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Abschlußbericht
Verbundvorhaben im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunktes: „Innovationen als Schlüssel für Nachhaltigkeit in der Wirtschaft“
Herstellung hochwertiger Produkte für den Textil-, Hygiene- und
Medizinbereich durch adaptierte, nachhaltige Weiterentwicklung der
Cellulosecarbamat-Technologie Förderkennzeichen: 01RI0646 Ausführende Stellen:
FKZ 01RI0646A (Projektleiter: Dr. Frank Hermanutz) Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Stuttgart (DITF) Institut für Textilchemie und Chemiefasern (ITCF), Körschtalstr. 26 73770 Denkendorf FKZ 01RI0646C (Projektleiter: Dr. Nils Schröder) Dow Wolff Cellulosics GmbH August-Wolff-Str. 13, 29699 Bomlitz FKZ 01RI0646D (Projektleiter: Dr. Ingo Berndt) Kelheim Fibres GmbH Regensburger-Str. 109, 93309 Kelheim FKZ 01RI0646E (Projektleiter: Juergen Heck) Techtex GmbH Viersener-Str. 18, 09648 Mittweida FKZ 01RI0646F (Projektleiter: Hans-Peter Grosch) Triumph International AG Haupt-Str. 80, 73540 Heubach FKZ 01RI0646H (Projektleiter: Dr. Hagen Hohmuth) Eswegee Vliesstoff GmbH Fabrikzeile 21, 95028 Hof
Institut für Textilchemie und Chemiefasern der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf Körschtalstraße 26 D-73770 Denkendorf Direktor: Prof. Dr. Michael R. Buchmeiser
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INHALTSVERZEICHNIS
SEITE
1. Einleitung und Aufgabenstellung 3
2. Gesamtziel des Vorhabens 4
2.1 Teilaufgabe ITCF-Denkendorf 5
2.2 Bezug des Vorhabens zu den förderpolitischen Zielen/Umwelt- 6
relevanz
3. Planung und Ablauf des Vorhabens 7
3.1 Produktion von Carbamat nach dem DITF- Verfahren im 7
Technikumsmaßstab für Spinnversuche und Weiterverarbeitungstests
3.2 Weiterverarbeitungsversuche zum Ausloten aller möglichen Vorteile 9
der CC-Fasern und Herstellung von Flächengebilden
3.3 Kooperation mit Betrieben der Textilveredlungsindustrie 9
4. Stand der Technik 10
5. Ergebnisse des Projektes 12
5.1 Carbamatsynthese im 2 kg-Maßstab 12
5.2 Upscaling der Carbamatsynthese 18
5.3 Verspinnen von Cellulosecarbamat 25
5.3.1 Herstellung der Spinnlösung 25
5.3.2 Rheologische Charakterisierung der Lösungen 26
5.3.3 Spinnversuche 29
5.4 Veredlung von Carbamatspinnfasern 31
5.4.1 Carbamatspinnfasern in Vorbehandlungsprozessen 33
5.4.1.1 Verhalten in alkalischem Milieu 33
5.4.1.2 Carbamatspinnfasern in der Peroxidbleiche 35
5.4.2 Carbamatspinnfasern neuer Versuchsserien 36
5.4.2.1 Färbeeigenschaften 36
5.4.2.2 Laugierung /Mercerisation 40
5.4.2.3 Verhalten in Heißprozessen 42
5.4.3 Einfluss von Reststickstoff und Verstreckung auf die Färbeeigen- 44
schaften
5.4.3.1 Eigenschaften der Carbamatspinnfasern 44
5.4.3.2 Färbeverhalten 46
5.4.3.3 Vergleich Carbamat- und Cupro-Faser im REM 49
5.4.5 Kooperation mit Textilveredlungsbetrieben 51
6. Zusammenfassung, Verwertbarkeit der Ergebnisse 52
7. Fortschritte anderer Stellen mit Bezug zum Forschungsprojekt 52
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1. Einleitung und Aufgabenstellung
Aufgrund der mit der Verknappung fossiler Rohstoffe verbundenen jüngsten
Preissteigerungen von Synthesefasern, die aus petrochemischen Rohstoffen
hergestellt werden (Polyolefine, Polyester, Polyamide etc.), haben Fasern aus
natürlich nachwachsenden Rohstoffen mittlerweile wieder eine sehr wichtige
Bedeutung für zukünftige Faserentwicklungen. Mit großem Abstand wichtigster
natürlicher Rohstoff ist die Cellulose, hauptsächlich gewonnen aus verschiedenen
Hölzern. Nach Delignifizierung, einer geeigneten Derivatisierung und dem Lösen der
Cellulosederivate können verschiedenste Fasern gesponnen werden, die im
Spinnbad zu Cellulosefasern regeneriert werden (Regeneratfasern). Aus diesen
Fasern können funktionelle und hochwertige Produkte für den Textilsektor und die
Bereiche Medizin, Hygiene und technischer Textilien hergestellt werden.
Das wichtigste Verfahren zur Herstellung von Celluloseregeneratfasern das
Viskoseverfahren hat aber den entscheidenden Nachteil, dass die Herstellung von
starken Umweltbelastungen begleitet ist: Das Verfahren ist charakterisiert durch
schwer zu kontrollierende Nebenreaktionen von Schwefelkohlenstoff mit Natronlauge
und die Freisetzung von Schwefelwasserstoff und Schwefelkohlenstoff. Durch die
stetig fallenden Grenzwerte für Schwefelkohlenstoff und Schwefelwasserstoff steigen
die Kosten und der Aufwand überproportional, weshalb alte Anlagen aus
wirtschaftlichen Gründen nicht nachgerüstet werden. Diese Faktoren können dazu
führen, dass die Produktion und damit das gesamte Know-how des wichtigen
Faserrohstoffes aus Europa und vor allem aus Deutschland verschwindet. Dies hätte
erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die gesamte viskosefaserverarbeitende
Folgeindustrie.
Die Suche nach alternativen Löse- und Spinnverfahren hat bereits zu interessanten
Ergebnissen geführt [1-4]. Ein technischer Ansatz ist, Cellulose in einem
Direktlösemittel aufzulösen und bei der Faserherstellung auszufällen. Besonderes
geeignet und umweltfreundlich ist das Lösemittel N-Methyl-Morpholin-N-oxid
(NMMO). Das entwickelte NMMO-Verfahren liefert Fasern (Lyocell) mit hoher
Kristallinität und Festigkeit, deren Eigenschaften allerdings verfahrensbedingt kaum
variiert werden können. Als nachteilig für wesentliche Anwendungsbereiche hat sich
die starke Fibrillierneigung dieses Fasertyps erwiesen. Lyocellprodukte konnten
bisher textile Viskosequalitäten und damit das Viskoseverfahren aufgrund der
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erzielten Eigenschaftsspektren der Fasern nicht ersetzten. Obwohl das Verfahren
bezüglich des Chemikalieneinsatzes und des Lösemittelrecyclings sehr vorteilhaft ist,
sind aufgrund der Reaktivität und der begrenzten Stabilität des N-Oxides erheblich
technische Anforderungen zu erfüllen und hohe Investitionen zu tätigen. Vorhandene
Anlagen anderer Technologien zur Celluloseregeneratfaserherstellung können nicht
auf das Lyocellverfahren umgestellt werden.
In den 70er Jahren wurde ein alternatives Verfahren, das sogenannte
Carbamatverfahren vorgestellt, das vollständig auf den Einsatz von
Schwefelkohlenstoff verzichtet und damit das Schadstoffproblem prinzipiell löst. In
vorangegangenen Arbeiten [5] ist es am ITCF gelungen eine neue kostengünstige
Carbamatsynthese zu entwickeln, die sich durch besonders gute
Produkteigenschaften auszeichnet. Diese Eigenschaften, vor allem die
ausgezeichnete Löslichkeit und Quellbarkeit bei der Verarbeitung, wird durch eine für
das ITCF-Verfahren charkteristische Derivatisierung im intrakristallin gequollenen
Zustand der Cellulose erreicht, die zu vollständig dekristallisierten Produkten mit
homogener Substituentenverteilung führt. Dies ist ein entscheidender technischer
Unterschied zu den bisherigen Carbamatsynthesen, die zu ganz anderen Carbamat-
Produkteigenschaften führen.
Im Rahmen eines BMBF-Projektes im Förderschwerpunkt „Integrierter Umweltschutz
in der Textilindustrie“ wurde diese Synthesevariante weiterentwickelt [6,7]. Die
Carbamatsynthese nach dem ITCF-Verfahren wurde im Rahmen des Projektes am
ITCF im kleintechnischen Maßstab (5 kg/batch) bezüglich der Verfahrensökonomie,
der Nebenproduktbildung (Ökologie) und der Carbamatrohprodukteigenschaften
(Löslichkeit, Lagerfähigkeit) optimiert und ausgereift.
Es konnte in einer Kooperation zwischen dem Maschinenbauer Zimmer AG und den
Instituten ITCF Denkendorf und Fraunhoferinstitut IAP gezeigt werden, dass das
Carbamatverfahren zur Herstellung von Cellulosefasern sowohl ökonomisch als auch
maschinentechnisch konkurrenzfähig zum bestehenden Viskoseverfahren ist [7]. Im
Mittelpunkt der Arbeiten stand die Entwicklung der umweltfreundlichen
Maschinentechnik zur Herstellung einer Faserqualität, die Viskosefilamentgarne
ersetzten sollte. Diese Technik sollte in vorhandene Viskoseanlagen integriert und
damit vor Ort die Viskosetechnologie auf das Carbamatverfahren umgestellt werden
(Revamp). Obwohl technisch möglich, scheiterte dieser Ansatz an der Durchführung
der Carbamatsynthese vor Ort. Es konnte kein Faserhersteller gefunden werden, der
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im großen Umfang eine Carbamatsynthese aufgrund der fehlenden Expertise und
Syntheseanlagen durchführen konnte.
Aufgrund der Stabilität des Cellulosecarbamates kann die Synthese zentral bei
einem auf Cellulosederivatisierung spezialisierten Unternehmen erfolgen. Hier kann
das Nebenprodukt Ammoniak (pro kg Cellulosecarbamat entstehen ca. 100 g
Ammoniak) gezielt einer weiteren Verwertung zugeführt werden.
Bei der Faserherstellung kann auf die vorhandene Technologie von der
Viskoseherstellung zurückgegriffen werden: Die Lösung erfolgt in Natronlauge, die
Koagulation in Schwefelsäure, die Regenerierung im alkalischen Waschbad. Da
keine Spinnbadadditive notwendig sind, entstehen bei der Faserherstellung
Natriumsulfat und Ammoniumsulfat die mit vorhandener Technologie verwertet
werden. Die im Vergleich zum NMMO-Verfahren erhöhten Chemikalienverbräuche
und Rückgewinnungskosten werden durch sehr geringe Investmentkosten
kompensiert.
Die Entwicklung neuer Celluloseregeneratfasern stellt eine Schlüsselinnovation zur
Herstellung hochwertiger Produkte nicht nur für Bekleidungstextilien und technische
Textilen, sondern auch im Medizin- und Hygienebereich dar. Im Rahmen des
Projekts soll eine nachhaltige Verbesserung der ökologischen Situation der
industriellen Cellulosefaserherstellung erreicht werden. Der Projektansatz hat zudem
ein hohes technisches und wirtschaftliches Umsetzungspotenzial bei entsprechender
Anwendungsbreite der zu entwickelnden Produkte.
1.2 Bezug des Vorhabens zu den förderpolitischen Zielen
Von den Entwicklungsarbeiten können unterschiedliche Industriebereiche profitieren.
Die Breite reicht von klassischen Chemie- und Zellstoffbetrieben
(Carbamatsynthese), über Faserhersteller bis hin zu klein- und mittelständischen
Betrieben der Faserweiterverarbeitung zu Produkten mit hoher Anwendungsbreite
und Innovationspotenzial. Hierzu zählen Produkte für den Medizinsektor,
Hygieneartikel, hochsaugfähige Vliesstoffe, aber auch klassische Garne und Gewebe
die zu neuen Funktionstextilien und technischen Textilien konfektioniert werden
können.
Das Vorhaben ist nachhaltig und hat hohe Umweltrelevanz, da sämtliche bei der
Carbamatsynthese und bei Faserherstellung eingesetzten Produkte, hauptsächlich
Zellstoff und Harnstoff, unbedenklich sind und auf nachwachsenden Rohstoffen
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basieren. Die zur Synthese notwendigen Prozesschemikalien, wie Methanol und
Natronlauge, werden recycliert und wieder eingesetzt. Im Unterschied zum
Viskoseverfahren kann bei der Carbamatfaserherstellung vollständig auf den Einsatz
von Schwefelverbindungen und Abluftreinigungsanlagen verzichtet werden. Eine
Belastung des Arbeitsplatzes mit gasförmigen Giftstoffen ist ausgeschlossen.
Durch die enge Zusammenarbeit zwischen den Instituten und den Industriepartnern
wird die Entwicklung neuer innovativer Produkte ermöglicht. Mit diesen Produkten
eröffnen sich für verschiedene Branchen erhebliche Marktchancen, die zur
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Schaffung von Arbeitsplätzen
beitragen.
2. Gesamtziel des Vorhabens, Teilaufgaben der Partner
Die Forschungsarbeiten gliedern sich in fünf Forschungsschwerpunkte:
1. Upscaling und Optimierung der Synthese des Cellulosecarbamates auf
Pilotproduktionsmaßstab; (ITCF-Denkendorf, Wolff Cellulosics)
2. Herstellung von Cellulosecarbamatstapelfasern im erweiterten
Technikumsmaßstab unter Produktionsbedingungen; (ITCF-Denkendorf,
Kelheim Fibres)
3. Weiterverarbeitung der Cellulosecarbamatstapelfasern zu Garnen,
Maschenwaren, Webwaren und Vliesstoffen (Lohmann & Rauscher,
Techtex Vliesstoffe, Eswegee)
4. Musterherstellung für innovative Endprodukte (Triumph, Lohmann &
Rauscher, Techtex, Eswegee)
5. Prüfung und Optimierung der Gebrauchstauglichkeit der hergestellten
textilen Flächengebilde für den Einsatz im Medizin-, OP-, Hygiene-,
Automobil- und Komfortbereich (BPI Hohenstein)
Die genauen Kenntnisse der Syntheseparameter und des Reaktionsverlaufs bei der
Carbamatsynthese nach dem ITCF-Verfahren sollen nun angewandt werden, um
Cellulosecarbamat als Rohstoff für die Faserherstellung halbtechnisch bei Wolff
Cellulosics herzustellen. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen ITCF und
Wolff Cellulosics. Entscheidend ist hierbei der Technologietransfer der
Carbamatsynthese. Kelheim Fibres liefert für die Synthese den Zellstoff und führt die
Herstellung der Alkalicellulose durch (Aktivierungsstufe). Ziel ist die Synthese auf
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einen Maßstab von 500 kg/batch zu erweitern. Die Cellulosecarbamate sollen
bezüglich ihrer molekularen Eigenschaften (DP, DS), Kristallinität und
Substituentenverteilung charakterisiert werden. Die Eigenschaften sollen über
Parametersätze so einstellbar werden, dass vorgegebene Fasertypenmuster
hergestellt werden können. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen ITCF,
Wolff Cellulosics und Kelheim Fibres vorgesehen.
Das für eine breite Anwendungsbasis notwendige Verfahren zur Herstellung von
Stapelfasern soll ausgehend von den Erfahrungen im Nassspinntechnikum des ITCF
(Kapazität 100 g Faser/h) in Kooperation mit dem Celluloseregenratfaserhersteller
Kelheim Fibres zunächst am ITCF auf einen Maßstab von 1 kg/h erweitert und dann
über einen Technologietransfer auf eine Pilotanlage am Standort Kelheim mit einer
Produktionskapazität von 5 kg/h übertragen werden. Auf dieser Anlage sollen
sämtliche Herstellungs- und Verfahrensparameter der unterschiedlichen
Stapelfaserqualitäten erarbeitet werden, die von den Faserverarbeitern gefordert
werden. Hierzu zählen u.a. unterschiedliche Faserfeinheiten (1,3 – 4,5 dtex
Einzelfilamenttiter), Faserlängen, Faserfestigkeiten sowie die variable Einstellung
des Sorptionsvermögens (WRV 85% - 200%). Die Versuche sind so angelegt, dass
die Ergebnisse in Folge direkt auf die Produktionsstraße übertragbar sind. Die
entsprechenden Faserprofile sollen in Abhängigkeit vom Produkteinsatz aufgestellt
und charakterisiert werden. Die für die Faserherstellung notwendigen
Cellulosecarbamatrohprodukte werden vom ITCF (Mengen bis 30 kg für
Spezialprodukte) und Wolff Cellulosics (Gesamtmenge bis 1000 kg vorwiegend
Standardqualitäten) synthetisiert, gereinigt und lagerfähig für die Lösungs- und
Faserherstellung bereitgestellt.
Die von Kelheim Fibres gelieferten Stapelfaserqualitäten werden bei Eswegee zu
Garnen mit verschiedener Feinheit versponnen. Hierzu soll ein Spinnverfahren auf
der Produktionsspinnanlage entwickelt werden. Ziel ist es, zusammen mit ITCF und
BPI, die Garnqualitäten an die Anforderungen der Web- und Maschenwarenhersteller
anzupassen.
Bei Techtex und Eswegee werden aus den Stapelfasern nach verschiedenen
Verfahren Vliesstoffe (Nadelvlies, Thermovlies, Bindervlies, Multiknit, Malivlies) für
die Endprodukte Medizintextilien, Hygieneprodukte und technische Textilien
hergestellt. Dies soll in enger Rückkopplung mit dem BPI erfolgen.
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Die vom Garnhersteller gelieferten Garne verschiedener Feinheit werden zu
Geweben und Maschenwaren (Triumph) verarbeitet, die zu innovativen
Endprodukten konfektioniert werden (Triumph, Lohmann & Rauscher).
Darüber hinaus ist es am ITCF erstmals gelungen, aus Cellulosecarbamat
Beschichtungen herzustellen [20,21]. Diese Möglichkeit der Cellulosebeschichtung
auf Maschenwaren und Geweben verschiedener Substrate (Baumwolle, Polyester,
Polypropylen und Polyamid) führt zu funktionalen Produkten. Im Medizinbereich
sollen atmungsaktive Barrierebeschichtungen für OP-Bekleidungen auf Basis von
Baumwolle und Polyestermikrofilament entwickelt werden (Lohmann & Rauscher). Im
Sportunterwäsche- und Trikotagenbereich sollen atmungsaktive Beschichtungen auf
Polypropylen und Polyamid zur Verbesserung des Tragekomforts entwickelt werden
(Triumph).
Die Bestimmung der Gebrauchstüchtigkeit (product performance), physiologische
Tests und die Prüfung auf Eignung im Medizinsektor werden am BPI durchgeführt.
3. Stand der Technik
Die Darstellung alternativer Verfahren zur Celluloseregenratfaserherstellung wurde in
der Einleitung zu Punkt 1 behandelt. Dieser Abschnitt konzentriert sich auf
projektspezifische Entwicklungsarbeiten zum Cellulosecarbamat.
Nachdem in den 30er Jahren erstmals in zwei US-Patenten [8,9] die Herstellung von
alkalilöslichem Cellulosecarbamat durch Umsetzung von Cellulose mit Harnstoff in
der Hitze erwähnt wurde, erschienen in den 60er und 70er Jahren Veröffentlichungen
[10,11], in denen einige grundlegende Angaben zu Herstellung, Struktur und
Eigenschaften von Cellulosecarbamat publiziert wurden. Seit Ende der 70er Jahre
wurden zunächst von der Neste Oy in Finnland [12] und später von weiteren Firmen
und Instituten Möglichkeiten der Herstellung von alkalilöslichem Cellulosecarbamat
und die Verformung der alkalischen Cellulosecarbamatlösungen zu Fasern, Folien
und anderen Formgebilden untersucht und in zahlreichen Patenten sowie einigen
publizierten Vorträgen [13 – 17] beschrieben.
Aufbauend auf verschiedenen Synthese- und Verfahrenspatenten [5,17] wurde in
zwei BMBF-Projekten [6,7] in einer Kooperation der Lurgi Zimmer AG, dem ITCF-
Denkendorf und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) die
Carbamatsynthese nach den verschiedenen Verfahren bezüglich der
Verfahrensökonomie und -ökologie und der Carbamatrohprodukteigenschaften
(Löslichkeit, Lagerfähigkeit) optimiert und ausgereift. Es konnte gezeigt werden, dass
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das Carbamatverfahren zur Herstellung von Cellulosefilamentfasern sowohl
ökonomisch als auch maschinentechnisch zum bestehenden Viskoseverfahren
konkurrenzfähig ist. Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Carbamatsynthese
nach dem ITCF-Verfahren wurde eine detaillierte Stoff Energie-Bilanz erarbeitet und
eine Kostenschätzung im Vergleich zum Viskoseverfahren durchgeführt.
Als Basis der Bilanzierung wurde 1kg Cellulose (trocken) und ein Cellulose /
Harnstoff- Verhältnis von 1 : 4 angesetzt. Entstehende Nebenprodukte wurden
aufgefangen und die Menge analytisch bestimmt. Die Stoffbilanz der
Carbamatsynthese ist im Folgenden als Blockdiagramm dargestellt.
Auf Basis der Stoffbilanz der Carbamatsynthese nach dem ITCF-Verfahren wurden
Produktionskosten für die Carbamatfaser (Revamp vorhandener Viskoseanlagen) im
Vergleich zum Viskoseverfahren (mit Sulfox-Reinigung) berechnet. Danach belaufen
sich die Kosten für Roh- und Hilfsstoffe pro Tonne Faser beim Viskoseverfahren auf
1060 € und beim Carbamatverfahren mit ITCF-Synthese vergleichbar auf 1100 €.
Alkalicellulose • 1000 g
Cellulose • 500 g NaOH • 1500 g
30kg Methanol 29 kg Methanol 445 g NaOH 1400g Wasser Ca. 40 g Hemicel
3 kg Harnstoff / Biuret 50 g NH4Ac 58 kg Wasser
Synthese • 950 g
Cellulose • 2000 g
Methanol
4 kg Harnstoff 260 g Ammoniak 2000 g Methanol 100 g Wasser
Aufarbeitung • 1030 g CC • ca. 3kg
Harnstoff
60 kg Wasser 100 g HAc
1 kg Carbamat / 2 kg Wasser
- 10 -
Diese Kosten sind weitgehend vom eingesetzten Zellstoff dominiert. Allerdings
werden hierbei beim Carbamatverfahren keine umweltgefährdenden Rohstoffe wie
Schwefelkohlenstoff oder Zinksulfat eingesetzt.
Die Kosten für Energie belaufen sich beim Viskoseverfahren nach neuesten
Berechnungen auf 1350 €/t und beim Carbamatverfahren auf 1050 €/t. Damit sind
die Gesamtproduktionskosten des Carbamatverfahrens wesentlich kostengünstiger
als beim Viskoseverfahren und damit auch gegenüber dem Lyocellverfahren
konkurrenzfähig. Eine detaillierte Produktionskostenanalyse im Vergleich zum
Lyocellverfahren kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht durchgeführt werden, da dies erst
nach Upscaling der Carbamatsynthese möglich ist und dann erst erfolgen wird.
Wie bereits erläutert basieren diese Berechnungen auf einem Revamp vorhandener
Viskoseanlagen mit der Carbamatsynthese beim Faserhersteller. Bei der in diesem
Projekt durchgeführten örtlichen Trennung von Carbamatsynthese und
Faserherstellung werden sind weitere Produktionskostenvorteile zu erwarten.
Am ITCF wurden die Weiterverarbeitungseigenschaften in grundlegenden
wissenschaftlichen Arbeiten untersucht. Hierbei wurden im textilen Bereich und bei
Filamentgarnen sehr interessante Veredlungseigenschaften gefunden und die
entsprechenden neuen Carbamatmaterialien geschützt [18,19]. Hervorzuheben sind
insbesondere die außergewöhnlichen Quelleigenschaften, der seidenähnliche
Faserglanz und die hervorragenden Färbeeigenschaften.
Neben den Spinnlösungen, ist es am ITCF gelungen Beschichtungsmassen
herzustellen und hiermit Gewebe unterschiedlichster Polymerbasis zu beschichten.
Hierbei konnten neue Materialien mit außergewöhnlichen, technisch interessanten
Eigenschaften hergestellt und geschützt werden [20,21]. Aufgrund dieser neuen
Arbeiten kann sichergestellt werden, dass die Prozesse und Produkte, die in diesem
Verbundprojekt auf Basis von Carbamatstapelfasern entwickelt werden sollen,
verwertet werden können. Es gibt nach unserer Erkenntnis keine Patente, die
unseren geplanten Arbeiten entgegenstehen.
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Literatur
[1] Bredereck, K.; Hermanutz, F.:
Rev. Prog. Color 35(2005), 59 - 75
[2] Turbak, A. F.; Hammer, R. B.; Davies, R. E.; Hergert, H. L.:
Chemtech. (1980), 51
[3] Woodings, C.: Regenerated Cellulose Fibers
Woodhead Publishing Limited, Boca Raton, Boston, New York, 2000
Tappi International Dissolving and Speciality Pulps Conference, Boston 1983
[4] Berger, W.: Lenzinger Berichte 74(1994), 11
[5] DE 19635707
[6] BMBF-Verbundprojekt Nr. 0339786
[7] BMBF-Verbundprojekt Nr. 0330231
[8] USP 2129708
[9] USP 2134825
[10] Segal, L.; Eggerton, F. V. : Text. Res. J. 31 (1961) 460 u. 990
[11] Hebeish, A. et al. : Text. Res. J. 48 (1978) 671)
[12] DE 3267856, DE 3271487, DE 3439714
[13] Vali, A. I.; et al.: Chim. drev. (1980) 5
[14] Ekman, K.; et al. : Chemiefasern/Textilindustrie 34 (1984) 399
[15] Turunen, O. T. ; et al. : Lenzinger Berichte 59 (1985) 111
[16] Urbanowski, A.: Chemical Fibers International 46 (1996) 260]
[17] DD 259533, DD 260190, DE 4407906, DE 4443547, DE 19757958, DE
4242437, DE 4417140
[18] Gähr, F. ; Hermanutz, F. : Melliand Textilber., 83 (2002) 149
[19] DE 10126244
[20] Hermanutz, F.;Gähr, F.; Haiplik, A.: Melliand Textilber., 85 (2004) 68.
[21] DE 10344396
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4. Ergebnisse des Projektes
Das Projekt besteht aus drei voneinander abhängigen Arbeitschwerpunkten. Der
Carbamatsynthese, der Carbamatstapelfaserherstellung, der Faserweiter-
verarbeitung und Produktentwicklung. Es wurden deshalb zwei Meilensteine
definiert, die aufgrund der Nichterfüllung des 1. Meilensteines zu einer wesentlichen
Änderung des Projektablaufs führten.
Meilenstein 1:
Die Produktqualität der synthetisierten Cellulosecarbamate im 100 kg-Maßstab bei
Wolff Cellulosics muss die Mindestqualitätsanforderungen hinsichtlich Löslichkeit und Verarbeitbarkeit der Lösungen erfüllen. Folgende Kriterien müssen erfüllt sein:
� Lagerstabilität > 4 Wochen
� Lösekonzentration 7 Gew.% Carbamat in 6 gew.%iger NaOH � Gelteilchenfreie Lösungen
� Spinnstabilität unter Standardspinnbedingungen
Meilenstein 2:
Die Faserqualität der in Kelheim auf der Pilotanlage hergestellten Stapelfasern muss
folgende Mindestanforderungen erfüllen: � Festigkeit: > 15 cN/tex
� Dehnung > 8 %
� Weiterverarbeitungseigenschaften ähnlich einer textilen Viskosequalität Dieser Meilenstein 1 sollte nach 15 Monaten erfüllt sein. Da dies nicht gelungen ist,
wurde über die gesamte Projektlaufzeit an der Optimierung und der
Carbamatsynthese im 100 kg Maßstab gearbeitet, d. h. vorwiegend auf dem
Forschungsschwerpunkt 1 gearbeitet. Die Forschungsschwerpunkte 2
(Faserherstellung) und 5 (Prüfung) konnten aufgrund der fehlenden
Ausgangsmaterialien nur sehr eingeschränkt und die Forschungsschwerpunkte 3
(Weiterverarbeitung der Carbarbamatstapelfasern zu Garnen, Maschenwaren,
Webwaren und Vliesstoffen) und 4 (Musterherstellung für innovative Endprodukte)
konnten nicht bearbeitet werden.
4.1 Prüfung der Produktionsalkalicellulose aus Kelheim
Die Prüfung der Alkalicellulosequalität aus Kelheim wurde zu Projektbeginn nach
dem ITCF-Verfahren, das im Rahmen des vorangegangenen Projektes (FKZ
0339786) erarbeitet wurde, durchgeführt.. Für die Synthese wurde ein modifizierter
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Reaktionskneter eingesetzt. Hierdurch wurde gewährleistet, dass die Synthese unter
konstantem Stickstoffstrom zur Austreibung des gebildeten Ammoniaks durchgeführt
werden konnte. Die Carbamatsynthese wurde unter Normaldruck folgendermaßen
durchgeführt:
6 kg Produktionsalkalicellulose mit 33% Cellulosegehalt und ca. 17 Gew.% NaOH
wird vorgelegt. Die Lauge wird durch Methanolspülung bis auf einen Restgehalt von
0,5 bis 1,5 Gew.% NaOH entfernt. Danach wird auf einen Cellulosegehalt von 35%
abgepresst. Zur Carbamatsynthese wird Harnstoff innerhalb von 40 Minuten
aufgeschmolzen und auf 175°C erhitzt. Während 35 Minuten wird die aktivierte
Cellulose zugegeben und Methanol während 30 min abdestilliert. Das
Reaktionsgemisch wird auf die entsprechende Reaktionstemperatur erwärmt und
entstehender Ammoniak über einen Stickstoffstrom ausgetragen und in
Schwefelsäure ausgefangen. Nach der Synthese wird das Reaktionsgemisch in
essigsaures Wasser ausgetragen und das Cellulosecarbamat abfiltriert. Das Produkt
wird gewaschen, abgepresst und getrocknet.
Es wurden 5 Synthesen mit folgenden Reaktionsparametern durchgeführt:
• 2 kg Cellulosecarbamat/batch
• Massenverhältnis Zellstoff / Harnstoff = 1 : 4
• Methanolgehalt der Alkalicellulose (AC): 65%
• Reaktionszeit nach Zugabe der methanolgespülten AC: 90 – 120 min
• Reaktionstemperatur: 125°C
• Zeitbedarf Synthese: 3,5h
Es wurden folgenden Eigenschaften der Cellulosecarbamate erreicht:
Tab. 1: Eigenschaften der Cellulosecarbamat aus der Kelheimer Produktionsalkalicellulose
Cel.carbamat Synthese
N-Gehalt DPEWNN XRD
1 2.6 394 dekrist.
2 2,9 378 dekrist.
3 2,5 412 dekrist.
4 2,3 446 dekrist.
5 3,0 432 dekrist.
- 14 -
Wie die Ergebnisse in Tabelle 1 zeigen, ist die Reproduzierbarkeit der
Carbamatsynthese zufriedenstellend. Die Produkte zeigen den erwarteten
Stickstoffgehalt. Durch Röntgenstrukturanalyse konnte eine vollständige Aktivierung
der Produkte nachgewiesen werden (Abbildung 1). Dies unterstreichen auch die
Löseeigenschaften der einzelnen Produkte, die hervorragend waren. Auch die
Entwicklung der N-Werte im Verlauf der Synthese entspricht den Werten aus
vorangegangenen Arbeiten (Abbildung 2). Damit konnte die
Produktionsalkalicellulose als Ausgangsprodukt für die Carbamatsynthese eingesetzt
werden.
2 0 0
7 0 0
1 2 0 0
1 7 0 0
2 2 0 0
1 0 1 5 2 0 2 5 3 0
B e u g u n g s w in k e l [ 2 θ ]
Inte
nsitä
t [co
unts
/s]
Abb. 1: Röntgendiffraktogramm Cellulosecarbamat 1 (schwarz) im Vergleich zur
ausgewaschen Alkalicellulose (Cellulose II, rot)
- 15 -
85
90
95
100
105
110
115
120
125
130
0 15 30 45 60 75 90 105Zeit (min)
Te
mp
era
tur
(°C
)
0,0
0,3
0,6
0,9
1,2
1,5
1,8
2,1
2,4
2,7
3,0
N-G
eh
alt
(%
)
Abb. 2: Entwicklung des Substitutionsgrades (N-Gehalt) bei der ITCF-Synthese im 2
kg-Maßstab.
4.2 Anpassung der Syntheseparameter an Flugscharreaktor (Technikum
Walsrode)
4.2.1 Laborsynthesen
Die Carbamatsynthese wurde zunächst am ITCF und bei Dow Wolff Cellulosics
(DWC) im Labormaßstab weitergehend auf die Anforderungen der
Technikumssynthese angepasst. Ein wesentlicher Verfahrensunterschied zur
patentierten ITCF-Carbamatsynthese ist der Synthesestart unter Druck und das
Abdestillieren von Methanol nach Entspannen des Reaktionsgemisches. Diese
Unterschiede in der Verfahrensführung waren notwendig, um die Synthese im
technischen Maßstab bei DWC durchzuführen. Es wurden mehrere Synthesen in
Laborautoklaven (Abbildung 3)durchgeführt und repräsentative Verfahrensparameter
für den Transfer auf die Technikumsanlage erarbeitet.
Die in enger Zusammenarbeit zwischen DWC und ITCF entwickelten Strategien zur
Carbamatsynthese wurden im Laborautoklaven optimiert.
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Abb. 3: Laborautoklav zur Durchführung der Carbamatsynthese unter Druck
Tabelle 2 zeigt die Daten ausgewählter, im Kleinautoklaven durchgeführter,
Versuche.
Tab. 2: Daten einiger im Kleinautoklaven durchgeführter Versuche Bezeichnung CC1 CC2 CC3 CC4 CC5 CC6 CC7
Inklusionscellulose ITCF 9.7.07 ITCF 9.7.07 ITCF 9.7.07 ITCF 9.7.07 ITCF 9.7.07 ITCF 9.7.07 ITCF 9.7.07w NaOH (%) 12,2 12,2 12,2 12,2 12,2 12,2 12,2TG (%) 27 27 27 27 27 27 27Menge (g) 75 75 75 75 75 75 75Harnstoff (g) 600 600 600 600 600 600 600Cell:HS 1:8 1:8 1:8 1:8 1:8 1:8 1:8
T (°C) 140 140 140 140 135 130 125
t (min) 240 180 120 60 240 240 240
N (DWC, %) 6,74 1,93 1,98 3,27 1,13 2,20 2,27N (ITCF, %) 4,95 1,91 1,78 2,84 1,15 2,09 2,15
Löslichkeit ++ + + ++ o ++ +
DP (ITCF) 398 439 415 412 435 434 416 w NaOH Gewichtsanteil an NaOH in Inklusionscellulose TG Feststoffgehalt der Inklusionscellulose Cell:HS Verhältnis von Cellulose zu Harnstoff T Reaktionstemperatur
- 17 -
t Reaktionsdauer N Stickstoffgehalt des Carbamats (gemessen bei DWC bzw. am ITCF) Löslichkeit Subjektive Beurteilung der Qualität einer 2%-igen Lösung von
Cellulosecarbamat in 8%-iger eisgekühlter Natronlauge DP Polymerisationsgrad des Cellulosecarbamats (gemessen am ITCF)
Bei allen in der Tabelle angegebenen Versuchen wurde die mit Methanol gespülte
Alkalicellulose (Inklusionscellulose, hergestellt am ITCF im Juli 2007) zusammen mit
acht Teilen Harnstoff (bezogen auf Cellulose) im kalten Reaktor vorgelegt und unter
langsamem Rühren im offenen System auf Innentemperaturen zwischen 125 und
140 °C geheizt. Nach einer Reaktionsdauer zwischen 60 und 240 min wurde mit ca.
1000 ml kaltem Wasser aufgefüllt, der Feststoff von der Reaktionsflüssigkeit
abgetrennt, mehrmals mit heißem Wasser gewaschen und unter milden
Bedingungen getrocknet.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Umsetzung selbst bei Temperaturen unterhalb des
Schmelzpunktes von Harnstoff (ca. 133 °C) stattfindet. Die Lösungsqualität wurde
durch Testlösungen in kleinem Maßstab qualitativ beurteilt. Danach korreliert diese
nur eingeschränkt mit dem Stickstoffanteil im Carbamat.
Eine detaillierte Untersuchung der molekularen Eigenschaften und ein Prüfung der
Verarbeitbarkeit bis zur Faserherstellung wurde am ITCF durchgeführt. Die
Ergebnisse der DP-Bestimmung und des resultierenden N-Gehaltes in Anhängigkeit
von den Reaktionsparametern Temperatur und Zeit ist in Tabelle 3 dargestellt.
Tab. 3: Ergebnisse der DP-Bestimmung und N-Gehaltes in Anhängigkeit von den
Reaktionsparametern Temperatur und Zeit
Produkt Reaktionstemp.
[°C]
Reaktionszeit
[min]
DP N-Gehalt [%]
CC1 140 240 398 4,95
CC2 140 180 439 1,9
CC3 140 120 415 1,8
CC4 140 60 412 2,8
CC5 135 240 435 1,2
CC6 130 240 434 2,1
CC7 125 240 416 2,2
- 18 -
Zur Charakterisierung der Aktivierung wurden Röntgenstukturanalysen durchgeführt.
In Abbildung 4 zeigt die weitgehend amorphe Struktur der Cellulosecarbamate CC1 –
CC7, dass durch die Substitution im intrakristallin gequollenen Zustand auch bei der
Synthese unter Druck eine Rückkristallisation zu Cellulose II verhindert wurde. Damit
ist Grundvoraussetzung zur Von Cellulosecarbamaten mit guten Löseeigenschaften
erfüllt.
0
100
200
300
400
500
5 10 15 20 25 30 35 40
Beugungswinkel 2θθθθ
Inte
nsit
ät
[co
un
t/s]
CC1
CC2
CC3
CC4
CC5
CC6
CC7
Abb.4: Struktur der Cellulosecarbamate CC1 – CC7
Zur Charakterisierung der Verarbeitungseigenschaften wurden nach einem
Standardlöseverfahren Spinnlösungen hergestellt und charakterisiert. Alle
Labormuster zeigten hevorragende Löseeigenschaften. Zur Lösungsherstellung wird
das Cellulosecarbamat in einem doppelwandigen Gefäß bei 5°C in Wasser unter
Rühren vorgequollen, wobei die Wassermenge definiert ist. Zum Auflösen wird
während 30 Minuten kalte 33%ige Natronlauge hinzugetropft, so dass nach der
Zugabe der Natriumhydroxidgehalt bezogen auf die Gesamtmasse ca. 6 - 7% ist.
Nach vollständigem Lösen des CC (ca.30 Minuten) wird mit Hilfe einer Drucknutsche
filtriert. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die Carbamatpartikel schnell
anlösen, was zu einer Gelschicht führen kann, eine homogene Auflösung verhindert.
- 19 -
Rheologische Charakterisierung der Spinnlösungen
Mit Hilfe rheologischer Daten kann eine Lösung hinsichtlich ihrer Verarbeitungs-
eigenschaften eingeschätzt werden. Durchgeführt wurden Rotations- und
Oszillationsmessungen. Hierbei zeigten die Lösungen generell strukturviskoses
Verhalten. Bei kleinen Schergeschwindigkeiten verhalten sich die Lösungen
zunächst newtonsch, d.h. die Viskosität der Lösung bleibt konstant. Dieser Bereich
entspricht der Nullviskosität, eine entscheidende Größe für Spinnversuche. Erreicht
die Schergeschwindigkeit einen kritischen Wert, nimmt die Viskosität mit steigender
Schergeschwindigkeit kontinuierlich ab. Dies resultiert aus Überstrukturen, die
Moleküle aufgrund von Wechselwirkungen in Lösung ausbilden. Im Bereich der
Nullviskosität sind die Molekülketten in der Lage, der Belastung zu folgen und zu
relaxieren. Der elastische Anteil G´ (Oszillationsmessung) steigt mit steigender
Schergeschwindigkeit. Abweichendes Verhalten von den beschriebenen
rheologischen Eigenschaften weisen auf unvollständig gelöste Celluloseanteile hin.
Dies trat im Einzelfall bei höher konzentrierten Lösungen auf, die dann auch nicht
verarbeitet werden konnten. Abbildung 5 zeigt die dynamische Messung eines
Oszillationsversuches einer 8 %igen Cellulosecarbamatlösung von CC1 und
Abbildung 6 von CC5 in /.%iger Natronlauge , die für Spinnversuche eingesetzt
wurden. In Tabelle 4 sind die Nullviskositäten der Spinnlösungen aus den
Labormuster zusammengefasst. Alle Lösungen zeigen strukturviskosen Verhalten.
Die Rheologie der ist weitgehend unabhängig vom Stickstoffgehaltder
Cellulosecarbamate, aber direkt abhängig vom Polymerisationsgrad. (Tabelle 4).
Tab. 4: Nullviskositäten der Spinnlösungen
Produkt η0 [Pa s] DP N-Gehalt [%]
CC1 5,2 398 4,95
CC2 6,7 439 1,9
CC3 4,1 415 1,8
CC4 5,1 412 2,8
CC5 7,4 435 1,2
CC6 7,5 434 2,1
CC7 4,0 416 2,2
- 20 -
10-1 100
101
10210-3
10-2
10-1
100
101
102
103
10 0
101
ω [rad/s]
G
' ()
[
Pa
]
G"
()
[
Pa
] η* (
) [P
a-s]
CC1 (8%ige Lsg. in NaOH), N-Gehalt 4,98%
Data: η*(ω) [1..33] (33 pts) Note: ηo = 5.2183 Model: Carreau Model Eqn: c1(1+(c2x)
c3)(c4-1)/c3 Fit Error: 0.9957 4 Coefficients: 5.2183 0.02966 0.4854 0.6885
Referenztemp. 20°C
Abb. 5
10-1 100
101
10210-3
10-2
10-1
100
101
102
103
10 0
101
ω [rad/s]
G
' ()
[
Pa
]
G"
()
[
Pa
] η* (
) [P
a-s]
CC5 (8%ige Lsg. in NaOH), N-Gehalt 1,15%
Data: η*(ω) [1..32] (32 pts) Note: ηo = 7.3631 Model: Carreau Model Eqn: c1(1+(c2x)
c3)(c4-1)/c3 Fit Error: 0.997 4 Coefficients: 7.3631 0.006168 0.6176 0.3572
Referenztemp. 20°C
Abb. 6
- 21 -
Die rheologischen Eigenschaften zeigen, dass diese Lösungen für
Nassspinversuche, nach den Erfahrungswerten von vorangegangenen Arbeiten, gut
geeignet sind. Sowohl die Viskositätswerte, als auch die Fliesskurven mit ihren
elastische Eigenschaften sprechen für gute Verarbeitbarkeit zu Fasern.
Zur Charakterisierung der Verarbeitungseigenschaften der Cellulosecarbamat-
lösungen wurden exemplarisch die Lösungen aus CC1 und CC5 an einer
Labornassspinnanlage verarbeitet und die Fasereigenschaften untersucht.
Folgende Spinnparameter wurden angewandt:
• Düse: 100 Loch / 60µm
• Spinntemperatur: 10°C
• Fällbad: 10 %ige Schwefelsäure
• 1.Waschbad: 3%ige Natriumhydrogencarbonatlösung
• 2.Waschbad: Wasser (60°C)
• Abzugsgeschwindigkeit: 10 m/min
• Spinnverzug –0,5
• Gesamtverstreckung 10%
• Kapazität 25 g
Die Kleinspinnversuche liefen problemlos ohne Filamentbrüche. Eine Optimierung
der Fasereigenschaften konnte nicht durchgeführt werden (geringe Spinnmasse)
Die Ergebnisse der Bestimmung der mechanischen Fasereigenschaften ist in Tabelle
5 zusammengefasst.
Tab. 5: Faserparametern zur Charakterisierung der Cellulosecarbamatqualität
CC1 CC5
Titer [dtex] 340 330
Festigkeit trocken [cN/tex] 16,5 14,3
Festigkeit nass [cN/tex] 6,2 5,4
Dehnung trocken [%] 8,2 7,6
Dehnung nass [%] 12 14
Kristallinität Amorph Amorph
- 22 -
Fazit
Die molekulare Charakterisierung, die Bestimmung der Dekristallisation und der
erreichte Substitutionsgrad nach optimierter Synthese zeigte, dass im Labormaßstab
mit der angepassten Verfahrensführung gute Carbamatqualitäten erhalten wurden.
Dies wurde durch Löseversuche und rheologische Untersuchungen der
Spinnmassen bestätigt. Aus den Laborprodukten konnten problemlos Fasern
hergestellt werden. Damit hatten die im Labor hergestellten Cellulosecarbamate die
Kriterien des 1. Meilensteins erfüllt. Die Kriterien des 1. Meilensteins wurden
folgendermaßen festgelegt:
• Lagerstabilität > 4 Wochen
• Lösekonzentration 7 Gew.% Carbamat in 6 gew.%iger NaOH
• Gelteilchen-und partikelfreie Lösungen
• Spinnstabilität unter Standardspinnbedingungen
Der erste Meilenstein nimmt allerdings Bezug auf die Cellulosecarbamatqualität nach
der Technikumssynthese. Danach muss die Produktqualität der synthetisierten
Cellulosecarbamate im 100 kg-Maßstab bei DWC die Mindestqualitätsanforderungen
hinsichtlich Löslichkeit und Verarbeitbarkeit der Lösungen erfüllen.
4.2.2 Synthesen im Technikum PST bei DWC
Bei dem ersten im Technikum PST durchgeführten Versuch (CC PST 1) wurden 15
kg Inklusionscellulose eingesetzt, die Ende November 2007 am ITCF hergestellt
wurden. Dazu wurde die Inklusionscellulose in einem 400-l-Autoklaven mit
Horizontalmischwerk zusammen mit dem Harnstoff (acht Teile Harnstoff auf einen
Teil Cellulose) vorgelegt und im verschlossenen System mittels eines externen
Dampferzeugers indirekt über den Reaktordoppelmantel auf bis zu 139 °C geheizt
(Abbildung 7). Nach Erreichen von ca. 130 °C wurde der sich durch das
verdampfende Methanol aufbauende Innendruck langsam abgelassen, wodurch dem
System Wärme entzogen wurde (Abfall der Innentemperatur um ca. 10 Kelvin). Nach
Erreichen von ca. 135 °C begann die Reaktionszeit von 120 min zu laufen. Zum
Ende der Reaktionszeit wurden 139 °C erreicht. Das resultierende
Cellulosecarbamat wurde mehrfach mit heißem Wasser gewaschen und dem
Projektpartner Kelheim Fibers GmbH für Löseversuche zur Verfügung gestellt.
- 23 -
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00
10
20
30
40
50
60
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80
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100
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0
4
8
12
16
20
T
em
pe
ratu
r (
°C)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur Manteltemperatur
Innendruck
Dru
ck (b
ar)
Abb. 7: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 1
Die subjektive Lösequalität des Carbamats war deutlich schlechter als das unter
vergleichbaren Bedingungen im Kleinautoklaven hergestellte Cellulosecarbamat
CC3. Dies wurde durch Löseversuche am ITCF bestätigt. Auch konnte das Produkt
nicht in Kelheim zu fasern verarbeitet werden, da eine Filtration der Spinnlösung
technisch nicht möglich war.
Daraufhin wurden mit der im PST-Versuch eingesetzten Inklusionscellulose-Charge
zwei weitere Versuche im Kleinautoklaven gefahren (CC8 und CC9), bei denen die
Lösequalität des CC 3 trotz identischer Versuchbedingungen ebenfalls nicht erreicht
wurde. Dies lässt darauf schließen, dass die Reaktivität der im November 2007
hergestellten Inklusionscellulose geringer war als die im Juli 2007 hergstellte Charge.
Bei dem Versuch CC PST 1 traten folgende Schwierigkeiten auf:
• ungleichmäßige Manteltemperatur, bedingt durch nicht optimale Dampfversorgung durch externen Dampfgenerator (unsteter Verlauf der roten Kurve in Abbildung 7)
• unzureichende Isolierung der Dampfzuführung
- 24 -
• zu starker Abfall der Innentemperatur bei Entspannung des Methanoldrucks (Absacken der grünen Kurve in Abbildung 7 bei Zeitmarke 4 h).
Ein weiterer Versuch CC PST 2 diente dazu, diese Schwierigkeiten der
Reaktionsführung zu beseitigen. Er wurde mit rund 14 kg Inklusionscellulose
durchgeführt, die Anfang Dezember 2007 am ITCF hergestellt wurden. Die Synthese
erfolgte weitgehend analog zu CC PST 1, jedoch wurden nur sechs Teile Harnstoff
bezogen auf Cellulose eingesetzt (Abbildung 8)
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00
10
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40
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120
130
140
150
160
0
4
8
12
16
20
Tem
pe
ratu
r (
°C)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur Manteltemperatur
Innendruck
Dru
ck (b
ar)
Abb. 8: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 2
Bedingt durch mehrfaches unkontrolliertes Abschalten des Dampferzeugers dauerte
es trotz verbesserter Isolierung der Dampfzuleitung fast acht Stunden, bis eine
Innentemperatur von 140 °C erreicht werden konnte. Der anschließende
Entspannung konnte jedoch ohne signifikanten Abfall der Innentemperatur
durchgeführt werden. Letztendlich war aber die Reaktionszeit (d.h. die Zeit, bei der
das Cellulose-Harnstoff-Gemisch bei Temperaturen > 135 °C gehalten wurde) mit ca.
sechs Stunden erheblich zu lang, was dem resultierenden Carbamat auch optisch
anzusehen war (Grauverfärbung). Die Lösungsqualität war dementsprechend
unzureichend.
- 25 -
Tabelle 6 zeigt die Daten der ersten zwei im Technikum (PST) durchgeführten
Versuche. Zum Vergleich sind die Daten einiger im Kleinautoklaven durchgeführten
Versuche angegeben.
Tab. 6: Daten der im PST durchgeführten Versuche PST1 und PST2, ergänzt um Daten einiger im Kleinautoklaven durchgeführter Versuche
Bezeichnung CC3 CC 8 CC9 CC PST 1 CC PST 2
Inklusionscellulose ITCF 9.7.07 ITCF 25.11.07 ITCF 25.11.07 ITCF 25.11.07 ITCF 4.12.07w NaOH (%) 12,2 10,5 10,5 10,5 14,0TG (%) 27 30,4 30,4 30,4 27Menge 75 g 75 g 75 g 15 kg 13,9 kgHarnstoff 600 g 600 g 600 g 120 kg 83,4 kgCell:HS 1:8 1:8 1:8 1:8 1:6
T (°C) 140 140 140 130 -139 130 -139
t (min) 120 120 240 (120) (120)+
N (DWC, %) 1,98 1,33 5,21 1,64 1,49
Löslichkeit + - - o - - -
Folgende Schlüsse können aus diesen Versuchen gezogen werden:
Die Carbamatsynthese im technischen Maßstab ist ohne prinzipielle Schwierigkeiten
durchführbar. In den folgenden Versuchen muss jedoch insbesondere die Heizrate
weiter erhöht werden, was sich über eine Verbesserung der Zuverlässigkeit des
externen Dampferzeugers erreichen lassen sollte.
Da das ITCF zur Herstellung der Inklusionscellulose durch Just-In-Time-Spülen der
von Kelheim Fibers gelieferten Alkalicellulose mit Methanol einen beträchtlichen
Aufwand treiben musste, wurde die Inklusionscelluloseherstellung für die weiteren
Technikumssynthesen ins Technikum von DWC verlagert. Mittels der dort
vorhandenen Drucknutsche konnte der Herstellungsaufwand deutlich reduziert
werden, in dem die von Kelheim Fibers direkt per Kühltransport ins Technikum
gelieferte frische Alkalicellulose unmittelbar nach Anlieferung in zwei Batches
aufgeteilt und jeweils separat mit Methanol gespült wurde. Hierdurch wurde eine
konstante Qualität der Inklusionscellulose gewährleistet.
Die so vorbereitete Inklusionscellulose wurde anschließend im
Kleinautoklavenversuch auf ihre Reaktivität getestet (Referenzversuchsbeispiel
CC10 siehe Tabelle 7) und anschließend im 400-l-Technikumsautoklaven zu
Cellulosecarbamat umgesetzt. Es wurden zunächst drei Technikumsversuche auf
Basis von zwei unterschiedlichen Alkalicelluloselieferungen durchgeführt (CC PST 3
bis 5; Daten siehe Tabelle 7). Bei diesen Versuchen wurde die Inklusionscellulose in
- 26 -
einem 400-l-Autoklaven mit Horizontalmischwerk zusammen mit dem Harnstoff (acht
Teile Harnstoff auf einen Teil Cellulose) vorgelegt und im verschlossenen System
mittels eines externen Dampferzeugers indirekt über den Reaktordoppelmantel auf
bis zu 140 °C geheizt (Abbildungen 9 bis 11). Nach Erreichen von ca. 110 °C wurde
der sich durch das verdampfende Methanol aufbauende Innendruck langsam
abgelassen, wodurch dem System Wärme entzogen wurde und sich die Aufheizrate
verlangsamte. Nach Erreichen von ca. 135 °C begann die Reaktionszeit von 120 min
zu laufen. Zum Ende der Reaktionszeit wurden bis zu 142 °C erreicht. Das
resultierende Cellulosecarbamat wurde mehrfach mit heißem Wasser gewaschen,
anschließend wurden Stickstoffgehalt und Lösequalität untersucht. Die
resultierenden Materialien wurden schließlich zur Begutachtung der Lösequalität zu
Kelheim Fibers und ans ITCF geschickt.
Hierbei hat sich gezeigt, dass die Lösequalität der Versuche CC PST 3 bis CC PST 5
nicht den hohen Anforderungen zur Herstellung von partikelfreine, gut filtrierbaren
entsprach. Zur verbesserung der Produktqualität wurde deshalb ein weiterer
Technikumsversuch mit erhöhtem Harnstoff-Cellulose-Verhältnis durchgeführt (CC
PST 6; Daten siehe Tabelle 7; Abbildung 12).
Ziel dieses Versuches war es, durch den erhöhten Anteil an geschmolzenem
Harnstoff die Viskosität des Reaktionsgemisches zu reduzieren, die Rührfähigkeit
entsprechend zu verbessern und so weniger bzw. weniger dauerhafte Ablagerungen
auf der horizontalen Reaktorrührwelle bzw. weniger immobile Totraumfüllungen zu
erzeugen. Leider gelang es aber auch hier nicht, die Lösequalität des resultierenden
Cellulosecarbamats entscheidend zu verbessern. Ursache scheint die Geometrie des
Reaktorrührwerks zu sein, die eine ausreichend homogene Vermischung und
Temperaturverteilung offenbar nicht gewährleistet.
Durch einen daraufhin angestoßenen weiteren Versuch im Kleinautoklaven (Versuch
CC11 siehe Tabelle 1), bei dem der Autoklav unmittelbar nach Reaktionsende, also
noch vor dem Fluten mit Wasser, geöffnet und nur augenscheinlich gut umgesetztes
Material zur Analyse entnommen wurde, konnte noch einmal eindeutig
nachgewiesen werden, dass die Carbamatsynthese selbst bei nur 130 °C
Reaktionstemperatur grundsätzlich chemisch funktioniert, denn das so erhaltene
Cellulosecarbamat ließ sich in kalter Natronlauge vollständig und weitgehend
faserfrei auflösen.
- 27 -
Tab. 7: Daten einiger im Kleinautoklaven (CC10 und CC11) bzw. Technikumsreaktor (CC PST 3 bis 6) durchgeführter Versuche
Bezeichnung CC10 CC11 CC PST 3 CC PST 4 CC PST 5 CC PST 6
Inklusionscellulose Kelheim 5.2.08 Kelheim 8.4.08 Kelheim 5.2.08 Kelheim 5.2.08 Kelheim 8.4.08 Kelheim 8.4.08AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST
w NaOH (%) 11,1 6,8 7,8 11,1 8,4 6,8TG (%) 31,9 32,7 28,5 31,9 32,9 32,7Menge 75 g 75 g 24,4 kg 22,7 kg 26,0 kg 20,0 kgHarnstoff 600 g 600 g 146,2 kg 181,4 kg 208,2 kg 240,0 kgCell:HS 1:8 1:8 1:6 1:8 1:8 1:12
T (°C) 140 130 130 - 140 130 -140 130 -140 130 -140
t (min) 120 120 (120)+ (120)+ (120)+ (120)+
Probennahme nach Fluten vor Fluten nach Fluten nach Fluten nach Fluten nach FlutenN (DWC, %) 2,04 2,22 1,73 1,47 1,84 1,84
Löslichkeit + ++ - - - - - - - - w NaOH Gewichtsanteil an NaOH in Inklusionscellulose TG Feststoffgehalt der Inklusionscellulose Cell:HS Verhältnis von Cellulose zu Harnstoff T Reaktionstemperatur t Reaktiondauer Probennahme direkt nach Reaktionsende vor dem Fluten des Reaktors mit
Wasser oder nach Wasserflutung des Reaktors N Stickstoffgehalt des Carbamats (gemessen bei DWC) Löslichkeit Subjektive Beurteilung der Qualität einer 2%-igen Lösung von
Cellulosecarbamat in 8%-iger eisgekühlter Natronlauge
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00
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Te
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era
tur
(°C
)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur CA2T90 Manteltemperatur CA2
Innendruck CA2
Dru
ck (b
ar)
Abb. 8: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 3
- 28 -
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:0010
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140
150
160
0
4
8
12
16
20
T
em
pe
ratu
r (
°C)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur CA2T90 Manteltemperatur CA2
Innendruck CA2
Dru
ck
(b
ar)
Abb. 9: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 4
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
160
0
4
8
12
16
20
Te
mp
era
tur
(°C
)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur CA2T90 Manteltemperatur CA2
Innendruck CA2
Dru
ck
(b
ar)
Abb. 10: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 5
- 29 -
Abb. 11: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 6
Um den Anteil nicht reagierter Faserbruchstücke wurde in PST 7 und PST8 versucht
die Produktaufarbeitung nach der Synthese zu verbessern. Hierzu wurde die frisch
gelieferte Alkaicellulose wurde analog zu PST 6 vorbehandelt und im 400-l-
Autoklaven mit Horizontalmischwerk zusammen mit dem Harnstoff (CC PST 7: zwölf
Teile Harnstoff auf einen Teil Cellulose; CC PST 8: acht Teile Harnstoff auf einen Teil
Cellulose, Reaktor so weit wie möglich vorgeheizt) vorgelegt. Die Reaktionsführung
ist in den Abbildungen 12 und 13 dargestellt. Nach Erreichen von ca. 110 °C wurde
der sich durch das verdampfende Methanol aufbauende Innendruck langsam
abgelassen. Nach Erreichen von ca. 135 °C begann die Reaktionszeit von 120 min
zu laufen. Zum Ende der Reaktionszeit wurden bis zu 138 °C erreicht. Nach Ende
der Reaktionsphase wurde der Reaktor nicht – wie bei den vorangehenden
Versuchen im Technikumsreaktor – mit Wasser geflutet sondern direkt in noch
heißem Zustand geöffnet. Dieses Vorgehen sollte die Vermischung von gut
umgesetztem Material mit weniger vollständig umgesetzten Celluloseanteilen
verhindern. Augenscheinlich gut carbamatisierte Teile der noch heißen
Reaktionsmischung wurden nun mittels einer Schaufel aus dem Reaktor selektiert,
mehrfach mit heißem Wasser gewaschen und hinsichtlich ihres Stickstoffgehalts und
ihrer Lösequalität untersucht. Augenscheinlich inhomogene Teile der
Reaktionsmischung sowie Anbackungen an der Reaktorwand bzw. den
Mischwerkzeugen (Abbildung 14) wurden verworfen. Die selektierten Materialien
- 30 -
wurden schließlich zur Begutachtung der Lösequalität zum ITCF bzw. zu Kelheim
Fibers geschickt.
Dort ergab sich, dass die Lösequalität des Versuchs CC PST 8 und insbesondere
des durch den höheren Harnstoffanteil in der Reaktion fließfähigeren Versuchs CC
PST 7 gegenüber den vorangehenden Versuchen zwar deutlich verbessert werden
konnte, aber nach wie vor nicht im vollen Umfang den Anforderungen zur Herstellung
von Spinnlösungen (zu viele nicht abfiltrierbare feine Fasern und Gelpartikel in der
Lösung) entsprach (Abbildung 15).
Tab. 8 Daten einiger im Kleinautoklaven als Positiv-Referenz (CC10 und CC11) bzw.Technikumsreaktor (CC PST 6 als Negativ-Referenz; CC PST 7 und CC PST 8 als im Berichtszeitraum durchgeführte Versuche) durchgeführter Versuche
Bezeichnung CC10 CC11 CC PST 6 CC PST 7 CC PST 8
Inklusionscellulose AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST AC --> IC PST w NaOH (%) 11,1 6,8 6,8 10,2 6,7 TG (%) 31,9 32,7 32,7 32,7 32,7 Menge 75 g 75 g 20,0 kg 18,3 kg 16,0 kg Harnstoff 600 g 600 g 240,0 kg 219,6 kg 128,0 kg Cell:HS 1:8 1:8 1:12 1:12 1:8 T (°C) 140 130 130 -140 130 -140 130 -140
t (min) 120 120 (120)+ (120)+ (120)+
Wäsche Fluten Fluten Fluten Selektion Selektion N (DWC, %) 2,04 2,22 1,84 1,42 1,52 Löslichkeit + ++ - - + -
Inklusionscellulose Alkalicellulose, geliefert von Kelheim Fibers, wurde im PST sofort nach Eintreffen durch Spülen mit Methanol in Inklusionscellulose umgewandelt
w NaOH Gewichtsanteil an NaOH in Inklusionscellulose TG Feststoffgehalt der Inklusionscellulose Menge in der Reaktion eingesetzte Menge an Inklusionscellulose (bezogen
auf Cellulose atro) Harnstoff in der Reaktion eingesetzte Menge an Harnstoffgranulat Cell:HS Verhältnis von Cellulose zu Harnstoff T Reaktionstemperatur t Reaktiondauer Wäsche Fluten: direktes Auffüllen des Reaktors mit Wasser unmittelbar nach
Ende der Reaktionsphase Selektion: Öffnen des Reaktors unmittelbar nach Ende der Reaktionsphase und Selektion des augenscheinlich gut umgesetzten Anteils
N Stickstoffgehalt des Carbamats (gemessen bei DWC) Löslichkeit Subj. Beurteilung der Qualität einer 2%-igen Lsg. von CC in 8%-iger
eisgekühlter Natronlauge
- 31 -
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
160
0
4
8
12
16
20
T
em
pera
tur
(°C
)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur CA2T90 Manteltemperatur CA2
Innendruck CA2
Dru
ck (b
ar)
Abb. 12: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 7
00:00 02:00 04:00 06:00 08:00 10:00 12:00
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
160
0
4
8
12
16
20
Te
mp
era
tur
(°C
)
Zeit (hh:mm)
Innentemperatur CA2T90 Manteltemperatur CA2
Innendruck CA2
Dru
ck
(b
ar)
Abb. 13: Temperatur-Zeit-Profil der Carbamatsynthese CC PST 8
- 32 -
Abb. 14: Anbackungen an der Innenseite des Reaktorstirndeckels (rot umrandet). Die weißliche Färbung und die klumpige Struktur deuten bereits darauf hin, dass dieses Material nur unzureichend umgesetzt wurde. Lösetests bestätigten dies.
Abb. 15: Faserbrüchstücke von nicht umgesetzten Zellstoff in einer ITCF-Test-Spinnlösung aus CC PST7
Zusammenfassung der Ergebnisse der Synthesen im DWC-Technikum
Obwohl die Aufheizzeiten im Vergleich zur Laborsynthese erhöht waren, konnte die
vorgesehene Syntheseoptimierung hinsichtlich Reaktionszeit, Reaktionstemperatur
und Cellulose-Harnstoffverhältnis erfolgreich durchgeführt. Die Synthese erfolgte
hierbei im 100 kg-Maßstab. Wichtige Kriterien des 1. Meilensteines „Cellulose-
carbamatqualität“ wie Lagerstabilität des Produktes, Erzielung der geforderten
- 33 -
Lösekonzentration in Natronlauge konnten nach Syntheseoptimierung mit den
Produkten aus der Technikumssynthese erfüllt werden. Allerdings wurden bei allen
Ansätzen nicht umgesetzte Cellulosebruchstücke und Gelteilchen in den
Spinnlösungen gefunden. Diese im niedrigen Prozentbereich auftretenden Partikel
können bei der Aufarbeitung des Carbamates nicht abgetrennt werden, da sie sich in
Form und Eigenschaften makroskopisch nicht von den Cellulosecarbamatteilchen
unterscheiden. Es ist technisch bisher auch nicht gelungen die Gelteilchen und die
kleinen Partikelanteile in der Spinnlösung zu filtrieren.
Diese Inhomogenitäten führen zu einem instabilen Spinnprozess: Bereits nach
wenigen Minuten finden an der Spinndüsen im Koagulationsbad Filamentbrüche
statt, einzelne Spinnlöcher verstopfen, der Spinndruck steigt. Die Versuche mussten
nach ca. 15 Minuten abgebrochen werden. Diese Carbamatqualitäten konnten auf
der neuinstallierten Technikumsspinnanlage bei Kelheim Fibres nicht verarbeitet
werden.
In einem Projektreffen vor Ort bei DWC wurde die mögliche Ursache der
inhomogenen Synthese erörtert. Es hat sich gezeigt, dass im Horizontalreaktor nach
der Reaktion an der Rührwelle und am Reaktorstirndeckel Anbackungen des
Reaktionsgemisches (fester Harnstoff mit Cellulosefasern) gefunden wurden, in
denen die Reaktion stoppt. Diese Anbackungen werden durch lokale Abkühlung des
Reaktionsgemisches verursacht. Eine aktive Heizung der Rührwelle und des
Reaktorstirndeckels ist nicht möglich. Beim Fluten des Reaktors mit Wasser zum
Austragen des Reaktionsproduktes und zur Antrennung des Harnstoffes werden
diese Anbackungen abgelöst.
In Technikumssynthesen wurde versucht, die Verunreinigung der Produkten mit
nicht umgesetzter Cellulose zu vermeiden. Deshalb wurde nach Ende der
Reaktionsphase der Reaktor nicht mit Wasser geflutet, sondern direkt in noch
heißem Zustand geöffnet. Augenscheinlich gut carbamatisierte Teile der noch heißen
Reaktionsmischung wurden nun mittels einer Schaufel aus dem Reaktor selektiert,
mehrfach mit heißem Wasser gewaschen, d.h. die Anbackung wurde nicht aus dem
Reaktor ausgetragen. Diese händische Austragung des Reaktionsgemisches ist die
bestmögliche Vorgehensweise zur Abtrennung nicht umgesetzter Cellulose bei
DWC. Dennoch kann auch hierbei nicht ausgeschlossen werden, dass sich kleine
Teile der Anbackungen aufgrund der intensiven Durchmischung mit dem
Flugscharrührer bereits abgelöst haben.
- 34 -
Die Lösequalität der Cellulosecarbamate konnte zwar deutlich verbessert, war aber
im Hinblick auf die Anforderungen zur Herstellung von Spinnlösungen nicht
zufriedenstellend. Die Laborspinnversuche am ITCF mussten aufgrund der
Verstopfung der standardmäßig eingebauten Filter und zahlreicher Filamentbrüche
nach einiger Zeit abgebrochen werden. Aus diesem Grund konnten mit der DWC-
carbamatqualität bei Kelheim Fibres keine Spinnversuche durchgeführt werden.
Aufgrund der Probleme mit der Produktqualität konnten die Arbeiten nicht planmäßig
durchführen können, weshalb auch die Faserherstellung durch Kelheim Fibers nicht
zeitgemäß durchgeführt werden konnte. Abhängig hiervon waren auch die
Faserweiterverarbeitungs- und Charakterisierungsschritte der anderen Partner. Es
wurde in einem Milestone-Meeting am 18.03.2009 vereinbart weiter potenzielle
Partner zur Durchführung der Carbamatsynthese zu suchen. Im folgenden sind die
Carbamatsynthesen bei den neuen Partnern EP Elsterberg GmbH und LIST AG
beschrieben
4.2.3 Carbamtsynthese mit EP Elsterberg GmbH
Die Firma EP Elsterberg hat alle Vorrausetzungen die Carbamtsynthese nach den
ITCF-Parametern durchzuführen. Vorhanden sind 6 exgeschützte, mantelbeheizte
Kneter im Volumen von ca. 5000 l, die mit den geforderten Temperaturen bis 160°C
beheizbar sind. Aufgrund des Exschutzes der Anlagen und der entsprechenden
Reaktorbestückung können die Prozesschemikalien Methanol und Ammoniak
problemlos gehandhabt werden. Am Standort wird außerdem Alkalicellulose
hergestellt: eine Grundvoraussetzung für die schnelle Umsetzung der Synthese.
Am ITCF wurde zunächst die Elsterberger Alkalicellulose umgesetzt und eine
hervorragende Produktqualität erzielt, mit der wir 10%ige partikelfreie Spinnlösungen
herstellen konnte. Es wurden Filament-Spinnversuche mit der "Elsterberger-
Carbamatqualität" durchgeführt. Die Spinndüse lief 8 Stunden ohne Filamentbrüche
und Druckanstieg. Die Rheologie der Spinnlösung in Abbildung 16 und das
Spinnprotokoll mit den erzielten Faserwerte in Tabelle 9 dargestellt. In diesen
Versuchen hat sich die Alkalicellulose aus Elsterberg als gut geeignet erwiesen.
Aufbauend auf diesen Versuchen wurden 8 Knetersynthesen am ITCF jeweils im 2
kg-Maßstab durchgeführt, um die Reproduzierbarkeit der Synthese zu testen und die
Elsterberger Mitarbeiter zu trainieren. Parallel dazu wurden Spinnversuche in
- 35 -
Denkendorf durchgeführt. Die Versuche haben gezeigt, dass ein Cellulosecarbamat
mit hervorragenden Eigenschaften in hoher Reproduzierbarkeit aus der vorliegenden
Alkalicellulose-Qualität hergestellt werden konnte. Zur Vorbereitung der Synthese im
50 – 100 kg Maßstab wurde von der technischen Leitung in Elsterberg
entsprechende Leihkneter gesichtet. Aus firmenpolitischen Gründen (bevorstehende
Insolvenz) konnten die Technikumssynthese nicht durchgeführt werden.
Kelheim Fibres wurde mit ca. 1kg der neuen Carbamatqualität bemustert, um dort
erste Erfahrungen zu sammeln. Es ist gelungen partikelfreie und gut verspinnbare
Lösungen herzustellen.
10-1 100 101 102103
10-1
100
101
102
103
104
100
101
102
Freq [rad/s]
G' (
)
[Pa]
G"
()
[P
a]
Eta* (
) [P
a-s]
Mastercurve ELS NS 001 Ref. Temp. 0°C
Data: Eta*(Freq) [1..44] (44 pts) Note: ηo = 20.129 Model: Ellis Model Eqn: c1/(1+(x/c2)(c3-1)) Fit Error: 0.9988 3 Coefficients : 20.129 128.54 1.7568
Abb. 16: Die Rheologie der Spinnlösung ELS CC N001
- 36 -
Tab. 9: Spinnprotokoll ELS CC NS001
dope [w] 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 0,09 pump [cm³/U] 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 0,6 dope Temp. [°C] 0 0 0 0 0 0 spinneret holes 200 200 200 200 200 200 diameter 60 60 60 60 60 60 radius 30 30 30 30 30 30 coagulation 5% H2SO4 5% H2SO4 5% H2SO4 EtOH EtOH EtOH trial Sp 3 Sp 4 Sp 5 Sp 6 Sp 7 Sp 9
rotation speed [rpm] 4 4 4 4 22,8 5,7 delivery rate pract.[g/min] 2,4 2,4 2,4 2,4 13,7 3,42 volume flow V [cm³/min] 2,4 2,4 2,4 2,4 13,68 3,42 injection speed As [m/min] 4,24 4,24 4,24 4,24 24,19 6,05 jet stretch ratio 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 0,65 washing godet (A) [m/min] 7,0 7,0 7,0 7,0 40,0 10,0 godet 1 [m/min] 8,3 7,8 7,8 7,8 44,4 11,1 godet 2 [m/min] 8,5 8,5 8,5 8,5 48,6 12,1 godet 4/winder (Ae) [m/min] 9 8,9 8,9 8,9 50,8 12,7 stretch 1,29 1,27 1,27 1,27 1,27 1,27
Garn Garn Garn Einzelfilam
ent Einzelfilam
ent Einzelfilam
ent Dehnung [%]: 5,14 9,44 7,36 20,17 12,64 15,64 Festigkeit [cN/tex]: 7,89 12,43 7,66 10,26 14,30 8,84 Titer [dtex]: 383,0 263,0 364,0 1,8 1,4 1,8 Modul 0,2-0,4% [cN/tex]: 693 961 678 606 867 569 Modul 0,2-0,6% [cN/tex]: 253 354 280 525 760 494
- 37 -
4.2.4 Carbamtsynthese im LIST-Technikum
Die Versuche mit LIST wurden in enger Zusammenarbeit mit DWC und dem ITCF
durchgeführt. Zunächst wurden von Herr Schröder von DWC vor Ort bei LIST die
Sythesemöglichkeiten in deren Testcenter erörtert. Danach wurde am ITCF unter
Beteiligung von LIST und DWC eine Carbamatsynthese im Kneter nach dem ITCF-
Verfahren durchgeführt und jeder einzelnen Syntheseschritt erläutert und analysiert.
Aus diese Prozeßanalyse konnte geschlossen werden, dass die Synthese im LIST
Technikum kontinuierlich durchgeführt werden kann. Damit wären wir bezüglich der
Synthesemenge nicht mehr beschränkt gewesen; eine wesentliche Forderung des 1.
Meilensteines (Synthese von 100 kg Cellulosecarbamat). Es wurden in keinem
Einzelprozessschritt wesentliche technische Probleme gesehen.
Vom 15. - 17 September 2009 wurden 8 Batch-Technikumssynthesen bei LIST
durchgeführt (8kg-Maßstab), mit dem Ziel die Prozess-Parameter für eine
kontinuierliche Carbamatsynthese festzulegen. Eingesetzt wurde ein Kneter im
batch-Betrieb, mit dem auch eine kontinuierliche Carbamtsynthese durchgeführt
werden könnte. Die Technikumsanlage ist in Abbildung 17 und 18 dargestellt. Diese
Anlage wurde speziell für die Verarbeitung von Zellstoffen entwickelt. Es wurde
sowohl Standardproduktionsalkalicellulose aus Kelheim als auch die besonders
reaktive Alkalicellulose aus Elsterberg eingesetzt. Der Versuchsplan ist in Tabelle 10
dargestellt.
- 39 -
Tab. 10: Versuchsplan Carbamatsynthese LIST-Technikum
Versuch Probe Cellulose T (°C) t (min) HS-Qualität HS : IC Drehzahl-verhältnis.
1 1 Kelheim 140 0 A 4 : 1 24 / 30 1 2 Kelheim 140 20 A 4 : 1 24 / 30 1 3 Kelheim 140 40 A 4 : 1 24 / 30 1 4 Kelheim 140 60 A 4 : 1 24 / 30 1 5 Kelheim 140 80 A 4 : 1 24 / 30 1 6 (Endprobe) Kelheim 140 80 A 4 : 1 24 / 30 2 1 Elsterberg 140 0 A 4 : 1 24 / 30 2 2 Elsterberg 140 20 A 4 : 1 24 / 30 2 3 Elsterberg 140 40 A 4 : 1 24 / 30 2 4 Elsterberg 140 60 A 4 : 1 24 / 30 2 5 (Endprobe) Elsterberg 140 60 A 4 : 1 24 / 30 3 1 PST 140 0 A 4 : 1 24 / 30 3 2 PST 140 20 A 4 : 1 24 / 30 3 3 PST 140 40 A 4 : 1 24 / 30 3 4 PST 140 60 A 4 : 1 24 / 30 3 5 (Endprobe) PST 140 60 A 4 : 1 24 / 30 4 1 Kelheim 140 0 A 4 : 1 24 / 30 4 2 Kelheim 140 20 A 4 : 1 24 / 30 4 3 Kelheim 140 40 A 4 : 1 24 / 30 4 4 (Endprobe) Kelheim 140 40 A 4 : 1 24 / 30 5 1 Kelheim 140 0 A 3 : 1 24 / 30 5 2 Kelheim 140 20 A 3 : 1 24 / 30 5 3 Kelheim 140 40 A 3 : 1 24 / 30 5 4 Kelheim 140 60 A 3 : 1 24 / 30 5 5 (Endprobe) Kelheim 140 60 A 3 : 1 24 / 30 6 1 Elsterberg 140 0 A 4 : 1 40 / 50 6 2 Elsterberg 140 20 A 4 : 1 40 / 50 6 3 Elsterberg 140 40 A 4 : 1 40 / 50 6 4 (Endprobe) Elsterberg 140 40 A 4 : 1 40 / 50 7 1 PST 140 0 B 4 : 1 40 / 50 7 2 PST 140 20 B 4 : 1 40 / 50 7 3 PST 140 40 B 4 : 1 40 / 50 7 4 (Endprobe) PST 140 40 B 4 : 1 40 / 50 8 1 PST 120 0 B 4 : 1 40 / 50 8 2 PST 120 20 B 4 : 1 40 / 50 8 3 PST 120 40 B 4 : 1 40 / 50 8 4 PST 120 60 B 4 : 1 40 / 50 8 5 (Endprobe) PST 120 60 B 4 : 1 40 / 50
Zur Charakterisierung der Löse- und Verarbeitungseigenschaften wurden
Löseversuche mit CC aus der LIST-Versuchsreihe am ITCF durchgeführt. Folgende
Lösungskonzentrationen wurden gewählt:
Cellulosecarbamat w = 0,09 Natriumhydroxid w = 0,07 Harnstoff w = 0,04 Wasser w = 0,8
- 40 -
Von allen 8 Proben wurden nach diesem Schema Lösungen angefertigt. Diese
wurden rheologisch und mikroskopisch untersucht.
Alle Lösungen waren optisch klar (Abbildung 19). Bei mikroskopischer Untersuchung
konnten sehr wenig ungelöste Partikel gefunden werden (Abbildung 20). Hierbei
kann es sich jedoch auch um Schmutz oder Fremdfasern handeln. Dies Vermutung
liegt nahe, da die Partikel nicht gequollen waren. Diese geringfügigen
Schmutzpartikel sind bereits als Verunreinigung auf den Zellstoffplatten vor der
Alkalisierung zu finden. Die Partikel sind aufgrund ihrer Größe und Morphologie
durch Filtration abtrennbar. Die Filtration der Lösungen war problemlos möglich.
Abb. 19: Unfiltrierte Spinnlösungen LIST-CC Probe 1 – 8
- 41 -
Probe 01 Probe 02
Probe 03 Probe 04
Probe 05 Probe 06
Probe 07 Probe 08
Abb. 20: Mikroskopische Phasenkontrastaufnahmen der Spinnlösungen LIST-CC
Probe 1 - 8
- 42 -
Alle Proben zeigen ein strukturviskoses Verhalten auf, exemplarisch an Probe 05
dargestellt. Gelteilchen konnten nicht nachgewiesen werden. Spinnversuche an den
LIST Mustern konnten aufgrund fortgeschrittenen Projektlaufzeit nicht mehr
durchgeführt werden.
10-1 100 101 102103
10-2
10-1
100
101
102
103
100
101
Freq [rad/s]
G
' ()
[
Pa]
G
" (
)
[P
a]
Eta* (
) [P
a-s]
Mastercurve List Probe 05 Ref. Temp. 0°C
Data: Eta*(Freq) [1..44] (44 pts) Note: ηo = 8.3254 Model: El lis Model Eqn: c1/(1+(x/c2)
(c3-1)) Fit Error: 0.9953 3 Coefficients: 8.3254 194.06 1.7439
Abb. 21: Masterkurve LIST CC 5
Es muss jedoch festgehalten werden, dass die Nullscherviskosität [0°C] bei allen
Proben niedriger ausfällt, als bei einer vergleichbaren Lösung mit einem am ITCF
hergestellten Cellulosecarbamat.
- 43 -
Vergleich der Nullscherviskosität
3,41,6 1,6
3,6
8,3
2,41,3
3,4
20,1
0
5
10
15
20
25
Probe
01
Probe
02
Probe
03
Probe
04
Probe
05
Probe
06
Probe
07
Probe
08
Refer
enz I
TCF
Nu
llsch
erv
isko
sit
ät
[Pas]
bei
0°C
Abb. 22: Nullscherviskosität der Spinnlösungen LIST-CC Probe 1 - 8
Fazit.
Alle Produkte zeigen gute bis sehr gute Löseeigenschaften und sind für die
Faserherstellung geeignet. Das Molekulargewicht muß u.U an die Belastung im
LIST-Kneter angepasst werden. Dies kann in einfacher Weise über den Zellstoff und
angepasste Reife der Alkalicellulose erfolgen. Die Ergebnisse der Batch-Versuche 1-
8 bilden eine ideale Parameterbasis für den nächsten Schritt: die kontinuierliche
Cellulosecarbamatsynthese. Dies konnte im Rahmen des Projektes aufgrund der
fortgeschrittenen Projektlaufzeit nicht mehr durchgeführt werden.
- 44 -
4.3 Upscaling und Optimierung der Carbamat-Faserherstellung bei der Kelheim
Fibres GmbH:
4.3.1 Aufgabenstellung
Ziel des Teilprojektes Kelheim Fibres war es, aufbauend auf den am ITCF
entwickelten grundlegenden Spinnparametern und Vorschriften zur
Spinnmassenherstellung eine Übertragung der Faserherstellung vom Labormaßstab
in den Pilotmaßstab auf eine Anlage mit einer Produktionskapazität von mindestens
5kg/h vorzunehmen. Im Weiteren sollte eine Optimierung der Carbamat-Faser-
Herstellung folgen.
4.3.2 Geplanter Ablauf
Am Standort Kelheim sollte innerhalb von 12 Monaten eine Pilotanlage zur
Carbamatfaser-Herstellung aufgebaut werden. Die für die Faserherstellung
notwendigen Mengen an Cellulose-Carbamat Rohmaterial sollten vom Projektpartner
Dow Wolff Cellulosics hergestellt werden. Die hierfür wiederum als Ausgangsrohstoff
verwendete Alkalizellulose wird von Kelheim Fibres bereitgestellt. Die Verwendung
von Cellulosecarbamat, welches den Mindestanforderungen bezüglich Löslichkeit
und Verarbeitbarkeit der Lösungen erfüllt, war spätesten nach 15 Monaten geplant
(Meilenstein 1).
Die Optimierung der Spinnparameter sollte, neben unterschiedlichen
Faserfeinheiten, -festigkeiten und –längen, vor allem auch eine gezielte Einstellung
des Wasserrückhaltevermögens im Bereich von 85-200% ergeben. Die Herstellung
von Carbamat-Fasern welche den Mindestanforderungen für eine Weiterverarbeitung
bei den Projektpartnern erfüllt war spätestens nach 18 Monaten geplant (Meilenstein
2). Den Projektpartnern sollten insgesamt ca. 1000kg Carbamatfasern in
unterschiedlichen Qualitäten zur Verfügung gestellt werden.
Die zum Upscaling der Carbamat-Faserherstellung notwendige Pilotanlage wurde
zeitgerecht installiert und in Betrieb genommen. Alkalizellulose wurde in
ausreichender Menge zur Verfügung gestellt. Vorversuche zur Spinnmassen
herstellung und Verspinnung wurden unternommen. Bedingt durch das fehlende
Polymer als Ausgangsrohstoff aufgrund technischen Probleme beim Upscaling der
carbamatsynthese konnten im Projektzeitraum keine Upscaling Versuche gefahren
werden.
- 45 -
4.3.3 Ergebnisse des Teilprojekts
4.3.3.1Carbamat-Pilotanlage
Die Pilotanlage zur Ausspinnung von Carbamat-Fasern, inklusive dem zur
Herstellung der Spinnmasse notwendigen Lösebehälter, wurde zeitgerecht im
zweiten Halbjahr 2007 installiert und in Betrieb genommen. In Spinnversuchen mit
Standardviskose wurden im ersten Halbjahr 2008 grundlegende Spinnparameter für
verschiedene Fasertypen festgelegt und optimiert.
Abb. 23: Carbamat-Pilotanlage in Kelheim: Spinnmodul
Die in der Projektplanung geforderte Produktionskapazität von 5kg/h wird bei
Verwendung einer Clusterdüse problemlos erreicht. Die maximale Kapazität der
Anlage liegt bei Ausspinnung von zwei Clusterdüsen und einer maximalen
Abzugsgeschwindigkeit von 80m/min sogar bei einer Fasermenge von 40kg/h.
Der Lösebehälter (Abbildung 24) erlaubt die Herstellung von Batches zu 800 Liter
Carbamat-Spinnmasse unter Kühlung. Alternativ ist auch die halbe Ansatzgröße
möglich. Da Ausspinnungen aus dem Carbamat-Lösebehälter im Projektzeitraum
mangels verfügbarem Polymer nicht möglich waren, wurde die Spinnanlage und die
entsprechenden Fahrweisen soweit optimiert, dass auch die Ausspinnung von
Kleinstmengen möglich ist.
- 46 -
Abb. 24: Carbamat-Pilotanlage in Kelheim: Carbamat-Lösebehälter
4.3.3.2 Versuche zur Herstellung von Carbamat-Spinnmassen
Die Herstellung der Carbamat-Spinnmasse sollte nach einer vom ITCF entwickelten
Methode erfolgen.
1. Vorlage von kaltem Wasser (ggf. mit Zugabe von Harnstoff)
2. Dispergierung des feuchten Carbamatpolymers unter Kühlung
3. Dosierung von „Starklauge (33%ig)“ in Slurry unter Kühlung
4. Über Nacht Lösen unter Kühlung
5. Evakuieren, Filtrieren -> Spinnen
Aufgrund von Schwierigkeiten mit der Synthese, konnte im Projektzeitraum vom
Projektpartner Dow Wolff Cellulosics kein Cellulosecarbamat (CC) einer
ausreichenden Qualität hergestellt werden, so dass kein vollständiger Ansatz einer
Carbamat-Spinnmasse durchgeführt werden konnte.
- 47 -
Vorversuch Batch-Ansatz
Um erste Erfahrungen mit der Herstellung von Carbamat-Spinnmassen zu erhalten,
wurde mit einer zum Ausspinnen ungeeigneten Carbamat Qualität 02/2008 ein
Grundlagenversuch zur Spinnmassenherstellung unternommen:
Nach Vorlage von 150 Liter Wasser im Carbamat-Lösebehälter der Pilotanlage
wurde schrittweise CC-Polymer zugegeben und das Anmaischverhalten untersucht.
Tab. 11: Lösungsherstellung
Versuch/Film Dosiermenge Poly [kg] Anteil CC/Poly [kg] Anteil H2O/Poly [kg] Gesamt-H2O [kg] CC in Slurry [%] CCiV [%]
1 36,5 10,95 25,55 175,55 5,87% 4,44%2 44,6 13,38 31,22 181,22 6,88% 5,26%3 55,9 16,77 39,13 189,13 8,14% 6,31%4 73,4 22,02 51,38 201,38 9,86% 7,77%5* 90 27 63 213 11,25% 9,00%
Die Untersuchung zeigt, dass bereits bei einem Anteil von 9,86% CC in der Maische
(entsprechend einem Anteil von 7,8% in der späteren Spinnmasse; Versuch 4) keine
ausreichende Durchmischung mehr erreichbar war. Eine wirtschaftlich sinnvolle
Rezeptur würde dagegen, analog Viskose, einen Polymeranteil von ~ 9% erfordern
(-> Versuch 5*). Die nach dem Lösen mit NaOH gemessenen Partikelzahlen lagen
auch nach Filtration außerhalb des Meßbereichs, so dass kein Spinnversuch
unternommen wurde.
In dem Vorversuch zeigte sich für die Übertragung in den Pilotmaßstab die dringende
Notwendigkeit einer Optimierung Der Ansatzrezeptur zur Spinnmassen-Herstellung.
Weitere Versuche im Carbamat-Lösebehälter konnten mangels Verfügbarkeit des
Polymers nicht durchgeführt werden.
Vorversuch Spinmassenherstellung im Labormaßstab
Nachdem vom Projektpartner kein Carbamat in einer ausreichenden Qualität
bereitgestellt werden konnte, stand im Mai 2009 erstmalig eine 500g-Menge eines in
Elsterberg hergestellter Carbamats zur Verfügung. Um in einer ersten
Kleinausspinnung die grundsätzliche Verspinnbarkeit an der Pilotanlage in Kelheim
zu testen, wurde eine Spinmassenherstellung im Labormaßstab durchgeführt.
Voruntersuchung Carbamat
Die Voruntersuchung des Cellulosecarbamat (CC) Ausgangsmaterials ergab die
folgenden Werte.
- 48 -
CC-DP: 289
CC-Trockengehalt: 91,7%
CC-Viskosität: 4,3 mPas
Herstellung Cellulosecarbamat-Spinnmasse
Die Spinnmasse wurde in mehreren Laboransätzen gemäß der vom ITCF
bereitgestellten Lösungsvorschrift zur Herstellung einer Cellulosecarbamat/
Natronlauge-Spinnlösung hergestellt. Das erhaltene Carbamat wurde 5 Wochen
nach der Synthese in Elsterberg umgesetzt; die in Meilenstein 1 geforderte
Lagerstabilität von > 4 Wochen war gegeben.
Fazit: Die verwendetet Vorschrift ist geeignet zur Herstellung von Spinnmassen im
Labormaßstab. Für einen Upscaling-Ansatz im Vorlagenbehälter an der Kelheimer
Pilotanlage ist diese Vorschrift, insbesondere im Bezug auf die zu lange Zugabezeit
und die erreichte niedrige Stoffdichte, nicht 1:1 umsetzbar. Außerdem ist die
Rezeptur an den konkreten Bereich des CC-DP anzupassen, um eine geeignete
Viskosität einzustellen. Es besteht daher in diesem Punkt Bedarf für weitere
orientierende Versuche im Labormaßstab.
Untersuchung Cellulosecarbamat-Spinnmasse
Die hergestellte Spinnmasse ließ sich wie folgt charakterisieren:
• Spinnmassen Anteile:
CCiV = 7,84%
SiV = 7,32%
Harnstoff = 4% (Zugabe; nicht bestimmt)
• CC-Werte [Part. Anzahl / mL Viskose]
> 4,6µm = 24543
> 8,1µm = 4420
> 20,9µm = 30
• Viskosität (Kugelfallzeit)
5°C / 10°C / 15°C = 96,4 / 73,3 / 57,6sec
Fazit: Bezüglich der Partikelzahlen war die Spinnmasse zwar deutlich außerhalb des
Spezifikationsbereichs für die Kelheimer Viskosespinnmasse (P> 8,1µm = 2500),
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lag aber im verspinnbaren Bereich. Die Viskosität der Spinnmasse lag auch bei 15°C
noch deutlich über der Obergrenze für Kelheimer Spinnviskose (48sec). Andererseits
besteht die Empfehlung die Carbamat-Viskose bei < 20°C zu verspinnen. Die
Rezeptur muss daher für einen höheren DP angepasst werden.Die erhaltene
Spinnmasse wurde für einen ersten Spinnversuch eingesetzt.
4.3.3.3 Spinnversuche
Mangels Ausgangspolymer konnte im Projektzeitraum nur ein erster orientierender
Spinnversuch im Kleinstmaßstab durchgeführt werden. Verwendet wurde dabei die
im Kelheimer Labor hergestellte Spinnmasse aus Elsterberg-Cellulosecarbamat
(Herstellung siehe II.2.2).
Die grundlegenden Anlagenparameter im Spinnversuch waren wie folgt: Temperaturen: Spinnmasse: ca. 18°C an Spinnstelle
(Kompromiss aus niedriger Viskosität und Vermeidung von Koagulation)
Spinnbad: ca. 30°C Spinnbadzusammensetzung: 5%H2SO4 / 13% Na2SO4
Streckbad 1/2: Heißwasser
Spinnparameter: Düse = 60µm/3000 Düsenverzug = 1 Hauptversteckung = 20% Abzug = 36m/min Bedingt durch die Schwierigkeiten beim Anspinnen und der limitierten Menge an
Spinnmasse konnte nur eine Optimierung der Spinnparameter nicht durchgeführt
werden.
Spinnverhalten
Es war im Versuch möglich die Carbamat-Viskose zu verspinnen, allerdings war das
Spinnverhalten problematisch:
• Die Quellung des Kabels im Spinnbad war sehr hoch. Das Anspinnen war auf Grund der geringen Festigkeit und daraus resultierenden Abrissen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.
• Auch nach erfolgreichem Anspinnen kam es wiederholt zu Abrissen im Bereich der Verstreckung.
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Fazit: Es konnte gezeigt werden, dass die Carbamat-Viskose auf der Kelheimer
Pilotanlage grundsätzlich verspinnbar ist. Für die Ausspinnung von Cellulose-
Carbamamt im Pilotmaßstab wäre es dringend notwendig, die grundlegenden
Spinnparameter im Kleinmaßstab weiter zu optimieren. Insbesondere muß die
Quellung im Spinnbad unterdrückt werden um die Festigkeit des Kabels zu steigern.
Nachbehandlung Das erhaltene Kabel wurde auf 40mm Stapel geschnitten, in heißem Wasser
aufgeschwemmt und anschließend mit heißem Wasser gewaschen.
Beobachtungen:
• Das Carbamat-Kabel ist nach der Ausspinnung noch deutlich opak und
möglicherweise noch nicht vollständig regeneriert/koaguliert. Nach dem
Aufschwemmen in Heißwasser wird die Faser deutlich weißer.
• Die Carbamatfaser schwimmt beim Aufschwemmen im Gegenteil zur
Viskosefaser nicht auf (kein Auftrieb durch Gasentwicklung) und setzt sich am Boden
des Aufschwemmbottichs ab.
Aufgrund der erkennbar sehr hohen Quellung der nassen Faser wurde auf eine
Nachbehandlung der Faser mit Abpressung verzichtet, da dieses mit Sicherheit zu
einem Zerquetschen der Faser an den Abpressungen geführt hätte.Die Faser wurde
daher per Hand aviviert und anschließend an der Luft getrocknet.
Fazit: Auch aus Sicht der Nachbehandlung ist für die Ausspinnung größerer Mengen
dringend notwendig, die grundlegenden Spinnparameter im Kleinmaßstab weiter zu
optimieren. Die Quellung der fertig ausgesponnen Faser muss für eine
Nachbehandlung im kg-Maßstab deutlich verringert werden.
Ausprüfung der Faser
In der Versuchsausspinnung konnten 40g Carbamat-Fasern hergestellt werden. Die
grundlegenden Parameter dieser Versuchsfasern wurden wie unten folgt ausgeprüft.
Eine Prüfung der textilen Weiterverarbeitbarkeit war auf Grund der geringen
Fasermenge nicht möglich.
Es wurden Querschnittsaufnahmen der getrockneten Faser, sowie der getrockneten
Faser nach Benetzung mit Wasser angefertigt. Es zeigt sich, dass die Faser bei
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Wasseraufnahme eine Volumenvergrößerung (Querschnitt; Längsquellung nicht
ermittelt) auf ca. 320% durchläuft. Dieser Wert liegt weit über dem Wert für Standard-
Viskosefasern (Quellfaktor ca. 160%). Die hohe Quellung wirkt sich zwar positiv auf
die Absorptionseigenschaften aus, führt aber zu Schwierigkeiten bei der
Nachbehandlung (Abbildungen 25 und 26).
Abb. 25: Carbamat Faser, getrocknet Abb.26: Carbamat-Faser, gequollen Faserwerte Es wurden folgende Faserwerte ermittelt:
• Faserwerte (40 Einzelwerte) Gemessen Ziel Meilenstein 2
Faserdehnung: 11%; s = 6,95 > 8% Faserfestigkeit: 8,33cN/tex; s = 2,01 > 15cN/tex Titer: 2,56dtex; s = 0,29
• Wasserrückhaltvermögen: 160,1% (Viskose ca. 80%) • Feuchte, klimatisiert: 10,8%
Fazit: Die Streuung der Faserwerte war sehr hoch; die Werte an sich liegen noch
nicht im Meilenstein 2 angestrebten Bereich. Eine grundlegende Optimierung der
Spinnparameter ist notwendig.
4.3.3.4 Zusammenfassung
Die Installation und Inbetriebnahme der Carbamat-Pilotanlage in Kelheim erfolgte
zeitgerecht. Mangels Bereitstellung eines Carbamat Polymers in ausreichender
Qualität konnten im Projektzeitraum keine Upscaling-Versuche durchgeführt werden.
Ein orientierender Vorversuch zur Herstellung einer Spinnmasse und zur
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Ausspinnung von Carbamat-Fasern im Kleinstmaßstab zeigte die Notwendigkeit
einer weiteren Voroptimierung von Ansatz- und Ausspinnparametern.
4.4 Faserweiterverbeitung
Eine Faserweiterverarbeitung bei den Projektpartnern Lohmann Rauscher, Triumph,
Eswegee und Techtex konnte aufgrund der Syntheseproblem und der fehlenden
Fasersubstrate nicht durchgeführt werden.
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5. Zusammenfassung, Verwertbarkeit der Ergebnisse
Die Carbamatsynthese wurde zu Projektbeginn am ITCF und bei Dow Wolff
Cellulosics (DWC) im Labormaßstab auf die Anforderungen der Technikumssynthese
angepasst. Ein wesentlicher Verfahrensunterschied zur patentierten ITCF-
Carbamatsynthese war der Synthesestart unter Druck und das Abdestillieren von
Methanol nach Entspannen des Reaktionsgemisches. Diese Unterschiede in der
Verfahrensführung waren notwendig, um die Synthese im technischen Maßstab bei
DWC durchzuführen. Es wurden mehrere Synthesen in Laborautoklaven
durchgeführt und repräsentative Verfahrensparameter für den Transfer auf die
Technikumsanlage erarbeitet. Die im Labor unter Druck hergestellten
Cellulosecarbamate erfüllten die Kriterien des 1. Meilensteins.
Obwohl die Aufheizzeiten im Vergleich zur Laborsynthese erhöht waren, konnte die
vorgesehene Syntheseoptimierung im Technikum bei DWC hinsichtlich
Reaktionszeit, Reaktionstemperatur und Cellulose-Harnstoffverhältnis erfolgreich
durchgeführt. Die Synthese erfolgte hierbei im 100 kg-Maßstab. Wichtige Kriterien
des 1. Meilensteines „Cellulose-carbamatqualität“ wie Lagerstabilität des Produktes,
Erzielung der geforderten Lösekonzentration in Natronlauge konnten nach
Syntheseoptimierung mit den Produkten aus der Technikumssynthese erfüllt werden.
Allerdings wurden bei allen Ansätzen nicht umgesetzte Cellulosebruchstücke und
Gelteilchen in den Spinnlösungen gefunden. Diese im niedrigen Prozentbereich
auftretenden Partikel können bei der Aufarbeitung des Carbamates nicht abgetrennt
werden. Es ist technisch bisher auch nicht gelungen die Gelteilchen und die kleinen
Partikelanteile in der Spinnlösung zu filtrieren.
Diese Inhomogenitäten führen zu einem instabilen Spinnprozess: Diese
Carbamatqualitäten konnten auf der neuinstallierten Technikumsspinnanlage bei
Kelheim Fibres nicht verarbeitet werden. Damit waren mit den
Cellulosecarbamatprodukten aus der Technikumssynthese bei DWC die Kriterien
des 1. Meilensteines nicht erfüllt
Es hat sich gezeigt, dass im Horizontalreaktor nach der Reaktion an der Rührwelle
und am Reaktorstirndeckel Anbackungen des Reaktionsgemisches (fester Harnstoff
mit Cellulosefasern) gefunden wurden, in denen die Reaktion stoppt. Diese
Anbackungen werden durch lokale Abkühlung des Reaktionsgemisches verursacht.
Eine aktive Heizung der Rührwelle und des Reaktorstirndeckels ist nicht möglich.
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Beim Fluten des Reaktors mit Wasser zum Austragen des Reaktionsproduktes und
zur Antrennung des Harnstoffes werden diese Anbackungen abgelöst.
In Technikumssynthesen wurde versucht, die Verunreinigung der Produkten mit nicht
umgesetzter Cellulose zu vermeiden. Deshalb wurde nach Ende der Reaktionsphase
der Reaktor nicht mit Wasser geflutet, sondern direkt in noch heißem Zustand
geöffnet. Augenscheinlich gut carbamatisierte Teile der noch heißen
Reaktionsmischung wurden nun mittels einer Schaufel aus dem Reaktor selektiert,
mehrfach mit heißem Wasser gewaschen, d.h. die Anbackung wurde nicht aus dem
Reaktor ausgetragen. Diese händische Austragung des Reaktionsgemisches ist die
zur Zeit bestmögliche Vorgehensweise zur Abtrennung nicht umgesetzter Cellulose
bei DWC. Dennoch kann auch hierbei nicht ausgeschlossen werden, dass sich kleine
Teile der Anbackungen aufgrund der intensiven Durchmischung mit dem
Flugscharrührer bereits abgelöst haben.
Die Lösequalität der Cellulosecarbamate konnte zwar deutlich verbessert, war aber
im Hinblick auf die Anforderungen zur Herstellung von Spinnlösungen nicht
zufriedenstellend. Die Laborspinnversuche am ITCF mussten aufgrund der
Verstopfung der standardmäßig eingebauten Filter und zahlreicher Filamentbrüche
nach einiger Zeit abgebrochen werden. Aus diesem Grund konnten mit der DWC-
carbamatqualität bei Kelheim Fibres keine Spinnversuche durchgeführt werden.
Aufgrund der Probleme mit der Produktqualität konnten die Arbeiten nicht planmäßig
durchführen können, weshalb auch die Faserherstellung durch Kelheim Fibers nicht
zeitgemäß durchgeführt werden konnte. Abhängig hiervon waren auch die
Faserweiterverarbeitungs- und Charakterisierungsschritte der anderen Partner.
Es wurde vereinbart weiter potenzielle Partner zur Durchführung der
Carbamatsynthese zu suchen. Es wurden deshalb Versuche mit den neuen Partnern
EP Elsterberg GmbH und LIST AG durchgeführt.
Die Firma EP Elsterberg hatte alle Vorrausetzungen die Carbamtsynthese nach den
ITCF-Parametern durchzuführen. Vorhanden waren 6 exgeschützte, mantelbeheizte
Kneter im Volumen von ca. 5000 l, die mit den geforderten Temperaturen bis 160°C
beheizbar sind. Aufgrund des Exschutzes der Anlagen und der entsprechenden
Reaktorbestückung können die Prozesschemikalien Methanol und Ammoniak
problemlos gehandhabt werden. Am Standort wird außerdem Alkalicellulose
hergestellt: eine Grundvoraussetzung für die schnelle Umsetzung der Synthese.
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Am ITCF wurde zunächst die Elsterberger Alkalicellulose umgesetzt und eine
hervorragende Produktqualität erzielt, mit der wir 10%ige partikelfreie Spinnlösungen
herstellen konnte. Es wurden Filament-Spinnversuche mit der "Elsterberger-
Carbamatqualität" durchgeführt. In Versuchen hat sich die Alkalicellulose aus
Elsterberg als gut geeignet erwiesen. Die Versuche haben gezeigt, dass ein
Cellulosecarbamat mit hervorragenden Eigenschaften in hoher Reproduzierbarkeit
aus der vorliegenden Alkalicellulose-Qualität hergestellt werden konnte. Zur
Vorbereitung der Synthese im 50 – 100 kg Maßstab wurde von der technischen
Leitung in Elsterberg entsprechende Leihkneter gesichtet. Aus firmenpolitischen
Gründen (bevorstehende Insolvenz) konnten die Technikumssynthese nicht
durchgeführt werden. Kelheim Fibres wurde mit ca. 1kg der neuen Carbamatqualität
bemustert, um dort erste Erfahrungen zu sammeln. Es ist gelungen partikelfreie und
verspinnbare Lösungen herzustellen.
Die Versuche mit LIST wurden in enger Zusammenarbeit mit DWC und dem ITCF
durchgeführt. Danach wurde am ITCF unter Beteiligung von LIST und DWC eine
Carbamatsynthese im Kneter nach dem ITCF-Verfahren durchgeführt und jeder
einzelnen Syntheseschritt erläutert und analysiert. Aus diese Prozeßanalyse konnte
geschlossen werden, dass die Synthese im LIST Technikum kontinuierlich
durchgeführt werden kann. Es wurden in keinem Einzelprozessschritt wesentliche
technische Probleme gesehen.
Die Carbamtsynthesen im Technikum bei LIST waren sehr erfolgreich. Alle Produkte
zeigen gute bis sehr gute Löseeigenschaften und sind für die Faserherstellung
geeignet. Die Ergebnisse der Batch-Versuche bilden eine ideale Parameterbasis für
den nächsten Schritt: die kontinuierliche Cellulosecarbamatsynthese. Dies konnte im
Rahmen des Projektes aufgrund der fortgeschrittenen Projektlaufzeit nicht mehr
durchgeführt werden.
Die Installation und Inbetriebnahme der Carbamat-Pilotanlage in Kelheim erfolgte
zeitgerecht. Mangels Bereitstellung eines Carbamat Polymers in ausreichender
Qualität konnten im Projektzeitraum keine Upscaling-Versuche durchgeführt werden.
Eine Faserweiterverarbeitung bei den Projektpartnern Lohmann Rauscher, Triumph,
Eswegee und Techtex konnte aufgrund der Syntheseproblem und der fehlenden
Fasersubstrate nicht durchgeführt werden.
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6. Verwertungsplan der Ergebnisse
Eine Verwertung der bislang erzielten Ergebnisse ist erst möglich, wenn eine
Cellulosecabamatqualität aus ausreuchender Menge synthetisiert werden kann, in
einer Qualität, die alle Forderungen des 1. Meilensteines erfüllt. Bezüglich der
Carbamatmenge und Produktqualität besteht vor allem bei der kontinuierlichen
Synthese in einer Kneteranlage, wie sie bei LIST eingesetzt wurde, die Chance das
in vollem Umfang zu realisieren. Die wesentlichen Prozessparameter wurden im
Forschungsprojekt erarbeitet. Die Grundvoraussetzungen zur Erspinnung von Fasern
aus Cellulosecarbamat sind realisiert. Die Chance einer erfolgreichen Umsetzung der
Carbamattechnologie und der Einführung der hiermit zu produzierenden neuen
Fasergattung in die Textilindustrie ist daher nach wie vor gegeben.
7. Fortschritte anderer Stellen mit Bezug zum Forschungsprojekt
Nach unserem Kenntnisstand wurden im Projektzeitraum keine Ergebnisse publiziert,
die für das Forschungsprojekt relevant sind.
Denkendorf, den 1.03.2010
Dr. Frank Hermanutz