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Abonnement Kammerorchester International Mittwoch 14.11.2018 20.00 Uhr · Großer Saal IL GIARDINO ARMONICO GIOVANNI ANTONINI Leitung und Blockflöte PATRICIA KOPATCHINSKAJA Violine „Das Besondere an der Musik Vivaldis … ist ihre Wildheit und Ungezwungenheit.“ JOHN HAWKINS (1776)

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Abonnement Kammerorchester International Mittwoch 14.11.201820.00 Uhr · Großer SaalIl GIardIno armonIcoGIovannI antonInI Leitung und BlockflötePatrIcIa KoPatchInsKaja Violine

„Das Besondere an der Musik Vivaldis … ist

ihre Wildheit und Ungezwungenheit.“

John hawkins (1776)

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Programm

Antonio Vivaldi (1678–1741)Concerto für Streicher und Basso continuo g-Moll RV 157

Allegro – lArgo – Allegro

Luca Francesconi (geb. 1956)„Spiccato il Volo“ für Violine solo

Antonio Vivaldi Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo C-Dur RV 191

Allegro mA poco – lArgo – Alegro mA poco

Simone Movio (geb. 1978)„Incanto XIX“ für Blockflöte, Violine und Barockorchester

Giacinto Scelsi (1905–1988) „L‘Âme Ouverte“ für Violine solo

Antonio Vivaldi Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo Es-Dur op. 8 Nr. 5 RV 253 („La Tempesta di mare“)

presto – lArgo – presto

Pause

Aureliano Cattaneo (geb. 1974)„Estroso“ für Violine, Blockflöte und Barockorchester

Antonio Vivaldi Konzert für vier Violinen, Streicher und Basso continuo e-Moll op. 3 Nr. 4 RV 550

AndAnte – Allegro AssAi – AdAgio – Allegro

(Soli: Patricia Kopatchinskaja, Marco Bianchi, Stefano Barneschi, Liana Mosca)

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Wir machen darauf aufmerksam, dass ton- und/oder Bildaufnahmen unserer auf-führungen durch jede art elektronischer geräte strikt untersagt sind. zuwider-handlungen sind nach dem urheberrechtsgesetz strafbar.

Mobiltelefon ausgeschaltet? Vielen dank! Cell phone turned off? thank you!

PREMIUMPARTNER

Marco Stroppa (geb. 1959)„Dilanio avvinto“ für Violine und Blockfl öte sowie Kontrabass ad libitum

Giovanni Sollima (geb. 1962)„Moghul“ für Violine, Streicher und Basso continuo

Antonio Vivaldi Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo D-Dur RV 208 („Il Grosso Mogul“)

Allegro – recitAtiVo. grAVe – Allegro

Die neuen Werke von Luca Francesconi, Simone Movio, Aureliano Cattaneo, Marco Stroppa und Giovanni Sollima wurden von Patricia Kopatchinskaja dank des Praetorius Musikpreises in Auftrag gegeben.

In Zusammenarbeit mit der Konzertdirektion Goette

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Ein FEst Für ViValdi

Ein Fest für Vivaldi und seine Landsleute von heute

„Was, wenn heute Antonio Vivaldi auf einer Zeitreise zu uns käme? Wie gerne würden wir ihm vorführen, wie wir uns seine Werke vorstellen, ihn fragen, ob wir dies oder jenes wirklich so machen

dürften, ob er auch moderne Kadenzen zuließe. Aber wir würden ihm auch vorführen, was seine italienischen Kollegen inzwischen in der Musik überhaupt anstellen. Und wenn er auf der Zeitreise das Geigen nicht verlernt haben sollte, würden wir ihn vorspie-len lassen, zu hören, wie er einst seine Zeitgenossen verblüffte, ja sprachlos machte mit Spiel in den höchsten Lagen und in den rasendsten Tempi. Und wir möchten herausfinden, was es auf sich hat mit dem „Grosso Mogul“, wieso heißt dieses Konzert nach einem indischen Potentaten? Wir ahnen Seidenstraße, ankommende Schiffe, Stoffe in leuchtenden Farben, fremd-artige Gewürze mit unglaublichsten Gerüchen, Sandelholz, exotische Klänge indischer Musik – ja, hören wir

sie schon im langsamen Satz? Und im Konzert „Tempesta di mare“ die Naturgewalt, mit der Venedig zu leben hatte, jene Inselrepublik, die sich seit einem Jahrtausend alljährlich mit dem Meer neu ver-mählt. In der Kadenz treten die Geister aus „Pirates of the Carib-bean“ auf, Vivaldi soll auch etwas aus unserer Zeit kennenlernen … Ein Fest für Vivaldi und seine Landsleute von heute. Vielleicht wird auch sein Geist erscheinen. Hören wir, was er uns zu sagen hat …“ Patricia KoPatchinsKaja

antonio ViValdi – KuPferstich Von f. M. la caVe, 1725

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Pastor rothkoPF

Pastor Rothkopf

Es waren vornehmlich die vier „Jahreszeiten“-Konzerte, die der Musikwelt im Gedächtnis blieben, als man den eminenten Violi-nisten und fulminanten Komponisten Antonio Vivaldi selber mehr oder weniger vergessen hatte. Der seinerzeit überaus erfolgreiche und produktive venezianische „Musikindustrielle“ (P. H. Lang) wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder für das Musik-leben entdeckt. Seine Bedeutung für die Musikgeschichte ist indes immens; nicht nur Johann Sebastian Bach schulte an ihm seine kompositorische Fantasie. Das liegt vor allem an einer Gattung, die ihm viel verdankt und auf beispiellose Weise Schule machen sollte: der Konzertform. Knapp 500 Konzerte hat Vivaldi komponiert, darunter fast 350 Solokonzerte (über 200 davon für Violine), die das ältere Concerto grosso mit seinem Gegenüber von Solistengruppen und Orchester nachhaltig in den Hintergrund drängten und statt-dessen den dreisätzigen Solokonzerttyp (schnell – langsam – schnell) samt erweiterter Ritornellform der Ecksätze etablierten. Durchaus an der Opernarie orientiert, sorgten die innovative Behandlung von Solist und Tutti, die weiträumigere thematische Erfindung, die harmonischen Finessen und die virtuose Behand-lung des Soloparts für einen außergewöhnlichen musikhistorischen Siegeszug. Wenngleich Vivaldi nicht an der Wiege des Instrumen-talkonzerts stand (das tat allem Anschein nach der 20 Jahre ältere Giuseppe Torelli), so war er doch sein vielleicht wichtigster Zieh-vater. „Man kannte ihn in Venedig […] unter dem Namen: Il Prete rosso (Pastor Rothkopf) wegen seinen Haaren, die diese Farbe hatten“, heißt es in Ernst Ludwig Gerbers Historisch-Biographischem Lexicon der Tonkünstler (Leipzig 1792). „Auch stand er daselbst als Violinist in viel höherem Werthe, als wegen seinen Operncomposi-tionen, und das mit Recht: denn ob er gleich nicht so viele Schüler als Tartini aufzuweisen hat […], so hat er doch durch seine vielen herausgegebenen Violinconzerte, nicht nur dadurch unendlichen Nutzen gestiftet, daß er angehenden Künstlern, gute und richtig gesetzte Violinsachen zum Studio daran in die Hände gab; sondern

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ConCErto g-Moll rV 157

er hat auch gleichsam darinne den Ton, zu der über dreyßig Jahre, besonders in Berlin beliebten Manier von Conzerten angegeben …“

Concerto g-Moll RV 157

Das „Concerto für Streicher“ ist eine Art Vorläufer des Solokonzerts: Aus dieser solistenlosen Urform erwuchs das Solokonzert gleich-sam als Tribut an allzu menschliche Bedürfnisse (den Konzert-meister – die „Erste Geige“ – verlangte es zusehends nach ausgie-bigeren Möglichkeiten der Selbstdarstellung …). Gleichwohl hielt Vivaldi dieser Gattung die Treue und versorgte sie – vor allem wohl zwischen 1720 und 1740 – mit insgesamt rund 50 Beiträgen, die zeigen, dass er diese durch Individualisierung „überholte“ Gattung als Experimentierfeld schätzte. Dabei geht es mithin weniger um das sogenannte „konzertante Prinzip“ im Sinne des Gegenübers scheinbar unverhältnismäßiger Kräfte (Solo/Tutti), sondern um ein Spiel mit dem abstrakten Tonsatz – eine Art Streichquartett mit Generalbass. Hierfür ist das Concerto für Streicher und Basso continuo g-Moll RV 157 ein treffliches Beispiel: Das Eingangs-Allegro stimmt im leidenschaftlichen Dialog von 1. und 2. Violinen eine stürmische Chaconne über einem traditionsreichen Bassthema an (absteigender chromatischer Quartgang [„Lamento-Bass“] plus Schlussformel), während der langsame Mittelsatz (Largo) „französisch“ punktierte Rhythmen auf zauberhafte Weise kontrapunktisch verarbeitet (tatsächlich war das Werk wohl für einen französischen Auftrag-geber bestimmt). Das Final-Allegro ist eine mitreißende Tour de force voll verquerer Synkopen.

Kurz

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iert

italien – das ist in Charles Burneys „tagebuch einer Musika-lischen reise durch Frankreich und italien“ (1770) jener gebenedeite teil der Welt, in dem die Musik „mit so vielem glücke kultiviert worden, und woher das übrige Europa nicht nur mit den besten komponisten und musikalischen künstlern versehen worden, sondern von dem es sogar seine Begriffe vom schönen und Vortrefflichen in dieser kunst entlehnt hat.“

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luCa FranCEsConi

Luca Francesconi: „Spiccato il Volo“

„Spiccato ist eine bekannte, wunderbare Geigentechnik, bei der die Noten stakkatoartig, rasch und wie gestochen auf den Saiten artiku-liert werden. Im Italienischen ist das Wort beinahe lautmalerisch. Vivaldi benutzt es oft. ‚Spiccato Il Volo‘ (Zum Fliegen gebracht, Abheben) ist ein Wortspiel, das sich auf diese Technik und auf die Art und Weise bezieht, wie Vögel zum Flug ansetzen. Das nämlich ist es, was die Violine tut, die als Echo des g-Moll- Konzerts gestar-tet ist und in den Lüften nachhallt, frei in Raum und Zeit. Recht eigentlich verwebt sie Mikrozellen, die aus dem Vivaldi-Konzert abgeleitet sind, zu einer bewegten Klangtextur und verwandelt sie dann in die Atmosphäre des nachfolgenden Violinkonzerts C-Dur, in dem sich die Solovioline als führende Kraft des Orchesters erweist. ‚Spiccato il Volo‘ fungiert auf diese Weise als respektvolle ‚Bedeutungsbrücke‘ zwischen zwei genialen Musikwerken eines der größten Komponisten überhaupt.“ (Luca Francesconi)

Luca Francesconi, 1956 in Mailand geboren, studierte Klavier und Komposition bei Azio Corghi, Karlheinz Stockhausen und Luciano Berio, dessen Assistent er von 1981 bis 1984 war. 1990 gründete er in Mailand das Agon Acustica Informatica Musica, ein Zentrum für Neue Musik. Für seine Kompositionen wurde er mit dem Kra-nichsteiner Musikpreis, dem Förderpreis des Siemens Musikpreises

luca francesconi

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konzErt C-dur rV 191

(1994) und dem Prix Italia ausgezeichnet. Sein umfangreiches Schaffen reicht von solistischen bis hin zu groß besetzten Instru-mentalwerken, von Opern (unter anderem „Quartett“ nach Heiner Müller, 2011 in einer Inszenierung von La Fura dels Baus und unter der musikalischen Leitung von Susanne Mälkki in Mailand urauf-geführt) bis hin zu Multimediawerken. Regelmäßig arbeitet er mit renommierten Dirigenten, Solisten, Ensembles und Orchestern in der ganzen Welt zusammen. Luca Francesconi, der auch als Diri-gent tätig ist, unterrichtete Komposition an italienischen Konser-vatorien, als Gastprofessor am Rotterdamer Konservatorium, war 1995 Composer-in-Residence in Straßburg, 2012 am Pariser IRCAM und 2013 in Porto sowie von 2008 bis 2011 Künstlerischer Leiter des Musikfestivals der Biennale von Venedig. Er gibt Meisterklassen in der ganzen Welt und ist Leiter der Kompositionsabteilung der Musikhögskolan of Malmö in Schweden.

Konzert C-Dur RV 191

Zu Vivaldis späten Solokonzerten gehört das Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo C-Dur RV 191, das – wie viele andere – von Vivaldi bewusst nicht in den Druck gegeben und im eigentlichen Sinne „veröffentlicht“ wurde: Er versprach sich (offenbar zu Recht) mehr Gewinn, wenn er Einkünfte nicht mit Verlagen und Händlern teilen musste. Vivaldi verzichtete also auf lockende Umsatzrekorde und verkaufte die Manuskripte zu satten Preisen exklusiv an seine Mäzene. Auf diese Weise trug er gewissermaßen selber zu seinem zeitweiligen Vergessenwerden bei. Wie wenig letzteres gerechtfer-tigt war, zeigt im Konzert RV 191 vor allem das zauberisch zarte Largo, das wie eine Improvisation der Violine anmutet und sich auch im Finale noch atmosphärisch in Erinnerung bringt.

Kurz

not

iert „das Besondere an der Musik Vivaldis […] ist ihre Wildheit

und ungezwungenheit“, schrieb 1776 der britische Musik-historiker John hawkins, „und manchmal scheint es fast, als habe er genau das erreichen wollen; einige seiner kompo-sitionen sind ausdrücklich als ‚Extravaganzen‘ bezeichnet.“

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siMonE MoVio

Simone Movio: „Incanto XIX“

„Die Dimension der Verzauberung (ital. ‚incanto‘) ist der Weg der Kontemplation, der es ermöglicht, das Imago mit seiner mitschwin-genden ‚Tunika‘ [ein Schlüsselbegriff in Movios Kompositionsästhe-tik: das Gewand verbirgt, schützt und überlagert, gibt seinen Kern

bzw. seine ‚Idee‘ aber dennoch auf ver-mittelte Weise preis] zu umhüllen.‚Incanto XIX‘ versucht, Formen und Strukturen eines Barockkonzerts in einer Mikroarchitektur zu synthetisie-ren.“ So schreibt Simone Movio über sein neues Werk und setzt dann ein Zitat aus „La Luce“ des italienischen Schriftstellers und Anthroposophen Massimo Scaligero hinzu: „Wenn er auf Erden die Schatten, die die Sonne wirft, die Schatten des Mondes und, in einigen klaren Nächten, die schwachen Schatten der Sterne sieht, kann er den irdischen Chor des kosmischen Lichts erahnen.“Prägend für den musikalischen Werde-gang des 1978 geborenen Italieners

Simone Movio war sein Studium bei Beat Furrer an der Grazer Universität für Musik und Darstellende Kunst (2005/06); außerdem besuchte er den IRCAM-Cursus 1 in Komposition und Computer-musik, das Klangwege-Seminar von Pierluigi Billone an der Univer-sität für Musik und Darstellende Kunst in Graz und einen Meister-kurs von Stefano Gervasoni an der Mailänder TEMA-Akademie. Movio ist Gewinner der Streichquartett-Sparte beim 2012er Kom-positionswettbewerb „Towards the Next 100 Years“ am Wiener Konzerthaus, des Grazer internationalen Kompositionswettbewerbs „Franz Schubert und die Musik der Moderne“ 2011, des Antwerpener IVME International Composition Contest 2011 (zweimal 1. Preis in beiden Kategorien), der Kompositions-Sparte beim Luganer Gianni

siMone MoVio

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giaCinto sCElsi

Bergamo Classical Music Award 2007 und des Zweiten Internationa-len Kompositionswettbewerbs „Lied Unlimited“ bei den Hamburger Klangwerktagen 2007. Movios Werke wurden unter anderem am Wiener Konzerthaus, dem Espace de Projection am Pariser IRCAM, dem Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium, der Grazer Helmut- List-Halle, bei den Zürcher Tagen für neue Musik 2007 und bei den Hamburger Klangwerktagen 2007 von maßgeblichen Musikern und Ensembles aufgeführt (unter anderem Beat Furrer, Enno Poppe, Klangforum Wien, Szymanowski Quartet, ensemble recherche). Movio ist außerdem Gitarrist; sein Studium bei Francesco Romano am J.-Tomadini-Konservatorium in Udine schloss er 2003 mit Aus-zeichnung ab. Sein Hauptinteresse gilt dem Renaissancerepertoire und zeitgenössischer Musik.

Giacinto Scelsi: „L’Âme Ouverte“

Giacinto Scelsi ist ein Mythos der neuen Musik, die ihn freilich spät erst für sich entdeckte. Auch dann noch blieb der 1905 gebo-rene italienische Adlige ein biographisch nahezu inexistenter Komponist, was nicht zuletzt daran lag, dass lange Zeit nicht aus-gemacht schien, ob Scelsi, der „wie ein Meteorit in unsere Kultur eingeschlagen ist“ (Hans Zender), im emphatischen Sinne über-haupt Urheber seiner Kompositionen war oder ob dieses Verdienst eher seinen Transkribenten zustand, die Scelsis auf Tonband fest-gehaltene Improvisationen in Notenschrift übertrugen. (Vieri Tosatti etwa, der die meisten Stücke transkribierte, verkündete nach Scelsis Tod: „Giacinto Scelsi c’est moi“.) Scelsis Bedeutung verdankt sich der faszinierenden Insistenz, mit der er minimalen Veränderungen im Innenleben der Töne und Klänge nachsinnt und auf der Basis von Liegetönen archaisch eng umrissene Klangräume durchmisst. Rhythmische, dynamische, agogische und mikrointer-vallische Nuancen erzeugen dabei schwebende Vexierbilder, deren Aggregatzustände in suspendierter Zeit changieren und wie eine musikalische Allegorie der unio mystica, der mystischen Einswer-dung, wirken.

Unser nächster Sommernachtstraum wird spanisch.

Mit Lufthansa zu Europas Kultur- Metropolen

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Unser nächster Sommernachtstraum wird spanisch.

Mit Lufthansa zu Europas Kultur- Metropolen

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konzErt Es-dur rV 253

Das 1973 komponierte und 1984 uraufgeführte „L’Âme Ouverte“ („Die offene Seele“) ist zweiter Teil eines Werkpaars, dessen Pen-dant den Titel „L’Âme Ailée“ („Die geflügelte Seele“) trägt und sich innerhalb eines Sekundintervalls bewegt. „L’Âme Ouverte“ setzt diese Reduktion fort, indem es unter anderem die periodischen Schwebungsakzente, die beim gleichzeitigen Erklingen von Tönen mit geringstem Abstand entstehen (und die der Violinist gewissen-haft zu zählen hat), zum unterschwelligen Pulsschlag dieser sphä-rischen Studie macht. In „L’Âme Ouverte“ implodiert die extrover-tierte Violinvirtuosität Vivaldis gewissermaßen ins Schemenhafte – kaum lässt sich eine größere Distanz zwischen diesen zwei Arten des Umgangs mit der Violine denken. Doch das betrifft nur die „Außenseite“ der Komposition: Was beide Positionen eint, ist die Kühnheit ihrer Erkundungen.

Konzert Es-Dur RV 253

Auf einer solchen Erkundungsreise führt uns Vivaldi nun hinaus auf die offene See – mit einem jener programmatischen Violin-konzerte („La Tempesta di mare“ – „Der Seesturm“), für die Vivaldi besonders gefeiert wurde. Es stammt – wie auch die vier „Jahres-zeiten“-Konzerte – aus der 1725 unter der Opuszahl 8 veröffentlich-ten Sammlung mit dem Titel „Il cimento dell’armonia e dell’inven-tione“ („Das Wagnis/Der Streit von Harmonie und Erfindung“). Die stürmische See war eine allzeit drohende Gefahr für die ansonsten kaum bezwingbare Handelsmacht Venedig; aus gutem Grund hat Michael Talbot in diesem Zusammenhang auf die venezianische Selbstbezichtigung „Troppe teste, troppe feste, troppe tempeste“ („Zu viele Köpfe, zu viele Feste, zu viele Stürme“) hingewiesen.

aufg

ehor

cht um mehr tonhöheninterferenzen zu ermöglichen, sieht scelsi

für die Violine eine sogenannte skordatur (umstimmung) vor: a-e1-a1-e2 (statt herkömmlich: g-d1-a1-e2). auch Vivaldi hat sich mitunter der skordatur bedient, um die klanglichen Möglichkeiten zu erweitern.

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konzErt Es-dur rV 253

Dies mag auch der Grund sein, warum es noch ein weiteres Konzert mit demselben Titel gibt (das zudem noch in drei verschiedenen Fassungen vorliegt); freilich war der Seesturm auch in der franzö-

sischen Oper (und später auch in einer eigenen Oper Vivaldis, der 1732 urauf-geführten „La Fida Ninfa“) ein beliebtes Genrestück.Kann man im ersten Satz (Presto) des 1716/17 entstandenen Konzerts den aufgepeitschten Wellengang in wir-belnden Skalen und der zitternden Gischt der Tremoli gleichsam hautnah miterleben, so beruhigt sich das Geschehen im zweiten Satz (Largo), den Arnold Schering als rezitativische „Klage der Gestrandeten“ (Solovioline) samt dem „fernen Grollen der Bran-dung“ (Orchester) beschrieben hat. Nach einem jähen Abschluss führt das Finale erneut aufs Meer, das sich etwas ruhiger gibt als zu Beginn, aber immer noch genug Momentum aufweist, um

die Solovioline hochvirtuos auf wunderbaren Wellenkämmen reiten zu lassen.

Kurz

not

iert

„Wenn man eine sinfonie machen will, die unwetter und Wut ausdrückt, so bilden sie [die italiener] den Charakter derart vortrefflich ab, dass die Wirklichkeit oft nicht mit derselben stärke auf die seele wirkt; alles ist so lebendig, so klar und eindringlich, so voller Wucht, so mitreißend […] der geiger kann sich bei der ausführung nicht dagegen wehren, davon mitgerissen und von raserei ergriffen zu werden, er quält seine Violine, seinen körper, ist nicht mehr herr seiner selbst, bewegt sich wie ein Besessener – und er könnte gar nicht anders handeln“. (François raguenet, 1702).

titelblatt zu antonio ViValdis saMMlung oP. 8

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aurEliano CattanEo

Aureliano Cattaneo: „Estroso“

„Ich habe barocke Instrumente in mehreren meiner Werke verwen-det und sie mit modernen Instrumenten kombiniert. Mein Interesse an barocken Instrumenten beruht auf ihrer individuellen Klang-farbe, ihrem anderen Stimmsystem und ihrer ausgesprochen idio-matischen Geschichte. ‚Estroso‘ hat mehrere Bedeutungen: kreativ, aber auch unberechenbar oder fantasievoll. Das Stück ist eine Art verdichtetes Doppelkonzert, das in zwei Teile – schnell/langsam – gegliedert ist, getrennt durch eine furiose Kadenz der Violine. ‚Estroso‘ entfaltet sich aus dem hohen E und der Bariolage-Bogen-technik des Violinsolisten. Die fragilen Flageolettklänge treffen auf ein zerklüftetes, kontinuierlich bewegtes Meer, unterbrochen von rauen, scharfen Felsen. Ein Doppelgesang macht sich zart und unsicher auf den Weg in ein unbekanntes Land.“ (Aureliano Cattaneo)

Aureliano Cattaneo, 1974 in Italien geboren, studierte Klavier und Komposition bei Vincenzo Balzani, Carlo Landini, Pippo Molino und Sonia Bo in Piacenza und Mailand, außerdem besuchte er Meisterklassen von Gerard Grisey und Mauricio Sotelo. Zu den Preisen und Auszeichnungen, die er erhalten hat, gehören der För-derpreis des Musikpreises Salzburg (2013) und der „Premio Abbiati“

aureliano cattaneo

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konzErt E-Moll rV 550

für die besten Uraufführungen in Italien („Parole di settembre“ und „Insieme“, 2015). 2005 war Cattaneo Stipendiat der Berliner Akademie der Künste, 2007 Composer-in-Residence des Pariser Ensembles 2e2m. Seine Werke werden bei wichtigen Festivals und in bedeutenden Musikzentren aufgeführt, unter anderem Wien Modern, Musica Viva München, Warschauer Herbst, Elbphilhar-monie Hamburg, Wiener Konzerthaus, Museo Guggenheim Bilbao, Wigmore Hall London. Zu den Ensembles, die seine Werke auf-führen, gehören das SWR Sinfonie Orchester Baden-Baden und Freiburg, das WDR Sinfonieorchester, das Klangforum Wien und das Ensemble Intercontemporain; zu den Dirigenten seiner Werke zählen Sylvain Cambreling, Francois-Xavier Roth, Stefan Asbury, Susanna Mälkki, Beat Furrer, Johannes Kalitzke und Enno Poppe. Im Juni 2008 wurde sein erstes Orchesterwerk „Violinkonzert“ (im Original deutsch) im Konzerthaus Berlin von Viviane Hagner und dem Konzerthausorchester unter Leitung von Lothar Zagrosek uraufgeführt. Seit 2010 ist er Professor an der Escuela Superior de Musica de Catalunya in Barcelona.

Konzert e-Moll RV 550

Mit der 1711 gedruckten Sammlung von Konzerten für eine, zwei und vier Soloviolinen und Orchester op. 3 unter dem Titel „Estro Armonico“ (Harmonische Eingebung beziehungsweise Laune/Grille) machte Vivaldi in ganz Europa Furore. Was bislang nur in Abschrif-ten atemlos weitergereicht worden war, präsentierten sie nun in offi zieller und mustergültiger Fassung. (Auch Johann Sebastian Bach bearbeitete sechs dieser Konzerte für Orgel.) Der ungewöhn-lichen Zahl von vier Solisten entspricht die ebenso ungewöhnliche Zahl von vier (freilich teils sehr kurzen) Sätzen. Wiederum ist es der chromatische Quartgang im Bass, der den ersten Satz (Andante) ritornellartig bündelt und dessen „Klammer“ zu entrinnen den Solisten in imitativer Absprache nur zeitweise gelingt. (Bemerkens-wert freilich, dass in den Solopassagen nur jeweils zwei Soloviolinen zum Einsatz kommen.) Im Allegro assai schießen die Raketen nur

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MarCo stroPPa

so in die Höhe, um im kurzen, gerade einmal acht Takte währenden Adagio einem expressiven Innehalten zu weichen. In ausgelassener Beschwingtheit führt das Allegro-Finale zurück ins Diesseits eines aufgeräumten Viergesprächs samt orchestralem Akkompagnement.

Marco Stroppa: „Dilanio avvinto“

„Zwei Instrumente, eng miteinander verbunden, in widersprüchli-chem Tumult: Mal zerfetzen sie die Töne des anderen, mal begeis-tern sie einander. Ein drittes Instrument, das diesen Prozess aktiv beobachtet und schließlich in ihn verwickelt wird. Eine Mischung aus Leidenschaft und Zerfleischung. Der Titel [dt.: Gefesselt zerflei-sche ich] bezieht sich nicht nur auf den vorherrschenden Charakter der Musik, sondern ist auch ein Anagramm des Namens ‚Antonio Vivaldi‘.“ (Marco Stroppa)Der Komponist, Forscher und Dozent Marco Stroppa, 1959 in Verona geboren, studierte zunächst in Italien Klavier, Komposition, Chorleitung und Elektronische Musik. Auf Einladung von Pierre Boulez kam er 1982 nach Paris, um als Komponist und Forscher am IRCAM zu arbeiten. In den Jahren 1984 bis ’86 folgte ein Auf-enthalt am Massachusetts Institute of Technology in den USA, wo er Kognitive Psychologie, Informatik und Künstliche Intelligenz studierte. Von 1987 bis ’90 war er Direktor der Abteilung für musi-kalische Forschung des IRCAM. Diese Zusammenarbeit war von entschiedener Bedeutung für seinen musikalischen Werdegang und setzt sich bis heute fort. 1996 erhielt er den Kompositionspreis der Osterfestspiele in Salzburg. Im Sommer desselben Jahres zählte

Kurz

not

iert

„in Pirna bekam ich zu dieser zeit [1714] die Vivaldischen Violinkonzerte zum ersten Mal zu sehen. sie machten als eine damals gantz neue art von musikalischen stücken bey mir einen nicht geringen Eindruck. ich unterließ nicht, mir davon einen ziemlichen Vorrat zu sammeln. die prächtigen ritornelle des Vivaldi haben mir, in den künftigen zeiten, zu einem guten Muster gedient.“ (Johann Joachim Quantz)

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gioVanni solliMa

er zu den „Next Generation“-Komponisten bei den Salzburger Festspielen. 1987 gründete Marco Stroppa den Kompositions- und Computermusikkurs beim Internationalen Bartók Festival in Szombathely (Ungarn). Nach Lehrtätigkeiten am Conservatoire National Supérieur von Lyon und Paris ist er seit 1999 in der Nach-folge Helmut Lachenmanns Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. In seinem vielseitigen Schaffen, das Anregungen aus Dichtung wie Mythologie verarbeitet und oft durch engen Kontakt zu Interpreten wie Pierre- Laurent Aimard, Cécile Daroux, Florian Hölscher, Thierry Miroglio und Jean-Guihen Queyras initiiert ist, spielen Computermusik und Instrumentalkompositionen in Verbindung mit Live-Elektronik eine wichtige Rolle. 2012 kam seine erste Oper „Re Orso“ an der Pariser Opéra comique zur Uraufführung.

Giovanni Sollima: „Moghul“

„‚Moghul‘ ist ein kurzes Stück, dessen Titel von zwei Werken Anto-nio Vivaldis inspiriert ist: dem ‚Grosso Mogul‘-Violinkonzert und dem kürzlich aufgefundenen ‚Gran Mogul‘-Flötenkonzert“, schreibt Giovanni Sollima. „In meiner Komposition gibt es keine Zitate, die

Marco stroPPa

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gioVanni solliMa

sich auf Vivaldis Musik beziehen, wohl aber auf das Sujet, das exotisch und mir nicht ganz fremd ist … Ich bin Sizilianer, und in Sizilien lassen sich schnell jegliche Art von Wurzeln und Ablage-rungen anderer Kulturen finden: Wiegenlieder, Geschichten, Reime, Sagen, Düfte, Beschwörungen, Namen, Essen, Tanz. Manches davon

ist in ‚Moghul‘ enthalten, einer Art ‚Siciliana‘ in Gestalt eines Rocksongs und, vor allem, mit der eindringlichen und aktuellen Darstellung einer Welt, die sich voller Hoffnungen und Träume von Ost nach West bewegt und die wir heute täglich – unbewaffnet oder politisch unbeholfen und kontrovers – in der Zeitung oder im wirklichen Leben sehen.“Giovanni Sollima, 1962 in Palermo geboren, studierte in seiner Heimat-stadt, Salzburg und Stuttgart. In jungen Jahren bereits genoss er eine außer-ordentlich erfolgreiche internationale Karriere als Cellist und arbeitete dabei unter anderem mit Claudio Abbado, Martha Argerich, Jörg Demus und Giuseppe Sinopoli zusammen. Neben seiner Solistenkarriere erkundet er mit kreativer Neugier Randgebiete des Komponierens und hat einen unverkennbaren Stil entwickelt, der

sich zwischen den Genres tummelt: Minimalismus, Rockmusik, elektronische Musik, folkloristische Traditionen des gesamten Mittelmeerraums, dazu Echos alter Musikkulturen und des Barock, das Ganze auf der Grundlage einer gründlichen klassischen Aus-bildung. Seine Werke werden von „klassischen“ Musikern wie Yo-Yo Ma, Riccardo Muti, Antonio Pappano, Daniele Gatti, Gidon Kremer und der Kremerata Baltica, Iván Fischer, Mischa Maisky, Viktoria

gioVanni solliMa

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konzErt d-dur rV 208

Mullova, Yuri Bashmet und den Moscow Soloists, Sol Gabetta, Katia und Marielle Labeque, dem Chicago Symphony Orchestra, Il Giardino Armonico, der Accademia Bizantina, dem Royal Concert-gebouw Orchestra, dem Budapest Festival Orchestra, dem Berliner Konzerthausorchester und der Amsterdam Sinfonietta sowie von Pop- und Jazz-Stars wie Patti Smith, Larry Coryell, Stefano Bollani und Elisa (die Protagonistin seiner 2002 komponierten Oper „Ellis Island“) aufgeführt. Außerdem schreibt er Filmmusik für Regis-seure wie Peter Greenaway und Carlos Saura, Schauspielmusik für Robert Wilson, Alessandro Baricco und Peter Stein sowie Musik für Tanzproduktionen. Im Auftrag der Stadt Mailand komponierte er das Klangemblem für die „Expo 2015“.

Konzert D-Dur RV 208

Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert waren die Großmoguln die Herr-scher Indiens, und das exotische Flair, das das „Abendland“ mit ihnen verband und in ihnen symbolisierte, schlug sich auch in der Musik nieder; Henry Purcell etwa komponierte 1692 Musik zu dem Schauspiel „Aureng-Zebe, or The Great Mogul“. Warum Vivaldis frühes Konzert den Titel „Il Grosso Mogul“ („Der Großmogul“) trägt, ist freilich nicht belegt – vielleicht wurde es zusammen mit einem Schauspiel uraufgeführt, das in Indien spielte oder die Rolle eines Großmoguls aufwies? (Vivaldi griff ein solches Schauspiel – Dome-nico Lallis „Il Gran Mogol“ – 1730 für seine Oper „Agrippo“ auf); ein unlängst entdecktes Flötenkonzert („Gran Mogul“, RV 431a) zeugt von der Bedeutung, die dieses Sujet für Vivaldi hatte. Nach majestätischem Beginn bringt sich die Violine mit Doppel-griffpassagen ins Spiel, um höchste Höhen zu erklimmen. In einem rezitativischen Mittelsatz (Grave), holt sie zu weiten, expressiv sich aufbäumenden Exkursionen aus und durchmisst dabei auch die Randgebiete der bekannten Welt – vielleicht war dieser „Exotismus“ Namensgeber des Konzerts? In einem prunkvollen D-Dur-Finale (Allegro), das jedwedem Herrscher Freude gemacht hätte, erhebt Vivaldi „seine“ Violine ein weiteres Mal zur Königin der Instrumente.

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MitWirkEndE

Im PorträtIl gIardIno armonIcowurde 1985 gegründet und hat sich längst als eines der führenden Originalklang-Orchester etabliert. Das Repertoire des von Giovanni Antonini geleiteten Ensembles konzentriert sich besonders auf Werke des 17. und 18. Jahrhunderts. Je nach Anforderung des Pro-gramms reicht die Besetzung von drei bis dreißig Instrumentalisten. Il Giardino Armonico wird regelmäßig zu Festivals auf der ganzen Welt eingeladen, tritt in den großen Konzerthäusern auf und wird für Konzerte ebenso gefeiert wie für seine Opernproduktionen, darunter Monteverdis „Orfeo“, Händels „Agrippina“, Vivaldis „Ottone in villa“ und Händels „Giulio Cesare in Egitto“. Nach vielen Jahren beim Label Teldec Classics mit zahlreichen preisgekrönten Aufnahmen unterzeichnete Il Giardino Armonico einen Exklusiv-vertrag bei Decca/L’Oiseau-Lyre. Hier erschienen Händels Concerti grossi und die Kantate „Il pianto di Maria“ mit Bernarda Fink. 2009 führte eine Zusammenarbeit mit Cecilia Bartoli zu dem Pro-jekt „Sacrificium“ mit einer preisgekrönten CD-Veröffentlichung bei Decca und einer ausgedehnten Europa-Tour. Das Ensemble arbeitet mit renommierten Solisten wie Giuliano Carmignola, Christophe Coin, Katia und Marielle Labèque, Bernarda Fink, Viktoria Mullova und Cecilia Bartoli. Im November 2014 erschien die erste CD der Gesamteinspielung der Haydn-Sinfonien mit dem Titel „La Passione“; im Mai 2015 folgte mit „Il Filosofo“ die zweite CD. Für das auf 20 Jahre angelegte Projekt „Haydn 2032“ wurde die Joseph Haydn Stiftung Basel gegründet, die die CD-Aufnahmen und Konzerte in vielen europäischen Städten unterstützt. Im Oktober 2015 gewann „La Passione“ einen „ECHO Klassik“; „Il Filosofo“ wurde von Classica mit einem „Choc de l’Annee“ ausgezeichnet.

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MitWirkEndE

erste VIolIne Stefano Barneschi (Konzertmeister), Fabrizio Haim Cipriani, Ayako Matsunaga, Liana Mosca

ZweIte VIolIne Marco Bianchi (Stimmführer), Angelo Calvo, Francesco Colletti, Fabio Ravasi

VIola Renato Burchese (Stimmführer), Maria Cristina Vasi

VIoloncello Marcello Scandelli (Stimmführer), Elena Russo

Kontrabass Giancarlo De Frenza

blocKflöte Giovanni Antonini

theorbe Michele Pasotti

cembalo Riccardo Doni

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MitWirkEndE

gIoVannI antonInIwurde in Mailand geboren und studierte an der Civica Scuola di Musica sowie am Centre de Musique Ancienne in Genf. Er ist Gründungsmitglied des Ensembles Il Giardino Armonico, welches er seit 1989 leitet. Konzertreisen führten ihn und das Ensemble in

alle großen und bedeutenden Konzert-säle der Welt. Er arbeitete mit nam-haften Künstlern wie Cecilia Bartoli, Giuliano Carmignola, Isabelle Faust, Sol Gabetta, Patricia Kopatchinskaja, Katia und Marielle Labèque, Viktoria Mullova und Giovanni Sollima zusammen und feierte als Gastdiri-gent Erfolge mit den Berliner Philhar-monikern, dem Concertgebouworkest Amsterdam, London Symphony, Chi-cago Symphony, dem Tonhalle Orches-ter Zürich sowie an renommierten Opernhäusern wie der Mailänder Scala und dem Opernhaus Zürich. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit

verbindet Giovanni Antonini als Ersten Gastdirigenten mit dem Kammerorchester Basel und dem Mozarteum Orchester Salzburg. Seine umfangreiche Diskografie umfasst Aufnahmen für Teldec, Decca, Sony BMG, Naïve, Harmonia Mundi und Alpha. Sie wird erweitert durch die Einspielung der kompletten Sinfonien von Joseph Haydn für das Projekt „Haydn 2032“ , dessen künstlerische Leitung Giovanni Antonini innehat. Ebenfalls als künstlerischer Leiter wird er im Rahmen des Wratislavia Cantans Festival (www.wratislaviacantans.pl) zu erleben sein.

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MitWirkEndE

PatrIcIa KoPatchInsKajawurde 1977 im moldawischen Chisinau in eine Musikerfamilie geboren. Sie studierte Komposition und Violine in Wien und Bern, wo sie ihr Studium bei Igor Ozim abschloss. Ihr weitgefächertes Repertoire reicht von Barock und Klassik bis hin zu Auftragskom-

positionen und der Interpretation zeit-genössischer Musik. Die Saison 2018/19 begann Patricia Kopatchinskaja mit ihrem Debüt beim Orchestre Sympho-nique de Montréal unter Kent Nagano sowie Auftritten beim Bayerischen Staatsorchester unter Kirill Petrenko und einer Europatournee mit dem Kammerorchester Basel und Heinz Holliger. Des Weiteren wird sie Schön-bergs Violinkonzert mit den Berliner Philharmonikern zur Aufführung bringen und mit Peter Eötvös’ „Seven“ ihr Debüt beim Cleveland Symphony Orchestra geben. Im Zentrum der Sai-son steht darüber hinaus ihre Ausein-

andersetzung mit Tschaikowskys Violinkonzert, das sie sowohl mit dem Los Angeles Philharmonic und dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter der Leitung von Mirga Gražinyte-Tyla als auch mit Teodor Currentzis und MusicaAeterna auf Tournee in Japan spielt. Mit ihrer Duopartnerin Polina Leschenko hat Patricia Kopatchinskaja gerade das Album „Deux“ veröffentlicht, welches die beiden auch auf Tournee in Japan und den USA präsentieren werden. Höhepunkte der vergangenen Saison waren die Weltpre-miere ihres neuen Projekts „Dies Irae“ beim Lucerne Festival, wo sie Artiste étoile war; die Nordamerika-Premiere erfolgte beim Ojai Music Festival, dessen Künstlerische Leiterin Kopatchinskaja in diesem Sommer war. Für ihre Einspielung „Death and the Maiden“ wurde sie 2018 als Artistic Partner des Saint Paul Chamber Orchestra ausgezeichnet. In der Saison 2016/17 war Patricia Kopatchinskaja Artist in Residence am Konzerthaus Berlin.

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Vorankündigung

Vorankündigungdonnerstag 24.01.201920.00 uhr · kleiner saal

gIulIano carmIgnola Violine und Leitungmarco testorI VioloncellorIccardo donI Cembalojadran duncumb LauteSonaten von Nicola Porpora, Antonio Vivaldi, Giuseppe Tartini, Arcangelo Corelli und Francesco Veracini

dienstag 05.02.201920.00 uhr · großer saal

caPPella andrea barcasIr andrás schIff KlavierWolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester B-Dur KV 450; Sinfonie Es-Dur KV 543; Konzert für Klavier und Orchester G-Dur KV 453

iMPressuM

herausgeber konzerthaus Berlin, intendant Prof. dr. sebastian nordmann · text horst a. scholz · redaKtion andreas hitscher · KonzePtion und gestaltung Meta design ag · abbildungen archiv konzerthaus Berlin (2), roberto Masotti (2), Manu theobald, katarina gurska, gian Maria Musara, kemal Mehmet girgin, Marco Borggreve · satz, reinzeichnung und herstellung rEihEr grafikdesign & druck · gedruckt auf recyclingpapier · Preis 2,50 ¤

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