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MEGATRENDS BEI ALTERNATIVEN KRAFTSTOFFEN Bedingt durch steigende Kraftstoff- preise und immer strengere Abgasvor- schriften werden alternative Kraftstoffe zukünftig stark an Bedeutung gewin- nen. Wie Dr. Ralph-Michael Schmidt, Geschäftsführer von L‘Orange, in sei- nem Keynote-Vortrag erläuterte, „trei- ben dabei vier Megatrends diese Verän- derung voran“. Da ist zuerst die Ver- wendung von Erdgas als Kraftstoff für saubere Verbrennungsmotoren. Die Verarbeitung von Biomasse als grüne Ressource ist als Nächstes zu nennen. Drittens nimmt die Umwandlung von erneuerbaren Energien in flüssige oder gasförmige Energieträger stetig zu. Und last, but not least findet ein fortlaufen- des Streben nach Unabhängigkeit von fossilen Ölimporten statt. So existiert für Schmidt, „heute ein bunter Mix an Kraftstoffen, angefangen bei Biokraft- stoffen über die aus Rohöl gewonnenen herkömmlichen Kraftstoffe bis hin zu Methylether oder Methanol.“ NEUE GASMOTOREN UND BRENNVERFAHREN Im stationären Motorenbereich gelten derzeit für den Großteil der Applikatio- nen die Emissionsgrenzen der TA Luft beziehungsweise der verschärften TA Luft. Thomas Gebhard von Liebherr Machines Bulle zeigte vor diesem Hin- tergrund die Eigenschaften der neuen Liebherr-Gasmotorenfamilie auf: „Die Anforderungen an einen stationären Gasmotor unterscheiden sich dabei sig- nifikant von denen eines Dieselmotors in der Off-Highway-Anwendung.“ Ins- besondere bedingt das Geschäftsmodell des Betreibers eine Konzentration auf die Merkmale Wirkungsgrad, Verfüg- barkeit, Stabilität des Betriebs und Betriebskosten. Für die Verbrennungs- entwicklung der neuen Motorenfamilie, insbesondere die Gestaltung der Brenn- raumgeometrie und der Ansaugstrecke, wurden umfangreiche 3-D-CFD-Berech- nungen mit OpenFoam durchgeführt. Konkrete Ergebnisse dieser simulations- gestützten Entwicklung finden sich in der Kolbenform, der Anpassung der Einlasskanäle und der Gestaltung der Ansaugstrecke. So wurde eine hohe Turbulenz im Bereich des Zündfunkens für eine stabile Entflammung und hohe Flammausbreitungsgeschwindigkeit erzielt. Auch die Kolbenmulde wurde ohne Hinterschnitte gestaltet, sodass nun eine schnelle, vollständige Ver- brennung erzielt wird. Durch diese Maßnahmen konnten die wichtigsten Kenngrößen der Gasmotoren deutlich verbessert werden. So erreichen die Vierventil-Gasmotoren im Leistungsbe- reich von 136 bis 517 kW beim Einsatz mit Erdgas mechanische Wirkungs- grade von über 42 %. 8. INTERNATIONALE MTZ-FACHTAGUNG HEAVY-DUTY, ON- UND OFF-HIGHWAY-MOTOREN 2013 Auch in Zukunft werden strengere Anforderungen durch die Abgasge- setzgebung sowie steigende Energie- preise die Haupttreiber bei der Ent- wicklung von Diesel- und Gasgroß- motoren sein. Dies ging aus vielen Vorträgen bei der 8. MTZ-Konferenz Heavy-Duty, On- und Off-Highway- Motoren hervor, die am 5. und 6. November 2013 in Ludwigsburg stattfand. Führende Experten gaben den annähernd 250 Teilnehmern Einblick in den aktuellen Stand ihrer Entwicklungen und der neuesten Forschungsergebnisse. AKTUELL TAGUNGSBERICHT 10

8. Internationale MTZ-Fachtagung Heavy-Duty, On- und Off-Highway-Motoren 2013

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Page 1: 8. Internationale MTZ-Fachtagung Heavy-Duty, On- und Off-Highway-Motoren 2013

MEGATRENDS BEI ALTERNATIVEN KRAFTSTOFFEN

Bedingt durch steigende Kraftstoff-preise und immer strengere Abgasvor-schriften werden alternative Kraftstoffe zukünftig stark an Bedeutung gewin-nen. Wie Dr. Ralph-Michael Schmidt, Geschäftsführer von L‘Orange, in sei-nem Keynote-Vortrag erläuterte, „trei-ben dabei vier Megatrends diese Verän-derung voran“. Da ist zuerst die Ver-wendung von Erdgas als Kraftstoff für saubere Verbrennungsmotoren. Die Verarbeitung von Biomasse als grüne Ressource ist als Nächstes zu nennen. Drittens nimmt die Umwandlung von erneuerbaren Energien in flüssige oder gasförmige Energieträger stetig zu. Und last, but not least findet ein fortlaufen-des Streben nach Unabhängigkeit von fossilen Ölimporten statt. So existiert für Schmidt, „heute ein bunter Mix an Kraftstoffen, angefangen bei Biokraft-

stoffen über die aus Rohöl gewonnenen herkömmlichen Kraftstoffe bis hin zu Methylether oder Methanol.“

NEUE GASMOTOREN UND BRENNVERFAHREN

Im stationären Motorenbereich gelten derzeit für den Großteil der Applikatio-nen die Emissionsgrenzen der TA Luft beziehungsweise der verschärften TA Luft. Thomas Gebhard von Liebherr Machines Bulle zeigte vor diesem Hin-tergrund die Eigenschaften der neuen Liebherr-Gasmotorenfamilie auf: „Die Anforderungen an einen stationären Gasmotor unterscheiden sich dabei sig-nifikant von denen eines Dieselmotors in der Off-Highway-Anwendung.“ Ins-besondere bedingt das Geschäftsmodell des Betreibers eine Konzentration auf die Merkmale Wirkungsgrad, Verfüg-barkeit, Stabilität des Betriebs und Betriebskosten. Für die Verbrennungs-

entwicklung der neuen Motorenfami lie, insbesondere die Gestaltung der Brenn-raumgeometrie und der Ansaugstrecke, wurden umfangreiche 3-D-CFD-Berech-nungen mit OpenFoam durchgeführt. Konkrete Ergebnisse dieser simulations-gestützten Entwicklung finden sich in der Kolbenform, der Anpassung der Einlasskanäle und der Gestaltung der Ansaugstrecke. So wurde eine hohe Turbulenz im Bereich des Zündfunkens für eine stabile Entflammung und hohe Flammausbreitungsgeschwindigkeit erzielt. Auch die Kolbenmulde wurde ohne Hinterschnitte gestaltet, sodass nun eine schnelle, vollständige Ver-brennung erzielt wird. Durch diese Maßnahmen konnten die wichtigsten Kenngrößen der Gasmotoren deutlich verbessert werden. So erreichen die Vierventil-Gasmotoren im Leistungsbe-reich von 136 bis 517 kW beim Einsatz mit Erdgas mechanische Wirkungs-grade von über 42 %.

8. INTERNATIONALE MTZ-FACHTAGUNG HEAVY-DUTY, ON- UND OFF-HIGHWAY-MOTOREN 2013Auch in Zukunft werden strengere

Anforderungen durch die Abgasge-

setzgebung sowie steigende Energie-

preise die Haupttreiber bei der Ent-

wicklung von Diesel- und Gasgroß-

motoren sein. Dies ging aus vielen

Vorträgen bei der 8. MTZ-Konferenz

Heavy-Duty, On- und Off-Highway-

Motoren hervor, die am 5. und 6.

November 2013 in Ludwigsburg

stattfand. Führende Experten gaben

den annähernd 250 Teilnehmern

Ein blick in den aktuellen Stand ihrer

Entwicklungen und der neuesten

Forschungsergebnisse.

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Tagungsbericht

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NEUE DIESELMOTOREN GEMÄSS TIER 4 FINAL

Dass die Entwicklung bei Diesel-motoren ebenfalls längst noch nicht abgeschlossen ist, zeigten zwei inter-essante Neuvorstellungen: So stellte Henrik Stebner von MTU Friedrichs-hafen in seinem Vortrag die Eigen-schaften der seit Anfang dieses Jahres zur Verfügung stehenden Motoren der Baureihen 1000 bis 1500 für den Offroad-Einsatz gemäß der Emissi-onsrichtlinien EU-Stufe IV und EPA Tier 4 final vor. Die Reihenmotoren mit kompaktem Design decken einen Leistungsbereich von 100 bis 460 kW ab und halten die Emissionsgrenz-werte durch Abgasrückführung und eine Abgasnachbehandlung ohne Partikelfilter ein. Die Onroad-Pen-dants zu diesen Baureihen sind die Daimler-Motoren des Typs OM 93x sowie OM 47x, die die strengere Abgas-norm Euro 6 mit einem kombinierten SCR- und Dieselpartikelfiltersystem erfüllen. Bei einer weiteren Verschär-fung der Offroad-Abgasgesetzgebung steht deshalb ein fertig entwickeltes System als Basis zur Verfügung, das sich bereits im Onroad-Bereich in der Großserie bewährt hat.

„Bei der Entwicklung des 4H50TIC wurde“, so stellte es Erich Eder von Hatz in seinem Vortrag heraus, „ein wegweisender Downsizing-Ansatz ver-folgt. Die obersten Entwicklungsziele waren die Reduzierung von Bau größe und Gewicht bei gleichzeitig hoher Leistung und guten Abgaswerten.“ Das Ergebnis ist ein turboaufgeladener 2-l-Motor, der eine Maximalleistung von 55 kW erreicht und mit einem

Gewicht von 173 kg den Benchmark seiner Leistungsklasse darstellt. Der Motor erfüllt die strengen Grenzwerte der EU 97/68 Stage IIIB und EPA Tier 4 final ebenfalls ohne Partikelfilter. Das Kurbelgehäuse des Motors besteht aus Dünnwand-Grauguss, der Zylinderkopf und Ventildeckel aus Aluminiumguss und die Ölwanne aus Stahlblech. Alle Teile sind hinsichtlich Leichtbau und Strukturmechanik optimiert.

DUAL-FUEL-BETRIEB VON ERDGAS UND DIESELKRAFTSTOFF

Der kontinuierliche Anstieg der Preise für Dieselkraftstoff, die längere Ver-fügbarkeit von Erdgas und das Poten-zial zur Verringerung von CO2 erhöhen die Attraktivität, Dieselkraftstoff durch Erdgas zu ersetzen. Am österreichi-schen Engineering Center Steyr von Magna Powertrain stand daher in einem Projekt der Dual-Fuel-Betrieb bezüglich Euro-6-Emissionszielen im Fokus. Wie Clemens Doppelbauer in seinem Vortrag erläuterte, „wurden die Untersuchungen an einem herkömm-lichen Dieselmotor durchgeführt, der mit geringfügigen Änderungen wech-selweise im Diesel- oder Mischbetrieb (Erdgas/Diesel) betrieben werden kann“. Im Mischbetrieb sind dabei Gaszumischraten von bis zu maximal 90 beziehungsweise 70 % im Durch-schnitt möglich. „Die schwierige Konvertierung von Methan, die erst bei vergleichsweise hohen Temperatu-ren stattfindet, stellt dabei die größte technische Herausforderung bei der zukünftigen Umsetzung einer solchen Lösung dar“, so Doppelbauer.

FAZIT UND AUSBLICK

Ein besonderer Höhepunkt der Ver-anstaltung ist traditionell die Abend-veranstaltung, der in diesem Jahr eine Besichtigung des Residenzschlos-ses Ludwigsburg vorausging, einem der größten im Original erhaltenen barocken Bauwerke in Europa. Beim anschließenden Abendessen wurde von Dr. Wolfgang Reik von LuK unter dem Titel Engineers and Artists auf unterhaltsame Weise aufgezeigt, dass es am effektivsten ist, wenn man abseits der herkömmlichen Wege denkt, um neue innovative Produkte zu realisieren. Die 9. MTZ-Konferenz Heavy-Duty, On- und Off-Highway-Motoren wird im November 2014 stattfinden.

Andreas Fuchs Das Abendessen bot reichlich Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen und aufzufrischen

ZITATE

DR. RALPH-MICHAEL SCHMIDT, L‘ORANGE:„Am Ende des Tages wird der Preis entscheiden, welche Kraftstoffe sich durch-setzen werden.“

THOMAS GEBHARDT, LIEBHERR MACHINES BULLE: „Die Anforderungen an einen stationären Gasmotor unterscheiden sich signifikant von denen eines Diesel-motors in Off-Highway- Anwendungen.“

CLEMENS DOPPELBAUER, MAGNA POWERTRAIN ENGINEERING CENTER STEYR:„Die schwierige Konver-tierung von Methan stellt die größte technische Herausforderung bei der zukünftigen umsetzung des Dual-Fuel-betriebs von Erdgas und Diesel-kraftstoff dar.“

BILDER © uli regenscheit

02i2014 75. Jahrgang 11

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