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8.1 Primkorper, Korpererweiterungen
Korper sind insbesondere Ringe, wir erinnern uns deshalb zunachst an eini-ge wichtige Begriffe aus der Ringtheorie. Ist R ein Ring mit Eins, dann heißtChar(R) := |〈1R〉|, also die Ordnung der von der Eins erzeugten Untergruppeder additiven Gruppe von R, die Charakteristik von R. Ist diese nicht endlich,dann spricht man oft, anstelle von Charakteristik ∞, von Charakteristik 0, denndie Charakteristik definiert man oft auch als den nicht negativen Erzeuger desKerns von
fR: Z → R , z 7→ z · 1R.
Einen Unterschied macht das genau dann, wenn fR injektiv ist; dann ergibtsich bei der ersten Definition ∞ als Charakteristik, im anderen Fall 0. Ist R einIntegritatsbereich, dann ist seine Charakteristik 0 (bzw. ∞) oder eine Primzahl.Ist T ein Teilring von R (also auch 1T = 1R), dann hat T dieselbe Charakteristikwie R.
8.1.1 Definition (Primkorper) Ist K ein Korper, dann heißt der kleinsteTeilkorper PK, also
PK :=⋂
L≤KL,
der Primkorper von K. •
Ein wichtiges Beispiel ist Q, ein Korper, der sein eigener Primkorper ist (dennPQ enthalt Z und Q = B(Z, Z∗), der Quotientenkorper von Z):
Q = PQ = PR = PC.
8.1.2 Satz Ist K ein Korper, dann hat K entweder die Charakteristik 0 oder p,mit einer Primzahl p. Dementsprechend ist der Primkorper PK von K entwederisomorph zu Q oder zu Zp.
Beweis: Die Abbildungen fQ bzw fZpsind universell bzgl. der Klassen
F0 := {fK | Char(K) = 0},
bzw.Fp := {fK | Char(K) = p},
sowie der Klasse L der Korpermonomorphismen. K enthalt also entweder Q oderZp.Enthalt K den Korper Zp, dann ist p die Charakteristik. Sie muß eine Primzahlsein, denn andernfalls gabe es Nullteiler. 2
8.1.3 Definition (Erweiterungskorper, Zwischenkorper, Korpergrad)Sind K, L und M Korper, dann heißt
• L Erweiterungskorper von K, wenn K Teilkorper von L ist (ganz genauist ein Erweiterungskorper eigentlich ein Paar (L, ε), mit einem Mono-morphismus ε: K → L.) Wir schreiben dafur auch kurz L : K, und wiridentifizieren K mit ε(K).
8.1. PRIMKORPER, KORPERERWEITERUNGEN 317
• M heißt Zwischenkorper von L : K, wenn gilt K ≤ M ≤ L.
• Als Grad der Korpererweiterung L : K bezeichnen wir die K–Dimensionvon L:
[L : K] := dimK(L).
Dementsprechend unterscheiden wir endliche und unendliche Korperer-weiterungen.
•
8.1.4 Beispiele Bekannte Beispiele von Korpererweiterungen bzw. von Zwi-schenkorpern sind:
• Der Korper C := {a + bi | a, b ∈ R} der komplexen Zahlen ist ein Erwei-terungskorper des Korpers R der reellen Zahlen:
ε: R → C , a 7→ a + 0 · i.
Ganz analog ergibt sich die Korpererweiterung C : Q.
• R ist Zwischenkorper von C : Q, und fur die Grade gilt:
[R : Q] = ∞, [C : R] = 2.
(Die erste Gleichung gilt, weil andernfalls R abzahlbar ware.)
• Jeder endliche Korper K hat einen endlichen Primkorper, also einen Prim-korper isomorph Zp, mit p := char(K). K ist zudem endliche Erweiterungseines Primkorpers und hat deshalb die Ordnung pn, fur geeignetes n ∈ N∗.
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8.1.5 Der Gradsatz Ist K ≤ M ≤ L und [L : K] ∈ N, dann gilt:
[L : K] = [L : M][M : K].
Beweis: Wir wissen, daß — nach dem Lemma von Zorn — jeder VektorraumBasen besitzt. Sei etwa
L =M� bi | i ∈ I �, M =K� cj | j ∈ J � .
Die Menge{bicj | i ∈ I, j ∈ J }
ist linear unabhangig uber K : Sind namlich I bzw. J endliche Teilmengen vonI bzw. von J , dann gilt
0 =∑
i∈I,j∈J
κijbicj =∑i∈I
bi
∑j∈J
κijcj .
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Wegen der linearen Unabhangigkeit der bi (uber M) ist∑
j∈J κijcj = 0, wegender Unabhangigkeit der cj (uber K) ergibt sich daraus κij = 0, fur alle i ∈ I, j ∈J.Wegen der vorausgesetzten Endlichkeit der K−Dimension von L sind demnachI und J endlich.Die cibj erzeugen L, denn jedes λ ∈ L ist eine M−Linearkombination der bi, i ∈I, etwa λ =
∑i µibi, und jedes µi eine K−Linearkombination der cj , j ∈ J :
µi =∑
j κijcj . Insgesamt folgt
λ =∑i,j
κijbicj .
Die K−Dimension von L ist also |I| · |J | = [L : M][M : K], wie behauptet.2
8.1.6 Definition Fur Teilmengen T ⊆ L und Erweiterungen L : K bezeichnenwir als den von T erzeugten Teilkorper den kleinsten Zwischenkorper, der Tenthalt:
K(T ) :=⋂
M:T⊆M≤L,K≤MM.
Statt K({t}) schreiben wir kurz K(t), Zwischenkorper dieser Form heißen ein-fache Erweiterungen. •
Das Standardbeispiel fur eine einfache Erweiterung ist C = R(i). Leicht nach-zuweisen ist, daß fur sukzessives Erweitern folgendes gilt:
(K(T0))(T1) = (K(T1))(T0) = K(T0 ∪ T1) =: K(T0, T1).8.1.7
8.1.8 Definition (Polynomfunktion, Wurzel) Sei L : K eine Korpererweiterung.
• Zu f =∑
aixi ∈ K[x] ist
F : L → L , λ 7→∑
i
aiλi
die zugehorige Polynomfunktion.
• Unter einer Wurzel von f versteht man eine Nullstelle von F , also einλ ∈ L mit F (λ) = 0.
•
Es sei erneut daran erinnert, daß die Zuordnung f 7→ F im allgemeinen nichtinjektiv ist, daß also f nicht immer aus F rekonstruiert werden kann. Z.B. istuber Z2 die Polynomfunktion zu f1 = x2 +x wie die zu f2 = 0 die Nullfunktion!Polynomfunktionen und Polynome mussen also streng auseinandergehalten wer-den! Der folgende Satz uber die Existenz von Wurzeln in Erweiterungskorpernermoglicht gleichzeitig die Konstruktion derartiger Erweiterungen und ist vonentsprechend großer Bedeutung:
8.1. PRIMKORPER, KORPERERWEITERUNGEN 319
8.1.9 Satz Ist K ein Korper, f ∈ K[x] mit Grad(f) > 0, dann ist gibt esErweiterungskorper L : K, in denen f Wurzeln besitzt.
Beweis: Da K[x] Gaußbereich ist, gibt es Polynome g, h mit f = gh und h irredu-zibel. (h) ist maximales Ideal, L := K[x]/(h) also ein Korper. Die Einschrankungder naturlichen Abbildung ν(h) auf K, also
ν(h) ↓ K: K → K[x]/(h)
ist injektiv, denn h ist nicht konstant. L = K[x]/(h) ist also ein Erweite-rungskorper von K. Außerdem gilt, wenn f =
∑i aix
i,∑ai(ν(h)(x))i = ν(h)(f) = ν(h)(gh) = 0K[x]/(h).
ν(h)(x) ist demnach eine Nullstelle von F . 2
8.1.10 Folgerung Ist K ein Korper, f ∈ K[x], Grad(f) > 0, und f = gh miteinem irreduziblen h ∈ K[x], dann ist die Restklasse ν(h)(x) eine Wurzel von fin dem Erweiterungskorper L := K[x]/(h).
8.1.11 Beispiele Der Ubergang von einem Korper K zu einem ErweiterungskorperK[x]/(h) ist ein wichtiges Konstruktionsverfahren, wie die folgenden Beispielezeigen:
• Das Polynom 1+x2 ∈ R[x] ist irreduzibel, der Korper R[x]/(1+x2) enthaltalso Wurzeln von 1 + x2. Man rechnet leicht nach, daß
ϕ: R[x]/(1 + x2) → C , a + bx + (1 + x2) 7→ a + bi
ein Isomorphismus ist (dabei ist i das Bild von x + (1 + x2)).
• Das Polynom 1 + x + x2 ∈ Z2[x] ist ebenfalls irreduzibel, hat also eineWurzel in Z2[x]/(1+x+x2), einem Korper, der aus 4 Elementen besteht:
Z2[x]/(1 + x + x2) = {0, 1, x, 1 + x},
wobei die folgende Abkurzung benutzt wurde: f := f + (1 + x + x2).
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