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Seite 32 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr. 745 vom 28.02.2019 A. e) Dokumentationen, Projekte, Diskussionen 01) Geographische Namensvielfalt: Exonyme und Endonyme Einige Bemerkungen zum Gebrauch traditioneller Namensformen im Deutschen (wie Preßburg und Marburg für Bratislava und Maribor) Nach der gestrigen Aussendung über die „Österreichische Namensforschung“ erhielten wir einen Beitrag von Univ.-Prof. i.R. Dr. Heinz-Dieter Pohl, der bis 2012/13 selbst Herausgeber dieses Druckwerks war. Er enthält tiefgehende Betrachtungen über den Gebrauch traditioneller Namensformen im Deutschen. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, die Tabellen ab Seite 14 eingehender zu studieren! https://drive.google.com/file/d/14zEjkmq8pJ47tE7Fpdi6yoWoeJ9WpDba/view Wien, am 21. Feber 2019 Sudetendeutscher Pressedienst (SdP) Österreich https://drive.google.com/file/d/14zEjkmq8pJ47tE7Fpdi6yoWoeJ9WpDba/view oder: https://www.jahrbuchkaernten.at/index.php?id=26 Sonderdruck aus: Kärntner Jahrbuch für Politik 2016, S. 195-216. (im Internet aufrufbar unter http://www.jahrbuchkaernten.at/index.php?id=26) © H.D. Pohl 2016 Heinz-Dieter Pohl Geographische Namensvielfalt: Exonyme und Endonyme. Einige Bemerkungen zum Gebrauch traditioneller Namensformen im Deutschen (wie Pressburg und Marburg für Bratislava und Maribor) 0. Vorbemerkungen In den Medien und in politischen Äußerungen lässt sich beobachten, dass immer mehr Ortsnamen in ihrer originalen Form gebraucht werden, z.B. Bratislava und Maribor statt der traditionellen deutschen Namensformen Pressburg und Marburg. Insbesondere trifft dies auf das östliche Mitteleuropa sowie Ost- und Südosteuropa zu, aber auch auf Asien, wie Mumbai statt Bombay zeigt. In einem wesentlich geringeren Ausmaß trifft dies auf Nord- und Westeuropa sowie Afrika zu, wie dies z.B. der fast ausschließliche Gebrauch von Kopenhagen für København oder Lissabon für Lisboa sowie Casablanca für Dar el-Beida (genauer الدارلبيضاء اad-Dār al-bayḍāʾ) oder Kapstadt für (engl.) Cape Town bzw. (afrikaans) Kaapstad bzw. (Xhosa) 1 iKapa zeigen. In diesem Beitrag werden die damit zusammenhängenden namenkundlichen und sprachwissenschaftlichen Hintergründe beleuchtet (1) sowie Empfehlungen seitens wissenschaftlicher Institutionen (5) vorgestellt. Weiters wird versucht die Frage zu beantworten, inwiefern der Gebrauch deutscher Namensformen „politisch korrekt“ ist.

A. e) Dokumentationen, Projekte, Diskussionen · Seite 33 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr. 745 vom 28.02.2019 1 Xhosa (genauer isiXhosa) ist eine der 9 indigenen Amtssprachen Südafrikas,

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Seite 32 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

A e) Dokumentationen Projekte Diskussionen

01) Geographische Namensvielfalt Exonyme und Endonyme

Einige Bemerkungen zum Gebrauch traditioneller Namensformen im Deutschen (wie Preszligburg und Marburg fuumlr Bratislava und Maribor)

Nach der gestrigen Aussendung uumlber die bdquoOumlsterreichische Namensforschungldquo erhielten wir einen Beitrag von Univ-Prof iR Dr Heinz-Dieter Pohl der bis 201213 selbst Herausgeber dieses Druckwerks war Er enthaumllt tiefgehende Betrachtungen uumlber den Gebrauch traditioneller Namensformen im Deutschen Es empfiehlt sich auf jeden Fall die Tabellen ab Seite 14 eingehender zu studieren

httpsdrivegooglecomfiled14zEjkmq8pJ47tE7Fpdi6yoWoeJ9WpDbaview

Wien am 21 Feber 2019

Sudetendeutscher Pressedienst (SdP) Oumlsterreich

httpsdrivegooglecomfiled14zEjkmq8pJ47tE7Fpdi6yoWoeJ9WpDbaview

oder

httpswwwjahrbuchkaerntenatindexphpid=26

Sonderdruck aus Kaumlrntner Jahrbuch fuumlr Politik 2016 S 195-216 (im Internet aufrufbar unter httpwwwjahrbuchkaerntenatindexphpid=26) copy HD Pohl 2016

Heinz-Dieter Pohl Geographische Namensvielfalt Exonyme und Endonyme Einige Bemerkungen zum Gebrauch traditioneller Namensformen im Deutschen (wie Pressburg und Marburg fuumlr Bratislava und Maribor)

0 Vorbemerkungen In den Medien und in politischen Aumluszligerungen laumlsst sich beobachten dass immer mehr Ortsnamen in ihrer originalen Form gebraucht werden zB Bratislava und Maribor statt der traditionellen deutschen Namensformen Pressburg und Marburg Insbesondere trifft dies auf das oumlstliche Mitteleuropa sowie Ost- und Suumldosteuropa zu aber auch auf Asien wie Mumbai statt Bombay zeigt In einem wesentlich geringeren Ausmaszlig trifft dies auf Nord- und Westeuropa sowie Afrika zu wie dies zB der fast ausschlieszligliche Gebrauch von Kopenhagen fuumlr Koslashbenhavn oder Lissabon fuumlr Lisboa sowie Casablanca fuumlr Dar el-Beida (genauer البيضاء الدار ad-Dār al-bayḍāʾ) oder Kapstadt fuumlr (engl) Cape Town bzw (afrikaans) Kaapstad bzw (Xhosa)1 iKapa zeigen In diesem Beitrag werden die damit zusammenhaumlngenden namenkundlichen und sprachwissenschaftlichen Hintergruumlnde beleuchtet (1) sowie Empfehlungen seitens wissenschaftlicher Institutionen (5) vorgestellt Weiters wird versucht die Frage zu beantworten inwiefern der Gebrauch deutscher Namensformen bdquopolitisch korrektldquo ist

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1 Xhosa (genauer isiXhosa) ist eine der 9 indigenen Amtssprachen Suumldafrikas zur Bantu-Sprachfamilie gehoumlrend

1 Zum Begriff des Exonyms und Endonyms 11 Allgemeines Ein Exonym (griechisch etwa lsquoauszligerhalb [liegender] Namersquo zusammengesetzt aus griech ἔξω eacutexō lsquoauszligerhalbrsquo + ὄνυμα oacutenyma lsquoNamersquo ndash neben ὄνoμα oacutenoma wie in Onomastik ʻNamenkundeʼ aus ὀνομαστική onomastikḗ) ist in der Ortsnamenkunde (Toponomastik zu griech τόπος toacutepos sbquoOrtlsquo) eine Ortsbezeichnung die in einer anderen Sprache als der aus der es stammt mehr oder weniger allgemein uumlblich ist Beispiel fuumlr endonymische Namensformen von geographischen Objekten auszligerhalb des deutschen Sprachraums sind

zB Praha ʻPragʼ bzw Moskwa (Москвa [maskwaacute]) ʻMoskauʼ oder Mumbai (Marathi म बई)

ʻBombayʼ bzw Beijing (genauer Běijīng [peiumltjing] 北京) ʻPekingʼ Beispiele fuumlr Volksgruppen

sind die Bezeichnungen Suomalaiset ʻFinnenʼ oder (heute) Eacutellines (Έλληνες alt ῞Eλληνες Heacutellēnes bzw Hellenen) ʻGriechenʼ Der Staumlndige Ausschuss fuumlr geographische Namen (StAGN) empfiehlt vorwiegend amtliche endonymische Namenformen fuumlr geographische Namen im Gebiet auslaumlndischer Staaten zu verwenden2 Exonyme haben den Vorteil dass sie in der jeweiligen Sprache phonetisch angepasst und besser in die Flexion integriert sind als die Originale zB klingt Prager Schinken und Mailaumlnder Scala vertrauter als Schinken aus Praha oder Scala von Milano (Prahaer oder Milanoer sind uumlberhaupt ungebraumluchlich)

2 Naumlheres siehe im Internet unter httpwwwstagndeDEHomehome_nodehtml (Suchbegriff Exonyme eingeben)

Der Terminus Exonym kann auch auf Personennamen uumlbertragen werden (zB Johannes in anderen Sprachen John Hans Jan Jean Juan Giovanni Ivan Jaacutenos Jovan Ioan Jannis usw) Im Gegensatz dazu ist ein Endonym (von griech ἐνδο- endo- gekuumlrzt aus ἔνδον endon lsquoinnenrsquo + ὄνυμα oacutenyma lsquoNamersquo) die von der jeweiligen autochthonen Bevoumllkerungsgruppe verwendete Namensform Exonyme gelten als ein natuumlrlicher Bestandteil des Namengutes einer Sprache (zusammen mit ihrem Wortschatz)3 Deren Anzahl variiert sehr stark und ist meist durch auszligersprachliche Faktoren begruumlndet als deren beide bedeutendste wohl die sozialen Kontakte und eine (zumindest teilweise) gemeinsame Geschichte zu veranschlagen sind

3 Auch die Vereinten Nationen weisen in einer ihrer Resolutionen darauf hin dass Exonyme als Teil des geographischen Namengutes der jeweiligen Muttersprache angehoumlren und als unverzichtbare Elemente der Verstaumlndigung unter den Sprechern dieser Sprache zu betrachten sind

12 Soziale Kontakte Es ist klar dass allgemein bekannte geographische Objekte und solche in unmittelbarer Nachbarschaft in die Nachbarsprache haumlufiger integriert werden als weniger bekannte und weiter entfernte So gab es zB schon vor 1918 rund 200 bdquoechteldquo italienische Namen fuumlr Suumldtiroler Orte4 und in der Oumlsterreichisch-Ungarischen Monarchie gab es ndash zumindest in

Seite 34 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 der oumlsterreichischen Reichshaumllfte ndash amtlich deutsche (oder auch oft im Deutschen uumlbliche) und einheimische (also landessprachliche) Ortsnamen Als Beispiele moumlgen deutsch Lemberg polnisch Lwoacutew und ukrainisch Lrsquoviv (Львів) gelten oder im deutschen Sprachgebrauch waren in Dalmatien die italienischen nicht kroatischen Namen uumlblich zB Fiume oder Pola nicht Rijeka oder Pula

13 Gemeinsame Geschichte Diese wirkt sich immer auch auf die Sprachentwicklung aus denn im Laufe der Zeit veraumlndert sich nicht nur die Aussprache der einzelnen aus fruumlheren Epochen einer Sprache stammenden Namen zB hieszlig Wien einst Wienna [wiumleacutena] und wurde uumlber [wieumln] zu mundartlich Wean [wean] und bdquohochdeutschldquo [wīn] oder aus slawisch gradьcь entstand mit Umlaut zunaumlchst Graumltz und dieses wurde mundartlich zu Graz welche Form im 19 Jhdt dann amtlich wurde Auch die Aussprache allgemein bekannter Ortsnamen aus anderen Sprachen konnte sich wandeln so wurde regionales italienisches Milaacuten heute amtlich Milano zu deutsch Mīlan und weiter (aumlhnlich wie Weimar aus mittelhochdeutsch Wīmare) uumlber Meilan umgeformt zu Mailand Es Geographische Namensvielfalt Es kann auch die urspruumlngliche Aussprache bewahrt sein wie ua italienisch Vienna fuumlr lsquoWienrsquo was dem althochdeutschen Wienna [wiumleacutena] lautlich ziemlich genau entspricht Oder deutsch Prag nach fruumlhtschechisch Praga das heute im Tschechischen Praha lautet oder altfranzoumlsisch Paris gesprochen [pariacutes] mit -s das noch heute auf Deutsch so lautet doch im Franzoumlsischen selbst zu [pariacute] (ohne -s) wurde

4 In der heutigen Provinz Bozen die meisten anderen sind ja mehr oder weniger konstruiert und erst nach 1918 eingefuumlhrt worden Sie wurden von Ettore Tolomei in seinem Prontuario (= Tolomei 1923) festgelegt Insgesamt sind darin uumlber 12000 (exakt 16735) Namen enthalten

Aumlhnlich ist es auch in gemischtsprachigen oder spaumlter in einen anderen Sprachraum einbezogenen Gebieten die jeweilige Sprache setzt die Lautung zur Zeit der Entlehnung fort und hat dann dem Namen ihre eigene lautliche Praumlgung verliehen so erinnert slowenisch Pliberk lsquoBleibergrsquo an ein altes deutsches Pliburch und deutsch Feistritz setzt ein slowenisches Bistrica fort Es koumlnnen in den Kontaktsprachen auch verschiedene Benennungsmotive vorliegen so heiszligt Maria Rain in Kaumlrnten auf Slowenisch Žihpolje ndash auf altem deutschen Sīchbuhil lsquofeuchter Buumlhel bzw Bichlrsquo beruhend5 umgekehrt beruht deutsch Laibach auf einem alten romanischen Praumldien- (= Gutshof) -namen und slowenisch Ljubljana auf einem alteuropaumlischen Gewaumlssernamen (verwandt mit Lippe Lofer Loibl Ljubelj und nach neueren Erkenntnissen auch Leipzig)6 Die lautliche Aumlhnlichkeit taumluscht oft (auch Mainz und Main sind nicht miteinander verwandt sondern beruhen auf lateinisch Moguntiacum und Moenus) Verschiedene Namen sind beispielsweise auch deutsch Oumldenburg gegenuumlber ungarisch Sopron (das auf einem lsquoschoumlnen Brunnenrsquo beruht) sowie ungarisch Beacutecs (davon kroatisch Beč bzw serbisch Беч Herkunft umstritten)7 fuumlr Wien

5 Urkundlich ist Maria Rain erstmals 1200 als Sichpuchl bezeugt 6 Dazu Pohl (2010a 72ff sowie 2013 133f mit Literatur und anderen Deutungen) Die hier angefuumlhrten Namen gehen jedenfalls auf alte Wasserwoumlrter zuruumlck 7 Koumlnnte ein altes Wort fuumlr ʻKellerʼ enthalten im Sinne von ʻLagerraum uswʼ und somit mit dem Handel und der Donauschifffahrt zusammenhaumlngen

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2 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash historisch gesehen Das Deutsche war in der alten Monarchie seit der Neuzeit dominante Amtssprache daher haben deutsche bzw im Deutschen gebrauchte Namen eine lange Tradition im Slowenischen (und in einigen anderen Sprachen) aber nicht Dies heiszligt aber nicht dass es diese Namen nicht gegeben haumltte (wie oft behauptet wird) sie waren nur in muumlndlichem Gebrauch und wurden erst dann schriftsprachlich als eine moderne Schriftsprache begruumlndet wurde (im Laufe des 19 Jhdts) So sind slowenisch Celovec lsquoKlagenfurtrsquo (V Zelovzi)8 und Svinec lsquoEbersteinrsquo9 relativ fruumlh belegt (1615 bzw 1789) andere Namen nicht fuumlr diese mussten Schreibformen erst entwickelt werden so entstanden dann Namensformen wie slowenisch Maribor (mundartlich [maacuterbər]) lsquoMarburgrsquo oder Velikovec (mundartlich [belkoacuteuts oder blekoacuteuts]) lsquoVoumllkermarktrsquo Manche von ihnen sind linguistisch anfechtbar wie eben Velikovec das im 18 Jhdt Als Blikouc und Belkovec bezeugt ist10

Auch das slowenische Maribor ist eine Neubildung nach dem Muster Branibor (tschech fuumlr Brandenburg)11 Aumlhnliches trifft mitunter auch auf deutsche Namen zu so beruht Velden auf einem Schreibfehler 1297 ist Velwen bezeugt was uumlbersetzt der slowenischen Namensform Vrba (= lsquoWeidenbaumrsquo alt Felbe(r)) entspricht12 Oder Bautzen in Sachsen statt des aumllteren Budissin (sorb Budyšyn) eine juumlngere Lautung reflektierend13 bzw das in Oumlsterreich-Ungarn nie amtliche Temeschburg fuumlr ungar Temesvaacuter bzw rumaumln Timişoara

8 Vgl Ogris 1984 345 9 Svinc bei Gutsmann (1789 206) 10 vgl Gutsmann (1789 407) ndash damals schon neben Velikovec 11 Snoj 2009 252 12 Kranzmayer (1958 67)

13 Niemeyer 2012 52

Wie im Falle Wien kann es auch zu verschiedenen Entwicklungen in der Lokalmundart und der Standardsprache kommen ein gutes Beispiel ist hier der Name des Kantons (mittelhochdeutsch bzw schweizerdeutsch) Schwyz gegenuumlber dem Namen des Staates Schweiz (mit standarddeutscher Diphthongierung) Eine groszlige Rolle spielt auch die lautliche Kompatibilitaumlt zwischen der Original- und entlehnenden Sprache so werden viele bdquofremdeldquo Laute durch aumlhnlich klingende ersetzt Eine groszlige Rolle spielt auch die Schreibung denn oft werden Ortsnamen in der Ausgangs- und Zielsprache zwar gleich geschrieben aber verschieden ausgesprochen zB London (engl [laacutendǝn]) Madrid (span [maethriacuteeth]) Edinburgh (engl [aumlacutedinbǝrǝ]) Goumlteborg (schwed [joumltǝboacuterj] Zagreb (kroat [s-]) Den Haag (niederlaumlnd [denhaacutech]) und Paris (franzoumls [pariacute]) Manchmal weicht die Aussprache so stark ab dass sie kaum noch verstaumlndlich ist zB polnisch Łoacutedź das im Deutschen meist Lodsch heiszligt und nicht wie im Original [wudsj]14 Viele Namen erscheinen auch in einer falschen Aussprache weil sie als Namen der Staatssprache interpretiert werden obwohl sie aus einer anderen (regionalen) Sprache stammen zB Barcelona wird oft spanisch (genauer kastilianisch) mit [-θ-] (aumlhnlich wie englisch th) gesprochen obwohl der Name auf Katalanisch mit [-s-] zu sprechen ist auch die korsische Hauptstadt Ajaccio wird oft mit der franzoumlsischen bdquoLeseausspracheldquo [ažaksjoacute] bedacht statt italienisch [ajaacutetšo] was an deutsch Lodsch und Zagreb [ts-] erinnert (so) sowie an die in Oumlsterreich weit verbreitete Realisierung von Lignano (mit [-gn-] statt [-nj-]) oder Brescia ([breacutestšia] statt [breacuteša]) usw

14 Die deutsche Bezeichnung Litzmannstadt war eine kurzlebige Nazi-Umbenennung (1940-1945 nach einem deutschen General [dagger1936] des Ersten Weltkrieges)

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Ebenso wie andere Woumlrter koumlnnen auch Exonyme im Laufe der Zeit auszliger Gebrauch kommen und durch den aus der Ausgangssprache entlehnten originalen Namen also durch das Endonym ersetzt werden so sind beispielsweise Nanzig Neuyork Weiden Temeschburg fuumlr Nancy New York Udine TemesvaacuterTimişoara gaumlnzlich verschwunden Namen wie Agram Konstantinopel und Buchenland houmlrt man heute recht selten statt Zagreb Istanbul Bukowina Einen entscheidenden Einfluss auf den Gebrauch von Endonymen haben aber die Medien Gerade bei Liberec statt Reichenberg oder Bratislava statt Pressburg zeigt sich dies besonders deutlich

3 Umbenennungen Von Exonymen zu unterscheiden sind die durch Umbenennungen von Orten entstandenen historischen Namen zB Karl-Marx-Stadt (1953ndash1990) gegenuumlber Chemnitz (bis 1953 und ab 1990) Neu Amsterdam (bis 1664) gegenuumlber New York (seit 1664) oder St Petersburg (genauer Санкт-Петербург Sankt-Peterburg bis 1914 und seit 1991) gegenuumlber Petrograd (Петроград 1914-1924) bzw Leningrad (Ленинград 1924ndash1991) Hier ist in erster Linie ein zeitlicher kein geographischer Unterschied in der Verwendung festzustellen auch wenn zu der chronologischen Dimension ein Sprachwechsel hinzukommen kann wie zB bei Kaliningrad das bis 1946 Koumlnigsberg (russisch geschrieben Кёнигсберг bzw Keumlnigsberg_ے__jےucircےے) hieszlig Koumlnigsberg ist daher kein deutsches Exonym dieses lautet Kaliacuteningrad (Калининград mit Betonung auf der zweiten statt wie im Russischen auf der letzten Silbe Kaliningraacuted) Umgekehrt steht in der russischen Literatur wenn die Stadt vor 1946 gemeint ist nicht etwa Kaliningrad wie dies bei einem bdquoechtenldquo Exonym anzunehmen waumlre sondern Keumlnigsberg [kjoniksbeacuterk]15 Anders stellt sich der Sprachgebrauch in Faumlllen wie Danzig oder Breslau dar diese Staumldte hieszligen auf Polnisch immer schon Gdańsk und Wrocław ndash hier kam es zum Sprachwechsel vor 1945 waren aus deutscher Sicht die polnischen Bezeichnungen Exonyme heute sind sie Endonyme und die deutschen Bezeichnungen die Exonyme Das schlesische Hindenburg hieszlig bis 1915 polnisch Zabrze und so heiszligt es wieder seit 1945 ist also kein bdquoechtesldquo Exonym

15 Auch in Russland ist Kant ein Koumlnigsberger Philosoph geblieben und kein Kaliningrader

Im bdquoDritten Reichldquo (also in der NS-Zeit) wurde von Umbenennungen von Staumldten und Ortschaften aus politischen Erwaumlgungen nur relativ selten Gebrauch gemacht Beispiele aus Oumlsterreich waumlren Sponheim statt St Paul im Lavanttal oder Markt Pongau statt St Johann im Pongau Weitere Beispiele sind Gotenhafen statt Gdingen und Litzmannstadt statt Lodsch16 Bei den Namen oumlffentlicher Plaumltze und wichtiger Straszligen war dies wesentlich haumlufiger der Fall ndash so hatte fast jede Gemeinde ihren bdquoAdolf-Hitler-Platzldquo Dies ist nicht unbedingt ein Kennzeichen autoritaumlrer Staaten doch bei Ortsnamen ist dies sehr wohl der Fall Man denke ua an die zahlreichen nach Stalin17 und Tito18 benannten Staumldte ndash sie sind inzwischen Geschichte Selbst die bdquoHeldenstadtldquo Stalingrad (Сталинград vormals Царицын Zarizyn) musste daran glauben sie heiszligt seit 1961 (im Gefolge der bdquoEntstalinisierungldquo) Wolgograd (Волгоград) In der Ex-DDR gab es einst eine Industrie-Siedlung namens Stalinstadt ndashspaumlter wurde daraus Eisenhuumlttenstadt (ebenfalls 1961) In Rumaumlnien wurde aus Brașov (deutsch Kronstadt ungar Brassoacute) von 1950ndash1960 Orașul Stalin ebenfalls ein ʻStalinstadtʼ

16 so Anm 14

Seite 37 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 17 Beispiele (in Klammer der heutige bzw fruumlherer Name) Stalinabad (Duschanbe) ukrain Staline bzw russ Stalino (Jusowka bzw Donezk) Stalingrad (Zarizyn bzw Wolgograd) Stalinogorsk (Nowomoskowsk) Staliniri (Zchinwali) Stalinsk (Nowokusnezk) 18 Beispiele Titograd (Podgorica) heute in den Nachfolgestaaten ohne den Namensteil bdquoTitoldquo Titov Veles Titova Korenica Titovo Užice Titovo Velenje

Anders sind Umbenennungen im Zuge der Entkolonialisierung (va in Afrika) zu beurteilen Sie markieren eine Abwendung von der fremdbestimmten Geschichte zu einer eigenen (also selbstbestimmten) Zukunft Nicht nur Staumldte wurden umbenannt (zB Leacuteopoldville in Kinshasa und Salisbury in Harare) auch die Staaten so wurde aus (vormals Belgisch-) ʻKongorsquo von 1971-1997 Zaiumlre aus lsquoDahomeyrsquo wurde 1975 Benin19 und aus (Suumld-) lsquoRhodesienrsquo mit der Unabhaumlngigkeit 1980 Zimbabwe bzw Simbabwe Der Inselstaat Ceylon heiszligt seit 1972 Sri Lanka und der selbstaumlndige Staat Siam (eine Fremdbezeichnung) hat sich schon 1939 fuumlr die Eigenbenennung Thailand entschieden (im Gegensatz zur Hauptstadt Krung Thep20 die besser als Bangkok bekannt ist) Fuumlr die Elfenbeinkuumlste gilt heute die franzoumlsische Bezeichnung (Uumlbersetzung) Cocircte Ivoire als die offizielle

19 In Anlehnung an das historische Koumlnigreich Benin das aber nicht auf dem heutigen Staatsgebiet lag 20 So die offizielle Kurzform genauer Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit Der laumlngste Name einer Hauptstadt weltweit ndash Bangkok ist der aumlltere Name so hieszlig eine Ortschaft im heutigen Stadtgebiet die erstmals auf einer portugiesischen Landkarte aus dem Jahre 1511 bezeugt ist

Die alten Bezeichnungen sind also historische Namen und keine Exonyme im engeren Sinn des Wortes denn auch im Deutschen werden die neuen Formen verwendet In Faumlllen wie Beijing (Běijīng) fuumlr Peking oder Yangon fuumlr Rangun liegt keine Namensaumlnderung vor sondern eine Anpassung an die in der jeweiligen Landessprache uumlbliche Lautung bzw Schreibung Doch solches gibt es auch in Europa indem zB vormals russische Namensformen durch einheimische ersetzt wurden zB moldawisch (rumaumlnisch) Chişinău statt russisch Kischinjow (auch -new) bzw Kišineumlv (Кишинёв) oder ukrainisch Zaporižžja (Запоріжжя) statt russisch Saporoschje bzw Zaporožrsquoe (Запорожье) Auf diese Weise konnten neue Exonyme entstehen indem die bislang uumlblichen russischen Namensformen im Deutschen weiterverwendet werden wie es ua bei Saporoschje (so) aber auch bei Tschernobyl (nach russisch Чернобыль gegenuumlber ukrainisch Tschornobyl Чорнобиль) der Fall ist

4 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash heute Als im Jahr 2009 die nordische Schi-Weltmeisterschaft in LiberecReichenberg stattfand houmlrte und las man in der Berichterstattung nur den tschechischen Namen Liberec Ganz anders war dies bei der EURO 2012 (= Fuszligball-Europameisterschaft 2012) die gemeinsam von Polen und der Ukraine durchgefuumlhrt wurde Gespielt wurde an je vier Orten

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Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 33 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

1 Xhosa (genauer isiXhosa) ist eine der 9 indigenen Amtssprachen Suumldafrikas zur Bantu-Sprachfamilie gehoumlrend

1 Zum Begriff des Exonyms und Endonyms 11 Allgemeines Ein Exonym (griechisch etwa lsquoauszligerhalb [liegender] Namersquo zusammengesetzt aus griech ἔξω eacutexō lsquoauszligerhalbrsquo + ὄνυμα oacutenyma lsquoNamersquo ndash neben ὄνoμα oacutenoma wie in Onomastik ʻNamenkundeʼ aus ὀνομαστική onomastikḗ) ist in der Ortsnamenkunde (Toponomastik zu griech τόπος toacutepos sbquoOrtlsquo) eine Ortsbezeichnung die in einer anderen Sprache als der aus der es stammt mehr oder weniger allgemein uumlblich ist Beispiel fuumlr endonymische Namensformen von geographischen Objekten auszligerhalb des deutschen Sprachraums sind

zB Praha ʻPragʼ bzw Moskwa (Москвa [maskwaacute]) ʻMoskauʼ oder Mumbai (Marathi म बई)

ʻBombayʼ bzw Beijing (genauer Běijīng [peiumltjing] 北京) ʻPekingʼ Beispiele fuumlr Volksgruppen

sind die Bezeichnungen Suomalaiset ʻFinnenʼ oder (heute) Eacutellines (Έλληνες alt ῞Eλληνες Heacutellēnes bzw Hellenen) ʻGriechenʼ Der Staumlndige Ausschuss fuumlr geographische Namen (StAGN) empfiehlt vorwiegend amtliche endonymische Namenformen fuumlr geographische Namen im Gebiet auslaumlndischer Staaten zu verwenden2 Exonyme haben den Vorteil dass sie in der jeweiligen Sprache phonetisch angepasst und besser in die Flexion integriert sind als die Originale zB klingt Prager Schinken und Mailaumlnder Scala vertrauter als Schinken aus Praha oder Scala von Milano (Prahaer oder Milanoer sind uumlberhaupt ungebraumluchlich)

2 Naumlheres siehe im Internet unter httpwwwstagndeDEHomehome_nodehtml (Suchbegriff Exonyme eingeben)

Der Terminus Exonym kann auch auf Personennamen uumlbertragen werden (zB Johannes in anderen Sprachen John Hans Jan Jean Juan Giovanni Ivan Jaacutenos Jovan Ioan Jannis usw) Im Gegensatz dazu ist ein Endonym (von griech ἐνδο- endo- gekuumlrzt aus ἔνδον endon lsquoinnenrsquo + ὄνυμα oacutenyma lsquoNamersquo) die von der jeweiligen autochthonen Bevoumllkerungsgruppe verwendete Namensform Exonyme gelten als ein natuumlrlicher Bestandteil des Namengutes einer Sprache (zusammen mit ihrem Wortschatz)3 Deren Anzahl variiert sehr stark und ist meist durch auszligersprachliche Faktoren begruumlndet als deren beide bedeutendste wohl die sozialen Kontakte und eine (zumindest teilweise) gemeinsame Geschichte zu veranschlagen sind

3 Auch die Vereinten Nationen weisen in einer ihrer Resolutionen darauf hin dass Exonyme als Teil des geographischen Namengutes der jeweiligen Muttersprache angehoumlren und als unverzichtbare Elemente der Verstaumlndigung unter den Sprechern dieser Sprache zu betrachten sind

12 Soziale Kontakte Es ist klar dass allgemein bekannte geographische Objekte und solche in unmittelbarer Nachbarschaft in die Nachbarsprache haumlufiger integriert werden als weniger bekannte und weiter entfernte So gab es zB schon vor 1918 rund 200 bdquoechteldquo italienische Namen fuumlr Suumldtiroler Orte4 und in der Oumlsterreichisch-Ungarischen Monarchie gab es ndash zumindest in

Seite 34 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 der oumlsterreichischen Reichshaumllfte ndash amtlich deutsche (oder auch oft im Deutschen uumlbliche) und einheimische (also landessprachliche) Ortsnamen Als Beispiele moumlgen deutsch Lemberg polnisch Lwoacutew und ukrainisch Lrsquoviv (Львів) gelten oder im deutschen Sprachgebrauch waren in Dalmatien die italienischen nicht kroatischen Namen uumlblich zB Fiume oder Pola nicht Rijeka oder Pula

13 Gemeinsame Geschichte Diese wirkt sich immer auch auf die Sprachentwicklung aus denn im Laufe der Zeit veraumlndert sich nicht nur die Aussprache der einzelnen aus fruumlheren Epochen einer Sprache stammenden Namen zB hieszlig Wien einst Wienna [wiumleacutena] und wurde uumlber [wieumln] zu mundartlich Wean [wean] und bdquohochdeutschldquo [wīn] oder aus slawisch gradьcь entstand mit Umlaut zunaumlchst Graumltz und dieses wurde mundartlich zu Graz welche Form im 19 Jhdt dann amtlich wurde Auch die Aussprache allgemein bekannter Ortsnamen aus anderen Sprachen konnte sich wandeln so wurde regionales italienisches Milaacuten heute amtlich Milano zu deutsch Mīlan und weiter (aumlhnlich wie Weimar aus mittelhochdeutsch Wīmare) uumlber Meilan umgeformt zu Mailand Es Geographische Namensvielfalt Es kann auch die urspruumlngliche Aussprache bewahrt sein wie ua italienisch Vienna fuumlr lsquoWienrsquo was dem althochdeutschen Wienna [wiumleacutena] lautlich ziemlich genau entspricht Oder deutsch Prag nach fruumlhtschechisch Praga das heute im Tschechischen Praha lautet oder altfranzoumlsisch Paris gesprochen [pariacutes] mit -s das noch heute auf Deutsch so lautet doch im Franzoumlsischen selbst zu [pariacute] (ohne -s) wurde

4 In der heutigen Provinz Bozen die meisten anderen sind ja mehr oder weniger konstruiert und erst nach 1918 eingefuumlhrt worden Sie wurden von Ettore Tolomei in seinem Prontuario (= Tolomei 1923) festgelegt Insgesamt sind darin uumlber 12000 (exakt 16735) Namen enthalten

Aumlhnlich ist es auch in gemischtsprachigen oder spaumlter in einen anderen Sprachraum einbezogenen Gebieten die jeweilige Sprache setzt die Lautung zur Zeit der Entlehnung fort und hat dann dem Namen ihre eigene lautliche Praumlgung verliehen so erinnert slowenisch Pliberk lsquoBleibergrsquo an ein altes deutsches Pliburch und deutsch Feistritz setzt ein slowenisches Bistrica fort Es koumlnnen in den Kontaktsprachen auch verschiedene Benennungsmotive vorliegen so heiszligt Maria Rain in Kaumlrnten auf Slowenisch Žihpolje ndash auf altem deutschen Sīchbuhil lsquofeuchter Buumlhel bzw Bichlrsquo beruhend5 umgekehrt beruht deutsch Laibach auf einem alten romanischen Praumldien- (= Gutshof) -namen und slowenisch Ljubljana auf einem alteuropaumlischen Gewaumlssernamen (verwandt mit Lippe Lofer Loibl Ljubelj und nach neueren Erkenntnissen auch Leipzig)6 Die lautliche Aumlhnlichkeit taumluscht oft (auch Mainz und Main sind nicht miteinander verwandt sondern beruhen auf lateinisch Moguntiacum und Moenus) Verschiedene Namen sind beispielsweise auch deutsch Oumldenburg gegenuumlber ungarisch Sopron (das auf einem lsquoschoumlnen Brunnenrsquo beruht) sowie ungarisch Beacutecs (davon kroatisch Beč bzw serbisch Беч Herkunft umstritten)7 fuumlr Wien

5 Urkundlich ist Maria Rain erstmals 1200 als Sichpuchl bezeugt 6 Dazu Pohl (2010a 72ff sowie 2013 133f mit Literatur und anderen Deutungen) Die hier angefuumlhrten Namen gehen jedenfalls auf alte Wasserwoumlrter zuruumlck 7 Koumlnnte ein altes Wort fuumlr ʻKellerʼ enthalten im Sinne von ʻLagerraum uswʼ und somit mit dem Handel und der Donauschifffahrt zusammenhaumlngen

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2 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash historisch gesehen Das Deutsche war in der alten Monarchie seit der Neuzeit dominante Amtssprache daher haben deutsche bzw im Deutschen gebrauchte Namen eine lange Tradition im Slowenischen (und in einigen anderen Sprachen) aber nicht Dies heiszligt aber nicht dass es diese Namen nicht gegeben haumltte (wie oft behauptet wird) sie waren nur in muumlndlichem Gebrauch und wurden erst dann schriftsprachlich als eine moderne Schriftsprache begruumlndet wurde (im Laufe des 19 Jhdts) So sind slowenisch Celovec lsquoKlagenfurtrsquo (V Zelovzi)8 und Svinec lsquoEbersteinrsquo9 relativ fruumlh belegt (1615 bzw 1789) andere Namen nicht fuumlr diese mussten Schreibformen erst entwickelt werden so entstanden dann Namensformen wie slowenisch Maribor (mundartlich [maacuterbər]) lsquoMarburgrsquo oder Velikovec (mundartlich [belkoacuteuts oder blekoacuteuts]) lsquoVoumllkermarktrsquo Manche von ihnen sind linguistisch anfechtbar wie eben Velikovec das im 18 Jhdt Als Blikouc und Belkovec bezeugt ist10

Auch das slowenische Maribor ist eine Neubildung nach dem Muster Branibor (tschech fuumlr Brandenburg)11 Aumlhnliches trifft mitunter auch auf deutsche Namen zu so beruht Velden auf einem Schreibfehler 1297 ist Velwen bezeugt was uumlbersetzt der slowenischen Namensform Vrba (= lsquoWeidenbaumrsquo alt Felbe(r)) entspricht12 Oder Bautzen in Sachsen statt des aumllteren Budissin (sorb Budyšyn) eine juumlngere Lautung reflektierend13 bzw das in Oumlsterreich-Ungarn nie amtliche Temeschburg fuumlr ungar Temesvaacuter bzw rumaumln Timişoara

8 Vgl Ogris 1984 345 9 Svinc bei Gutsmann (1789 206) 10 vgl Gutsmann (1789 407) ndash damals schon neben Velikovec 11 Snoj 2009 252 12 Kranzmayer (1958 67)

13 Niemeyer 2012 52

Wie im Falle Wien kann es auch zu verschiedenen Entwicklungen in der Lokalmundart und der Standardsprache kommen ein gutes Beispiel ist hier der Name des Kantons (mittelhochdeutsch bzw schweizerdeutsch) Schwyz gegenuumlber dem Namen des Staates Schweiz (mit standarddeutscher Diphthongierung) Eine groszlige Rolle spielt auch die lautliche Kompatibilitaumlt zwischen der Original- und entlehnenden Sprache so werden viele bdquofremdeldquo Laute durch aumlhnlich klingende ersetzt Eine groszlige Rolle spielt auch die Schreibung denn oft werden Ortsnamen in der Ausgangs- und Zielsprache zwar gleich geschrieben aber verschieden ausgesprochen zB London (engl [laacutendǝn]) Madrid (span [maethriacuteeth]) Edinburgh (engl [aumlacutedinbǝrǝ]) Goumlteborg (schwed [joumltǝboacuterj] Zagreb (kroat [s-]) Den Haag (niederlaumlnd [denhaacutech]) und Paris (franzoumls [pariacute]) Manchmal weicht die Aussprache so stark ab dass sie kaum noch verstaumlndlich ist zB polnisch Łoacutedź das im Deutschen meist Lodsch heiszligt und nicht wie im Original [wudsj]14 Viele Namen erscheinen auch in einer falschen Aussprache weil sie als Namen der Staatssprache interpretiert werden obwohl sie aus einer anderen (regionalen) Sprache stammen zB Barcelona wird oft spanisch (genauer kastilianisch) mit [-θ-] (aumlhnlich wie englisch th) gesprochen obwohl der Name auf Katalanisch mit [-s-] zu sprechen ist auch die korsische Hauptstadt Ajaccio wird oft mit der franzoumlsischen bdquoLeseausspracheldquo [ažaksjoacute] bedacht statt italienisch [ajaacutetšo] was an deutsch Lodsch und Zagreb [ts-] erinnert (so) sowie an die in Oumlsterreich weit verbreitete Realisierung von Lignano (mit [-gn-] statt [-nj-]) oder Brescia ([breacutestšia] statt [breacuteša]) usw

14 Die deutsche Bezeichnung Litzmannstadt war eine kurzlebige Nazi-Umbenennung (1940-1945 nach einem deutschen General [dagger1936] des Ersten Weltkrieges)

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Ebenso wie andere Woumlrter koumlnnen auch Exonyme im Laufe der Zeit auszliger Gebrauch kommen und durch den aus der Ausgangssprache entlehnten originalen Namen also durch das Endonym ersetzt werden so sind beispielsweise Nanzig Neuyork Weiden Temeschburg fuumlr Nancy New York Udine TemesvaacuterTimişoara gaumlnzlich verschwunden Namen wie Agram Konstantinopel und Buchenland houmlrt man heute recht selten statt Zagreb Istanbul Bukowina Einen entscheidenden Einfluss auf den Gebrauch von Endonymen haben aber die Medien Gerade bei Liberec statt Reichenberg oder Bratislava statt Pressburg zeigt sich dies besonders deutlich

3 Umbenennungen Von Exonymen zu unterscheiden sind die durch Umbenennungen von Orten entstandenen historischen Namen zB Karl-Marx-Stadt (1953ndash1990) gegenuumlber Chemnitz (bis 1953 und ab 1990) Neu Amsterdam (bis 1664) gegenuumlber New York (seit 1664) oder St Petersburg (genauer Санкт-Петербург Sankt-Peterburg bis 1914 und seit 1991) gegenuumlber Petrograd (Петроград 1914-1924) bzw Leningrad (Ленинград 1924ndash1991) Hier ist in erster Linie ein zeitlicher kein geographischer Unterschied in der Verwendung festzustellen auch wenn zu der chronologischen Dimension ein Sprachwechsel hinzukommen kann wie zB bei Kaliningrad das bis 1946 Koumlnigsberg (russisch geschrieben Кёнигсберг bzw Keumlnigsberg_ے__jےucircےے) hieszlig Koumlnigsberg ist daher kein deutsches Exonym dieses lautet Kaliacuteningrad (Калининград mit Betonung auf der zweiten statt wie im Russischen auf der letzten Silbe Kaliningraacuted) Umgekehrt steht in der russischen Literatur wenn die Stadt vor 1946 gemeint ist nicht etwa Kaliningrad wie dies bei einem bdquoechtenldquo Exonym anzunehmen waumlre sondern Keumlnigsberg [kjoniksbeacuterk]15 Anders stellt sich der Sprachgebrauch in Faumlllen wie Danzig oder Breslau dar diese Staumldte hieszligen auf Polnisch immer schon Gdańsk und Wrocław ndash hier kam es zum Sprachwechsel vor 1945 waren aus deutscher Sicht die polnischen Bezeichnungen Exonyme heute sind sie Endonyme und die deutschen Bezeichnungen die Exonyme Das schlesische Hindenburg hieszlig bis 1915 polnisch Zabrze und so heiszligt es wieder seit 1945 ist also kein bdquoechtesldquo Exonym

15 Auch in Russland ist Kant ein Koumlnigsberger Philosoph geblieben und kein Kaliningrader

Im bdquoDritten Reichldquo (also in der NS-Zeit) wurde von Umbenennungen von Staumldten und Ortschaften aus politischen Erwaumlgungen nur relativ selten Gebrauch gemacht Beispiele aus Oumlsterreich waumlren Sponheim statt St Paul im Lavanttal oder Markt Pongau statt St Johann im Pongau Weitere Beispiele sind Gotenhafen statt Gdingen und Litzmannstadt statt Lodsch16 Bei den Namen oumlffentlicher Plaumltze und wichtiger Straszligen war dies wesentlich haumlufiger der Fall ndash so hatte fast jede Gemeinde ihren bdquoAdolf-Hitler-Platzldquo Dies ist nicht unbedingt ein Kennzeichen autoritaumlrer Staaten doch bei Ortsnamen ist dies sehr wohl der Fall Man denke ua an die zahlreichen nach Stalin17 und Tito18 benannten Staumldte ndash sie sind inzwischen Geschichte Selbst die bdquoHeldenstadtldquo Stalingrad (Сталинград vormals Царицын Zarizyn) musste daran glauben sie heiszligt seit 1961 (im Gefolge der bdquoEntstalinisierungldquo) Wolgograd (Волгоград) In der Ex-DDR gab es einst eine Industrie-Siedlung namens Stalinstadt ndashspaumlter wurde daraus Eisenhuumlttenstadt (ebenfalls 1961) In Rumaumlnien wurde aus Brașov (deutsch Kronstadt ungar Brassoacute) von 1950ndash1960 Orașul Stalin ebenfalls ein ʻStalinstadtʼ

16 so Anm 14

Seite 37 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 17 Beispiele (in Klammer der heutige bzw fruumlherer Name) Stalinabad (Duschanbe) ukrain Staline bzw russ Stalino (Jusowka bzw Donezk) Stalingrad (Zarizyn bzw Wolgograd) Stalinogorsk (Nowomoskowsk) Staliniri (Zchinwali) Stalinsk (Nowokusnezk) 18 Beispiele Titograd (Podgorica) heute in den Nachfolgestaaten ohne den Namensteil bdquoTitoldquo Titov Veles Titova Korenica Titovo Užice Titovo Velenje

Anders sind Umbenennungen im Zuge der Entkolonialisierung (va in Afrika) zu beurteilen Sie markieren eine Abwendung von der fremdbestimmten Geschichte zu einer eigenen (also selbstbestimmten) Zukunft Nicht nur Staumldte wurden umbenannt (zB Leacuteopoldville in Kinshasa und Salisbury in Harare) auch die Staaten so wurde aus (vormals Belgisch-) ʻKongorsquo von 1971-1997 Zaiumlre aus lsquoDahomeyrsquo wurde 1975 Benin19 und aus (Suumld-) lsquoRhodesienrsquo mit der Unabhaumlngigkeit 1980 Zimbabwe bzw Simbabwe Der Inselstaat Ceylon heiszligt seit 1972 Sri Lanka und der selbstaumlndige Staat Siam (eine Fremdbezeichnung) hat sich schon 1939 fuumlr die Eigenbenennung Thailand entschieden (im Gegensatz zur Hauptstadt Krung Thep20 die besser als Bangkok bekannt ist) Fuumlr die Elfenbeinkuumlste gilt heute die franzoumlsische Bezeichnung (Uumlbersetzung) Cocircte Ivoire als die offizielle

19 In Anlehnung an das historische Koumlnigreich Benin das aber nicht auf dem heutigen Staatsgebiet lag 20 So die offizielle Kurzform genauer Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit Der laumlngste Name einer Hauptstadt weltweit ndash Bangkok ist der aumlltere Name so hieszlig eine Ortschaft im heutigen Stadtgebiet die erstmals auf einer portugiesischen Landkarte aus dem Jahre 1511 bezeugt ist

Die alten Bezeichnungen sind also historische Namen und keine Exonyme im engeren Sinn des Wortes denn auch im Deutschen werden die neuen Formen verwendet In Faumlllen wie Beijing (Běijīng) fuumlr Peking oder Yangon fuumlr Rangun liegt keine Namensaumlnderung vor sondern eine Anpassung an die in der jeweiligen Landessprache uumlbliche Lautung bzw Schreibung Doch solches gibt es auch in Europa indem zB vormals russische Namensformen durch einheimische ersetzt wurden zB moldawisch (rumaumlnisch) Chişinău statt russisch Kischinjow (auch -new) bzw Kišineumlv (Кишинёв) oder ukrainisch Zaporižžja (Запоріжжя) statt russisch Saporoschje bzw Zaporožrsquoe (Запорожье) Auf diese Weise konnten neue Exonyme entstehen indem die bislang uumlblichen russischen Namensformen im Deutschen weiterverwendet werden wie es ua bei Saporoschje (so) aber auch bei Tschernobyl (nach russisch Чернобыль gegenuumlber ukrainisch Tschornobyl Чорнобиль) der Fall ist

4 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash heute Als im Jahr 2009 die nordische Schi-Weltmeisterschaft in LiberecReichenberg stattfand houmlrte und las man in der Berichterstattung nur den tschechischen Namen Liberec Ganz anders war dies bei der EURO 2012 (= Fuszligball-Europameisterschaft 2012) die gemeinsam von Polen und der Ukraine durchgefuumlhrt wurde Gespielt wurde an je vier Orten

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Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 34 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 der oumlsterreichischen Reichshaumllfte ndash amtlich deutsche (oder auch oft im Deutschen uumlbliche) und einheimische (also landessprachliche) Ortsnamen Als Beispiele moumlgen deutsch Lemberg polnisch Lwoacutew und ukrainisch Lrsquoviv (Львів) gelten oder im deutschen Sprachgebrauch waren in Dalmatien die italienischen nicht kroatischen Namen uumlblich zB Fiume oder Pola nicht Rijeka oder Pula

13 Gemeinsame Geschichte Diese wirkt sich immer auch auf die Sprachentwicklung aus denn im Laufe der Zeit veraumlndert sich nicht nur die Aussprache der einzelnen aus fruumlheren Epochen einer Sprache stammenden Namen zB hieszlig Wien einst Wienna [wiumleacutena] und wurde uumlber [wieumln] zu mundartlich Wean [wean] und bdquohochdeutschldquo [wīn] oder aus slawisch gradьcь entstand mit Umlaut zunaumlchst Graumltz und dieses wurde mundartlich zu Graz welche Form im 19 Jhdt dann amtlich wurde Auch die Aussprache allgemein bekannter Ortsnamen aus anderen Sprachen konnte sich wandeln so wurde regionales italienisches Milaacuten heute amtlich Milano zu deutsch Mīlan und weiter (aumlhnlich wie Weimar aus mittelhochdeutsch Wīmare) uumlber Meilan umgeformt zu Mailand Es Geographische Namensvielfalt Es kann auch die urspruumlngliche Aussprache bewahrt sein wie ua italienisch Vienna fuumlr lsquoWienrsquo was dem althochdeutschen Wienna [wiumleacutena] lautlich ziemlich genau entspricht Oder deutsch Prag nach fruumlhtschechisch Praga das heute im Tschechischen Praha lautet oder altfranzoumlsisch Paris gesprochen [pariacutes] mit -s das noch heute auf Deutsch so lautet doch im Franzoumlsischen selbst zu [pariacute] (ohne -s) wurde

4 In der heutigen Provinz Bozen die meisten anderen sind ja mehr oder weniger konstruiert und erst nach 1918 eingefuumlhrt worden Sie wurden von Ettore Tolomei in seinem Prontuario (= Tolomei 1923) festgelegt Insgesamt sind darin uumlber 12000 (exakt 16735) Namen enthalten

Aumlhnlich ist es auch in gemischtsprachigen oder spaumlter in einen anderen Sprachraum einbezogenen Gebieten die jeweilige Sprache setzt die Lautung zur Zeit der Entlehnung fort und hat dann dem Namen ihre eigene lautliche Praumlgung verliehen so erinnert slowenisch Pliberk lsquoBleibergrsquo an ein altes deutsches Pliburch und deutsch Feistritz setzt ein slowenisches Bistrica fort Es koumlnnen in den Kontaktsprachen auch verschiedene Benennungsmotive vorliegen so heiszligt Maria Rain in Kaumlrnten auf Slowenisch Žihpolje ndash auf altem deutschen Sīchbuhil lsquofeuchter Buumlhel bzw Bichlrsquo beruhend5 umgekehrt beruht deutsch Laibach auf einem alten romanischen Praumldien- (= Gutshof) -namen und slowenisch Ljubljana auf einem alteuropaumlischen Gewaumlssernamen (verwandt mit Lippe Lofer Loibl Ljubelj und nach neueren Erkenntnissen auch Leipzig)6 Die lautliche Aumlhnlichkeit taumluscht oft (auch Mainz und Main sind nicht miteinander verwandt sondern beruhen auf lateinisch Moguntiacum und Moenus) Verschiedene Namen sind beispielsweise auch deutsch Oumldenburg gegenuumlber ungarisch Sopron (das auf einem lsquoschoumlnen Brunnenrsquo beruht) sowie ungarisch Beacutecs (davon kroatisch Beč bzw serbisch Беч Herkunft umstritten)7 fuumlr Wien

5 Urkundlich ist Maria Rain erstmals 1200 als Sichpuchl bezeugt 6 Dazu Pohl (2010a 72ff sowie 2013 133f mit Literatur und anderen Deutungen) Die hier angefuumlhrten Namen gehen jedenfalls auf alte Wasserwoumlrter zuruumlck 7 Koumlnnte ein altes Wort fuumlr ʻKellerʼ enthalten im Sinne von ʻLagerraum uswʼ und somit mit dem Handel und der Donauschifffahrt zusammenhaumlngen

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2 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash historisch gesehen Das Deutsche war in der alten Monarchie seit der Neuzeit dominante Amtssprache daher haben deutsche bzw im Deutschen gebrauchte Namen eine lange Tradition im Slowenischen (und in einigen anderen Sprachen) aber nicht Dies heiszligt aber nicht dass es diese Namen nicht gegeben haumltte (wie oft behauptet wird) sie waren nur in muumlndlichem Gebrauch und wurden erst dann schriftsprachlich als eine moderne Schriftsprache begruumlndet wurde (im Laufe des 19 Jhdts) So sind slowenisch Celovec lsquoKlagenfurtrsquo (V Zelovzi)8 und Svinec lsquoEbersteinrsquo9 relativ fruumlh belegt (1615 bzw 1789) andere Namen nicht fuumlr diese mussten Schreibformen erst entwickelt werden so entstanden dann Namensformen wie slowenisch Maribor (mundartlich [maacuterbər]) lsquoMarburgrsquo oder Velikovec (mundartlich [belkoacuteuts oder blekoacuteuts]) lsquoVoumllkermarktrsquo Manche von ihnen sind linguistisch anfechtbar wie eben Velikovec das im 18 Jhdt Als Blikouc und Belkovec bezeugt ist10

Auch das slowenische Maribor ist eine Neubildung nach dem Muster Branibor (tschech fuumlr Brandenburg)11 Aumlhnliches trifft mitunter auch auf deutsche Namen zu so beruht Velden auf einem Schreibfehler 1297 ist Velwen bezeugt was uumlbersetzt der slowenischen Namensform Vrba (= lsquoWeidenbaumrsquo alt Felbe(r)) entspricht12 Oder Bautzen in Sachsen statt des aumllteren Budissin (sorb Budyšyn) eine juumlngere Lautung reflektierend13 bzw das in Oumlsterreich-Ungarn nie amtliche Temeschburg fuumlr ungar Temesvaacuter bzw rumaumln Timişoara

8 Vgl Ogris 1984 345 9 Svinc bei Gutsmann (1789 206) 10 vgl Gutsmann (1789 407) ndash damals schon neben Velikovec 11 Snoj 2009 252 12 Kranzmayer (1958 67)

13 Niemeyer 2012 52

Wie im Falle Wien kann es auch zu verschiedenen Entwicklungen in der Lokalmundart und der Standardsprache kommen ein gutes Beispiel ist hier der Name des Kantons (mittelhochdeutsch bzw schweizerdeutsch) Schwyz gegenuumlber dem Namen des Staates Schweiz (mit standarddeutscher Diphthongierung) Eine groszlige Rolle spielt auch die lautliche Kompatibilitaumlt zwischen der Original- und entlehnenden Sprache so werden viele bdquofremdeldquo Laute durch aumlhnlich klingende ersetzt Eine groszlige Rolle spielt auch die Schreibung denn oft werden Ortsnamen in der Ausgangs- und Zielsprache zwar gleich geschrieben aber verschieden ausgesprochen zB London (engl [laacutendǝn]) Madrid (span [maethriacuteeth]) Edinburgh (engl [aumlacutedinbǝrǝ]) Goumlteborg (schwed [joumltǝboacuterj] Zagreb (kroat [s-]) Den Haag (niederlaumlnd [denhaacutech]) und Paris (franzoumls [pariacute]) Manchmal weicht die Aussprache so stark ab dass sie kaum noch verstaumlndlich ist zB polnisch Łoacutedź das im Deutschen meist Lodsch heiszligt und nicht wie im Original [wudsj]14 Viele Namen erscheinen auch in einer falschen Aussprache weil sie als Namen der Staatssprache interpretiert werden obwohl sie aus einer anderen (regionalen) Sprache stammen zB Barcelona wird oft spanisch (genauer kastilianisch) mit [-θ-] (aumlhnlich wie englisch th) gesprochen obwohl der Name auf Katalanisch mit [-s-] zu sprechen ist auch die korsische Hauptstadt Ajaccio wird oft mit der franzoumlsischen bdquoLeseausspracheldquo [ažaksjoacute] bedacht statt italienisch [ajaacutetšo] was an deutsch Lodsch und Zagreb [ts-] erinnert (so) sowie an die in Oumlsterreich weit verbreitete Realisierung von Lignano (mit [-gn-] statt [-nj-]) oder Brescia ([breacutestšia] statt [breacuteša]) usw

14 Die deutsche Bezeichnung Litzmannstadt war eine kurzlebige Nazi-Umbenennung (1940-1945 nach einem deutschen General [dagger1936] des Ersten Weltkrieges)

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Ebenso wie andere Woumlrter koumlnnen auch Exonyme im Laufe der Zeit auszliger Gebrauch kommen und durch den aus der Ausgangssprache entlehnten originalen Namen also durch das Endonym ersetzt werden so sind beispielsweise Nanzig Neuyork Weiden Temeschburg fuumlr Nancy New York Udine TemesvaacuterTimişoara gaumlnzlich verschwunden Namen wie Agram Konstantinopel und Buchenland houmlrt man heute recht selten statt Zagreb Istanbul Bukowina Einen entscheidenden Einfluss auf den Gebrauch von Endonymen haben aber die Medien Gerade bei Liberec statt Reichenberg oder Bratislava statt Pressburg zeigt sich dies besonders deutlich

3 Umbenennungen Von Exonymen zu unterscheiden sind die durch Umbenennungen von Orten entstandenen historischen Namen zB Karl-Marx-Stadt (1953ndash1990) gegenuumlber Chemnitz (bis 1953 und ab 1990) Neu Amsterdam (bis 1664) gegenuumlber New York (seit 1664) oder St Petersburg (genauer Санкт-Петербург Sankt-Peterburg bis 1914 und seit 1991) gegenuumlber Petrograd (Петроград 1914-1924) bzw Leningrad (Ленинград 1924ndash1991) Hier ist in erster Linie ein zeitlicher kein geographischer Unterschied in der Verwendung festzustellen auch wenn zu der chronologischen Dimension ein Sprachwechsel hinzukommen kann wie zB bei Kaliningrad das bis 1946 Koumlnigsberg (russisch geschrieben Кёнигсберг bzw Keumlnigsberg_ے__jےucircےے) hieszlig Koumlnigsberg ist daher kein deutsches Exonym dieses lautet Kaliacuteningrad (Калининград mit Betonung auf der zweiten statt wie im Russischen auf der letzten Silbe Kaliningraacuted) Umgekehrt steht in der russischen Literatur wenn die Stadt vor 1946 gemeint ist nicht etwa Kaliningrad wie dies bei einem bdquoechtenldquo Exonym anzunehmen waumlre sondern Keumlnigsberg [kjoniksbeacuterk]15 Anders stellt sich der Sprachgebrauch in Faumlllen wie Danzig oder Breslau dar diese Staumldte hieszligen auf Polnisch immer schon Gdańsk und Wrocław ndash hier kam es zum Sprachwechsel vor 1945 waren aus deutscher Sicht die polnischen Bezeichnungen Exonyme heute sind sie Endonyme und die deutschen Bezeichnungen die Exonyme Das schlesische Hindenburg hieszlig bis 1915 polnisch Zabrze und so heiszligt es wieder seit 1945 ist also kein bdquoechtesldquo Exonym

15 Auch in Russland ist Kant ein Koumlnigsberger Philosoph geblieben und kein Kaliningrader

Im bdquoDritten Reichldquo (also in der NS-Zeit) wurde von Umbenennungen von Staumldten und Ortschaften aus politischen Erwaumlgungen nur relativ selten Gebrauch gemacht Beispiele aus Oumlsterreich waumlren Sponheim statt St Paul im Lavanttal oder Markt Pongau statt St Johann im Pongau Weitere Beispiele sind Gotenhafen statt Gdingen und Litzmannstadt statt Lodsch16 Bei den Namen oumlffentlicher Plaumltze und wichtiger Straszligen war dies wesentlich haumlufiger der Fall ndash so hatte fast jede Gemeinde ihren bdquoAdolf-Hitler-Platzldquo Dies ist nicht unbedingt ein Kennzeichen autoritaumlrer Staaten doch bei Ortsnamen ist dies sehr wohl der Fall Man denke ua an die zahlreichen nach Stalin17 und Tito18 benannten Staumldte ndash sie sind inzwischen Geschichte Selbst die bdquoHeldenstadtldquo Stalingrad (Сталинград vormals Царицын Zarizyn) musste daran glauben sie heiszligt seit 1961 (im Gefolge der bdquoEntstalinisierungldquo) Wolgograd (Волгоград) In der Ex-DDR gab es einst eine Industrie-Siedlung namens Stalinstadt ndashspaumlter wurde daraus Eisenhuumlttenstadt (ebenfalls 1961) In Rumaumlnien wurde aus Brașov (deutsch Kronstadt ungar Brassoacute) von 1950ndash1960 Orașul Stalin ebenfalls ein ʻStalinstadtʼ

16 so Anm 14

Seite 37 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 17 Beispiele (in Klammer der heutige bzw fruumlherer Name) Stalinabad (Duschanbe) ukrain Staline bzw russ Stalino (Jusowka bzw Donezk) Stalingrad (Zarizyn bzw Wolgograd) Stalinogorsk (Nowomoskowsk) Staliniri (Zchinwali) Stalinsk (Nowokusnezk) 18 Beispiele Titograd (Podgorica) heute in den Nachfolgestaaten ohne den Namensteil bdquoTitoldquo Titov Veles Titova Korenica Titovo Užice Titovo Velenje

Anders sind Umbenennungen im Zuge der Entkolonialisierung (va in Afrika) zu beurteilen Sie markieren eine Abwendung von der fremdbestimmten Geschichte zu einer eigenen (also selbstbestimmten) Zukunft Nicht nur Staumldte wurden umbenannt (zB Leacuteopoldville in Kinshasa und Salisbury in Harare) auch die Staaten so wurde aus (vormals Belgisch-) ʻKongorsquo von 1971-1997 Zaiumlre aus lsquoDahomeyrsquo wurde 1975 Benin19 und aus (Suumld-) lsquoRhodesienrsquo mit der Unabhaumlngigkeit 1980 Zimbabwe bzw Simbabwe Der Inselstaat Ceylon heiszligt seit 1972 Sri Lanka und der selbstaumlndige Staat Siam (eine Fremdbezeichnung) hat sich schon 1939 fuumlr die Eigenbenennung Thailand entschieden (im Gegensatz zur Hauptstadt Krung Thep20 die besser als Bangkok bekannt ist) Fuumlr die Elfenbeinkuumlste gilt heute die franzoumlsische Bezeichnung (Uumlbersetzung) Cocircte Ivoire als die offizielle

19 In Anlehnung an das historische Koumlnigreich Benin das aber nicht auf dem heutigen Staatsgebiet lag 20 So die offizielle Kurzform genauer Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit Der laumlngste Name einer Hauptstadt weltweit ndash Bangkok ist der aumlltere Name so hieszlig eine Ortschaft im heutigen Stadtgebiet die erstmals auf einer portugiesischen Landkarte aus dem Jahre 1511 bezeugt ist

Die alten Bezeichnungen sind also historische Namen und keine Exonyme im engeren Sinn des Wortes denn auch im Deutschen werden die neuen Formen verwendet In Faumlllen wie Beijing (Běijīng) fuumlr Peking oder Yangon fuumlr Rangun liegt keine Namensaumlnderung vor sondern eine Anpassung an die in der jeweiligen Landessprache uumlbliche Lautung bzw Schreibung Doch solches gibt es auch in Europa indem zB vormals russische Namensformen durch einheimische ersetzt wurden zB moldawisch (rumaumlnisch) Chişinău statt russisch Kischinjow (auch -new) bzw Kišineumlv (Кишинёв) oder ukrainisch Zaporižžja (Запоріжжя) statt russisch Saporoschje bzw Zaporožrsquoe (Запорожье) Auf diese Weise konnten neue Exonyme entstehen indem die bislang uumlblichen russischen Namensformen im Deutschen weiterverwendet werden wie es ua bei Saporoschje (so) aber auch bei Tschernobyl (nach russisch Чернобыль gegenuumlber ukrainisch Tschornobyl Чорнобиль) der Fall ist

4 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash heute Als im Jahr 2009 die nordische Schi-Weltmeisterschaft in LiberecReichenberg stattfand houmlrte und las man in der Berichterstattung nur den tschechischen Namen Liberec Ganz anders war dies bei der EURO 2012 (= Fuszligball-Europameisterschaft 2012) die gemeinsam von Polen und der Ukraine durchgefuumlhrt wurde Gespielt wurde an je vier Orten

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Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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2 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash historisch gesehen Das Deutsche war in der alten Monarchie seit der Neuzeit dominante Amtssprache daher haben deutsche bzw im Deutschen gebrauchte Namen eine lange Tradition im Slowenischen (und in einigen anderen Sprachen) aber nicht Dies heiszligt aber nicht dass es diese Namen nicht gegeben haumltte (wie oft behauptet wird) sie waren nur in muumlndlichem Gebrauch und wurden erst dann schriftsprachlich als eine moderne Schriftsprache begruumlndet wurde (im Laufe des 19 Jhdts) So sind slowenisch Celovec lsquoKlagenfurtrsquo (V Zelovzi)8 und Svinec lsquoEbersteinrsquo9 relativ fruumlh belegt (1615 bzw 1789) andere Namen nicht fuumlr diese mussten Schreibformen erst entwickelt werden so entstanden dann Namensformen wie slowenisch Maribor (mundartlich [maacuterbər]) lsquoMarburgrsquo oder Velikovec (mundartlich [belkoacuteuts oder blekoacuteuts]) lsquoVoumllkermarktrsquo Manche von ihnen sind linguistisch anfechtbar wie eben Velikovec das im 18 Jhdt Als Blikouc und Belkovec bezeugt ist10

Auch das slowenische Maribor ist eine Neubildung nach dem Muster Branibor (tschech fuumlr Brandenburg)11 Aumlhnliches trifft mitunter auch auf deutsche Namen zu so beruht Velden auf einem Schreibfehler 1297 ist Velwen bezeugt was uumlbersetzt der slowenischen Namensform Vrba (= lsquoWeidenbaumrsquo alt Felbe(r)) entspricht12 Oder Bautzen in Sachsen statt des aumllteren Budissin (sorb Budyšyn) eine juumlngere Lautung reflektierend13 bzw das in Oumlsterreich-Ungarn nie amtliche Temeschburg fuumlr ungar Temesvaacuter bzw rumaumln Timişoara

8 Vgl Ogris 1984 345 9 Svinc bei Gutsmann (1789 206) 10 vgl Gutsmann (1789 407) ndash damals schon neben Velikovec 11 Snoj 2009 252 12 Kranzmayer (1958 67)

13 Niemeyer 2012 52

Wie im Falle Wien kann es auch zu verschiedenen Entwicklungen in der Lokalmundart und der Standardsprache kommen ein gutes Beispiel ist hier der Name des Kantons (mittelhochdeutsch bzw schweizerdeutsch) Schwyz gegenuumlber dem Namen des Staates Schweiz (mit standarddeutscher Diphthongierung) Eine groszlige Rolle spielt auch die lautliche Kompatibilitaumlt zwischen der Original- und entlehnenden Sprache so werden viele bdquofremdeldquo Laute durch aumlhnlich klingende ersetzt Eine groszlige Rolle spielt auch die Schreibung denn oft werden Ortsnamen in der Ausgangs- und Zielsprache zwar gleich geschrieben aber verschieden ausgesprochen zB London (engl [laacutendǝn]) Madrid (span [maethriacuteeth]) Edinburgh (engl [aumlacutedinbǝrǝ]) Goumlteborg (schwed [joumltǝboacuterj] Zagreb (kroat [s-]) Den Haag (niederlaumlnd [denhaacutech]) und Paris (franzoumls [pariacute]) Manchmal weicht die Aussprache so stark ab dass sie kaum noch verstaumlndlich ist zB polnisch Łoacutedź das im Deutschen meist Lodsch heiszligt und nicht wie im Original [wudsj]14 Viele Namen erscheinen auch in einer falschen Aussprache weil sie als Namen der Staatssprache interpretiert werden obwohl sie aus einer anderen (regionalen) Sprache stammen zB Barcelona wird oft spanisch (genauer kastilianisch) mit [-θ-] (aumlhnlich wie englisch th) gesprochen obwohl der Name auf Katalanisch mit [-s-] zu sprechen ist auch die korsische Hauptstadt Ajaccio wird oft mit der franzoumlsischen bdquoLeseausspracheldquo [ažaksjoacute] bedacht statt italienisch [ajaacutetšo] was an deutsch Lodsch und Zagreb [ts-] erinnert (so) sowie an die in Oumlsterreich weit verbreitete Realisierung von Lignano (mit [-gn-] statt [-nj-]) oder Brescia ([breacutestšia] statt [breacuteša]) usw

14 Die deutsche Bezeichnung Litzmannstadt war eine kurzlebige Nazi-Umbenennung (1940-1945 nach einem deutschen General [dagger1936] des Ersten Weltkrieges)

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Ebenso wie andere Woumlrter koumlnnen auch Exonyme im Laufe der Zeit auszliger Gebrauch kommen und durch den aus der Ausgangssprache entlehnten originalen Namen also durch das Endonym ersetzt werden so sind beispielsweise Nanzig Neuyork Weiden Temeschburg fuumlr Nancy New York Udine TemesvaacuterTimişoara gaumlnzlich verschwunden Namen wie Agram Konstantinopel und Buchenland houmlrt man heute recht selten statt Zagreb Istanbul Bukowina Einen entscheidenden Einfluss auf den Gebrauch von Endonymen haben aber die Medien Gerade bei Liberec statt Reichenberg oder Bratislava statt Pressburg zeigt sich dies besonders deutlich

3 Umbenennungen Von Exonymen zu unterscheiden sind die durch Umbenennungen von Orten entstandenen historischen Namen zB Karl-Marx-Stadt (1953ndash1990) gegenuumlber Chemnitz (bis 1953 und ab 1990) Neu Amsterdam (bis 1664) gegenuumlber New York (seit 1664) oder St Petersburg (genauer Санкт-Петербург Sankt-Peterburg bis 1914 und seit 1991) gegenuumlber Petrograd (Петроград 1914-1924) bzw Leningrad (Ленинград 1924ndash1991) Hier ist in erster Linie ein zeitlicher kein geographischer Unterschied in der Verwendung festzustellen auch wenn zu der chronologischen Dimension ein Sprachwechsel hinzukommen kann wie zB bei Kaliningrad das bis 1946 Koumlnigsberg (russisch geschrieben Кёнигсберг bzw Keumlnigsberg_ے__jےucircےے) hieszlig Koumlnigsberg ist daher kein deutsches Exonym dieses lautet Kaliacuteningrad (Калининград mit Betonung auf der zweiten statt wie im Russischen auf der letzten Silbe Kaliningraacuted) Umgekehrt steht in der russischen Literatur wenn die Stadt vor 1946 gemeint ist nicht etwa Kaliningrad wie dies bei einem bdquoechtenldquo Exonym anzunehmen waumlre sondern Keumlnigsberg [kjoniksbeacuterk]15 Anders stellt sich der Sprachgebrauch in Faumlllen wie Danzig oder Breslau dar diese Staumldte hieszligen auf Polnisch immer schon Gdańsk und Wrocław ndash hier kam es zum Sprachwechsel vor 1945 waren aus deutscher Sicht die polnischen Bezeichnungen Exonyme heute sind sie Endonyme und die deutschen Bezeichnungen die Exonyme Das schlesische Hindenburg hieszlig bis 1915 polnisch Zabrze und so heiszligt es wieder seit 1945 ist also kein bdquoechtesldquo Exonym

15 Auch in Russland ist Kant ein Koumlnigsberger Philosoph geblieben und kein Kaliningrader

Im bdquoDritten Reichldquo (also in der NS-Zeit) wurde von Umbenennungen von Staumldten und Ortschaften aus politischen Erwaumlgungen nur relativ selten Gebrauch gemacht Beispiele aus Oumlsterreich waumlren Sponheim statt St Paul im Lavanttal oder Markt Pongau statt St Johann im Pongau Weitere Beispiele sind Gotenhafen statt Gdingen und Litzmannstadt statt Lodsch16 Bei den Namen oumlffentlicher Plaumltze und wichtiger Straszligen war dies wesentlich haumlufiger der Fall ndash so hatte fast jede Gemeinde ihren bdquoAdolf-Hitler-Platzldquo Dies ist nicht unbedingt ein Kennzeichen autoritaumlrer Staaten doch bei Ortsnamen ist dies sehr wohl der Fall Man denke ua an die zahlreichen nach Stalin17 und Tito18 benannten Staumldte ndash sie sind inzwischen Geschichte Selbst die bdquoHeldenstadtldquo Stalingrad (Сталинград vormals Царицын Zarizyn) musste daran glauben sie heiszligt seit 1961 (im Gefolge der bdquoEntstalinisierungldquo) Wolgograd (Волгоград) In der Ex-DDR gab es einst eine Industrie-Siedlung namens Stalinstadt ndashspaumlter wurde daraus Eisenhuumlttenstadt (ebenfalls 1961) In Rumaumlnien wurde aus Brașov (deutsch Kronstadt ungar Brassoacute) von 1950ndash1960 Orașul Stalin ebenfalls ein ʻStalinstadtʼ

16 so Anm 14

Seite 37 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 17 Beispiele (in Klammer der heutige bzw fruumlherer Name) Stalinabad (Duschanbe) ukrain Staline bzw russ Stalino (Jusowka bzw Donezk) Stalingrad (Zarizyn bzw Wolgograd) Stalinogorsk (Nowomoskowsk) Staliniri (Zchinwali) Stalinsk (Nowokusnezk) 18 Beispiele Titograd (Podgorica) heute in den Nachfolgestaaten ohne den Namensteil bdquoTitoldquo Titov Veles Titova Korenica Titovo Užice Titovo Velenje

Anders sind Umbenennungen im Zuge der Entkolonialisierung (va in Afrika) zu beurteilen Sie markieren eine Abwendung von der fremdbestimmten Geschichte zu einer eigenen (also selbstbestimmten) Zukunft Nicht nur Staumldte wurden umbenannt (zB Leacuteopoldville in Kinshasa und Salisbury in Harare) auch die Staaten so wurde aus (vormals Belgisch-) ʻKongorsquo von 1971-1997 Zaiumlre aus lsquoDahomeyrsquo wurde 1975 Benin19 und aus (Suumld-) lsquoRhodesienrsquo mit der Unabhaumlngigkeit 1980 Zimbabwe bzw Simbabwe Der Inselstaat Ceylon heiszligt seit 1972 Sri Lanka und der selbstaumlndige Staat Siam (eine Fremdbezeichnung) hat sich schon 1939 fuumlr die Eigenbenennung Thailand entschieden (im Gegensatz zur Hauptstadt Krung Thep20 die besser als Bangkok bekannt ist) Fuumlr die Elfenbeinkuumlste gilt heute die franzoumlsische Bezeichnung (Uumlbersetzung) Cocircte Ivoire als die offizielle

19 In Anlehnung an das historische Koumlnigreich Benin das aber nicht auf dem heutigen Staatsgebiet lag 20 So die offizielle Kurzform genauer Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit Der laumlngste Name einer Hauptstadt weltweit ndash Bangkok ist der aumlltere Name so hieszlig eine Ortschaft im heutigen Stadtgebiet die erstmals auf einer portugiesischen Landkarte aus dem Jahre 1511 bezeugt ist

Die alten Bezeichnungen sind also historische Namen und keine Exonyme im engeren Sinn des Wortes denn auch im Deutschen werden die neuen Formen verwendet In Faumlllen wie Beijing (Běijīng) fuumlr Peking oder Yangon fuumlr Rangun liegt keine Namensaumlnderung vor sondern eine Anpassung an die in der jeweiligen Landessprache uumlbliche Lautung bzw Schreibung Doch solches gibt es auch in Europa indem zB vormals russische Namensformen durch einheimische ersetzt wurden zB moldawisch (rumaumlnisch) Chişinău statt russisch Kischinjow (auch -new) bzw Kišineumlv (Кишинёв) oder ukrainisch Zaporižžja (Запоріжжя) statt russisch Saporoschje bzw Zaporožrsquoe (Запорожье) Auf diese Weise konnten neue Exonyme entstehen indem die bislang uumlblichen russischen Namensformen im Deutschen weiterverwendet werden wie es ua bei Saporoschje (so) aber auch bei Tschernobyl (nach russisch Чернобыль gegenuumlber ukrainisch Tschornobyl Чорнобиль) der Fall ist

4 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash heute Als im Jahr 2009 die nordische Schi-Weltmeisterschaft in LiberecReichenberg stattfand houmlrte und las man in der Berichterstattung nur den tschechischen Namen Liberec Ganz anders war dies bei der EURO 2012 (= Fuszligball-Europameisterschaft 2012) die gemeinsam von Polen und der Ukraine durchgefuumlhrt wurde Gespielt wurde an je vier Orten

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Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Ebenso wie andere Woumlrter koumlnnen auch Exonyme im Laufe der Zeit auszliger Gebrauch kommen und durch den aus der Ausgangssprache entlehnten originalen Namen also durch das Endonym ersetzt werden so sind beispielsweise Nanzig Neuyork Weiden Temeschburg fuumlr Nancy New York Udine TemesvaacuterTimişoara gaumlnzlich verschwunden Namen wie Agram Konstantinopel und Buchenland houmlrt man heute recht selten statt Zagreb Istanbul Bukowina Einen entscheidenden Einfluss auf den Gebrauch von Endonymen haben aber die Medien Gerade bei Liberec statt Reichenberg oder Bratislava statt Pressburg zeigt sich dies besonders deutlich

3 Umbenennungen Von Exonymen zu unterscheiden sind die durch Umbenennungen von Orten entstandenen historischen Namen zB Karl-Marx-Stadt (1953ndash1990) gegenuumlber Chemnitz (bis 1953 und ab 1990) Neu Amsterdam (bis 1664) gegenuumlber New York (seit 1664) oder St Petersburg (genauer Санкт-Петербург Sankt-Peterburg bis 1914 und seit 1991) gegenuumlber Petrograd (Петроград 1914-1924) bzw Leningrad (Ленинград 1924ndash1991) Hier ist in erster Linie ein zeitlicher kein geographischer Unterschied in der Verwendung festzustellen auch wenn zu der chronologischen Dimension ein Sprachwechsel hinzukommen kann wie zB bei Kaliningrad das bis 1946 Koumlnigsberg (russisch geschrieben Кёнигсберг bzw Keumlnigsberg_ے__jےucircےے) hieszlig Koumlnigsberg ist daher kein deutsches Exonym dieses lautet Kaliacuteningrad (Калининград mit Betonung auf der zweiten statt wie im Russischen auf der letzten Silbe Kaliningraacuted) Umgekehrt steht in der russischen Literatur wenn die Stadt vor 1946 gemeint ist nicht etwa Kaliningrad wie dies bei einem bdquoechtenldquo Exonym anzunehmen waumlre sondern Keumlnigsberg [kjoniksbeacuterk]15 Anders stellt sich der Sprachgebrauch in Faumlllen wie Danzig oder Breslau dar diese Staumldte hieszligen auf Polnisch immer schon Gdańsk und Wrocław ndash hier kam es zum Sprachwechsel vor 1945 waren aus deutscher Sicht die polnischen Bezeichnungen Exonyme heute sind sie Endonyme und die deutschen Bezeichnungen die Exonyme Das schlesische Hindenburg hieszlig bis 1915 polnisch Zabrze und so heiszligt es wieder seit 1945 ist also kein bdquoechtesldquo Exonym

15 Auch in Russland ist Kant ein Koumlnigsberger Philosoph geblieben und kein Kaliningrader

Im bdquoDritten Reichldquo (also in der NS-Zeit) wurde von Umbenennungen von Staumldten und Ortschaften aus politischen Erwaumlgungen nur relativ selten Gebrauch gemacht Beispiele aus Oumlsterreich waumlren Sponheim statt St Paul im Lavanttal oder Markt Pongau statt St Johann im Pongau Weitere Beispiele sind Gotenhafen statt Gdingen und Litzmannstadt statt Lodsch16 Bei den Namen oumlffentlicher Plaumltze und wichtiger Straszligen war dies wesentlich haumlufiger der Fall ndash so hatte fast jede Gemeinde ihren bdquoAdolf-Hitler-Platzldquo Dies ist nicht unbedingt ein Kennzeichen autoritaumlrer Staaten doch bei Ortsnamen ist dies sehr wohl der Fall Man denke ua an die zahlreichen nach Stalin17 und Tito18 benannten Staumldte ndash sie sind inzwischen Geschichte Selbst die bdquoHeldenstadtldquo Stalingrad (Сталинград vormals Царицын Zarizyn) musste daran glauben sie heiszligt seit 1961 (im Gefolge der bdquoEntstalinisierungldquo) Wolgograd (Волгоград) In der Ex-DDR gab es einst eine Industrie-Siedlung namens Stalinstadt ndashspaumlter wurde daraus Eisenhuumlttenstadt (ebenfalls 1961) In Rumaumlnien wurde aus Brașov (deutsch Kronstadt ungar Brassoacute) von 1950ndash1960 Orașul Stalin ebenfalls ein ʻStalinstadtʼ

16 so Anm 14

Seite 37 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 17 Beispiele (in Klammer der heutige bzw fruumlherer Name) Stalinabad (Duschanbe) ukrain Staline bzw russ Stalino (Jusowka bzw Donezk) Stalingrad (Zarizyn bzw Wolgograd) Stalinogorsk (Nowomoskowsk) Staliniri (Zchinwali) Stalinsk (Nowokusnezk) 18 Beispiele Titograd (Podgorica) heute in den Nachfolgestaaten ohne den Namensteil bdquoTitoldquo Titov Veles Titova Korenica Titovo Užice Titovo Velenje

Anders sind Umbenennungen im Zuge der Entkolonialisierung (va in Afrika) zu beurteilen Sie markieren eine Abwendung von der fremdbestimmten Geschichte zu einer eigenen (also selbstbestimmten) Zukunft Nicht nur Staumldte wurden umbenannt (zB Leacuteopoldville in Kinshasa und Salisbury in Harare) auch die Staaten so wurde aus (vormals Belgisch-) ʻKongorsquo von 1971-1997 Zaiumlre aus lsquoDahomeyrsquo wurde 1975 Benin19 und aus (Suumld-) lsquoRhodesienrsquo mit der Unabhaumlngigkeit 1980 Zimbabwe bzw Simbabwe Der Inselstaat Ceylon heiszligt seit 1972 Sri Lanka und der selbstaumlndige Staat Siam (eine Fremdbezeichnung) hat sich schon 1939 fuumlr die Eigenbenennung Thailand entschieden (im Gegensatz zur Hauptstadt Krung Thep20 die besser als Bangkok bekannt ist) Fuumlr die Elfenbeinkuumlste gilt heute die franzoumlsische Bezeichnung (Uumlbersetzung) Cocircte Ivoire als die offizielle

19 In Anlehnung an das historische Koumlnigreich Benin das aber nicht auf dem heutigen Staatsgebiet lag 20 So die offizielle Kurzform genauer Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit Der laumlngste Name einer Hauptstadt weltweit ndash Bangkok ist der aumlltere Name so hieszlig eine Ortschaft im heutigen Stadtgebiet die erstmals auf einer portugiesischen Landkarte aus dem Jahre 1511 bezeugt ist

Die alten Bezeichnungen sind also historische Namen und keine Exonyme im engeren Sinn des Wortes denn auch im Deutschen werden die neuen Formen verwendet In Faumlllen wie Beijing (Běijīng) fuumlr Peking oder Yangon fuumlr Rangun liegt keine Namensaumlnderung vor sondern eine Anpassung an die in der jeweiligen Landessprache uumlbliche Lautung bzw Schreibung Doch solches gibt es auch in Europa indem zB vormals russische Namensformen durch einheimische ersetzt wurden zB moldawisch (rumaumlnisch) Chişinău statt russisch Kischinjow (auch -new) bzw Kišineumlv (Кишинёв) oder ukrainisch Zaporižžja (Запоріжжя) statt russisch Saporoschje bzw Zaporožrsquoe (Запорожье) Auf diese Weise konnten neue Exonyme entstehen indem die bislang uumlblichen russischen Namensformen im Deutschen weiterverwendet werden wie es ua bei Saporoschje (so) aber auch bei Tschernobyl (nach russisch Чернобыль gegenuumlber ukrainisch Tschornobyl Чорнобиль) der Fall ist

4 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash heute Als im Jahr 2009 die nordische Schi-Weltmeisterschaft in LiberecReichenberg stattfand houmlrte und las man in der Berichterstattung nur den tschechischen Namen Liberec Ganz anders war dies bei der EURO 2012 (= Fuszligball-Europameisterschaft 2012) die gemeinsam von Polen und der Ukraine durchgefuumlhrt wurde Gespielt wurde an je vier Orten

Seite 38 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

Seite 44 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 37 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 17 Beispiele (in Klammer der heutige bzw fruumlherer Name) Stalinabad (Duschanbe) ukrain Staline bzw russ Stalino (Jusowka bzw Donezk) Stalingrad (Zarizyn bzw Wolgograd) Stalinogorsk (Nowomoskowsk) Staliniri (Zchinwali) Stalinsk (Nowokusnezk) 18 Beispiele Titograd (Podgorica) heute in den Nachfolgestaaten ohne den Namensteil bdquoTitoldquo Titov Veles Titova Korenica Titovo Užice Titovo Velenje

Anders sind Umbenennungen im Zuge der Entkolonialisierung (va in Afrika) zu beurteilen Sie markieren eine Abwendung von der fremdbestimmten Geschichte zu einer eigenen (also selbstbestimmten) Zukunft Nicht nur Staumldte wurden umbenannt (zB Leacuteopoldville in Kinshasa und Salisbury in Harare) auch die Staaten so wurde aus (vormals Belgisch-) ʻKongorsquo von 1971-1997 Zaiumlre aus lsquoDahomeyrsquo wurde 1975 Benin19 und aus (Suumld-) lsquoRhodesienrsquo mit der Unabhaumlngigkeit 1980 Zimbabwe bzw Simbabwe Der Inselstaat Ceylon heiszligt seit 1972 Sri Lanka und der selbstaumlndige Staat Siam (eine Fremdbezeichnung) hat sich schon 1939 fuumlr die Eigenbenennung Thailand entschieden (im Gegensatz zur Hauptstadt Krung Thep20 die besser als Bangkok bekannt ist) Fuumlr die Elfenbeinkuumlste gilt heute die franzoumlsische Bezeichnung (Uumlbersetzung) Cocircte Ivoire als die offizielle

19 In Anlehnung an das historische Koumlnigreich Benin das aber nicht auf dem heutigen Staatsgebiet lag 20 So die offizielle Kurzform genauer Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit Der laumlngste Name einer Hauptstadt weltweit ndash Bangkok ist der aumlltere Name so hieszlig eine Ortschaft im heutigen Stadtgebiet die erstmals auf einer portugiesischen Landkarte aus dem Jahre 1511 bezeugt ist

Die alten Bezeichnungen sind also historische Namen und keine Exonyme im engeren Sinn des Wortes denn auch im Deutschen werden die neuen Formen verwendet In Faumlllen wie Beijing (Běijīng) fuumlr Peking oder Yangon fuumlr Rangun liegt keine Namensaumlnderung vor sondern eine Anpassung an die in der jeweiligen Landessprache uumlbliche Lautung bzw Schreibung Doch solches gibt es auch in Europa indem zB vormals russische Namensformen durch einheimische ersetzt wurden zB moldawisch (rumaumlnisch) Chişinău statt russisch Kischinjow (auch -new) bzw Kišineumlv (Кишинёв) oder ukrainisch Zaporižžja (Запоріжжя) statt russisch Saporoschje bzw Zaporožrsquoe (Запорожье) Auf diese Weise konnten neue Exonyme entstehen indem die bislang uumlblichen russischen Namensformen im Deutschen weiterverwendet werden wie es ua bei Saporoschje (so) aber auch bei Tschernobyl (nach russisch Чернобыль gegenuumlber ukrainisch Tschornobyl Чорнобиль) der Fall ist

4 Exonyme und Endonyme im Alltag ndash heute Als im Jahr 2009 die nordische Schi-Weltmeisterschaft in LiberecReichenberg stattfand houmlrte und las man in der Berichterstattung nur den tschechischen Namen Liberec Ganz anders war dies bei der EURO 2012 (= Fuszligball-Europameisterschaft 2012) die gemeinsam von Polen und der Ukraine durchgefuumlhrt wurde Gespielt wurde an je vier Orten

Seite 38 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

Seite 44 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 38 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Der Chefsprecher des ORF Herbert Dobrovolny hatte die Parole ausgegeben dass die Staumldte so ausgesprochen werden sollen wie es im Deutschen uumlblich ist21 Schlieszliglich fahren wir ja auch nach Mailand und nicht nach Milano (italienisch) oder Milan (lombardisch) die dortigen Fuszligballclubs nennen wir auch meist AC Mailand und Inter Mailand Warum sollte also die Gruppe B in Lrsquoviv bzw Lwiw spielen und nicht in Lemberg Auszligerdem Unter Lwiw koumlnnen sich nur wenige etwas vorstellen hingegen ist Lemberg ein gaumlngiger Begriff22

Aumlhnlich war es auch bei Liberec und viele wussten gar nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist sondern glaubten dass es sich um zwei verschiedene Staumldte handelt Reichenberg hatte uumlbrigens um 1900 uumlber 94 deutsch(sprachig)e Einwohner und lag im deutschen Landesteil Boumlhmens nahe der Sprachgrenze23

21 Nach dem Beitrag Bitte die vertrauten Ortsnamen verwenden von R Sedlaczek in der bdquoWiener Zeitungldquo vom 562012 22 Dass Lemberg einmal zur Habsburgermonarchie gehoumlrt hat und das Wort deshalb obsolet geworden sei ist ein uumlberzogenes Argument Dies erinnert an alte DDR-Richtlinien nach denen nur die Hauptstaumldte der bdquoBruderlaumlnderldquo auf Deutsch genannt werden durften Da Bratislava damals noch keine Hauptstadt war (die Unabhaumlngigkeit der Slowakei gilt offiziell seit 111993) ist dies wohl mit ein Grund dass der alte deutsche Name Pressburg immer seltener gebraucht wird Auch die traditionelle Bezeichnung bdquoindoeuropaumlischldquo statt bdquoindogermanischldquo war in der DDR die Norm und sie wird inzwischen auch bei uns immer haumlufiger in der Fachliteratur verwendet 23 In der ORF-Sendereihe (in den 1970er Jahren) bdquoHallo Sacher Portierldquo mit Fritz Eckhart in der auch regelmaumlszligig ein Altoumlsterreicher (ein Portier verkoumlrpert durch Maxi Boumlhm) aus Reichenberg auftrat und zwar mit den haumlufig gebrauchten Worten bdquodamals bei uns in Reichenbergldquo ndash das habe ich heute noch im Ohr Liberec habe ich aber damals nie gehoumlrt Auch in meiner Umgebung wussten uumlber 75 nicht dass Liberec die tschechische Bezeichnung fuumlr Reichenberg ist

Wie schon in 11 festgestellt spricht man ndash sprachwissenschaftlich gesehen ndash bei Namen die in verschiedenen Sprachen oder Dialekten auftreten von Endonymen und Exonymen Endonyme sind jene Namen die in der Sprache (im Dialekt) der jeweiligen Region gebraumluchlich also einheimisch bodenstaumlndig sind Exonyme hingegen sind jene Namen wie sie in anderen Sprachen (Dialekten) fuumlr die entsprechenden Objekte gebraucht werden24 So ist zB Wien das Endonym fuumlr Oumlsterreichs Bundeshauptstadt und Ljubljana das Endonym fuumlr die slowenische Hauptstadt hingegen sind slowenisch Dunaj englisch und italienisch Vienna Exonyme fuumlr Wien deutsch Laibach italienisch Lubiana Exonyme fuumlr Ljubljana In gemischtsprachigen Gebieten liegen im Allgemeinen fuumlr alle geographischen Objekte sowohl Exo- als auch Endonyme vor ndash je nach dem welche Sprache man gerade gebraucht zB in Kaumlrnten ZellSele LudmannsdorfBilčovs in Belgien BrusselBruxelles in Suumldtirol BozenBolzano sonst nur fuumlr allgemein bekannte (wie zB

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 39 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 deutsch Rom und Athen fuumlr italienisch Roma und neugriechisch Athiacutena Αθήνα) International werden unter gewissen Bedingungen nur Endonyme (ua bei Post und Bahn) oder Exonyme (zB im Flugwesen nur englische Bezeichnungen fuumlr die Flughaumlfen) verwendet In der Alltagssprache aber auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet man im Allgemeinen in der jeweils verwendeten Sprache die entsprechenden Exonyme fuumlr die einzelnen geographischen Objekte sofern sie allgemein uumlblich sind So spricht man in deutsch geschriebenen Artikeln (in der Regel) von Mailand und Warschau von den Vogesen und dem Kaukasus der Weichsel und dem Tiber und nicht von Milano und Warszawa bzw Vosges und Kavkaz bzw Wisła und Teacutevere Lediglich veraltete (und belastete25) Namensformen sind zu vermeiden oder nur in historischen Abhandlungen verwendbar wie zB St Veit am Pflaum fuumlr Rijeka (im alten Oumlsterreich Fiume) oder Morea fuumlr Peloponnes Dies zur Einleitung und zum besseren Verstaumlndnis des Folgenden

24 Dazu so 11 allgemein dazu Back (2002 42ff) jetzt va Empfehlungen (2012 10f) 25 zB Tschechei statt Tschechien Volksbezeichnung Zigeuner statt Roma Litzmannstadt statt Lodsch Łoacutedź usw

Wenn es um den bdquoVertrag von Lissabonldquo und das europaumlische Parlament in Strassburg geht liest man normalerweise nur die deutschen Namensformen und nicht (portugiesisch) Lisboa bzw (franzoumlsisch) Strasbourg Auch das Zentrum der EU die belgische Hauptstadt erscheint nur auf Deutsch (Bruumlssel nicht Brussel oder Bruxelles) Die olympischen Sommerspiele fanden 2008 in Peking die Winterspiele 2006 in Turin statt ndash die amtlichen bzw einheimischen Bezeichnungen Torino oder Beijing konnten wir nur sehr selten houmlren Aber fuumlr die nordboumlhmische Stadt Reichenberg wurde in der Berichterstattung des ORF uumlber die dort ausgetragene nordische Schi-Weltmeisterschaft ausschlieszliglich die tschechische Bezeichnung Liberec verwendet Dieser Gebrauch widerspricht sowohl dem bdquonormalenldquo deutschen Sprachgebrauch als auch der oumlsterreichischen Tradition Diese Stadt hieszlig im alten Oumlsterreich immer schon Reichenberg26 wenn man deutsch sprach oder schrieb bzw ndash wenn man tschechisch sprach oder schrieb ndash zunaumlchst Liberk und dann Liberec Urkundlich hieszlig die Stadt seit dem 14 Jhdt Reichenberg27 die tschechischen Formen sind seit Ende des 18 Jhdts belegt28 Da laut Verfassung der Republik Oumlsterreich Deutsch die Amtssprache ist sollte der ORF neben der tschechischen auch die (altoumlsterreichische) deutsche Form gebrauchen etwa in der Weise bdquowir berichten aus Liberec bzw Reichenberghellipldquo Reichenberg allein zu gebrauchen ist auf Grund der heutigen Verhaumlltnisse allerdings nicht empfehlenswert doch ein abwechselnder Gebrauch mit Liberec erscheint mir angebracht zumal beide Namensformen Teil der (zwar nicht friktionsfreien aber dennoch) gemeinsamen Geschichte sind

26 Zur Verbreitung der Kenntnis des Namens Liberec so Anmerkung 23 27 Genauer 1352 Reychinberch seit 1385 Reichenberg (Profous 1949 582 Niemeyer 2012 515) 28 Erstmals 1634 Libercum 1790 Liberk 19 Jhdt Liberec und Liberk seit 1945 amtlich Liberec (Profous 1949 582)

Daher ist es aus namenkundlicher Sicht nicht nachvollziehbar warum im ORF (und auch im uumlberwiegenden Teil der Presse) nur Liberec gebraucht wurde es aber in der Berichterstattung sonst weiter Florenz Mailand Moskau Casablanca Athen usw heiszligt (und nicht Firenze Milano Moskva Dar el-Beida und Athina)29

29 Es ist zu beobachten dass in den oumlsterreichischen (und deutschen) Medien die deutschen traditionellen Bezeichnungen fuumlr osteuropaumlische geographische Objekte weitaus haumlufiger

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

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Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

Seite 44 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

Seite 45 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Seite 46 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Seite 47 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Seite 48 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Seite 49 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Seite 50 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 40 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 vermieden werden als solche fuumlr west- oder suumldeuropaumlische Laumlnder Man kann auch Formulierungen wie bdquoWrocław das ehemalige Breslauldquo houmlren oder lesen die aber nicht zutreffen da es sich ja um dieselben Objekte handelt Nur die Amtlichkeit der jeweiligen Namensform war ehemals deutsch und ist heute polnisch

Daher war es richtig bei den EURO-2012-Spielorten deutsche Bezeichnungen zu verwenden ndash sofern solche existieren wie Warschau Danzig Posen und Breslau bzw Kiew (gesprochen [kiacute|ef]) Lemberg Charkiw (gesprochen [chaacuterkif]) und Donezk (gesprochen [doneacutetsk]) Niemand kann verlangen dass wir ausschlieszliglich Warszawa [waršaacutewa] Gdańsk [gdainsk] Poznań [poacutesnain] oder Wrocław [wroacutetswaf] sagen Von der ukrainischen Hauptstadt gibt es die ukrainische Variante Kyjiv Київ und die russische Киeв Kiev bzw Kiew Die russische ist im Deutschen die gaumlngige Bei der zweitgroumlszligten Stadt der Ukraine ist Charkiw Харків die ukrainische Variante und Харькoв Charrsquokov bzw Charkow die russische Im deutschen Sprachraum wird heute die ukrainische Form bevorzugt auch im Falle von Donezk (ukrain Донецьк [doneacutetsjk] russ Донецк [danjeacutetsk]) Der Club Metalist Charkiw hat in der Uefa-Euro-League in den letzten Jahren beachtliche Erfolge erzielt und zur Verbreitung des Namens Charkiw beigetragen Besonders an der Frage Lemberg (deutsch und jiddisch) oder Львів Lrsquoviv bzw Lwiw (ukrainisch) oder Львoв Lrsquovov (russisch) sowie Lwoacutew (polnisch) scheiden sich die Geister Weil in dieser Stadt viele verschiedene ethnische Gruppen gelebt haben und leben gibt es viele verschiedene Bezeichnungen fuumlr diesen Ort Sie bedeuten allerdings alle ein und dasselbe Loumlwenberg Von 1772 bis 1918 war die Stadt oumlsterreichisch deshalb ist sie auch in unseren Geschichtsbuumlchern mit der damaligen Bezeichnung Lemberg vermerkt Dass einige Zeitungen und auch ORFat sich fuumlr Lwiw entschieden haben mutet seltsam an Lwiw verhaumllt sich zu Lemberg wie Brno zu Bruumlnn30

30 So auch R Sedlaczek (wie Anmerkung 21) ndash Der tschechische Name Brno (aus slaw brьnьno zu brьnьje ʻKot Flussschlamm Ton Lehmʼ nach der Lage in einem Feuchtgebiet) im Deutschen zu Bruumlnn umgeformt (Profous 1949 201)

Unsere slawischen (aber auch alle anderen) Nachbarn gebrauchen in der Regel31 fuumlr Ortsnamen in Oumlsterreich und Deutschland ihre eigenen Bezeichnungen die ebenfalls in der gemeinsamen Geschichte begruumlndet sind Fuumlr die Tschechen32 ist Oumlsterreich selbstverstaumlndlich Rakousko und die Staumldte Wien Regensburg Aachen Nuumlrnberg und Wiener Neustadt heiszligen auf Tschechisch Viacutedeň Řezno Caacutechy Norimberk und Viacutedeňskeacute Noveacute Město ndash traditionelle Bezeichnungen wie auch deutsch Reichenberg Pilsen usw fuumlr Liberec und Plzeň Aumlhnlich ist es im Ungarischen wo es Beacutecs lsquoWienrsquo und osztraacutek lsquooumlsterreichischrsquo (neben Ausztria fuumlr unser Land) heiszligt sowie im Slowenischen wo Dunaj fuumlr lsquoWienrsquo und Celovec fuumlr lsquoKlagenfurtrsquo gebraucht wird das Bundesland Kaumlrnten fuumlhrt dort den Namen Koroška und auf Speisekarten kann man auch Solnograški žličniki lsquoSalzburger Nockerlnrsquo finden ndash nach der heute veralteten Namensform Solnograd fuumlr lsquoSalzburgrsquo aumlhnlich wie bei uns der (beliebte Brotaufstrich) Liptauer nach dem alten Namen Liptau fuumlr das heutige Liptovskyacute Mikulaacuteš heiszligt Wie bestaumlndig alte Namen sein koumlnnen zeigt im Deutschen ua der Sprachgebrauch Persien fuumlr lsquoIranrsquo England fuumlr lsquoGroszligbritannienrsquo und seinerzeit Russland fuumlr die ganze lsquoSowjetunionrsquo ndash und viele fuhren im Sommer noch lange Zeit an die Adria nach Jugoslawien ndash auch als es den Staat nicht mehr gab Auch in anderen Sprachen ist es aumlhnlich im Arabischen heiszligt Oumlsterreich Nimsā (genauer ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 النمس Al-Nimsā) was etymologisch eigentlich lsquoDeutschlandrsquo ist33 (dieses heiszligt aber ا1049703104970310497031049703104970310497031049703 ألماني Almāniyā) und die Griechen nennen lsquoFrankreichrsquo noch heute Gallien (Γαλλία)

31 Wogegen es keinen Einwand gibt Dazu ua Pohl (2010b)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Seite 50 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 41 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 32 Das Koumlnigreich Boumlhmen war Teil des roumlmisch-deutschen Kaiserreichs und die tschechische Sprache war bis zum 30-jaumlhrigen Krieg eine bedeutende Kultursprache diesem Umstand verdankt das Tschechische seine zahlreichen Exonyme fuumlr geographische Objekte in Deutschland und Oumlsterreich und umgekehrt das Deutsche die seinen fuumlr geographische Objekte in den Laumlndern der Boumlhmischen Krone 33 Karl-May-Lesern ist sicher Kara Ben Nemsi lsquoKarl der Deutschersquo vertraut

Ein gutes Beispiel dafuumlr dass in Handel und Wirtschaft unter gewissen Bedingungen das deutsche Exonym den Vorrang hat ist der Name Pilsen tschechisch Plzeň das beruumlhmte Produkt der Pilsener Brauerei bdquoPilsner Urquellldquo (tschechisch Plzeňskyacute Prazdroj) wird bis heute auf dem Logo der Brauerei verwendet mit dem tschechischen Beitext Plzeňskyacute Prazdroj od roku 1842 ʻPilsner Urquell seit dem Jahre 1842ʼ Der Name Pilsen liegt auch der Bezeichnung der Biersorte Pils zu Grunde ein untergaumlriges Bier mit erhoumlhtem Hopfengehalt Auch das beruumlhmte bdquoBudweiser Bierldquo aus Českeacute Budějovice wird zumindest in Oumlsterreich unter seinem deutschen Namen angeboten

5 Empfehlungen zum Gebrauch von Exonymen und Endonymen 51 Allgemeines Meine bisherigen Ausfuumlhrungen duumlrften deutlich gezeigt haben dass Endonyme und Exonyme Namensaumlnderungen und Namenwandel keine spezifisch bdquodeutscheldquo oder bdquooumlsterreichischeldquo Besonderheit sind sondern eine internationale Dimension haben Unter diesem Aspekt ist daher die Frage ob der Gebrauch von deutschen Bezeichnungen (Exonymen) bdquopolitisch korrektldquo ist oder nicht in einem groumlszligeren Zusammenhang zu sehen Man kann diese Frage einfach mit bdquojaldquo beantworten denn Exonyme sind in allen Sprachen der Welt vorhanden va dann wenn diese Namensformen historisch begruumlndet sind und keine negativen Nebenbedeutungen vorliegen34 Die hier gebrachten Beispiele zeigen dass die meisten Exonyme einen aumlhnlichen Status wie Lehnwoumlrter haben Sie sind Entlehnungen angepasst an deutsche Sprachgewohnheiten Im Sprachgebrauch des Alltags sind Exonyme vorzuziehen in wissenschaftlichen Abhandlungen wird man sich nach dem historischen Kontext orientieren in der Tagespresse und der Berichterstattung wird man

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

Seite 44 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

Seite 45 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

Seite 46 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

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Seite 49 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 42 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 einen vernuumlnftigen Kompromiss zwischen beiden Namensformen finden Keinesfalls sollten aber die alten (traditionellen altoumlsterreichischen) deutschen Namensformen in Vergessenheit geraten (wie ja auch unsere Nachbarn deren traditionelle Namen verwenden) Im internationalen Verkehr (Post Bahn Beschilderung auf Fernstraszligen und Autobahnen) gelten freilich andere Bedingungen hier ist der Name der Zielsprache zu bevorzugen aber auf Wegweisern kann durchaus auch der vertraute Name in der eigenen Sprache stehen wie wir dies in Nachbarlaumlndern sehen koumlnnen35

34 Wie dies zB bei Tschechei statt Tschechien der Fall ist Nach 1918 waren beide Bezeichnungen uumlblich durch die zur NS-Zeit nach dem bdquoMuumlnchner Abkommenldquo verwendete Bezeichnung bdquoRest-Tschecheildquo bekam dann Tschechei eine abfaumlllige Nebendeutung die man bei der Gruumlndung der Tschechischen Republik im Jahre 1993 bewusst vermied ndash Bei Ethnonymen sind solche Entwicklungen oft zu beobachten so wird heute ua Zigeuner und Lappe in Politik und Fachliteratur vermieden und durch Roma und Same (auch Saame) ersetzt Umgangssprachliche und mundartliche ethnographische Bezeichnungen erwecken oft negative Vorstellungen und werden dann zu bdquoEthnophaulismenldquo Unter Ethnophaulismus (von griech ἔθνος ethnos lsquoVolkrsquo und φαῦλος phaulos lsquoschlecht untauglich wertlos gemein schlimmrsquo) versteht man ein Schimpfwort fuumlr Angehoumlrige eines anderen Volkes oder Landes Alle Sprachen und Dialekte verfuumlgen uumlber derartige Ausdruumlcke die bis zu einem gewissen Grad in der jeweiligen Geschichte und im kollektiven Erleben der jeweiligen Gesellschaft begruumlndet sind worauf dann die gaumlngigen Vorurteile beruhen So gibt es im oumlsterreichischen Deutsch Ethnophaulismen zunaumlchst fuumlr die Preuszligen dann uumlbertragen auf die (einst) Reichs- bzw (heute) Bundesdeutschen (Piefke) weiters fuumlr die Tschechen (Boumlhmrsquo Aussprache [pem]) Polen (Polaacuteken) Kroaten (Krawoacutetten genauer [krawaringʹtn]) Italiener (Katzelmacher Itaker) und Suumldosteuropaumler (Tschuschen) Auch inneroumlsterreichische abfaumlllige Bezeichnungen kommen vor zB Mostschaumldel fuumlr lsquoOberoumlsterreicherrsquo oder Weaner Bazi fuumlr lsquoWienerrsquo bzw derdie Grsquoscherte (va in Wien fuumlr) lsquoNicht-Wienerrsquo (eigentlich lsquoLandbewohnerrsquo) Nicht fuumlr alle Einwohner und Nachbarn gibt es entsprechende Ausdruumlcke (zB fuumlr die Ungarn oder Tiroler gibt es keine) 35 Dazu siehe den Auszug aus der Stellungnahme des Staumlndigen Ausschusses fuumlr geographische Namen (StAGN) zum Gebrauch von Exonymen (so Anm 2) Sa httpwwwstagndestaticGNExonymef_Exonymehtm (Liste ausgewaumlhlter Exonyme) ndash Argumente fuumlr und gegen den Gebrauch von Endonymen bzw Exonymen finden sich ndash gut und uumlbersichtlich zusammengestellt ndash bei Back (2002 71ff) sowie Empfehlungen (2012 15ff)

Ein ausgezeichneter Ratgeber zu den hier angeschnittenen Fragen ist das Buch Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien36 Dort wird auch der Usus nach den Richtlinien der Vereinten Nationen dargestellt Ein Endonym ist der

bdquoName eines geographischen Objekts in einer Sprache die im Gebiet des Objekts offiziell oder gut eingefuumlhrt ist Beispiele Vārāṇasī (fuumlr Benares) Aachen (fuumlr franzoumls Aix-la-Chapelle) Krung Thep (statt traditionell Bangkok) Al-Uqṣur ( األقصر statt Luxor)ldquo Entsprechend wird das Exonym definiert bdquoName in einer bestimmten Sprache fuumlr ein geographisches Objekt auszligerhalb des Gebietes in welchem diese Sprache weithin gesprochen wird der sich in seiner Form vom entsprechenden Endonym im Gebiet in welchem das geographische Objekt liegt unterscheidet Beispiele Warsaw ist das englische Exonym fuumlr Warszawa

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36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

Seite 43 zum AGOMWBW-Rundbrief Nr 745 vom 28022019 (Polnisch) Mailand das deutsche fuumlr Milano Londres das franzoumlsische fuumlr London Quluniyā ا104970310497031049703104970310497031049703104970310497031049703 كولوني das arabische fuumlr Koumllnldquo37

36 = Empfehlungen (2012) 37 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Transliterierte Formen wie russisch Moskva (Москва deutsch Moskau) oder chinesisch

Beijing (北京 deutsch Peking) sind keine Exonyme (die deutschen Bezeichnungen sind es

aber sehr wohl)

bdquoAllerdings wird der Gebrauch von Exonymen oft auch als Ausdruck von politischen Anspruumlchen und eines kulturellen Dominanzverhaltens verstanden Um dem vorzubeugen ist es ratsam auch in der Kommunikation innerhalb einer Sprachgemeinschaft Exonyme politisch sensibel zu verwenden Die bedeutet zB auf politisch belastete Exonyme zu verzichten hellip oder es zu vermeiden auf Karten historische Besitzstaumlnde durch gehaumlufte Exonyme nachzuzeichnenldquo38 38 Empfehlungen (2012 11 mit Literatur)

Deshalb muss in jedem einzelnen Fall uumlberlegt werden ob zur Bezeichnung eines Objektes auszligerhalb des eigenen Sprachgebiets das Endonym oder ein Exonym verwendet werden soll Als Leitfaden fuumlr diese Uumlberlegung koumlnnen die folgenden Kriterien gelten39

39 lt Empfehlungen (2012 12)

52 Objektbezogene Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

je wichtiger es ist (zB in Bezug auf Groumlszlige administrativen Status Zentralitaumlt Bedeutung)

je weiter es sich uumlber Sprachgrenzen erstreckt wenn es der Natursphaumlre angehoumlrt je laumlngere historische Kontinuitaumlt es aufweist (je weniger es eine temporaumlre

Erscheinung ist) je enger und traditionsreicher die Kulturbeziehungen zum Objekt oder zum weiteren

Umfeld des Objekts sind je naumlher es Oumlsterreich liegt wenn es in einem Gebiet liegt in welchem Deutsch Familien- oder Bildungssprache

ist oder war wenn es in deutschsprachigen Texten und oumlffentlichen Aumluszligerungen auf Seiten des

nicht-deutschsprachigen Landes in dem es liegt deutsch bezeichnet wird je geringer die Gefahr einer politischen Missdeutung ist wenn es auszligerhalb nationaler Hoheit liegt (nicht durch ein Endonym bezeichnet ist) wenn es geschichtliche oder kulturgeschichtliche Bedeutung hat wenn es ausschlieszliglich historisch ist und heute nicht mehr existiert (und damit auch

kein Endonym traumlgt)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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53 Sprachliche Kriterien Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher

wenn das Endonym aus einem Eigennamen- und einem Gattungsnamen-Bestandteil zusammengesetzt ist (ein transparentes Gattungswort enthaumllt) Beispiel kroat Dinarsko gorje dt Dinarisches Gebirge

je schwerer das Endonym auszusprechen ist (zB Oświęcim deutsches Exonym Auschwitz)

je weniger die Sprache des Endonyms bei uns bekannt ist Mit dem Endonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher wenn das Exonym

von einem Endonym abgeleitet war das durch Umbenennung durch ein anderes ersetzt wurde

54 Gebraumluchlichkeit Mit dem Exonym zu bezeichnen waumlre ein Objekt umso eher je haumlufiger das Exonym

in den oumlsterreichischen Medien in der oumlsterreichischen Oumlffentlichkeit von sachlich informierten Personen in Oumlsterreich verwendet wird

Erst wenn ein Objekt sein Endonym und sein Exonym der Mehrzahl dieser Kriterien entspricht soll ein Exonym verwendet werden Die in diesen Richtlinien fuumlr Bildungsmedien empfohlenen deutschen Namen wurden auch nach dieser Methode ausgewaumlhlt Weiters findet der Benuumltzer dieses Buches Hinweise zur Amtlichkeit von Sprachen zur Standardisierung geographischer Namen zur Schreibung und Umschrift anderer Schriftsysteme (zB kyrillisch oder arabisch) Im Anhang40 findet sich ein ausfuumlhrliches Namenverzeichnis in dem jeweils ndash sofern vorhanden ndash auch die deutschen Bezeichnungen (Exonyme) aufscheinen diese uumlberwiegen eindeutig bei Berg- und Gebirgsnamen sowie vielfach auch bei Gewaumlssernamen (zB Tschechien Boumlhmerwald Sudeten MoldauVltava ThayaDyje) waumlhrend bei Siedlungsnamen jeweils der gelaumlufigere Name an erster Stelle steht ndash und dies kann ein deutscher oder auch nicht-deutscher Name sein (zB Slowenien LaibachLjubljana CilliCelje aber JeseniceAssling BledVeldes Slowakei KaschauKošice aber BratislavaPressburg Ungarn RaabGyőr aber VaacutecWaitzen) Vielfach wird der Hinweis gegeben dass die deutsche Bezeichnung bdquovorrangig oder nachrangigldquo zu betrachten ist Somit ist dieses Buch ein verlaumlsslicher Ratgeber zu Fragen der richtigen Verwendung von Ortsnamen seien sie Exonyme oder seien sie Endonyme Und dieser mein Beitrag sollte einen Einblick in die Vielfalt des Namengutes vermitteln und aufzeigen dass auch die deutschen Exonyme grundsaumltzlich bdquopolitisch korrektldquo sind und deren bevorzugte Verwendung von bestimmten Faktoren abhaumlngig ist

40 Empfehlungen (2012 53ff)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)

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Literatur (wie oben) Back Otto (2002) Uumlbersetzbare Eigennamen Wien (3 Auflage) Empfehlungen (2012) Empfehlungen zur Schreibung geographischer Namen in oumlsterreichischen Bildungsmedien Hg von der Arbeitsgemeinschaft fuumlr kartographische Ortsnamenkunde (AKO) bearbeitet von L Birsak O Back M Duschanek I Hausner P Jordan u I Kretschmer (dagger) Wien Gutsmann Oswald (1789) Deutsch-windisches Woumlrterbuch Klagenfurt Kranzmayer Eberhard (1958) Ortsnamenbuch von Kaumlrnten Band II Klagenfurt Ogris Alfred (1984) Matthias Perdon ndash ein Lebensbild aus der Zeit der Gegenreformation zugleich ein Beitrag zu zwei Kaumlrntner Ortsnamen In Carinthia I 174 303-347 Niemeyer Manfred Hrsg (2012) Deutsches Ortsnamenbuch BerlinBoston Pohl Heinz-Dieter (1996) Namenkundliche Streifzuumlge durch die Gemeinde Ferlach In Carinthia I 186 263-279 Pohl Heinz-Dieter (2004) Sprache und Politik gezeigt am Glottonym Windisch In Analecta homini universali dicata Festschrift Oswald Panagl zum 65 Geburtstag Hg Th Krisch - Th Lindner - U Muumlller (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr 421) Stuttgart Bd II 625-636 (Aktualisierte Uumlberarbeitung von Die ethnisch-sprachlichen Voraussetzungen Der Volksabstimmung In Die Kaumlrntner Volksabstimmung 1920 und die Geschichtsforschung Leistungen Defizite Perspektiven Hg von H Valentin S Haiden u B Maier im Auftrag des Landes Kaumlrnten Klagenfurt 2002 181-188) Pohl Heinz-Dieter (2010a) Unsere slowenischen Ortsnamen ndash Naša slovenska krajevna imena Klagenfurt Pohl Heinz-Dieter (2010b) Uumlberlegungen zum Exonymengebrauch Zur Namensvielfalt und zum Gebrauch traditioneller Namensformen In H Bergmann MM Glauninger E Wandl-Vogt St Winterstein (Hgg) Fokus Dialekt Festschrift fuumlr Ingeborg Geyer Germanistische Linguistik 199-201 315-327 Pohl Heinz-Dieter (2013) Kleines Kaumlrntner Namenbuch Klagenfurt Profous Antoniacuten (1949) Miacutestniacute jmeacutena v Čechaacutech Bd 2 Praha Snoj Marko (2009) Etimološki slovar slovenskih zemljepisnih imen Ljubljana Tolomei Ettore (1923) Prontuario dei nomi locali dellrsquoAlto Adige (3 Auflage Roma 1935 im Internet unter httpxoomervirgilioittribunale abrufbar)