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Abschlussbericht zur Modellprojektphase 2013-2015 Mannheimer Zentrum für Empirische Mehrsprachigkeitsforschung gGmbH Postfach 10 21 04, 68021 Mannheim Dezember 2015

Abschlussbericht - anna-freud-lu.de · 1. Gliederung des vorliegenden Berichts Der Abschlussbericht zum Projekt Sprache macht stark! – Fachschule beschreibt die zweite Modellprojektphase

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Abschlussbericht zur Modellprojektphase 2013-2015

Mannheimer Zentrum für Empirische Mehrsprachigkeitsforschung gGmbH

Postfach 10 21 04, 68021 Mannheim

Dezember 2015

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Zusammenfassung

Der vorliegende Abschlussbericht beschreibt die zweite Phase des Modellprojekts Sprache

macht stark! – Fachschule zur Professionalisierung der nicht-akademischen fachschulischen

Ausbildung von angehenden pädagogischen Fachkräften im Bereich Spracherwerb und

Sprachförderung, das in den Schuljahren 2013-2015 an der Helen-Keller-Schule Weinheim,

der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim und der Berufsbildenden Schule Sozialwesen,

Gesundheit und Hauswirtschaft (BBS SGH) Ludwigshafen dank des Engagements von BASF SE

im Kontext der Initiative „Offensive Bildung“ durchgeführt wurde.

Der Bericht dokumentiert die Durchführung und Modifizierung eines train-the-trainer-

Konzepts zur Vermittlung von Sprachförderkompetenzen, das nach der aktuellen

Modellprojektphase bundeslandübergreifend in der fachschulischen Ausbildung zum Einsatz

kommen kann. Die Erkenntnisse aus beiden Modellprojektphasen sind zusätzlich in einem

gesonderten Konzepttext für den Rollout des Projektes festgehalten (vgl. MAZEM 2015a).

Darüber hinaus enthält der Abschlussbericht die individuellen, schuleigenen Curricula der

drei Projektschulen, die im Zuge des train-the-trainer-Konzepts entstanden sind und an den

Fachschulen künftig in den entsprechenden Lernmodulen bzw. –feldern verbindlich in der

Ausbildung von ErzieherInnen eingesetzt werden.

Während der Laufzeit der zweiten Modellprojektphase wurden an den drei Fachschulen

insgesamt rund 350 FachschülerInnen aus 12 Klassen in der ErzieherInnenausbildung von 13

FachlehrerInnen im Bereich Sprache unterrichtet. Nach Beendigung der Ausbildung bringen

die AbsolventInnen ihr Wissen über Sprache und Sprachförderung an unterschiedlichen

Orten von der Krippe bis hin zur Ganztagesschule ein.

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Hinweis auf weitere Projektdokumente

Der vorliegende Abschlussbericht zur zweiten Modellprojektphase steht im Verbund mit

weiteren Dokumenten, die im Rahmen des Projekts entstanden sind:

Der Abschlussbericht (MAZEM 2013) zur ersten Modellprojektphase des Projekts Sprache

macht stark! – Fachschule von 2011 bis 2013 beschreibt die Entwicklung, Erprobung und

Modifikation eines train-the-trainer-Konzepts zur Vermittlung von Sprachförder-

kompetenzen an Fachschulen. Im Rahmen des train-the-trainer-Konzepts entstand ein

schuleigenes Curriculum am Fröbelseminar der Helene-Lange-Schule in Mannheim, das

künftig verbindlich in der Ausbildung von ErzieherInnen eingesetzt wird. Auszüge des

schuleigenen Curriculums sowie Erfahrungen aus der ersten Modellprojektphase sind im

Abschlussbericht dargelegt.

Das Ideale Curriculum (MAZEM 2015b) enthält Materialien sowie methodisch-didaktische

Hinweise zur Vermittlung von Inhalten zum Thema Spracherwerb, Sprachförderung und

Diagnostik im fachschulischen Unterricht und bildet einen Ausgangspunkt für die

Entwicklung schuleigener Curricula. Das Ideale Curriculum ist im Rahmen der ersten

Modellprojektphase entstanden und wird kontinuierlich überarbeitet und um neue

Materialien und Unterrichtsideen erweitert.

In den Forschungsberichten (Universität Mannheim 2013, Universität Mannheim in Vorb.)

sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung der ersten und zweiten

Modellprojektphase des Projekts, die von der Universität Mannheim durchgeführt wurde,

dokumentiert.

Der Konzepttext (MAZEM 2013, 2015a) beschreibt die theoretische Fundierung von Sprache

macht stark! – Fachschule. Das Konzept hat zum Ziel, die Ausbildung pädagogischer

Fachkräfte für Kindertagesstätten im Bereich Spracherwerb und Sprachförderung zu

optimieren. Es führt die Ressourcen und Kompetenzen der Fachschule, Best-Practice-

Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der linguistischen und pädagogischen

Forschung zusammen und erreicht so eine nachhaltige Optimierung und Qualitätssicherung

der Ausbildung.

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INHALT

1. Gliederung des vorliegenden Berichts 5

2. Ausgangslage des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule 5

3. Ziele und Zielgruppe des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule 6

3.1. Anbindung an Sprache macht stark! 7

3.2. Ziele des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule 9

4. Projektvoraussetzung: Ideales Curriculum 13

4.1. Aufbau und Inhalt des Idealen Curriculums 14

4.2. Modifizierung des Idealen Curriculums nach der ersten und zweiten Modellprojektphase 17

5. Projektteilnehmende und Projektorganisation 18

5.1. Lenkung des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule 18

5.2. Auswahl der teilnehmenden Projektschulen 20

5.3. Rahmenbedingungen der Projektschulen 20

6. Projektaufbau und -verlauf 25

6.1. Ziele für die Projektschulen 25

6.2. Projektverlauf 27

7. Beschreibung der schuleigenen Curricula 31

7.1. Baden-Württemberg: Helen-Keller-Schule Weinheim 33

7.2. Rheinland-Pfalz: BBS SGH Ludwigshafen am Rhein 39

7.3. Hessen: Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim 43

7.4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der schuleigenen Curricula 48

8. Perspektiven und Empfehlungen 50

8.1. Rollout 50

8.2. Nachhaltigkeitsmaßnahmen: Schulinterne Weiterarbeit und „Erreichtes Verstärken“ 51

9. Öffentlichkeitsarbeit 53

Referenzen 55

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1: Sprache macht stark!: Die drei Säulen der Sprachförderung. 7

Abb. 2: Das Sprachförderkompetenzmodell nach Hopp et al. (2010). 9

Abb. 3: Themenbereiche (l.) und Ebenen (r.) des Idealen Curriculums zum Erwerb von Sprachförderkompetenzen. 15

Abb. 4: Inhalte und didaktisch-methodische Umsetzung des Aspekts „Gestaltung von sprachförderlichem Input“ auf den drei Ebenen Wissen, Können und Machen des Idealen Curriculums. 16

Abb. 5: Grundsätzliche Bestandteile eines schuleigenen Curriculums. 17

Abb. 6: Organigramm des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule (2. Modellprojektphase). 18

Abb. 7: Ablauf des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule. 27

Abb. 8: Erläuterungen und Lernziele zur Teileinheit (1) Was ist Sprache? aus dem schuleigenen Curriculum der Helen-Keller-Schule Weinheim. 32

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Tabelle 1: Verteilung der Inhalte des Lernfelds „Sprachliche Lern- und Bildungsprozesse planen, eröffnen und begleiten“ auf zwei Schuljahre in Teilzeit- und praxisintegrierter Ausbildung in Baden-Württemberg. 36

Tabelle 2: Themen- und Teileinheiten des schuleigenen Curriculums der Helen-Keller-Schule Weinheim. 37

Tabelle 3: Themen- und Teileinheiten des schuleigenen Curriculums der BBS SGH Ludwigshafen. 42

Tabelle 4: Inhalte aus dem Lerngebiet Deutsch der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim. 44

Tabelle 5: Themen- und Teileinheiten des schuleigenen Curriculums der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim. 45

Tabelle 6: Vergleich der drei schuleigenen Curricula. 49

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1. Gliederung des vorliegenden Berichts

Der Abschlussbericht zum Projekt Sprache macht stark! – Fachschule beschreibt die zweite

Modellprojektphase von Januar 2014 bis Dezember 2015 in insgesamt neun Kapiteln. Die

Ausgangslage des Modellprojekts wird in Kapitel 2 erläutert. Ziele und Zielgruppe des

Projekts werden nachfolgend in Kapitel 3 dargestellt. Als Grundlage für die Zusammenarbeit

mit pädagogischen Fachschulen wurde im Rahmen der ersten Modellphase des Projekts ein

Ideales Curriculum konzipiert, das neben theoretischen Inhalten zum Spracherwerb und zur

Sprachförderung auch methodisch-didaktische Ansätze für den Fachschulunterricht enthält.

Entwicklung, Inhalte und Anpassungen dieses Idealen Curriculums nach der ersten und

zweiten Modellprojektphase werden in Kapitel 4 skizziert. Kapitel 5 enthält Informationen zu

den teilnehmenden Projektschulen – der Helen-Keller-Schule Weinheim, der Elisabeth-

Selbert-Schule Lampertheim und der Berufsbildenden Schule Sozialwesen, Gesundheit und

Hauswirtschaft (BBS SGH) Ludwigshafen – den dortigen Rahmenbedingungen und den am

Projekt beteiligten Personen. Verlauf und Phasen der zweiten Modellprojektphase werden

anschließend in Kapitel 6 illustriert. Kapitel 7 bildet das Ergebnis der Zusammenarbeit mit

den Projektschulen ab, indem es die im Rahmen des Projekts mit den Fachschulen

entwickelten schuleigenen Curricula detailliert beschreibt. Kapitel 8 beleuchtet Perspektiven

und gibt Empfehlungen für die Nachhaltigkeit und für die künftige Umsetzung des Konzepts

in einem Rollout, die auf den im Modellprojekt gemachten Erfahrungen aus beiden

Modellprojektphasen basieren. Auf Vorträge und Veranstaltungen im Kontext des Projekts

weist abschließend Kapitel 9 hin.

2. Ausgangslage des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule1

Sprachförderung ist eine zentrale Aufgabe für pädagogische Fachkräfte in deutschen

Kindertagesstätten (Janssen 2010) – unter anderem wird dies in den länderspezifischen

Bildungs- und Erziehungsempfehlungen zum Ausdruck gebracht (für Baden-Württemberg

vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011a). Die Vermittlung

der für die Sprachförderung notwendigen Kompetenzen ist daher auch ein grundsätzlicher

1 Die folgenden Abschnitte entsprechen den jeweiligen Abschnitten des Abschlussberichts zur ersten

Modellprojektphase und wurden aktualisiert.

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Bestandteil der Ausbildung pädagogischer Fachkräfte an Fachschulen für Sozialpädagogik

bzw. Sozialwesen2.

Aufgrund des föderalen Bildungssystems in Deutschland ist die fachschulische Ausbildung

nicht einheitlich organisiert und strukturiert. Nicht zuletzt bestehen erhebliche Unterschiede

in den Inhalten der Lehr- und Bildungspläne sowie in den Möglichkeiten zu deren

Ausgestaltung in der Unterrichtspraxis (Janssen 2010).

Die Beschreibung der für Sprachförderung und sprachliche Bildung zu erwerbenden

Kompetenzen erfolgt in den Lehrplänen zumeist nur stichpunktartig und exemplarisch (vgl.

Kapitel 7). Aufgabe der FachschullehrerInnen ist es, aus diesen Stichpunkten konkrete

Inhalte abzuleiten und diese im Rahmen der vorgegebenen Stunden adressatengerecht zu

vermitteln. Positiv betrachtet bedeutet dies ein großes Maß an gestalterischen Freiräumen,

birgt aber auch die Gefahr der Orientierungslosigkeit in einem Bereich, in dem die Forschung

in den letzten Jahren zahlreiche neue Erkenntnisse gewinnen konnte.

Auch der zeitliche Umfang, der für sprachförderbezogene Themen vorgesehen ist, variiert

mitunter stark in den verschiedenen Bundesländern (vgl. Senatsverwaltung für Bildung,

Jugend und Wissenschaft 2011).

In diesem Spannungsfeld bewegt sich das Projekt Sprache macht stark! – Fachschule, dessen

Ziele und Zielgruppe im folgenden Kapitel beschrieben werden.

3. Ziele und Zielgruppe des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule

Mit der Initiative „Offensive Bildung“ wurden 2005 in Ludwigshafen am Rhein durch das

gesellschaftliche Engagement von BASF SE sieben Projekte ins Leben gerufen, die die

frühkindliche Bildung in Kindertagesstätten unterstützen (www.offensive-bildung.de). Neben

Projekten mit Schwerpunkten der Naturpädagogik, Naturwissenschaften, Erzählkultur,

interkulturellen Begegnung und Kreativität widmet sich das Projekt Sprache macht stark!

gezielt dem Thema Sprachförderung für zwei- bis vierjährige Kinder mit

Migrationshintergrund beziehungsweise Kindern aus bildungsbenachteiligten Familien

(Lemke, Kühn, Long, Ludwig, Messinger & Wagner 2007).

Seit 2010 hat sich die "Offensive Bildung" weiterentwickelt und ist inzwischen

ein fester Bestandteil der frühen Bildungslandschaft der Metropolregion

Rhein-Neckar geworden. Neue Themeninhalte wurden aufgegriffen und

2 Es existieren unterschiedliche Bezeichnungen je nach Bundesland. Im Folgenden wird der Begriff „Fachschule

für Sozialpädagogik“ verwendet.

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zusätzlich zu den Kindertagesstätten wurden mit Grund- und Fachschulen

seit 2011 neue Zielgruppen in den Blick genommen.

Im Zuge dieser Weiterentwicklung entstand die Idee zum Modellprojekt Sprache macht

stark! – Fachschule. Hier wurden die langjährigen praktischen Erfahrungen und

Erfolgsfaktoren von Sprache macht stark! aus der Kita in die fachschulische Ausbildung

überführt.

3.1. Anbindung an Sprache macht stark!

Sprache macht stark! – Fachschule ist eine logische Ergänzung des erfolgreichen Kita-

Konzepts Sprache macht stark!, das im Rahmen der „Offensive Bildung“ von 2005 bis 2009 in

enger Zusammenarbeit zwischen der Universität Mannheim und der Stadt Ludwigshafen am

Rhein entwickelt und in bislang mehr als 70 Kindertagesstätten implementiert wurde

(Krempin, Mehler & Tracy 2009, Krempin, Mehler & Thoma 2011, Lemke et al. 2007).

Das umfangreiche Qualifizierungskonzept befähigt ErzieherInnen dazu, intensive

Sprachförderung für zwei- bis vierjährige Kinder aus sozial- und bildungsbenachteiligten

Familien und/oder Familien mit Migrationshintergrund auf drei Säulen, d.h. in Kleingruppen,

Eltern-Kind-Gruppen und im pädagogischen Alltag durchzuführen. Alle drei Säulen sind

miteinander vernetzt, so dass eine kontinuierliche Förderung entsteht und alle relevanten

Interaktionspartner der Kinder in die Sprachförderung einbezogen werden.

Abb. 1: Sprache macht stark!: Die drei Säulen der Sprachförderung.

Während im Rahmen des Konzepts Sprache macht stark! ausgebildete ErzieherInnen in ihren

Einrichtungen umfangreich zu Sprachförderkräften weiterqualifiziert werden, verfolgt das

Modellprojekt Sprache macht stark! – Fachschule das Ziel, bereits die Ausbildung künftiger

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pädagogischer Fachkräfte zu stärken, indem die Vermittlung der für die Sprachförderung

und sprachliche Bildung nötigen Grundlagen optimiert wird.

Sowohl Sprache macht stark! als auch Sprache macht stark! – Fachschule basieren auf

linguistischen und pädagogischen Prinzipien zur Sprachförderung (List 2010). Diese spiegeln

sich auch in allgemeinen Sprachförderkompetenzmodellen wie dem von Hopp, Thoma &

Tracy (2010) wider, das theoretische (Wissen und Können) und praktische Kompetenzen

(Machen) pädagogischer Fachkräfte zur Sprachförderung, insbesondere in mehrsprachigen

Kontexten, aufzeigt. Die Kompetenzen in den einzelnen Bereichen Wissen, Können und

Machen werden im Modell sukzessive ausdifferenziert, d.h. Erfordernisse und Kenntnisse,

über die pädagogische Fachkräfte in Sprachfördersituationen im Idealfall verfügen, werden

auf der jeweiligen Ebene spezifiziert (vgl. Abb. 2). Der Bereich Wissen beinhaltet Kenntnisse

zur Struktur und Funktion von Sprache(n), zu (mehrsprachigen) Spracherwerbsprozessen

und zur Sprachstandsdiagnostik. Der Bereich Können umfasst die grundsätzliche Befähigung

zur Durchführung von Sprachförderung. Können schließt die Auswahl, Anwendung und

Auswertung sprachdiagnostischer Maßnahmen (Methodik und Instrumente) ein sowie die

Konsequenzen, die sich daraus für die Förderung ergeben, z.B. in Form von abzuleitenden

Förderempfehlungen. Der Bereich Machen beschreibt die Umsetzung von Sprachförderung

unter den gegebenen Echtzeit- und Randbedingungen in den jeweiligen

Sprachfördersituationen anhand von Methoden und Strategien der Sprachförderkraft.

Sprachförderung wird auch durch Einstellungen von pädagogischen Fachkräften zu

Sprachförderung und Mehrsprachigkeit mitbestimmt. Eine kritische Reflexion negativer

Stereotypen zu Mehrsprachigkeit und über die eigene Qualifikation ist Teil von

Sprachförderkompetenz im Bereich Einstellungen.

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Abb. 2: Das Sprachförderkompetenzmodell nach Hopp et al. (2010).

Die notwendigen Sprachförderkompetenzen müssen von ErzieherInnen häufig in

zusätzlichen Weiterbildungsveranstaltungen erworben werden. In Rheinland-Pfalz haben

beispielsweise in den letzten Jahren fast 10 000 pädagogische Fachkräfte an Fortbildungen

im Bereich Sprachförderung teilgenommen, die vom Land gefördert wurden (Ministerium

für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur 2011). Häufig bleibt jedoch unklar, ob

nach solchen Weiterbildungen überhaupt Wissens- bzw. Kompetenzzuwächse bei den

TeilnehmerInnen erfolgen (Thoma et al. 2011).

Um den Erwerb von Sprachförderkompetenzen bereits in der Ausbildung zu intensivieren,

legt das Projekt Sprache macht stark! – Fachschule seinen Schwerpunkt auf die Stärkung und

Weiterentwicklung der fachschulischen Ausbildung im Bereich Sprachförderung und

sprachliche Bildung. Im folgenden Abschnitt werden die Ziele des Modellprojekts genauer

erläutert.

3.2. Ziele des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule

Allgemeines Ziel des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule war die Entwicklung und

Implementierung eines praxiserprobten train-the-trainer-Konzepts, das Fachschul-

lehrerInnen bei der Vermittlung von Sprachförderkompetenzen sowohl in theoretischer als

auch in didaktischer Hinsicht unterstützt. Das Konzept ist flexibel genug um auf individuelle,

schulspezifische Bedarfe zu reagieren und bundeslandübergreifend einsatzfähig (MAZEM

2015a).

Die konkrete Anwendung und Umsetzung des train-the-trainer-Konzepts an ausgewählten

Fachschulen dient dazu, ein schuleigenes Curriculum zur Vermittlung von Sprachförder-

kompetenzen für die jeweilige Fachschule zu konzipieren und umzusetzen. Mit dem Ziel, die

schuleigenen Ressourcen zu stärken, baut das schuleigene Curriculum auf an der Schule

bereits bestehende Unterrichtspraktiken und -materialien auf. Im Rahmen des train-the-

trainer-Konzepts, das aus Fortbildungen, Arbeits- und Reflexionstreffen besteht, wird das

schuleigene Curriculum gemeinsam mit der Fachschule ausgestaltet, so dass fachliche und

didaktische Kompetenzen aller Beteiligten eingebunden werden.

Durch die kooperative Herangehensweise soll das Projekt die Ausbildung in den Bereichen

Sprache und Sprachförderung nachhaltig optimieren und zur Qualitätssicherung beitragen.

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Dabei sollen die systemischen und curricularen Vorgaben des Bundeslandes ebenso

berücksichtigt werden wie spezifische schulinterne Vorgaben und Bedingungen.

Vor der ersten Modellprojektphase wurden in einem Projektauftrag für verschiedene

Projektteilnehmende und -bereiche konkrete Ziele formuliert, die es zu erreichen galt. Diese

sind im Folgenden aufgeführt (vgl. MAZEM 2012). Nach jedem Ziel erfolgt ein Hinweis

darauf, in welchem Kapitel des vorliegenden Berichts die Erreichung dieses Ziels ausführlich

beschrieben ist.

Ziele für die Fachschule:

Die Fachschule hat in Kooperation mit dem MAZEM eine Zielvereinbarung für das

schuleigene Curriculum erstellt, die auf einer Analyse des Ist-Zustands der schulischen

Ausbildung künftiger pädagogischer Fachkräfte basiert.

→ Während der Bedarfsanalyse zu Projektbeginn wurden gemeinsam mit den

FachschullehrerInnen an allen drei Projektschulen Themen und Problembereiche

identifiziert und in Zielformulierungen überführt. In Kapitel 6.1 sind die mit den

jeweiligen Fachschulen vereinbarten Ziele dokumentiert.

In Zusammenarbeit zwischen Fachschule und MAZEM entsteht ein individuell auf die

Bedürfnisse der Fachschule zugeschnittenes und an die Rahmenbedingungen der Schule

angepasstes, schuleigenes Curriculum, um die fachschulische Ausbildung im Bereich

Spracherwerb und Sprachförderung zu optimieren.

→ Die schuleigenen Curricula wurden in zahlreichen Arbeits- und Reflexionstreffen

kooperativ konzipiert und anhand der während der Implementierung gemachten

Erfahrungen sukzessive überarbeitet. Kapitel 7 bildet die schuleigenen Curricula der

2. Modellprojektphase exemplarisch ab.

Eine Praxiskooperation zwischen Fachschule und Kita im Bereich Sprachförderung ist

etabliert. Die theoretischen Inhalte des Fachschulunterrichts werden in der Praxis

aufgegriffen.

→ Eine solche Praxiskooperation wurde aufgrund der Rahmenbedingungen der

fachschulischen Ausbildung in der 2. Modellprojektphase nicht umgesetzt. Kapitel

5.3. beleuchtet diese Rahmenbedingungen. Dennoch werden die theoretischen

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Inhalte des Unterrichts an sogenannten „Praxistagen“ oder während

vorgeschriebener Blockpraktika der SchülerInnen vertieft und sind ein wichtiger

Bestandteil der schuleigenen Curricula (vgl. Kapitel 7).

Ziele für die FachschullehrerInnen

Der theoretische Unterricht im Bereich Spracherwerb und Sprachförderung wurde von den

FachschullehrerInnen reflektiert und ist optimiert.

→ Alle Lehrkräfte haben sich während der Arbeits- und Reflexionstreffen intensiv

mit den theoretischen Grundlagen zum Thema Spracherwerb und Sprachförderung,

dem eigenen Unterricht und den bisher verwendeten Materialien

auseinandergesetzt. Kapitel 7 beschreibt das Ergebnis dieses kontinuierlichen

Prozesses.

Das von den FachschullehrerInnen entwickelte schuleigene Curriculum und die

Praxiskooperation ist während des Schuljahres 2014/20153 mit Unterstützung der

Teilprojektleitungen implementiert.

→ Die schuleigenen Curricula, die in Kapitel 7 beschrieben werden, wurden von den

Lehrkräften der Helen-Keller-Schule Weinheim und der BBS SGH Ludwigshafen im

Schuljahr 2014/15 implementiert und gemeinsam mit den Teilprojektleitungen

reflektiert und überarbeitet. Aufgrund des späteren Projektstarts erfolgt die

Implementierung an der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim teilweise erst im

Schuljahr 2015/16. Gezielte Praxisaufgaben sind Teil aller Curricula.

Ziele für die SchülerInnen der Fachschule

Die FachschülerInnen erwerben durch die Entwicklung und Implementierung des

schuleigenen Curriculums im Laufe eines Schuljahres Sprachförderkompetenz im Bereich

Wissen, d.h. Wissen über Sprache als kognitives und kommunikatives System sowie Wissen

über Spracherwerb und Mehrsprachigkeit.

3 Die Jahreszahlen wurden der 2. Modellprojektphase entsprechend angepasst.

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Die FachschülerInnen erwerben durch die Entwicklung und Implementierung des

schuleigenen Curriculums im Laufe eines Schuljahres Sprachförderkompetenz im Bereich

Können/Beobachten, d.h. sie sind in der Lage, das sprachliche Verhalten von Kindern gezielt

zu beobachten und zu bewerten.

Die FachschülerInnen erwerben durch die Entwicklung und Implementierung des

schuleigenen Curriculums im Laufe eines Schuljahres Sprachförderkompetenz im Bereich

Können/Förderableitungen, d.h. sie sind in der Lage, aufgrund ihrer Beobachtung

angemessene Fördermaßnahmen abzuleiten.

Die FachschülerInnen haben eine an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtete

professionelle Einstellung zu Sprachförderung und Mehrsprachigkeit ausgebildet.

→ Die in den Zielen für die FachschülerInnen aufgeführten Themen sind

Kernbestandteile der schuleigenen Curricula, wie Kapitel 7 verdeutlicht. Dass

FachschülerInnen nachweislich vom Unterricht profitiert haben, ist in den

Abschlussberichten der wissenschaftlichen Begleitung zur ersten und zweiten

Modellprojektphase durch die Universität Mannheim dokumentiert (vgl.

Universität Mannheim 2013, Universität Mannheim in Vorb.).

Ziele für die Kooperationskitas

Eine Praxiskooperation zwischen Fachschule und Kitas im Bereich Sprachförderung ist

etabliert. Die FachschülerInnen sind in Kooperationskitas in geeigneter Form in die

Sprachförderung eingebunden. Die Kooperationskitas unterstützen somit die theoretische,

fachschulische Ausbildung.

→ vgl. Ziele für die Fachschule.

Ziele für die Nachhaltigkeit

Die Nachhaltigkeit des Projekts ist durch Nachhaltigkeitsvereinbarungen zwischen

Fachschule und MAZEM sichergestellt, die Teil des schuleigenen Curriculums sind.

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→ Die schuleigenen Curricula wurden mit zahlreichen Hinweisen für die

Anwendung versehen, so dass es auch neuen Lehrkräften möglich ist, das jeweilige

Curriculum nachzuvollziehen und umzusetzen. Alle Lehrkräfte, die in den

entsprechenden Lernfeldern, Lernmodulen oder Lerngebieten unterrichten, setzen

das Curriculum künftig verbindlich um (vgl. Kapitel 8.2).

Ziele für die Übertragbarkeit des praxiserprobten train-the-trainer-Konzepts

Die Voraussetzungen für die Übertragbarkeit des überarbeiteten und optimierten train-the-

trainer-Konzepts auf weitere Standorte sind geschaffen.

→ Das Modellprojekt wurde in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen

durchgeführt und erprobt. Die Erfahrungen aus beiden Modellprojektphasen sind

in die Überarbeitung des Konzepts eingeflossen, das bundeslandübergreifend zum

Einsatz kommen kann. Ab 2016 wird das Projekt in der Metropolregion Rhein-

Neckar in den Rollout gehen.

Eine wesentliche Grundlage für das train-the-trainer-Konzept und für das Erreichen der oben

genannten Ziele stellt das Ideale Curriculum zum Erwerb von Sprachförderkompetenzen dar,

das im Rahmen der ersten Modellprojektphase entwickelt und während der zweiten

Modellprojektphase kontinuierlich überarbeitet und erweitert wurde. Kapitel 4 beschreibt

sowohl die theoretischen Grundlagen als auch den Aufbau und Inhalt des Idealen

Curriculums sowie Modifizierungen, die nach der ersten und zweiten Modellprojektphase

vorgenommen wurden.

4. Projektvoraussetzung: Ideales Curriculum

Das Ideale Curriculum legt innerhalb des Projekts die fachlichen Anforderungen im Bereich

Spracherwerb und Sprachförderung fest.

Bei der Konzeption wurden das Sprachförderkompetenzmodell von Hopp et al. (2010),

inhaltliche Bestandteile des Kita-Konzepts Sprache macht stark! (Lemke et al. 2007) sowie –

nach ausführlicher Recherche zu allen Bundesländern – im Besonderen die curricularen

Vorgaben der Bundesländer Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für die Fachschule für

Sozialpädagogik bzw. der Fachschule für Sozialwesen berücksichtigt.

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Darüber hinaus wurden zahlreiche Literaturquellen in den Bereichen (mehrsprachiger)

Spracherwerb, Sprachförderung und Diagnostik ausgewertet. Dazu gehören sowohl aktuelle

wissenschaftliche Publikationen als auch Lehr- und Unterrichtswerke, die derzeit in der

fachschulischen Praxis zum Einsatz kommen. Eine Bibliografie mit den zentralen Quellen

findet sich im Idealen Curriculum (MAZEM 2015b).

4.1. Aufbau und Inhalt des Idealen Curriculums

Formal betrachtet ist das Ideale Curriculum eine Zusammenstellung von theoretischen

Grundlagen, methodisch-didaktischen Hinweisen und Unterrichtsmaterialien zu spezifischen

Themen, die die Unterrichtsgestaltung von Lehrerinnen und Lehrern an Fachschulen zur

Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern unterstützen soll.

Im Gegensatz zu einem starren Lehrplan oder gedrucktem Lehrwerk für den Unterricht

versteht es sich als offene Sammlung von Handreichungen, die jederzeit durch zusätzliche

Materialien ergänzt werden kann, wenn neue wissenschaftliche und didaktische

Erkenntnisse, Änderungen der Lehrplaninhalte sowie Praxiserfahrungen dies erforderlich

machen. Das Ideale Curriculum wird somit auch unterschiedlichen Ausbildungsformen mit

jeweils unterschiedlichen Lehr- und Bildungsplänen, die sowohl bundeslandintern als auch -

übergreifend existieren, gerecht.

Bezogen auf den Inhalt enthält das Ideale Curriculum neben linguistisch fundierten,

theoretischen Informationen zum Spracherwerb und zur Sprachförderung gezielte,

praxiserprobte Übungen zum Einsatz im Unterricht sowie ausgewählte

Literaturempfehlungen für Lehrerinnen und Lehrer.

Anhand von konkreten Beobachtungsaufgaben, die Schüler und Schülerinnen in ihren

Einrichtungen durchführen, werden in der Ausbildung vorgegebene Praxisphasen in

Kindertageseinrichtungen ebenso explizit aufgegriffen.

Wie Abbildung 3 illustriert, enthält das Ideale Curriculum folgende fünf inhaltliche

Kernbereiche:

Was ist Sprache?

Spracherwerb und Mehrsprachigkeit

Sprachförderung

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Diagnostik

Literacy

Abb. 3: Themenbereiche (l.) und Ebenen (r.) des Idealen Curriculums zum Erwerb von Sprachförderkompetenzen.

Für jeden dieser Bereiche führt das Ideale Curriculum ausführliche Handreichungen auf, die

wichtige theoretische Grundlagen, didaktische und methodische Hinweise sowie Ideen für

eine thematische Vernetzung mit der Kita-Praxis beinhalten: Aufbau und Inhalt spiegeln

somit die drei Ebenen Wissen, Können und Machen des Sprachförderkompetenzmodells

wider (vgl. Hopp et al. 2010).

Anhand des im Fachschulunterricht zu behandelnden Aspekts „Gestaltung von

sprachförderlichem Input“ als wichtige Bedingung für einen gelungenen

(Zweit)Spracherwerb wird die unterrichtliche Vermittlung auf den drei Ebenen Wissen,

Können und Machen exemplarisch in Abbildung 4 dargestellt.

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Abb. 4: Inhalte und didaktisch-methodische Umsetzung des Aspekts „Gestaltung von sprachförderlichem Input“ auf den drei Ebenen Wissen, Können und Machen des Idealen Curriculums.

Zusammen mit den bestehenden Lehrplänen der jeweiligen Fachschule bildet das Ideale

Curriculum eine Grundlage für ein in Kooperation mit der Fachschule zu entwickelndes

schuleigenes Curriculum zur Vermittlung von Sprachförderkompetenzen, das sowohl

gesetzliche als auch individuelle Vorgaben der Schule berücksichtigt.

In das schuleigene Curriculum fließen somit Teile aus dem Idealen Curriculum als auch

Materialien der beteiligten FachschullehrerInnen ein, die jeweils die Vorgaben der Lehr- und

Bildungspläne berücksichtigen, wie Abbildung 5 verdeutlicht:

Theoretischer Fachunterricht

• Die SchülerInnen lernen, dass sich der sprachförderliche Input am Sprachstand des Kindes orientiert, und erwerben Wissen zum Thema (mehrsprachiger) Spracherwerb.

• Sie lernen, dass der Input variationsreich, kontrastierend und wiederholend sein sollte und die Anwendung bestimmter Fragetechniken sowie angemessenes Korrekturverhalten umfasst.

Anwendungsorientierter Fachunterricht

• Die SchülerInnen lernen das eigene Sprachverhalten bewusst zu steuern.

• Über kurze Selbstaufnahmen mit anschließender Transkription richtet sich der Fokus auf die eigene Sprachproduktion.

• Über Rollenspielen in Partner- oder Gruppenarbeit wird die Kommunikation in verschiedenen fiktiven Alltagssituationen eingeübt.

• Über Videos, die Interaktionen zwischen einem Erwachsenem und einem Kind zeigen, wird das Sprachverhalten in Sprachfördersituationen beobachtet und reflektiert

Praxisphase in einer Einrichtung

• Anhand eines Kriterienkatalogs beobachten die SchülerInnen erfahrene ErzieherInnen im pädagogischen Alltag oder bei der Durchführung von gezielten Sprachförderangeboten. Die FachschülerInnen werden dabei sowohl Beispiele für variationsreiches als auch reduziertes Sprachverhalten wahrnehmen und dokumentieren.

• Nach Möglichkeit nehmen sich die FachschülerInnen selbst in der Interaktion mit einem Kind auf.

• Die gesammelten Erkenntnisse aus der Praxis werden im Unterricht reflektiert.

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17

Abb. 5: Grundsätzliche Bestandteile eines schuleigenen Curriculums.

Welche Dokumente, Handreichungen etc. letztendlich für den Unterricht zum Einsatz

kommen sollen, d.h. woraus das schuleigene Curriculum im Detail besteht, wird in

gemeinsamen Arbeits- und Reflexionstreffen entschieden (vgl. Kapitel 7).

4.2. Modifizierung des Idealen Curriculums nach der ersten und zweiten

Modellprojektphase

Aufgrund von Rückmeldungen der an der ersten Modellprojektphase beteiligten

Lehrerinnen, die mit den Materialien aus dem Idealen Curriculum im Schuljahr 2012/2013

gearbeitet haben, wurde dieses bereits nach der ersten Modellprojektphase formal und

inhaltlich überarbeitet. Die Verwendung von Fachbegriffen und Fremdwörtern wurde

kritisch reflektiert und komplexe Formulierungen und Beschreibungen vereinfacht. Auf

inhaltlicher Ebene wurde der Bereich „Spracherwerb bei Kindern unter 3 Jahren“ gestärkt.

Im Zuge der zweiten Modellprojektphase hat sich bestätigt, dass durch die Heterogenität der

Schülerschaft häufig eine Binnendifferenzierung von Unterrichtsmaterialien nötig ist. Diese

Erkenntnis wurde auch im Idealen Curriculum berücksichtigt und entsprechend abgebildet:

Die Materialien wurden mit den Bezeichnungen „Hinführung“, „Basis“ und „Vertiefung“

versehen. Ein zusätzliches Kapitel enthält darüber hinaus methodisch-didaktische

Empfehlungen für die Gestaltung von Unterrichtsaktivitäten in Form einer „Werkzeugkiste“.

Das Ideale Curriculum wurde während der Projektlaufzeit außerdem sukzessive um neue,

praxiserprobte Materialien ergänzt.

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18

5. Projektteilnehmende und Projektorganisation

Die Organisation des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule ist auf verschiedenen

Ebenen strukturiert (vgl. Abb. 6). Die Aufgabe der zentralen Lenkung des Projekts oblag

während der zweiten Modellprojektphase der Projektsupervision und dem Fachbeirat. Die

inhaltliche und strukturelle Durchführung erfolgte über das Projektteam, bestehend aus dem

Mannheimer Zentrum für Empirische Mehrsprachigkeitsforschung (MAZEM gGmbH) und

der Universität Mannheim, welche die Teilprojektleitungen stellten (vgl. Kapitel 5.1). In der

zweiten Modellprojektphase nahmen die Helen-Keller-Schule Weinheim, die Elisabeth-

Selbert-Schule Lampertheim sowie die BBS SGH Ludwigshafen als Kooperationsschule am

Projekt teil (vgl. Kapitel 5.2-5.3).

Abb. 6: Organigramm des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule (2. Modellprojektphase).

5.1. Lenkung des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule

Zur Aufgabe der Projektsupervision gehörte die Kontrolle des Gesamtprojekts, die

Vorverabschiedung des Projektauftrags, die Bestätigung der Projektbetreuung und

Teilprojektleitungen, die Verabschiedung der halbjährlichen Ergebnisse, die Beschluss-

fassung über wesentliche Änderungen im Projekt sowie eine Beraterfunktion.

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Zu den Aufgaben des Fachbeirats, der einmal im Halbjahr tagte, gehörten die Unterstützung

der Projektbetreuung, die Verabschiedung des Projektauftrages, die inhaltliche Beratung im

Laufe der Projektumsetzung und die Überprüfung der Zielerreichung. Alle Prozessschritte

und Aktivitäten wurden zur Kenntnis genommen, diskutiert und verabschiedet.

Der Fachbeirat der zweiten Modellprojektphase setzte sich aus Vertretern des Schulträgers

und aus Vertretern der Schulaufsicht zusammen.

In Baden-Württemberg wurde die Stadt Weinheim als Schulträger für die Helen-Keller-

Schule durch Andreas Salewski (Amt für Bildung und Sport) vertreten. Die Schulreferentin Dr.

Ulrike Kagerhuber repräsentierte das Regierungspräsidium. Die Abteilungsleiterin der Helen-

Keller-Schule, Elke Helbig (teils vertreten durch Fachlehrerin Sabine Endrich), brachte die

Schulperspektive ein.

Für das Bundesland Hessen nahmen Renate Dörr (Jugendamt Kreis Bergstraße) als

Vertreterin des Schulträgers für die Elisabeth-Selbert-Schule sowie Jörg Dietrich (Staatliches

Schulamt für den Landkreis Bergstraße und den Odenwaldkreis) als Vertreter der

Schulaufsicht sowie Stephanie Schwan (teils vertreten durch Fachlehrerin Ayse Saҫar) als

Vertreterin der Elisabeth-Selbert-Schule am Fachbeirat teil.

Rheinland-Pfalz wurde durch Gerda Ludwig (Stadtverwaltung Ludwigshafen, Bereich Schulen

und Kindertagesstätten) für den Schulträger der BBS SGH und durch Peter Kurzmeier

(Aufsichts- und Diensleistungsdirektion, Außenstelle Schulaufsicht, Referat 36) sowie Pia

Pfoh-Ziegler (Schulleitung der BBS SGH Ludwigshafen) repräsentiert. Projektauftraggeber

seitens der BASF SE waren Daniela Kalweit und Klaus Nussbaumer. Das Projekt wurde durch

den Projektpaten Dr. Markus Riefling sowie Dr. Kristin Januschke, Projektpatin des

Nachbarprojekts Sprache macht stark! – Grundschule, unterstützt.

Das Projektteam bestand aus MitarbeiterInnen des MAZEM, das für die inhaltliche und

strukturelle Implementierung des Projekts an der Fachschule verantwortlich war, und

MitarbeiterInnen der Universität Mannheim, zuständig für die wissenschaftliche Begleitung.

Auf Seiten des MAZEM leitete Sonja Müller das Projekt administrativ und Prof. Dr. Holger

Hopp wissenschaftlich, der auch als zentraler Ansprechpartner fungierte. Die

Teilprojektleitung wurde bis Ende März 2014 von Kerstin Mehler und daran anschließend

von Natalia Kapica übernommen. Die Evaluation durch die Universität Mannheim wurde

durch Frau Prof. Dr. Rosemarie Tracy verantwortet. Die Teilprojektleitung übernahm

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Manuela Hauser bis Ende Juli 2014. Ab September 2014 unterstützte Vyara Michailova die

wissenschaftliche Begleitung des Projekts

5.2. Auswahl der teilnehmenden Projektschulen

Aufgrund des Ziels, ein bundeslandübergreifendes Konzept zu entwickeln, ging der zweiten

Modellprojektphase die Ansprache von Fachschulen aus drei Bundesländern voraus. Die

begrenzte Anzahl an Fachschulen für Sozialpädagogik innerhalb der Metropolregion Rhein-

Neckar steuerte die Auswahl der möglichen Projektschulen. Die Helen-Keller-Schule in

Weinheim hatte sich bereits im Vorfeld bei der Helene-Lange-Schule in Mannheim über das

Projekt informiert und Interesse an einer Teilnahme bekundet. Bestehende Kontakte in

Ludwigshafen und Lampertheim wurden genutzt, um die dortigen Fachschulen über die

Möglichkeit einer Teilnahme zu informieren. An allen drei Fachschulen fanden Gespräche

mit der Schulleitung zu Ablauf und Inhalten des Projekts statt, die mit einer positiven

Entscheidung bezüglich der Projektteilnahme endeten. Auch die Gesamtkollegien der

Fachschulen stimmten der Teilnahme zu.

5.3. Rahmenbedingungen der Projektschulen

Die drei Projektschulen, die in unterschiedlichen Bundesländern beheimatet sind,

unterliegen verschiedenen organisatorischen und inhaltlichen Rahmenbedingungen. Diese

werden im Folgenden für jede Fachschule skizziert.

Baden-Württemberg: Helen-Keller-Schule Weinheim

Die Helen-Keller-Schule in Weinheim ist eine berufliche Schule, die sich in die

Fachbereiche Sozialpädagogik, Altenpflege, Sozialwissenschaft, Gesundheit und Pflege sowie

Hauswirtschaft gliedert (vgl. Homepage der Helen-Keller-Schule unter http://www.helen-

keller-schule-weinheim.de/homepage/index.php). Die Ausbildung von ErzieherInnen fällt in

das Aufgabengebiet der Fachschule für Sozialpädagogik.

Neben der regulären, vierjährigen Ausbildung zur staatlich anerkannten ErzieherIn sind an

der Schule auch eine ErzieherInnen-Klasse im Rahmen des landesweiten Schulversuchs einer

praxisintegrierten Ausbildung (PIA) sowie ein Teilzeitmodell angesiedelt. In der PIA und im

Teilzeitmodell werden die Inhalte der Regelausbildung in zeitlich veränderter Form mit einer

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früheren Stärkung der Praxisphasen vermittelt – im Fall der PIA-Klassen wird die Ausbildung

von Beginn an vergütet.

Die theoretische Ausbildung wird in allen Ausbildungszweigen durch Praxistage begleitet, in

denen die FachschülerInnen durch die Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen die Gelegenheit

bekommen, einen Eindruck ihres zukünftigen Arbeitsbereiches zu erhalten und ihr

theoretisches Wissen praktisch anzuwenden und weiterzuentwickeln. Angehende

ErzieherInnen, die das reguläre Ausbildungsmodell durchlaufen, verbringen jeweils einen

vollen Arbeitstag (7,5 Stunden) in der Woche in einer Kindertageseinrichtung. Für die

SchülerInnen der PIA- und Teilzeitklasse sind zwei Praxistage pro Woche vorgesehen. Die

Praxisphasen werden auch für Leistungsnachweise genutzt: SchülerInnen werden zweimal

im Jahr von einer LehrerIn in ihrer Einrichtung besucht und müssen eine Praxisaufgabe

durchführen, die bewertet wird.

Insgesamt werden in der Abteilung Sozialpädagogik der Helen-Keller-Schule (inklusive

BerufspraktikantInnen) etwa 450 SchülerInnen verteilt auf verschiedenen Jahrgangsstufen zu

ErzieherInnen ausgebildet. Die Organisation des Unterrichts erfolgt in Klassen, die

durchschnittlich von ca. 26 FachschülerInnen besucht werden. Die Ausbildung zur/zum

ErzieherIn beginnen die SchülerInnen in der Regel im Alter von 17 Jahren. Sie kann von

SchülerInnen ab der Mittleren Reife absolviert werden. Da auch Schülerinnen und Schüler

mit höherem Bildungsabschluss (Fachhochschulreife und Allgemeine Hochschulreife) die

ErzieherInnenausbildung ergreifen, besteht zum Teil eine heterogene Schülerschaft.

In der Teilzeitklasse der ErzieherInnenausbildung befinden sich verstärkt ältere

FachschülerInnen, die oftmals bereits eigene Kinder haben, und sich daher für dieses

Ausbildungsmodell entschieden haben. Für eine Teilnahme an der praxisintegrierten

Ausbildung (PIA) liegt ein striktes Auswahlverfahren vor, da die Ausbildung vergütet wird

und die Plätze stark begrenzt sind. Die Anzahl von SchülerInnen mit der Allgemeinen

Hochschulreife ist in dieser Klasse im Verhältnis zu den anderen Ausbildungsgängen höher.

Das Fachschulkollegium der Helen-Keller-Schule besteht aus 44 Lehrkräften. Neben der

ErzieherInnenausbildung sind die Lehrkräfte teilweise im Gymnasialzweig tätig. Ein

Austausch innerhalb des Kollegiums der Abteilung Sozialpädagogik findet regelmäßig über

Fachbereichskonferenzen sowie Praxis- und Handlungsfeldkonferenzen statt.

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Die Anzahl der am Projekt teilnehmenden Lehrerinnen schwankte während der

Gesamtlaufzeit des Projekts zwischen drei und fünf Personen, da eine Lehrerin, die die

Projektfortbildungen und die Konzeptionstreffen besucht hatte, mit Beginn des Schuljahres

2014/15 in Mutterschutz und Elternzeit ging und eine weitere Lehrerin zum Ende der

Projektlaufzeit längerfristig erkrankte.

Die am Projekt teilnehmenden Lehrerinnen brachten unterschiedliche Vorerfahrungen und

Kompetenzen aufgrund unterschiedlicher Lehrerfahrung und Bildungsbiografien in das

Projekt ein. Dazu gehörten beispielsweise das Studium klassischer Lehramtsfächer wie

Deutsch und Englisch oder ein Studium der Sozialpädagogik. Die Abteilungsleiterin der

Fachschule für Sozialpädagogik bringt verstärkt praxis- und handlungsorientiertes Wissen

durch eine Ausbildung zur Erzieherin in die Projektarbeit ein.

Hessen: Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim

Die Elisabeth-Selbert-Schule in Lampertheim vereint mehrere berufliche Schulen unter

einem Dach in den Fachbereichen Wirtschaft und Verwaltung, Sozialpädagogik, Ernährung

und Hauswirtschaft, Körperpflege, Metalltechnik und Elektrotechnik (vgl. Homepage der

Elisabeth-Selbert-Schule unter http://www.bslonline.de/index.htm).

Der Fachbereich Sozialwesen enthält vier Schulformen: die zweijährige Berufsfachschule

zum mittleren Abschluss (MA), die darauf aufbauende, ebenfalls zweijährige

Berufsfachschule für Sozialassistenz (vergleichbar mit der Kinderpflege-Ausbildung in Baden-

Württemberg) sowie die Fachschule für Sozialpädagogik, die mit dem Beruf des/der staatlich

anerkannte/n ErzieherIn endet. Der Abschluss an der Fachoberschule, Schwerpunkt

Sozialwesen, berechtigt zu einem Studium an einer Fachhochschule.

Ausbildungsvoraussetzungen für den Besuch der Fachschule für Sozialpädagogik sind ein

mittlerer Abschluss und Berufsabschluss als Staatlich geprüfte(r) Sozialassistent(in), der

Abschluss einer mindestens zweijährigen einschlägigen anerkannten Berufsausbildung oder

eine Festellungsprüfung zum Nachweis einer gleichwertigen beruflichen Vorbildung.

Die ErzieherInnenausbildung erfolgt in Voll- und Teilzeitform. Die Ausbildungsdauer in

Vollzeit beträgt 3 Jahre. Im Teilzeitmodell haben die Schülerinnen und Schüler nur an drei

Tagen in der Woche Unterricht, was die Ausbildungsdauer um ein Jahr verlängert.

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Das Alter der Schülerschaft an der Elisabeth-Selbert-Schule ist sehr heterogen – es gibt

SchülerInnen zwischen 17 und 50 Jahren. Die Teilzeitausbildung wird zumeist von

SchülerInnen mit eigenen Kindern durchlaufen – viele haben einen Migrationshintergrund

und sprechen Deutsch als Fremdsprache.

Auch in Hessen wird die theoretische Ausbildung zum/r Erzieher/in von Praxisphasen

begleitet. Diese sind jedoch in Form von zwei Blockpraktika im Umfang von jeweils 6

Wochen organisiert.

Zum Zeitpunkt der Durchführung des Projektes Sprache macht stark! – Fachschule bildete

die Elisabeth-Selbert-Schule insgesamt 155 Schülerinnen und Schüler in Voll- und Teilzeit zu

ErzieherInnen aus. Das Fachschulkollegium der Elisabeth-Selbert-Schule bestand aus 17

Lehrkräften. Zwei Lehrerinnen und zwei Lehrer nahmen als Schulteam am Projekt teil und

brachten ihr Wissen und ihre Erfahrungen im Bereich Sozialpädagogik, Germanistik und

Deutsch als Fremdsprache in die Zusammenarbeit ein.

Rheinland-Pfalz: Berufsbildende Schule Sozialwesen, Gesundheit und Hauswirtschaft

Ludwigshafen

Auch die Berufsbildende Schule Sozialwesen, Gesundheit und Hauswirtschaft (BBS SGH) in

Ludwigshafen am Rhein bietet unterschiedliche Schul- und Ausbildungsformen an. Das

Bildungsangebot umfasst ein Berufsvorbereitungsjahr, die Berufsfachschule I und II, die

Höhere Berufsfachschule Sozialassistenz, die Fachschule im Fachbereich Sozialwesen, die

Fachschule für Heilerziehungspflege, die Fachschule für Organisation und Führung sowie das

Berufliche Gymnasium Gesundheit und Soziales (vgl. Homepage der BBS SGH Ludwigshafen

unter http://www.sozhw-bbslu.de/unser-bildungsangebot/unser-bildungsangebot.html).

Die Fachschule für Sozialwesen/Sozialpädagogik qualifiziert für die Tätigkeit in

sozialpädagogischen Einrichtungen (z.B. Kindertagesstätte, Hort, Heim,

Behinderteneinrichtungen, Einrichtungen der Jugendhilfe) und schließt mit dem/der

staatlich anerkannten Erzieher/Erzieherin ab.

Die Ausbildung wird an der BBS SGH zurzeit in drei Formen angeboten. Die dreijährige

Vollzeitform umfasst zwei Jahre Unterricht an der Fachschule, Blockpraktika im Umfang von

zwölf Wochen und ein Berufspraktikum im dritten Jahr der Ausbildung. Die Praktikumszeiten

im Umfang von zwölf Wochen werden auf vier Blockpraktika verteilt, von denen drei im

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ersten Ausbildungsjahr und eins im zweiten Ausbildungsjahr durchgeführt werden. Die

Blockpraktika müssen in verschiedenen Bereichen, sogenannten Handlungsfeldern

abgeleistet werden.

Zusätzlich zur Ausbildung in Vollzeit werden zwei Teilzeitmodelle angeboten. In der

vierjährigen Teilzeitform findet der Unterricht an der Fachschule drei Jahre lang an zwei

Wochentagen statt. Die Schülerinnen und Schüler absolvieren Blockpraktika im Umfang von

12 Wochen und verbringen das vierte Jahr der Ausbildung im Berufspraktikum.

Seit dem Schuljahr 2013/2014 wird mit dem Schulversuch „Berufsbegleitende

Teilzeitausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher“ die Möglichkeit erprobt, die Ausbildung in

Teilzeitform innerhalb von drei Jahren zu absolvieren. Hierzu wird das Berufspraktikum in die

Ausbildung integriert und die Arbeitszeit aus dem Beschäftigungsverhältnis auf die Dauer

des einjährigen Berufspraktikums angerechnet. Der Umfang der fachtheoretischen

Ausbildung in der Fachschule, der für die Teilzeitausbildung vorgesehen ist, wird dabei nicht

verändert.

Folgende Voraussetzungen gelten für den Besuch der Fachschule für Sozialpädagogik in

Rheinland-Pfalz:

ein qualifizierter Sekundarabschluss I (entspricht dem Realschulabschluss in Baden-

Württemberg) und der Abschluss einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung

oder:

der Abschluss einer mindestens der Laufbahn des mittleren Dienstes gleichwertigen

Ausbildung in einem Beamtenverhältnis

eine mindestens dreijährige hauptberufliche einschlägige Tätigkeit

das mindestens dreijährige Führen eines Familienhaushaltes mit mindestens einem

minderjährigen Kind

die allgemeine Hochschulreife oder die Fachhochschulreife in Verbindung mit einer

mindestens viermonatigen einschlägigen praktischen Tätigkeit.

Zum Zeitpunkt des Projekts wurden an der BBS SGH Ludwigshafen insgesamt 285

Schülerinnen und Schüler von knapp 30 Lehrkräften zu Erzieherinnen und Erziehern

ausgebildet.

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Auch in Ludwigshafen ist die Schülerschaft im Alter zwischen 18 und 50 Jahren sehr

heterogen – unterschiedliche Schulabschlüsse und SchülerInnen unterschiedlicher Herkunft

tragen zu dieser Vielfalt bei. Die Lehrkräfte stellen vor allem Probleme der Schülerschaft im

Bereich Sprache fest (gesprochene Sprache und Schriftsprache), die nicht nur bei

SchülerInnen mit Deutsch als Zweitsprache zu verzeichnen seien.

An der BBS SGH bildeten zwei Lehrerinnen und zwei Lehrer mit sozialpädagogischem

Hintergrund das Schulteam im Projekt Sprache macht stark! - Fachschule. Eine Lehrerin

unterrichtet darüber hinaus das Fach Deutsch an der Schule.

6. Projektaufbau und -verlauf

Im Folgenden werden die einzelnen Phasen des Modellprojekts Sprache macht stark! –

Fachschule in den Jahren 2013 bis 2015 skizziert. Zu Beginn des Projekts wurden gemeinsam

mit den drei Projektschulen – zusätzlich zu den in Kapitel 3.2 aufgeführten, allgemeinen

Zielen für das Gesamtprojekt – individuelle Ziele für die jeweilige Schule formuliert, wie

nachfolgendes Unterkapitel einführend beschreibt.

6.1. Ziele für die Projektschulen

Im Zuge des ersten Austauschtreffens mit den Schulteams aller drei Projektschulen wurden

inhaltliche Aspekte in den Bereichen Spracherwerb und Sprachförderung beleuchtet und

Problemfelder identifiziert, die in den Projektfortbildungen thematisiert und in der

Konzeption der Curricula berücksichtigt werden sollten. Im Folgenden werden diese Aspekte

für jede Schule skizziert.

Die Lehrerinnen der Helen-Keller-Schule Weinheim wünschten sich Hilfestellung zur

konkreten Zielsetzung des Ausbildungsunterrichts: Was müssen die Schülerinnen und

Schüler können? Wo liegen die Ziele, wo die Grenzen der Sprachförderarbeit einer

Erzieherin? Weitere Desiderata bestanden zur Umsetzung von Sprachförderung in der Praxis,

zu Vor- und Nachteilen verschiedener Sprachförderprogramme und zu aktuellen

Strömungen im Bereich Sprachförderung (welche gibt es, welche Programme sind nicht

mehr aktuell etc.). Ferner wünschten sich die Lehrerinnen Hintergrundinformationen zu

folgenden Themen: Beobachtungsbögen und Sprachstandserhebungen, Schaffung von

Sprechanlässen, Förderung der FachschülerInnen als Sprachvorbild, Umsetzung und

praktische Anwendung von Literacy, Umsetzung einer „Erzählwerkstatt“ an der Schule und

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Tipps zu Literatur und Filmmaterial. Als besonders wichtig erachtete das Weinheimer

Schulteam die Erstellung eines Gesamtkonzepts für alle Bereiche der Ausbildung (Praktikum,

Regel- und Teilzeitausbildung sowie PIA) und die Berücksichtigung des in Baden-

Württemberg vorgeschriebenen „Kompetenzorientierten Qualifikationsprofils“, das

professionelle Standards für die ErzieherInnen-Ausbildung formuliert (Ministerium für

Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011c).

Das Schulteam der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim wünschte sich zum Thema

Spracherwerb vor allem Informationen im Bereich Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und zu

Sprachstandserhebungen. Eine Übersicht zu Sprachförderprogrammen und deren Evaluation

sollte ebenfalls im Fokus stehen. Darüber hinaus wurden „Mehrsprachigkeitsförderung“ und

die Abgrenzung von regulärer Sprachförderung zur Förderung von Kindern mit

Sprachentwicklungsstörungen als Wunschthemen genannt.

Die Lehrerinnen und Lehrer der BBS SGH Ludwigshafen hatten ebenfalls konkrete Wünsche

in Bezug auf die Ausgestaltung des schuleigenen Curriculums. Neben einer allgemeinen

Übersicht zum Thema (Schrift)Spracherwerb und Sprachförderung wünschte sich das

Ludwigshafener Schulteam vor allem Unterstützung bei der Verankerung von Sprache als

Querschnittsthema im Curriculum bzw. bei der Synchronisation des Themas mit anderen

Lernmodulen. Ebenfalls thematisiert werden sollten die binnendifferenzierte Sammlung von

Materialien, unterschiedlichen Lernformaten und handlungsorientierten Lernsituationen

unter Berücksichtigung von selbstorientiertem Lernen. Die Entwicklung von Bausteinen für

Prüfungen bzw. Klassenarbeiten sowie die Erstellung von Praxisaufgaben für das

Osterpraktikum wurden ebenso wie die Entwicklung von Leitfragen für die

Praxisbeobachtung als Ziele für die Zusammenarbeit genannt. Falls zeitlich möglich, sollte

auf die Entwicklung eines Wahlpflichtmoduls hingearbeitet werden.

Die Prozessschritte, anhand derer die individuellen Projektziele der Schulen verfolgt wurden,

beschreibt das nächste Unterkapitel.

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6.2. Projektverlauf

Abbildung 7 gibt zunächst eine schematische Darstellung zum Ablauf des Projekts:

Abb. 7: Ablauf des Projekts Sprache macht stark! – Fachschule.

Die Abbildung verdeutlicht, dass die Lehr- und Bildungspläne der Bundesländer, die

ausgearbeiteten Curricula der Fachlehrer der jeweiligen Projektschule sowie das Ideale

Curriculum in die Arbeit an den schuleigenen Curricula eingeflossen sind. Sowohl die

LehrerInnen der Fachschulen als auch das Projektteam brachten ihre Expertise ein.

So konnten einerseits weitere, wertvolle Erfahrungen für das train-the-trainer-Konzept

gewonnen werden, die in einen Rollout des Projekts fließen, andererseits entstanden drei

nachhaltige, schuleigene Curricula, die zukünftig von allen in den entsprechenden

Lernfeldern bzw. -bereichen unterrichtenden FachlehrerInnen umgesetzt werden.

Am Ende der ersten Modellprojektphase wurden die Helen-Keller-Schule Weinheim, die BBS

SGH Ludwigshafen und die Elisabeth-Selbert-Schule in Lampertheim für eine Teilnahme an

der zweiten Modellprojektphase gewonnen (vgl. Kapitel 5.2 zur Auswahl der teilnehmenden

Projektschulen). Da die ersten Gespräche in Lampertheim erst im Februar 2014 stattfinden

konnten, bedeutete dies ein verspäteter Einstieg der Elisabeth-Selbert-Schule in das Projekt.

Dieser hatte Auswirkungen auf die Gesamtlaufzeit in Lampertheim, was im Folgenden bei

der Beschreibung einzelner Projektphasen berücksichtigt wird.

Während der Informationsphase von Januar bis März 2014 wurden die Kollegien der

Fachschulen in Gesamtlehrerkonferenzen über das Projekt und die geplante Durchführung

informiert. An allen drei Schulen bildeten Lehrkräfte, zu denen in Weinheim auch die

Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialpädagogik gehörte, ein Schulteam zur Erstellung

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des jeweiligen, schuleigenen Curriculums (vgl. Kapitel 5.3). Das MAZEM-Team hospitierte im

fachschulischen Unterricht der Projektschulen.

In ersten Beratungstreffen mit den Abteilungsleitungen und den ausgewählten Lehrkräften

während der Austauschphase (ab Januar 2014) äußerten diese jeweils, in welchen konkreten

Bereichen des Lehrplans sie sich Unterstützung – inhaltlicher und/oder methodisch-

didaktischer Art – vom Projektteam wünschten, so dass konkrete, individuelle Ziele für die

gemeinsame Arbeit formuliert werden konnten (vgl. Kapitel 6.1).

Ab Februar 2014 wurden die Kompetenzvoraussetzungen der am Projekt beteiligten

Fachschullehrerinnen von der Universität Mannheim anhand des SprachkoPF-Instruments4

erhoben (vgl. Universität Mannheim in Vorb.).

Während der Weiterbildungsphase erhielten die Schulteams in Weinheim und Ludwigshafen

zwischen März und Mai 2014 Weiterbildungen im Umfang von insgesamt 12 Stunden.

Diese orientierten sich an den Inhalten des Idealen Curriculums, griffen die Struktur des

Kompetenzmodells von Hopp et al. (2010) auf und thematisierten die Kerninhalte von

Sprache macht stark! sowie die während der Bedarfsanalyse angesprochenen Inhalte (vgl.

Kapitel 6.1). Durch den späteren Start in das Projekt wurde die letzte Weiterbildung in

Lampertheim erst im Juli 2014 durchgeführt, so dass mit der Konzeption des schuleigenen

Curriculums – anders als an den anderen beiden Schulen – erst im Schuljahr 2014/15

begonnen werden konnte.

In Weinheim und Ludwigshafen fanden die Arbeitstreffen, in denen die schulspezifischen

Curricula erarbeitet wurden, unmittelbar an die Fortbildungen anschließend ab Mai 2014 bis

zum Beginn der Sommerferien statt. Die Treffen mit einem Gesamtumfang von 12 Stunden

wurden an jeder Schule individuell in mehrere Termine umgewandelt. In Lampertheim

wurden die Arbeitstreffen erst im Schuljahr 2014/15, d.h. im Oktober und November,

durchgeführt, so dass folglich auch die Inhalte später implementiert wurden.

Am Ende des Schuljahrs 2013/14 wurden an allen drei Fachschulen die

Sprachförderkompetenzen der Fachschülerinnen und Fachschüler für die Kontrollgruppe

anhand des SprachKoPF-Instruments erhoben. Zu Beginn des neuen Schuljahrs 2014/2015

fand die Prätest-Datenerhebung in den Interventionsgruppen in Weinheim und

4 Thoma, D. & Tracy, R. (2013). Manual zu SprachKoPF v06.1. Instrument zur standardisierten Erhebung der

Sprachförderkompetenz pädagogischer Fachkräfte, Teilkompetenz Wissen. Mannheim: Universität Mannheim.

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Ludwigshafen statt. Die Daten der Interventionsgruppe in Lampertheim wurden zu Beginn

des Schuljahres 2015/16 erhoben (vgl. Universität Mannheim in Vorb.).

Während der Implementierungsphase im Schuljahr 2014/15 wurden die gemeinsam

erarbeiteten Curricula in Weinheim und Ludwigshafen sukzessive im Unterricht umgesetzt.

Ab November 2014 wurden Reflexionstreffen dazu genutzt, begleitend zur Erprobung im

Unterricht Anpassungen an den Curricula vorzunehmen. In Lampertheim setzte man sich

erstmals im April 2015 zur Reflexion zusammen.

Im November 2014 fand der schulübergreifende Austausch statt, in dem die Schulteams die

Möglichkeit hatten, Ausbildungsstrukturen der anderen Bundesländer kennen zu lernen, sich

über Inhalte auszutauschen sowie Anregungen und Impulse für die weitere Umsetzung ihrer

Curricula mitzunehmen.

Am Ende des Schuljahres 2014/2015 wurde die SprachKoPF-Erhebung im Rahmen der

wissenschaftlichen Begleitung bei den Schülerinnen und Schülern der Interventionsgruppe in

Weinheim und Ludwigshafen wiederholt (vgl. Abschlussbericht zur wissenschaftlichen

Begleitung in Vorb.). Die Testung der FachschülerInnen in Lampertheim wird zum

Schuljahresende 2015/16 stattfinden.

In der Abschlussphase des Projekts wurden in den Qualitätszirkeln in Weinheim (im Juli

2015) und Ludwigshafen (im September 2015) Strukturen diskutiert und etabliert, um die

Nachhaltigkeit der Curricula an den Schulen sicherzustellen bzw. weiter zu verfolgen (vgl.

Kapitel 8.2). In diesem Zusammenhang erhielten die Lehrkräfte Teilnahmezertifikate. Der

Qualitätszirkel in Lampertheim wird am Ende des Schuljahres 2015/16 stattfinden.

Abschließend wurde von der Universität Mannheim eine Zufriedenheitsevaluation in

Weinheim und Ludwigshafen durchgeführt. Die Lehrkräfte aus Lampertheim werden im

Schuljahr 2015/16 an der Befragung teilnehmen.

In der letzten Projektphase wurde der Abschlussbericht erstellt und der Konzepttext mit

Blick auf ein Rollout des Projekts angepasst. Der Bericht zur wissenschaftlichen Begleitung

mit den Ergebnissen der Evaluation wird aufgrund der noch nicht abgeschlossenen

Datenerhebung in Lampertheim erst 2016 vorliegen.

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Die Ergebnisse des Projekts in Form der schuleigenen Curricula bildet das nachfolgende

Kapitel ab. Die rechtlichen Grundlagen werden jeweils zu Beginn anhand der verbindlichen

Lehrpläne für die Fachschulen in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz erläutert.

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7. Beschreibung der schuleigenen Curricula

Vor der Durchführung des Modellprojekts Sprache macht stark! – Fachschule haben die am

Projekt beteiligten Lehrerinnen und Lehrer die Lehrpläne des jeweiligen Bundeslands

individuell ausgestaltet und z. T. unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Das bedeutet, dass

die Verteilung von Stunden auf Lehrplanthemen zwischen den Lehrkräften divergierte und

somit auch die Vertiefung einzelner thematischer Bereiche. Dies ist nicht zuletzt auf

individuelle Interessen, Erfahrungen und Stärken der Lehrerinnen und Lehrer

zurückzuführen. Jede Lehrkraft wies zu Projektbeginn gemäß ihrer Vorerfahrung ein Korpus

an eigens erstellten und zusammengetragenen Materialien auf.

Die kooperativ entwickelten, schuleigenen Curricula bündeln die vorhandenen Kompetenzen

der Schulteams in jeweils einer gemeinsamen Arbeitsgrundlage. Sie dienen künftig allen

Lehrerinnen und Lehrern der jeweiligen Fachschule als strukturelle und inhaltliche

Orientierung.

Alle drei Curricula sind in Themeneinheiten und Teileinheiten statt in Unterrichtsstunden

unterteilt. Dies ermöglicht den FachlehrerInnen einen zeitlich flexiblen Einsatz der

Unterrichtsmaterialien. So können Einzelstunden abhängig vom Stand der Lerngruppe bzw.

von Interessenschwerpunkten der jeweiligen Lehrkraft zur individuellen Vertiefung

ausgewählter Aspekte und zur Wiederholung bereits behandelter Themen genutzt und

unvorhergesehene Unterrichtsausfälle nach Bedarf kompensiert werden.

Eine grobe Orientierung für die zeitliche und inhaltliche Gewichtung der einzelnen

thematischen Einheiten ist jeweils durch ungefähre Angaben zur Anzahl der veranschlagten

Unterrichtsstunden gegeben. Im Rahmen der vorgesehenen Stunden sind vorgegebene

Leistungsüberprüfungen mitenthalten.

Für jede Teileinheit halten die schuleigenen Curricula definierte Lernziele bereit, welche den

Erkenntnisgewinn der FachschülerInnen nach der Einheit beschreiben, sowie eine

Erläuterung der zu behandelnden Lerninhalte. Zum Erreichen der Lernziele stehen den

LehrerInnen ausgewählte Materialien sowie didaktisch-methodische Hinweise zur

Verfügung, wie nachfolgendes Beispiel aus dem Weinheimer Curriculum zu Themeneinheit

(1) „Grundlagen von Sprache“ illustriert:

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Abb. 8: Erläuterungen und Lernziele zur Teileinheit (1) Was ist Sprache? aus dem schuleigenen Curriculum der Helen-Keller-Schule Weinheim.

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Mit Blick auf leistungsheterogene Schülergruppen sind die in den Curricula enthaltenen

Übungen und Texte als thematische Hinführung, Basis- bzw. Vertiefungsmaterial

gekennzeichnet, was einen binnendifferenzierten Einsatz der Materialien im Unterricht

ermöglicht.

Im Folgenden werden die schuleigenen Curricula der Fachschulen in Weinheim (Kapitel 7.1),

Ludwigshafen (Kapitel 7.2) und Lampertheim (Kapitel 7.3) beschrieben. Die curricularen

Vorgaben des jeweiligen Bundeslandes werden in jedem Kapitel vorab kurz skizziert. Kapitel

7.4. beleuchtet abschließend die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Curricula.

7.1. Baden-Württemberg: Helen-Keller-Schule Weinheim

Die Themen Sprache, Spracherwerb und Sprachförderung sind in der Ausbildung der

ErzieherInnen in Baden-Württemberg vorrangig im Lernfeld „Sprachliche Lern- und

Bildungsprozesse planen, eröffnen und begleiten“ verortet, das dem Handlungsfeld

„Bildung und Entwicklung fördern I“ zugeordnet ist.5

Das Lernfeld wird in allen Ausbildungsmodellen unterrichtet, die zum Abschluss zur staatlich

anerkannten ErzieherIn führen. In der Regelausbildung findet der Unterricht während eines

Schuljahres im sogenannten Unterkurs, d.h. dem ersten theoretischen Jahr, im Rahmen von

zwei Stunden pro Woche statt. Im Rahmen von PIA und Teilzeitausbildung werden die

Inhalte des Lernfelds auf zwei Schuljahre verteilt und lediglich eine Stunde pro Woche

unterrichtet. Der Auszug aus dem Lehrplan für das Berufskolleg, Fachschule für

Sozialpädagogik Baden-Württemberg zeigt die verbindlichen Vorgaben des Landes für das

Lernfeld (Landesinstitut für Schulentwicklung 2010):

HANDLUNGSFELD: BILDUNG UND ENTWICKLUNG FÖRDERN I

LPE 2: SPRACHLICHE LERN- UND BILDUNGSPROZESSE PLANEN, ERÖFFNEN UND BEGLEITEN

ZEITRICHTWERT: 55 STUNDEN

5 In acht weiteren Lernfeldern der Handlungsfelder Bildung und Entwicklung fördern I und II findet das Thema

Sprache bedingt ebenfalls Berücksichtigung: Philosophieren mit Kindern, sprachliche Handlungsbegleitung bei Experimenten, rhythmisch-musikalische Erziehung, Bildbetrachtung u.ä.). Der Aspekt der Mehrsprachigkeit wird vorwiegend im Handlungsfeld „Unterschiedlichkeit und Vielfalt leben“ thematisiert. Absicht, Wirkungen und Motive von Literatur werden im Deutschunterricht behandelt.

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ZIELE:

DIE SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER ERLÄUTERN DEN VERLAUF DER SPRACHENTWICKLUNG. SIE BEGRÜNDEN

DIE BESONDERHEITEN DES SPRACHERWERBS VON MEHRSPRACHIG AUFGEWACHSENEN KINDERN. SIE

STELLEN UNTERSCHIEDLICHE MÖGLICHKEITEN ZUR ERHEBUNG UND DOKUMENTATION DER

SPRACHENTWICKLUNG DAR UND VERGLEICHEN KRITISCH VERSCHIEDENE SPRACHFÖRDERMODELLE FÜR

KINDER. SIE PLANEN GEEIGNETE MAßNAHMEN DER GANZHEITLICHEN SPRACHFÖRDERUNG IN

PÄDAGOGISCHEN ALLTAGSSITUATIONEN. SIE ÜBERPRÜFEN IHR EIGENES SPRACHLICHES VERHALTEN IN

SEINER UNTERSTÜTZENDEN WIRKUNG FÜR DIE SPRACHENTWICKLUNG VON KINDERN. DIE SCHÜLERINNEN

UND SCHÜLER WENDEN MÖGLICHKEITEN ZUR UNTERSTÜTZUNG VON LITERACY-ERFAHRUNGEN UND

ANDERER VORLÄUFERKOMPETENZEN DES SCHRIFTSPRACHERWERBS AN. SIE WÄHLEN BEREICHE DER KINDER-

UND JUGENDLITERATUR ZIELGRUPPENORIENTIERT AUS UND BIETEN SIE METHODISCH VIELFÄLTIG DAR.

Inhalte:

ENTWICKLUNG DER SPRACHE UND DES SPRACHVERSTÄNDNISSES

VORAUSSETZUNGEN

SOZIAL, EMOTIONAL, KÖRPERLICH

FÖRDERUNG DER SPRACHENTWICKLUNG

BEWUSSTSEIN DER EIGENEN SPRACH-KOMPETENZ

SPRECHANLÄSSE IM ALLTAG

INDIVIDUELLE FÖRDERUNG

BEGRÜßUNG, HANDPUPPENSPIEL, ERZÄHLRUNDEN,

KINDERKONFERENZ

SPRACHFÖRDERKONZEPTE KRITISCHE BEWERTUNG UND EINSATZ VON GEZIELTEN

FÖRDERKONZEPTEN

ERHEBUNG UND DOKUMENTATION DES SPRACHENTWICK-

LUNGSSTANDES

BEWERTUNG UND EINSATZ VON SPRACHSTANDSERHE-

BUNGEN, Z.B. HEIDELBERGER AUDITIVES SCREENING

(HASE), SPRACHENTWICKLUNGSTEST FÜR KINDER

(SETK), SISMIK, SELDAK

MEHRSPRACHIGKET

ZWEITSPRACHERWERB

BEDEUTUNG DER ERSTSPRACHE

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DEUTSCH ALS ZWEITSPRACHE VGL. HF 56

ABWEICHENDES SPRACHVERHALTEN

SPRACHENTWICKLUNGSSTÖRUNGEN

SPRACHENTWICKLUNGSVERZÖGERUNGEN

VGL. HF 5

LITERACY-KONZEPT VORLÄUFERFÄHIGKEITEN ZUM SCHRIFTSPRACHERWERB,

Z.B. ZEICHEN UND BUCHSTABEN, PHONOLOGISCHE

BEWUSSTHEIT, SCHREIB- UND LESEBEREICH

KINDER- UND JUGENDLITERATUR

EIGENE LESEBIOGRAPHIE

BILDER-, KINDER- UND JUGENDBUCH

MÄRCHEN

AUSWAHL, ANALYSE, DARBIETUNG, MEDIEN, KINDER-

UND JUGENDLITERATURPREIS, ZIELGRUPPEN: ALTERS-

UND GESCHLECHTSSPEZIFISCH

COMICS, KINDER- UND JUGENDZEITSCHRIFTEN

VOLKS- UND KUNSTMÄRCHEN

Die Verteilung der Inhalte des Lernfelds auf zwei Schuljahre in der PIA und Teilzeitausbildung

zeigt Tabelle 1 (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011b):

Schuljahr 1 Schuljahr 2

Beschreibung Inhalte Beschreibung Inhalte

DIE SCHÜLERINNEN UND

SCHÜLER ERLÄUTERN DEN

VERLAUF DER SPRACHENT-WICKLUNG. SIE STELLEN

UNTERSCHIEDLICHE MÖGLICH-KEITEN ZUR ERHEBUNG UND

DOKUMENTATION DER

SPRACHENTWICKLUNG DAR

UND VERGLEICHEN KRITISCH

VERSCHIEDENE SPRACH-FÖRDERMODELLE FÜR KINDER. SIE PLANEN GEEIGNETE MAß-NAHMEN DER GANZHEITLICHEN

SPRACHFÖRDERUNG IN

PÄDAGOGISCHEN ALLTAGS-

ENTWICKLUNG DER

SPRACHE UND DES

SPRACHVERSTÄNDNISSES – VORAUSSETZUNGEN

FÖRDERUNG DER

SPRACHENTWICKLUNG – BEWUSSTSEIN DER

EIGENEN

SPRACHKOMPETENZ – SPRECHANLÄSSE IM

ALLTAG – INDIVIDUELLE

FÖRDERUNG SPRACHFÖRDER-

KONZEPTE

DIE SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

ERKENNEN AB-WEICHENDES

SPRACHVERHALTEN. SIE

BEGRÜNDEN DIE BESONDERHEITEN

DES SPRACHERWERBS VON

MEHRSPRACHIG

AUFGEWACHSENEN KINDERN. DIE

SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

WENDEN MÖGLICHKEITEN ZUR

UNTERSTÜTZUNG VON LITERACY-ERFAHRUNGEN UND ANDERER

VORLÄUFERKOMPETENZEN DES

SCHRIFTSPRACHERWERBS AN. SIE

WÄHLEN BEREICHE DER KINDER-

UND JUGENDLITERATUR ZIEL-

ABWEICHENDES

SPRACHVERHALTEN

– SPRACHENTWICKLUNGS-

STÖRUNGEN

– SPRACHENTWICKLUNGS-

VERZÖGERUNG

MEHRSPRACHIGKEIT

– ZWEITSPRACHERWERB

– DEUTSCH ALS

ZWEITSPRACHE

LITERACY-KONZEPT

6 Im Lehrplan erfolgt ein Verweis auf das Handlungsfeld „Unterschiedlichkeit und Vielfalt leben“, in dessen

Kontext die Themen auch angesprochen werden.

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SITUATIONEN. SIE ÜBERPRÜFEN

IHR EIGENES SPRACHLICHES

VERHALTEN IN SEINER UNTER-STÜTZENDEN WIRKUNG FÜR

DIE SPRACHENTWICKLUNG VON

KINDERN.

ERHEBUNG UND

DOKUMENTATION DES

SPRACHENTWICKLUNGS-STANDES

GRUPPENORIENTIERT AUS UND

BIETEN SIE METHODISCH VIEL-FÄLTIG DAR.

Tabelle 1: Verteilung der Inhalte des Lernfelds „Sprachliche Lern- und Bildungsprozesse planen, eröffnen und begleiten“ auf zwei Schuljahre in Teilzeit- und praxisintegrierter Ausbildung in Baden-Württemberg.

Die zwei Leistungsüberprüfungen für künftige ErzieherInnen im Lernfeld „Sprachliche Lern-

und Bildungsprozesse planen, eröffnen und begleiten“ pro Halbjahr werden in der Regel

über Klassenarbeiten und Referate erbracht. Am Ende des Ausbildungsjahres erfolgt eine

Abschlussprüfung in Form einer schriftlichen Facharbeit und im Fall einer Wiederholung die

Möglichkeit einer mündlichen Prüfung.

Aufbau und Inhalte des schuleigenen Curriculums

Das Curriculum der Helen-Keller-Schule ist für den Einsatz über ein Schuljahr bis zum

Schuljahresende konzipiert und umfasst nach Abzug der Schulferien und der

Praktikumszeiten insgesamt ca. 60 Einzelstunden. Es ist in sechs Themeneinheiten und

insgesamt 20 Teileinheiten gegliedert, die aufeinander aufbauen. Die im Lehrplan

vorgegebenen Themenschwerpunkte spiegeln sich im Stoffverteilungsplan in den geplanten

Themen- und Teileinheiten folgendermaßen wider:

Themeneinheit Teileinheiten Zeitlicher Richtwert

(1) Grundlagen Sprache Was ist Sprache?

Sprache als Bildungsauftrag

Sprachliche Ebenen

6 Unterrichtsst.

(2) (Erst-)Spracherwerb Voraussetzungen Spracherwerb

Meilensteine Erstspracherwerb

Spracherwerb Lautebene

Spracherwerb Wortschatz u. Semantik

Spracherwerb Wortbildung u. Satzbau

18 Unterrichtsst.

(3) Mehrsprachigkeit Typen des Spracherwerbs

Mehrsprachigkeit

8 Unterrichtsst.

(4) Sprachstand erfassen Sprachstandsverfahren

Abweichendes Sprachverhalten

6 Unterrichtsst.

(5) Sprachförderung Qualitätskriterien

Rolle der ErzieherIn

Sprachförderung im Alltag

16 Unterrichtsst.

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Exempl. Vorstellung von Konzepten

(6) Literacy Bedeutung

Lese- und Schrifterwerb

6 Unterrichtsst.

(7) Kinder- und Jugendlit. Bilderbuchbetrachtung

Märchen

_ _ _ _ _ _

Tabelle 2: Themen- und Teileinheiten des schuleigenen Curriculums der Helen-Keller-Schule Weinheim.

Schwerpunkte im Stoffverteilungsplan bilden die Themeneinheiten Spracherwerb (2) mit 18

und Sprachförderung (5) mit 16 Unterrichtsstunden.

In der Themeneinheit Grundlagen Sprache (1) wird zunächst auf den besonderen Stellenwert

von Sprache als Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen eingegangen. Neben ihrer

Funktion als Kommunikationssystem wird Sprache als formales Regelsystem mit

verschiedenen Teilbereichen, den sprachlichen Ebenen, definiert. Die FachschülerInnen

erwerben in diesem Kontext grundlegendes theoretisches Wissen und entsprechende

Fachtermini (Metasprache), die für eine differenzierte Beschreibung der Sprachkompetenz

von Kindern notwendig sind. Da die Einführung zu den sprachlichen Ebenen bereits im

Berufskolleg für PraktikantInnen (BKPR) erfolgt, werden die sprachtheoretischen Grundlagen

an dieser Stelle lediglich überblicksweise angesprochen.

Zu Beginn der Themeneinheit Spracherwerb (2) werden die allgemeinen Voraussetzungen

für einen erfolgreichen Spracherwerb beschrieben und die Meilensteine im Erwerb des

Deutschen als Muttersprache kurz skizziert. Anschließend wird die muttersprachliche

Entwicklung auf den unterschiedlichen Sprachebenen (Phonologie, Lexikon/Semantik und

Morphologie/Syntax) im Detail betrachtet. Die ausführliche Behandlung legitimiert sich

dadurch, dass dieses Wissen notwendig zur Ausbildung von Sprachförderkompetenzen ist:

Das Wissen ermöglicht Sprachentwicklungsstände zu dokumentieren und abweichendes

Sprachverhalten zu erkennen (TE 4), mehrsprachigen Spracherwerb einzuschätzen (TE 3)

sowie Sprachfördermaßnahmen im Alltag oder in der Kleingruppe an das Alter und den

sprachlichen Entwicklungsstand von Kindern anzupassen und Sprachförderkonzepte zu

beurteilen (TE 5). Die große Anzahl von 18 Unterrichtsstunden relativiert sich folglich schnell,

da der Themenbereich (2) Spracherwerb gleichermaßen Voraussetzung für die Themen (3)

bis (5) darstellt.

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Bei der Auseinandersetzung mit Mehrsprachigkeit (3) geht es in erster Linie darum,

Entwicklungsprozesse und Besonderheiten von bilingualen Kindern und Kindern mit Deutsch

als Zweitsprache auch hinsichtlich Fördermöglichkeiten aufzuzeigen. Die Reflexion und

Ausbildung von Einstellungen zur Mehrsprachigkeit ist ebenso bedeutsam. Sie findet an der

Helen-Keller-Schule parallel im Handlungsfeld „Unterschiedlichkeit und Vielfalt erleben“

statt, so dass die Behandlung des Themas hier abgekürzt werden kann.

Die Fähigkeit, sprachliche Kompetenzen von Kindern einzuschätzen, bildet die Grundlage für

die Planung und Durchführung effektiver Fördermaßnahmen. In der Themeneinheit

Sprachstand erfassen (4) werden Ziele und Funktionen verschiedener sprachdiagnostischer

Verfahren vermittelt und anhand einzelner Verfahren exemplarisch erläutert. Einen

wichtigen Aspekt im Kontext von Sprachdiagnostik stellt außerdem die Abgrenzung zwischen

Sprachförderbedarf und Therapiebedarf dar. Zum Ende der Einheit werden daher

verschiedene Typen von Sprachstörungen angesprochen, wobei ein besonderes Augenmerk

auf der Spezifischen Sprachentwicklungsstörung (SSES) und ihrer Abgrenzung zu typischen

Erwerbsphänomenen bei mehrsprachigen Kindern liegt.

Für die Sprachförderung (5) sind 16 Unterrichtsstunden vorgesehen. Der Fokus des

Handlungsfelds liegt somit auf dem Aufbau von Handlungskompetenzen zur

Sprachförderung. Dies ist nicht zuletzt auf dem baden-württembergischen Orientierungsplan

zurückzuführen, der eine ganzheitlich ausgerichtete Sprachförderung während der gesamten

Kindergartenzeit vorsieht. Der Aufbau von Sprachförderkompetenzen erfolgt über die

Behandlung von Kriterien für individuelle Sprachförderung, die Reflexion unterschiedlicher

Strategien sprachförderlichen Verhaltens und die Auseinandersetzung mit verschiedenen

Ansätzen zur Sprachförderung. Die FachschülerInnen lernen exemplarisch ein gängiges

Sprachförderkonzept kennen. Da in Kindertageseinrichtungen mit verschiedenen Konzepten

gearbeitet wird, steht die kritische Reflexionsfähigkeit der SchülerInnen statt der Vorstellung

bestimmter Programme im Vordergrund.

Im Rahmen der Themeneinheit Literacy (6) werden die Bedeutung frühkindlicher Literacy-

Erfahrungen und die Vorbildfunktion von ErzieherInnen im Umgang mit Text und Schrift

thematisiert. Die Phonologische Bewusstheit spielt als Vorläuferfertigkeit für die Entwicklung

des Lesens und Schreibens eine zentrale Rolle und wird daher in diesem Zusammenhang

ebenso wie die Gestaltung von Angeboten zur Förderung von Literacy besprochen.

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Die Behandlung des Themas Kinder- und Jugendliteratur (7) wird in der Helen-Keller-Schule

auf den Deutschunterricht bzw. ins BKPR verlagert. Je nach zeitlichen Kapazitäten können

die Inhalte auch in die Themeneinheit Sprachförderung (5) integriert oder im Rahmen eines

Werkstatttages erarbeitet werden. Im Rahmen der Themeneinheit werden Bilderbücher und

Märchen hinsichtlich Erzählformen sowie Auswahl und Gestaltung von Erzählinhalten

untersucht. Daneben werden die FachschülerInnen im Hinblick auf die Auswahl geeigneter

Bilderbücher bzw. Märchen sowie die Methoden ihrer Darbietung geschult. Im Kontext der

Sprachförderung wird die dialogische Bilderbuchbetrachtung in den Vordergrund gerückt.

7.2. Rheinland-Pfalz: BBS SGH Ludwigshafen am Rhein

In Rheinland-Pfalz finden (mehrsprachiger) Spracherwerb und Sprachförderung innerhalb

des Lernmoduls 7 „Bildungsprozesse anregen und unterstützen“ Berücksichtigung. Es sind

keine konkreten Stundenzahlen für sprachliche Themen vorgegeben, sondern lediglich

zeitliche Richtwerte für das gesamte Modul, das auch weitere Themen beinhaltet (s.u.) Eine

verbindliche Zuweisung zeitlicher Anteile zu konkreten Inhalten nimmt die jeweilige

Fachschule vor. Der Auszug aus dem Lehrplan für Fachschule Sozialwesen, Fachrichtung

Sozialpädagogik zeigt die verbindlichen Vorgaben des Landes Rheinland-Pfalz für das

Lernmodul (Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur 2011):

LERNMODUL 7: BILDUNGSPROZESSE ANREGEN UND UNTERSTÜTZEN

ZEITRICHTWERT: 300 STUNDEN

KOMPETENZEN

BEDEUTUNG VON BILDUNG ALS GANZHEITLICHEN, LEBENSLANGEN, INTERAKTIVEN PROZESS ERKENNEN,

LERNFREUDE WEITERENTWICKELN UND ANREGEN.

AUF DER GRUNDLAGE AKTUELLER WISSENSCHAFTLICHER ERKENNTNISSE SELBSTBILDUNG BEGLEITEN UND

BILDUNGSPROZESSE INITIIEREN UND REFLEKTIEREN.

INDIVIDUALITÄT VON BILDUNGSPROZESSEN RESPEKTIEREN UND BERÜCKSICHTIGEN.

BESONDERE BEGABUNGEN WAHRNEHMEN UND IN DER ARBEIT ANGEMESSEN BERÜCKSICHTIGEN.

GESELLSCHAFTLICHE BILDUNGSANSPRÜCHE WAHRNEHMEN UND ANGEMESSEN REAGIEREN.

BILDUNGSANREGENDE RÄUME GESTALTEN.

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INTERESSE AN NATURWISSENSCHAFTLICHEN, GESELLSCHAFTLICHEN UND GEISTESWISSENSCHAFTLICHEN

PHÄNOMENEN WECKEN, MIT DEN ZU BETREUENDEN FORSCHERFRAGEN FORMULIEREN UND GEMEINSAM

NACH ANTWORTEN SUCHEN.

SPRACHENTWICKLUNG UND DIE BEDEUTUNG DER SPRACHE IN BILDUNGSPROZESSEN BEACHTEN,

SPRECHANLÄSSE IM ALLTAG BEWUSST SCHAFFEN UND ZUM LUSTVOLLEN UMGANG MIT SPRACHE ANLEITEN.

EIGENE SPRACHLICHE VORBILDFUNKTION ERNST NEHMEN UND SPRACHLICHE KOMPETENZ

WEITERENTWICKELN.

AUFFÄLLIGKEITEN IN DER SPRACHENTWICKLUNG ERFASSEN, LÖSUNGSMÖGLICHKEITEN AUFZEIGEN UND

PÄDAGOGISCH ANGEMESSEN DAMIT UMGEHEN.

KOMMUNIKATION UNTER BERÜCKSICHTIGUNG INDIVIDUELLER VORAUSSETZUNGEN FÖRDERN.

INTERESSE UND LUST AM LESEN WECKEN UND FÖRDERN.

UNTERSCHIEDLICHE GATTUNGEN UND FORMEN DER KINDER- UND JUGENDLITERATUR ANALYSIEREN UND

MIT VERSCHIEDENEN METHODEN ADRESSATENGERECHT EINSETZEN.

KREATIVE GESTALTUNG DER DURCH LITERATUR GEWONNENEN EINDRÜCKE UND EMPFINDUNGEN

ERMÖGLICHEN UND FÖRDERN.

KINDLICHES INTERESSE AN BUCHSTABEN UND AM SCHREIBEN UNTERSTÜTZEN.

ZUR NUTZUNG VON MEDIEN FÜR LERN- UND BILDUNGSPROZESSE ANLEITEN.

SPIEL ALS BILDUNGSSITUATION BEGREIFEN UND ZUR ENTWICKLUNG VON SELBST-, SACH- UND

SOZIALKOMPETENZEN NUTZEN.

ANGEMESSENE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR SPIELERFAHRUNGEN UND UNTERSCHIEDLICHE SPIELFORMEN

SCHAFFEN.

SPIELIMPULSE GEBEN UND SPIELSITUATIONEN FÜR EINZELNE UND GRUPPEN ALTERS- UND

ENTWICKLUNGSGEMÄß GESTALTEN.

BESONDERHEITEN IM SPIELVERHALTEN WAHRNEHMEN UND ANGEMESSEN REAGIEREN.

AUS LERNMODUL 9 A/B (ZEITRICHTWERT: ZUSÄTZLICHE 34 STUNDEN)

BIBLISCHE GESCHICHTEN, ANDERE RELIGIÖSE ÜBERLIEFERUNGEN UND SYMBOLE FÜR KINDER UND

JUGENDLICHE

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MIT ALLEN SINNEN ERLEBBAR MACHEN.

RELIGIÖSE FRAGEN UND ÄUßERUNGEN VON KINDERN UND JUGENDLICHEN VERSTEHEN, ANREGEN UND

BEGLEITEN.

INHALTLICHE ORIENTIERUNG

ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN (FRÜHER) BILDUNG UND TEILHABE

NEUROPHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN VON LERNEN UND GEDÄCHTNIS

HOCHBEGABUNG

MEHRSPRACHIGKEIT

LITERACY

SPIELRAUMGESTALTUNG

Nachfolgend wird das schuleigene Curriculum der BBS SGH Ludwigshafen beschrieben.

Aufbau und Inhalte des schuleigenen Curriculums

Das schuleigene Curriculum für die BBS SGH Ludwigshafen ist für den Einsatz über ein

Schuljahr bis 6 Wochen vor Schuljahresende konzipiert und umfasst nach Abzug der

Schulferien und der Praktikumszeiten insgesamt ca. 62 Einzelstunden. Das Curriculum ist in

fünf Themeneinheiten und 16 Teileinheiten gegliedert. Die einzelnen Themen und der damit

verbundene Lernstoff bauen aufeinander auf. Die im Lehrplan vorgegebenen

Themenschwerpunkte spiegeln sich im Stoffverteilungsplan des schuleigenen Curriculums in

den geplanten Themen- und Teileinheiten folgendermaßen wider:

Themeneinheit Teileinheiten Zeitlicher Richtwert

(1) Grundlagen Sprache Was ist Sprache?

Sprache als Bildungsauftrag

Sprachliche Register

Sprachliche Ebenen

3 Doppelstunden

(2) Spracherwerb Wie funktioniert Spracherwerb?

Typen von Spracherwerb

Mehrsprachigkeit

Rolle der ErzieherInnen

7 Doppelstunden

(3) Sprachliche Ebenen Phonologie

Syntax und Morphologie

16 Doppelstunden

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Lexikon und Semantik

(4) Sprachbildung/-förderung Diagnostik

Qualitätskriterien für Sprachförderung

Konzepte (exemplarisch)

3 Doppelstunden

(5) Literacy Literacy

Workshop Literacy

2 Doppelstunden

Tabelle 3: Themen- und Teileinheiten des schuleigenen Curriculums der BBS SGH Ludwigshafen.

Die Schwerpunkte im Stoffverteilungsplan der BBS SGH bilden die Themeneinheiten (2)

Spracherwerb mit 7 Doppelstunden und die sprachlichen Ebenen (3) mit 16 Doppelstunden.

Innerhalb der Themeneinheit Grundlagen Sprache (1) wird auch im Ludwigshafener

Curriculum auf den besonderen Stellenwert von Sprache als Bildungsauftrag von

Kindertageseinrichtungen eingegangen. Sprache wird als Kommunikationssystem und

formales Regelsystem mit den sprachlichen Ebenen als Teilbereichen definiert. Zu den

sprachlichen Ebenen wird an dieser Stelle nur ein kurzer Überblick gegeben. Eine intensivere

Auseinandersetzung mit den sprachtheoretischen Inhalten findet erst im Rahmen von

Themeneinheit 3 statt, wo sie stets in Anknüpfung an konkrete Sprachbildungsangebote zur

Unterstützung der Lautentwicklung, des Wortschatzes und des Satzbaus erfolgt. Somit wird

den FachschülerInnen der Bezug der Theorie zum Berufsalltag unmittelbar vergegenwärtigt.

In der Themeneinheit Spracherwerb (2) werden zunächst die Meilensteine im Erwerb des

Deutschen als Erstsprache skizziert sowie weitere Spracherwerbstypen vorgestellt. Die

FachschülerInnen setzen sich mit Einstellungen zu Mehrsprachigkeit auseinander und

reflektieren die Bedeutung der pädagogischen Fachkraft als Sprachvorbild, insbesondere für

Kinder mit Deutsch als Zweitsprache.

In Themeneinheit (3) zu den sprachlichen Ebenen werden Phonologie, Morphologie, Syntax

und Semantik (bzw. Lexikon) ausführlich behandelt. Die FachschülerInnen setzen sich sowohl

mit dem Erwerb spezifischer sprachlicher Strukturen als auch mit den Möglichkeiten

auseinander, Kinder in ihrer Entwicklung auf diesen Ebenen zu unterstützen. Sie erhalten in

dieser Themeneinheit außerdem die Gelegenheit, für das 1. Fachpraktikum anhand einer

Bilderbuchbetrachtung Maßnahmen zur Sprachbildung im Bereich Wortschatz zu erarbeiten,

durchzuführen und anschließend zu reflektieren.

In Themeneinheit (4) Sprachbildung, Sprachförderung, Sprachförderkonzepte geht es

zunächst darum, Sprachdiagnostik als professionellen Weg zur Ermittlung des individuellen

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Sprachförderbedarfs einzelner Kinder und der entsprechenden Planung und Dokumentation

von Sprachfördermaßnahmen aufzuzeigen. Im Rahmen der fachschulischen Ausbildung

können die Fachschülerinnen kaum ausreichend auf eine zielgruppengerechte Auswahl und

Durchführung von Sprachstandsverfahren vorbereitet werden, da dies in der Regel eine

gezielte Schulung voraussetzt. Daher wird hier lediglich ein Verfahren exemplarisch

vorgestellt und sein Nutzen aber auch seine Grenzen beleuchtet. Darüber hinaus steht die

Rolle der Erzieherin/des Erziehers als sprachliches Vorbild im Mittelpunkt der genannten

Einheit – die FachschülerInnen lernen die wichtigsten Kriterien für sprachförderliches

Verhalten kennen und analysieren zur Vertiefung Video-Beispiele aus der Förderpraxis.

Anschließend werden unterschiedliche Ansätze der Sprachförderung diskutiert und die

FachschülerInnen lernen ein in Rheinland-Pfalz gängiges Konzept der (additiven)

Sprachförderung kennen. Da in verschiedenen Einrichtungen häufig mit unterschiedlichen

Konzepten gearbeitet wird, steht hier ebenfalls die kritische Reflexionsfähigkeit der

SchülerInnen im Vordergrund.

Im Rahmen der Behandlung von Literacy (5) werden die FachschülerInnen auf den

Stellenwert frühkindlicher Literacy-Erfahrungen sowie die Vorbildfunktion pädagogischer

Fachkräfte im Umgang mit Text und Schrift hingewiesen. Die unterschiedlichen

Entwicklungsschritte beim Erwerb des Lesens und Schreibens werden erläutert.

Ähnlich wie an der Helen-Keller-Schule in Weinheim wird an der BBS SGH in Ludwigshafen

das Thema Kinder- und Jugendliteratur in den Deutschunterricht ausgelagert, wo

ausgewählte Literatur besprochen und hinsichtlich Erzählformen sowie Auswahl und

Gestaltung von Erzählinhalten untersucht wird. Die zielgruppenspezifische Auswahl

geeigneter Bilderbücher und Methoden der Bilderbuchbetrachtung werden innerhalb von

Themeneinheit 3 abgehandelt und dort in Zusammenhang mit der Entwicklung spezifischer

sprachlicher Strukturen auf den unterschiedlichen Sprachebenen besprochen.

7.3. Hessen: Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim

In Hessen sind Inhalte rund um Spracherwerb und Sprachförderung jeweils neben weiteren

Themen in drei von vier Lernbereichen des Lehrplans verankert. Lernbereich I mit Inhalten

zur Sprachförderung und Lernbereich II, in dessen Rahmen sozialpädagogische Grundlagen

unterrichtet werden, sind für alle FachschülerInnen verpflichtend. „Sprachentwicklung und

Sprachförderung“ kann in Lernbereich IV von interessierten SchülerInnen als Wahlpflichtfach

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gewählt werden. Der Lehrplan macht zeitliche Angaben jeweils nur für den gesamten

Lernbereich. Stundenanteile für spezifische Inhalte müssen von der Fachschule eigenständig

festgelegt werden. In Tabelle 4 sind die Inhalte aus dem Lerngebiet Deutsch exemplarisch

beschrieben:

Lernbereich I: Gesellschaft und Kultur

Lerngebiet: Deutsch

Aufgabenfeld: Sprachförderung

Handlungsleitende Prinzipien:

Kenntnis und Bedeutung der Sprach- und Sprechförderung im Elementar- und Vorschulbereich

Fähigkeit zur Entwicklung und Erprobung von Fördermaßnahmen

Kommunikations- und Sprachfähigkeit als Voraussetzung zur Integration

Sprache als Form sozialen Handelns

Denken in gesellschaftlichen Zusammenhängen

Eigenverantwortliches und selbstorganisiertes Arbeiten und Handeln

Diagnosefähigkeit zur Ermittlung von sprachlichen Auffälligkeiten

Unterrichtsinhalte

Ganzheitliche Sprachförderung

Methoden der Sprachförderung

Frühprävention

Sprachliche Integration in Familien, im Kindergarten…

Vorbereitende Förder- und Trainingsprogramme, Sprachstandserhebungen

Phonologische Bewusstheit und Schriftspracherwerb

Deutsch als Zweitsprache

Praxis der Lese- und Schreibförderung

Modelle zur Leseförderung

Kompetenzen

Kommunikations- und Sprachfähigkeit bei Kindern fördern können

Theorien der Sprachentwicklung mit praktischer Arbeit verknüpfen und umsetzen

Sprechfreude wecken können

Sprachspiele zur Förderung

des Wortschatzes

der Grammatik

der Artikulation

der kommunikativen Fähigkeiten

des Sprachverständnisses kennen lernen, erstellen, erproben und

einsetzen

unterschiedliche Methoden der Förderung umsetzen und nutzen können

Materialien entwickeln und erstellen

Unterschiedliche Methoden zur Leseförderung erproben und einsetzen

Tabelle 4: Inhalte aus dem Lerngebiet Deutsch der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim.

Das schuleigene Curriculum der FS Lampertheim befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt

aufgrund des zeitverzögerten Einstiegs in das Projekt noch in der Implementierungsphase. Es

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wird bis zum Ende des Schuljahres 2015/16 begleitend reflektiert und gegebenenfalls

überarbeitet. Die dargestellten Inhalte bilden den Ist-Stand im Projekt am Jahresende 2015

ab.

Aufbau und Inhalte des schuleigenen Curriculums

Das schuleigene Curriculum der Elisabeth-Selbert-Schule in Lampertheim ist vorwiegend für

den Einsatz in der Unterstufe (d.h. dem ersten Ausbildungsjahr) konzipiert und umfasst

insgesamt ca. 49 Doppelstunden. Die im Lehrplan vorgegebenen Themenschwerpunkte

spiegeln sich im Stoffverteilungsplan des schuleigenen Curriculums in den geplanten

Themen- und Teileinheiten wie in Tabelle 5 dargestellt wider. In der ersten Spalte ist

zusätzlich verzeichnet (kursiv), in welchem Lerngebiet die Inhalte verortet sind:

Themeneinheit

Lerngebiet

Teileinheiten Zeitlicher Richtwert

(1) Was ist Sprache?

Deutsch

Grundlagen von Sprache

Sprachebenen

3 Doppelstunden

(2) Sprachentwicklung

Deutsch

Erstspracherwerb

Erwerb von Phonologie

Erwerb von Lexikon und Semantik

Erwerb von Syntax und Morphologie

Spezifische Sprachentwicklungsstörung

8 Doppelstunden

(3) Mehrsprachigkeit

Deutsch

Spracherwerbstypen

DaZ-Erwerb

Einstellungen

6 Doppelstunden

(4) Alltagsintegrierte Sprach-

förderung

KJL

Bedeutung von Literacy

Sprachförderung im Alltag

Lyrik, Bilderbuchbetrachtung

18 Doppelstunden

(5) Sprachstand einschätzen

Deutsch, SPG

Sprachstandsdiagnostik

Beobachtungsbogen sismik

5 Doppelstunden

(6) Sprachförderung –

Konzepte

Deutsch

Unterschiedl. Sprachförderansätze

Elternarbeit in Bezug auf Mehrsprachigkeit

3 Doppelstunden

(7) Kinder- und Jugendliteratur

KJL, Deutsch

Literarische Gattungen

Vorlesetechniken

6 Doppelstunden

Tabelle 5: Themen- und Teileinheiten des schuleigenen Curriculums der Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim.

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Das Curriculum ist in sieben Themeneinheiten und insgesamt 20 Teileinheiten gegliedert.

Auch hier bauen die einzelnen Themen und der damit verbundene Lernstoff aufeinander

auf.

Die Schwerpunkte im Stoffverteilungsplan der Elisabeth-Selbert-Schule für Sozialpädagogik

bilden die Themenbereiche Sprachentwicklung (2) und alltagsintegrierte Sprachförderung (4)

mit 8 bzw. 18 Doppelstunden.

In der Themeneinheit Was ist Sprache (1) wird – ebenso wie an den anderen beiden

Fachschulen – Sprache neben ihrer Funktion als Kommunikationssystem als formales

Regelsystem mit verschiedenen Teilbereichen, den sprachlichen Ebenen, definiert,

grundlegendes theoretisches Wissen und entsprechende Fachtermini vermittelt.

Wie an der BBS SGH in Ludwigshafen erfolgt an der Elisabeth-Selbert-Schule eine

ausführliche Auseinandersetzung mit den sprachlichen Ebenen erst in der folgenden

Teileinheit in Zusammenhang mit der Sprachentwicklung, daher werden die

sprachtheoretischen Grundlagen an dieser Stelle lediglich überblicksweise angesprochen.

In Themeneinheit (2) zur Sprachentwicklung werden die Meilensteine im Erwerb des

Deutschen als Muttersprache skizziert. Anschließend wird die muttersprachliche Entwicklung

auf den unterschiedlichen Sprachebenen (Phonologie, Lexikon/Semantik und

Morphologie/Syntax) im Detail betrachtet und erste Ideen zur gezielten Sprachförderung auf

den unterschiedlichen Ebenen gesammelt. Darüber hinaus sollen die FachschülerInnen für

abweichendes Sprachverhalten von Kindern sensibilisiert werden. Ziel ist es, sie in die Lage

zu versetzen, Sprachentwicklungsstörungen zu erkennen und zu wissen, welche

Handlungskonsequenzen sie aus ihren Erkenntnissen zu ziehen haben.

Bei der Auseinandersetzung mit Mehrsprachigkeit (3) geht es darum, Entwicklungsprozesse

und Besonderheiten von bilingualen Kindern und Kindern mit Deutsch als Zweitsprache

aufzuzeigen. Die Reflexion und Ausbildung von Einstellungen zur Mehrsprachigkeit ist

ebenso bedeutsam. Sie findet an der Elisabeth-Selbert-Schule unter anderem auch im

Lerngebiet „Sozialpädagogische Konzepte und Strategien“ und im Wahlpflichtfach

„Sozialpädagogische Arbeit im interkulturellen Bereich“ statt, so dass die Behandlung des

Themas hier abgekürzt werden kann.

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Für die alltagsintegrierte Sprachförderung (4) sind 18 Unterrichtsstunden vorgesehen. Der

Fokus des Handlungsfelds liegt auf dem Aufbau von Handlungskompetenzen zur

Sprachförderung im Bereich Literacy. Dies ist auf den hessischen Bildungsplan

zurückzuführen, der eine ganzheitlich ausgerichtete, die gesamte Kindheit begleitende

Sprachförderung mit einem Schwerpunkt auf der Unterstützung von literacybezogenen

Kompetenzen vorsieht. Die FachschülerInnen setzen sich mit der Bedeutung frühkindlicher

Literacy-Erfahrungen und der Vorbildfunktion von pädagogischen Fachkräften im Umgang

mit (Schrift-)Sprache auseinander. Der Aufbau von Sprachförderkompetenzen erfolgt

außerdem über die Ausarbeitung und Erprobung von konkreten Angeboten zur

alltagsintegrierten Sprachförderung mithilfe von Lyrik und Bilderbuchbetrachtung für das 1.

Fachpraktikum.

Die Fähigkeit, sprachliche Kompetenzen von Kindern einzuschätzen, bildet die Grundlage für

die Planung und Durchführung effektiver Fördermaßnahmen. In der Themeneinheit

Sprachstand einschätzen (5) werden Ziele und Funktionen verschiedener

sprachdiagnostischer Verfahren vermittelt und anhand einzelner Verfahren exemplarisch

erläutert.

Im Rahmen der Themeneinheit Sprachförderung - Konzepte (6) erfolgt die Beschäftigung mit

unterschiedlichen Ansätzen zur Sprachförderung. Die FachschülerInnen lernen ein

Sprachförderkonzept exemplarisch kennen. Da es auch in Hessen einrichtungsabhängig

unterschiedliche Konzepte gibt, steht hier die Fähigkeit der FachschülerInnen im

Vordergrund, sich mit gängigen Sprachförderkonzepten kritisch auseinanderzusetzen.

Inhalte der Themeneinheit Kinder- und Jugendliteratur (7) werden an der Elisabeth-Selbert-

Schule einerseits im Fach Kinder- und Jugendliteratur, andererseits im Deutschunterricht

behandelt. Im Zusammenhang mit unterschiedlichen Gattungen der Kinder- und

Jugendliteratur werden schwerpunktmäßig Märchen hinsichtlich ihrer narrativen Merkmale

sowie der Auswahl und Gestaltung von Erzählinhalten untersucht. Daneben wird im Kontext

von Erstlesebüchern auf die Entwicklungsstufen beim Lesen und Schreiben eingegangen. In

der Teileinheit zu Vorleseprozessen lernen die FachschülerInnen das Dialogische Vorlesen

kennen und bekommen die Gelegenheit, Vorlesetechniken einzuüben.

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7.4. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der schuleigenen Curricula

Die in den Lehrplänen für Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz vorgegebenen

Themen und Inhalte (vgl. Kapitel 7.1-7.3) zeigen, dass sich diese im Kern stark

überschneiden. Als Kernthemen werden in allen drei Bundesländern die Bereiche

Sprachentwicklung sowie abweichende Sprachentwicklung, Sprachförderung,

Mehrsprachigkeit, Sprachdiagnostik und Literacy aufgeführt. Bei der Beschreibung dieser

Kernthemen sind jedoch Differenzen auszumachen. Der Lehrplan von Rheinland-Pfalz ist

beispielsweise besonders offen formuliert, der Lehrplan von Baden-Württemberg dagegen

stärker ausdifferenziert. Auffällig ist auch, dass anders als in Baden-Württemberg und

Hessen in Rheinland-Pfalz spezifische Sprachförderkonzepte/-programme nicht explizit als

Lehrplaninhalt erwähnt werden. Gemeinsam ist den Lehrplänen aber, dass eine inhaltliche

Ausgestaltung seitens der Lehrkraft erforderlich ist (vgl. MAZEM 2015a).

Unterschiede in den schuleigenen Curricula bestehen vor allem bezüglich der

Ausdifferenzierung und der Anordnung der Themen sowie aufgrund der unterschiedlichen

Organisation der Praxisanbindung (wöchentliche Praxistage versus Blockpraktika). Die

Elisabeth-Selbert-Schule in Lampertheim hat mehr Unterrichtsstunden im Bereich Sprache

zur Verfügung als die anderen beiden Fachschulen.

Der schulübergreifende Austausch im Projekt führte generell zu einer Angleichung der

Curricula: die Idee des Ludwigshafener Schulteams, die sprachlichen Ebenen zu Beginn des

Unterrichts nur kurz einzuführen und später unmittelbar mit dem Spracherwerb und der

Sprachförderung in Bezug zu setzen, griffen die anderen beiden Projektschulen auf. So

konnte in allen drei Curricula ein möglichst früher Praxisbezug realisiert bzw. den

Schülerinnen und Schülern die Relevanz der theoretischen Inhalte bewusst gemacht werden.

Nachfolgend ist eine Übersicht zu den Themeneinheiten und Schwerpunkten der

schuleigenen Curricula an allen drei Schulstandorten aufgeführt:

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Weinheim Ludwigshafen Lampertheim

Zeitlicher Umfang für die Umsetzung

Ca. 60 Stunden Ca. 62 Stunden Ca. 98 Stunden

In wie vielen Lernfeldern/-modulen unterrichtet

1 (+ BKPR) 1 3 Lernbereiche (+Wahlpflichtfach)

Themeineinheiten Grundlagen Sprache

(Erst-)Spracherwerb

Mehrsprachigkeit

Sprachstand erfassen

Sprachförderung

Literacy

Grundlagen Sprache

Spracherwerb

Sprachliche Ebenen

Sprachbildung/-förderung

Literacy

Was ist Sprache?

Sprachentwicklung

Mehrsprachigkeit

Alltagsintegrierte Sprachförderung

Sprachstand einschätzen

Sprachförderung (Konzepte)

Kinder- und Jugendliteratur

Schwerpunkte Spracherwerb und Sprachförderung, Literacy

Spracherwerb und Sprachförderung auf den unterschiedlich-en Sprachebenen

Spracherwerb und Sprachförderung, Literacy

Praxisbezug Einsatz verschiedener Beobachtungsaufgaben für die Praxis

Systematischer Einsatz von Beobachtungsauf-gaben f.d. Praxis für alle them. Einheiten

Planung und Durchführung alltagsintegr. Sprach-fördermaßnahmen für 1. Fachpraktikum

Tabelle 6: Vergleich der drei schuleigenen Curricula.

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8. Perspektiven und Empfehlungen

Das train-the-trainer-Konzept und dessen Umsetzung an der Helene-Lange-Schule in den

Jahren 2011 bis 2013 (vgl. Abschlussbericht zur 1. Modellprojektphase) sowie an der Helen-

Keller-Schule Weinheim, der BBS SGH Ludwigshafen und der Elisabeth-Selbert-Schule

Lampertheim in den Jahren 2013 bis 2015 hat sich bewährt, vor allem auch aufgrund des

großen Engagements und der Kompetenzen der beteiligten Lehrkräfte. Durch die

gemeinsam konzipierten, verbindlichen Curricula erfolgt an den Fachschulen eine

Qualitätsentwicklung und -sicherung im Bereich Sprache und Sprachförderung. In beiden

Modellprojektphasen konnten in insgesamt drei Bundesländern wichtige Erkenntnisse

gewonnen und Erfahrungen gemacht werden, die nun in das Konzept für einen Rollout sowie

in Nachhaltigkeitsmaßnahmen für die Projektbeteiligten fließen. Diese werden in den

nächsten beiden Unterkapiteln beschrieben.

8.1. Rollout

Das Konzept für den Rollout von Sprache macht stark! – Fachschule stimmt weitestgehend

mit der Vorgehensweise während der ersten beiden Modellprojektphasen überein (eine

detaillierte Beschreibung findet sich in MAZEM (2015)). Änderungen ergeben sich

hauptsächlich durch eine Reduktion des zeitlichen Umfangs bzw. der Kürzung einzelner

Veranstaltungen wie folgt:

Die Bedarfsanalyse wurde um eine Stunde, die Konzeptionstreffen von 12 auf 8 Stunden und

die Reflexionstreffen von 12 auf 6 Stunden verkürzt. Die zeitliche Reduktion der

Konzeptions- und Arbeitstreffen macht eine größere Eigeninitiative der Fachschule in Bezug

auf den Austausch zwischen den Lehrkräften erforderlich. Das MAZEM stellt den Schulteams

Dokumente mit Arbeitsaufträgen zur Verfügung, die den Austausch strukturieren und die

Arbeitsergebnisse der Lehrkräfte festhalten.

Das in den Modellprojektphasen obligatorische Coaching-Angebot wurde gestrichen. In

beiden Modellprojektphasen hat sich gezeigt, dass die Lehrkräfte eher vom Austausch

untereinander als von einem individuellen Coaching im Unterricht profitieren.

Der Qualitätszirkel zur Nachhaltigkeit findet im Rollout in einem Umfang von 2 Stunden

(vormals 4 Stunden) statt, um den zeitlichen Aufwand für die Lehrkräfte zu reduzieren.

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Der schulübergreifende Austausch bleibt bestehen. Aufgrund von Schwierigkeiten, einen

gemeinsamen Termin für mehrere Fachschulen bzw. den beteiligten Schulteams zu finden,

gilt für den Rollout folgende Regelung: Jedes Schulteam entsendet mindestens eine

Lehrkraft zum schulübergreifenden Austausch. Diese fungiert dann als Multiplikatorin für ihr

Team.

Es bleibt künftig wichtig, im Curriculum inhaltliche und methodische Gestaltungsspielräume

für Lehrkräfte einzubauen, um sowohl der Individualität der Lehrkräfte als auch der

FachschülerInnen Rechnung zu tragen. In der zweiten Modellprojektphase wurde diese

Erkenntnis durch die Planung von Themeneinheiten anstatt einzelner Unterrichtsstunden

berücksichtigt. Diese Vorgehensweise wird im Rollout beibehalten.

Vor der Konzeption der Curricula sind frühzeitige Absprachen zwischen den Lehrkräften der

„Kernmodule/Lernfelder“ (Schulteam) und Lehrkräften aus weiteren Modulen/Lernfeldern

sinnvoll, in denen Aspekte zu Sprachentwicklung und Sprachförderung ebenfalls zum

Unterrichtsstoff gehören (Sprachförderung als Querschnittsaufgabe). Dadurch wird die

Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und es entsteht ein Mehrwert für

die FachschülerInnen (vertiefte Vermittlung der Lerninhalte). Zudem ergeben sich

Synergieeffekte für die beteiligten Lehrer bei der Planung und Umsetzung des

Fachunterrichts.

8.2. Nachhaltigkeitsmaßnahmen: Schulinterne Weiterarbeit und „Erreichtes

Verstärken“

Die gemeinsam erarbeiteten, schuleigenen Curricula der drei Projektschulen sind in ihren

jeweiligen Ausprägungen zentraler Pfeiler der Nachhaltigkeit im Projekt Sprache macht

stark! – Fachschule. An den Fachschulen besteht die Vorgabe, dass alle Lehrkräfte des

entsprechenden Lernfelds oder -bereichs sich zukünftig am schuleigenen Curriculum

orientieren. Mit detaillierten Stoffverteilungsplänen und den dazugehörigen Materialien (vgl.

Kapitel 7) ist das jeweilige Curriculum allen Lehrkräften analog und digital zugänglich. Alle

drei Curricula wurden so konzipiert, dass ein umfassend erklärendes Vorwort sowie

erläuternde Rahmentexte auch neuen Lehrerinnen und Lehrern, die nicht am Projekt

teilgenommen haben, den Einsatz ermöglichen sollen.

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An der Helen-Keller-Schule Weinheim werden im neuen Schuljahr 2015/16 sowohl

Lehrerinnen aus dem Sprache macht stark! – Fachschulteam als auch neue Kolleginnen im

Lernfeld „Sprachliche Lern- und Bildungsprozesse planen, eröffnen und begleiten“

eingesetzt, so dass die Erfahrungen aus der Implementierung des Curriculums im Kollegium

weitergegeben werden. Eine Lehrerin aus dem Schulteam übernimmt die Einweisung neuer

Kolleginnen in die Arbeit mit dem schuleigenen Curriculum und fungiert als

Ansprechpartnerin. Darüber hinaus erfolgt an der Schule die Gründung einer Fachschaft

„Sprache“: Pro Schuljahr findet mindestens eine Teamsitzung der Fachschaft statt, in der

unter anderem gemeinsam ergänzende Materialien zum Curriculum ausgewählt werden. In

Planung ist eine übergreifende Sitzung mit der Fachschaft „Deutsch“, in der die Inhalte des

Projekts vorgestellt werden und über eine mögliche Verteilung von Inhalten zu Grammatik,

Bilderbuchbetrachtung sowie Kinder- und Jugendliteratur über die Fächer diskutiert werden

soll. Zur Dokumentation der Zusammenarbeit im Projektkatalog der Schule werden

nachträglich ein Projektantrag und eine Projektbeschreibung zu Sprache macht stark! –

Fachschule angefertigt.

An der BBS SGH in Ludwigshafen unterrichten im Schuljahr 2015/16 aus organisatorischen

Gründen nur zwei der vier Lehrkräfte des Sprache macht stark! – Fachschulteams die

während der Projektlaufzeit erarbeiteten Inhalte. Die Lehrkräfte müssen darüber hinaus mit

einem reduzierten Stundenumfang planen, was eine eigenverantwortliche Überarbeitung

des schuleigenen Curriculums erforderlich macht. Die beiden aktuell eingesetzten Lehrkräfte

werden diese Aufgabe übernehmen. Darüber hinaus tauscht sich das Schulteam in einer

Dienstbesprechung mit den Praxisanleitern der Schule über die im Rahmen des Curriculums

erarbeitete Praxisaufgabe für das Fachpraktikum aus und gibt sein Wissen hierzu weiter.

Die Abteilungsleiterin der Fachschule für Sozialpädagogik möchte sich bei der

Gesamtschulleitung dafür einsetzen, dass im Schuljahr 2016/17 wieder alle Lehrkräfte des

Sprache macht stark! – Fachschulteams das schuleigene Curriculum unterrichten können.

Nach einer Übergangsphase im aktuellen Schuljahr können dann auch neue Lehrerinnen und

Lehrer in die Materialien eingeführt werden.

Mit Blick auf die Nachhaltigkeit an der einzelnen Fachschule sollte in Zukunft zu

Projektbeginn mit der Schulleitung über die Möglichkeiten des künftigen Einsatzes der am

Projekt beteiligten Lehrkräfte gesprochen werden. Da diese viel Zeit und großes Engagement

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in die Projektarbeit eingebracht und sich fachlich weiterqualifiziert haben, wäre es

wünschenswert, dass sie weiterhin in den entsprechenden Modulen, Handlungs- und

Lernfeldern oder –bereichen unterrichten können, sofern das die schulischen

Rahmenbedingungen zulassen.

Eine weitere Form der langfristigen Qualitätssicherung stellen die Veranstaltungen des

Projekts „Erreichtes Verstärken“ der Offensive Bildung dar (vgl. https://www.offensive-

bildung.de/p05/engagement/de/content/projekte/erreichtes/index). Im Rahmen des

Veranstaltungskonzepts können Fachschulen, die im Kontext der „Offensive Bildung“ am

Projekt Sprache macht stark! – Fachschule teilgenommen haben, im Jahr 2016 zusätzliche

Veranstaltungen abrufen, die zur nachhaltigen Sicherung der Projektinhalte beitragen sollen.

Die Veranstaltungen gewährleisten eine kontinuierliche Reflexion und Weiterentwicklung

der schuleigenen Curricula und werden von BASF SE finanziell unterstützt.

Das Angebot für Schulen, die am Projekt Sprache macht stark! – Fachschule teilgenommen

haben, umfasst zwei schulinterne sowie zwei schulübergreifende Veranstaltungen, die über

das MAZEM gebucht werden können (siehe website der Offensive Bildung zu „Erreichtes

Verstärken“ unter https://www.offensive-bildung.de/p05/engagement/de/content/projekte

/sprache-fachschule/erreichtes-verstaerken).

9. Öffentlichkeitsarbeit

Um die Erfahrungen im Projekt Sprache macht stark! – Fachschule an die Öffentlichkeit zu

tragen, wurden ausgewählte Informationen für Veranstaltungen während der zweiten

Modellprojektphase aufbereitet. Diese sind im Folgenden aufgeführt.

Am 27.03.2014 gestaltete Kerstin Mehler einen Workshop zum Thema „Vermittlung von

Sprachförderkompetenzen in der fachschulischen Ausbildung“ auf der Tagung des Vereins

frühe Mehrsprachigkeit an Kitas und Schulen (FMKS) im Rahmen der didacta in Stuttgart.

Vom 9.05.-10.05.2014 wurde das Projekt im Praxisforum des Workshops „Multilinguale

Perspektiven“ der Universität Mannheim von Natalia Kapica und Manuela Hauser

präsentiert.

Am 26.11.2015 fand an der Universität Mannheim eine Pressekonferenz zu den Projekten

Sprache macht stark! – Grundschule und Sprache macht stark! – Fachschule statt, zu der

PressevertreterInnen aus der Metropolregion Rhein-Neckar eingeladen waren. Hier wurden

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die Projektergebnisse aus beiden Modellprojektphasen vorgestellt und über den Rollout von

Sprache macht stark! – Fachschule ab Januar 2016 informiert.

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Referenzen

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Sprache macht stark! – Fachschule: Projektschulen der 2. Modellprojektphase

Helen-Keller-Schule Weinheim

Fachbereich Sozialpädagogik

Berufsbildende Schule Sozialwesen, Gesundheit

und Hauswirtschaft Ludwigshafen am Rhein

Fachbereich Sozialwesen

Elisabeth-Selbert-Schule Lampertheim

Fachbereich Sozialpädagogik