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Internationale Fachtagung – Textsortenwandel vom 9. bis zum 19. Jahrhundert Vom 10.06.2015 bis 13.06.2015 Veranstalterin: Prof. Dr. BrittMarie Schuster Abstracts (in alphabetischer Sortierung) Sandra Aehnelt (Dresden) Satzkonstruktionen in Reiseberichten des 17. Jahrhunderts Gemäß des Fachtagungsthemas soll innerhalb dieses Vortrags aufgezeigt werden, welche Satzkonstruktionen und Variationen in Reiseberichten des 17. Jahrhunderts auftreten. In exem- plarischer Gegenüberstellung zum 15. Jahrhundert soll erläutert werden, inwieweit syntaktische Strukturen bereits standardisiert bzw. diese durch rhetorisch-stilistische Formen noch überschrieben sind. Ziel dieser Untersuchung ist es, mit Hilfe einer der Kanzleisprache fernen Textsorte aufzuzeigen, dass Texte, welche in der frühen Neuzeit meist von vornherein zur Veröffentlichung gedacht waren, immer noch Züge des privaten Schreibens tragen und Erlebnisse eindrucksvoll beschreiben. Diese Beschreibungen tragen aufgrund Ihres Vermittlungs- und Unterhaltungscharakters sich häufende Merkmale, welche ursprünglich nicht der grammatischen Syntax entstammen, sondern vielmehr rhetorisch-stilistische Merkmale aufweisen, welche im 17. Jahrhundert noch immer zu finden sind, im Vergleich zum 15. Jahrhundert jedoch sehr wahrscheinlich viel seltener. Dennoch können uns heute fremde Satzkonstruktionen (in) der frühen Neuzeit unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Stilistik besser beschrieben werden. Forschungsschwerpunkte Frühneuhochdeutsche Syntax, Deutsche Grammatik der Gegenwart

Abstracts Internationale Fachtagung UPB Textsortenwandel · Gral und von der Gralswelt für den Adel seiner Zeit ein ideales, utopisches Gesellschaftsmodell geschaffen ; in der Folgezeit

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Internationale Fachtagung – Textsortenwandel vom 9. bis zum 19. Jahrhundert

 

       

 

Vom  10.06.2015  bis  13.06.2015  

 

Veranstalterin:    

Prof.  Dr.  Britt-­‐Marie  Schuster  

 

Abstracts (in alphabetischer Sortierung)

Sandra Aehnelt (Dresden)

Satzkonstruktionen in Reiseberichten des 17. Jahrhunderts

Gemäß des Fachtagungsthemas soll innerhalb dieses Vortrags aufgezeigt werden, welche

Satzkonstruktionen und Variationen in Reiseberichten des 17. Jahrhunderts auftreten. In exem-

plarischer Gegenüberstellung zum 15. Jahrhundert soll erläutert werden, inwieweit syntaktische

Strukturen bereits standardisiert bzw. diese durch rhetorisch-stilistische Formen noch überschrieben

sind. Ziel dieser Untersuchung ist es, mit Hilfe einer der Kanzleisprache fernen Textsorte aufzuzeigen,

dass Texte, welche in der frühen Neuzeit meist von vornherein zur Veröffentlichung gedacht waren,

immer noch Züge des privaten Schreibens tragen und Erlebnisse eindrucksvoll beschreiben. Diese

Beschreibungen tragen aufgrund Ihres Vermittlungs- und Unterhaltungscharakters sich häufende

Merkmale, welche ursprünglich nicht der grammatischen Syntax entstammen, sondern vielmehr

rhetorisch-stilistische Merkmale aufweisen, welche im 17. Jahrhundert noch immer zu finden sind, im

Vergleich zum 15. Jahrhundert jedoch sehr wahrscheinlich viel seltener. Dennoch können uns heute

fremde Satzkonstruktionen (in) der frühen Neuzeit unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Stilistik

besser beschrieben werden.

Forschungsschwerpunkte Frühneuhochdeutsche Syntax, Deutsche Grammatik der Gegenwart

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TEXTSORTENWANDEL VOM 9.-19. JAHRHUNDERT – INTERNATIONALE FACHTAGUNG (UNIVERSITÄT PADERBORN, JUNI 2015)

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Publikationen zum Tagungsthema Aehnelt, Sandra (im Druck): Rhetorische Syntax in Reiseberichten der frühen Neuzeit. Eine empirische

Untersuchung zu Norm und Variation des Satzrahmens im 17. Jahrhundert. In: Rhetorik und

Kulturen (Akten der Tagung in Montpellier (Université Paul Valéry) im November 2014), hrsg. v.

Michel Lefèvre/ Katharina Mucha-Tummuseit/ Rainer Hünecke. Reihe: Zivilisationen & Geschichte.

Frankfurt/M. et al.: Peter Lang Verlag.

Galina Baeva (St. Petersburg)

Fragen und Fragesätze in Benediktinerregeln des 9. bis 15. Jahrhunderts

Das Untersuchungsziel ist die Bestandsaufnahme der Fragesatzmuster einschließlich ihrer

Ausbaumöglichkeiten und kommunikativen Funktionen in der deutschsprachigen Tradition der Benedik-

tinerregel als empirische Grundlage des diachronen und dialektalen Vergleichs.

Eine funktional-semantische Einteilung der Fragesätze stützt sich auf die formale Unterscheidung in

Ergänzungs- und Entscheidungsfragen sowie rhetorische Fragen und wird dazu herangezogen, um

syntaktische, lexikalische und pragmatische Charakteristika der Fragen im Allgemeinen sowie

bestimmte Fragesatztypen in dieser Textsorte zu zeigen.

Die Besonderheiten der Fragesätze in der Benediktinerregel sind der Textsorte geschuldet. Die

sprachliche Aufgabe von Fragen, Wissenstransfer zu ermöglichen, wird in der Benediktinerregel in

vielen Fällen nicht erfüllt: sie dienen oft nur dazu, kommunikative Distanz zu reduzieren und

konzeptionelle Mündlichkeit zu imitieren.

Publikationen zum Tagungsthema Baeva, Galina / Nifontova, Daria (2014b): „Strategien und Taktiken des Dialogs in den

Fastnachtspielen von Hans Sachs“. In: Körper – Kultur – Kommunikation. Corps – Culture –

Communication. Hrsg. von Alexander Schwarz, Catalina Schiltknecht, Barbara Wahlen / TAUSCH.

Textanalyse in Universität und Schulen. Bd. 18. Peter Lang Verlag: Bern, Berlin et al., S. 435-446.

Baeva, Galina (2014a): „Fest als Teil des Lebens in der mittelhochdeutschen Literatur“. In: Etudes

Medievales. Numero double 15-16. Amiens, S.1-9.

Baeva, Galina (2013b): „Sprachliche Mittel zum Ausdruck der Autorenpräsenz im mittelalterlichen

Tristan-Roman“. In: Etudes Medievales 15. Amiens, S. 14-21.

Baeva, Galina (2013a): „Rat als kommunikative Handlung im Mittelhochdeutschen“. In: Schriften zur

diachronen und synchronen Linguistik, Bd. 8: Satz und Text. Zur Relevanz syntaktischer Strukturen

zur Textkonstitution. Frankfurt am Main: Peter Lang, S. 9-22.

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Baeva, Galina (2012b): „Dialogbezogene Begründungsstrukturen im Mittelhochdeutschen“ In:

Syntaktischer Wandel in Gegenwart und Geschichte (Berliner sprachwissenschaftliche Studien),

hrsg. v. Franz Simmler, Bd. 28. Berlin: Weidler-Verlag, S. 437-452.

Baeva, Galina (2012a): „Dialog im Schwank aus strukturell-kommunikativer Sicht“. In: Vielfalt und

Einheit der Germanistik weltweit (Akten des XII. Internationalen Germanistenkongresses Warschau

2010), hrsg. v. Fr. Grucza, Bd. 17. Peter Lang-Verlag: Frankfurt am Main et al., S.289-295.

Baeva, Galina (2010): „Konnektoren und Adverbialien in der ‚Tatianbilingue’ und in der Bibeltradition“.

In: Mikrostrukturen und Makrostrukturen im älteren Deutsch vom 9. bis zum 17. Jahrhundert: Text

und Syntax (Berliner sprachwissenschaftliche Studien) hrsg. v. Franz Simmler, Band 19. Berlin:

Weidler-Verlag, S. 9 -28.

Gisela Brandt (Berlin)

Die Nachricht – variable Grundeinheit der periodischen Zeitung des 17. und 18. Jahrhunderts

Mit Bezug auf die Straßburger „Relation aller Fürnemmen und gedenckwürdigen Hiſtorien“ (1605-1659)

und die „Mitauiſchen Nachrichten von Staats= gelehrt= und einheimiſchen Sachen“ (1766-1775) soll

ausgelotet werden, wie groß der Variationsspielraum jeweils ist und ob sich ein prinzipieller Wandel in

der Textgestaltung vollzogen hat.

Publikationen zum Vortragsthema Brandt, Gisela (im Druck): „Zum Zusammenspiel von binnendeutscher und inseldeutscher Sprachkultur

in den Mitauiſchen Nachrichten von Staats= gelehrt= und einheimiſchen Sachen (1766ff.)“. In:

Rhetorik und Kulturen (Akten der Tagung in Montpellier (Université Paul Valéry) im November 2014),

hrsg. v. Michel Lefèvre/ Katharina Mucha-Tummuseit/ Rainer Hünecke. Reihe: Zivilisationen &

Geschichte. Frankfurt/M. et al.: Peter Lang Verlag.

Brandt, Gisela (2014): „Deutsche Zeitungen in Städten des Baltikums (eine textlinguistische Studie)“. In:

Anna Karin/ Silvia Ulivi/ Claudia Wich-Reif (Hg.): Regiolekt, Funktiolekt, Idiolekt: Dir Stadt und ihre

Sprachen. Akten der 31. Tagung des Internationalen Arbeitskreises Historische

Stadtsprachenforschun. Bonn, 29. September – 02. Oktober 2013. (Sprache in kulturellen Kontexten

/ Language in Cultural Contexts, Bd. 1) Bonn, S. 213-242.

Brandt, Gisela (2007): „Zu Textaufbau, Syntax und Lexik des „gelehrten Artikels“ in den Mitauiſchen

Nachrichten 1767“. In: Gisela Brandt (Hg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache im

Baltikum V. Stuttgart, S. 121-161. (S.A.G. 440)

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Brandt, Gisela (2005b): Zum sprachlichen Profil ausgewählter Textsorten in der „Mitauiſchen Zeitung“

(1784-1810). In: Gisela Brandt (Hg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache im Baltikum

IV. Stuttgart, S. 165-190. (S.A.G. 427)

Brandt, Gisela (2005a): „Die „Mitauiſchen Nachrichten“ und ihre Nachfolger (1766 – 1810)“. In: Jörg

Riecke/ Britt-Marie Schuster (Hg.): Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa.

Sprachliche Gestalt, historische Einbettung und kulturelle Traditionen (Germanistische Arbeiten zur

Sprachgeschichte Bd. 3). Berlin, S. 89-108.

Brandt, Gisela (2003): „Von den ‚Mitauischen Politischen und Gelehrten Zeitungen’ über die ‚Mitauische

Gelehrte u. Politische Zeitung’ zur ‚Mitauischen Politischen Zei=tung’ (1777-1784)“. In: Gisela Brandt

(Hg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache im Baltikum III. Stuttgart, S. 167-189. (S.A.G.

412)

Brandt, Gisela (2000): „Textsorten und Textsortenstile in den ‚Mitauischen Politischen und Gelehrten

Zeitungen’ (1775/76)“. In: Gisela Brandt (Hg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache im

Baltikum II. Stuttgart, S. 153-187. (S.A.G. 378)

Brandt, Gisela (1996): „Textsorten und Textsortenstile in den ‚Mitauischen Nachrichten’ (1766-1775)“.

In: Gisela Brandt (Hg.): Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache im Baltikum [I]. Stuttgart, S.

211-270. (S.A.G. 339)

Danielle Buschinger (Amiens)

Deutsche Prosa-, Vers-, strophische Gralromane vom 13. bis zum 15. Jahrhundert. Strukturen und Funktionen

Fast alle späteren Gralsromane werden in die direkte Nachfolge Wolframs von Eschenbach

eingegliedert: drei strophische Romane (Albrechts Jüngerer Titurel, Lohengrin und Ulrich Fuetrers Buch

der Abenteuer) und ein Versroman sowie der Rappolsteiner Parzifal. Doch schließen sich diese

Romane auch einer anderen Tradition an, der von Robert de Boron, der gegen 1200 (und nach ihm von

den Fortsetzern des Conte del Graal von Chrétien de Troyes) den Gral christianisiert, mit Christi

Leidensgeschichte verbunden und alle Geschehnisse in einer christlichen Perspektive interpretiert hat:

Der Gral ist dann sowohl der Pokal des letzten Abendmahls als auch das heilige Gefäß, in dem Christi

Blut bei der Kreuzigung aufgefangen wird. Diese christianisierte Tradition führen auch Prosaromane wie

der französische und der deutsche Prosa-Lancelot (13.-15. Jahrhundert), der Prosa-Lantzilet des Ulrich

Fuetrer, eine Adaptation des deutschen Prosa-Lancelot und ein strophischer Roman, der strophische

Lantzilet des Ulrich Fuetrer (eine Versifizierung des Prosa-Lantzilet) (Ende des 15. Jahrhunderts),

weiter. Nennen wir zuletzt den Versroman der Heinrich von dem Türlin, die Krône (1220-1230), der,

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obwohl er sich u.a. an die Erste Continuation anschließt, einen ganz anderen Standpunkt vertritt und

vereinzelt in der Tradition steht.

Während der Gral in der französischen Tradition im 13. Jahrhundert ein heiliges Objekt ist, gehen die

deutschen Dichter bis zum Schluss der von Wolfram von Eschenbach angedeuteten Entwicklung nach.

Einerseits übernehmen die Dichter, die seine Nachfolge angetreten haben, die kunstvolle Strophenform,

die er in seinen Titurel-Fragmenten verwendet hatte. Andererseits hatte er mit seiner Auffassung vom

Gral und von der Gralswelt für den Adel seiner Zeit ein ideales, utopisches Gesellschaftsmodell

geschaffen ; in der Folgezeit wird der Gral immer mehr verweltlicht, säkularisiert, ja profaniert, bis er in

Ulrich Fuetrers Prosa- und Versromanen zu einem Mittel wird, einen weltlichen Herrscher zu

glorifizieren und die Territorialherrschaft zu legitimieren.

Forschungsschwerpunkte Französisch-deutsche Literaturbeziehungen im Mittelalter/ Gralromane / Tristan-Tradition / Heldenepik

Prosaromane / Edition von mittelhochdeutschen Texten / Übersetzung ins Französische von

mittelhochdeutschen Texten

Tierepik

Hans Sachs

Christine de Pizan

Sangspruchdichtung

Stadtchroniken / Preußische Chroniken

Richard Wagner

Publikationen zum Tagungsthema Buschinger, Danielle (2015b): „Le Graal, un objet mystérieux (dans quelques textes allemands du

Moyen Age)“. In: Actes du colloque du Mont-St-Michel en l’honneur d’Alexander Schwarz (1. und 2.

November 2014). Amiens 2015.

Buschinger, Danielle (2015a): La tradition du Graal en pays de langue allemande. Paris, Champion.

Buschinger, Danielle (2014b): „Le Graal en Allemagne du XVIIIe à nos jours. Une récupération

idéologique ?“ In: Le Graal: genèse, évolution et avenir d’un mythe. Actes du Colloque international

des 12, 13 et 14 mars 2014 à la Maison de la Culture d’Amiens publiés par les soins de Danielle

Buschinger, Florent Gabaude, Marie-Geneviève Grossel, Jürgen Kühnel et Mathieu Olivier Amiens,

Presses du Centre d’Etudes Médiévales de Picardie, S. 81-87.

Buschinger, Danielle (2014a): Le Graal: genèse, évolution et avenir d’un mythe. Actes du Colloque

international des 12, 13 et 14 mars 2014 à la Maison de la Culture d’Amiens publiés par les soins

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de Danielle Buschinger, Florent Gabaude, Marie-Geneviève Grossel, Jürgen Kühnel et Mathieu

Olivier Amiens, Presses du Centre d’Etudes Médiévales de Picardie.

Buschinger, Danielle (2010b): La Couronne. Traduit et annoté par Danielle Buschinger. Paris, Honoré

Champion.

Buschinger, Danielle (2010a): Wolfram von Eschenbach, Parzival. Traduit par Danielle Buschinger et

Jean-Marc Pastré. Paris, Champion.

Buschinger, Danielle (2001b): Parzival, Arthur et le Graal. Amiens (Médiévales 18).

Buschinger, Danielle (2001a): „Le personnage de Merlin dans le Livre des Aventures d’Ulrich Fuetrer“.

In: D.B. Parzival, Arthur et le Graal. Amiens 2001 (Médiévales 18), S. 149-154.

Buschinger, Danielle (2000): Wolfram von Eschenbach, Parzival. Traduction française du texte intégral

par Danielle Buschinger et al., Amiens, Presses du Centre d’Etudes Médiévales de l’Université de

Picardie-Jules Verne.

Buschinger, Danielle (1995): „Burg Salie und Gral. Zwei Erlösungstaten Gaweins in der Crone Heinrichs

von dem Türlin“. In: Studien zur Deutschen Literatur des Mittelalters, hrsg. v. Danielle Buschinger,

Greifswald, S.114-116.

Buschinger, Danielle (1994): „Die spätmittelalterliche Artus-Epik in Deutschland” et “La tradition du

Graal en Allemagne au Moyen Age“. In: König Artus und der Heilige Graal. Greifswald 1994

(WODAN 32), S. 78 ff.; S. 102 ff..

Buschinger, Danielle (1993): „Echanges littéraires entre Romania et Germania au Moyen Age“. In: Voix

d’Ouest en Europe. Souffles d’Europe en Ouest. Actes du Colloque International d’Angers. 21-24

Mai 1992. Angers, S. 31-43.

Buschinger, Danielle (1986): “Zum Verhältnis des deutschen Prosa-Lancelot zur altfranzösischen

Vorlage.“ In: Wolfram-Studien IX. Schweinfurter ‘Lancelot’-Kolloquium 1984. Hrsg. v. Werner

Schröder. Berlin, S. 46-89.

Buschinger, Danielle (1984): “Le viol dans la littérature médiévale du Moyen Age”. In: Amour, mariage

et transgressions au Moyen Age. Actes du Colloque d’Amiens des 24, 25, 26 et 27 mars. Göppingen

(GAG 420), S. 369-388.

Buschinger, Danielle (1981): „Burg Salie et Gral“. In: Die mittelalterliche Literatur in Kärnten. Vienne

1981 (WAZGAPh. 16), S. 1-32.

 

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Ireneusz Gaworski (Polen)

Formen der Nachfeldbesetzung in den protestantischen Leichenpredigten des 16. bis 18. Jahrhunderts

Die Besetzung des Satzbereichs rechts vom linear letzten Element der Prädikatsgruppe, gegenwärtig in

Anlehnung an Erich Drach als Nachfeld bezeichnet, ist ein stets präsentes Merkmal des deutschen

Satzbaus. Ihre Formen und Funktionen gelten als gut erforscht, wobei man hier generell zwischen dem

gewöhnlich restringierteren schriftsprachlichen Standard und der weniger normierten mündlichen

Alltagskommunikation sowie dem dialektalen Gebrauch unterscheiden muss. In der gegenwärtigen

Schriftsprache wird dieser topologische Bereich viel seltener gefüllt als in allen älteren Sprachstufen des

Deutschen, wovon die Oralität jedoch nicht so stark betroffen zu sein scheint. In vielen

sprachgeschichtlichen Darstellungen wird darauf hingewiesen, dass die gravierenden quantitativen und

qualitativen Veränderungen in der Nachfeldbesetzung besonders im Frühneuhochdeutschen ansetzten,

wobei die Entwicklungstendenzen je nach Textsorte gelegentlich stark variierten. Das mag das

facettenreiche Schaffen Martin Luthers bezeugen. In der Leichenpredigt, einer der bedeutsamsten

Textsorten des protestantischen Erbauungsschrifttums, deren Entstehung sich dem Kirchenreformator

verdankt und deren Blütezeit bis zum Ende des 17. Jahrhunderts lag, spiegeln sich die sprachlichen

Veränderungen wohl sehr gut wider. Auch das gesamte 18. Jahrhundert über gehörten gedruckte

Leichenpredigten zu den begehrtesten Erbauungs- und Unterhaltungstexten der protestantischen Ober-

und Mittelschicht fast auf dem gesamten deutschen Sprachgebiet. Von dem besonderen

sprachhistorischen Stellenwert dieser Textsorte zeugt nicht nur ihr Massencharakter und ihre

Wirkungspotenz, sondern auch ihr einzigartiger Aufbau, denn nahezu jedes Textexemplar enthält außer

dem nach den homiletischen Regeln konstruierten Sermon auch zahlreiche, oft im kanzleisprachlichen

Stil verfasste Detailinformationen über das Leben jedes Verstorbenen (Vorfahren, Hinterbliebene,

Lebensgewohnheiten, gesellschaftliche Position, berufliche Aktivität) sowie eine ausführliche

Schilderung seines Sterbens (Krankheiten, Vorbereitung auf den Tod, Todesursache). Deshalb stellen

Leichenpredigten eine nahezu ideale Grundlage dar auch für diachrone Analysen zur deutschen Syntax

in der Übergangsphase vom Früh- zum Neuhochdeutschen.

Thomas Gloning (Gießen)

Reiseführer. Textuelle und multimodale Darstellungsformen im historischen Längsschnitt

Reiseführer sind eine sehr alte, vielgestaltige und kultur- und mediengeschichtlich interessante

kommunikative Gattung. Reiseführer im engeren Sinne sind ein Produkt des 19. Jahrhunderts und eng

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verbunden mit Veränderungen in der Kulturgeschichte des Reisens. Reiseführer sind seit dieser Zeit in

verstärktem Maße auch kommerzielle Produkte mit einer je eigenen Produktphilosophie: Baedeker,

Guide Bleu, Michelin, Dumont, APA-Guides sind einige Namen des 19.-21. Jahrhunderts, die auch mit

eigenen Darstellungsformen verbunden sind, die wiederum auf je eigene Reisephilosophien bezogen

sind wie z.B. die Bildungsreise im 19. Jh. oder die ‚alternative‘ Reise im späten 20. und 21. Jahrhundert.

Aber auch mittelalterliche Vorformen wie die 'Mirabilia Romae' oder frühneuzeitliche Führer für

Italienreisen oder Reisen ins Heilige Land zeigen die enge Verbindung von Textgestalt und

Reisemodalitäten.

Gegenstand meines Beitrags ist die Frage, wie sich Reiseführer im Hinblick auf ihre textuelle Gestalt

und im Hinblick auf die Nutzung multimodaler Gestaltungsformen entwickelt haben. Es soll weiterhin

gefragt werden, wie diese Veränderungen mit kultur- und mediengeschichtlichen Entwicklungen

zusammenhängen. Wenn man Texte wie z.B. Reiseführer als Werkzeuge ansieht, die sich unter

historischen Bedingungen entwickelt haben, dann kann man u.a. folgende Leitfragen stellen:

(i) Welche Funktionen haben/hatten Reiseführer? Wie und wofür wurden Reiseführer von

unterschiedlichen Personengruppen genutzt? Was waren und sind funktional verwandte oder auch

konkurrierende Darstellungsformen und Medien, die ähnlichen Zwecken dienen wie Reiseführer?

(ii) Wie, wann und unter welchen Bedingungen ist der klassische, moderne Reiseführer

entstanden? Welche Darstellungsformen wurden dabei genutzt? An welche Vorbilder ließ sich

anknüpfen? Wie hat sich der Texttyp ‚Reiseführer‘ im 19.-21. Jahrhundert entwickelt? Wie wurden

zunehmend multimodale Ressourcen für textclusterartige Darstellungsweisen genutzt? Wie haben sich

im Lauf der Zeit spezifische Spielarten von Reiseführern für unterschiedliche Formen des Reisens

herausgebildet?

(iii) Wie kann man die textuelle Vorgeschichte der modernen Reiseführer beschreiben? Welche

älteren Texte hatten verwandte Funktionen? Auf welche Formen des Reisens waren sie ggf. bezogen?

Welche textuellen und multimodalen Darstellungsweisen, welche Darstellungsschemata wurden dabei

ggf. genutzt?

(iv) Welche konkurrierenden Spielarten des Informierens und Orientierens über Reiseziele sind zu

einem bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Gebiet verfügbar? Wie unterscheiden sie sich in

den textuellen Mustern, in den Darstellungsmitteln und Darstellungsformen von Reiseführern?

(v) Was können wir aus der Geschichte der Reiseführer und ihrer funktionalen Verwandten lernen

für eine evolutionäre Theorie der Textsorten bzw. von schwächer konventionalisierten Formen der

Darstellung und der kommunikativen Problemlösung?

Forschungsschwerpunkte Text und Gespräch; Geschichte von Textsorten, Geschichte von Kommunikationsformen

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Wortgebrauch, Wortschatzorganisation, (historische) Semantik, (historische) Lexikologie, (historische)

Lexikographie

Korpuslinguistik, eHumanities, Digital Humanities; Aufbau und Nutzung historischer Textcorpora

Multimodale Kommunikationsangebote: theoretische Grundlagen und Beschreibungsverfahren

Wissenschaftskommunikation und ihre Geschichte

Publikationen zum Tagungsthema Gloning, Thomas (2011): „Spielarten der Quellenkennzeichnung in Fachtexten des Mittelalters und der

Frühen Neuzeit“. In: Habermann, Mechthild (Hg.): Textsortentypologien und Textallianzen des 13.

und 14. Jahrhunderts. Berlin: Weidler, S. 303-332.

Gloning, Thomas (2010): „Funktionale Textbausteine in der historischen Textlinguistik. Eine

Schnittstelle zwischen der Handlungsstruktur und der syntaktischen Organisation von Texten“. In:

Ziegler, Arne (Hg.): Historische Textgrammatik und Historische Syntax des Deutschen. Band 1.

Berlin/ New York: de Gruyter, S. 173-193.

Gloning, Thomas (2008): „Textgebrauch und textuelle Muster in der wissenschaftlichen Medizin des 19.

Jahrhunderts. Exemplarische Untersuchungen und Forschungsaufgaben“. In: Gansel, Christina

(Hg.): Textsorten und Systemtheorie. Göttingen: V & R unipress, S. 67-93.

Gloning, Thomas (2007): „Deutsche Kräuterbücher des 12. bis 18. Jahrhunderts. Textorganisation,

Wortgebrauch, funktionale Syntax“. In: Meyer, Andreas/ Schulz-Grobert, Jürgen (Hg.): Gesund und

krank im Mittelalter. Leipzig, S. 9-88.

Gloning, Thomas (2002): „Textgebrauch und sprachliche Gestalt älterer deutscher Kochrezepte (1350-

1800). Ergebnisse und Aufgaben“. In: Simmler, F. (Hg.): Textsorten deutscher Prosa vom 12./13. bis

zum 18. Jh. und ihre Merkmale. Frankfurt a.M., S. 517-550.

Gloning, Thomas (1999): „The pragmatic form of religious controversies around 1600. A case study in

the Osiander vs. Scherer & Rosenbusch controversy“. In: Jucker, A.H./ Fritz, G./ Lebsanft, F. (eds.):

Historical dialogue analysis. Amsterdam/ Philadelphia, S. 81-110.

Gloning, Thomas (1996): „Zur Vorgeschichte von Darstellungsformen und Textmerkmalen der ersten

Wochenzeitungen“. In: Fritz, G./ Straßner, E. (Hg.): Die Sprache der ersten deutschen

Wochenzeitungen des 17. Jahrhunderts. Tübingen, S. 196-258.

 

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Ursula Götz (Rostock)

Sprachlehrbücher von außen betrachtet. Zur Entwicklung einer Textsorte anhand von Titelblättern des 16. und 17. Jahrhunderts

Frühneuzeitliche Titelblätter zeichnen sich durch eine spezifische sprachliche und typographische

Gestaltung aus. Die – im Vergleich mit modernen Titelseiten – relativ große Textmenge präsentiert dem

Publikum eine Vielzahl von Informationen über das Buch, aus denen wiederum bestimmte Aspekte

besonders hervorgehoben werden können. Der Vortrag will anhand eines Korpus von Grammatiken und

Orthographielehren aufzeigen, welche Strategien der Hervorhebung auf den Titelblättern gewählt

werden und wie diese sich im Lauf des 16. und 17. Jahrhunderts entwickeln. Davon ausgehend wird

geprüft, ob und in welcher Weise die Titelblattgestaltung die bekannten Entwicklungen der Textsorte

widerspiegelt.

Forschungsschwerpunkte Historische Syntax, Orthographiegeschichte, Sprachgeographie

Publikationen zum Tagungsthema Götz, Ursula (2012): „Welche König Helmas in Albanien Tochter / und ein Meer=Wunder gewesen. Zur

Syntax von Titelblättern des 16. und 17. Jahrhunderts“. In: Zeichensprachen des literarischen Buchs

in der frühen Neuzeit: Die „Melusine“ des Thüring von Ringoltingen. Hrsg. von Ursula Rautenberg,

Mechthild Habermann, Hans-Jörg Künast und Heidrun Stein-Kecks, Berlin – New York 2012, S. 225-

248.

Götz, Ursula (2011): „Zur Syntax von Titelblättern des 16. Jahrhunderts“. In: Geschichte der

Gesamtsatzstrukturen vom Althochdeutschen bis zum Frühneuhochdeutschen. Hrsg. von Franz

Simmler und Claudia Wich-Reif, Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A. Kongressberichte

104, Bern – Berlin u.a., S. 67-95.

Albrecht Greule (Regensburg)

Kanzleistil und Stilwandel in Texten des 15.-17.Jahrhunderts

Der Vortrag geht der Frage nach dem Verständnis von Kanzleistil nach und versucht durch die Analyse

kanzleisprachlicher Texte, die Rolle zu bestimmen, die die Textgrammatik als Faktor des Kanzleistils

spielt. Die zur Analyse herangezogenen Texte sind jeweils Vertreter typischer kanzleisprachlicher

„Textsorten“. Als Ergebnis des Vergleichs ergibt sich, dass die analysierten Texte unter dem Diktat der

Rechtsverbindlichkeit stehen und die Forderung nach eindeutiger textgrammatischer Referenz eingelöst

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TEXTSORTENWANDEL VOM 9.-19. JAHRHUNDERT – INTERNATIONALE FACHTAGUNG (UNIVERSITÄT PADERBORN, JUNI 2015)

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sein muss. Damit markieren die Ausdrucksformen eindeutiger Referenz im ganzen Text gemeinsam

eine dominante Stileigentümlichkeit kanzleisprachlicher Texte.

Forschungsschwerpunkte Grammatik und Lexik des Deutschen, Sprachgeschichte, Onomastik, Sprachkultur, Theolinguistik.

Publikationen zum Tagungsthema Greule, Albrecht (mit Sandra Reimann) (2014): „Tradition oder Neubeginn? Zur historischen Textsorte

‚Werbeanzeige’“. In: Kontinuitäten und Neuerungen in Textsorten- und Textallianztraditionen vom

13. bis zum 18.Jahrhundert. Hrsg. von Peter Ernst und Jörg Meier unter Mitarbeit von Krystyna

Waligóra, Berlin, S. 337-356.

Greule, Albrecht (mit Jörg Meier und Arne Ziegler) (2012c): Kanzleisprachenforschung. Ein

internationales Handbuch. Berlin/Boston (De Gruyter).

Greule, Albrecht (2012b): „Sakralität. Studien zu Sprachkultur und religiöser Sprache“. Hrsg. von

Sandra Reimann und Paul Rössler. Tübingen.

Greule, Albrecht (2012a): „’So muß ich also unserem seligen Bischofe die Begräbnißrede halten’. Zu

Johann Baptist Heinrichs Predigtstil“. In: Mit Sprache bewegen. Festschrift für Prof. Dr. Michael

Thiele zu seinem 65. Geburtstag, hrsg. von Susanne Göpferich, El�bieta Kucharska-Dreiß, Peter

Meyer. Insingen, S.295-313.

Greule, Albrecht (2010): „Textgrammatik und historische Textsorten am Beispiel des Kirchenliedes“. In:

Historische Textgrammatik und Historische Syntax des Deutschen. Internationaler Kongress, Graz

7.-10. Mai 2008, hrsg. von Arne Ziegler, Berlin/New York 2010, S.741-757.

Stefan Hauser (Zürich) / Kersten Sven Roth (Düsseldorf)

Textsortennetze und Diskurse im Wandel

Der erste Teil des Beitrags befasst sich mit Textsortennetzen und ihrem Wandel. Am Beispiel von

Pressetextsorten soll das analytische Potential eines solchen Zugangs präsentiert werden. Im zweiten

Teil werden Überlegungen zu dynamischen Textsorten-Diskurs-Relationen präsentiert. Es wird dabei

auch um die Frage gehen, wie diskurslinguistische und textsortengeschichtliche Modelle aufeinander

bezogen werden können.

Forschungsschwerpunkte Textlinguistik, Medienlinguistik, Phraseologie, Gesprächslinguistik

Publikationen zum Tagungsthema

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Hauser, Stefan / Luginbühl, Martin (2015b): „Hybridisierung und Ausdifferenzierung - Einführende

begriffliche und theoretische Anmerkungen“. In: Hauser, Stefan / Luginbühl, Martin (Hrsg.):

Hybridisierung und Differenzierung. Kontrastive Perspektiven linguistischer Medienanalyse. Bern:

Peter Lang, S. 7-30.

Roth, Kersten Sven (2015a): Diskursrealisationen. Grundlegung und methodischer Umriss einer

pragmatisch-interaktionalen Diskurssemantik. Berlin.

Hauser, Stefan (2014): „Netze im Wandel - Wandel in Netzen. Diachrone Perspektiven auf die

Vernetztheit von Textsorten“. In: Hauser, Stefan / Kleinberger Günther, Ulla / Sven Roth, Kersten

(Hrsg.): Musterwandel - Sortenwandel. Aktuelle Tendenzen der diachronen Text(sorten)linguistik.

Bern: Peter Lang. S. 269-306.

Hauser, Stefan (2012b): Genre matters - Theoretical and methodological issues of a genre-based

approach to contrastive media analysis”. In: Hauser, Stefan / Luginbühl, Martin (Hrsg.): Contrastive

media analysis. Approaches to linguistic and cultural aspects of mass media communication.

Amsterdam: Benjamins. S. 219-243.

Roth, Kersten Sven (2012a): „Das politische Liedermacherlied vor, während und nach 1968 – zur

Modellierung dynamischer Textsorten-Diskurs-Relationen“. In: Heidrun Kämper, Joachim Scharloth,

Martin Wengeler (Hrsg.): 1968. Eine sprachwissenschaftliche Zwischenbilanz. Berlin, New York: de

Gruyter. S. 163-200.

Susan Holtfreter (Paderborn)

Namengebrauch und Textsortenwandel? Eine vergleichende Analyse von Musikkritiken zu Nicolo Paganini und David Garrett

David Garrett und Nicolo Paganini stellen beide Vertreter eines gesellschaftlichen Typus dar, dem

Geigenvirtuosen. Der Vortrag beschäftigt sich mit der Frage, was eine veränderte namentliche

Darstellung des Typus „Geigenvirtuose“ über den Wandel von Textsorten aussagen kann. Dieser Frage

soll am Beispiel von Musikkritiken, insbesondere der Virtuosen- bzw. Solistenrezensionen zu Nicolo

Paganini und David Garrett, nachgegangen werden. Die Tatsache, dass die namentliche Nennung und

Personendarstellung der agierenden Künstler ein wesentliches Charakteristikum von Musikkritiken ist,

macht diese für eine solche Analyse besonders interessant. Der Gegenstand ‘Musikkritik‘ wurde bereits

quantitativ als auch qualitativ untersucht und umfassend beschrieben. Unbeachtet blieb bisher jedoch

die textstrukturelle und pragmatische Relevanz des Gebrauchs von Personennamen. Die Untersuchung

fokussiert somit die namentliche Darstellung des Typus "Geigenvirtuose" und die Entfaltung

spezifischer Strukturmerkmale wie Substituenten, Appositionen und Attribute, die um den Gebrauch von

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Personennamen in einem Text angesiedelt sind. Veränderungen des Namengebrauchs sollen darüber

hinaus in Verbindung mit kultur- und mediengeschichtlichen Veränderungen gebracht werden.

Weiterführend wäre dann abzuleiten, inwiefern die Beobachtung eines Wandels im

Personennamengebrauch mit dazu beitragen kann, methodisch die Beobachtung eines

Textsortenwandels zugänglich zu machen.

Forschungsschwerpunkte

Textlinguistik, systemtheoretische Textanalyse, Gesprächsanalyse

Publikation zum Tagungsthema Holtfreter, Susan (2013): Die Musikkritik im Wandel : eine soziologisch-textlinguistische Untersuchung.

Frankfurt, M. : Lang-Ed. (Zugl.: Greifswald, Univ., Diss., 2011).

Rainer Hünecke (Dresden)

Das protestantische Schuldrama – Stabilität und Wandel vom 16. bis ins 18. Jahrhundert

Die Schuldramatik des 16. bis 18. Jahrhunderts ist nicht nur in der Entwicklung des modernen

deutschen Dramas ein Markstein, sondern auch bei der Herausbildung eines bürgerlichen Schulwesens

und nicht zuletzt in der Etablierung eines bürgerlich geprägten Kulturlebens in der Stadt.

Aufbauend auf dem Humanistendrama, das an Universitäten in lateinischer Sprache aufgeführt wurde

und gelehrte Stoffe verarbeitete, trug das Schuldrama - am Vorbild lateinischer und griechischer Stücke

geschult - zur Bereicherung der dramatischen Form bei. Verfasser dieser Stücke waren meist

Schulmeister oder Geistliche. Der Stoff wurde aus der Antike, der Geschichte und besonders aus der

Bibel entlehnt und diente vorrangig dazu, religiöse und moralische Lehren zu verbreiten.

Das Ziel des vorliegenden Beitrages besteht darin, in einem ersten Schritt das Schuldrama als

Textsorte zu beschreiben, um dann in einem zweiten Schritt Konstanten und Variablen in der

Geschichte dieser Textsorte im Verlauf von zweihundert Jahren aufzeigen zu können. Konkret wird

dabei zunächst der Umfang und der Aufbau des Textes betrachtet. Daran schließt sich dann eine

Analyse der Figurenrede an.

Durch ihre direkte Einbindung dieser Textsorte in pädagogische Prozesse und der damit verbundenen

auf Wiederholung fokussierten didaktischen Prozesse ist anzunehmen, dass in dieser Textsorte die

Stabilität gegenüber der Variabilität dominiert.

Forschungsschwerpunkte Sprachgeschichte vom 15. bis 19. Jahrhundert

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Historische Soziolinguistik

Stadt- und Kanzleisprachenforschung

Publikationen zum Tagungsthema Hünecke, Rainer (2014): „Das Bergbüchlein des Ulrich Rülein von Calw - Vertextungsstrategien und

Formulierungsmuster“. In: Fachtexte des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Hrsg. v. Lenka

Vankova. Berlin, S. 169-185.

Hünecke, Rainer (2013): „Geschäftsbücher um 1500 - Syntax zwischen Normtrend und

Formelhaftigkeit“. In: Stadtsprache(n) – Variation und Wandel. Hrsg. v. Christoph Kolbeck, Reinhard

Krapp und Paul Rössler. Heidelberg, S. 57-70.

Hünecke, Rainer (2011): „Modernität kanzleisprachlicher Syntax, dargestellt am Beispiel des

Stadtbuchs von Dresden aus dem 16. Jahrhundert“. In: Kanzleisprachen auf dem Weg zum

Neuhochdeutschen. Hrsg. v. Christian Braun. Wien, S. 97-111.

Hünecke, Rainer (2010): Institutionelle Kommunikation im kursächsischen Bergbau des 18.

Jahrhunderts. Akteure – Diskurse –soziofunktional geprägter Schriftverkehr. (Habilitationsschrift)

Hünecke, Rainer (2006): „‚Durch Hunger und Noth tief gebeugt...’ - Gesuche um Unterstützung an eine

sächsische Kommune im 19. Jahrhundert“. In: Germanistik genießen. Gedenkschrift für Doc. Dr.

phil. Hildegard Boková. Hrsg. v. Hana Andrásová, Peter Ernst, Libuse Spacilova. Wien, S. 143-159.

Hünecke, Rainer (2000): „Vertextungsstrategien und Sprachmittelwahl in Briefen der politischen

Korrespondenz der Herzogin Elisabeth von Rochlitz (1.H.17.Jh.)“. In: Bausteine zu einer Geschichte

des weibliches Sprachgebrauchs. Hrsg. v. Giesela Brandt, Bd. V. Stuttgart, S. 47-65.

Anna Just (Warschau)

Makrostrukturen in der Kanzleikorrespondenz in Liegnitz (1410-1685)

Die aus dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit überlieferten Briefsteller, Formular- und

Musterbücher zeigen, dass es zumindest bei deren Verfassern eine klare und gut ausgeprägte

Vorstellung von textuellen Strukturen der Briefe gegeben hat. Ob und ggf. inwiefern die in den

Brieflehrbüchern tradierten Vorgaben von den Textproduzenten tatsächlich verwendet wurden, soll im

vorliegenden Beitrag anhand der Kanzleikorrespondenz in Liegnitz dargestellt werden. Es gilt weiter

aufzuzeigen, in welcher Distribution und ggf. Kombination die vorgegebenen Elemente der Strukturen in

der Liegnitzer Kanzleikorrespondenz auftauchen und ob sich in einem Zeitraum von nahezu 300 Jahren

ein gravierender Wandel bezüglich der textuellen Strukturen der Briefe im Kommunikationsraum

Liegnitz vollzogen hat.

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Forschungsschwerpunkte Historische Linguistik, deutsch- und polnischsprachige Flugblätter und -schriften sowie Briefe aus der

Frühen Neuzeit

kontrastive Lerngrammatiken des Deutschen und des Polnischen aus dem 17. und 18. Jahrhundert

Publikationen zum Tagungsthema Just, Anna (2015c): „Städtische Korrespondenzen des 16. Jahrhunderts in Liegnitz“. In: Anna Karin,

Silvia Ulivi, Claudia Wich-Reif (Hg.): Regiolekt, Funktiolekt, Idiolekt: Die Stadt und ihre Sprachen.

Sprache in kulturellen Kontexten / Language in Cultural Contexts, Band 1. Bonn University Press bei

V&R unipress. S. 243-255.

Just, Anna (2015b): „’Przewodnik do J�zyka Polskiego’ Micha�a Kusia – pierwszy niemiecko-polski

s�ownik alfabetyczny na �l�sku“. In: „Poradnik J�zykowy” 1/2015, S. 128-135.

Just, Anna (2015a): „Adressatenhonorifikation vs. Komplexität am Beispiel frühneuhochdeutscher

Korrespondenzen“. In: Delphine Pasques, Franz Simmler (Hg.): Komplexität und Emergenz in der

deutschen Syntax (9.-17. Jahrhundert). Akten zum Internationalen Kongress an der Universität

Paris-Sorbonne vom 26. bis 28.09.2013. Berlin. S. 259-280.

Just, Anna (2014c): Schreiben und Rescripte von Frauen und Princessinnen aus dem Liegnitz(er)

Fürsten Hause (1546-1678). Edition sowie eine historisch-soziopragmatische und historisch-

textlinguistische Skizze. Peter Lang Edition.

Just, Anna (2014b): „Königlich-Preußen in deutsch- und polnischsprachigen Flugblättern und -schriften

der frühen Neuzeit“. In: Liliana Lewandowska, Katarzyna Szczerbowska-Prusevicius, W�odzimierz

Zientara (Hg.): Vergangenes in Erinnerung rufen... Beiträge zur Kulturgeschichte des Königlichen

Preußens. Lit-Verlag. S. 113-126.

Just, Anna (2014a): „Kontinuitäten und Neuerungen in deutschsprachigen Pressepolonica vom 16. bis

18. Jahrhundert“. In: Peter Ernst, Jörg Meier (Hg.): Kontinuitäten und Neuerungen in Textsorten- und

Textallianztraditionen vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. W serii: Jörg Meier, Arne Ziegler (Hg.):

Germanistische Arbeiten zur Sprachgeschichte. Band 10. Berlin. S. 231-254

Just, Anna (2013b): „Kontrastive Untersuchung zu ausgewählten Phänomenen der frühneuzeitlichen

Syntax anhand der Kommunikationsformen Brief und Flugschrift“. In: Franciszek Grucza (Hg.):

Vielheit und Einheit der Germanistik weltweit. Band 17. Peter Lang Internationaler Verlag der

Wissenschaften. Frankfurt am Main u.a. S. 313-318.

Just, Anna (2013a): „Textverknüpfende Elemente in Briefen von Frauen aus dem Liegnitzer

Fürstenhaus (1548-1678)“. In: Józef Wiktorowicz, Anna Just, Ireneusz Gaworski (Hg.): Satz und

Text. Zur Relevanz syntaktischer Strukturen zur Textkonstitution. Frankfurt am Main. S. 107-117.

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Just, Anna (2011e): „Zum Klammerprinzip und zur Stellung des Verbum finitum in Privatbriefen des 16.

Jahrhunderts“. W: Franz Simmler (Hg.): Syntaktische Variabilität in Synchronie und Diachronie vom

9. bis 18. Jahrhundert. Akten zum Internationalen Kongress an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-

Universität Bonn. 9. bis 12. Juni 2010. Serie: Berliner Sprachwissenschaftliche Studien. Band 24.

Berlin. 2011. S. 239-256.

Just, Anna (2011d): „Sprachliche Mittel der Persuasion in deutschsprachigen Pressepolonica des 16.

Jahrhunderts2. In: Waldemar Czachur, Marta Czy�ewska, Philipp Teichfischer (Hg.): Kreative

Sprachpotenziale mit Stil entdecken. Germanistische Festschrift für Professor Wolfgang Schramm.

Wroc�aw. 2011. S. 249-264.

Just, Anna (2011c): „Linguistische Aspekte der privatbrieflichen Kommunikation zwischen Männern und

Frauen des deutschen Adels in Liegnitz (1546-1600) - ein Beitrag zur regionalen

Sprachgeschichtsschreibung Niederschlesiens“. W: Gisela Brandt (Hg.): Historische Soziolinguistik

des Deutschen X. Historisch-Soziolinguistische Forschungen als Beiträge zur Optimierung der

deutschen Sprachgeschichtsschreibung. Stuttgart. S.139-157

Just, Anna (2011b): „Zur frühneuzeitlichen Syntax anhand der Kommunikationsformen Brief und

Flugschrift“. In: Vaiva �eimantiene (Hg.): Ich war immer zwischen Ost und West ...

Grenzüberschreitende Beiträge zur Sprache und Literatur. Gedenkschrift für Ina Meiksinaite zum 90.

Geburtstag. Vilnius. S. 88-99.

Just, Anna (2011a): „Polen und polnische Angelegenheiten in deutschsprachigen fliegenden Zeitungen

der Frühen Neuzeit“. In: Edyta Grotek, Anna Just (Hg.): Im deutsch-polnischen Spiegel. Sprachliche

Nachbarschaftsbilder. Serie: Schriften zur diachronen und synchronen Linguistik. Peter Lang Frankfurt

am Main. 2011. S. 9-23.

Just, Anna (2010): „Syntaktische Strukturen in den deutschsprachigen (Presse-)Polonica des 16. und

17. Jahrhunderts“. In: Yvon Desportes, Franz Simmler und Claudia Wich-Reif (Hg.): Mikrostrukturen

und Makrostrukturen im älteren Deutsch vom 9. bis zum 17. Jahrhundert: Text und Syntax. Akten

zum Internationalen Kongress an der Université Paris Sorbonne (Paris IV) 6. bis 7. Juni 2008. Berlin

2010. Berlin: Weidler-Verlag, Bd. 19. S. 29-57.

Reinhard Krapp (Regensburg)

Zur Interpunktion in expressiven Sprechakten – zwischen Norm und Innovativität im Drama vom 17. zum 19. Jahrhundert

Stauffacher. Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, Doch ach – es wankt der Grund, auf den wir bauten. (Schiller: „Wilhelm Tell“, 1. Aufzug, 2. Szene)

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D. a. Moor. Thu das, mein Sohn. – Ach, es hätte mir doch das Herz gebrochen! Schreib ihm - -(Schiller: „Die Räuber“, 1. Akt, 1. Scene)

Faust. Habe nun, ach! Philosophie, Juristerey und Medicin, Und leider auch Theologie ! (Goethe: „Faust, der Tragödie erster Teil“, Nacht, Studierstube)

Expressive Sprechakte können für Dramentexte als gattungskonstitutiv angesehen werden. Als

prototypisches kommunikatives Muster expressiver Sprechakte in Dramentexten erscheinen

Sequenzen mit Interjektionen.

Interpunktionszeichen im Sinne paraverbaler Zeichen dienen in den Dramentexten des 17.-19.

Jahrhunderts als Teilcode sequenzieller kommunikativer Muster.

In Anlehnung an die bzw. in Abgrenzung zur jeweils synchron vorliegende(n) Norm in den

Interpunktionslehren/Grammatiken wird in Dramentexten vom 17.-19. Jhd. untersucht, wie sich der

Beitrag der Interpunktionszeichen zur Sequenzierung in den kommunikativen Mustern mit Interjektionen

wandelt.

Forschungsschwerpunkte Emotionslinguistik

Sprachwandelforschung

Korpuslinguistik

Kognitive Linguistik

Soziolinguistik

Publikationen zum Tagungsthema Krapp, Reinhard (im Druck): „Zur Semiotik des Gefühlsausdrucks in Schillers Dramen. In: Kaczmarek,

Dorota/Makowski, Jacek/Micho�, Marcin/Weigt, Zenon (Hrsg.): Felder der Sprache – Felder der

Forschung (III. Lodzer Germanistikbeiträge). Primum Verbum: Lodz.

Angelika Linke (Zürich & Linköping)

Vom Reden beim Essen - Zur Kulturgeschichte einer kommunikativen Praxis im Spiegel von Textsortengeschichte(n)

Reden und Essen schließen einander physiologisch weitgehend aus. In der sozialen Veranstaltung der

Mahlzeit werden sie dennoch integrativ zusammengeführt und bilden in dieser Kombination

epochenübergreifend einen Gegenstand kultureller Aufmerksamkeit und sozialer Disziplinierung. In

meinem Beitrag gehe ich der Frage nach, wie die Mahlzeit als eine kommunikative Veranstaltung

während 5 Jahrhunderten (16. – 20. Jh.) in unterschiedlichen Textsorten (Umgangslehren,

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Sprachlehrwerken, Tagebüchern, Kochlehren) zum Gegenstand gemacht wird, inwiefern der jeweilige

Textsortenkontext den Gegenstand (mit)konturiert und welche Bausteine einer Kulturgeschichte des

Redens beim Essen sich aus den Texten erarbeiten lassen.

Arnika Lutz (Paderborn) / Sandra Reimann (Regensburg)

Werbekommunikation im 18. Jahrhundert - Analysen von Texten der Staats- und Gelehrte[n] Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten

Untersuchungen zu den frühen Formen der (schriftlichen) Werbung stellen ein Desiderat in der

sprachwissenschaftlichen Forschung dar. Am Beispiel der Staats- und Gelehrte[n] Zeitung des

Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten sowie deren Vorläufer (1712 – 1790) soll der

übergeordneten Frage nachgegangen werden, bei welchen Texten es sich überhaupt um Werbung

handelt, da eine solche Zuschreibung über äußere gestalterische Merkmale (z.B. Bilder, Textdesign

usw.) nicht möglich ist. Es ist also zu klären, welche Variablen der Kommunikation erfüllt sein müssen,

um von einem Werbetext zu sprechen. Wie wird die Kaufaufforderung versprachlicht? Lassen sich

dabei Präferenzen in der Versprachlichung, also textsortenspezifische sprachliche Muster

herausarbeiten? Welche Produkte (und Dienstleistungen) werden überhaupt beworben? Und welcher

„Zusatznutzen“ wird eingesetzt, um die Kaufhandlung bei den Rezipienten auszulösen? Ob sich

innerhalb dieses Jahrhunderts im Hamburgischen Correspondenten Entwicklungen hinsichtlich der

unterschiedlichen Variablen der Werbekommunikation (Versprachlichung von Sender, Empfänger,

Produkt, Kaufaufforderung, -argumente, -preis und -ort) feststellen lassen, wäre abschließend zu

fragen.

Sandra Reimann, Forschungsschwerpunkte deutsche Grammatik (u.a. Textgrammatik), Mediensprache, Sprache in der Werbung (synchron und

diachron sowie interdisziplinär), Experten-Laien-Kommunikation bzw. Laie-Laien-Kommunikation,

Sprache in der Medizin/Psychologie (Fachsprachen), Sprache und Emotion, Markenkommunikation und

Namenpragmatik sowie Interdisziplinäre und interkulturelle Fragestellungen.

Publikationen zum Tagungsthema Greule, Albrecht/ Reimann, Sandra (2014): „Tradition oder Neubeginn? Zur historischen Textsorte

‚Werbeanzeige’“. In: Ernst, Peter/Meier, Jörg [Hrsg.]: Kontinuitäten und Neuerungen in Textsorten-

und Textallianztraditionen vom 13. bis zum 18. Jahrhundert (Germanistische Arbeiten zur

Sprachgeschichte 10). Berlin, S. 337-356.

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Reimann, Sandra (2008b): „Auf den Spuren des Slogans – Überlegungen zu Vorläufern und Entstehung

eines Werbetextbausteins“. In: Szurawitzki, Michael/Schmidt, Christopher [Hrsg.]: Interdisziplinäre

Germanistik im Schnittpunkt der Kulturen. Festschrift für Dagmar Neuendorff zum 60. Geburtstag.

Würzburg, S. 219–232.

Reimann, Sandra (2008a): MEHRmedialität in der werblichen Kommunikation. Synchrone und

diachrone Untersuchungen von Werbestrategien. Tübingen: Gunter Narr Verlag.

Arnika Lutz, Forschungsschwerpunkt Sprache in der Werbung

Publikationen zum Tagungsthema Lutz, Arnika (2012): „Linguistische Kommunikationsanalyse am Beispiel einer diachronen Untersuchung

historischer Werbeanzeigen“. In: Historische Pragmatik. Hg. v. Peter Ernst. Berlin, Boston: de

Gruyter (= Jahrbuch für germanistische Sprachgeschichte, Bd. 3), S. 258-272.

Friedrich Markewitz / Christina Gansel (Greifswald)

Schulprogramme als heterogene Textsorte? – Zur Funktion von Schulprogrammen vom ausgehenden 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert

Das Schulprogramm, eine im modernen Wissenschaftsdiskurs kaum noch präsente Schriftgattung, war

als Textsorte insbesondere während des 19. Jahrhunderts weit verbreitet. Die Bestimmung ihres

Einflusses wie ihrer Funktionalität harrt jedoch bis heute der textlinguistischen Erschließung. Die

komplexe Entwicklungsgeschichte wie strukturbedingte Heterogenität des Schulprogramms stellen eine

Herausforderung dar. Anfangs wie eine Informationsbroschüre verwendet, um die jährlich

stattfindenden Prüfungen oder Feste der Schule(n) bekannt zu machen, erweiterten sich rasch der

Adressatenkreis, die Funktionszusammenhänge und Bedeutungsdimensionen, wobei die Normierungen

der preußischen Bildungsbehörde diese Entwicklung ab 1824 maßgeblich beförderten. Das

Schulprogramm wurde zu einem wichtigen Aushängeschild der Lehranstalten, zu einem

Rechenschaftsbericht gegenüber der Bildungsbehörde, zu einem Demonstrationsmittel

wissenschaftlich-akademischen Niveaus der Lehrerschaft und zu einem Verbindungsglied zwischen

Schule und Elternhaus, Schule und anderen Schulen sowie Schule und gesellschaftlicher Öffentlichkeit.

Im Laufe der Textsortenevolution kam es zu mehreren inhaltlichen wie strukturellen Neuausrichtungen,

aber die angelegte Zweigliedrigkeit der Programme, in eine wissenschaftliche Abhandlung auf der einen

und die Schulnachrichten auf der anderen Seite, war der Textsorte von Anfang an inhärent. Zu fragen

ist allerdings, ob sich beide Programmteile innerhalb der Textsorte zu einem homogenen Ganzen fügen

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TEXTSORTENWANDEL VOM 9.-19. JAHRHUNDERT – INTERNATIONALE FACHTAGUNG (UNIVERSITÄT PADERBORN, JUNI 2015)

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oder sie eine textsorteninterne Differenz, was Adressaten, situativen Kontext und schließlich auch

mögliche Funktionen betrifft, evozieren.

In die benannten Zusammenhänge soll der Vortrag anhand ausgewählter Beispiele einführen. Zunächst

steht eine eher grundsätzliche Vorstellung der Textsorte, ihrer zentralen Entwicklungsphasen sowie

Veränderungsprozesse im Vordergrund. Daran schließt sich die Besprechung und Einordnung des

textlinguistischen Begriffes der Funktion(alität) an, der als Verbindungskategorie zwischen Situativität

und Thematizität/Strukturiertheit konstitutive Bedeutung für die Textsortenbeschreibung zukommt.

Zuletzt gilt es, die Funktionen des Schulprogramms bzw. seiner Teile im Laufe der Entwicklung als

Textsorte in den Blick zu nehmen.

Christina Gansel, Forschungsschwerpunkte Textlinguistik, Textsortenlinguistik und Systemtheorie, Textsortengeschichte, Semantik,

Valenzgrammatik, Gesprächslinguistik

Publikationen zum Tagungsthema Gansel, Christina (2014b): „Sozialintegration und Systemintegration - Variation, Selektion und

Restabilisierung im Medienwandel“. In: Musterwandel - Sortenwandel. Aktuelle Tendenzen der

diachronen Text(sorten)linguistik. Hg. von S. Hauser/U. Kleinberger/K. S. Roth. Bern: Peter Lang

Verlag, S. 49-79.

Gansel, Christina (2014a): „Zur ‚gepflegten Semantik’ von Inklusion und Exklusion. Offizielle und nicht-

offizielle Wirtschaftskommunikation in der DDR“. In: G. Antos/U. Fix/B. Radeiski (Hg.): Rhetorik der

Selbsttäuschung. Berlin: Frank & Timme, S. 185-205.

Gansel, Christina (2012b): “Literaturkritiken. Ihre Funktion, Struktur und systemspezifischen

Erwartbarkeiten“. In: Sprache und Kultur im Spiegel der Rezension. Hrsg. v. M. Skog-Söversved

u.a. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, S. 15-35.

Gansel, Christina (2012a): „Anders schreiben in wirtschaftlicher Kommunikation. Von der Werbung zum

Nachhaltigkeitsbericht“. In: Andersschreiben. Formen, Funktionen, Traditionen. Hrsg. v. B.-M.

Schuster und D. Tophinke, Berlin: Erich Schmidt Verlag, S. 257-275.

Gansel, Christina (2011e): Textsortenlinguistik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; 128 S.

Gansel, Christina (2011d): “Literaturkritik als Textsorte in systemspezifischer Ausprägung“. In: Gansel,

Ch., Böhm E.: Systemtheorie (=Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 58, Heft 4).

Göttingen: V&R unipress, S. 358-372.

Gansel, Christina (2011c): “Sprachliche Reflexivität in Nachhaltigkeitsberichten“. In: Sprache und

Kreativität. Berlin (et al): Peter Lang Verlag, S. 41-55.

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TEXTSORTENWANDEL VOM 9.-19. JAHRHUNDERT – INTERNATIONALE FACHTAGUNG (UNIVERSITÄT PADERBORN, JUNI 2015)

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Gansel, Christina (2011b): “Von der systemtheoretisch orientierten Textsortenlinguistik zur

linguistischen Diskursanalyse nach Foucault“. In: Systemtheorie in den Fachwissenschaften.

Zugänge, Methoden, Probleme. Hrsg. von Ch. Gansel. Göttingen: V&R unipress, S. 213-228.

Gansel Christina (Hg.) (2011a): Systemtheorie in den Fachwissenschaften. Zugänge, Methoden,

Probleme. Göttingen: V&R unipress; 230 S.

Gansel, Christina (2010b): “Dispositiv und soziales System - zur Anschlussfähigkeit der Linguistik an

'subjektlose' Theoreme“. In: Lipczuk R, Misiek D, Schiewe J, Westphal W. (Hg.): Diskurslinguistik -

Systemlinguistik. Theorien - Texte - Fallstudien. Hamburg: Verlag Dr. Kovač, S. 11-22.

Gansel, Christina (2010a): “Grammatik und Stil“. In: Grammatik wozu? Vom Nutzen des

Grammatikwissens in Alltag und Schule. Hrsg. v. M. Habermann. Mannheim, Zürich: Dudenverlag,

S. 249-263.

Gansel, Christina/ Jürgens, Frank (2009c): Textlinguistik und Textgrammatik . 3. Aufl.

Vandenhoeck&Ruprecht; 270 S.

Gansel, Christina (2009b): “Soziale Systeme und Textsorten. Warum Stellenangebote im Kleid der

Werbung daherkommen“. In: Mediale Varietäten. Gesprochene und geschriebene Sprache und ihre

fremdsprachendidaktischen Potenziale. Landau: Empirische Pädagogik.

Gansel, Christina (2009a): “Rhetorik und Stilistik in Text- und Gesprächslinguistik“. In: Handbücher zur

Sprach- und Kommunikationswissenschaft. Volume Rhetorik und Stilistik. De Gruyter Mouton; 2009,

S. 125-139.

Gansel, Christina (2008c): “Textsorten in Reisekatalogen - Wirklichkeitskonstruktion oder realitätsnahe

Beschreibung“. In: Gansel Ch. (Hg.): Textsorten und Systemtheorie. Göttingen:

Vandenhoeck&Ruprecht, S. 155-170.

Gansel, Christina (2008b): “Systemtheoretische Perspektiven auf Textsorten. Vorbemerkungen“. In:

Gansel, Ch. (Hg.): Textsorten und Systemtheorie. Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht, S. 7-18.

Gansel, Christina (2008a): „Vertrauen – Ein pragmatisch-semantisches Phänomen in der

Kommunikation?“ In: Pohl, Inge (Hrsg.) (2008): Semantik und Pragmatik – Schnittstellen, S. 475-

493.

Gansel, Christina (2006b): „Vertrauen als Irritation – Mustervariation im Rahmen der Textsorte

Heiratsanzeige“. In: Schiewe, Jürgen/Lipczuk, Ryszard/Westphal, Werner (Hrsg.) (2006):

Kommunikation für Europa, S. 85-95.

Gansel, Christina (2006a): „Heirats- und Bekanntschaftsanzeigen im interkulturellen Vergleich“. In:

Foschi Albert, Marina / Hepp, Marianne / Neuland, Eva: Texte in Sprachforschung und

Sprachunterricht. Pisaner Fachtagung 2004 zu neuen Wegen der italienisch-deutschen Kooperation.

München: Iudicium, S. 218-229.

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Katharina Mucha-Tummuseit (Paderborn)

Zur Rhetorik der Emotionen in Dramen des 16. und 17. Jahrhunderts

Wie bisherige Untersuchungen gezeigt haben, spielen Äußerungskonstruktionen über den

Sprecherwechsel hinweg, Wiederaufnahmeprinzipien, Metaphernkonstitutionen, w-Exklamativ-

Konstruktionen und rhetorische(s) Fragen in Dramen des 18. Jahrhunderts eine nicht unwesentliche

Rolle bei der Konstitution von Emotionsrepräsentationen.

In meinem Beitrag sollen Phänomenbereiche von Emotionsrepräsentationen in deutschsprachigen

Spielen und Dramen des 16. und 17. Jahrhunderts untersucht werden, die als (Fastnacht-)Spiele, als

biblische oder historische Dramen Vers- oder Prosa-Struktur aufweisen. Im Fokus stehen für das 16.

Jahrhundert Spiele/ Dramen von Pamphilus Gengenbach (1480-1524/25, cf. [1]), Niklaus Manuel

(1484-1530, cf. [2]) und Hans Sachs (1494-1576, cf. [3]), für das 17. Jahrhundert Dramenadaptionen/

Dramen von Wolfhart Spangenberg (1567-1636, cf. [4]), Andreas Gryphius (1616-1646, cf. [5]) und

Christian Weise (1642-1708, cf. [6]).

Zunächst werden Beispiele die Bandbreite an Emotionsrepräsentationen veranschaulichen (vgl. [1]-

[6]), dann sollen Entwicklungstendenzen aufgezeigt und der Versuch unternommen werden, zu einer

Systematisierung der Emotionsrepräsentationen und ihrer rhetorischen Aufgabenbereiche für die

Textsorte „Dramatischer Dialog“ im 16./ 17. Jh. zu gelangen.

[1] O dass mich got so lang ließ låben / Das ich mich moͤcht an ynen raͤchen (Der Nollhart, Pamphilus

Gengenbach 1517, vv. 1279f.)

[2] o were jmm das mul voller winckel würsteñ (Der Aplass Kremer, Niklaus Manuel 1525, vv. 198)

[3] Der Bauer ruckt mit dem Arm, spricht: Pff! pff! pff! pff! ch! ch! ch! ch! (Das Kaͤlberbruͤten, Hans Sachs

1551, S. 112)

[4] Umb verdienst mit mir streitten? was? Du Fluͤchtiger verzagter Has. (Aiax Lorarius, Ein Heydnische

Tragoedia von dem Griechischen Poeten Sophocle erstlich gedichtet [...] Jetzt aber widerumb von

Newen ubersehen, exorniret und gemehret [...], Wolfhart Spangenberg 1608, vv. 977f.)

[5] Ach / meine Mutter! warum mir nicht eher ein Messer durch die Brüste gestecket / als mich

ermahnet von der Tugend abzusetzen? (Horribilicribrifax Teutsch, Andreas Gryphius 1663, 21)

[6] O wie thut mir mein Kopf weh! o wie fürcht ich mich, au, au, der böse Mann schlägt mich gar tod.

(Regnerus, Christian Weise 1684, 3,6, , S. 108, Z. 22f.)

Forschungsinteressen Textlinguistik/ Syntax, Semantik, Pragmatik

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Kontrastive Linguistik

Kognitive Linguistik; Konstruktionsgrammatik

Rhetorik/ Stilistik

Sprache und Emotion/ Gefühl

Jüngere Sprachgeschichte (16.-18. Jh./ 20. Jh.)

Übersetzungsliteratur (lat./ frz.)/ Dramen (insbes. bürgerliches Trauerspiel)/ religiöse Textsorten/ Briefe

Publikationen zum Vortragsthema Mucha-Tummuseit, Katharina (eingereicht/ unter Begutachtung): W-Exklamativ-Konstruktionen als

soziokulturelle Muster von Emotionsrepräsentationen - am Beispiel von bürgerlichen Trauerspielen

des 18. Jahrhunderts.

Lefèvre, Michel / Mucha-Tummuseit, Katharina / Hünecke, Rainer (Hg.) (in Vorb.): Rhetorik und

Kulturen (Akten der Tagung in Montpellier (Université Paul Valéry) im November 2014). Reihe:

Zivilisationen & Geschichte. Frankfurt/M. et al.: Peter Lang Verlag.

Tummuseit, Katharina (2014): „’Les langues n`ont pas autant de mots que nous avons d`idées’ –

Metaphern als Mittel der Gefühlsdarstellung: Diderots Drama 'Le Fils naturel' im Vergleich zur

deutschen Übersetzung Lessings’“. In: Lefèvre, Michel (Hg.): Linguistische Aspekte des Vergleichs,

der Metapher und Metonymie. Tübingen: Eurogermanistik, S. 133-152.

Tummuseit, Katharina (2012): „Lessings Diderot: Le Fils naturel und Le Père de famille –

Übersetzungen zur Bildung des dramatischen Geschmacks“. In: Lefèvre, Michel: Syntaktischer

Wandel in Gegenwart und Geschichte. System, Norm und Gebrauch. Berlin: Weidler Verlag, BSS,

Bd. 28, S. 55-87.

Tummuseit, Katharina (2011): „Lessings Sprache der Leidenschaften: Dramatische Satzstrukturen, ihre

Aufbauprinzipien und Textfunktionen in den bürgerlichen Trauerspielen "Miß Sara Sampson" (1755)

und "Emilia Galotti" (1772)“. In: Desportes, Yvon/ Simmler, Franz/ Wich-Reif, Claudia

(Hg.): Syntaktische Variabilität in Synchronie und Diachronie vom 9. bis 18. Jahrhundert.

Berlin: Weidler Verlag, BSS, Bd. 24, S. 415-448.

Oliver Pfefferkorn (Mannheim)

Zum Modalverbgebrauch in mittelhochdeutschen und frühneuhochdeutschen Predigten

Der Vortrag beschäftigt sich zunächst kurz mit der Entwicklung der deutschsprachigen Predigt von den

Anfängen bis zum Ende des Mittelalters und fokussiert dabei besonders, dass unter der Bezeichnung

Predigt Texte mit recht unterschiedlicher Gebrauchsspezifik überliefert sind. Anschließend werden

anhand eines Arbeitskorpus von etwa 180 Predigten aus 18 Predigtsammlungen wesentliche Merkmale

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der Textsorte benannt. Der Hauptteil des Vortrags widmet sich den für die Predigt charakteristischen

Verwendungsweisen speziell der Modalverben suln, mugen und wellen. Die Modalverben kunnen und

müezen sind für mittelalterliche Predigten von untergeordneter Bedeutung, durfen ist kaum vertreten.

Während in den frühen mittelhochdeutschen, primär Musterpredigten enthaltenden, Sammlungen

Häufigkeit und Verwendungsweisen der genannten Modalverben weitgehend konstant bleiben, sind im

Spätmittelalter partielle Abweichungen zu verzeichnen. Dabei zeigt sich, dass die

Modalverbverwendung durchaus als Indikator für die Prototypizität einer Predigt fungieren kann.

Forschungsschwerpunkte Historische Lexikographie und Lexikologie

Sachliteratur des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit

Historische Textsorten

Mittelhochdeutsche Grammatik

Publikationen zum Tagungsthema Pfefferkorn, Oliver (2014): „Die Textsorte Stellenanzeige im 18. und 19. Jahrhundert“. In: Zebrowska,

Ewa/Jaworska, Mariola/Steinhoff, Dirk (Hrsg.): Materialität und Medialität der sprachlichen

Kommunikation. Akten des 47. Linguistischen Kolloquiums in Olsztyn 2012. (Linguistik International

32) Frankfurt am Main u.a., S. 289-298.

Pfefferkorn, Oliver (2011): „Die Textsorte Rossarzneibuch in frühneuhochdeutschen Handschriften und

Drucken“. In: Reichmann, Oskar/Lobenstein-Reichmann, Anja (Hrsg.): Frühneuhochdeutsch –

Aufgaben und Probleme seiner linguistischen Beschreibung (Germanistische Linguistik 213-215).

Hildesheim/Zürich/New York, S. 583-610.

Pfefferkorn, Oliver (2006): „Das Drogenkurztraktat als Textsorte der spätmittelalterlichen Sachliteratur“.

In: Brandt, Gisela (Hg.): Historische Soziolinguistik des Deutschen VII. Soziofunktionale

Determinanten des Sprachgebrauchs. Stuttgart, S. 113-125.

Pfefferkorn, Oliver (2005): „Übung der Gottseligkeit“. Die Textsorten Predigt, Andacht und Gebet im

deutschen Protestantismus des späten 16. und des 17. Jahrhunderts. Frankfurt/Main u. a. (=

Deutsche Sprachgeschichte. Texte und Untersuchungen. Bd. 1).

Pfefferkorn, Oliver (1998): „Möglichkeiten und Grenzen einer Analyse historischer Textsorten“. In:

ZfdPh. Heft 3, S. 399-415.

Paul Rössler (Regensburg)

Musterbildung in Regensburger Rechnungsbüchern

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Rechnungsbücher sind ein geradezu musterhaftes Beispiel für hochgradig musterhafte

Gebrauchstextsorten: Sie erscheinen über Jahrhunderte hinweg „gleich“, sind zudem bis heute

erhalten, als Bilanz mittlerweile meist in digitaler Form. Die Teiltexte der Rechnungsbücher in Form von

Einträgen ergeben in ihrer Summe eine spezialisierte, höchsteffiziente Textsorte, in der Muster in

mehreren sprachlichen Merkmalen und auf unterschiedlichen sprachlichen sowie parasprachlich-

visuellen Ebenen gebildet werden.

Dass bei aller Konstanz aber auch in Rechnungsbüchern Sprachwandel im diachronen Längsschnitt zu

konstatieren ist, wird im Vortrag anhand eines Auswahlkorpus deutschsprachiger Rechnungsbücher seit

1354 aus dem Archiv des Regensburger St. Katharinenspitals herausgearbeitet.

Im Zentrum stehen Fragen des Zusammenhangs topologischer Muster auf Morphosyntax- und

Textebene mit der räumlichen Anordnung/Steuerung von Information (z.B. Datum, Name des

Geldempfängers/-gebers, Geldsumme, Begründung der Zahlung/Einzahlung) und mit dem Einfluss

parasprachlich-visueller Steuerungsstrategien wie Rubriken, Spalten, Absätzen.

Hans Ulrich Schmid (Leipzig)

Den dief sol men hengen. Der Ausdruck der allgemeinen Gültigkeit in historischen Rechtstexten

Eine zentrale Funktion von (historischen) Rechtstexten war es, allgemeingültige, von konkreten

Ereignisfällen abstrahierende Grundsätze zu formulieren. Dabei konnte es sich um juristische

Definitionen, aber auch um Strafandrohungen handeln. Vergleicht man historische Gesetzestexte unter

dem Gesichtspunkt, wie allgemeingültige Grundsätze formuliert wurden, so zeigen sich gravierende

Unterschiede. Das soll an zwei wirkmächtigen historischen Rechtsquellen gezeigt werden, dem mnd.

Sachsenspiegel (13. Jh.) und der fnhd. Carolina (16. Jh.). Der Sachsenspiegel kennt z.B. kaum den

modalen Infinitiv, der in der Carolina hochfrequent ist (z.B. Sie soll auch zůfragen sein …). Der

Sachsenspiegel verwendet dafür u.a. Modalverbgefüge (z.B. Den dief sol men hengen). Ferner ist zu

beobachten, dass formal gleiche Ausdrucksmittel wie das Passiv textfunktional unterschiedlich

gebraucht werden. Vergleichbare Aussageinhalte werden also mit verschiedenen sprachlichen Mitteln

ausgedrückt (onomasiologischer Aspekt). Formal gleiche sprachliche Mittel werden für verschiedene

Aussageinhalte verwendet (semasiologischer Aspekt).

Juliane Schröter (Zürich)

Taufzettel. Zur Geschichte einer fast vergessenen Textsorte im 18. und 19. Jahrhundert in der Schweiz

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Taufzettel sind Papierbögen mit sprachlichen und oft auch nicht-sprachlichen bildlichen Elementen, die

einem Kind bei seiner Taufe von einem oder mehreren Taufpaten geschenkt werden. Im Vortrag

werden gedruckte Schweizer Taufzettel aus deren Hauptgebrauchsphase untersucht: Beschrieben

werden sowohl die wichtigsten konstanten sprachlichen Merkmale der Textsorte als auch die

entscheidenden sprachlichen Veränderungen. Dabei zeigt sich, dass und wie Taufzettel allmählich für

neue Kommunikationsaufgaben umgenutzt werden: Basierend auf einem Wandel der in den Texten

entworfenen Kommunikationssituation entwickeln sich Taufzettel vom Element eines religiösen Rituals,

in dem die Bitte um göttlichen Segen zentral ist, zum Erinnerungsstück, das auf die Erziehung des

Täuflings angelegt ist.

Forschungsschwerpunkte Neuere Sprachgeschichte, linguistische Kulturanalyse, (Sozio-)Pragmatik, Textlinguistik.

Publikationen zum Tagungsthema Schröter, Juliane (2014): Abschied nehmen. Veränderungen einer sprachlichen Kultur im 19. und 20.

Jahrhundert [eingereichte Habilitationsschrift].

Schröter, Juliane (2014): „Analyse von Sprache als Analyse von Kultur. Überlegungen zur

kulturanalytischen Linguistik am Beispiel des Wandels von Briefschlüssen im 19. und 20.

Jahrhundert“. In: Nora Benitt/Christopher Koch/Katharina Müller u. a. (Hrsg.): Kommunikation –

Korpus – Kultur. Ansätze und Konzepte einer kulturwissenschaftlichen Linguistik. Trier: WVT (=

GCSC 11), 25-45.

Britt-Marie Schuster (Paderborn)

Textsortenwandel? Textsortenwandel!

Im Vortrag sollen die folgenden Fragen beantwortet werden: a) Welchen Status könnte der Begriff des

Textsorten- bzw. Textmusterwandels in der diachronen Sprachwissenschaft besitzen? und b) in

welchem Verhältnis steht ein Textsortenwandel zu anderen sprachlichen Wandelprozessen? Die

Beantwortung dieser Fragen ist m. E. davon abhängig, wie Textsortenwandel beschrieben und erklärt

werden soll und welche Rolle man der textlichen Dimension sprachtheoretisch zugesteht. Es wird dafür

plädiert, dass Textsorten nur dann angemessen beschrieben sind, wenn sowohl die inter- als auch die

intratextuelle Ebene erfasst und außerdem der Multimodalität, Medialität und auch Lokalität von Texten

Rechnung getragen wird. Die intratextuelle Dimension lässt sich im Wesentlich durch die

Musterhaftigkeit der (sprachlichen) Oberflächengestalt erfassen, wobei sich Muster und deren Wandel –

etwa syntaktische Muster oder Formulierungsmuster – zwar isoliert erfassen lassen, ein

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Textsortenwandel aber eine integrative Perspektive und den Einbezug von Textdesign, -komposition,

Themen, Funktionen sowie lexikalischer und syntaktischer Gestaltung verlangt. Das, was man im

Regelfall beschreiben kann, sind allerdings transitorische Phänomene, da Textsorten in meinem

Verständnis Produkte auf und von Zeit sind. Durch diese Perspektive ergibt sich, wie gezeigt werden

soll, eine Fülle neuer Forschungsfragen für die diachrone Linguistik.

Forschungsschwerpunkte

Texttheorie/Textlinguistik, Textsortengeschichte (16.-21. Jh.), historische Sozio-, Diskurs- und

Medienlinguistik, Beschäftigung mit der Geschichte idiomatischer Prägungen.

Publikationen zum Tagungsthema Schuster, Britt-Marie (2012): „Textlinguistik“. In: Albrecht Greule, Jörg Meier, Arne Ziegler (Hrsg.):

Kanzleisprachenforschung. Ein internationales Handbuch. Berlin, New York 2012, S. 263-281.

Schuster, Britt-Marie (2009): „Professionalisierung durch Oberflächen: Schreiben über psychisch

Kranke im 19. Jahrhundert“. In: Angelika Linke, Helmuth Feilke (Hrsg.): Oberfläche und Performanz.

Untersuchungen zur Sprache als dynamische Gestalt. Tübingen 2009, S. 369–388.

Schuster, Britt-Marie (2008): „Kann und soll man Textmusterwandel systemtheoretisch erklären?

Überlegungen zum Für und Wider am Beispiel fachsprachlicher Texte“. In: Christina Gansel (Hrsg.):

Textsorten und Systemtheorie. Göttingen 2008, S. 43–66.

Hünecke, Rainer / Pfefferkorn, Oliver / Riecke, Jörg / Schuster, Britt-Marie / Voeste, Anja (2004):

Einführung in die historische Textanalyse. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Schuster, Britt-Marie (2001): Die Verständlichkeit von frühreformatorischen Flugschriften. Eine Studie

zu kommunikationswirksamen Faktoren der Textgestaltung. Hildesheim, Zürich, New York: Olms.

(Dissertation).

Schuster, Britt-Marie (2000): „Perspektiven einer texttypologischen Analyse spätmittelalterlicher und

reformatorischer Texte“. In: Michael Elmentaler (Hrsg.): Regionalsprachen, Stadtsprachen und

Institutionen im historischen Prozess. Wien 2000, S. 177–201.

Alexander Schwarz (Lausanne)

Der frühneuhochdeutsche Prosaroman oder was es alles braucht, um die Geschichte einer Textsorte zu schreiben

2008 hat Franz Simmler an einer Lausanner Tagung zum Prosaroman („Eulenspiegel trifft Melusine“)

diese Textsorte anhand von vier Fassungen der deutschen Melusine definiert und ihre Geschichte

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skizziert. Ich will das anhand von vier Fassungen des Eulenspiegel mit Simmlers Kategorien verifizieren

und gleichzeitig einige weitere vorschlagen.

Forschungsschwerpunkte Historische Textlinguistik, darin besonders Pragmatik, Semiotik und Übersetzungstheorie

Forschungsprojekt des Schweizerischen Nationalfonds 2010-2014: „De(kon)struktive Kommunikation im

Eulenspiegelbuch“

Publikationen zum Tagungsthema Schwarz, Alexander (2014): Körper – Kultur – Kommunikation / Corps – Culture – Communication. Hg.

von A.S., Catalina Schiltknecht und Barbara Wahlen. Bern.

Schwarz, Alexander (2013): „Hinter Hermes. Eulenspiegels Kunst, nicht zu verstehen“. In:

Kannitverstan. Bausteine zu einer nachbabylonischen Herme(neu)tik. Hg. von André Schnyder.

München, S. 235-248.

Schwarz, Alexander (2009): „Was ist Literatur um 1500?“ In: Textsorten und Textallianzen um 1500.

Handbuch Teil 1: Literarische und religiöse Textsorten und Textallianzen um 1500. Hg. von A.S.,

Franz Simmler und Claudia Wich-Reif. Berlin, S. 23-43.

Schwarz, Alexander (2000): „Die Freude am Guten und Bösen. Zum Verhältnis der Textsorten

Prosaroman und Schwankroman“. In: Sprachgeschichte als Textsortengeschichte. Festschrift für

Gotthard Lerchner. Hg. von Irmhild Barz u.a. Frankfurt, S. 155-168.

Sebastian Seyferth (Görlitz)

Zur Predigtsprache Bertholds von Regensburg und Johann Geilers von Kaysersberg – ein diachroner Predigt(nachschriften)vergleich

Im Zentrum der Predigtprosaanalyse stehen lexikalisch-syntaktische, aber auch textuell-stilistische

Muster innerhalb der Textsorte Predigt. Untersucht werden Lesepredigten beider Autoren, die als

Prediger im Spätmittelalter eine enorme Wirkmächtigkeit aufzeigten. Dabei stellt sich die Frage, ob

innerhalb der beiden den Missionspredigern zugeschriebenen Texte ähnliche bzw. abweichende

Erbauungsstilistika verwendet werden. Des Weiteren soll es um das textkonstituierende Predigtartige

innerhalb der Schriften gehen. Letztendlich kann hierbei allerdings schwerlich die Frage der

Authentizität abschließend beantwortet werden.

Forschungsschwerpunkte histor. Textlinguistik, Lexikollogie, Sozio-linguistik, Soziopragmatik,

mittelalterliche und frühneuzeitliche Bibelübersetzungen/Übersetzungstechnik,

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Lutherbibel, Fachsprachenforschung

Publikationen zum Tagungsthema Seyferth, S. (2010): „Zu Schreibintentionen und Rezipientenfeldern medizinischer Autoren innerhalb

volkssprachlicher medizinhistorischer Werke aus dem 15. bis 18. Jahrhundert – Ein Analysebericht

der Vorreden.“ In: Neuphilologische Mitteilungen 1, S. 29-41.

Seyferth, S. (2008): „Rechtssprachliche Bedeutungsspektren in mittelhoch-deutschen Urkunden-texten

– Zu Morphosyntax, Synonymie und Valenz performativer be-Verben […] daz der lvte getat mit

scriften vn mit ingesigelen also bestetiget werden vn bevestent“. In: Neuphilologische Mitteilungen 2,

S. 179-197

Seyferth, S. (2004): „Der Einfluß lateinischer Quellen auf die Textgestaltung von Martin Luthers

Bibelbearbeitungen (1522-1545) - Zu einigen Spuren seiner Vorlagen in den

Übersetzungsvarianten“. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 123 (Heft 1), S. 87-108.

Seyferth, S. (2003): Sprachliche Varianzen in Martin Luthers Bibelübertragungen von 1522-1545 – Eine

lexikalisch-syntaktische Untersuchung des Römerbriefes. Arbeiten zur Geschichte und Wirkung der

Bibel 4 = AGWB. Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart. 2003. [Dissertation Jena 2001].

Franz Simmler (Berlin)

Makrostrukturen und Syntax in der Hohelied-Tradition vom 11. bis 15. Jahrhundert

In der Hohelied-Tradition vom 11. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts kommen neben der Festlegung

einer Textallianz aus acht Liedern der Textsorte ‚(Geoffenbartes) Lied‘ Makrostrukturen innerhalb der

Lieder vor, die durch mediale Repräsentationsformen und zum Teil durch spezifische syntaktische

Strukturen markiert werden. Es sind Kommentareinheiten in der Kommentar-Tradition, Textteile mit

Sprecherrollenangaben zur Auslegungsfestlegung in der Handschriftentradition sowie Dialoge und

Monologe seit der Drucktradition mit einzelnen Unterschieden in den Drucken vor Luther und seit Luther

vor allem bei ihm, den Zürcher Prädikanden und Eck. Die Dialoge und Monologe treten in besonderen

Distributionen innerhalb der Lieder auf, begründen spezifische Textfunktionen und widerlegen die

Auffassung, dass in den Liedern kein Aufbauplan existiere.

Forschungsschwerpunkte Strukturelle Grammatik der deutschen Sprache im 9. Jahrhundert –

Textsorten und Textsortentraditionen vom 8. bis 18. Jahrhundert –

Geschichte der deutschsprachigen Bibelübersetzung

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Publikationen zum Tagungsthema Simmler, Franz (2014): „Kontinuitäten und Neuerungen liturgischer Textsorten und Textallianzen von

ca. 1300 bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts“. In P. Ernst – J. Meier, unter Mitarbeit von K. Waligora

(Hg.), Kontinuitäten und Neuerungen in Textsorten und Textallianztraditionen vom 13. bis zum 18.

Jahrhundert, Germanistische Arbeiten zur Sprachgeschichte 10, Berlin, S. 13-33.

Simmler, Franz (2010): „Zur Entwicklung der Stellung des Prädikats in Aussagesätzen in biblischen

Textsorten vom 9. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts“. In. Historische Textgrammatik und

Historische Syntax des Deutschen. Traditionen, Innovationen, Perspektiven. Hg. v. A. Ziegler. Unter

Mitarbeit von C. Braun, I, Berlin/New York, S. 33-54.

Simmler, Franz (2003): „Geschichte der Interpunktionssysteme im Deutschen“. In: Sprachgeschichte.

Ein Handbuch zur Geschichte der deutsche Sprache und ihrer Erforschung. Hg. v. W. Besch, A.

Betten, O. Reichmann, S. Sonderegger, 3. Teilband, 2. Aufl. Berlin/New York, S. 2472-2504.

Simmler, Franz (2002b): „Typen postnuklearer Adjektivattribute und ihre Geschichte vom 9. bis zur Mitte

des 16. Jahrhunderts“. In: F. Simmler (Hg.), Entwicklungsetappen in der Geschichte der deutschen

Sprache. Symposion an der Freien Universität Berlin vom 28. Juni bis 2. Juli 2000, Berliner

Sprachwissenschaftliche Studien 2, Berlin, S. 163-211.

Simmler, Franz (2002a): „Textsorte ‚Diatessaron‘ und seine Traditionen. Kontinuitäten und Neuansätze

vom 9. bis 15. Jahrhundert“. In: Textsorten deutscher Prosa vom 12./13. bis 18. Jahrhundert und

ihre Merkmale. Hg. v. F. Simmler, Jahrbuch für Internationale Germanistik. Reihe A.

Kongressberichte 67, Bern u. a., S. 289-367.

Simmler, Franz (2000): „Zur morphologischen Struktur der prä- und postnuklearen Adjektivattribute und

ihrer Funktionalität in der Geschichte der deutschen Sprache vom 16. bis 18. Jahrhundert“. In: Y.

Desportes (Hg.), Zur Geschichte der Nominalgruppe im älteren Deutsch. Festschrift für Paul

Valentin. Akten des Pariser Kolloquiums März 1999, Heidelberg, S. 99-177.

Simmler, Franz (1998): „Zur Geschichte der direkten Rede und ihrer Interpungierungen in

Romantraditionen vom 16. bis 20. Jahrhundert“. In: P. Ernst – F. Patocka (Hg.), Deutsche Sprache

in Raum und Zeit. Festschrift für Peter Wiesinger zum 60. Geburtstag, Wien, S. 651-674.

Simmler, Franz (1994): „Zur Geschichte der Interpunktion im Deutschen. Gebrauchsnormen zur

Kennzeichnung von Fragen und Ausrufen“. In: Y. Desportes (Hg.) Philologische Forschungen.

Festschrift für Philippe Marcq, Heidelberg, S. 43-115.

Simmler, Franz (1991): „Vom Prosaroman zur Erzählung. Sprachliche Veränderungen in der

Stoffgeschichte und ihre Rückwirkungen auf Textsorten-Differenzierungen“. In: Daphnis 20, S. 457-

486.

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Simmler, Franz (1989): „Zur Geschichte der Imperativsätze und ihrer Ersatzformen im Deutschen“. In:

K. Matzel und H.-G. Roloff (Hg.), Festschrift für Herbert Kolb zu seinem 65. Geburtstag. Unter

Mitarbeit von B. Haupt und H. Weddige, Frankfurt/M. u. a., S. 642-691.

Simmler, Franz (1985/1986, recte 1988): Makrostrukturen in lateinischen und deutschen

Textüberlieferungen der Regula Benedicti. In: Regulae Benedicti Studia. Annuarium Internationale

14/15, S. 215-305.

Doris Tophinke (Paderborn)

Perspektivenwechsel: Zum Wandel der Buchungsmuster in den hansischen Rechnungsbüchern des 14. Jahrhunderts

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts setzt im Hanseraum eine umfassende Verschriftlichung des Handels

ein. Ihre Voraussetzungen sind das Sesshaftwerden des Kaufmanns in den Städten seit Beginn des 13.

Jahrhunderts und die Einrichtung von Kontoren. In den Kontoren wird Detailhandel betrieben, von den

Kontoren aus wird aber auch der Fernhandel organisiert. Dieser Verschriftlichungsprozess richtet in der

Stadt einen neuen, produktiven Bereich der Schriftlichkeit ein. Zentrales Instrument – neben kleineren

Formen – ist das Rechnungsbuch („rekensboek“), das im 14. Jahrhundert entsteht und das sich bis zum

Ende des 15. Jahrhunderts zum unentbehrlichen Instrument des Kaufmanns entwickelt. Die Typik des

Rechnungsbuches ist wesentlich durch die Verbuchungsmuster bestimmt, die sich für die

verschiedenen Geschäftsvorgänge entwickeln. Sie dokumentieren eine Orientierung an der städtisch-

amtlichen Schriftlichkeit, spiegeln die zunehmende Komplexität der Verbuchungspraxis und lassen die

allmähliche Professionalisierung des kaufmännischen Schreibens erkennen.

Der Vortrag zeichnet diese Entwicklung nach und fokussiert dabei einen auffälligen Aspekt der

Entwicklung, der einen markanten und erklärungsbedürftigen Wechsel der Verbuchungsperspektive

betrifft: Nicht mehr das Schuldverhältnis als Resultat eines Verkaufs wird notiert, sondern der

Geschäftsvorgang wird als Verkaufshandlung konstruiert. Gleichzeitig erscheint der Kaufmann selbst im

Verbuchungstext, und zwar als Agens der Verkaufshandlung.

Sabrina Ulbrich (Leipzig)

Zur Tempusverwendung in deutschsprachigen Pilger- und Expeditionsberichten des 15. und 16. Jahrhunderts

Das deutsche Tempussystem entwickelte sich über viele Jahrhunderte zu dem uns heute bekannten.

Um seine Herausbildung nachzuvollziehen, ist die frühneuhochdeutsche Periode besonders

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aufschlussreich, da hier „die Weichen für die weitere Entwicklung des Deutschen gestellt wurden“

(Wilke 2006: 2). Diese „Weichenstellung“ wiederum lässt sich gut an Textsorten fassen, die eine

gewisse Nähesprachlichkeit aufweisen und es erlauben, sprachliche Phänomene anhand der

Schreibsprache nicht gelehrter oder literarisch versierter Schichten zu analysieren. Eine solche

Textsorte sind Reiseberichte, denn bei ihren Verfassern handelt es sich meist um Laien mit wenig

ausgefeilten Schreibkenntnissen, deren Stil in der Literaturwissenschaft lange als zu unästhetisch und

zu wenig literarisch galt.

Die Reiseberichte frühneuhochdeutscher Zeit lassen sich im Wesentlichen in zwei Typen teilen: Zum

einen in die früheren Pilgerberichte, deren Produktion im Zuge der Reformation und der daraus

resultierenden sinkenden Pilgerzahl kontinuierlich abnahm; und zum anderen in die späteren

Expeditionsberichte, die erst im Laufe des Entdecker- und Eroberungszeitalters im 16. Jahrhundert

entstanden. Mit dieser unterschiedlichen Entstehungszeit ist auch die ungleiche Überlieferungslage

erklärbar: Vom Buchdruck wurden bis auf wenige Ausnahmen nur die Expeditionsberichte erfasst.

Im Vortrag soll an ausgewählten deutschsprachigen Pilger- und Expeditionsberichten des 15. und 16.

Jahrhunderts aufgezeigt werden, wie Tempusformen von unterschiedlichen, aus verschiedenen

Dialektgebieten und sozialen Schichten stammenden Verfassern verwendet wurden.

Literatur Wilke, Anja (2006): Redewiedergabe in frühneuzeitlichen Hexenprozessakten. Ein Beitrag zur

Geschichte der Modusverwendung im Deutschen. Berlin, New York: De Gruyter [= Studia Linguistica

Germanica 83].

Gabriele von Olberg-Haverkate (Berlin)

Die Entwicklung der volkssprachigen Rechtsbücher vom 13. bis 16. Jahrhundert. Ansätze zu einer Textsortenbestimmung

Der Vortrag stützt sich auf eine repräsentative Auswahl von Handschriften und Drucken zum Land- und

Lehnrecht des Sachsenspiegels, des Deutschenspiegels, des Großen Kaiserrechts

(Schwabenspiegel), des Kleinen Kaiserrechts (Frankenspiegel) und der Stadtrechtsbücher. Die

Materialgrundlage wird in synchronen Schnitten in Bezug auf ihre externen (Ort, Zeit,

Verfasser/Schreiber etc.) und internen (Makrostrukturen, Initiatoren, Terminatoren, syntaktische,

lexikalische und semantische) Merkmale untersucht. Bei der synchronen Analyse des Textcorpus wird

immer der Gesamtcodex berücksichtigt, damit formale und inhaltliche Zusammenhänge sowie die

Verwendungszusammenhänge zwischen den in einer Handschrift/Druck überlieferten Textexemplaren

ermittelt werden können. Diese Textallianzen können die Textsortenzugehörigkeit beeinflussen. Mit

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diesem Vorgehen – begründete Auswahl überlieferter handschriftlicher und gedruckter Textexemplare,

keine Editionen; repräsentative synchrone Schnitte – soll ein Schritt hin zu einer Textsortenklassifikation

von Rechtsbüchern unternommen werden.

Forschungsschwerpunkte Bezeichnungs- und Bedeutungsforschung, textsortenspezifische Untersuchungen anhand

unterschiedlicher ma. Gebrauchstexte (Bauernflugschriften und obrigkeitliche Entscheide; Leges

barbarorum; Urkunden; Kochrezepte; Prosa-Weltchroniken; Rechtsbücher).

Publikationen zum Tagungsthema von Olberg-Haverkate, Gabriele (2008): Zeitbilder – Weltbilder: Volkssprachige Universalchronistik als

Instrument kollektiver Memoria. Eine textlinguistische und kulturwissenschaftliche Untersuchung

(Berliner Sprachwissenschaftliche Studien 12) Berlin.

von Olberg-Haverkate, Gabriele (1991): Die Bezeichnungen für soziale Stände, Schichten und Gruppen

in den Leges barbarorum (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung. Bd. 11, Die volkssprachigen Wörter

der Leges barbarorum Teil II. Berlin/ New York.

Aufsätze und Handbuchartikel

von Olberg-Haverkate, Gabriele (im Druck): „Rechtsbücher um 1500 - die Textsorte 'Rechtsbuch' mit

ihren gewohnheitsrechtlich motivierten und auf besondere Weise legitimierten, schriftlichen

Rechtsordnungen und ihre Textsortenvarianten“. In: A. Schwarz/ F. Simmler/ C. Wich-Reif (Hg.):

Textsorten und Textallianzen um 1500, Handbuch Teil II.

von Olberg-Haverkate, Gabriele (2008): „Sprach- und Kulturgeschichte im Spiegel der

Prosaweltchroniken des 13. bis 15. Jahrhunderts. Die Bezeichnungen für die Wochentage“. In:

Festschrift für Yvon Desportes zum 60. Geburtstag, hg. von Michel Lefèvre und Franz Simmler,

Berlin (BSS 14), S. 303-342.

von Olberg-Haverkate, Gabriele (2007): „Diz ist ein gůt lere von gůter spise. Die Textsorte ‚Kochrezept’

und die Organisationsform ‚Kochbuch’ im 14. und 15. Jahrhundert“. In: Festschrift für Franz Simmler

zum 65. Geburtstag, Berlin, S. 501-536.

Christina Waldvogel (Leipzig)

Norm, Normierung und Musterbildung in vier spätmittelalterlichen Gerichtsbüchern aus Bautzen

Bei der sprachlichen Analyse von vier Gerichtsbüchern aus Bautzen, die insgesamt die Jahre 1359 bis

1550 umfassen, lassen sich aufschlussreiche Erkenntnisse über Norm, Normierung und Musterbildung

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in dieser Textsorte gewinnen. Die beiden Bücher, die juristische Absicherungen persönlicher

Angelegenheiten festhalten, entwickeln dabei über die Jahre ein begrenztes Repertoire an

Grundmustern und orientieren sich immer stärker an diesen festen schriftsprachlichen Normen. Die

zwei anderen Bücher hingegen, in denen sich protokollartige Geständnisse finden, die im Rahmen von

Verhören vor Gericht niedergeschrieben worden sind, weisen an signifikanten Stellen immer wieder

Merkmale der gesprochenen Sprache auf, lassen also Ausbrüche aus den normierten Textstrukturen

erkennen, die auch hier weite Teile der Aufzeichnungen bestimmen. Dabei zeigt sich, wie sehr der

Kontext das Sprachverhalten der Interaktionsteilnehmer beeinflusst und die Auswahl der sprachlichen

Formen bestimmt. Folglich müssen pragmatische, soziale und situative Kontexte bei der Analyse von

Texten berücksichtigt werden, die mit den sprachlichen Formen in ein enges Wechselverhältnis

gebracht werden können.

Nadine Wallmeier (Paderborn)

Fallbeispiele im Herforder Rechtsbuch im Kontext der Urteilsaufzeichnungen des späten Mittelalters

Im um 1370 niedergeschriebenen Rechtsbuch der Stadt Herford finden sich neben den rechtlichen

Bestimmungen mehrere Passagen, in denen in Herford verhandelte Fälle und das getroffene Urteil

wiedergegeben werden.

Der Vortrag soll zum einen diese Fallschilderungen im Kontext der Urteilsaufzeichnungen des späten

Mittelalters verorten und gemeinsame sprachliche Muster aufzeigen, zum anderen soll die Einbindung

der Textpassagen in den Gesamttext genauer betrachtet und der Frage nachgegangen werden, welche

Funktion diese Urteile innerhalb des Herforder Rechtsbuches haben.

Literatur Helmert-Corvey, Theodor (Hg.) (1989): Rechtsbuch der Stadt Herford. Vollständige Faksimile Ausgabe.

Ediert und übersetzt von Wolfgang Fedders und Ulrich Weber. Mit Beiträgen von Wolfgang Fedders

u. a. Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte.

Forschungsschwerpunkte (Historische) Rechtssprache, Sprachgeschichte und Sprachwandel, (historische) Syntax, Niederdeutsch

Publikationen zum Tagungsthema Wallmeier, Nadine (2015): „Handlungsstrukturen in spätmittelalterlichen Stadtrechten“. In: Regiolekt,

Funktiolekt, Idiolekt: Die Stadt und ihre Sprachen. Akten der 31. Tagung des Internationalen

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Arbeitskreises Historische Stadtsprachenforschung. Bonn, 29. September – 02. Oktober 2013. Hrsg.

von Anna Karin, Silvia Ulivi und Claudia Wich-Reif. Göttingen: V & R unipress, S. 155-171.

Wallmeier, Nadine (2014): „Rechtssprachliches im >Vocabularius Theutonicus<“. In: Studien zur

Lexikographie und Lexikologie des Niederdeutschen. (Niederdeutsches Wort 54). Festgabe für

Robert Damme zum 60. Geburtstag. Hrsg. Von Markus Denkler und Friedel Roolfs. Münster:

Aschendorff, S. 29-40.

Wallmeier, Nadine (2013): Sprachliche Muster in der mittelniederdeutschen Rechtssprache. Zum

Sachsenspiegel und zu ausgewählten Stadtrechtsaufzeichnungen des 13. bis 16. Jahrhunderts.

Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2013.

Wallmeier, Nadine (2012): „Uneingeleitete Nebensätze mit konditionaler Semantik im

Mittelniederdeutschen“. In: Niederdeutsche Syntax. (Germanistische Linguistik 220). Hrsg. von

Robert Langhanke, Kristian Berg, Michael Elmentaler und Jörg Peters. Hildesheim, Zürich, New

York: Olms, S. 32-55.

Tophinke, Doris / Wallmeier, Nadine (2010): „Textverdichtungsprozesse im Spätmittelalter:

Syntaktischer Wandel in mittelniederdeutschen Rechtstexten des 13.–16. Jahrhunderts“. In:

Sprachvariation und Sprachwandel in der Frühen Neuzeit. Hrsg. von Stephan Elspaß u.a.

Heidelberg: Winter, S. 97-116.

Wallmeier, Nadine / Wirrer, Jan (2008): „‚Van der hemeluart vnses heren Jhesu Christi volget nu hir na’.

Niederdeutsche Predigten zur Himmelfahrt im Vergleich“. In: Exemplar. Festschrift für Kurt Otto

Seidel. Hrsg. von Rüdiger Brandt und Dieter Lau. Frankfurt/M u.a.: Lang, S. 281-321.

Wallmeier, Nadine (2005): Mittelniederdeutsche Fachsprache des Rechts. In: Korrespondenzblatt des

Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 112, 2, S. 50-51.

Claudia Wich-Reif (Bonn)

Handelskorrespondenz vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

Für die Beschäftigung mit jahrhunderteübergreifender Handelskorrespondenz bieten sich Mitteilungen

aus dem Umfeld der Hanse an, weil die Überlieferung vergleichsweise reich ist, aber auch, weil es dazu

schon hinreichend Studien gibt (insbesondere phonematisch-graphematische und grammatische im

weitesten Sinn, vor allem verbunden mit Fragen des Sprachausgleichs Niederdeutsch – Hochdeutsch).

Ausgehend von der Korrespondenz Hildebrand Veckinchusens aus den Jahren um 1370 bis 1426

(Edition Stieda 1921) und den Handelsbriefen aus Riga und Königsberg von 1458 und 1461 (Edition

Stein 1898), wird vorgestellt, inwieweit sich gesamtsatzübergreifende Strukturen gleichen bzw.

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voneinander unterscheiden, und zwar diachronisch und diastratisch, vor der Folie der Beziehung von

Produzent und Rezipient sowie deren Sprachbiographie.

Literatur Peters, Robert (1987): „Das Mittelniederdeutsche als Sprache der Hanse“. In: Ureland, Sture P. (Hg.):

Sprachkontakt in der Hanse. Akten des 7. Internationalen Symposiums Lübeck 1986. Tübingen, S.

65-88.

Stein, Walther (1898): „Handelsbriefe aus Riga und Königsberg von 1458 und 1461“. In: Hansische

Geschichtsblätter 26, S. 59-125.

Stieda, Wilhelm (Hg.) (1921): Hildebrand Veckinchusen. Briefwechsel eines deutschen Kaufmanns im

15. Jahrhundert. Leipzig.

 

Forschungsschwerpunkte Althochdeutsche Glossen

(Historische) Syntax

Textsortengeschichte

Sprachwandel: Morphosyntax

Briefliche Kommunikation

Rheinische Sprachgeschichte

Historisches Rheinisches Wörterbuch (HRWB)

Publikationen http://www.germanistik.uni-bonn.de/institut/abteilungen/germanistische-

linguistik/abteilung/personal/wich-reif_claudia/publikationen.

Józef Wiktorowicz (Warschau)

Die sprachlichen Formulierungsmuster in der Textsorte „Satzung“ im 18. und 19. Jahrhundert

In meinem Beitrag werden die sprachlichen Formulierungsmuster in der Textsorte „Satzung“ behandelt,

die man als eine Form sprachlicher Handlungsmuster auffassen soll. Da in der Satzung Rechtsnormen

enthalten sind, die von bestimmten Selbstverwaltungskörperschaften für ihren Aufgabenbereich

erlassen werden, sind die sprachlichen Regelungen meist in passivischer Form formuliert. Darüber

hinaus wird in meinem Beitrag darauf hingewiesen, wodurch sich die Textsorte „Satzung“ sprachlich

von der Textsorte „Ordnung“ im 16. und 17. Jahrhundert unterscheidet.

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