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1 Einstieg © JOACHIM HERZ STIFTUNG INTERNATIONALE ARBEITSTEILUNG – EIN IPHONE GEHT UM DIE WELT Bevor wir das neueste Smartphone am Ladentisch kaufen können, hat es bereits eine lange Reise hinter sich. Fast alle Produkte werden heute in mehreren Ländern der Welt arbeitsteilig herge- stellt, eine Entwicklungen, die nicht nur ökologische Auswirkungen hat, sondern auch ganz konkret die Arbeitswelt verändert. Doch wie genau sehen solche globalen Produktionsprozesse aus und warum lassen Unterneh- men ihre Produkte zunehmend weltweit herstellen? Welche Auswirkungen hat diese Produkti- onsweise auf den Welthandel, die Arbeitswelt und die Umwelt? Die Schülerinnen und Schüler erkennen am Beispiel des iPhones und seiner Produktion die internationale Arbeitsteilung als ein Phänomen der Globalisierung. Sie erklären die Zergliederung der Produktionsprozesse mithilfe ökonomischer Theorien internationalen Handels und bewerten kritisch die Auswirkungen der globalen Produktion. ÜBERBLICK ÜBER DIE UNTERRICHTSEINHEIT THEMENBEREICH Wirtschaftliche Globalisierung VORWISSEN Dimensionen der Globalisierung, Faktoren und Indikatoren der Globalisierung ZEITBEDARF ca. 2 Unterrichtsstunden METHODEN Statistikanalyse, Gruppenpuzzle KOMPETENZEN Die Schülerinnen und Schüler … erschließen und abstrahieren anhand eines konkreten Beispiels das Phänomen der internatio- nalen Arbeitsteilung und wenden ökonomische Theorien als Erklärungsansätze für globale Produktionsprozesse an visualisieren Informationen und wenden mathematische Modelle auf wirtschaftliche Zu- sammenhänge an beurteilen und diskutieren die (problematischen) Folgen/Auswirkungen der internationalen Arbeitsteilung und entwickeln Lösungsansätze SCHLAGWORTE Globalisierung, Arbeitsteilung, komparative Kostenvorteile, Welthandel AUTORIN Inka Hemmerich PRODUKTION C.C. Buchner Verlag

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Einstieg

© JOACHIM HERZ STIFTUNG

INTERNATIONALE ARBEITSTEILUNG – EIN IPHONE GEHT UM DIE WELT

Bevor wir das neueste Smartphone am Ladentisch kaufen können, hat es bereits eine lange Reise

hinter sich. Fast alle Produkte werden heute in mehreren Ländern der Welt arbeitsteilig herge-

stellt, eine Entwicklungen, die nicht nur ökologische Auswirkungen hat, sondern auch ganz

konkret die Arbeitswelt verändert.

Doch wie genau sehen solche globalen Produktionsprozesse aus und warum lassen Unterneh-

men ihre Produkte zunehmend weltweit herstellen? Welche Auswirkungen hat diese Produkti-

onsweise auf den Welthandel, die Arbeitswelt und die Umwelt?

Die Schülerinnen und Schüler erkennen am Beispiel des iPhones und seiner Produktion die

internationale Arbeits teilung als ein Phänomen der Globalisierung. Sie erklären die Zergliederung

der Produktionsprozesse mithilfe ökonomischer Theorien internationalen Handels und bewerten

kritisch die Auswirkungen der globalen Produktion.

ÜBERBLICK ÜBER DIE UNTERRICHTSEINHEIT

THEMENBEREICH Wirtschaftliche Globalisierung

VORWISSEN Dimensionen der Globalisierung, Faktoren und Indikatoren der Globalisierung

ZEITBEDARF ca. 2 Unterrichtsstunden

METHODEN Statistikanalyse, Gruppenpuzzle

KOMPETENZEN Die Schülerinnen und Schüler …

• erschließen und abstrahieren anhand eines konkreten Beispiels das Phänomen der internatio-

nalen Arbeitsteilung und wenden ökonomische Theorien als Erklärungsansätze für globale

Produktionsprozesse an

• visualisieren Informationen und wenden mathematische Modelle auf wirtschaftliche Zu-

sammenhänge an

• beurteilen und diskutieren die (problematischen) Folgen/Auswirkungen der internationalen

Arbeitsteilung und entwickeln Lösungsansätze

SCHLAGWORTE Globalisierung, Arbeitsteilung, komparative Kostenvorteile, Welthandel

AUTORIN Inka Hemmerich

PRODUKTION C.C. Buchner Verlag

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

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DIE AUSWIRKUNGEN DER INTERNATIONALEN ARBEITSTEILUNG AUF DEN WELTHANDEL

Internationale Arbeitsteilung ist ein volkswirtschaftlicher Begriff zur Beschreibung der

grenzüberschreitenden Aufteilung von produzierenden Tätigkeiten und Arbeitsprozessen auf

bestimmte Länder und Ländergruppen. Dies ist eine Folge der Ausweitung des Welthandels seit

dem 19. Jahrhundert, v. a. aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch den zunehmen-

den Wirtschafsliberalismus (z. B. im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen GATT 1948), was

zum Ausbau des internationalen Freihandels (Adam Smith, David Ricardo) und dem Abbau von

Handelshemmnissen führte. David Ricardo entwickelte die Theorie der „komparativen Kosten“,

wonach internationale Arbeitsteilung und Handel selbst für diejenigen Länder vorteilhaft sind,

die alle Güter zu geringeren Kosten erzeugen können als das Ausland, da sie sich so auf die Güter

spezialisieren können, die sie relativ gesehen am günstigsten produzieren. Weitere Ursachen der

internationalen Arbeitsteilung sind die Entwicklung der Kommunikations- und Informations-

technologie wie auch des Transportwesens sowie die Fragmentierung der Produktionsprozesse in

Folge von Massenproduktion, die zu „outsourcing“ (Auslagerung von Produktionsstätten) und

„global sourcing“ (weltweite Beschaffung) führen. Ziele der internationalen Arbeitsteilung sind

Leistungssteigerungen durch Spezialisierung sowie vor allem Ertragssteigerungen durch Kosten-

unterschiede, v. a. Lohnunterschiede zwischen Hoch- und Billiglohnländern. Weitere Folgen sind

zudem eine stärkere Spezialisierung sowie eine Verkoppelung der Staaten in der Weltwirtschaft.

Das „Gegenstück“ zur internationalem Arbeitsteilung ist der Protektionismus. Protektionistische

Maßnahmen umfassen dabei tarifäre (v. a. Zölle) und nichttarifäre Handelshemmnissen z. B.

technische Vorschriften und Standards, Marktbeschränkungen, mengenmäßige Beschränkungen

wie Quoten oder Subventionierung der heimischen Wirtschaft.

Im Gegensatz zur klassischen internationalen Arbeitsteilung mit einer Aufteilung der Welt

nach Entwicklungsländern als Rohstofflieferanten auf der einen und den Konsumgüterproduzen-

ten in Form der Industrieländern auf der anderen Seite, zeichnet sich die neue internationale

Arbeitsteilung (Volker Fröbel, Jürgen Heinrichs, Otto Kreye) des 20. Jahrhunderts durch eine

Verlagerung arbeitsintensiver Produktionen in Niedriglohnländer aus, beispielsweise in der

Automobilindustrie. Daher spricht die Modernisierungstheorie hier von positiven Impulsen für

die Entwicklungsländer durch das Auslösen von Produktions- und Investitionsanreizen (so

genannte Linkage-Effekte), wie sie sich in asiatischen und lateinamerikanischen Schwellen ländern

zeigen. In anderen Ländern jedoch werden die Produktionsstätten nicht in den Binnenmarkt

integriert, sodass sich keine ausreichenden Anreize zur Armutsminderung ergeben. Aufgrund des

Drucks auf die Löhne in den westlichen Entwicklungsländern führt die internationale Arbeits-

teilung auf der anderen Seite dort zur Forderung nach protektionistischen Maßnahmen. Vorteile

entstehen für die Bevölkerung auf der anderen Seite durch niedrigere Preise und ein größeres

Produktangebot, so dass Chancen und Risiken differenziert gesehen werden müssen. Gewinner

und Verlierer gibt es sowohl in den Entwicklungsländern als auch in den Industrieländern.

Nach einigen Jahrzehnten der Globalisierungseuphorie lässt sich daher in den letzten Jahren

jedoch zunehmend ein neuer Trend zu einer Gegenbewegung mit einer Abschottung der

Märkte erkennen, wie beispielsweise Katja Scherer am 13. Juni 2013 in DIE ZEIT mit „Raus mit

den Rivalen“ untersucht oder wie es sich auch in der Argumentation der Brexit-Bewegung in

Großbritannien zeigt.

Sachanalyse

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

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Zeit Phase Inhalte Materialien Tipps/Hinweise

1. Unterrichtsstunde

10‘ Einstieg Wie prägt die Globali-sierung unseren Alltag? Markieren der Her-kunftsorte verschiede-ner Produkte (z.B. Kleidung, elektronische Geräte, Nahrungsmittel u. Ä.)

Weltkarte als Kopier-vorlage

Entweder als vorbereitende Hausaufgabe oder Durchfüh-rung direkt in der Stunde (vgl. alternative Arbeitsaufträge).Mit Pins (idealerweise ver-schiedenfarbig) die entspre-chenden Länder in der Karte markieren.

Alternativ: Weltkarte auf Overheadfolie und Kennzeich-nung der Länder

20‘ Erarbeitung Nachvollziehen des Produktionsprozesses am Beispiel des iPhones.Wo wird was produziert und wo liegen die Chancen und Gefahren bei globalen Produkti-onsprozessen?

Interaktive Karte: IPhone - Wo wird was produziert?

Sicherung mithilfe des Arbeitsblattes in Partnerarbeit: Informati-onsentnahme aus der Grafik und Visualisie-rung des Produktions-prozesses.

Einzel- oder Partnerarbeit, je nachdem wie viele internetfä-higen Computer zur Verfügung stehen.

Differenzierungsmöglichkeit: SuS erarbeiten in Gruppen jeweils einen Standort und präsentieren diesen anschlie-ßend

15‘ Vertiefung Analyse problematischer Folgen dieser globalen Produktionsprozesseam Beispiel der iPhone-Produktion

M1 Arbeitsbedingungen in China – Apples Reaktionen

Aufgabe 5 kann als handlungs-orientierte Alternative zu Aufgabe 4 bearbeitet oder als Hausaufgabe aufgegeben werden.

2. Unterrichtsstunde

10‘ Einstieg Die Grafik zeigt die Intensivierung des Welthandels.

M2 Grafik zur Entwick-lung des Welthandels

Methode: Statistikanalyse

25‘ Erarbeitung und Sicherung

Theoretische Grundla-gen der internationalen Arbeitsteilung

Film: Interviewclips zu den Theorien der internationalen Arbeitsteilung

Alternativ: M3 Wie erklären ökonomische Theorien internationale Arbeits-teilung?

Computerraum

Methode: Gruppenpuzzle

Je nach Klassengröße 3er/4er Gruppen bilden; Themen mehrfach vergeben (Experten- und Kontrollgruppen); Präsen-tation der Gruppenergebnisse

10‘ Vertiefung Diskussion über die verschiedenen Theorien und deren Eignung für die Erklärung der internationalen Arbeits-teilung.

Unterrichtsgespräch

Unterrichtsverlauf

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Materialien

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

Weltkarte

AUFGABEN

1. Schauen Sie nach, wo Ihr Lieblings-T-Shirt (oder alternativ andere Produkte Ihrer Wahl) produziert

wurden. Markieren Sie anschließend die Herkunftsorte auf der Weltkarte mithilfe der Pins. Bei

verschiedenen Produkten können diese entweder mit verschiedenfarbigen Pins markiert oder die Pins

beschriftet werden.

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Weltkarte.gif?uselang=de

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Materialien

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

IPhone – Wo wird was produziert?

AUFGABEN

2. Informieren Sie sich anhand der interaktiven Karte über den Produktionsprozess des iPhones.

Tragen Sie Ihre Ergebnisse stichpunktartig auf dem Arbeitsblatt ein.

3. Erläutern Sie, warum ein iPhone bis zu seinem Eintreff en beim Käufer eine so lange Reise machen muss.

Klicken Sie sich durch die Weltkarte und erfahren Sie mehr über die verschiedenen Produktionsstandorte des

iPhones. Wo wird das Design entwickelt und welchen Weg durchläuft dieses Produkt von der ersten Idee bis zu

seiner Fertigung? Texte, Grafiken und Filmausschnitte informieren Sie über diese und weitere Fragen rund um die

globale iPhone-Produktion.

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Materialien

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

Arbeitsblatt: Produktionsprozess der iPhone-Herstellung

Cupertino bei San Francisco (USA)

Demokratische Republik Kongo

Singapur und Südkorea (Asien)

China

Gründe für die globalen Produktionsstandorte und den arbeitsteiligen Produktionsprozess:

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Materialien

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

M1 Arbeitsbedingungen in China – Apples Reaktionen

IT-Gigant Apple eilt von Rekord zu Rekord. Doch für

Beobachter gehen die fabelhaften Gewinne auf Kosten

der Arbeiter bei den Zulieferern. Diese würden bis aufs

Letzte ausgepresst.

Amerikaner stünden deshalb in der Pflicht, bei den

Zulieferern für faire Bedingungen zu sorgen. Für Tim

Cook und die Apple-Führung ist aber klar, dass der

Konzern schon heute sehr viel macht für die Arbeiter

in der Produktionskette.

[…] Apple gilt nicht umsonst als König der Mega-Mar-

gen. Nach Berechnungen von Analysten der Bera-

tungsfirma IHS liegen die gesamten Herstellungskos-

ten für die Apple Watch bei gut 80 Dollar. Dies bei

einem Verkaufspreis von 349 Dollar in den USA und

sogar 399 Euro in Deutschland. Bei der goldenen Edel-

ausgabe soll die Gewinnspanne laut Analysten gar 800

Prozent betragen.

Weniger schön ist die Situation jedoch für die Arbeiter

in den Zuliefererbetrieben. «Immer wenn Apple ein

neues Produkt auf den Markt werfen will, ist es für die

Arbeiter am schlimmsten», sagt Li Qiang von der

Nicht-Regierungsorganisation (NGO) China Labor

Watch. Auch vor dem Verkaufsstart der Apple Watch

seien die Arbeiter bei den Zulieferern wieder unter ex-

tremen Druck gesetzt worden.

Nach Informationen von China Labor Watch wurden

für die Produktionsstätte des Zulieferers Quanta in

Changshu in kürzester Zeit 30.000 Arbeiter angewor-

ben. Weil die Firma dort zuvor nur einige tausend Ar-

beiter beschäftigt hatte, fehlte es zu Produktionsbe-

ginn an Unterkünften und sanitären Anlagen für die

neuen Angestellten.

[…] Im Winter seien viele an Masern und anderen In-

fektionen erkrankt. «Einige befinden sich noch heute

im Spital.» Und zu den schlechten Rahmenbedingun-

gen komme der Stress. Wenn es viel Arbeit gebe, sei es

quasi unmöglich, einen freien Tag zu bekommen.

Die Vorwürfe von China Labor Watch stützen sich auf

Informationen von Arbeitern vor Ort und einge-

schleuste Informanten beim Apple-Zulieferer Pegat-

ron in Shanghai, wo das iPhone 6 zusammengebaut

wird. China Labor Watch hatte bei dieser Fabrik zudem

Ende vergangenes Jahr 96 Lohnausweise von Ange-

stellten gesammelt und ins Netz gestellt.

Die publizierten Lohnausweise zeigen von September

bis November 2014 durchschnittliche wöchentliche

Arbeitszeiten von über 60 Stunden, mit einer Spitze

von 63,7 Stunden im September. […]

Ein eingeschleuster Reporter musste Ende letzten Jah-

res laut BBC-Angaben 18 Tage am Stück arbeiten. Freie

Tage wurden auch auf Anfrage nicht gewährt. Die

längsten Arbeitstage dauerten bis zu 16 Stunden. Re-

gelmässig seien Mitarbeiter während ihren 12-Stun-

den-Schichten vor Erschöpfung am Arbeitsplatz ein-

geschlafen, so die Reporter der Sendung «Panorama».

Apples eigene Arbeitsstandards würden fortlaufend

gebrochen, lautete das Fazit.

Apple selbst wies die Ergebnisse der Recherche zu-

rück. Er und Geschäftsleiter Tim Cook seien «zutiefst

gekränkt» über die Vorwürfe der BBC, schrieb Apple-

Manager Jeff Williams in einem offenen Brief an die

britischen Angestellten der Firma. Kein anderes Unter-

nehmen tue mehr für die Gewährleistung fairer Ar-

beitsbedingungen als Apple.

Noch vor einigen Jahren seien Arbeitszeiten von mehr

als 70 Stunden in der Woche normal gewesen, so Wil-

liams. Inzwischen habe Apple dank strenger Kontrol-

len erreicht, dass das Limit von 60 Stunden zu 93 Pro-

zent eingehalten werde. 2014 wurden nach Aussage

von Apple 633 Kontrollen bei Firmen der Zulieferkette

gemacht. Entdeckte Verstösse gegen den eigenen Code

of Conduct werden laut Apple konsequent geahndet

und korrigiert.

Bekämpft wird von Apple zudem die Praxis der Gebüh-

ren, die Arbeiter in China oftmals an dubiose Rekrutie-

rungsfirmen bezahlen müssen. Durch das System

sind sie zu Beginn ihrer Anstellung bereits so ver-

schuldet, dass sie in eine Art Schuldknechtschaft gera-

ten, aus der ein Entkommen sehr schwierig wird. Seit

Anfang 2015 könne kein Arbeiter in Apples Produkti-

onskette mehr mit Rekrutierungsgebühren belegt

werden, heisst es in einem Bericht des Techriesen.[…]

2010 hatten sich bei Foxconn 14 Arbeiter das Leben ge-

nommen, wobei offenbar die schlechten Arbeitsbe-

dingungen der Auslöser waren. Apple hatte daraufhin

ein Programm ins Leben gerufen, welches die Bedin-

gungen bei den Zulieferern verbessern sollte.

Im neuen «Supplier Responsibility Progress R eport»

vom Februar schreibt Apple von zahlreichen Fort-

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Materialien

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

schritten in verschiedenen Bereichen. Auch Li Qiang

sagt, dass sich seit den Vorfällen bei Foxconn einiges

getan habe. So seien die Unterkünfte und Löhne zu-

nächst etwas besser geworden und die Arbeitszeiten

zurückgegangen.

Eine problematische Entwicklung ist laut Li aber die

Diversifikation der Zulieferer seit 2012. So habe Apple

die Arbeit zwischen mehreren konkurrierenden Fir-

men aufgeteilt, die sich mit billigeren Angeboten zu

übertreffen versuchten. So bezahle beispielsweise

Pegatron 20 Prozent tiefere Basislöhne als Foxconn.

[....] «Wir kümmern uns um jeden Arbeiter in unserer

Lieferkette», schreibt Williams. 2014 habe Apple in

diesem Bereich enorme Fortschritte gemacht. Dass bei

vielen Zulieferern noch Raum für Verbesserungen da

ist, weiss aber auch der Apple-Manager. «Wir wissen,

dass es da draussen viele Probleme gibt und dass unse-

re Arbeit noch lange nicht getan ist.»

Gabriel Knupfer, Apple-Produkte: Arbeiter bluten für Herstellung, Handelszeitung, 15.5.2015

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AUFGABEN

4. Analysieren Sie am Beispiel der iPhone-Produktion problematische Folgen dieser globalen Produktions-

prozesse (M1, interaktive Karte).

5. a) Sie haben als Mitarbeiter des Apple-Konzerns den Auftrag bekommen, eine Zuliefererfi rma zu besu-

chen, um sich über die Zufriedenheit der Mitarbeiter, die Arbeitsbedingungen und das Funktionieren

des Produktionsablaufes zu informieren. Nun schreiben Sie den Bericht an Ihren Chef.

b) Stellen Sie dar, wie Sie als Chef nun auf diesen Bericht reagieren würden und vergleichen Sie Ihre

Reaktion und die vorgeschlagenen Maßnahmen mit denen des Apple-Konzerns.

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Materialien

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AUFGABE

6. Beschreiben, interpretieren und bewerten Sie diese Grafi k.

M2 Grafi k zur Entwicklung des Welthandels

Interview mit Dr. Jakob Schwab zu den theoretischen Grundlagen des internationalen Handels

In vier Kurzclips erklärt Dr. Jakob Schwab die zentralen Theorien des internationalen Handels.

1. Theorie der absoluten und komparativen Kostenvorteile

2. Faktorproportionentheorie

3. Produktlebenszyklus-Theorie

4. Theorie der economies of scale

AUFGABE

7. a) Erschließen Sie sich die Theorien des internationalen Handels mithilfe eines Gruppenpuzzles. Dabei

können Sie entweder die Filmclips oder die Textquellen M 3 als Informationsgrundlage nutzen.

b) Gestalten Sie in Ihren Expertengruppen ein Plakat, auf dem Sie anschaulich und verständlich die Ihnen

zugeteilte Theorie visualisieren.

8. Erläutern Sie mithilfe einer der Theorien, unter welchen Bedingungen sich die Verlagerung von (einzelnen)

Produktionsschritten ins Ausland lohnt.

© dpa-Infografik

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128Nordamerika

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Lateinamerika195

Europa4 560

Russland/GUS149

Afrika97

Nah-ost136

Asien/Pazifik3 076

- 2,6

- 1,8

- 5,8

Globale Handelsströme

© Globus 10302

intraregionaler Handel (innerhalb der jeweiligen Region)

interregionaleHandelsströme (ab 50 Mrd. Dollar)

Veränderung der Exporte 2013 gegenüber 2012 in ProzentVeränderung der Exporte 2013 gegenüber 2012 in Prozent

Warenhandel 2013 in Milliarden Dollar

Quelle: World Trade OrganizationStand 2015

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M3 Wie erklären ökonomische Theorien internationale Arbeitsteilung?

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Auch wenn zwei Länder die gleichen Güter pro-

duzieren können, beispielsweise Kohle und

Weizen, liegen oft erhebliche absolute Kostenun-

terschiede bei der Herstellung vor (bedingt zum

Beispiel durch unterschiedliche Abbautiefen oder

Klimazonen). Dann ist es für jedes der Länder von

Vorteil, sich auf das Gut zu spezialisieren, bei dem

es absolute Kosten vorteile aufweist, und einen Teil

seiner Produktion zu exportieren sowie das im In-

land nur sehr viel teurer herstellbare andere Gut zu

importieren. Beide Staaten transferieren dadurch

Produktionsfaktoren aus den jeweiligen kosten-

mäßig unterlegenen Bereichen in diejenigen, in

denen sie Kostenvorteile haben. Auf diese Weise

kann die Gesamtproduktion beider Länder ge-

steigert werden, was einen Wohlfahrtsgewinn dar-

stellt. […] Wie aber, wenn in einer Ausgangssituation

ohne Handel zwischen zwei Ländern A und B das

Land B alle Güter kostengünstiger herstellen kann

als A? Dann gibt es doch – jedenfalls für B – keinen

Anreiz, mit A zu handeln? Dennoch beobachten

wir, dass Staaten wie Deutschland und Polen inten-

siven Handel betreiben, obwohl die meisten Güter

in Polen billiger hergestellt werden könnten. Eine

Antwort auf diese Frage fand der englische

National ökonom David Ricardo (1772-1823) mit

dem Theorem der komparativen Kostenvorteile.

Angenommen, Polen kann sowohl Stahl als auch

Kraftfahrzeuge günstiger herstellen als Deutsch-

land. Polens Kostenvorteil bei der Stahlproduktion

ist allerdings deutlich größer als im Falle von Autos.

Dann lohnt es sich für beide Länder, wenn sich

Polen auf Stahl und Deutschland auf Autos speziali-

siert und beide Staaten das jeweils andere Gut im

Nachbarland einkaufen. Die Vorteilhaftigkeit der

internationalen Arbeitsteilung beruht in diesem

Fall auf komparativen Kostenunterschieden auf-

grund von unterschiedlichen Produktivitätsrelatio-

nen zwischen den beiden Ländern bei der Herstel-

lung der beiden Produkte.

Die klassischen Modelle von Smith und Ricardo

sind sehr vereinfacht. Erweiterungen der Grund-

modelle berücksichtigen mehr als zwei Länder,

mehr als zwei Güter, neben Arbeit auch die Produk-

tionsfaktoren Boden, Kapital und Know-how, sie

beachten Transportkosten und Wechselkurse.

Guppe 1: Klassische Außenhandelstheorien – David Ricardo

Eine Erweiterung des Ricardo-Modells bildet die

Faktorproportionentheorie der beiden Schweden Eli

Heckscher (1879-1952) und Bertil Ohlin (1899-1979).

Diese erklärt internationalen Handel nicht durch

Produktivitätsunterschiede, sondern durch unter-

schiedliche Faktorpreisrelationen. Die Produktions-

kosten eines Landes werden bestimmt durch die

Preise der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und

Kapital. Die Preisrelationen zwischen Arbeit, Boden

und Kapital unterscheiden sich in verschiedenen

Ländern. Ob der Preis für Arbeit im Verhältnis zu

den Kapitalkosten teuer ist oder nicht, hängt ab von

den Faktorproportionen, das heißt davon, ob ein

Produktionsfaktor verglichen mit den anderen in

einem Land reichlich zur Verfügung steht oder

knapp ist. Ist beispielsweise in einem Land E Arbeit

im Verhältnis zum Kapital reichlich vorhanden,

werden die Kapitalkosten (Zinsen) vergleichsweise

zu den Löhnen hoch sein. Ist dagegen in einem Land

I Arbeit im Verhältnis zum Kapitalbestand relativ

knapp, werden die Löhne in Relation zu den Zinsen

beträchtlich sein. Land E kann deshalb arbeits-

intensive Produkte wie zum Beispiel Teppiche

günstiger herstellen als I und hat bei solchen Gütern

einen komparativen Kostenvorteil. In I werden die

Arbeits plätze eine relativ hohe Ausstattung mit

Sachkapital aufweisen, und das Land hat

kompa rative Kostenvorteile bei kapitalintensiven

Gütern wie Maschinen. Allerdings wird in der Reali-

tät eine vollständige Spezialisierung auf arbeitsin-

tensive Güter von arbeitsreichen Ländern, zu denen

oft Entwicklungs länder (E) gehören, kaum an-

gestrebt. Die Differenz im Know-how zu den kapital-

reichen Ländern (Industrieländer I) würde sich ver-

größern, weil die kapitalintensiven Güter ein

höheres Wachstums potenzial besitzen.

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Gruppe 2: Neuere Außenhandelstheorien – Faktorproportionentheorie

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Internationale Arbeitsteilung – ein iPhone geht um die Welt

Gruppe 3: Neuere Außenhandelstheorien – Produktlebenszyklus-Theorie

Eine Zeitraum bezogene Betrachtung (dynamisches

Modell) entwickelte der Amerikaner Raymond Vernon

(1913-1999) mit der Produktlebenszyklus-Theorie der

internationalen Arbeitsteilung. Ausgangspunkt des

Modells ist die Betrachtung des Lebenszyklus eines

neuen Produktes. Typischerweise durchläuft ein Pro-

dukt mehrere Phasen, in denen sich seine Produktions-

funktion, der Produktionsstandort und der Absatz-

markt in bestimmter Weise verändern. Die Theorie

geht davon aus, dass verschiedene Länder je nach ihrer

Faktorausstattung komparative Vorteile in verschie-

denen Phasen des Zyklus aufweisen. Unterschieden

werden dabei die Innovationsphase, die Ausreifungs-

phase und die Sättigungsphase eines Produkts. Die

Argumentation lautet vereinfacht wie folgt: Da Inno-

vationen kapital- und know-how-intensiv sind, er-

folgen sie hauptsächlich in den hoch entwickelten

Industrieländern. In der Innovationsphase ist das

technologisch anspruchsvolle neue Produkt zunächst

nur auf dem Inlandsmarkt präsent, es wird technisch

entwickelt und neue Anwendungen werden erschlos-

sen. In der Ausreifungsphase steigen die Produktions-

und Absatzzahlen.

Mit zunehmender Standardisierung der Produktion

wird es möglich, die Herstellungskosten durch

Massen produktionsvorteile zu senken.

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeit an dem Pro-

dukt verliert an Bedeutung. Durch günstige Preise

können neue Käuferschichten erschlossen werden,

und die inzwischen entstandenen Kapazitäten stehen

für Exporte ins Ausland zur Verfügung. Oft ist es

bereits in dieser Phase lohnend, auch Teile der Pro-

duktion ins Ausland zu verlagern. Dies geschieht

durch Errichtung von eigenen Unternehmen oder die

Beteiligung an ausländischen Firmen (Direkt-

investitionen). Auf diese Weise oder durch Lizenzver-

gabe g elangt die Technologie ins Ausland. Auch begin-

nen Firmen in Importländern, die Technologien zu

kopieren und nicht selten illegal Imitate zu erstellen.

In der letzten Phase des Lebenszyklus sind die Märkte

im Wesentlichen gesättigt, die Technologie ist

standardisiert und stellt geringe Anforderungen an die

Qualifikation von Arbeitskräften. Entwicklungsländer

besitzen in dieser Phase komparative Kostenvorteile.

Sie produzieren über den eigenen Markt hinaus und

beginnen ihrerseits zu exportieren, darunter auch in

das ursprüngliche Innovationsland. Von den ver-

bliebenen Produzenten im Innovationsland, die der

Konkurrenz aus den Niedriglohnländern nicht

gewachsen sind, wird der Ruf nach Protektion laut.

Häufig werden sie von den ausländischen Anbietern

vom Markt verdrängt.

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Der Produktlebenszyklus erklärt, dass hoch ent-

wickelte Industrieländer sich mit ihren Exporten

auf innovative Produkte spezialisieren, die – ver-

glichen mit späteren Phasen – qualifikationsinten-

siv erstellt werden. Unter den Importen dieser

Staaten finden sich „ältere“ Produkte, die sie einst

selbst hergestellt haben, bei denen standardisierter

Kapitaleinsatz gegenüber der Qualifikationsintensi-

tät zugenommen hat. Ein Beispiel ist die Werft-

industrie: Während Frachtschiffe und Tanker aus

Korea und China importiert werden, haben sich die

deutschen Werften vom Standardschiffbau völlig

verabschiedet und sich auf Kreuzfahrtschiffe und

Luxusyachten sowie hoch komplexe U-Boote und

Korvetten konzentriert. Dementsprechend sank

auch in der Werftindustrie die Beschäftigtenzahl

von 72.000 im Jahr 1975 auf 15.000 im Jahr 2007.

Selbst wenn anfänglich keine Kostenunterschiede

zwischen zwei Staaten bestehen, kann die Speziali-

sierung durch Außenhandel für beide vorteilhaft

sein. Angenommen, die Niederlande und Belgien

stellen beide Stahl und Autos her. In einer Situation

ohne Außenhandel produzieren die Fabriken in

beiden Ländern mit sehr hohen Stückkosten, weil

die nationalen Märkte zu klein sind für die Aus-

nutzung von Massenproduktionsvorteilen. Stahl-

und Autofabriken weisen hohe Fixkosten auf, das

bedeutet, dass die Kosten pro Stück bei zunehmen-

der Herstellungs menge abnehmen (economies of

scale). Öffnen die beiden Länder ihre Grenzen und

spezialisieren sich auf eines der beiden Güter,

können sie beide Produkte zu günstigeren Preisen

herstellen und durch ihren Austausch unter-

einander ihre Wohlstandssituation verbessern.

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Klaus-Peter Kruber, Anna Lena Mees, Christian Meyer, Theoretische Grundlagen des internationalen Handels, Bundeszentrale für politische Bildung, 27.8.2008

Gruppe 4: Neuere Außenhandelstheorien – Economies of scale