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die baustellen_Dezember/13 70 farbe Farbkultur – inspiriert vom Thurgau Die Analyse der Farbpalette des Kantons Thurgau hat ein Ergebnis hervorgebracht, welches weit über die Grenzen hinaus für die Architektur- und Farbschaffen- den einen Gewinn bringt. Dieses wird im Band 15 der Reihe «Denkmalpflege im Thurgau» (2013, CRB) dokumentiert und in der Wanderausstellung der Denk- malpflege Thurgau präsentiert. Text: Beatrice Sendner // Fotos: Christoph Gysin Architekturfarbigkeit bestimmt unseren All- tag und prägt die Identität der Siedlungen, in denen wir leben. Es stellt sich also die Frage, ob es eine Farbpalette gibt, die für eine Region bestimmend ist. Exemplarisch, aber in weiten Teilen auf andere Gegenden übertragbar, sind die in der neu erschiene- nen Publikation vorliegenden Ergebnisse für den Kanton Thurgau. Hier beauftragte das Amt für Denkmalpflege das «Haus der Farbe – Höhere Fachschule für Farbgestal- tung» in Zürich, die Farbigkeit des Thurgaus zu untersuchen und mit einem geeigneten Instrument sichtbar zu machen. Zu diesem Zweck wurden fünf typische Siedlungen ausgewählt. In Steckborn, einer Kleinstadt mit histori- schem Kern am Untersee, säumen engste- hende Häuser Strassen, Gassen und kleine Plätze. Die Häuser sind meist verputzt und mit Kalkfarbe gestrichen. Vereinzelt findet sich Mineralfarbe, die buntere und dunklere Fassaden ermöglicht. Da auch die Mineral- farbe erdig und natürlich wirkt, fügt sie sich stimmig ins zarte Kolorit der Kalkfarben ein. In Öl gestrichene Bauteile aus Holz setzen Farbakzente, ohne grell und schreiend zu wirken. Das Ergebnis ist ein reiches und ausgewogenes Kolorit. Die ländliche Siedlung von Lustdorf besteht aus soliden, schlichten Bauten, die unter mächtigen Ziegeldächern ruhen. Die Fas- saden sind mineralisch verputzt und hell gekalkt, Holz, Backstein und Naturstein er- gänzen den ruhigen Materialklang. Die Oberflächen altern würdevoll und entwi- ckeln eine lebendige Patina, so dass ein von ursprünglichen Materialien geprägtes natürliches Kolorit in vielfältigen Weiss-, Grau-, Ocker-, Braun- und Beigenuancen entsteht. Fensterläden und Türen in Rot- braun und Grün setzen die wenigen Bunt- akzente. Lustdorf ist eine Siedlung im währ- schaften Werktagskleid ohne Störung. Wie das Land, so die Farben Riegelhäuser sind gebaute Tradition, ein Markenzeichen des Thurgaus. Entspre- chend durfte eine Fachwerksiedlung in der Analyse nicht fehlen. Die grosse Mehrheit s

70 farbe - crb.ch fileDa auch die Mineral-farbe erdig und natürlich wirkt, fügt sie sich stimmig ins zarte Kolorit der Kalkfarben ein. In Öl gestrichene Bauteile aus Holz setzen

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Farbkultur – inspiriert vom ThurgauDie Analyse der Farbpalette des Kantons Thurgau hat ein Ergebnis hervorgebracht, welches weit über die Grenzen hinaus für die Architektur- und Farbschaffen-den einen Gewinn bringt. Dieses wird im Band 15 der Reihe «Denkmalpflege im Thurgau» (2013, CRB) dokumentiert und in der Wanderausstellung der Denk-malpflege Thurgau präsentiert. Text: Beatrice Sendner // Fotos: Christoph Gysin

Architekturfarbigkeit bestimmt unseren All-tag und prägt die Identität der Siedlungen, in denen wir leben. Es stellt sich also die Frage, ob es eine Farbpalette gibt, die für eine Region bestimmend ist. Exemplarisch, aber in weiten Teilen auf andere Gegenden übertragbar, sind die in der neu erschiene-nen Publikation vorliegenden Ergebnisse für den Kanton Thurgau. Hier beauftragte das Amt für Denkmalpflege das «Haus der Farbe – Höhere Fachschule für Farbgestal-tung» in Zürich, die Farbigkeit des Thurgaus zu untersuchen und mit einem geeigneten Instrument sichtbar zu machen. Zu diesem Zweck wurden fünf typische Siedlungen ausgewählt. In Steckborn, einer Kleinstadt mit histori-schem Kern am Untersee, säumen engste-hende Häuser Strassen, Gassen und kleine Plätze. Die Häuser sind meist verputzt und mit Kalkfarbe gestrichen. Vereinzelt findet sich Mineralfarbe, die buntere und dunklere Fassaden ermöglicht. Da auch die Mineral-farbe erdig und natürlich wirkt, fügt sie sich stimmig ins zarte Kolorit der Kalkfarben ein. In Öl gestrichene Bauteile aus Holz setzen Farbakzente, ohne grell und schreiend zu wirken. Das Ergebnis ist ein reiches und ausgewogenes Kolorit. Die ländliche Siedlung von Lustdorf besteht aus soliden, schlichten Bauten, die unter mächtigen Ziegeldächern ruhen. Die Fas-saden sind mineralisch verputzt und hell gekalkt, Holz, Backstein und Naturstein er-gänzen den ruhigen Materialklang. Die Oberflächen altern würdevoll und entwi-ckeln eine lebendige Patina, so dass ein von ursprünglichen Materialien geprägtes natürliches Kolorit in vielfältigen Weiss-, Grau-, Ocker-, Braun- und Beigenuancen entsteht. Fensterläden und Türen in Rot-braun und Grün setzen die wenigen Bunt-akzente. Lustdorf ist eine Siedlung im währ-schaften Werktagskleid ohne Störung. Wie das Land, so die Farben Riegelhäuser sind gebaute Tradition, ein Markenzeichen des Thurgaus. Entspre-chend durfte eine Fachwerksiedlung in der Analyse nicht fehlen. Die grosse Mehrheit

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der Bauten weist nach ungeschriebenem Gesetz den überlieferten Farbklang rot, weiss und grün auf. Blaugraues Fachwerk ist Bauten mit besonderen Funktionen wie dem Gerichtshaus vorbehalten. Trotz der Beschränkung entwickelt sich ein Gestal-tungsreichtum, da die vielfältigen Nuancen von Rot, Weiss und Grün sehr unterschied-lich eingesetzt werden können. So erschei-nen die Bauten je nachdem elegant, boden-ständig, lebendig, zurückhaltend oder dis-tanziert. Besonders auffallend sind Bauten in der Landschaft oder an Siedlungsrän-dern, entsprechend anspruchsvoll ist hier der Farbdialog. Am Beispiel der weithin sichtbaren Hänge des Ottenbergs wurde nach einer geeigneten Architekturfarbigkeit gesucht. Als Orientierungspunkt dienten Farben, die in der Natur grossflächig in al-len Jahreszeiten auftreten. Solche «geerde-te» Farben sind im ganzen Buntspektrum zu finden. Eher bunte Farben sollten abgedun-kelt werden, helle Töne dagegen auf Bunt-heit verzichten. Werden Häusergruppen als

Einheit behandelt, erlangt die Architektur eine klare und ruhige Präsenz. Es gibt aber auch immer mehr Dörfer und Siedlungsteile, die eine Identität vermissen lassen. Wohnhäuser, Industriebauten, Ver-kehr und Grünräume bilden ein loses Ne-beneinander. Die hellen Fassaden erhalten bunte Akzente ohne gemeinsamen Nenner. Münchwilen ist ein solches Dorf mit Vorort-charakter. Hier wurde ein Konzept entwi-ckelt, nach dem schrittweise durch eine Verdunklung der Farbpalette ein kraftvoller und ruhigerer Hintergrund entstehen kann, vor dem die helleren öffentlichen Bauten Akzente setzen. Farbenbasis für Gestalter sowie Entscheider Eine für jede dieser Situationen entwickelte Farbkarte veranschaulicht das spezifische Kolorit. Dazu sammelte man vor Ort quali-tätsvolle Architekturfarben. Die Farben wur-den im Atelier von Hand nachgemischt, vor Ort nochmals überprüft, ergänzt und opti-

miert. Auf diese Weise schälten sich die ortstypischen Farbeigenschaften eines Or-tes heraus. Recherchen und Interviews mit Fachleuten runden das Bild ab. Die Farbkarten – im Original in der Wander-ausstellung zu sehen – sind in der Publikati-on auf grosszügigen Falttafeln wiedergege-ben. Sie dienen über den Thurgau hinaus Bauherren als Inspiration, liefern bei Farb-beratungen eine Basis und stellen Ent-scheidungskriterien für Behörden dar. Wer in der Beratung tätig ist, sei es als Hand-werker, Farbgestalter oder Architekt, findet eine anschauliche Grundlage für die Farb-planung. Vertiefende Texte erläutern, wie die Analyse der tradierten Farbkultur als Basis für zeitgenössische Architekturfarbig-keit dienen kann. Die Farbgebung in historischer Zeit war durch die heilsame Beschränkung in Mitteln und Möglichkeiten bestimmt. Dadurch ent-stand eine selbstverständliche farbliche Verwandtschaft aller Bauten und Bauteile. Die Farbchemie des 20. Jahrhunderts hat diese Einschränkung mittels industriell her-gestellten Pigmenten und Bindemitteln überwunden. Seitdem wandeln sich die Siedlungen auch farblich immer rascher. Die technischen Möglichkeiten erlauben es, individuelle Vorlieben auszuleben. Allerdings gilt: Wo alle sich unterscheiden, unterschei-det sich niemand mehr. Der bewusst ge-setzte Akzent droht im Chaos unterzuge-hen. Die vorliegende Publikation bietet eine Handreichung für qualitätsvolle Farbgestal-tung in den Siedlungen, die von der Analy-se des Bestehenden ausgeht, nach den Qualitäten fragt und diese weiterentwickelt.

www.denkmalpflege.tg.ch www.crb.ch

Bezugsquelle, KontakteDie Publikation «Farbkultur im Thurgau pflegen und ge-stalten» ist erhältlich beim CRB, Postfach, 8036 Zürich, [email protected], Telefon 044 456 45 45. Die aktuellen Daten zur Wanderausstellung sind unter www.denkmalpflege.tg.ch – Veranstaltungen – Farbkultur einsehbar. Bildnach-weis: Amt für Denkmalpflege Thurgau, Christoph Gysin. Die Autorin dieses Berichts ist Dr. Beatrice Sendner, Amt für Denkmalpflege, Kanton Thurgau, Kantonale Denkmal-pflegerin. n

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