. Und darum ist es sehr optimistisch, bis in einem Jahr bereits ein Prozent der Bevölkerung so behandeln zu wollen. Noch einmal, um diese Ziele zu erreichen von Primary Health Care, die ich vorher ausgeführt habe, die sehr gut sind, müsste man das Gesundheitssystem grundlegend reformieren, nicht nur an der Oberfläche, sondern die wirklich großen Brocken, wie das Honorierungssystem einmal wirklich grundlegend überdenken. Und dann, ja dann könnte das vielleicht auch eine Chance sein. Vielen Dank!

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LTP Mag. Sonderegger: Danke, Frau Abgeordnete Pointner. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Metzler. Metzler: Geschätzter Herr Präsident, Hoher Landtag! Der grundsätzlichen Analyse von der Gabi Sprickler-Falschlunger ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen. Sie hat die Aufgaben für die Zukunft klar aufgezeigt. Das heißt aber, ein Umbau der Gesundheitsversorgung auch im niedergelassenen Bereich steht an. Ich möchte dabei drei wesentliche Punkte herausheben. Einmal geht es um die Systemsteuerung, einmal um das Thema Patienten und einmal um das Thema der Gesundheitsberufe. Bei der Systemsteuerung ist klar, dass wir die Entlastung der Spitalsambulanzen anstreben. Und hier sind die Primärversorgungszentren für mich wirklich ein Schlüssel, hier weiterzukommen. Damit können medizinisch nicht notwendige Krankenhausaufenthalte vermieden werden, eine ganz wesentliche Geschichte, wenn ein niederschwelliges Angebot da ist, das hochwertig angesehen wird. Die Verbindung zur Pflege und zum Sozialwesen und die Rehabilitation innerhalb der Gemeinde scheint mir hier auch ein ganz wesentlicher Faktor zu sein. Case- und Care-Management als Schlagwort. Die Koordination der Leistungen und Lotsenfunktion in einer solchen Einrichtung ist hier viel besser untergebracht wie in einem Spital. Aus unserer Sicht – der Grünen –, die Aufwertung der Gesundheits- und Krankenpflege im Sinne der Gemeindeschwester. Auch hier, glaube ich, gibt es Möglichkeiten von Vernetzungen unserer Krankenpflegevereine und auch solcher Primärversorgungszentren. Für die Patienten ist ganz wichtig eine integrierte Versorgung durch interdisziplinäre und multiprofessionelle Teams. Im Spital sind unsere Herrschaften, meist auch älteren Semesters, verloren: Sie gehen einmal zu dem, einmal zum anderen, und wenn sie heimkommen, dann wissen sie im Prinzip nicht, auf was kommt es an. Und hier sind die Primärversorgungszentren ganz eine wichtige Geschichte. Öffnungszeiten auch an den Tagesrandzeiten und am Wochenende, in unmittelbarer Nähe, sind ein großer Vorteil. Und die Integration von Gesundheitsförderung und Prävention. Ich glaube, auf dieser Ebene können auch hier sehr viele Aspekte eingebracht werden für gesundes Leben. Und die Verbesserung natürlich für chronisch Kranke, das wird eine große Aufgabe sein. Für die Gesundheitsberufe finde ich das auch als eine Chance. Zusammenarbeit auf Augenhöhe, ganz ein wesentliches Thema, auch für solche, die sich nur Teilzeit hier beschäftigen wollen und können. Die Attraktivierung der Tätigkeitsfelder durch verstärkte Kooperation und Kommunikation und Austausch zwischen den einzelnen Gesundheitsberufen und der Ärzteschaft und die Erleichterung der Kommunikation zwischen den Gesundheits- und Sozialberufen, ganz eine wichtige Geschichte. Und die Möglichkeit, familienfreundlicher und flexibler Arbeitsformen. Ich denke, die Primärversorgungszentren sind eine große Chance. Ich würde mich nicht trauen, zu definieren, ob das nur im Ballungszentrum oder im ländlichen Raum wirklich deutliche Verbesserungen bringen kann. Ich bin sogar der Meinung, dass im ländlichen Raum die Chance mindestens so groß ist wie im Ballungszentrum. Die Versorgung im praktischen Bereich ist eine ganz besondere Aufgabe und ein Anliegen der Gemeinden. Und hier eine Unterstützung bei der Entstehung von Primärversorgungszentren zu bekommen oder dort sich sogar zu beteiligen, finde ich eine spannende Sache. Der Start für die Diskussion war nicht gerade erbauend. Im Prinzip wurde sofort ein Keil hineingetrieben von der Ärztekammer. Und aus meiner Sicht ist eine rasche Planung und Gesetzwerdung wünschenswert. Und dabei sind natürlich die Sozialversicherungen, die Ärztekammer, die Gesundheits- und Sozialberufe – also all jene, die im Prinzip an diesem

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Primärversorgungszentrum interessiert sind – intensiv einzubinden. Und ich hoffe auf eine rasche Diskussion und Gesetzwerdung. LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Abgeordneter Metzler. Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Sprickler-Falschlunger. Dr. Sprickler-Falschlunger: Herr Präsident, werte Kollegen! Kurze Replik auf die Kollegin Pointner: Also ich denke nicht, dass es am Honorierungssystem liegt. Die Attraktivität des Berufes des Hausarztes/der Hausärztin liegt nicht in erster Linie darin, ob ich Leistungen anders vergütet bekomme. Also, vor was die jungen Ärzte und Ärztinnen zurückschrecken ist schon diese, vor allem im ländlichen Raum, schon Erwartungshaltung noch, für was man dort zuständig ist. Ich sage Ihnen, ich habe einen Kollegen, dessen Frau hat gedrängt das aufzugeben, weil die Patienten über den Zaun gestiegen sind am Sonntag, wenn die Familie im Garten saß. Also das ist jetzt sicher ein krasses Beispiel, aber das will man nicht mehr. Man hat andere Lebensvorstellungen. – Gott sei Dank hat man andere Lebensvorstellungen. Und darum macht es auch nichts, ob ich ein bisschen mehr für den Hausbesuch ‚krieg‘ oder weniger. Das weiß man gar nicht, wenn man den Beruf auswählt. Aber insgesamt, also die finanzielle Seite; erstens verdient man nicht so schlecht, das muss ich einmal sagen. Wir haben gute Vergütungen in Vorarlberg und jetzt auch bessere. Es wird manches mehr vergütet. Das ist nicht der Punkt. Das ist sicher, das weiß man nicht, wenn man sich dafür bewirbt. Das weiß man einfach nicht, das interessiert einem auch nicht wahnsinnig. Aber das Andere, das ideologische Bild, dem will man nicht mehr nachkommen in der heutigen Zeit, was ich gut verstehe. Was ich vorher vergessen habe zu erwähnen, aber Kollege Metzler hat das erwähnt. Für mich gibt es hier auch große Chancen bei den Zentren oder bei den Netzwerken für den Sozialbereich, nämlich mit Mobilen Hilfsdiensten und Krankenpflegevereinen. Hier gibt’s natürlich schon eine Zusammenarbeit. Aber wenn die im Team sind oder im Netzwerk, hat diese Zusammenarbeit eine völlig andere und verbindliche Qualität natürlich, dass man sich zusammensetzt, dass man Patientenbetreuung bespricht, Versorgung, et cetera. Das hat eine andere Qualität. Und ich halte gerade in Gegenden, wo es vielleicht ein bisschen schwierig ist, das ist für mich einfach eine ganz eine große Chance. Ich sage das als Einzelkämpferin, die man bisher war, bevor es Job Sharing gegeben hat, als Einzelkämpferin, und ich habe das immer als sehr defizitär empfunden, als sehr defizitär. Und wenn man sagt: „Ja, du arbeitest ja heute auch schon mit vielen Niedergelassenen zusammen“, dann muss man sagen: eine meiner Assistentinnen verbringt sicher die halbe Arbeitszeit damit, irgendwelche Termine für Menschen zu organisieren, die es einfach nicht mehr selber können. Weil wenn eine alte Frau irgendwo anruft und es ist drei Stunden besetzt und sie käme in einer Viertelstunde durch, das kann sie gar nicht mehr machen. Und ich habe zwei, drei Kassen-Therapeuten, Physiotherapeuten in Dornbirn. Und in Wirklichkeit schaut es so aus, wenn einer akut etwas hat, einen Tennisarm – ich sag‘ das ehrlich, wie es ist –, dann muss ich halt, weil ich mit einem Physiotherapeut gut auskomme, ihm sagen: „Kannst mir die nicht drannehmen? Die arbeitet in einem Betrieb, die kann nicht ewig im Krankenstand sein, sonst verliert sie den Job.“ Und der muss dann außerhalb seiner Arbeitszeit ‚einrücken‘, und sonst müssen die Leute zu einem Wahltherapeuten. Und ich will das nicht mehr. Ich will das nicht mehr! Das ist übrigens in den Zentren und in den Netzwerken so vorgesehen, da sind keine Wahltherapeuten drinnen. Das können sich viele Leute nicht leisten, das muss

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man einmal ganz klar sagen. Das ist für mich auch ein wichtiger Punkt, ein ganz ein wichtiger Punkt nämlich. Ja, noch einmal kurz zur Patienten-Arzt-Beziehung. Da hast Du sicher recht, Martina, die Leute wünschen sich immer denselben Arzt/Ärztin in der Ordination. In der Ambulanz haben sie es natürlich überhaupt gar nicht. Da fragt jeder wieder den Anfang der Geschichte. Da erzählt man dann dasselbe, was in den letzten zehn Jahren passiert ist, das ist halt so in dem System. Aber wenn wir schon mit Job Sharing-Modellen und allem Möglichen kommen, dann weiß das natürlich die Zweite auch nicht zum Beispiel. Und es ist eine Illusion, wenn ich einer Karteikarte nachlese, dass ich das so nachvollziehen kann. Das ist eine völlige Illusion! Also wir haben es da genauso, dass es Leute geben wird, die sagen: „Und wann ist jetzt die eine Frau Doktor da?“ Das werden wir da auch haben. Und in den Primärversorgungszentren arbeiten ja nicht zehn praktische Ärzte, das werden drei sein vielleicht oder zwei. Also das halte ich schon für vereinbar. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Frau Abgeordnete. Als Nächster zu Wort gemeldet ist der Abgeordnete Kinz. Dr. Kinz: Herr Präsident, werte Abgeordnete! Also man muss immer vorsichtig sein, wenn Rot und Schwarz zu loben beginnen, weil meistens steckt dahinter, dass entweder nicht alles durchgedacht ist oder manche was anderes wollen und das Gleiche sagen. (Zwischenruf: Aufpasst.) – Schauen wir einmal. Die Primärversorgungszentren werden von der Frau Ärztin hoch gelobt. Klar, die österreichische Gesundheitspolitik braucht Änderungen, allen voran der Hauptverband. Hier im Land setzt unser Herr Landesrat in diese neue Art der Ordinationen große Erwartungen. Es hat auch einen einfachen Grund: denn hier können sie mitreden, bei niedergelassenen Ärzten ist ein solches Mitreden und Mitbestimmen nicht so einfach möglich. Der Herr Landeshauptmann hat ja Ähnliches schon öffentlich gesagt. Diese neue Art der Ordination hat sicherlich ihre Vorteile. Es gibt zusätzliches Pflege- und Therapiepersonal, es gibt längere Öffnungszeiten, und vor allem Chronisch-Kranke hätten hier eine Ansprechstelle. Ob Spitalsambulanzen dadurch entlastet werden – und das ist die Hoffnung der Länder und des Hauptverbandes – meine ich, ist nicht so klar. Es gibt nur kein bisschen Gesetz. Das ist nämlich das, auf das ich besonders hinweisen will. Es gibt eine 15a-Vereinbarung, aber es gibt die einfache Gesetzeslage zu diesen Primary Health Care-Center nicht! Das Krankenanstaltengrundsatzgesetz des Bundes, die Spitalgesetze der Länder, das Ärztegesetz und das Kartell- und das Wettbewerbsrecht sind dazu massiv zu ändern. Ob dieses Ziel für 2016 bereits erreicht wird, wage ich zu bezweifeln, da die aktuelle ‚Koalition der Untätigen‘ dies sicher nicht schafft. Die Ärzteschaft ist sich uneins – das haben wir heute schon gehört – und deren Kammer teilweise dagegen. Was braucht es? Es braucht für diese neue Art der Gesundheitsversorgung ein Umdenken der Bevölkerung und der Ärzte. Solche Zentren machen nur Sinn, wenn sie zumindest Montag bis Freitag und auch am Abend geöffnet haben und sie bedürfen einer hohen Dichte an Patienten, daher auch einer hohen Dichte an Bevölkerung. Die gibt es bei uns im Rheintal; in den kleineren Talschaften sehe ich dazu wenig Bedarf und wenig notwendigen Umsatz. Und ob daneben dann Einzelordinationen bestehen können ist unsicher. Es besteht also die Gefahr des Absaugens von Patienten in diese Zentren. Das ist die Kritik der niedergelassenen Ärzte. Die Öffnungszeiten der Ordination von Einzelärzten sehen heute auch anders aus wie früher. Einfach die

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Lebensplanung der Ärzte ist auch eine andere, so wie in anderen Berufen. Aus der Sicht des Patienten macht deshalb so ein PHC durchaus Sinn und auch für Ärzte, insbesondere für Frauen, ergeben sich Vorteile. Die Auswirkungen für unsere Talschaften, die sind aber unserer Ansicht nach zu prüfen und da gibt es einige unbeantwortete offene Fragen. Ein ganz wichtiger Bereich ist auch der wirtschaftliche Bereich. Es sind in PHC Ärztegruppen beisammen mit anderen Berufsgruppen und die Investition ist beträchtlich. Die befristeten Verträge, die derzeit angedacht sind, sind einer solchen Investition nicht sehr förderlich, weil da die Nachhaltigkeit der Investition und damit die Sicherheit des ‚Returns of Investment‘ – auch Ärzte haben einen Betrieb kaufmännisch zu führen – nicht gesichert ist. Dann gibt es das zweite Problem, dass die Ärzte mit den Kassenverträgen einen fixen Vertrag haben für alle zu gleichen Bedingungen, und hier Einzelverträge gemacht werden sollen mit diesen Zentren. Das hat rechtliche Auswirkungen. Es gibt dort bereits ein Gutachten von Dr. Geppart, das hier ausführt, dass diese Honorarzuschläge, die dem Kassenvertrag des niedergelassenen Arztes fremd sind, zur Folge hat, dass hier eine Gleichheitswidrigkeit und eine Wettbewerbsverzerrung gegeben ist. Da muss man im Bereich des Wettbewerbsrechtes sicherstellen, dass hier nicht von Wettbewerbsverzerrungen gesprochen werden kann. Hier ist eine entsprechende Umgestaltung des Rechtes durchzuführen. Sonst gibt es nämlich in der Honorierung Ungleichheiten und die sind sicherlich nicht richtig. Ein weiteres Problem ist die ärztliche Behandlung durch ständig wechselnde Personen. Beim Hausarzt haben sie einen Behandlungsvertrag mit einem Hausarzt und in diesen Primary Health Care-Zentren, da wechseln die Ärzte. Sie haben aber keinen Träger wie bei einer Krankenanstalt, mit dem sie einen Vertrag haben; so heißt es, sie haben eine große Anzahl von Verträgen. Wie das funktionieren soll und ob das patientenfreundlich ist, das wage ich zu bezweifeln. Auch hier besteht die Notwendigkeit einer Änderung. Das geht bis hin zum Ärzterecht und zur Frage, ob Ärzte Ärzte anstellen können. Meine Meinung ist deshalb: es sind sehr viele offene Fragen und bevor man da, so wie in Mariahilf, ohne Gesetzesgrundlage Projekte startet, sollte man die Gesetzeslage nach eingehender Diskussion und Prüfung zuerst sicher gestalten. Das hat der Patient und das haben die Ärzte und ihre Mitarbeiter verdient. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Abgeordneter Kinz. Als Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau Abgeordnete Pointner. Mag. Pointner: Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Jetzt auch noch als Replik auf Kollegin Sprickler-Falschlunger. Ja natürlich geht’s nicht ums Geld. Ich habe nicht gesagt, es geht ums Geld; aber im Verhältnis ist es natürlich viel weniger attraktiv Hausarzt als Facharzt zu werden, da werden Sie mir wahrscheinlich zustimmen, in der Vergütungsordnung. Und mir wäre wichtig, dass wir wieder einmal dorthin kommen, dass diese Arbeit, sprich die sogenannte Zuwendungsmedizin, auch entsprechend vergütet wird und nicht vordergründig die Apparatemedizin, so wie das leider Faktum ist. Also da geht’s mir eher um eine Aufwertung des Hausarztes gegenüber seinen Kollegen. In der Schweiz hat man gesehen – da hat man die „60 Minuten-Ordination“ eingeführt, also für den Patienten sich 60 Minuten Zeit zu nehmen – und hat gesehen, dass beispielsweise die Medikamentenverschreibungen deutlich zurückgegangen sind. Na, das ist in der Schweiz ein eigener Posten – ich rede ja von der Schweiz, nicht von hier.

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Und damit käme ich jetzt noch zur neuen Ausbildungsordnung. Es gibt die neue Ausbildungsordnung, da müssen sich die jungen Ärzte schon nach neun Monaten entscheiden, in welche Richtung sie gehen. Und ich befürchte, dass sich halt viele in Richtung Facharzt entscheiden und gar nicht mehr den Weg des Allgemeinmediziners einschlagen. Also ist auch dort wieder der Nachwuchs an Hausärzten sehr beschränkt und natürlich müssen auch diese Primärversorgungszentren mit Ärzten bestückt sein, ohne sie wird es nicht gehen. Und meine Frage wäre vielleicht auch noch an den Herrn Landesrat: wie wird es denn? Es gibt ja bereits Netzwerke und – die Frau Sprickler-Falschlunger hat es ausgeführt – die Assistentinnen und auch die Ärzte selber telefonieren oft wild in der Gegend herum, um Termine für die Patienten bei anderen Ärzten oder Therapeuten zu bekommen. Wie wird das dann in Zukunft sein? Wird der Patient, der aus dem Primärversorgungszentrum kommt, Vorrang haben beim Therapeuten oder bei dem anderen Arzt? Also ich befürchte eben, dass man sich trotzdem nicht leichter tut, dort Termine zu bekommen, gerade im fachärztlichen Bereich, wo es Bereiche gibt, in denen man Monate auf einen Termin warten muss. Was haben diese Patienten für einen Benefit? Und gibt es dann auch mehr Kassenstellen? – Das ist die Grundfrage. Denn, wenn es wahrscheinlich nicht mehr Kassen-Therapeuten und Kassen-Fachärzte gibt, wird’s auch nicht schneller und einfacher mit dem Termin gehen. Ja und noch ein letztes Wort zu den Gruppenpraxen, die es ja eigentlich schon gegeben hätte. Job-Sharing wäre ja möglich gewesen, es wurde nur nicht angenommen. Und vielleicht fragt man sich auch „warum?“ und nimmt diese Argumente her, das vielleicht in Zukunft besser zu machen, damit es für die Leute attraktiv ist, dieses Angebot auch anzunehmen. Denn das Schlimmste wäre, wir hätten lauter solche Versorgungszentren und niemand arbeitet dort. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Frau Abgeordnete Pointner. Als Nächster ist der Herr Abgeordnete Gantner am Wort. Gantner: Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzter Herr Landeshauptmann, Hohes Haus! Ich darf mich eingangs recht herzlich vor allem auch bei der Kollegin Rüscher bedanken, die viel Inhaltliches und Grundsätzliches gesagt und klargestellt hat. Primärversorgungszentren sollen eine erste, leicht und jederzeit zugängliche Kontaktstelle für alle Menschen mit gesundheitlichen Anliegen und Problemen sein. Zusammengefasst: sie sollen die allgemeine Grundversorgung unserer Patientinnen und Patienten sichern. Und hier möchte ich als Vertreter einer ländlichen Region wie dem Klostertal, aber dasselbe gilt auch für das Montafon, das Große Walsertal, den Bregenzerwald oder jede andere Region, die abseits eines unmittelbaren Ballungsraumes in unserem Land liegen, hier möchte ich einhaken. Wir spüren gerade in diesen Regionen, dass es immer schwieriger wird, die Stellen des Landarztes zu besetzen und geschweige denn nachzubesetzen. Und aus persönlichen Gesprächen – die Kollegin Rüscher hat es bereits erwähnt –, aus persönlichen Gesprächen in einer aktuellen Nachbesetzung einer Hausarztstelle in unserer Region kann ich berichten, dass es nicht einmal nur die stete Erreichbarkeit und die ausgedehnten Bereitschaftsdienste sind, die potenziellen jungen Bewerberinnen und Bewerbern Kopfzerbrechen machen, sondern es wiederholt auch die Tatsache dieser jungen Medizinerinnen und Medizinern ist, die die allgemeine Praxisübernahme sich oft nicht zutrauen, weil sie nicht zuletzt auch in ihrer Ausbildung die Arbeit im niedergelassenen Bereich gar nicht näher kennengelernt haben. Jede Anstrengung, die hier unternommen wird um diese Situation zu verbessern ist grundsätzlich zu begrüßen, dies gilt auch für die Primärversorgungszentren. Wesentlich wird

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es sein, wie die bestehenden Strukturen von Hausärzten und anderen medizinischen Berufsgruppen (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Herr Abgeordneter, die Zeit!) – okay – in Netzwerken und Synergien berücksichtigt werden. (Vorsitzender LTP Mag. Sonderegger: Ich bitte, zum Ende zu kommen!) Gleichzeitig gilt es, von Anfang an die bestehenden Systempartner zu berücksichtigen und einzubinden. Ich denke, frei nach dem Hinweis: „Informier Gebrauchsinformation Arzt oder Apotheker“, bitte ich um grundsätzliche Offenheit diesem Thema gegenüber und eine sachliche Diskussion nicht zuletzt auch zur Stärkung unserer Hausärzte. LTP Mag. Sonderegger: Dankeschön. Obwohl nicht vorgesehen, werden wir ein paar Sekunden der Regierung abklauben. Bitte, wer ist als Nächstes zu Wort oder am Wort, oder meldet sich zu Wort? – Bitte, Herr Landesrat. LR Dr. Bernhard: Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Landeshauptmann, Hoher Landtag! Zuerst einmal Danke für die Wahl dieses wichtigen Themas, von dem ich nämlich glaube, dass die Diskussion schon deshalb sehr gut tut, weil ja in der Breite der Bevölkerung dieser Grundgedanke jetzt auch einmal ankommen soll und ich oft das Gefühl habe, die Menschen wissen eigentlich noch zu wenig, was wir hier planen. Die Frau Dr. Sprickler-Falschlunger hat gesagt, sie hofft, dass sie begeistern kann. Also im Bezug auf meine Person muss ich Sie jetzt enttäuschen, weil ich bin schon begeistert von dem Ganzen. Aber ich hoffe, Sie konnten die anderen entsprechend mitnehmen. Mir ist nämlich, genau wie Ihnen, auch eines klar: Wir haben in der Gesundheitslandschaft in diesem Land mit der Pensionierung niedergelassener Kolleginnen und Kollegen eine große Änderung zu erwarten und das wird bis 2025 ganz klar dann auch spürbar. Deshalb muss man sich jetzt mit der entsprechenden Kraft und Hingabe auch aufstellen und nicht – und das ist halt jetzt in den vergangenen Monaten doch gelegentlich bei manchen so gewesen – sich dauernd mit irgendwelchen Problemen beschäftigen. Ich habe übrigens, weil es ja dann auch immer heißt, „meine Informationspolitik gegenüber anderen sei vielleicht nicht so sehr gut“. Am 3.9.2015, also vor kurzem, auch mit der Ärztekammer über die Primärversorgung gesprochen und bin ganz klar jetzt in der Lage, mit einem Satz zurückzukommen: Sie können sich das sehr gut vorstellen, wenn’s denn gut gemacht ist. Und alle anderen Dinge, wie diese zukünftigen Vertragsgestaltungen et cetera dann aussehen werden, das ist nicht etwas, das ich beeinflussen kann. Ich kann dann zwar gescheit mitreden, aber ich werde es also nicht schlussendlich verhandeln. Und da muss man klar sagen, ich glaube, man wird diese Dinge lösen können. Wichtig ist aber, dass wir inhaltlich uns einig sind, was wir für Patientinnen und Patienten in diesem Land auch wollen. Und das ist eben das Wohnortnahe, und das ist genau definiert. Und das ist das, was die Kollegin Dr. Sprickler-Falschlunger mit der Qualität angesprochen hat: Auch endlich einmal genau definiert, was leistet dann so eine Einrichtung? Jetzt haben wir nämlich relativ in Weiterleitung an Fachärzte oder Ambulanzen noch einen Wildwuchs, weil es geht eigentlich als Kriterium immer so weit, „was traut sich der niedergelassene Kollege, die niedergelassene Kollegin zu?“, und dann wird entschieden. Hier wird ganz klar im Sinne der Qualität auch eine Definition vorgenommen. Also von meiner Seite ein klares Bekenntnis. Ich vertrete das auch in der Zielsteuerung so. Und dann ist es mir natürlich schon jetzt aber kalt den Rücken irgendwie hinuntergerieselt, weil, Herr Dr. Kinz, seit drei Jahren, zum ersten Mal seit ich Sie kenne, in einer Sache total

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auf einer Linie – also das ist schon etwas Besonderes. Ich habe es nämlich genau wie Sie: Wir haben in Wien dieses erste – ich sage jetzt einmal – Vorzeigemodell von Primary Health Care. Und da gibt’s – und eben weil es keine entsprechende rechtliche Grundlage hat – natürlich auch schon die ersten Schwierigkeiten mit entsprechenden Anzeigen, dass das eben nicht gesetzeskonform ist. Und mir ist eines wichtig: es gibt – das wurde vom Abgeordneten Einwallner heute auch schon einmal hier gesagt – natürlich bei allen Regierungsmitgliedern Schubladen. Die sind aber nicht nur dazu da, dass Berichte darin verschwinden, sondern die sind auch dazu da, dass man dort die guten Gedanken ablegt. Und wir haben uns bezüglich der Primärversorgung schon sehr viele Gedanken gemacht, auch ganz konkret, wie das ausschauen kann im Zusammenspiel welcher Berufsgruppen mit dem ärztlichen Berufsstand. Und jetzt ist die Sache die. Ich habe gesagt, wir werden aber keine Ankündigung und keine Umsetzung machen, bevor wir nicht wissen, was ist die Rechtsgrundlage und wie schaut‘s dann hier seriös und belastbar aus? Ich muss nicht der sein, von dem es heißt, der hatte als Erstes PHC. Ich möchte dann lieber der sein, wo es dann heißt: Der hatte als Erstes das beste PHC. Eine Frage muss ich noch beantworten: Wo sehe ich die Notwendigkeiten? Da kann man natürlich das Ballungsgebiet nicht gegen den ländlichen Bereich ausspielen, sondern die Notwendigkeit ist natürlich dort, wo wir zu wenig Niedergelassene haben werden. Dort müssen wir als Erstes hin. Und dann hat mir noch etwas sehr gut gefallen, das war eine Feinheit der Kollegin Sprickler-Falschlunger, die hier davon gesprochen hat, dass man sich quasi also politisch in verschiedenen Dosierungen traut. Und sie hat dann gesagt, es gibt dann also quasi schon die mittlere Dosis und so weiter. Da kann ich ihr nur zustimmen. In meiner Schublade liegt gerade für die chronischen Schmerzpatienten auch die Überlegung, als Anlaufstelle dafür dann auch PHC verwenden zu können – aber das ist dann schon mittlere Dosis und werden wir dann bei einer anderen Sitzung auch noch einmal diskutieren. Danke! LTP Mag. Sonderegger: Danke, Herr Landesrat. Ich sehe im Moment keine Wortmeldung mehr. Damit darf ich die Sitzung unterbrechen und wir setzen um 14.00 Uhr hier im Plenum fort. Herzlichen Dank und ich wünsche einen guten Appetit. Die Sitzung wird um 12.27 Uhr von LTP Mag. Sonderegger unterbrochen und um 14.00 Uhr unter seinem Vorsitz fortgesetzt.