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Hilfe für ALS-kranke Menschen ALS-Hilfe 13 Die ALS-Initiative informiert Am 14. April 2018 trafen sich über 200 Patienten, Angehörige, medizinische Dienstleister und Mit- arbeiter der Berliner ALS-Ambulanz zum 9. ALS- Tag an der Charité. Die Veranstaltung ist als ein Informationstag für Betroffene und Angehörige konzipiert, wird vom Team der Ambulanz für ALS und andere Motoneuronenerkrankungen an der Charité vorbereitet und bietet die Möglichkeit zum Austausch über aktuelle Studien, Medikamente, den Stand der ALS-Grundlagenforschung an der Charité sowie weitere Themen rund um die ALS. 9. ALS-Tag an der Charité-Universitätsmedizin Berlin Im April fand auf dem Gelände der Charité erneut eine Infoveranstaltung zur Amyotrophen Lateralsklerose für Patienten und Angehörige statt Inhalt 13 Stephen Hawking – ein Nachruf aus ALS-Perspektive Seite 2 Medikamenteneinsatz bei der ALS Seite 7 Grundlagenforschung – neues Testverfahren zur Identifizierung fehlgefalteter Proteine Seite 10 Vorträge am Vormittag informierten zu laufenden und geplanten ALS-Medikamentenstudien, Behandlungsinno- vationen bei der ALS sowie über Forschungsprojekte zur Grundlagenforschung. Fortsetzung auf Seite 4

9. ALS-Tag an der Charité-Universitätsmedizin Berlin · Grenze der Raumzeit (1996, Original Black Holes and Baby Universes and other Essays), Das Univer-sum in der Nussschale (2001,

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Hilfe für ALS-kranke Menschen ALS-Hilfe 13 Die ALS-Initiative informiert

Am 14. April 2018 trafen sich über 200 Patienten, Angehörige, medizinische Dienstleister und Mit-arbeiter der Berliner ALS-Ambulanz zum 9. ALS-Tag an der Charité. Die Veranstaltung ist als ein Informationstag für Betroffene und Angehörige konzipiert, wird vom Team der Ambulanz für ALS und andere Motoneuronenerkrankungen an der Charité vorbereitet und bietet die Möglichkeit zum Austausch über aktuelle Studien, Medikamente, den Stand der ALS-Grundlagenforschung an der Charité sowie weitere Themen rund um die ALS.

9. ALS-Tag an der Charité-Universitätsmedizin BerlinIm April fand auf dem Gelände der Charité erneut eine Infoveranstaltung zur Amyotrophen Lateralsklerose für Patienten und Angehörige statt

Inhalt 13Stephen Hawking – ein Nachruf aus ALS-Perspektive Seite 2 Medikamenteneinsatz bei der ALS Seite 7 Grundlagenforschung – neues Testverfahren zur Identifizierung fehlgefalteter Proteine Seite 10

Vorträge am Vormittag informierten zu laufenden und geplanten ALS-Medikamentenstudien, Behandlungsinno-vationen bei der ALS sowie über Forschungsprojekte zur Grundlagenforschung.

Fortsetzung auf Seite 4

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Hilfe für ALS-kranke Menschen

Der britische Physiker Stephen Hawking bei seinem Parabelflug mit der NASA im Jahr 2007.

Stephen Hawking – ein Nachruf aus ALS-Perspektive

„However difficult life may seem, there is always something you can do and succeed at.” — „Wie schwierig das Leben auch erscheinen mag, so gibt es stets Dinge, die vollbracht und erreicht werden können.“

STEPHAN HAWKING

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3ALS-Hilfe 13

Hilfe für ALS-kranke Menschen

Stephen Hawking ist am 14. März 2018 im Alter von 76 Jahren verstorben. Der Astrophysiker gehörte zu den bedeutendsten und zugleich populärsten Wissenschaftlern seiner Zeit. Im Jahr 1962, seinem 21. Lebensjahr, erkrankte Hawking an ALS. Seitdem bestimmte das parallele Bestehen von wissen-schaftlicher Expertise und ALS-Erkrankung seine gesellschaftliche Wahrnehmung: Das Genie gefan-gen im eigenen Körper.

Eine Frage, die mir von Patientinnen und Patienten, aber auch von Kollegen wiederholt gestellt wurde, betrifft Hawkings langen Krankheitsverlauf. Ist Stephen Hawking tatsächlich an einer ALS er-krankt? Ich selbst hatte keine Gelegenheit, Stephen Hawking persönlich zu untersuchen. Die öffentli-chen Informationen, die publizierten Angaben zur Krankheitsgeschichte und das vorhandene Bild-material unterstützen die Diagnose einer „juvenilen ALS“.

Unter dieser Bezeichnung ist eine ALS zu verste-hen, die vor dem 25. Lebensjahr entsteht. Bei der jugendlichen ALS sind grundsätzlich zwei Ver-laufsformen zu unterscheiden: Eine akute Form mit einem raschen Fortschreiten von Lähmungen sowie eine chronische Variante, die durch einen schlei-chenden über 20 bis 30 Jahre währenden Krank-heitsverlauf charakterisiert ist. Stephen Hawking litt an der langsamen Verlaufsform der jugendlichen ALS (chronische juvenile ALS). Sein Krankheitsver-lauf währte von 1962 bis 1985, dem Jahr, indem eine künstliche Beatmung über einen Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) erforderlich wurde. Seit 1985, dem Zeitpunkt der künstlichen Beatmung, befand sich Hawking jenseits des natürlichen Krankheitsver-laufes.

Durch die Errungenschaften der Beatmungsme-dizin konnte das Leben von Stephen Hawking bis zu seinem Tod im Jahr 2018 verlängert werden. Seine populärsten Werke sind nach Einleitung der Beatmungstherapie entstanden. Dazu zählen Eine Geschichte der Zeit (1985, Original A Brief Histo-ry of Time), Einsteins Traum. Expeditionen an der Grenze der Raumzeit (1996, Original Black Holes and Baby Universes and other Essays), Das Univer-sum in der Nussschale (2001, Original The Universe in a Nutshell) sowie Die kürzeste Geschichte der Zeit (2005, Original A Briefer History of Time).

Hawking ist beispielgebend dafür, dass eine „künst-liche Beatmung“ bei der ALS eine Lebensverlän-gerung mit hoher Lebensqualität und Kreativität ermöglichen kann. In der Zwischenzeit hat sich die Beatmungstherapie (auch unabhängig von Aus-nahmepersönlichkeiten wie Stephen Hawking) zu einer verfügbaren Versorgungsoption bei der ALS entwickelt. 10 bis 15 Prozent aller Patienten mit ALS, die am ALS-Zentrum der Charité in Behand-lung sind, erhalten eine Lebensverlängerung durch einen Luftröhrenschnitt und künstliche Beatmung. Die Persönlichkeit von Stephen Hawking und sein öffentliches Wirken als beatmeter Patient bereiteten den Weg für eine häusliche Beatmungstherapie.

Auch bei der Nutzung von spezialisierten Hilfsmit-teln und technologischen Lösungen nahm Hawking eine Pionierrolle ein, die einen starken Einfluss auf die Gesamtversorgung von Menschen mit ALS er-halten sollte. Die Nutzung seines Sprachcomputers für Vorträge und öffentliche Äußerungen brachten die Technologie der unterstützten Kommunikation in das Bewusstsein der breiten Bevölkerung. Durch seine vollständige Lähmung war Hawking auf die Nutzung eines augengesteuerten Kommunikati-onssystems angewiesen. Mit einer Augensteuerung war er in der Lage, einen Computer zu bedienen, wissenschaftlich zu arbeiten und seine Texte zu verfassen. Im Versorgungsnetzwerk AmbulanzPart-ner wurden seit 2011 mehr als 500 augengesteuerte Kommunikationssysteme für Menschen mit ALS koordiniert. Daran wird erkennbar, dass eine Tech-nologie, die vormals als futuristisch galt, jetzt ein wichtiger Bestandteil der spezialisierten Versorgung von ALS-Patienten geworden ist.

Stephen Hawking hat trotz seiner Erkrankungs-schwere die ALS nicht in den Vordergrund gestellt. Mit seiner persönlichen Haltung, ein erfülltes Leben trotz ALS zu realisieren, hat er zahlreichen Menschen mit ALS Kraft verliehen und als Vorbild gedient. Diese optimistische Haltung im Kampf ge-gen die ALS werde ich in Erinnerung behalten und – mit meinen Möglichkeiten – weitertragen.

Prof. Dr. Thomas Meyer

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Hilfe für ALS-kranke Menschen

Fortsetzung von Seite 1 – Bericht vom 9. ALS-Tag an der Charité Universitätsmedizin Berlin

Patienten konnten sich auf dem Marktplatz unter anderem über Hilfsmittel, Ernährungstherapien und das

Versorgungsnetzwerk AmbulanzPartner informieren.

Die Veranstaltung begann traditionell mit einem Vortrag von Prof. Dr. Thomas Meyer, in dem er laufende und geplante ALS-Medikamentenstudien, Behandlungsinnovationen bei der ALS sowie For-schungsprojekte zur Grundlagenforschung vorstell-te. Dabei berichtete er auch über ein Projekt zur Online-Patientenbewertung sowie Neuheiten in der Patientenversorgung wie das ALS-Medikamenten-Management, welches seit Frühjahr 2018 in der ALS-Ambulanz in Kooperation mit spezialisierten Apotheken angeboten wird. Ziel des Medikamen-ten-Management-Programmes bei der ALS ist unter anderem eine Harmonisierung und Weiter-entwicklung der symptomatischen und palliativen Medikamentenbehandlung bei der ALS.

Mit eigenen Vorträgen am Vormittag kamen außer-dem Christopher Secker, Dagmar Kettemann und André Maier zu Wort. Christopher Secker stellte den aktuellen Stand der ALS-Grundlagenforschung

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5ALS-Hilfe 13

Hilfe für ALS-kranke Menschen

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurden Workshops zur Beatmungsversorgung und Hustenassistenz, zur Versorgung mit Mobilitäts- und Kommunikationshilfen sowie zur pflegerischen Unterstützung angeboten.

vor (siehe Seite 10). Anschließend informierte Dagmar Kettemann über die neue Gesetzgebung, auf deren Grundlage eine Verordnung von can-nabishaltigen Medikamenten möglich ist, und referierte über Ergebnisse in der Behandlung mit cannabishaltigen Medikamenten (siehe Seite 7). André Maier berichtete über die Therapie mit dem neuen ALS-Medikament Edaravone und stellte erste Patientenerfahrungen mit der Therapie vor (siehe Seite 8).

In den Pausen konnten sich die Besucher auf dem Marktplatz über Hilfsmittel, Ernährungshilfen sowie das Versorgungsnetzwerk AmbulanzPartner informieren. Am Nachmittag fanden Workshops zu den Themen Beatmungsversorgung, Pflegestär-kungsgesetz sowie Mobilitäts- und Kommunikati-onshilfen bei der ALS statt.

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Zunehmende Bedeutung der ALS-FunktionsskalaOnline-Patientenbewertung des ALS-FRS an bundesweiten ALS-Zentren

Die vier Sympombereiche, die mittels des ALS-FRS unter-sucht werden. Historie des ALS-FRS

Seit 1991 wird zur Einschätzung des individuellen Krankheitsverlaufes die ALS-Funktionsskala (ALS- FRS) erhoben. Die ALS-FRS wird anhand von 12 Fragen er-stellt, welche die Symptombereiche Sprache, Feinmotorik, Grobmotorik und Atmung berühren. Die Erhebung ist nicht nur in den Sprechstunden, sondern in Deutschland auch online über die Plattform Ambulanzpartner möglich (www.ambulanzpartner.de). Ambulanzpartner lädt den Pa-tienten, dessen Einwilligung vorausgesetzt, per Email zur Teilnahme an der Online-Befragung ein. In regelmäßigen Abständen kann der Patient so online seine Funktionen bewerten und seinen individuellen Krankheitsverlauf in einer Graphik darstellen lassen.

Durch die Online-Erhebung des ALS-FRS besteht die Möglichkeit den individuellen Krankheitsverlauf zwischen den regulären Ambulanzvisiten, bei größeren Abständen von Ambulanzterminen oder bei einer Unterbrechung der Ambulanzbetreuung zu erfassen. Dieses Vorhaben ist für die Weiterentwicklung klinischer Studien und moderner Behandlungskonzepte von Bedeutung. Ziel ist es bei-spielsweise im Bereich der klinischen Forschung durch die Auswertung des ALS-FRS von einer größeren Patien-tengruppe in Zukunft auf Placebo-Gruppen verzichten zu können.

In den USA wird die Online-Bewertung des ALS-FRS vom ALS Therapy Development Institute (ALS- TDI), der Plattform „Patientslikeme“ und dem NEALS-Consortium (ALS@ Home-Plattform) vorangetrieben.

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Einsatz cannabishaltiger Medikamente bei der ALSCannabis lindert spastische Beeinträchtigungen

Seit 2011 ist in Deutschland das cannabishaltige Medikament Nabiximols (Handelsname: Sativex) zur Behandlung der Spastik bei der Multiplen Sklerose (MS) zugelassen. Mit der Verfügbarkeit von Nabiximols bei der MS wurde das Medikament unter besonderen Bedingungen auch bei Patienten mit ALS eingesetzt, die an einer Spastik leiden. Im Fall einer unzureichenden Wirksamkeit traditionel-ler Spastikmedikamente (z. B. Baclofen) wird an der Charité und anderen ALS-Zentren in Deutschland Nabiximols eingesetzt.

Im Jahr 2017 wurde erstmalig eine systematische Befragung von ALS-Patienten durchgeführt, um die Erfahrungen mit Nabiximols in der ALS-bedingten Spastikbehandlung zu analysieren. Dabei wurden 46 Patienten mit einer ALS befragt, die eine Spastik aufweisen, mit Nabiximols behandelt wurden und deren Daten auf der AmbulanzPartner-Plattform

erfasst wurden. Aus den Ergebnissen der Befragung lässt sich unter anderem ableiten, dass ca. 70 Pro-zent der Patienten mit der Wirkung von Nabiximols zufrieden waren.

Außerdem ist ein differenzierter Gebrauch er-kennbar. 36 Prozent der Patienten nahmen das Medikament täglich, wobei sich zwei Anwendungs-szenarien ablesen lassen. Zum einen gab es eine Patientengruppe mit einer hochfrequenten Ein-nahme von bis zu 10 Anwendungen am Tag, welche Nabiximols zur intensiven Symptomkontrolle nutz-ten, zum anderen Patienten mit einer reduzierten Einnahme, die das Medikament bei einer geringen Spastik bei Bedarf einsetzten. Bereits jetzt liefern die vorliegenden Daten erste Hinweise darauf, dass Nabiximols eine wichtige Ergänzung der sympto-matischen und palliativen Pharmakotherapie bei der ALS darstellt.

Die Spastik-lindernde Wirkung von Cannabis lässt sich bei der

Behandlung von ALS nutzen.

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Edaravone: Erste Erfahrungen mit einem neuen Medikament bei der ALSDie meisten Patienten vertragen das Mittel gutMit Edaravone steht seit der Markteinführung in den USA im Mai 2017 – zwanzig Jahre nach der Zulassung von Riluzol – ein neues krankheitsmodi-fizierendes Medikament bei der ALS zur Verfügung. In Deutschland ist die Behandlung mit Edaravone seit Juni 2017 durch Einzelimporte gem. § 73 AMG möglich. Die Marktzulassung in den USA sowie 2015 in Japan beruht auf den Ergebnissen einer Phase-III-Studie, die in einer Studiendauer von 6 Monaten bei einer spezifischen Patientengruppe eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufes um 30 Prozent zeigte – gemessen anhand der ALS-Funktionsskala (ALS-FRS). Die Behandlung mit Edaravone erfolgt durch eine intravenöse Infusion in mehreren Behandlungszyklen.

Der Krankheitsverlauf bei Edaravone-Therapie (blaue Kurve) zeigt eine geringere Progression im Vergleich zur Placebo-Be-handlung (graue Kurve) – gemessen an der ALS Funktionsskala (ALS-FRS). Edaravone führte in der Untersuchungsgruppe zu einer Verlangsamung der ALS um 30 Prozent. Die Grafik zeigt die Edaravone-Behandlung über 6 Monate.

Von Juni 2017 bis Februar 2018 wurde an ALS-Zentren in Berlin, Bochum, Essen und Jena eine Kohortenstudie zur Behandlung mit Edaravone durchgeführt. Insgesamt wurde Edaravone von den Patienten gut vertragen. Bei etwa10 Prozent der Patienten, die an der Studie teilnahmen, musste die Edaravone-Therapie nach allergischer Reak-tion abgebrochen werden. Außerdem stellte der Behandlungsablauf – mehrtägige Infusionszyklen – eine Herausforderung dar. Trotz der Belastungen zeigte sich eine hohe Patientenzufriedenheit. Die klinische Wirksamkeit in der Langzeitanwendung und in Hinblick auf das Überleben ist Gegenstand zukünftiger Studien.

Ergebnisse der Edaravone-Zulassungsstudie

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Hilfe für ALS-kranke Menschen

60 Medikamente im Einsatz bei der ALSEin digitalunterstütztes Management optimiert das Finden geeigneter MedikamenteBei der ALS ist das Medikament Riluzol zugelassen. Neben dieser Basismedikation werden zusätzliche Medikamente zur symptomatischen oder palliativen Behandlung bei der ALS eingesetzt. Zirka 70 Pro-zent aller Indikationsstellungen für Medikamente betreffen die symptomatische Therapie. Dabei kommen mehr als 60 unterschiedliche Medikamen-te zur Anwendung, wobei zahlreiche Arzneimittel eingesetzt werden, die ursprünglich für andere Erkrankungen entwickelt worden sind (Off-Label-Gebrauch).

Mit dem digitalunterstützten Medikamentenmana-gement, welches die ALS-Ambulanz in Kooperation mit AmbulanzPartner anbietet, wird Menschen mit ALS eine Apotheke zur Seite gestellt, die sich auf

ALS-Medikamente spezialisiert hat und den Pati-enten so bei Fragen zur Medikation optimal beraten kann. Die Apotheken, welche am digitalunterstütz-ten Medikamentenmanagement teilnehmen, doku-mentieren digital die Dosis, Präparate und Phar-mazentralnummern der verordneten Medikamente, wodurch ein bundesweiter Überblick zur ALS-Behandlung entsteht. Ziel ist die Medikationsdaten bei der ALS systematisch zu untersuchen. Durch das digitalunterstützte Medikamentenmanagement besteht die Möglichkeit, die ALS-Medikation syste-matisch auszuwerten und Leitlinien nationaler und internationaler Fachgesellschaften zur symptoma-tischen und palliativen Pharmakotherapie bei der ALS weiterzuentwickeln.

Medikamente, die zur Linderung typischer ALS-bedingter Symptome eingesetzt werden.

ALS-Symptome und ihre Medikation

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Dem Rätsel des Proteins TDP-43 auf der SpurEntwicklung eines neuen Verfahrens zur Charakterisierung und Quantifizierung der Proteinablagerung bei der ALS

Christopher Secker im Labor.

Bei zirka 95 Prozent der ALS-Patienten lagern sich in den von der Neurodegeneration betroffenen Hirn- und Rückenmarksregionen Proteine (Protein TDP-43) ab. Eine Proteinablagerung in Nervenzel- len (Motoneuronen) führt dazu, dass die betroffe- nen Zellen geschädigt werden und ihre Funktion verlieren. Nach und nach greift die Ablagerung auf benachbarte Zellen sowie Nervenfaserverbindun- gen über. Man nimmt an, dass die Ausbreitung der Proteine über das zentrale Nervensystem für das Fortschreiten der ALS eine wichtige Rolle spielt.Christopher Secker hat in einem ALS-Grundlagen- forschungsprojekt ein Testverfahren entwickelt, mit dessen Hilfe die Ansammlung des TDP-43 Proteins in Motoneuronen untersucht werden kann. Ziel ist es, die Dynamik der Proteinfehlfaltung bei der

ALS zu charakterisieren und zu evaluieren und zu untersuchen, ob sich mithilfe dieses Verfahrens die Last an bereits fehlgefalteten TDP-43 Proteinen in betroffenen Patienten messen lässt. Dies könn-te als Biomarker fungieren, um den Verlauf der ALS-Erkrankung biologisch zu überwachen und insbesondere in der Erprobung neuer Medikamen-te im Rahmen von Studien helfen, den Effekt der untersuchten Subtanzen auf die Ablagerung dieser Proteine zu beurteilen.

Mit Hilfe des neuartige Testverfahrens kann das Forschungsteam auch ganze Substanzbibliotheken testen. Ziel ist es potenzielle Wirkstoffe zu identi- fizieren, die die Fehlfaltung und Ansammlung des TDP-43-Proteins verhindern können.

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Hilfe für ALS-kranke Menschen

Ein Grundprinzip der ALS besteht darin, dass natürlich vorkommende Eiweiße eine Strukturänderung erfahren – ihre Form ändert sich (Konformationsänderung). Durch die Verformung kommt es zu einer gegenseitigen Anziehung der Eiweiße und es entstehen Zusammenballungen (Proteinaggregate). Nach dem Schneeballprinzip verbinden sich mehr und mehr Eiweiße miteinander. In der Konsequenz ist die Nervenzelle mit Proteinaggregaten überladen und kann ihre Funktion nicht mehr ausüben. Dieser Prozess der schädlichen Eiweißablagerung wird Proteinopathie genannt.

Mikroskopische Darstellung von ALS-typischen Eiweißablagerungen: Der Bildausschnitt zeigt motorische Nervenzellen im Rückenmark (Pfeil 1) und die Ablagerung des Proteins TDP-43 (Pfeil 2).

Neurowoche 2018 (30. Oktober bis 3. November 2018 in Berlin)

Das Team der Ambulanz für ALS und andere Motoneuronenerkrankungen der Charité – Uni-versitätsmedizin Berlin wird in Vorträgen und auf Postern neue Ergebnisse aus der Versorgungsfor-schung, zu Patientenbefragungen und zur Grund-lagenforschung dem nationalen Fachpublikum der Neurologie auf der „Neurowoche 2018“ in Berlin vorstellen.

29. Internationales MND Symposium (7. bis 9. Dezember 2018 in Glasgow)

Geplant ist auch eine Präsenz des Teams der ALS-Ambulanz auf der internationalen Fachtagung für Motoneuronenerkrankungen „29th International Symposium on ALS/MND“ Anfang Dezember 2018 im schottischen Glasgow.

Präsenz der ALS-InitiativeAuf ALS-Meetings und Kongressen dabei

Verlauf der Eiweißablagerung (Proteinopathie)

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Hilfe für ALS-kranke Menschen

Alle eingehenden Spenden gehen ohne Abzug für Verwal-tungsaufwand direkt auf das eigens für die ALS-Hilfe eingerichtete Konto der Berliner Charité. Die Bank-verbindung finden Sie rechts unten. Wenn Sie beim Verwendungszweck zusätzlich Ihren Namen und Ihre Adresse angeben, erhalten Sie bei Spenden ab 200 Euro von der Charité eine Spenden-bescheinigung. Für Spenden unter 200 Euro genügt zur Geltendmachung bei den Finanzbehörden der Über-weisungsbeleg.

Helfen Sie uns helfen!Jede Spende kommt direkt an

Absender:Initiative »Hilfe für ALS-kranke Menschen«c/o PrinzMedienUhlandstr. 175, 10719 BerlinTelefon: 030 / 21 505 400Email: [email protected] | www.als-hilfe.org

SpendenkontoEmpfänger: Kasse der ChariteBank: Berliner SparkasseIBAN: DE53 1005 0000 1270 0055 50BIC: BELADEBEXXXVerwendungszweck: ALS 63500507Bei Fragen zu Ihrer Spende wenden Sie sich bitte an:Marie Förster (Charité) Telefon 030 / 450 660 125Email: [email protected]

ALS-Hilfe 13 | Juli 2018

Save the Date Save the Date: Der 10. ALS-Tag wird am Samstag, dem 25. Mai 2019, von 9:30 bis 15:30 Uhr auf dem Gelände der Charité, Campus Virchow-Klinikum, stattfinden.

Auch Spenden, die an die Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte mit dem Hinweis ALS geleistet

werden, werden direkt an die ALS-Initiative weitergeleitet.

Die Stiftung Stahlwerk hat seit 2011 fast 850.000,- Euro an die ALS-Initiative der Charité

überwiesen. Wer diesen Weg wählen möchte, um Unterstützung zu leisten:

Die Kontonummer der Stiftung Stahlwerk bei der Sparkasse Osnabrück lautet

DE 90 2655 0105 1551 8691 73.