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Die Landwirtschaft der DDR befand sich Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre in einem grundlegenden Wandel, der nicht nur die Bauern persönlich betraf, sondern auch die volkseigene Kraftfahrzeugindustrie berührte. Anfang 1960 wurde die Kollektivierung der Landwirtschaft mit der Aktion „Frühling auf dem Lande“ abgeschlossen. Das Ackerland war nun den landwirtschaftlichen Produktionsgenossen- schaften (LPG) zugeordnet und wurde mit einem immer höheren Grad der Mechanisierung zur Steigerung der Ernteerträge bewirtschaftet. Die Kraftfahrzeuge der ersten Entwicklungsgeneration wie zum Beispiel die Traktoren der RS-Reihe, waren den steigenden Anforderungen an eine effektive land- wirtschaftliche Produktion nicht mehr gewachsen. Selbst die stärkste Version des Famulus entsprach den Erwartungen schon nicht mehr. Die angestrebte und für die Inlandsversorgung dringend notwendige Erhöhung der Erträge bedingte zwangsläufig neue, leistungsfähi- gere Maschinen. Im Jahre 1962 beschloß der Ministerrat der DDR, daß für dieses Vorhaben – die Steigerung der landwirtschaft- lichen Produktivität – ein den Anforderungen genügen- der neuer Traktor zu entwickeln sei. Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, mußten umfangreiche Strukturände- rungen vorgenommen werden. Als Entwicklungs- und Produktionsstandort stand das Traktorenwerk Schöne- beck zur Verfügung. Umgehend wurde mit den Projek- tierungs- und Konstruktionsarbeiten begonnen. Dieser neue Traktor sollte eine Leistung von 100 PS und eine Zugleistung von 1,4 Mp, bzw. 13 kN aufweisen. „Welt- niveau“ sollte er erreichen und durch den Export die so dringend benötigten Devisen in die klammen Kassen der DDR spülen. Bereits zwei Jahre später konnte ein erstes Funktions- muster des neuen, „ZT 300“ genannten Traktors fertig- gestellt und intensiven Erprobungen unterzogen werden. Neben den rein technischen Innovationen wurde gro- ßer Wert auf die Verbesserung der arbeitshygienischen Belange gelegt. Rundumsicht, Sitzposition sowie die Zu- gänglichkeit zu Schaltern und Hebeln sollten gegenüber den vorhandenen Traktoren deutlich verbessert werden. Nach nur fünf Jahren Entwicklungszeit konnte 1967 nach abschließender Prüfung des neuen Traktors mit der Serienfertigung im Traktorenwerk Schönebeck begonnen werden. Am 15.09.1967 verließ der erste Serien-ZT 300 die Hallen in Schönebeck. DER ZUGTRAKTOR ZT 300 AUS SCHÖNEBECK TEXT CARSTEN BRAUN | FOTOGRAFIE DIGITALFOTOGRAFIXX.DE 8 9 ANMERKUNGEN ZUR KFZ-TECHNIK ZT 300 ANMERKUNGEN ZUR KFZ-TECHNIK ZT 300

8 ANMERKUNGEN ZUR KFZ-TECHNIKstart.79oktan.de/app/download/11999814/Zugkraft+aus... · onszeit die Vorgabe erreicht, einen Traktor mit 100 PS zu fertigen. Die ZT 300-Baureihe verfügt

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Die Landwirtschaft der DDR befand sich Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre in einem grundlegenden Wandel, der nicht nur die Bauern persönlich betraf, sondern auch die volkseigene Kraftfahrzeugindustrie berührte. Anfang 1960 wurde die Kollektivierung der Landwirtschaft mit der Aktion „Frühling auf dem Lande“ abgeschlossen. Das Ackerland war nun den landwirtschaftlichen Produktionsgenossen-schaften (LPG) zugeordnet und wurde mit einem immer höheren Grad der Mechanisierung zur Steigerung der Ernteerträge bewirtschaftet.

Die Kraftfahrzeuge der ersten Entwicklungsgenera tion wie zum Beispiel die Traktoren der RS-Reihe, waren den steigenden Anforderungen an eine effektive land-wirtschaftliche Produktion nicht mehr gewachsen. Selbst die stärkste Version des Famulus entsprach den Er wartungen schon nicht mehr. Die angestrebte und für die Inlandsversorgung dringend notwendige Erhöhung der Erträge bedingte zwangsläufig neue, leistungsfähi-gere Maschinen.

Im Jahre 1962 beschloß der Ministerrat der DDR, daß für dieses Vorhaben – die Steigerung der landwirtschaft-lichen Produktivität – ein den Anforderungen genügen-der neuer Traktor zu entwickeln sei. Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, mußten umfangreiche Strukturände-rungen vorgenommen werden. Als Entwicklungs- und Produktionsstandort stand das Traktorenwerk Schöne-beck zur Verfügung. Umgehend wurde mit den Projek-tierungs- und Konstruktionsarbeiten begonnen. Dieser neue Traktor sollte eine Leistung von 100 PS und eine Zugleistung von 1,4 Mp, bzw. 13 kN aufweisen. „Welt-niveau“ sollte er erreichen und durch den Export die so dringend benötigten Devisen in die klammen Kassen der DDR spülen.

Bereits zwei Jahre später konnte ein erstes Funktions-muster des neuen, „ZT 300“ genannten Traktors fertig-gestellt und intensiven Erprobungen unterzogen werden. Neben den rein technischen Innovationen wurde gro-ßer Wert auf die Verbesserung der arbeitshygienischen Belange gelegt. Rundumsicht, Sitzposition sowie die Zu-gänglichkeit zu Schaltern und Hebeln sollten gegenüber den vorhandenen Traktoren deutlich verbessert werden.

Nach nur fünf Jahren Entwicklungszeit konnte 1967 nach abschließender Prüfung des neuen Traktors mit der Serienfertigung im Traktorenwerk Schönebeck begonnen werden. Am 15.09.1967 verließ der erste Serien-ZT 300 die Hallen in Schönebeck.

DER ZUGTRAKTOR ZT 300 AUS SCHÖNEBECKT E X T C A R ST E N B R AU N | FOTO G R A F I E D I G I TA L FOTO G R A F I X X . D E

8 9A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300

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A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300

1 Die Anbauplatte für den hydraulisch

aushebbaren Schneepflug und Zusatz-

scheinwerfer machen den ZT 300 winter-

diensttauglich

2 ZT 300 in reichlich patiniertem Zustand in

typischem Einsatz als Zug- und Antriebs-

mittel für eine Fortschritt-Strohpresse

3 Trittplattform und

Haltegriff für das

Rangierpersonal.

Der Spurführungs-

satz vorn ist nach

unten abgesenkt.

4 Bahntechnische

Ausrüstung:

Zweiradrückleuch-

ten, Scheinwerfer

auf dem Dach und

der hydraulisch

absenkbare Spur-

führungssatz.

ZT 300 – DER GRUNDTYP

ZT 300 ZMF – DIE RANGIERLOK

Der ZT 300 ist ein hinterradgetriebener Schlepper in Halbrahmenbauweise. Der Halbrahmen aus zwei längs angeordneten U-Profilen trägt den Motor und die pendelnd gelagerte Vorderachse.

Im ZT wurden drei Varianten des bekannten Diesel-motors eingesetzt. Der von 1967 bis 1973 verwendete, aus dem S4000-1 bekannte Motor 4 KVD 14,5/12 SRW mit Wirbelkammereinspritzung aus Nordhausener Pro-duktion leistet 90 PS bei 1500 U/min. Dieser Motor wur-de zuerst im IFA W50 (110 PS) eingesetzt, erwies sich aber nicht als standfest. Ab 1973 kam die weiterentwik-kelte Variante 4 KVD 14,5/12-1 SRW mit Direkteinsprit-zung nach dem Mittelkugel-Brennverfahren zum Einsatz, der im ZT eine Leistung von 92 PS aufwies.

Vier Jahre später wurde dann die letzte Entwicklungs-stufe des Vierzylinder-Diesels auch im ZT 300 eingebaut. Damit war erst nach mehr als zehn Jahren Produkti-onszeit die Vorgabe erreicht, einen Traktor mit 100 PS zu fertigen.

Die ZT 300-Baureihe verfügt über ein in drei Gruppen schaltbares Dreiganggetriebe. Über eine druckluftunter-stützte Doppelkupplung wird die Kraft auf die Hinterrä-der übertragen. Nicht nur die Schaltvorgänge werden damit ausgeführt, sondern auch die Zapfwelle und die Unterlaststufe ein- und ausgeschaltet. Die Unterlaststu-fe bietet die Möglichkeit, das Drehmoment an den Hin-terrädern ohne Zugkraftunterbrechung zu erhöhen. Am ZT 300 können zapfwellengetriebene Anbaugeräte hin-ten oder optional zwischen den Achsen und vorn mit einer Drehzahl von 540 U/min oder 1000 U/min betrie-ben werden.

Mit der großflächigen Verbreitung dieses Traktors konnte die Arbeitsleistung gegenüber der alten Trakto-rengeneration um rund zwei Drittel gesteigert werden. Neben den klassischen Aufgaben eines Traktors auf dem Feld konnten mit dem ZT nun auch andere, nicht un-bedingt landwirtschaftliche Arbeiten, erledigt werden. Durch die Ausrüstung mit einem Schneepflug im Win-terdiensteinsatz ließen sich Stillstandszeiten reduzieren. Bis hin zum Einsatz als „Rangierlok“ ist der ZT 300 für vielfältige Aufgaben gerüstet.

Für Betriebe wie Getreidelager oder die Agrochemi-schen Zentren mit Bahnanschluß, wurde für den ZT 300 eine Zweiwegeeinrichtung durch das RAW Leipzig entwickelt und gebaut. Der Traktor kann so für leich-te Verschub- und Rangierarbeiten eingesetzt werden, wobei die volle Straßentauglichkeit erhalten bleibt.

Vor der Vorder- und hinter der Hinterachse wurden Spurführungssätze im Spurmaß 1435 mm montiert, die hydraulisch auf die Gleise abgesenkt werden. Der An-trieb erfolgt über die Hinterräder. Besonderheit hierbei sind die für Gleisfahrten ausgelegten Reifen. Im Gegen-satz zu normalen Traktorreifen mit pfeilförmigem AS-Profil (AS – Ackerschlepper), ist der ZT 300 ZMF (Zweiwege-Mehrzweck-Fahrzeug) mit Reifen ausgerüstet, deren Profil über die Reifenmitte reicht, um die optimale Traktion bei Gleisfahrt zu garantieren. Der ZT 300 ZMF ist mit bahn-technischen Ausrüstungen nach den Vorschriften zum Betrieb von Anschlußbahnen ausgestattet. Auf dem Dach befinden sich zwei zusätzliche Scheinwerfer als Spitzen-licht, je einer nach vorn und hinten. Drucklufthupen und Schlußlichter vervollständigen den ZT zur Rangierlok. Zwischen den Achsen, unterhalb der Druckluftkessels, befinden sich auf jeder Seite Trittplattformen, auf denen das Rangierpersonal während des Rangierbetriebs sicher stehen kann. Je nach Steigung und Kurvenradius kann mit dem ZT 300 ZMF eine Anhängemasse von bis zu 150 t be-wegt werden. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit Last beträgt 5 km/h, ohne Last sind 15 km/h möglich.

1

T EC H N I S C H E D AT E N Z T 300

Hersteller TWS – VEB Traktorenwerk Schönebeck

Herstellungsperiode 1967 – 1984

Motor Reihen-Vierzylinder-Dieselmotor, Direkteinspritzung, Wasserkühlung

Bohrung x Hub 120 x 145 mm

Hubraum 6560 ccm

max. Leistung 66 kW / 90 PS bei 1500 U / min ab 1977: 73,5 kW / 100 PS bei 1800 U / min

Drehmoment 422 Nm bei 1350 U / min

Antrieb mechanisches Wechselgetriebe mit 9 Gängen (3 Gänge in 3 Gruppen)

Karosserie geschlossene Fahrerkabine

Radstand 2800 mm

Länge x Höhe x Breite 4690 x 2020 x 1800 mm (ZT 300 / 303 / 304)4690 x 3263 x 1800 mm (ZT 305)

Leermasse 4820 kg (ZT 300/304) 5255 kg (ZT 303) 6520 kg (ZT 305)

Anhängemasse 24.000 kg mit Druckluftbremse

Bereifung vo / hi: 7.50-20 10PR / 18.4/15-30 8PR (ZT 300 / 304)vo / hi: 12.5-20 A19 / 18.4/15-30 8PR (ZT 300 / 304)vo / hi: 16/70-20 AS / 18.4-34 10PR (ZT 305)

Höchstgeschwindigkeit 28,84 km / h

2

3

4

55 MPT-Reifen mit

dem für Gleisfahrt

typischen Profil.

MPT – Multi

Purpose Tyres

1110

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A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300

FOTO

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TEN

BRAU

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Die Abschleppstange als Synonym: der ZT304 ist als reine Zugmaschine konzipiert.

Der Standardallradtraktor der DDR.

Hier in privatem Einsatz.

ZT 304 – DAS ABGESPECKTE MODELL

ZT 305 – DER HANGTRAKTOR

ZT 303 – DER ALLRADER

Um auch den außerhalb der Landwirt-schaft vorherrschenden Mangel an Trans-portkapazitäten zu mildern, wurde der ZT 300 als Modell 304 auf das Wesentliche reduziert. Kraftheber, Unterlaststufe und Zapfwellen werden für übliche Transport-aufgaben nicht gebraucht. Eine einfache Hydraulikanlage zu Abkippen von Anhän-gern reichte aus. Der ZT 304 kam vorwie-gend in der Bauwirtschaft zum Einsatz. Mit Tiefladern transportierte er Baumaschi-nen oder Schüttgut in Kippanhängern. Vielmals wurden ZT 304 während der Ernte auch in den LPG eingesetzt, um beim Ab-fahren von Getreide, Stroh und ähnlichem zu helfen.

Neben der heckgetriebenen Grundvariante ist der mit Allradantrieb ausgestattete ZT 303 mit einer 25 Prozent höheren Zugleistung für anspruchsvollere Varianten der Bodenbearbeitung deutlich besser geeignet. Vor allem auf schweren Böden und in bergigen Gegenden ist er dem ZT 300 deutlich überlegen. Der 303er entspricht in seiner Ausstattung dem ZT 300, wesentlicher Unter-schied ist die angetriebene ungebremste Vorderachse, die nach dem Baukastenprinzip vom IFA W50 stammt.

Der ZT 303 besitzt keinen permanenten oder manuell zuschaltbaren Vorderradantrieb, sondern bedienungs-freundlich einen sich automatisch zuschaltenden Antrieb, der nur durch den Schlupf der Hinterräder gesteuert wird. Beträgt die Drehzahldifferenz zwischen Vorder- und Hinterachse mehr als acht Prozent, schaltet sich die Vorderachse zu. Der Traktorist muß sich also nicht um das Ein- oder Ausschalten der Vorderachse kümmern. Im Vergleich zum Grundmodell war die Allradvariante rund ein Drittel teurer, die besseren Leistungsdaten wogen den Preisnachteil aber deutlich auf.

Gelände, wie gemacht für den ZT 305.

Vorrangiges Einsatzgebiet waren die Mittel-

gebirge in den südlichen Bezirken der DDR.

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A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300

ZT 300 GB – DIE RAUPE

Schon in den ersten Nachkriegsjahren wurden neben Rad-Traktoren auch Kettenschlepper aus Vorkriegsent-wicklungen weiterentwickelt und hergestellt. So der auf der FAMO-Raupe basierende Kettenschlepper KS 07 „Rübezahl“ und der KS 30 „Urtrak“. Traktoren auf Gleis-bändern bzw. Kettenlaufwerken wurden vornehmlich auf Böden mit geringer Tragfähigkeit eingesetzt. Der Boden-druck konnte durch die große Aufstandsfläche der Ketten reduziert werden, ein Einsinken des Traktors wurde vermie-den und es konnten relativ hohe Zugleistungen auf den Boden gebracht werden. Ein Gedanke, der gerade in der heutigen Zeit eine Renaissance erlebt.

Bereits Anfang der siebziger Jahre begann man mit der Projektierung und Entwicklung eines Gleisbandtraktors auf Basis des ZT 300. Aber erst im Jahr 1983 konnte man zwei Funktionsmuster vorstellen und im gleichen Jahr noch 18 Serienfahrzeuge produzieren.

Die ZT 300 GB (Gleisband) wurden im Kreisbetrieb für Landtechnik Zerbst hergestellt. Aus Schönebeck wur-den normale ZT 300 aus der laufenden Serienproduktion angeliefert und zum ZT 300 GB umgebaut. Vorderach-

se und Hinterachsdifferential wurden ausgebaut. Der geänderte vordere Rahmen nimmt nun die pendelnd gelagerte vordere Achsschwinge des Gleisbandlauf-werks auf, an Stelle des Differentials kommt ein Cletrac-Lenkgetriebe zum Einsatz. Der Antrieb erfolgt über die an der Hinterachse montierten Räder des Allrad-Robur in der Größe 10.00-20. Eine Besonderheit, denn die Antriebskräfte werden ausschließlich über die Reib-kräfte zwischen den Reifen und dem Gummi-Gleisband übertragen und nicht, wie sonst üblich, über ein An-triebsritzel mit Eingriff in die Kette. Die Führung des Gleisbands erfolgt durch innen angeordnete Stahlstol-len, die zwischen den Laufrädern laufen und so das Abspringen des Bandes bei Kurvenfahrt verhindern. Das Gleisband wird mit Hydraulikzylindern an den vor-deren Leiträdern von der traktoreigenen Hydraulik-anlage gespannt und durch Keilstücke gesichert. Die Aus rüstung des ZT 300 GB entspricht der des Grund-typs. Insgesamt wurden ca. 71 Fahrzeuge gebaut, die jeweils mit rund 130.000 Mark die mit Abstand teuerste Variante der Baureihe waren.

5Als Krönung der ZT-Baureihe erschien 1981 der ZT 305. Ausgelegt als Hangtraktor, können mit ihm auch Flächen bearbeitet werden, deren Hangneigung für den ZT 300 oder 303 zu groß ist.

Seitliches Umkippen wird durch die serienmäßige Zwillingsbereifung an der Hinterachse verhindert, zu-sätzlich können auch an der Vorderachse Zwillingsräder gefahren werden. Hierzu müssen die äußeren Räder ge-dreht und an den vorhandenen Radbolzen verschraubt werden. Die Räder der Hinterachse werden mittels 50 cm langen Verbindungsstücken an die Hinterachse montiert und mit Kotflügelverbreiterungen mit Überbreitenkenn-zeichnung (der ZT 305 ist 3,26 m breit!) komplettiert. Die höheren Kräfte durch den längeren Hebel an der Hinter-achse machten es erforderlich, verstärkte Achstrichter einzusetzen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt in bergigem Gelän-de ist die Bremsanlage. Um die vorgegebene Anhänge-last auch in Hanglagen sicher zum Stehen zu bringen, wurde beim 305er die Vorderachse des IFA W50 in ge-bremster, bremskraftverstärkter Ausführung eingesetzt und mit größeren Vorderreifen bestückt. Dadurch entfiel die Einzelradbremse an der Hinterachse, der ZT 305 be-sitzt deshalb einen etwas größeren Wendekreis als der ZT 300/303/304.

Der ZT 305 in voller Hangausrü-

stung: Zwillingsbereifte Achsen

verringern das Umsturzrisiko bei

Arbeiten in Hanglagen.

3 Ein ungewöhnliches Bild: Der ZT als Raupe.

4 Alle wichtigen Anzeigen und Schalter auf

einen Blick: Das übersichtliche Armaturen-

brett der ZT-Reihe.

5 Blick in den Motorraum: Einspritzpumpe

und Luftverdichter finden ihren Platz unter

der Haube. Links unten der nach vorn

verlegte Druckluftkessel des ZT 300 GB.

1

2

4

3

1 Gebremste Vorderachse aus dem IFA W50

2 Breit! Die zusätzlich montierten Hinter-

räder und die mit Streben abgespannten

Kotflügelverbreiterungen samt zweitem

Satz Rückleuchten ergeben eine Breite

von 3,26 m!

1514 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300

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ZT 403 – DAS MONSTER Bis Ende der siebziger Jahre waren die Traktoren der ZT-Reihe mit ihren 100 PS durchaus den Anforderungen in der DDR-Landwirtschaft gewachsen. Eine weitere Steigerung der Effektivität und Produktivität führte die Traktoren jedoch zunehmend an ihre Leistungsgren-zen. Um größere Flächen in kürzerer Zeit zu bearbeiten, mußten mehr leistungsfähigere Maschinen eingesetzt werden. Zu dieser Zeit standen Traktoren mit Motorlei-stungen über 100 PS nur aus sowjetischer Produktion zur Verfügung, zum Beispiel die bekannten russischen Schlepper Kirowez K-700 mit 215 PS und der K-700A mit 225 PS aus dem Leningrader Traktorenwerk. Ein wei-terer Traktor ist der ukrainische T-150K mit 165 PS, der ab 1972 im Traktorenwerk Charkow produziert wurde und die Leistungslücke zwischen dem Kirowez und dem ZT 300 schließen konnte. Für schwere Feldarbeit und zum Pflügen kam der K-700 zum Einsatz. Obwohl dieser von 1976 bis Mitte der achtziger Jahre in 2525 Exempla-ren importiert wurde, konnte der Bedarf an Traktoren dieser Leistungsklasse nicht gedeckt werden.

Ein Dilemma. Waren doch Fertigungs- und Entwick-lungskapazitäten im Traktorenwerk Schönebeck vorhan-den, um der ZT-Reihe leistungsmäßig auf die Sprünge zu helfen. Nur durften offiziell in der DDR nach RGW- Beschluß keine Traktoren mit Motorleistungen über 100 PS gefertigt werden. Doch wie so oft in der Geschichte der DDR-Fahrzeugindustrie sollte auch hier mit einer sogenannten Schwarzentwicklung Abhilfe geschaffen werden. Leistungsfähige Sechszylinder-Dieselmotoren standen mit dem im Feldhäcksler E280 eingesetzten 6VD 14,5/12-1 SRW mit 170 PS zur Verfügung. Es lag also nahe, diesen Motor in den ZT zu verpflanzen. Dazu wurde dessen Halbrahmen um ca. 35 cm verlängert, um den längeren Motor unter der ZT-Haube unterbrin-gen zu können. Allerdings mußte der Motor auf 150 PS gedrosselt werden, weil das originale Getriebe des ZT nicht verstärkt werden konnte. Weitere Detailände-rungen an der Peripherie des Motors wurden vorge-nommen. So wurde ein anderer Krümmer eingebaut, der Auspuff lag nun nicht mehr mittig am Motor, son-dern wurde um einen Zylinder nach hinten versetzt, sodaß der hintere Teil der Motorhaube nicht geändert werden mußte. Der Motor füllt den Maschinenraum des ZT jedoch trotzdem gänzlich aus. Der originale Tank vor der Fahrerkabine wurde durch einen links am Rahmen befestigten Tank des Belarus MTS 50 ergänzt, um genügend Kraftstoff für eine Schicht mitführen zu können.

Um die erhöhte Leistung auch auf den Boden zu be-kommen, rollt der ZT 403 auf Hinterreifen der Dimension 18-26AS, wie sie auch beim K-700 zu finden sind. Vorn kommt die gebremste Vorderachse des IFA W50 zum Einbau, die mit der großen Niederdruckbereifung 16/70-20 ausgestattet ist. Insgesamt wurden drei ZT 403 gebaut, wovon noch zwei erhalten sind.

Was hier so trocken und nüchtern beschrieben ist, ge-staltete sich zur damaligen Zeit mitunter abenteuerlich, denn solche Schwarzentwicklungen waren illegal. Allzeit knappe Ressourcen an Mensch und Material wurden für solche Eigenentwicklungen beansprucht. So mußten drei gebrauchte ZT 303 organisiert werden, die zum 403 umgebaut werden sollten. Dazu brauchte es Motoren, die entweder nicht einsatzfähigen Häckslern entnom-men wurden oder als Ersatzteil beschafft werden mußten. Auch die Beschaffung der Hinterräder des K-700 war eine Herausforderung. Der Umbau erfolgte dann im KfL Zingst unter Leitung des Chefkonstrukteurs des TWS Schöne-beck Blumenthal, der auf Hiddensee ein Ferienhaus besaß und sich während seiner Sommerferien um dieses Projekt kümmerte, quasi als Subbotnik im Ostseeurlaub. Waren Schwarzentwicklungen wie beim Wartburg 311 oder beim Trabant 601 teilweise erfolgreich und wurden in die Seri-enfertigung überführt, scheiterte das Projekt ZT 403. Mehr als die drei ZT 403 wurden nicht gebaut, wobei allerdings noch weitere ZT auf Eigeninitiativen verschiedener LPG auf den Sechszylindermotor umgerüstet wurden.

Kurz nach dieser Umbauaktion unter Herrn Blumenthal wurde die Staatssicherheit auf den umtriebigen Chefkon-strukteur des TWS aufmerksam. Es folgten Hausdurchsu-chungen, die Beschlagnahmung vorhandener Unterlagen und zu guter Letzt versuchte man durch den Vorwurf, das Ferienhaus sei mit nicht ganz sauberen Mitteln gebaut worden, die Aktivitäten an der Ostsee zu unterbinden. Blumenthal konnte die Vorwürfe widerlegen und nach Zah-lung einer nicht ganz unerheblichen Geldstrafe wurden das Projekt und die Idee zunächst zu den Akten gelegt. Es durfte nicht sein, was durch Erfindungsreichtum, Orga-nisationstalent und Engagement möglich gewesen wäre.

Erst Mitte der achtziger Jahre wurde das Thema beim Nachfolger, der ZT 320-Reihe, wieder aufgegriffen und bis 1992 entstanden rund 85 sechszylindrige ZT 423.

T EC H N I S C H E D AT E N Z T 403

Hersteller KfL Zingst

Herstellungsperiode 1977

Motor Reihen-Sechszylinder-Dieselmotor, Direkteinspritzung, Wasserkühlung

Bohrung x Hub 120 x 145 mm

Hubraum 9839 ccm

max. Leistung 110 kW / 150 PS bei 2000 U / min

Drehmoment 525 Nm bei 2000 U / min

Antrieb mechanisches Wechselgetriebe mit 9 Gängen (3 Gänge in 3 Gruppen)

Karosserie geschlossene Fahrerkabine

Radstand 2800 mm

Länge x Höhe x Breite 4690 x 2020 x 1800 mm (über Motorhaube)

Leermasse 4820 kg

Anhängemasse 24.000 kg mit Druckluftbremse

Bereifung vo / hi: 16 / 70-20 AS / 23.1 / 18-26

21

Stattliche Erscheinung: Der ver-

längerte ZT mit Sechszylinder-

motor. Den seitlichen Zusatztank

spendete der Belarus MTS 50,

die Hinterräder der K700.

1 Der über die Einspritzpumpe auf 150 PS

gedrosselte Sechszylindermotor aus dem

Feldhächsler E280

2 Der um einen Zylinder nach hinten

versetzte Auspuff. Gut zu erkennen

ist die „Nahtstelle“ der verlängerten

Motorhaube.

1716 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300

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Thüringer Straße 3006112 Halle/SaaleTel: 0345/4820776

Christian SuhrFAHRZEUG-SCHMIEDEWERDAU100 JahreFahrzeugbauin Werdau30 x 24 cm176 Seiten ca. 180 Abb.HardcoverArt.Nr.: B 202

Preis 29.95

BÜCHERBOOKSLIVRESBOEKENKNIHY

DIE MAGISCHE ZAHL: ZT 313 – DER UNBEKANNTE Erwähnt man in der Ost-Oldtimerszene die Zahl 313, wird automatisch der Wartburg 313 mit ihr assoziiert. Doch im Landmaschinenbau gab es einen Traktor, dessen Mo-torhaube ebenfalls die 313 ziert. Ab Ende der siebziger Jahre begannen die Planungen für die Nachfolgemodelle der Dreihunderter-Serie. Durch Detailverbesserungen am Motor konnte der spezifische Kraftstoffverbrauch gesenkt werden. Das Getriebe wurde um einen Gang erweitert. Vier Gänge in drei Gruppen ermöglichten eine Steige-rung der Zugkraft um sechs Prozent. Diese und andere Verbesserungen wurden in den als ZT 313 bezeichneten Erprobungsträgern getestet. Neue Technik im altbekann-ten Kleid. Der einzige auf den ersten Blick zu erkennen-de Unterschied sind die geschlossenen seitlichen Bleche an der Motorhaube. Mit dieser Maßnahme wurde die Verringerung der Luftverwirbelungen vor und nach dem Kühler und damit die Erhöhung des Luftdurchsatzes erreicht und dann auch bei den Serienmodellen der ZT 320-Reihe umgesetzt.

Zwei ZT 313 und ein ZT 315, die Hangvariante wie der ZT 305, wurden im Musterbau des Traktorenwerks Schönebeck gefertigt.

Technologieträger im Gewand

des ZT 300/303: Der ZT 313

trägt unter seinem Blechkleid

die Technik des Nachfolgers

ZT 320/323.

2

1

1 Äußeres Unterscheidungsmerkal:

Das geschlossene Blech auf Höhe der

Vorderachse. Serien-ZT besitzen hier

ein Lüftungsgitter.

2 Von vorn ist der ZT 313 nicht von

einem ZT 303 der letzten Ausführung

zu unterscheiden

1918 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300 A N M E R K U N G E N Z U R K F Z- T EC H N I K Z T 300