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Technische Universit¨ at Bergakademie Freiberg Institut f¨ ur Angewandte Mathematik II Adaptive finite Element Methoden zur Approximation von Grundwasserstr¨ omungen Diplomarbeit betreut von Priv.-Doz. Dr. O. Ernst vorgelegt von Elisabeth Ullmann, Matr.-Nr. 39033 Korrigierte und erg¨ anzte Fassung 15. August 2002

Adaptive nite Element Methoden zur Approximation von ... · Methode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf- Die Hauptauf- gabe besteht in der Konstruktion

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Technische Universitat Bergakademie Freiberg

Institut fur Angewandte Mathematik II

Adaptive finite Element Methoden zurApproximation von Grundwasserstromungen

Diplomarbeit

betreut von

Priv.-Doz. Dr. O. Ernst

vorgelegt von

Elisabeth Ullmann, Matr.-Nr. 39033

Korrigierte und erganzte Fassung

15. August 2002

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 7

2 Vorbetrachtungen 112.1 Ein Modell fur Grundwasserstromungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2 Klassische Variationsformulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.2.1 Grundlagen und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132.2.2 Einbeziehung von Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.2.3 Diskretisierung von Variationsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . 202.2.4 Anwendung auf das Modellproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

3 Die gemischte Methode nach Raviart-Thomas 233.1 Gemischte Variationsformulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.1.1 Grundlagen und Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243.1.2 Einbeziehung von Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 283.1.3 Diskrete gemischte Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

3.2 Diskretisierung des H(div; Ω) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303.2.1 Das Raviart-Thomas-Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323.2.2 Diskrete gemischte Formulierung mit Raviart-Thomas-

Elementen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393.2.3 Elementweise Massenerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

3.3 Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413.3.1 Variablentransformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423.3.2 Basisfunktionen der Finite-Element-Raume . . . . . . . . . . . . . . 453.3.3 Aufstellen des Gleichungssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

4 Hierarchischer Fehlerschatzer 554.1 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

4.1.1 Eine Zerlegung von RTk+1(Ω; Tl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584.1.2 Eine Zerlegung von Pk+1(Ω; Tl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614.1.3 Entkopplung des Sattelpunktproblems . . . . . . . . . . . . . . . . 61

4.2 Implementierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

5 Numerische Experimente 695.1 Testbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

5.1.1 Beispiel 1: Eine Bubble-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695.1.2 Beispiel 2: Eine Funktion mit lokaler Spitze . . . . . . . . . . . . . 70

3

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4 INHALTSVERZEICHNIS

5.1.3 Beispiel 3: Unstetige Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715.2 Approximationseigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725.3 Uniforme und adaptive Gitterverfeinerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755.4 Zuverlassigkeit und Effizienz des Fehlerschatzers . . . . . . . . . . . . . . . 76

6 Zusammenfassung 83

A Ein Grundwasserstromungsproblem 85

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Abbildungsverzeichnis

3.1 Normalenvektor an inneren Kanten der Triangulierung. . . . . . . . . . . . 313.2 Freiheitsgrade der Raviart-Thomas-Elemente verschiedener Ordnungen

(Pfeil: Normalkomponente festgelegt, Punkt: Funktionswert festgelegt). . . 35

3.3 Affine Transformation des Referenzdreiecks T . . . . . . . . . . . . . . . . . 443.4 Referenzdreieck T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453.5 Die drei Kantenbasisfunktionen des Raumes RT0(T ). . . . . . . . . . . . . 46

3.6 Die Kantenbasisfunktionen des Raumes RT1(T ). . . . . . . . . . . . . . . . 47

3.7 Die inneren Basisfunktionen des Raumes RT1(T ). . . . . . . . . . . . . . . 473.8 Eine Basisfunktion des Raumes RT0(Ω; Th) an einer inneren Kante der Tri-

angulierung Th. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.1 Die hierarchische Zerlegung fur ein Dreieck T anhand der Freiheitsgrade desRaviart-Thomas-Elementes der Ordnung k = 1. . . . . . . . . . . . . . . 68

5.1 Berechnete Losung fur Beispiel 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705.2 Berechnete Losung fur Beispiel 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705.3 Berechnete Losung fur Beispiel 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725.4 Konvergenzverhalten fur k = 0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 745.5 Konvergenzverhalten fur k = 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 745.6 Der relative ‖ ·‖H(div;Ω)-Fehler fur den Fluß u uber der Anzahl der Freiheits-

grade bei uniformer und adaptiver Gitterverfeinerung. . . . . . . . . . . . . 755.7 Effizienzindizes fur den ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler von Fluß u und den ‖ · ‖0-Fehler

von Potential p uber der Anzahl der Verfeinerungsstufen bei adaptiver Git-terverfeinerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

5.8 Effizienzindizes fur den Gesamtfehler von Fluß u und Potential p uber derAnzahl der Verfeinerungsstufen bei adaptiver Gitterverfeinerung. . . . . . . 78

5.9 Effizienzindex fur den ‖ · ‖0-Fehler des Potentials p uber der Anzahl derVerfeinerungsstufen bei adaptiver Gitterverfeinerung. . . . . . . . . . . . . 79

5.10 Eine Folge von adaptiv verfeinerten Triangulierungen (Beispiel 2). Verfeine-rungskriterium: Geschatzter ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler der Flußapproximation. . . 80

5.11 Eine Folge von adaptiv verfeinerten Triangulierungen (Beispiel 3). Verfeine-rungskriterium: Geschatzter Gesamtfehler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

A.1 Testbeispiel: Schnitt durch eine geologische Formation im Sudosten der USA. 85A.2 Testbeispiel: Berechnete Losung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86A.3 Testbeispiel: Adaptiv verfeinerte Triangulierung. Verfeinerungskriterium: Ge-

schatzter ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler der Flußapproximation. . . . . . . . . . . . . . 86

5

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6 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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Kapitel 1

Einleitung

Partielle Differentialgleichungen sind aus der mathematischen Modellierung grundlegenderPhanomene in der Natur nicht wegzudenken. Ein moglicher Anwendungsbereich unter vie-len anderen ist die Beschreibung von Stromungsvorgangen im Boden.Moglicherweise ist man dabei an der Modellierung des Transports von im Grundwassergelosten Schadstoffen interessiert. Bevor dieser Vorgang studiert werden kann, muß jedochzunachst das stationare Stromungsfeld des Wassers ermittelt werden, welches die advektiveAusbreitung der Schadstoffe verursacht. Geht man dabei vom einfachen Modell der sta-tionaren Stromung im gesattigten Boden aus, so erfordert diese Aufgabe das Losen einesSystems von zwei linearen gekoppelten partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung,was nur in Ausnahmefallen auf analytischem Weg moglich ist. Man verlegt sich deshalb aufdie Diskretisierung der betrachteten Gleichungen, um mittels numerischer Methoden Nahe-rungslosungen derselben zu erhalten, welche die analytische Losung in einem bestimmtenSinn approximieren.Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Diskretisierungsstrategien herausgebildet undbewahrt, es sind dies u. a. die Methode der finiten Differenzen (FDM), die Methode derfiniten Volumen (FVM) und die Methode der finiten Elemente (FEM). Welcher Verfah-rensweise dabei der Vorzug zu geben ist, hangt nicht allein von Kriterien wie Konver-genzgeschwindigkeit der Naherungslosung gegen die analytische Losung, Anfalligkeit derBerechnungsmethode gegenuber Datenfehlern oder Rechenaufwand ab. Ebenso sollten Aus-wirkungen berucksichtigt werden, welche die Diskretisierung der Modellgleichungen fur dasErfulltsein der zugrundeliegenden physikalischen Gesetzmaßigkeiten mit sich bringt.Im Fall der Grundwasserstromungsmodelle fur eine stationare Stromung im gesattigtenBoden, deren Gleichungen aus Darcy-Gesetz und Kontinuitatsgleichung bestehen, ist da-von die Kontinuitatsgleichung betroffen. Sie geht aus dem Prinzip der Massenerhaltunghervor. Bedingt durch den Diskretisierungsprozeß kann es vorkommen, daß die diskreteLosung, abgesehen von Rundungsfehlern, diesem Prinzip nicht genugt, d.h., Zufluß undAbfluß einer Diskretisierungszelle sind voneinander verschieden. Soll das zu berechnendestationare Stromungsfeld als Basis der Transportmodellierung dienen, so stellt diese Tatsa-che eine Fehlerquelle dar, die zu unphysikalischen negativen Konzentrationen fuhren kann.Sind chemische Reaktionen in die Modellierung miteinzubeziehen, wirkt sich eine unexakteMassenbilanz gleichfalls negativ aus. Auf der Seite der Anwender werden deshalb gern Dis-kretisierungsmethoden eingesetzt, welche auf der lokalen Ebene der DiskretisierungszellenMassenerhaltung garantieren. Vom mathematischen Standpunkt aus betrachtet erscheint

7

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8 KAPITEL 1. EINLEITUNG

es ebensowenig sinnvoll, Fehlerquellen zuzulassen, die unrealistisches Verhalten einer dis-kreten Losung begunstigen konnen. Im Bereich der FEM existieren zwei Ansatze, die zurlokalen Massenerhaltung fuhren: Es sind dies zum einen Diskontinuierliche Galerkin-Verfahren wie in dem Ubersichtsartikel von Arnold, Brezzi, Cockburn und Marini

[5] beschrieben, zum anderen gemischte finite Element Methoden [3].

Die vorliegende Arbeit beschaftigt sich mit einer speziellen gemischten FE-Methode, dieauf Raviart und Thomas [9] zuruckgeht und erstmals im Jahre 1977 beschrieben wur-de. Unter dem Aspekt der Massenerhaltung ist sie zur Approximation von Grundwasser-stromungen als Baustein der Transportmodellierung geeignet.Ein FE-Ansatz zur Diskretisierung der dem Stromungsmodell zugrundeliegenden partiel-len Differentialgleichungen ist außerdem von Vorteil wegen der moglichen Behandlung vonkomplizierten Geometrien (unstrukturierte Gitter) und der zumindest theoretisch beste-henden Moglichkeit, eine beliebig hohe Konvergenzordnung fur

”freundliche“ Probleme zu

erreichen. Diese Eigenschaften sind allen FE-Methoden gemeinsam.Neben der Massenerhaltung liegt eine weitere Besonderheit des gemischten Ansatzes je-doch in der gleichzeitigen Berechnung der beiden Zustandsvariablen, die eine Stromung imBoden charakterisieren: das hydraulische Potential und der volumetrische Fluß, an demman oftmals vorrangig interessiert ist. Prinzipiell laßt sich der Fluß aus dem hydraulischenPotential ermitteln, denn darin besteht gerade die Kopplung der Systemgleichungen. Somitgenugte eine numerische Methode, nicht notwendig basierend auf finiten Elementen, zurBerechnung des Potentials, um an die gewunschten Informationen zu gelangen. Eine solcheVorgehensweise erfordert jedoch die nachtragliche Differentiation der Potentialapproxima-tion entsprechend dem Darcy-Gesetz. Da die numerische Differentiation zu den schlechtgestellten Problemen zahlt, wird diese Quelle der Instabilitat durch den gemischten Ansatzumgangen.Allerdings laßt sich nicht leugnen, daß die gemeinsame Berechnung beider Zustandsvaria-blen einen großeren Rechenaufwand mit sich bringt. Aus diesem Grund ist es besonderswichtig, uber Mittel zur Reduzierung dieses Aufwandes zu verfugen. Bei FE-Methodenstutzt man sich dabei auf a-posteriori- Fehlerschatzer. Sie steuern die Gitterverfeinerungadaptiv und losen gezielt Bereiche im Modellgebiet auf, in denen die gesuchte Losung star-ken Anderungen unterliegt, die auf groben FE-Gittern ungenugend erfaßt werden. Dies istbeispielsweise in der Umgebung von Brunnen oder bei Sprungen von Materialeigenschaftenim Boden der Fall. Eine gleichmaßige Verfeinerung ware dagegen zu teuer.Fur die gemischte Methode nach Raviart-Thomas wurden in den letzten Jahren ver-schiedene a-posteriori-Fehlerschatzer entwickelt. Hoppe und Wohlmuth erweitern dabeiexistierende Ansatze fur das verbreitete Galerkin-Verfahren auf gemischte FE-Methodenund konstruieren Schatzer, die scharfe obere und untere Schranken, insbesondere fur denFehler der Flußapproximation bezuglich einer geeigneten Norm, liefern [15],[8],[16].

Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit besteht darin, die theoretischen Grundlagen der ge-mischten Methode nach Raviart-Thomas bereitzustellen, diese auf das Modellproblemder stationaren Stromung im gesattigten Boden anzuwenden und unter Zuhilfenahme derPDE-Toolbox von Matlab fur die beiden niedrigsten Ordnungen der dabei verwendetenfiniten Elemente zu implementieren.Ferner sollen die Grundideen des von Hoppe und Wohlmuth entwickelten Fehlerschatzers,der auf hierarchischen Basen beruht [8], dargelegt werden. Anschließend hat die Implemen-

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tierung des Schatzers fur die niedrigste mogliche Ordnung zu erfolgen, um den Prozeß deradaptiven Gitterverfeinerung an ausgewahlten Testbeispielen zu studieren.

Um diesen Zielen zu genugen, ist die Gliederung der Arbeit wie folgt gestaltet: Im zweitenKapitel wird in Kurze das Modellproblem der stationaren Stromung im gesattigen Bodenvorgestellt, welches auf die zu losenden partiellen Differentialgleichungen fuhrt. Das Haupt-augenmerk liegt auf der Beschreibung von Ideen, die zur Variationsformulierung elliptischerDifferentialgleichungen fuhren. Diese bildet die Grundlage der Methode der finiten Elemen-te, insbesondere des Galerkin-Verfahrens. So laßt sich eine Brucke schlagen zu gemischtenfinite Element Methoden, die sich von den klassischen Verfahren unterscheiden und einemodifizierte Losungstheorie erforderlich machen.Der erste Teil des dritten Kapitels ist der Darstellung der allgemeinen Grundlagen gemisch-ter FE-Methoden sowie ihrer Umsetzung bei der Anwendung auf das Modellproblem ge-widmet. Nach der Herleitung einer gemischten Variationsformulierung des Modellproblemserfolgt die konforme Diskretisierung der gestellten Variationsaufgabe. Dabei kann man ver-schiedene Wege einschlagen. Diese Arbeit folgt dem Ansatz von Raviart und Thomas,der auf der Verwendung von sogenannten Raviart-Thomas-Elementen basiert. Haupt-ergebnis des theoretischen Teils bildet die diskrete gemischte Variationsformulierung desModellproblems, welche zur gleichzeitigen Ermittlung von Potential und Fluß verwendetwerden kann. Dagegen behandelt der zweite Teil die zur Implementierung der gemischtenMethode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf-gabe besteht in der Konstruktion von Basisfunktionen der in der gemischten Formulierungauftretenden FE-Raume.Kapitel vier stellt den hierarchischen Fehlerschatzer fur die gemischte Methode nach Ra-

viart-Thomas vor und gibt Hinweise zu dessen Implementierung.Dem funften Kapitel sind die Ergebnisse verschiedener numerischer Experimente zu ent-nehmen. Anhand dreier Testbeispiele wird die Approximationsgute des implementiertenFE-Verfahrens untersucht, ebenso die Gute des a-posteriori-Fehlerschatzers. Dabei findentypische problematisch zu approximierende Losungsfunktionen Beachtung, bei denen dasKonzept der adaptiven Gitterverfeinerung seine volle Wirkung entfalten kann.

Fur die geduldige Unterstutzung wahrend der Bearbeitung des Themas und ein stets of-fenes Ohr bei allen auftretenden Problemen und Fragen gilt mein besonderer Dank demBetreuer dieser Arbeit, Herrn Dr. Ernst.

Freiberg, den 30.Mai 2002 Elisabeth Ullmann

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10 KAPITEL 1. EINLEITUNG

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Kapitel 2

Vorbetrachtungen

An den Beginn aller Betrachtungen ist ein Modell gestellt, mit dem sich stationare Grund-wasserstromungen im Boden [12] behandeln lassen.Anschließend gilt es, die aufgestellten Modellgleichungen zu losen. Es handelt sich dabeium zwei gekoppelte partielle Differentialgleichungen erster Ordnung. Sie lassen sich unterAusnutzung der Kopplung in eine elliptische Gleichung zweiter Ordnung uberfuhren. Dieswird zum Anlaß genommen, die Grundideen der Variationsformulierung elliptischer Diffe-rentialgleichungen darzulegen. Auf diese Weise konnen Konzepte angesprochen werden, dieauch fur gemischte Variationsformulierungen, mit denen das Modellproblem letztendlichbehandelt werden soll, grundlegend sind.

2.1 Ein Modell fur Grundwasserstromungen

Der Boden im betrachteten Gebiet Ω ⊂ R2, welches beschrankt sein soll, wird als inkom-pressibel und gesattigt vorausgesetzt, d.h., die Flussigkeit fullt den Porenraum des Bodensvollstandig aus. Zwei Zustandsvariablen dienen der Beschreibung des Systems. Das hydrau-lische Potential p stellt ein Maß fur die Energie eines Flussigkeitsteilchens im Grundwasserdar:

p(x ) = y −Ψ(x )

mit der vertikalen Koordinate y, welche die Hohe uber einem Bezugspunkt bezeichnet.Ψ(x ) ist im gesattigten Fall der hydrostatische Druck. Die zweite Zustandsvariable u , dervolumetrische Fluß oder auch spezifischer Abfluß, gibt diejenige Volumenmenge Wasserpro Zeit und Querschnitt an, welche in die dem Vektor u entsprechende Richtung fließt.Dem Modell der stationaren Stromung im gesattigten Boden liegen zwei partielle Differen-tialgleichungen zugrunde. Die Flussigkeit im Boden soll inkompressibel sein. Damit folgtaus dem Prinzip der Massenerhaltung die Kontinuitatsgleichung

div u = f in Ω (2.1)

mit einem passenden Quellterm f . Das empirisch gefundene Darcy-Gesetz, wonach derDurchfluß stets proportional zum negativen Gradienten des hydraulischen Potentials er-folgt, liefert die fehlende Gleichung

u = −K grad p in Ω. (2.2)

11

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12 KAPITEL 2. VORBETRACHTUNGEN

K = K (x ) ∈ R2×2 bezeichnet dabei die hydraulische Durchlassigkeit und ist im allge-meinen Fall eine symmetrisch positiv definite Matrix fur ein beliebiges x ∈ Ω, d.h., dieDurchlassigkeit des Bodens hangt von der Richtung ab, in welche die Flussigkeit stromt.Bei (2.1),(2.2) handelt es sich um ein lineares System partieller Differentialgleichungenerster Ordnung. Auf der Suche nach geeigneten Losungen wird schnell deutlich, daß dashydraulische Potential p nur bis auf eine additive Konstante eindeutig bestimmt sein kann.Das Problem ist noch nicht sachgemaß gestellt. Um diesen Mangel zu beheben, mussen dieVerhaltnisse im durchstromten Boden konkretisiert werden, d. h., man stellt zusatzlicheForderungen an u und p. Dazu zerlegt man den Rand des beschrankten Gebietes Ω ineinen Dirichlet-Teil ΓD sowie einen Neumann-Teil ΓN

Γ := ∂Ω = ΓN ∪ ΓD

und verlangt die Erfullung von Randbedingungen. Auf ΓD wird der Wert des Potentialsp festgelegt, auf ΓN dagegen die Normalkomponente des Flusses n · u . Dabei bezeich-net n den außeren Normaleneinheitsvektor auf dem Rand Γ. Zusammengefaßt lautet dasbodenmechanische Modellproblem (M):

div u = f in Ω, (2.3a)

u = −K grad p in Ω, (2.3b)

p = pD auf ΓD,

n · u = uN auf ΓN .

Falls ΓD 6= 0 gilt, ist die Losung (u , p) des Systems (2.3a),(2.3b) mit den genanntenRandbedingungen eindeutig bestimmt. Anderenfalls (Γ = ΓN) kann nur der volumetrischeFluß eindeutig bestimmt werden.Setzt man (2.3b) in (2.3a) ein, so vereinfacht sich das System der Modellgleichungen zueiner elliptischen Differentialgleichung zweiter Ordnung:

− div (Kgrad p) = f in Ω. (2.4)

Obige Randbedingungen sichern die eindeutige Losbarkeit von (2.4) fur ΓD 6= 0. Der Flußberechnet sich dann nachtraglich aus dem Darcy-Gesetz (2.3b).Zunachst ist jedoch das hydraulische Potential p mittels Gleichung (2.4) zu bestimmen. Fol-gender Sachverhalt hilft dabei weiter: Die Losungen einiger elliptischer Randwertaufgabenzweiter Ordnung sind durch bestimmte Minimaleigenschaften charakterisiert. Auf diesemWege gelangt man zur Variationsformulierung einer elliptischen Differentialgleichung. Siebildet die Grundlage der Methode der finiten Elemente (FEM) und ist Gegenstand desfolgenden Abschnittes.

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2.2. KLASSISCHE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 13

2.2 Variationsformulierung elliptischer Randwertauf-

gaben zweiter Ordnung

2.2.1 Grundlagen und Begriffe

Es sei folgendes Dirichlet-Problem gegeben:

Lp = f in Ω

p = g auf Γ(2.5)

mit Ω ⊂ R2 offen und beschrankt sowie stuckweise glattem Rand und einem elliptischenDifferentialoperator zweiter Ordnung L. Alle nachfolgenden Begriffsbildungen und Zusam-menhange gelten allgemein fur Gebiete im R

n. Im folgenden soll beispielhaft das Poisson-Problem

−∆p = f in Ω

p = g auf Γ(2.6)

mit L = −∆ betrachtet werden. Angaben zum allgemeinen Fall finden sich am Ende diesesAbschnittes.

Bemerkung 2.1Problem (2.6) laßt sich stets auf homogene Randbedingungen transformieren. Benotigtwird lediglich eine Funktion p0, die auf dem Rand Γ mit g ubereinstimmt. Fur p := p− p0

und f := f −∆ p0 ergibt sich dann die Problemformulierung

−∆p = f in Ω

p = 0 auf Γ(2.7)

Untersucht werden sollen zunachst klassische Losungen der Randwertaufgabe (2.7), d.h.,p ∈ C2(Ω)∩C(Ω) und p = 0 auf Γ. Dazu multipliziert man die Poisson-Gleichung in (2.7)mit einer beliebigen Testfunktion v ∈ C1(Ω) ∩ C(Ω), welche auf dem Rand des Gebietesverschwindet und integriert anschließend uber Ω:

−∫

Ω

∆pv dx =

∫Ω

fv dx

Partielle Integration, speziell die erste Greensche Formel, angewendet auf die linke Seiteder obigen Gleichung liefert nun∫

Ω

grad p · grad v dx −∫

Γ

∂p

∂nv ds =

∫Ω

fv dx

Wegen der Nullrandbedingung an v verschwindet das Randintegral und man erhalt diesogenannte Variationsformulierung bzw. schwache Formulierung von (2.7)∫

Ω

grad p · grad v dx =

∫Ω

fv dx ∀v ∈ C1(Ω) ∩ C(Ω) mit v = 0 auf Γ. (2.8)

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14 KAPITEL 2. VORBETRACHTUNGEN

Durch Umkehren der partiellen Integration, welches ohne weiteres moglich ist, wird ersicht-lich, daß jede klassische Losung der Aufgabe (2.7) auch die Variationsformulierung (2.8)erfullt und umgekehrt. Zur Abkurzung sei

a(u, v) :=

∫Ω

gradu · grad v dx (2.9)

l(v) :=

∫Ω

fv dx (2.10)

gesetzt. Ergebnis der vorangehenden Uberlegungen ist das folgende: Anstelle die partielleDifferentialgleichung unter den gegebenen Randbedingungen im klassischen Sinne zu losen,kann man sich auch auf ein anderes Problem konzentrieren:

Finde ein p ∈ C2(Ω) ∩ C(Ω) mit p = 0 auf Γ und

a(p, v) = l(v) ∀v ∈ C1(Ω) ∩ C(Ω) mit v = 0 auf Γ(2.11)

Zieht man in Betracht, daß die Raume Ck(Ω), k ∈ N0, linear sind, so ist man volligabstrakt betrachtet auf der Suche nach einem speziellen Element u eines linearen RaumesV , so daß fur eine gegebene Bilinearform a : V × V → R sowie ein lineares Funktionall : V → R gilt:

a(u, v) = l(v) ∀v ∈ V. (2.12)

Daß sich diese Aufgabe nicht ohne weitere Bedingungen an a(·, ·) und l(·) wird losen lassen,durfte verstandlich sein.

Um zu demonstrieren, vor welchen Schwierigkeiten man bei der Suche nach Losungen von(2.12) steht, soll an dieser Stelle kurz ein Spezialfall des Problems beleuchtet werden. Esseien im folgenden Symmetrie und Positivitat von a(·, ·) vorausgesetzt, d. h.,

a(u, v) = a(v, u) ∀v ∈ V (2.13)

a(v, v) > 0 ∀v ∈ V, v 6= 0 (2.14)

Dann lassen sich die Losungen der abstrakten Gleichung (2.12) als Minimalpunkte desFunktionals J : V → R mit

J(v) :=1

2a(v, v)− l(v)

charakterisieren, denn fur u, v ∈ V, t ∈ R gilt:

J(u+ tv) =1

2a(u+ tv, u+ tv)− l(u+ tv)

=1

2a(u, u)− l(u) +

1

2t a(u, v) +

1

2t a(v, u)− t l(v) +

1

2t2a(v, v)

= J(u) + ta(u, v)− l(v)+1

2t2a(v, v)

= J(u) +1

2t2a(v, v),

falls u (2.12) erfullt. Somit ist wegen (2.14) J(u+v) > J(u) fur v 6= 0. Minimiert umgekehrtein u ∈ V das Funktional J unter allem Elementen v ∈ V , gilt notwendigerweise

∂tJ(u+ tv)

t=0

= 0 , also

a(u, v)− l(v) = 0.

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2.2. KLASSISCHE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 15

Aus der Rechnung geht ferner hervor, daß ein Minimum von J bei Existenz eindeutigbestimmt ist.

Die Bilinearfom a(·, ·) aus (2.9), welche zum speziellen Dirichlet-Problem (2.7) gehort,erfullt die Bedingungen (2.13),(2.14). Auf diesem Wege ergibt sich eine dritte Moglichkeit,die Aufgabe (2.7) zu formulieren, falls man sich fur klassische Losungen interessiert:

Finde ein p ∈ C2(Ω) ∩ C(Ω) mit p = 0 auf Γ und

J(v) :=1

2

∫Ω

grad v · grad v dx −∫

Ω

fv dx −→ minv∈C2(Ω)∩C(Ω): v=0 auf Γ

(2.15)

An dieser Stelle wird deutlich, daß der Begriff”Variationsformulierung einer partiellen

Differentialgleichung“ gerechtfertigt ist. Die Losungen derjenigen elliptischen Differential-gleichungen zweiter Ordnung, deren zugehorige Bilinearform symmetrisch ist, minimierenein spezielles lineares Funktional, sie losen also gleichzeitig ein Variationsproblem.

Alle bisherigen Versuche, die Losungen bestimmter partieller Differentialgleichungen zucharakterisieren, durfen nicht daruber hinwegtauschen, daß noch keine Aussagen zur Exi-stenz solcher Losungen getroffen wurden, welche naturlich in erster Linie interessieren.Es ist lediglich moglich, den Problemen eine klarere Form zu geben. Folgendes Beispieldemonstriert dies anschaulich.

Beispiel 2.2Man betrachte das Dirichlet-Problem

Finde ein p ∈ C(Ω) mit p = 0 in Ω und p = 1 auf Γ,

wobei Ω = (0, 1) ⊂ R1. Ungeachtet der inhomogenen Dirichlet-Randbedingungen lautetdie zugehorige Variationsformulierung

Finde ein p ∈ C(Ω) mit p(0) = p(1) = 1 und

a(p, v) :=

∫ 1

0

p · v dx = 0 ∀v ∈ C(Ω) mit v(0) = v(1) = 1

Wegen der Symmetrie und Positivitat von a(·, ·) kann man den vorangehenden Uberlegun-gen zufolge aber ebenso versuchen, das Funktional

J(v) :=

∫ 1

0

v2 dx

uber der Menge V := v ∈ C(Ω) : v(0) = v(1) = 1 zu minimieren. Nun gilt zwarinf J(v) = 0, doch dieser Wert wird in V nicht angenommen. Somit ist die Variations-aufgabe nicht losbar, was beim Blick auf die zugeordnete Randwertaufgabe naturlich vonvorneherein feststand.

Selbst falls die speziellen Voraussetzungen (2.13),(2.14) an die Bilinearform nicht erfulltwerden konnen und es nicht moglich ist, das Losen einer partiellen Differentialgleichungals Minimierungsproblem aufzufassen, bleibt die Variationsformulierung einer partiellenDifferentialgleichung doch sinnvoll, um Losungen derselben zu gewinnen. Nach dem ex-tremen Beispiel 2.2 ist allerdings auch klar, daß neben den Eigenschaften der Funktionale

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16 KAPITEL 2. VORBETRACHTUNGEN

a(·, ·) und l(·) der lineare Raum V eine entscheidende Rolle spielt. Es wird nicht langerzweckmaßig sein, sich auf klassische Losungen zu beschranken, die man in den RaumenCk(Ω), k ∈ N0 sucht. Der Satz von Lax-Milgram (s.[4]) schafft Klarheit, unter welchenBedingungen man die Losbarkeit einer Variationsaufgabe erwarten kann. Diese sollen imfolgenden noch einmal kurz aufgelistet werden.

Voraussetzungen 2.3

(X, (·, ·)) sei ein Hilbert-Raum, versehen mit dem Skalarprodukt (·, ·),V ⊂ X ein abgeschlossener Unterraum von X,

l(·) eine stetige Linearform auf V , d. h., l ∈ V ′,a(·, ·) eine stetige, auf V koerzive Bilinearform, d. h., a : X ×X → R mit

∃ C > 0 : |a(u, v)| ≤ C‖u‖X‖v‖X ∀u, v ∈ X (2.16)

∃ α > 0 : a(v, v) ≥ α‖v‖2X ∀v ∈ V. (2.17)

Falls alle diese Forderungen erfullt sind, existiert nach dem Satz von Lax-Milgram genauein Element u ∈ V mit a(u, v) = l(v) ∀v ∈ V .

Um anstelle einer partiellen Differentialgleichung die zugehorige Variationsformulierunglosen zu konnen, muß also ein passender Hilbert-Raum gewahlt werden, in welchem mandie Aufgabe stellt. Fur elliptische Differentialoperatoren zweiter Ordnung [7] bietet sichder Sobolew-Raum H1(Ω) ⊂ L2(Ω) an. Ferner betrachtet man das Skalarprodukt

(u, v) :=

∫Ω

u(x )v(x ) dx ,

welches fur Funktionen aus dem Raum

L2(Ω) =

f : Ω→ R mit

∫Ω

f 2(x ) dx <∞

wohldefiniert ist und dort die Norm

‖v‖0 := (v, v)12 , v ∈ L2(Ω)

induziert. Das Symbol∫

bezeichnet dabei stets das Lebesgue-Integral. Zwei Funktionenu, v ∈ L2(Ω) werden identifiziert, falls sich ihre Funktionswerte nur auf einer Nullmengebezuglich des Lebesgue-Maßes unterscheiden, beispielsweise auf dem Rand des GebietesΩ. Bezuglich der Norm ‖ · ‖0 ist L2(Ω) bekanntlich vollstandig.Man sagt nun, eine Funktion u ∈ L2(Ω) habe die schwache Ableitung v = ∂u in L2(Ω),falls v ∈ L2(Ω) und die Integralrelation∫

Ω

Φv dx = −∫

Ω

u∂Φ dx ∀Φ ∈ C∞0 (Ω)

besteht. Φ gehort dabei zum Funktionenraum C∞0 (Ω), falls Φ beliebig oft differenzierbar istund die Funktionswerte von Φ nur in einer kompakten Teilmenge im Inneren des GebietesΩ verschieden von Null sind. Dann versteht man unter H1(Ω) den Raum derjenigen L2(Ω)-Funktionen , welche eine schwache Ableitung in L2(Ω) besitzen. Bezuglich der Norm

‖v‖1 := ((v, v) + (grad v, grad v))12 , v ∈ H1(Ω)

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2.2. KLASSISCHE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 17

ist H1(Ω) vollstandig, also zusammen mit dem Skalarprodukt (·, ·) ein Hilbert-Raum.Es ist moglich, den Raum H1(Ω) auch ohne den Begriff der schwachen Ableitung zu cha-rakterisieren, namlich als Vervollstandigung der Menge v ∈ C∞(Ω) : ‖v‖1 <∞ in L2(Ω)bezuglich der Norm ‖·‖1. Man folgert dieses Ergebnis aus der Tatsache, daß C∞(Ω)∩H1(Ω)dicht in H1(Ω) liegt.Unter Berucksichtigung dieser Zusammenhange erscheint die Definition eines weiterenRaumes H1

0 (Ω) naturlich - als Vervollstandigung von C∞0 (Ω) bezuglich der Norm ‖ · ‖1.H1

0 (Ω) ist ein abgeschlossener Unterraum des H1(Ω) und als solcher ebenfalls ein Hilbert-Raum, ausgestattet mit dem bereits bekannten Skalarprodukt (·, ·). Man kann mittels derFriedrichschen Ungleichung (s. [2], S.29) zeigen, daß die Bilinearform a(·, ·) aus (2.9)H1

0 (Ω)-koerziv ist. Somit laßt sich der Satz von Lax-Milgram auf die Variationsformu-lierung, welche aus dem Dirichlet-Problem (2.7) hervorgeht, anwenden, falls man vomTestraum C2(Ω) ∩ C(Ω) absieht und V = H1

0 (Ω) wahlt. Der Nachweis der Stetigkeit vona(·, ·) und l(·) im Sinne der Voraussetzungen 2.3 fallt dabei nicht schwer, es sollte lediglichf ∈ L2(Ω) gesichert sein.

Zusammengefaßt bedeutet dies: Das Variationsproblem

a(u, v) = l(v) ∀ v ∈ H10 (Ω) (2.18)

besitzt stets eine Losung u ∈ H10 (Ω). Diese Funktion u heißt schwache Losung des Dirich-

let-Problems (2.7). Damit hat man den Begriff der Losung einer elliptischen Randwertauf-gabe zweiter Ordnung erweitert, denn die Variationsaufgabe (2.18) ist nun nicht mehr (2.7)aquivalent. Gleichzeitig geht aus allen bisherigen Betrachtungen hervor, daß jede klassischeLosung von (2.18) auch eine Losung der partiellen Differentialgleichung im klassichen Sin-ne darstellt, da die beliebig oft differenzierbaren Funktionen mit Nullrandwerten im RaumH1

0 (Ω) enthalten sind.

2.2.2 Einbeziehung von Randbedingungen

Randbedingungen vom Dirichlet-Typ

In allen vorangehenden Untersuchungen wurden stets homogene Dirichlet-Randbedingungenin Betracht gezogen. Nun soll der allgemeine Problemfall (2.6)

−∆p = f in Ω

p = g auf Γ

noch etwas genauer beleuchtet werden. Laut Bemerkung 2.1 ist bereits bekannt, auf wel-chem Weg man sich der inhomogenen Randbedingungen entledigt. Dementsprechend ergibtsich die Variationsformulierung von (2.6):

Finde ein p ∈ H10 (Ω) mit

a(p, v) = l(v) + a(p0, v) ∀v ∈ H10 (Ω)

(2.19)

Man setzt dabei die Existenz einer Funktion p0 aus H1(Ω) voraus, die auf Γ mit g uber-einstimmt:

∃ p0 ∈ H1(Ω) : p0

Γ= g. (2.20)

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18 KAPITEL 2. VORBETRACHTUNGEN

Problem (2.19) besitzt nach dem Satz von Lax-Milgram stets eine Losung p ∈ H10 (Ω).

Die Funktion p := p + p0 ∈ H1(Ω) stellt dann die Losung des inhomogenen Dirich-

let-Problems im schwachen Sinne dar. Wegen der Eigenschaften des Lebesgue-Maßesist die Auswertung einer L2-Funktion auf einer Menge, welche bezuglich des Lebesgue-Maßes den Wert Null besitzt, nicht sinnvoll, so etwa auf dem Gebietsrand Γ. Falls Γ jedochhinreichende Glattheitseigenschaften besitzt, z.B., eine Kegelbedingung erfullt, so belegenbestimmte Spursatze (s. [2], S.42), daß die Restriktion (die Spur) einer H1-Funktion auf

dem Rand Γ eine L2-Funktion ist und als Element des Hilbert-Raumes H12 (Γ) [7] aufge-

faßt werden kann. Die Gleichheit in (2.20) entspricht demzufolge der Gleichheit in H12 (Γ).

Durch Umstellen ergibt sich eine zu (2.19) aquivalente schwache Formulierung von (2.6):

Finde ein p ∈ H1(Ω) mit

a(p, v) = l(v) ∀v ∈ H10 (Ω)

p− p0 ∈ H10 (Ω)

(2.21)

Die inhomogene Dirichlet-Randbedingung findet in diesem Fall keinen Eingang mehrin die Gleichung der Variationsformulierung, sondern wird allein uber die Wahl des Tes-traumes V = H1

0 (Ω) berucksichtigt. Man spricht deshalb auch von einer wesentlichenRandbedingung.

Randbedingungen vom Neumann-Typ

Die Poisson-Gleichung mit Neumann-Randbedingungen lautet

−∆p = f in Ω

∂p

∂n= g auf Γ.

(2.22)

Um zu erkennen, welche Variationsformulierung dem Neumann-Problem (2.22) zugeord-net werden kann, multipliziert man die Poisson-Gleichung - wie bereits demonstriert -mit einer Testfunktion v ∈ C1(Ω)∩C(Ω), integriert uber das Gebiet Ω und nimmt die ent-sprechenden Vereinfachungen mittels partieller Integration vor. Aquivalent zum Dirich-

let-Problem wird dabei von einer klassischen Losung von (2.22), d.h., p ∈ C2(Ω)∩C1(Ω),ausgegangen. Eine Nullrandbedingung an die Testfunktion v muß man in diesem Fall al-lerdings nicht stellen. Es zeigt sich, daß die klassische Losung p die folgende schwacheFormulierung erfullt:∫

Ω

grad p · grad v dx =

∫Ω

fv dx +

∫Γ

gv ds ∀v ∈ C1(Ω) ∩ C(Ω) (2.23)

Mit derselben Schlußweise wie beim Dirichlet-Problem erkennt man, daß umgekehrtjede klassische Losung von (2.23) auch eine Losung von (2.22) im klassischen Sinne ist.Die Bilinearform a(p, v) =

∫Ω

grad p · grad v dx bleibt unverandert. Wahrenddessen weistdas lineare Funktional l(·) noch einen Zusatzterm auf, welcher von der Randbedingungabhangt:

l(v) :=

∫Ω

fv dx +

∫Γ

gv ds.

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2.2. KLASSISCHE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 19

Wegen der fehlenden Nullrandbedingungen wird die Variationsaufgabe im Raum V :=H1(Ω) gestellt. Die zum Neumann-Problem (2.22) zugehorige Variationsformulierung lau-tet somit:

Finde ein p ∈ H1(Ω) mit

a(p, v) = l(v) ∀v ∈ H1(Ω).(2.24)

Zu beachten ist, daß bei der Auswertung des Funktionals l(·) die Restriktion der H1-Funktion v auf dem Rand Γ definiert sein muß. Dies kann wiederum nur geschehen, fallsdas Gebiet Ω den Glattheitsbedingungen aus den Spursatzen genugt. Die Stetigkeit vona(·, ·) und l(·) im Sinne der Voraussetzungen 2.3 laßt sich leicht nachweisen, es genugt f ∈L2(Ω), g ∈ H−

12 (Γ) sicherzustellen. Um die eindeutige Losbarkeit der Variationsaufgabe

(2.24) nachzuweisen, ist nach den Satz von Lax-Milgram lediglich noch die Koerzivitatvon a(·, ·) auf dem Raum H1(Ω) zu zeigen. Dies kann jedoch nicht gelingen, da klassischeLosungen des Randwertproblems (2.22) nur bis auf eine additive Konstante festgelegt sind.

Daher muß man sich auf den Raum V := v ∈ H1(Ω) :∫

Ωv dx = 0 einschranken. Obige

Beobachtung spiegelt sich auch in der Bilinearform a(·, ·) wieder: Sie ist nicht H1(Ω)-

koerziv, aber V -koerziv.Im Gegensatz zur Dirichletschen Randbedingung findet sich die Neumannsche nicht inden Funktionenraumen wieder, sondern sorgt fur einen Zusatzterm im Funktional l(·). Siewird deshalb auch als naturliche Randbedingung bezeichnet.

Gemischte Randbedingungen

Es ist in den meisten Fragestellungen der mathematischen Modellierung durchaus der Fall,daß eine Randwertaufgabe gestellt wird, welche Randbedingungen sowohl vom Dirichlet-Typ, als auch vom Neumann-Typ enthalt; erinnert sei nur an das Modellproblem (M).Man unterteilt dazu den Rand in einen Dirichlet- bzw. Neumann-Teil

Γ = ΓN ∪ ΓD.

Fur das Poisson-Problem ergibt sich dann die Formulierung

−∆p = f in Ω (2.25a)

p = g auf ΓD (2.25b)

∂p

∂n= h auf ΓN . (2.25c)

Die Testfunktionen mussen nun lediglich auf dem Teilstuck ΓD des Gebietsrandes ver-schwinden. Durch Kombination der Uberlegungen zu den Dirichlet- und Neumann-Randbedingungen erhalt man die Variationsformulierung von (2.25):

Finde ein p ∈ H1(Ω) mit∫Ω

grad p · grad v dx =

∫Ω

fv dx +

∫ΓN

hv ds ∀v ∈ H1ΓD

(Ω)

p− p0 ∈ H1ΓD

(Ω),

(2.26)

wobei die Existenz einer Funktion p0 ∈ H1(Ω) gesichert sein muß mit p0|ΓD = g.

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20 KAPITEL 2. VORBETRACHTUNGEN

H1ΓD

(Ω) bezeichnet einen Hilbert-Raum zwischen H1(Ω) und H10 (Ω), namlich die Ver-

vollstandigung der Menge v ∈ C∞(Ω)∩H1(Ω) : v = 0 auf ΓD bezuglich der Sobolew-Norm ‖ · ‖1. Falls ΓD 6= ∅, ist die Aufgabe (2.26) stets eindeutig losbar.

Bemerkung 2.4Die Grundidee der Variationsrechnung wurde am Beispiel der Poisson-Gleichung mit demLaplace-Operator L = −∆ dargelegt. Alle beschriebenen Ergebnisse und Verfahrenswei-sen sind jedoch allgemein gultig fur elliptische Operatoren zweiter Ordnung (in Divergenz-form)

Lp := −n∑

i,j=1

∂i (aij ∂j) p+ a0 p

mit Koeffizientenfunktionen aij, a0 ∈ L∞(Ω) und a0(x ) ≥ 0, x ∈ Ω. Die NeumannscheRandbedingung wird dann in der Gestalt

Bp :=n∑

i,j=1

niaij∂jp = g auf ΓN

gestellt. Es bleibt lediglich zu beachten, daß fur ein nichtverschwindendes Absolutglieda0(x ) > 0, x ∈ Ω, sowie ΓN = Γ das reine Neumann-Problem

Lp = f in Ω

Bp = g auf Γ

eindeutig losbar ist.

2.2.3 Diskretisierung von Variationsaufgaben

Die Variationsformulierung einer partiellen Differentialgleichung stellt eine Umformulie-rung bzw. Erweiterung eines wohlbekannten Problems dar, der Suche nach analytischenLosungen von bestimmten Differentialgleichungen. Der Schwierigkeitsgrad dabei bleibt un-verandert hoch; eine numerische Behandlung der Variationsprobleme ist geboten. An dieserStelle setzt auf naturliche Art und Weise die Idee der FEM an. Die Variationsaufgabe wirdnicht in einem unendlichdimensionalen Hilbert-Raum V wie beispielsweise dem Sobo-

lew-Raum H10 (Ω) gestellt, sondern in einem passenden endlichdimensionalen Hilbert-

Raum Vh:

Finde ein uh ∈ Vh mit a(uh, v) = l(v) ∀v ∈ Vh (2.27)

Fur die Auswahl des Raumes Vh gibt es zwei verschiedene Moglichkeiten.

• Bei konformen Methoden wahlt man Vh ⊂ V . Die Variationsaufgabe (2.27) wird dannals Galerkinsche Approximationsaufgabe bezeichnet. Mit Blick auf den Satz vonLax-Milgram liefert diese Strategie sofort ein wichtiges Ergebnis. Falls sich dasVariationsproblem im Raum V losen laßt, kann auch im Raum Vh eine Losung gefun-den werden. Der Approximationsfehler ‖u− uh‖X gemessen in der Norm, welche dasSkalarprodukt (·, ·) im Hilbert-Raum X induziert, hangt zum einen davon ab, wiegut die analytische Losung u ∈ V durch Funktionen aus Vh dargestellt werden kann.

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2.2. KLASSISCHE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 21

Zum anderen beeinflussen die Eigenschaften der Variationsaufgabe selbst, welche bei-spielsweise in den Stetigkeits- und Koerzivitatskonstanten C aus (2.16) und α aus(2.17) der Bilinearform a(·, ·) zum Ausdruck kommen, die Gute der Approximation,vgl. das Lemma von Cea (s. [2], S.53).

• Nichtkonforme Methoden verzichten auf die Bedingung Vh ⊂ V . Konvergenzaussagenund Fehlerabschatzungen sind nicht mehr ohne weiteres zu gewinnen.

Allen FE-Methoden - egal ob konform, nicht konform oder anders gebaut - gemeinsam istdas Konstruktionsprinzip des endlichdimensionalen Funktionenraumes Vh. Die einzelnenSchritte sollen an dieser Stelle kurz umrissen werden.

1. Das Gebiet Ω ⊂ Rn zerlegt man vollig unstrukturiert in endlich viele Polyeder T , imFall des R2 sind dies ublicherweise Dreiecke oder Vierecke. Polygonzuge ersetzen dabeikrummlinige Randsegmente. Die Zerlegung oder das FE-Gitter T = T1, T2, . . . , TNvon Ω muß zulassig sein, d.h., insbesondere soll Ω =

N∪i=1Ti gelten. Ferner sind soge-

nannte hangende Knoten nicht erlaubt. Ein Maß fur die Feinheit der Zerlegung T istder Durchmesser diam ihrer Elemente. Falls max

T∈Tdiam(T ) ≤ 2h, schreibt man fur die

Zerlegung Th an Stelle von T . Unter Konvergenz einer Folge von Naherungslosungen(uhi)

∞i=1 ist dann die Konvergenz fur h→ 0 zu verstehen.

2. Auf jedem Polyeder T wahlt man einen Unterraum Π von C(T ) mit endlicher Dimen-sion d. Funktionen aus Π heißen auch Formfunktionen. Jedes Element von Π wirddurch eine Menge Σ von d linear unabhangigen Funktionalen uber Π, den Freiheits-graden, eindeutig bestimmt. Das Tripel (T,Π,Σ) bezeichnet man als finites Element,s. [4]. Der Einfachheit halber besteht Π meistens aus einer Menge von Polynomenuber T . Σ enthalt in der Regel Funktionswerte oder Ableitungen an bestimmtenPunkten in T . Durch diese Konstruktion verfugt man auf dem Gebiet Ω uber eineMenge von lokalen Funktionen, welche den jeweiligen Funktionenraum Π auf einemTeilgebiet T von Ω aufspannen.

3. Aus den lokal definierten Funktionen werden im letzten Schritt globale Funktionendes Raumes Vh zusammengesetzt. Dies geschieht moglichst so, daß nur wenige be-nachbarte Elemente T der Zerlegung T den Trager der globalen Funktionen bilden,um den Aufwand bei spateren konkreten Rechnungen gering zu halten.

2.2.4 Anwendung auf das Modellproblem

Nachdem in den vorangehenden Abschnitten die Grundideen der Variationsrechnung undder numerischen Approximation von Variationsaufgaben dargelegt wurden, kann nun ver-sucht werden, das Modellproblem (M) mit Hilfe der FEM numerisch zu losen.

Man sucht zunachst eine geeignete Variationsformulierung zur alleinigen Berechnung deshydraulischen Potentials p. Folgende Vorgehensweise erscheint zweckmaßig: Gleichung (2.4)wird wie ublich mit einer Testfunktion v ∈ C1(Ω) ∩ C(Ω) und v = 0 auf ΓD multipli-ziert. Man integriert anschließend uber das gesamte Gebiet und nimmt Vereinfachungen

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22 KAPITEL 2. VORBETRACHTUNGEN

vor.

−∫

Ω

div (Kgrad p)v dx =

∫Ω

fv dx∫Ω

(Kgrad p) · grad v dx −∫

ΓN

(Kgrad p) · nv ds =

∫Ω

fv dx∫Ω

(Kgrad p) · grad v dx =

∫Ω

fv dx −∫

ΓN

uNv ds (2.28)

∀v ∈C1(Ω) ∩ C(Ω) mit v = 0 auf ΓD

Das Variationsproblem zur Ermittlung des hydraulischen Potentials p wird im Hilbert-Raum H1

ΓD(Ω) gestellt.

Finde ein p ∈ H1(Ω) mit∫Ω

(Kgrad p) · grad v dx =

∫Ω

fv dx −∫

ΓN

uNv ds ∀v ∈ H1ΓD

(Ω)

p− pD ∈ H1ΓD

(Ω)

(2.29)

Prinzipiell ist es nicht notwendig, beide Zustandsvariablen p,u gleichzeitig zu ermitteln, dasie uber das Darcy-Gesetz (2.3b) miteinander in Beziehung stehen. Festzuhalten bleibt,daß man - wie zu Beginn bereits erwahnt - nichtsdestotrotz vor allen Dingen am stationarenStromungsfeld u interessiert ist. Mittels eines konformen FE-Verfahrens kann aber nur eineNaherungslosung der Aufgabe (2.29) gefunden werden. Demzufolge muß die Differentiationin (2.3b) zur Ermittlung der Fluß-Approximation uh ebenfalls naherungsweise erfolgen, z.B.durch Verwendung von Differenzenquotienten. Eine solcherart gewonnene Approximationist stark fehlerbehaftet im Gegensatz zur Potential-Approximation ph.Dieser Mißstand laßt sich vermeiden, wenn man von vorneherein nach einer Variations-formulierung sucht, welche die gemeinsame Berechnung der Zustandsvariablen u , p zulaßt.Das bisher vorgestellte Konzept der Variationsformulierung elliptischer Randwertaufgabenzweiter Ordnung reicht dazu allerdings nicht mehr aus. Die Suche nach einem solchen neu-en Ansatz erscheint dennoch plausibel, wenn man sich vor Augen fuhrt, daß es sich beimModellproblem (M) nicht um eine elliptische Randwertaufgabe handelt. Die Variationsfor-mulierung (2.29) kam nur durch Elimination einer Variablen des Systems zustande. Aufwelchem Weg sich Problem (M) trotz alledem in den großen Rahmen der Variationsrech-nung einordnen laßt, soll im folgenden Kapitel erlautert werden.

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Kapitel 3

Die gemischte Methode nachRaviart-Thomas

Elliptische Randwertaufgaben zweiter Ordnung lassen sich mit einer zugehorigen Variati-onsformulierung in Verbindung bringen, mit deren Hilfe man in der Lage ist, den Begriff derLosung einer partiellen Differentialgleichung uber den klassischen Sinn hinaus zu erweitern.Bei Systemen partieller Differentialgleichungen liegen die Verhaltnisse ahnlich. Sie erlaubeneine sogenannte gemischte Variationsformulierung, welche samtliche Systemvariablen bein-haltet, wobei man unter Umstanden jeweils unterschiedliche Ansatzraume fur die einzelnenVariablen wahlt. Im Zuge der Diskretisierung eines solchen gemischten Variationsproblemssollte es somit moglich sein, Naherungslosungen fur alle im Modell auftretenden gesuchtenGroßen gleichzeitig und in zufriedenstellender Gute zu gewinnen.

Wie sich im folgenden herausstellen wird, laßt sich dem Modellproblem (M) eine ent-sprechende gemischte Variationsformulierung zuordnen. Geht man bei der Diskretisierungkonform vor und verwendet dazu speziell konstruierte finite Elemente, fuhrt dies auf diegemischte Methode nach Raviart-Thomas. Nachdem im einleitenden Kapitel die Losungeiner Variationsaufgabe, welche nur das hydraulische Potential allein liefert, verworfen wur-de, ware damit eine Methode gefunden, um Potential p und Fluß u gemeinsam zu ermitteln.

Neben allen Vorteilen, die diese Vorgehensweise mit sich bringt, darf man jedoch eine Tat-sache nicht aus den Augen verlieren: Viele gemischte Variationsaufgaben fuhren auf Sat-telpunktprobleme und erfordern eine dementsprechend modifizierte Losungstheorie. Getreudem ungeschriebenen Gesetz von der Erhaltung der Schwierigkeiten mussen eine Reihe vonneuen Zusammenhangen Beachtung finden.

Im Unterschied zur Darstellungsweise des zweiten Kapitels wird die Theorie nun direktanhand des Modellproblems entwickelt. Wichtige Zwischenergebnisse sind daher am Endeder entsprechenden Abschnitte zusammengefaßt.

23

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24 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

3.1 Gemischte Variationsformulierungen

3.1.1 Grundlagen und Begriffe

Ausgangspunkt aller weiteren Betrachtungen ist das Problem (3.1)

div u = f in Ω (3.1a)

u = −K grad p in Ω (3.1b)

p = 0 auf Γ (3.1c)

mit Ω ⊂ R2 offen, beschrankt und stuckweise glattem Rand Γ = ΓN ∪ ΓD. Da die Diskussi-on der Einbeziehung von Randbedingungen in einem nachfolgenden Abschnitt erfolgt, sollzunachst von homogenen Dirichlet-Randbedingungen ausgegangen werden.

Auf der Suche nach einer gemischten Variationsformulierung, welche dem Problem (3.1)zugeordnet werden kann, unterzieht man formal beide Gleichungen (3.1a),(3.1b) der imzweiten Kapitel beschriebenen Behandlung: Multiplikation mit einer geeigneten Testfunk-tion, Integration uber das gesamte Gebiet Ω sowie eventuell Umformung mittels partiellerIntegration. Fur die Kontinuitatsgleichung (3.1a) ergibt sich damit∫

Ω

q div u dx =

∫Ω

fq dx ∀q ∈ Y. (3.2)

Die Matrix K (x ) ist nach Voraussetzung punktweise symmetrisch positiv definit, also furein beliebiges x ∈ Ω invertierbar. (3.1b) gestattet somit die zweckmaßige Umstellung

K−1u = −grad p in Ω. (2.1b’)

Bei (2.1b’) handelt es sich um eine Vektorgleichung, weshalb die Testfunktion v im Ge-gensatz zu q aus (3.2) ebenfalls vektorwertig gewahlt werden muß. Mit Multiplikation istfolglich das bekannte Skalarprodukt zweier Vektoren aus dem Raum R

2 gemeint.∫Ω

K−1u · v dx = −∫

Ω

grad p · v dx

=

∫Γ

v · npD ds−∫

Ω

p div v dx∫Ω

K−1u · v dx = −∫

Ω

p div v dx ∀v ∈ X (3.3)

Bis auf ihre lineare Struktur soll die Spezifikation von X und Y , den Test- und gleichzeitigauch Ansatzraumen, in welchen die Losungen gesucht werden, zunachst noch offen blei-ben, denn die Frage, fur welche Klassen von Funktionen sich die Gleichungen (3.2),(3.3)aufstellen und losen lassen, muß erst noch beantwortet werden. Mit den Abkurzungen

a(u , v) :=

∫Ω

K−1u · v dx

b(v , p) :=

∫Ω

p div v dx (3.4)

l(q) :=

∫Ω

fq dx , u , v ∈ X, q, p ∈ Y

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3.1. GEMISCHTE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 25

ist das Problem (3.1) umformuliert zu:

Finde (u , p) ∈ X × Y mit a(u , v) + b(v , p) = 0 ∀v ∈ X,b(u , q) = l(q) ∀q ∈ Y.

(3.5)

Bereits im vorangehenden Kapitel hat es sich als nutzlich erwiesen, bestimmte Problem-stellungen von einem abstrakten Standpunkt aus zu betrachten, um ihren Kern herauszu-arbeiten. Allgemein ausgedruckt, sucht man in (3.5) zwei spezielle Elemente u ∈ X, p ∈ Yjeweils linearer Raume, welche die Gleichungen

a(u , v) + b(v , p) = s(v) ∀v ∈ X (3.6a)

b(u , q) = l(q) ∀q ∈ Y (3.6b)

fur zwei gegebene Bilinearformen a : X × X → R, b : X × Y → R und die linearenFunktionale s : X → R, l : Y → R erfullen. Gegenuber der Aufgabe (2.12) ist im System(3.5) ein weiterer Raum Y hinzugekommen sowie eine neue Bilinearform b(·, ·), welche diebetrachteten Raume X und Y verknupft. Es erscheint dennoch sinnvoll, zu versuchen, diebereits gewonnenen Ergebnisse zur Losbarkeit von (2.12) einzuarbeiten. Aus diesem Grundsollen X und Y als Hilbert-Raume vorausgesetzt werden, die Bilinearformen a(·, ·), b(·, ·)seien stetig entsprechend (2.16) und es gelte ferner s ∈ X ′, l ∈ Y ′. Die folgenden Uberle-gungen sollen ein Gefuhl dafur vermitteln, welche weiteren Voraussetzungen bei der Losungdes Systems (3.6a),(3.6b) sinnvoll erscheinen.

Man definiert den wegen der Stetigkeit von b(·, ·) abgeschlossenen Unterraum von X

V := v ∈ X : b(v , q) = 0 ∀q ∈ Y . (3.7)

Angenommen, es ware ein Element u0 ∈ X bekannt, das die Gleichung

b(u0, q) = l(q) ∀q ∈ Y

erfullt. Mit w := u −u0 lost (u , p) das System (3.6a),(3.6b) genau dann, wenn (w , p) denGleichungen

a(w , v) + b(v , p) = s(v)− a(u0, v) ∀v ∈ Xb(w , q) = 0 ∀q ∈ Y

genugt. Nach dem Satz von Lax-Milgram existiert genau ein Element w ∈ V , welches

a(w , v) = s(v)− a(u0, v) ∀v ∈ V

erfullt, wenn nur die Bilinearform a(·, ·) koerziv auf dem Unterraum V ist. Nach der Er-mittlung dieses speziellen Elementes bleibt nur noch die Aufgabe

Finde ein p ∈ Y mit b(v , p) = s(v)− a(u , v) ∀v ∈ X. (3.8)

zu losen, eine abstrakte Gleichung, welche von der Form her (2.12) entspricht. Nun kannman fur b(·, ·) allerdings keine Koerzivitatsbedingung fordern, da diese Bilinearform zwei

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26 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

moglicherweise verschiedene Hilbert-Raume verbindet. Die Koerzivitat nach (2.17) im-pliziert jedoch

α ‖v‖X ≤ supz∈V

a(z , v)

‖z‖X∀v ∈ V.

Eine ahnliche Bedingung stellt man nun auch an b(·, ·):

∃β > 0 : β ‖q‖Y ≤ supv∈X

b(v , q)

‖v‖X∀q ∈ Y

bzw.

∃β > 0 : β ≤ infq∈Y

supv∈X

b(v , q)

‖v‖X‖q‖Y. (3.9)

(3.9) wird passenderweise auch als inf-sup-Bedingung bezeichnet.Der folgende Satz zeigt, daß sich alle bisher getatigten Uberlegungen tatsachlich beweisenlassen.

Satz 3.1Das System (3.6a),(3.6b) besizt eine eindeutige Losung (u , p) ∈ X × Y genau dann, wenn

1. X,Y sind Hilbert-Raume.

2. Die Bilinearformen a : X ×X → R, b : X × Y → R sind stetig.

3. s und l sind stetige Linearformen der Raume X bzw. Y .

4. a(·, ·) ist koerziv auf V aus (3.7).

5. b(·, ·) erfullt die inf-sup-Bedingung.

Ein Beweis findet sich in [2], S.124. Bemerkenswert an Satz 3.1 ist die Genau-dann-wenn-Beziehung. Demnach stellt der Satz von Lax-Milgram keinen Spezialfall dar, da furb ≡ 0 die Erfullung der inf-sup-Bedingung nicht gewahrleistet werden kann. Sie ist eineunverzichtbare Kompatibilitatsbedingung an die Hilbert-Raume X und Y .

Bemerkung 3.2Bereits bei der Analyse der Losbarkeitsbedingungen von Aufgabe (2.12) war ein Sonderfallbei der Einordnung der Variationsprobleme hilfreich. Es stellte sich heraus, daß Losun-gen von (2.12) genau die Minimalpunkte eines bestimmten Funktionals darstellen, fallsdie Bilinearform symmetrisch und positiv ist. Im Fall des Systems (3.6a),(3.6b) mit sym-metrischer und nicht negativer Bilinearform a(·, ·) liegt eine vergleichbare Situation vor.Die erste Losungskomponente u ∈ X von (3.6a),(3.6b) erfullt gleichzeitig das restringierteMinimum-Problem

J(u) :=1

2a(u ,u)− s(u)→ min

u∈X

b(u , q) = l(q) ∀q ∈ Y.(3.10)

Diese Eigenschaft wird sichtbar, wenn man auf der Suche nach Losungen von (3.10) gemaßder klassischen Theorie der Extremwertaufgaben nicht das Funktional J zu minimierenversucht, sondern die Lagrange-Funktion

L(v , q) := J(v) + b(v , q)− l(q)

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3.1. GEMISCHTE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 27

fur einen festen Wert q ∈ Y , da J und L auf der Menge der v ∈ X, welche der Nebenbe-dingung in (3.10) genugen, dieselben Werte annehmen. Die dafur notwendige Minimum-Bedingung liefert Gleichung (3.6a), wahrend die Nebenbedingung weiterhin durch (3.6b)erzwungen werden muß. Die sogenannte Sattelpunkteigenschaft

L(u , q) ≤ L(u , p) ≤ L(v , p) ∀(v , q) ∈ X × Y,

der jede Losung von (3.6a),(3.6b) genugt, belegt schließlich, daß die Losungskomponen-te u ∈ X ein Minimalpunkt von J ist, welcher auch die Nebenbedingung nicht verletzt.Zu beachten bleibt, daß umgekehrt nicht jede Losung von (3.10) die erste Komponenteeines Sattelpunktes darstellt. Wahrend die Variationsformulierungen spezieller elliptischerDifferentialgleichungen einem freien Minimum-Problem entsprechen, ist dies bei gemisch-ten Formulierungen der Form (3.6a),(3.6b) mit einer symmetrischen und nichtnegativenBilinearform a(·, ·) nicht mehr zwingend gegeben.

Mit den Erkenntnissen aus Satz 3.1 ausgestattet, kann nun eine gemischte Variationsfor-mulierung von Problem (3.1) aufgestellt werden, welche auch losbar zu sein verspricht. DieTest- bzw. Ansatzraume X, Y sind als Hilbert-Raume zu wahlen. Dabei orientiert mansich an den Gleichungen von Aufgabe (3.5): Fur die skalaren Funktionen p, q reicht offenbaraus, daß diese quadratintegrabel im Lebesgueschen Sinne sind, d.h., Y = L2(Ω). Im Fallder vektorwertigen Testfunktionen u , v genugt die komponentenweise Quadratintegrabi-litat jedoch nicht. Zusatzlich sollte div u ∈ L2(Ω) erfullt sein. Diese Bedingung fuhrt zurDefinition des Raumes

H(div; Ω) :=v ∈ L2(Ω)2 : div v ∈ L2(Ω)

. (3.11)

Die im Divergenzoperator auftretenden Ableitungen sind hierbei erneut als schwache Ab-leitungen aufzufassen: Ein Element q ∈ L2(Ω) bezeichnet man als Divergenz eines Vektor-feldes v ∈ L2(Ω)2 im schwachen Sinn, wenn die Integralrelation∫

Ω

Φq dx = −∫

Ω

grad Φ · u dx ∀Φ ∈ C∞0 (Ω) (3.12)

gilt. Versehen mit der Norm

‖v‖H(div;Ω) := (‖v‖20 + ‖ div v‖2

0)12

ist H(div; Ω) ein Hilbert-Raum. Wird schließlich noch f ∈ L2(Ω) gewahrleistet, so sinddie Gleichungen (3.5) zumindest sinnvoll. Die Stetigkeit der Bilinearformen a(·, ·), b(·, ·)sowie des linearen Funktionals l(·) laßt sich damit ebenfalls leicht nachweisen. Fur denUnterraum des H(div; Ω) entsprechend der Definition (3.7) erhalt man

V = v ∈ H(div; Ω) : ( div v , q) = 0 ∀q ∈ L2(Ω) = v ∈ H(div; Ω) : div v = 0.(3.13)

Da die Normen ‖ · ‖H(div;Ω) und ‖ · ‖0 auf V aquivalent sind, ist damit die Koerzivitatvon a(·, ·) auf V gesichert. Den Nachweis, daß die Bilinearform b(·, ·) bezuglich der beidenHilbert-Raume H(div; Ω) und L2(Ω) die inf-sup-Bedingung erfullt, findet man in [2].

Zusammengefaßt heißt dies: Die gemischte Variationsformulierung von Problem (3.1)

Finde (u , p) ∈ H(div; Ω)× L2(Ω) mit a(u , v) + b(v , p) = 0 ∀v ∈ H(div; Ω)

b(u , q) = l(q) ∀q ∈ L2(Ω).(3.14)

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28 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

kann stets eindeutig gelost werden. Damit steht einer konformen Diskretisierung der Aufga-be (3.14) zur numerischen Behandlung des Modellproblems (M) prinzipiell nichts mehr imWege. Wie bereits angekundigt, muß lediglich noch die Einbeziehung der Randbedingungendiskutiert werden.

3.1.2 Einbeziehung von Randbedingungen

Betrachtet wird nun wieder das Modellproblem (M):

div u = f in Ω (3.15a)

u = −K grad p in Ω (3.15b)

p = pD auf ΓD (3.15c)

n · u = uN auf ΓN (3.15d)

Es soll geklart werden, inwiefern die Randbedingungen (3.15c),(3.15d) Gleichungen bzw.Testraume der Variationsaufgabe (3.14) beeinflussen.

Bei der Variationsformulierung des Poisson-Problems (2.25) berucksichtigt man die Di-

richletsche Randbedingung (2.25b) durch die Wahl des Testraumes H1ΓD

(Ω). Entschei-dende Voraussetzung dafur ist die Moglichkeit, eine H1-Funktion auf dem Gebietsrand Γauswerten zu konnen. Entsprechend Formulierung (3.14) gilt fur das hydraulische Potentialvorerst nur p ∈ L2(Ω), d.h., die Dirichlet-Randbedingung kann nicht im wesentlichenSinn erzwungen werden. Unabhangig davon bleibt die Frage zu beantworten, ob und wel-che Randbedingungen man fur H( div )-Funktionen stellt. In [3], S.91f. findet sich dazufolgendes Lemma.

Lemma 3.3Fur u ∈ H(div; Ω) kann man u · n |Γ ∈ H−

12 (Γ) definieren. Ebenso gilt die Greensche

Formel ∫Ω

q div u dx +

∫Ω

u · grad q =

∫Γ

u · nq ds ∀q ∈ H1(Ω). (3.16)

Der Spuroperator H(div; Ω) 3 u → u · n |Γ ∈ H−12 (Γ) ist surjektiv.

Damit kann auf dem Rand des Gebietes Γ die Normalkomponente einer H( div )-Funktion

sinnvoll erklart werden, und zwar als stetiges lineares Funktional auf dem Raum H12 (Γ).

Liest man (3.16) von rechts nach links, so ergibt sich gerade die Definitionsgleichung dieses

Funktionals. Wegen der Surjektivitat des Spuroperators H1(Ω) 3 q → q|Γ ∈ H12 (Γ) ist

u · n |Γ tatsachlich fur alle Funktionen aus H12 (Γ) erklart. Um im obigen Lemma die Spur

q|Γ definieren zu konnen, muß der Gebietsrand Γ wiederum hinreichend glatt sein.Die Neumannsche Randbedingung (3.15d) an den Fluß sollte bei der gemischten Varia-tionsformulierung des Modellproblems (M) also im wesentlichen Sinne erzwungen werden.Deswegen schrankt man sich bei der Suche nach Losungen bezuglich der Flußkomponenteu auf den Testraum

HΓN (div; Ω) := v ∈ H(div; Ω) : v · n |ΓN = 0 ⊂ H(div; Ω) (3.17)

ein. Die Dirichletsche Randbedingung (3.15c) wird dagegen im schwachen Sinne erzwun-gen und in der Variationsformulierung durch einen zusatzliches Randintegral in Gleichung

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3.1. GEMISCHTE VARIATIONSFORMULIERUNGEN 29

(3.3) berucksichtigt, welches im vorher betrachteten homogenen Fall identisch verschwin-det.

Zusammengefaßt lautet die gemischte Variationsformulierung des Problems (M):

Finde (u , p) ∈ HΓN (div; Ω)× L2(Ω) mit∫Ω

K−1u · v dx +

∫Ω

p div v dx =

∫ΓD

v · npD ds−∫

Ω

K−1uN · v dx ∀v ∈ HΓN (div; Ω)∫Ω

q div u dx =

∫Ω

fq dx −∫

Ω

q div uN dx ∀q ∈ L2(Ω).

(3.18)

Dabei wird die Existenz einer Funktion uN ∈ H(div; Ω) vorausgesetzt mit der Eigenschaft,daß

uN · n |ΓN = uN

im Sinne des Raumes H−12 (Γ), wobei die rechte Seite uN zur Randbedingung (3.15d)

gehort. Die Funktion u := uN + u ∈ H(div; Ω) stellt dann die Losungskomponente fur denFluß des Modellproblems (M) im schwachen Sinn dar. Ferner ist die Gleichheit in (3.15c)

im Sinne des Raumes H12 (ΓD) zu verstehen, d.h., pD soll eine H1-Funktion sein, welche

auf ΓD mit den vorgegebenen Dirichlet-Randwerten ubereinstimmt. Mit Blick auf dieGreensche Formel (3.16) ist anderenfalls die Auswertung des Randintegrals in der erstenGleichung von (3.18) nicht definiert.

3.1.3 Diskrete gemischte Formulierung

Wie bereits am Beginn des Kapitels bemerkt, ergeben sich bei gemischten Variationsfor-mulierungen neuartige Schwierigkeiten, z.B. die inf-sup-Bedingung als wichtiges Losbar-keitskriterium. Ganz in diesem Sinne muß man bei der konformen Diskretisierung solcherAufgaben entsprechend der Idee der FEM mit Sorgfalt vorgehen.

Gegeben sei ein Variationsproblem der Form (3.6a),(3.6b), welches als losbar vorausgesetztwird, d.h., die Bedingungen 1.-5. des Satzes 3.1 sind erfullt. Zunachst hat man zwei endlich-dimensionale Unterraume Xh ⊂ X, Yh ⊂ Y zu wahlen und erhalt damit das diskretisierteProblem

Finde (uh, ph) ∈ Xh × Yh mit a(uh, v) + b(v , ph) = s(v) ∀v ∈ Xh

b(uh, q) = l(q) ∀q ∈ Yh.(3.19)

Im Gegensatz zu den im zweiten Kapitel vorgestellten Variationsfomulierungen elliptischerRandwertaufgaben garantiert nun die Bedingung Xh ⊂ X, Yh ⊂ Y in Verbindung mit derLosbarkeit des kontinuierlichen Problems nicht automatisch die Losbarkeit von (3.19). Diesliegt zum einen darin begrundet, daß der Raum

Vh := v ∈ Xh : b(v , q) = 0 ∀q ∈ Yh (3.20)

im allgemeinen nicht in V entsprechend (3.7) enthalten ist. Damit hat man die Koerzivitatvon a(·, ·) auf Vh zu zeigen. Es ist also generell zu fordern:

∃α > 0 : a(v , v) ≥ α‖v‖X ∀v ∈ Vh. (3.21)

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30 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

Zum anderen muß fur die diskreten Raume Xh, Yh eine passende inf-sup-Bedingung garan-tiert werden, welche nicht automatisch aus der inf-sup-Bedingung fur X, Y folgt:

∃ β > 0 : infq∈Yh

supv∈Xh

b(v , q)

‖v‖X‖q‖Y≥ β. (3.22)

(3.22) nennt man auch Ladyshenskaja-Babuska-Brezzi-Bedingung bzw. LBB-Bedin-gung. Die Konstanten α, β sollen dabei unabhangig vom Diskretisierungsparameter h sein.

Folgerung 3.4Falls die Bedingungen 1.-3. aus Satz 3.1 erfullt sind und ferner die FE-Raume Xh, Yh(3.21) sowie (3.22) genugen, so besitzt das diskrete gemischte Variationsproblem (3.19)eine eindeutig bestimmte Losung (uh, ph) ∈ Xh × Yh.

Unter den Voraussetzungen von Folgerung 3.4 sowie der Annahme, daß zusatzlich 4. und 5.aus Satz 3.1 erfullt sind, ist es ferner moglich, die wichtige Frage nach Fehlerabschatzungengrundsatzlich zu beantworten, denn fur die Losungen (uh, ph) von (3.19) gilt dann

‖u − uh‖X + ‖p− ph‖Y ≤ c

inf

v∈Xh‖u − v‖X + inf

q∈Yh‖p− q‖Y

(3.23)

mit einer von h unabhangigen Konstanten c > 0. (u , p) ∈ X × Y sind dabei die Losungs-komponenten des kontinuierlichen gemischten Variationsproblems. Einen Beweis von (3.23)findet man in [2], S. 127.

Alle wichtigen Zusammenhange, welche es bei der numerischen Behandlung des Modell-problems (M) mit Hilfe eines gemischten Finite-Elemente-Verfahrens zu beachten gilt, sinddamit bereitgestellt. Die Diskretisierung von (3.18) erfordert ein sorgfaltiges Auswahlender endlichdimensionalen Unterraume des H(div; Ω) und L2(Ω), um insbesondere die LBB-Bedingung nicht zu verletzen. Im nachsten Schritt ist die Gestalt jener Unterraume festzu-legen, um schlußendlich Naherungen an beide Losungskomponenten von (3.18) gleichzeitigermitteln zu konnen. Beginnend mit dem Hilbert-Raum H(div; Ω) soll dies Gegenstandder folgenden Abschnitte sein.

3.2 Diskretisierung des H(div; Ω) mit Raviart-Thomas-

Elementen

Die Konstruktion eines passenden Unterraumes des H(div; Ω) erfolgt gemaß der im Ab-schnitt 2.2.3 beschriebenen drei Schritte. Dabei wird von einer zulassigen Zerlegung Th =T1, T2, . . . , TN des Gebietes Ω ⊂ R2 in Dreiecke ausgegangen.Der im zweiten Schritt zu bestimmende Unteraum Π soll aus einer Menge von Funktionenbestehen, deren Komponenten jeweils Polynome uber jedem Element T der TriangulierungTh sind. An dieser Stelle muß nun die Forderung, den Raum H(div; Ω) konform zu diskre-tisieren, unbedingt beachtet werden. Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungenman aus stuckweisen Polynomen Funktionen auf Th so zusammensetzen kann, daß diesetatsachlich in H(div; Ω) enthalten sind. Auskunft daruber gibt

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3.2. DISKRETISIERUNG DES H(DIV; Ω) 31

Lemma 3.5Eine Menge Sh ⊂ L2(Ω) von stuckweisen Polynomen auf Th ist genau dann in H(div; Ω)enthalten, wenn die Normalkomponente v ·n stetig an den Elementgrenzen von Th fur allev aus Sh ist.

Beweis.

Man betrachtet eine innere Kante ei der Zerlegung mitsamt der beiden angrenzenden Drei-ecke T I und TA. Der Normalenvektor der Kante ei sei wie in Abbildung 3.1 orientiert.

@@@@@@@@

-

ei

TAT I

n

Abbildung 3.1: Normalenvektor an inneren Kanten der Triangulierung.

[⇒]

v ∈ Sh sei ein stuckweises Polynom auf Th und außerdem eine H(div; Ω)-Funktion. MitAusnahme der beiden Eckpunkte kann fur jeden Punkt x der Kante ei eine FunktionΦ ∈ C∞0 (Ω) ⊂ H1(Ω) gewahlt werden, welche identisch verschwindet außerhalb eines Krei-ses um x mit einem Radius r > 0. Auf v und Φ laßt sich nun die Greensche Formel (3.16)mit dem Integrationsgebiet Ω = T I ∪ TA anwenden. Dies ergibt schließlich

0 =

∫∂(T I∪TA)

v · nΦ ds

=

∫T I∪TA

Φ div v dx +

∫T I∪TA

v · grad Φ dx

=

∫T I

Φ div v dx +

∫TA

Φ div v dx +

∫T I

v · grad Φ dx +

∫TA

v · grad Φ dx

=

∫ei

(v · nΦ)|T I ds−∫ei

(v · nΦ)|TA ds

Damit ist die Stetigkeit der Normalkomponente v ·n auf allen inneren Kanten der ZerlegungTh gezeigt.

[⇐]

Sei nun v ∈ Sh gegeben mit der Normalkomponente v ·n , die beim Ubergang zwischen denElementen der Triangulierung stetig ist. Da v als stuckweises, quadratisch integrierbaresPolynom uber Th vorausgesetzt wird, erscheint die Definition der Funktion w : Ω→ R

w(x ) := ∂xv1 + ∂yv2

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32 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

sinnvoll. Um zu zeigen, daß w gerade die Divergenz des Vektorfeldes v im schwachen Sinneist, testet man die notwendige Integralrelation (3.12) mit einer Funktion Φ ∈ C∞0 (Ω) underhalt mittels der auf jedem Dreieck erlaubten partiellen Integration∫

Ω

wΦ dx =N∑i=1

∫Ti

wΦ dx = −N∑i=1

∫Ti

v ·grad Φ dx +N∑i=1

∫∂Ti

v ·nΦ ds = −∫

Ω

v ·grad Φ dx .

Φ verschwindet auf dem Gebietsrand Γ und folglich auch die Integrale uber die Randkanten,wahrend die Stetigkeit der Normalkomponenten v · n dazu fuhrt, daß sich die Integraleuber die inneren Kanten gegenseitig aufheben.

q.e.d.

Die Funktionen des Raumes Π werden auf jedem Dreieck T durch eine Menge Σ von li-near unabhangigen Funktionalen eindeutig bestimmt. Will man im dritten Schritt von derlokalen Ebene aus Funktionen H(div; Ω)-konform zusammensetzen, so macht die Aussagevon Lemma 3.5 deutlich: Dies kann nur gelingen, wenn man in der Lage ist, die Stetigkeitder Normalkomponenten beim Ubergang zwischen den Elementen der Triangulierung zugewahrleisten. Es muß moglich sein, die Normalkomponenten der Funktionen aus Π zukontrollieren, um Stetigkeit gegebenenfalls erzwingen zu konnen. Folglich ist es notwendig,den Polynomraum der lokalen Funktionen so zu konstruieren, daß deren Normalkompo-nenten zur Menge Σ gehoren.

Der erste Vorschlag fur einen endlichdimensionalen Unterraum des H(div; Ω) kam im Jahre1977 von Raviart und Thomas ([9]). Nach ihnen ist auch das finite Element benannt,welches im folgenden vorgestellt werden soll. Dieses Element bildet den wichtigsten Bau-stein in der angestrebten konformen gemischten Variationsformulierung von Modellproblem(M). Im Laufe der Zeit wurden weitere finite Elemente entwickelt, mit deren Hilfe sich derRaum H(div; Ω) konform diskretisieren laßt. Einen Uberblick dazu bietet [3]. Die vorlie-gende Arbeit verwendet Raviart-Thomas-Elemente.

3.2.1 Das Raviart-Thomas-Element

Charakteristische Bestandteile eines finiten Elements sind Formfunktionen und Freiheits-grade. Ihre Konstruktion steht am Beginn der Betrachtungen. Mit den Bezeichnungen

ei, i ∈ 1, 2, 3 Kanten des Dreiecks T

Pk(T ) Raum aller Polynome von Grad kleiner oder gleich k auf dem Dreieck T

Pk(T ) Raum aller homogenen Polynome vom Grad gleich k auf T

Rk(∂T ) :=q : q ∈ L2(∂T ), q|ei ∈ Pk(ei) ∀ei

ist der zum Raviart-Thomas-Element der Ordnung k gehorige Polynomraum definiertals

Π = RTk(T ) := Pk(T )2 + xPk(T ) = Pk(T )2 ⊕ x Pk(T ). (3.24)

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3.2. DISKRETISIERUNG DES H(DIV; Ω) 33

Damit erhalt man unmittelbar die Beziehung Pk(T )2 ⊂ RTk(T ) ⊂ Pk+1(T )2.Durch Abzahlender Koeffizienten der Polynome kann uberpruft werden, daß

dimRTk(T ) = 2 dimPk(T ) + dim Pk(T ) = (k + 1)(k + 2) + (k + 1) = (k + 1)(k + 3)

gilt. Die nachfolgenden Lemmata dienen einer weiteren Charakterisierung des RaumesRTk(T ).

Lemma 3.6Fur v ∈ RTk(T ) gilt

div v ∈ Pk(T ) (3.25)

v · n |∂T ∈ Rk(∂T ) (3.26)

Der Divergenzoperator ist surjektiv von RTk(T ) auf Pk(T ).

Beweis.

Ein Polynom v ∈ RTk(T ) laßt sich darstellen als v = v0 + xpk, wobei v0 ∈ Pk(T )2 undpk ∈ Pk(T ). Dies liefert Behauptung (3.25):

div v = div v0 + 2pk + x ∂xpk + y ∂ypk ∈ Pk(T ). (3.27)

Mit einem Kantennormalenvektor n gilt fur die Normalkomponente von v :

v · n = v0 · n + (x · n)pk.

Auf jeder Kante von T ist x ·n jedoch konstant, weshalb (3.26) folgt. Um die Surjektivitatdes Divergenzoperators von RTk(T ) auf Pk(T ) zu belegen, zeigen wir, daß man zu jedemElement

pij := xi yj, 0 ≤ i+ j ≤ k

der kanonischen Basis von Pk(T ) eine Funktion v ij ∈ RTk(T ) finden kann mit div v ij = pij.Wegen der linearen Struktur von RTk(T ), Pk(T ) sowie der Linearitat des Divergenzopera-tors folgt damit die Behauptung. Fur die Funktion

v ij :=1

(i+ j + 2)x (xi yj) ∈ RTk(T )

gilt

div v ij =1

(i+ j + 2)

((i+ 1)xi yj + (j + 1)xi yj

)= xi yj = pij, 0 ≤ i+ j ≤ k.

q.e.d.

Lemma 3.7Sei v ∈ RTk(T ), k ≥ 0 und es gelte∫

∂T

v · n pk ds = 0 ∀pk ∈ Rk(∂T ) (3.28)∫T

v · pk−1 dx = 0 ∀pk−1 ∈ Pk−1(T )2, k ≥ 1 (3.29)

Dann ist v = 0.

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34 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

Beweis.

Sei ein Element v ∈ RTk(T ) gegeben, welches den Bedingungen (3.28), (3.29) genugt. Aus(3.26) sowie (3.28) kann man sofort v ·n = 0 auf ∂T folgern. Die Greensche Formel liefertdann unter Beachtung der Bedingung (3.29) sowie grad q ∈ Pk−1(T )2∫

T

q div v dx = −∫T

grad q · v dx +

∫∂T

v · n q ds = 0 ∀q ∈ Pk(T ),

was wiederum wegen div v ∈ Pk(T ) entsprechend (3.25) div v = 0 nach sich zieht. Aus(3.27) wird ersichtlich, daß dann v ∈ Pk(T )2 gelten muß, da anderenfalls div v nichtverschwinden kann. Wegen v ∈ Pk(T )2 und div v = 0 existiert aber ein Polynom w ∈ Pk+1

mit der Eigenschaft, daß

curlw =

[∂yw

−∂xw

]= v .

Damit ergibt sich v · n = ∂w∂τ

= 0, d.h., die Tangentialableitung von w auf dem Rand vonT verschwindet. Folglich ist w auf dem Rand ∂T konstant. Man darf nun annehmen, daßw|∂T = 0 gilt, da w ∈ Pk+1 bisher nur bis auf eine additive Konstante eindeutig festgelegtwar. Aus dieser Annahme ergibt sich eine neue Darstellungsmoglichkeit fur w derart, daß

w = λ1λ2λ3w0, w0 ∈ Pk−2(T ) beliebig, bzw. w0 = 0 fur k = 0, 1

mit den baryzentrischen Koordinaten λ1, λ2, λ3. Fur ein Element g ∈ Pk−1(T )2 erhalt manschließlich unter erneuter Ausnutzung der Bedingung (3.29) und partieller Integration:

0 =

∫T

v · g dx =

∫T

curlw · g dx =

∫T

w(∂xg2 − ∂yg1) dx =

∫T

w curl g dx

=

∫T

λ1λ2λ3w0 curl g dx .

Dabei ist curl g ∈ Pk−2(T ). Wahlt man nun w0 ∈ Pk−2(T ) so, daß curl g = w0 gilt, wasstets moglich ist, ergibt sich die Beziehung∫

T

λ1λ2λ3w20 dx = 0,

was auf w0 = 0, w = 0 und schließlich v = 0 fuhrt.

q.e.d.

In Lemma 3.7 testet man die Normalkomponente einer Funktion v ∈ RTk(T ) auf ∂T gegenjedes Element aus Rk(∂T ) (Momente der Ordnung k von v · n auf ∂T ). Ferner betrachtetman das Skalarprodukt einer RTk-Funktion v mit jedem Element aus Pk−1(T )2 (Momenteder Ordnung k − 1 von v auf T ). Die Raume Rk(∂T ) und Pk−1(T )2 sind linear. Dahergenugt es, jeweils eine Basis R0

k und P 0k−1 von Rk(∂T ) bzw. Pk−1(T )2 auszuwahlen und nur

jene Momente zu betrachten, welche den Basisfunktionen zugeordnet sind:

Mnk :=

∫∂T

v · n p0k ds, p0

k ∈ R0k

(3.30)

M ik−1 :=

∫T

v · p0k−1 dx , p0

k−1 ∈ P 0k−1, k ≥ 1

(3.31)

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3.2. DISKRETISIERUNG DES H(DIV; Ω) 35

Da die Menge der Momente Mnk ∪M i

k−1 laut Aussage von Lemma 3.7 linear unabhangigist und ferner genau 3(k + 1) + k(k + 1) = (k + 1)(k + 3) Elemente enthalt, sind alleFunktionen des Raumes RTk(T ) durch diese Momente eindeutig bestimmt. Sie konnen alsFreiheitsgrade des Raviart-Thomas-Elementes verwendet werden:

Σ = Mnk ∪M i

k−1.

Damit laßt sich eine Dualbasis von RTk(T ) konstruieren, indem man fur jeweils einenFreiheitsgrad den Wert eins vorschreibt, wahrend die restlichen verschwinden sollen.

Wegen (3.26) und Pk−1(T )2 ⊂ RTk(T ) sind fur v ∈ RTk(T ) durch Festlegen der Werte derMomente Mn

k , Mik−1 gleichzeitig

- die Werte von v · n |ei an (k + 1) verschiedenen Stellen jeder Dreieckskante ei

- die Werte von v an k(k+1)2

verschiedenen Stellen im Inneren von T

eindeutig bestimmt und umgekehrt. Alternativ zur Verwendung der Momente Mnk , M

ik−1

ist es somit auch moglich, die Basisfunktionen des Raumes RTk(T ) direkt mittels Vor-schreiben von Normalkomponenten bzw. Funktionswerten zu gewinnen.

Festzuhalten bleibt das wichtige Ergebnis: Die Polynome des Raviart-Thomas-Elementssind gerade so konstruiert, daß sie eine Kontrolle der Normalkomponenten auf den Rand-kanten des Dreiecks T erlauben, eine Voraussetzung fur die konforme Diskretisierung desH(div; Ω).

AAAAAA

?

*HHY

k = 0

AAAAAA

??

*

*HHY

HHY r

k = 1

AAAAAA

? ? ?

*

*

*HHYHHYHHY

r rr

k = 2

Abbildung 3.2: Freiheitsgrade der Raviart-Thomas-Elemente verschiedener Ordnungen(Pfeil: Normalkomponente festgelegt, Punkt: Funktionswert festgelegt).

Eine weitere Aufgabe besteht in der Herleitung von Fehlerabschatzungen zur Charakteri-sierung der Approximationseigenschaften des Raviart-Thomas-Elementes. Abschatzung(3.23) besagt, daß die Approximationsgute der Losung eines diskretisierten gemischtenVariationsproblems von der Approximierbarkeit der Losung der kontinuierlichen Variati-onsaufgabe in den entsprechenden endlichdimensionalen Unterraumen abhangt. Eine obereSchranke fur den Fehler der Bestapproximation bildet der Interpolationsfehler, welcher et-wa bei der Darstellung einer Funktion aus dem Raum H(div;T ) im Unterraum RTk(T )entsteht. Um Fehlerabschatzungen zu gewinnen, untersucht man daher den Interpolations-fehler. Dazu wird ein passender Interpolationsoperator dergestalt definiert, daß die Frei-heitsgrade des diskreten Raumes fur die Funktion und ihre Interpolierende ubereinstimmen.Bei der Auswahl der Freiheitsgrade zur Konstruktion der Interpolierenden ist zu beach-ten, daß die Auswertung der zu interpolierenden Funktionen an speziellen Punkten eine

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36 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

hohe Regularitat erfordert. Es ist deshalb zweckmaßig, als Freiheitsgrade die Momente ausLemma 3.7 einzusetzen. Fur das Paar H(div;T ) und RTk(T ) lautet damit die Definitiondes Interpolationsoperators ρkT :

ρkT : W (T )→ RTk(T )∫∂T

(v − ρkTv) · n pk ds = 0 ∀pk ∈ Rk(∂T ) (3.32)

∫T

(v − ρkTv) · pk−1 dx = 0 ∀pk−1 ∈ Pk−1(T )2, k ≥ 1

mit der Bedingung

v ∈ W (T ) :=w ∈ L2+ε(T )2 : div w ∈ L2(Ω)

, ε > 0 fest.

Die Wahl des Raumes W (T ) anstelle H(div;T ) als Definitionsbereich des Interpolations-operators in (3.32) ist aus technischen Grunden notwendig, s. [3], S. 124. Die Abschatzun-gen des Interpolationsfehlers fur Raviart-Thomas-Elemente sind an dieser Stelle ohneBeweis aufgefuhrt. Sie folgen dem in der Theorie der finiten Elemente oft anzutreffendenMuster. Eine Beweisidee findet man in [3].

Lemma 3.8Sei ρkT der in (3.32) definierte Interpolationsoperator und hT := diam(T ). Dann existierteine Konstante c > 0, die nur vom Polynomgrad k und dem Dreieck T abhangt, so daß

‖v − ρkTv‖s,T ≤ chm−sT |v |m,T ∀v ∈ W (T ) ∩Hm(T )2, s = 0, 1, 1 ≤ m ≤ k + 1.

Damit ist Frage nach der Approximationsgute von Raviart-Thomas-Elementen bezuglichder L2(T )2- undH1(T )2-Norm fur hinreichend glatte Vektorfelder geklart. Laut Abschatzung(3.23) sollte man sich jedoch vor allem fur den Approximationsfehler in der Norm desRaumes H(div;T ) interessieren. Dazu ist es notwendig, das Verhalten der Divergenz vonFunktionen aus RTk(T ) zu studieren.

Lemma 3.9Fur ein Element v ∈ W (T ) erhalt man

div (ρkTv) = πkT ( div v). (3.33)

Dabei ist πkT die L2-Projektion auf Pk(T ).

Beweis.

Wegen Lemma 3.6 giltdivRTk(T ) = Pk(T ). (3.34)

Deshalb bleibt lediglich noch zu zeigen:∫T

pk div (ρkTv) dx −∫T

pk πkT ( div v) dx = 0 ∀pk ∈ Pk(T ),

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3.2. DISKRETISIERUNG DES H(DIV; Ω) 37

bzw. aufgrund der Definition des Projektionsoperators πkT∫T

pk div (ρkTv) dx −∫T

pk div v dx = 0 ∀pk ∈ Pk(T ).

Die Greensche Formel (3.16) zusammen mit der Definition (3.32) des Interpolationsope-rators ρkT liefert aber∫

T

pk( div (ρkTv)− div v) dx =

∫T

grad pk · (v − ρkTv) dx −∫∂T

pk (v − ρkTv) · n ds = 0.

q.e.d.

Bemerkung 3.10Die Aussage von Lemma 3.9 laßt sich in einem kommutativen Diagramm darstellen:

W (T )div−→ L2(T )yρkT yπkT

RTk(T )div−→ Pk(T )

Um den Interpolationsfehler in der Norm des Raumes H(div;T ) abzuschatzen, muß zusatz-lich zu dem Term ‖v − ρkTv‖0,T , welcher in Lemma 3.8 behandelt wurde, der Ausdruck‖ div (v − ρkTv)‖0,T untersucht werden. Mit Gleichung (3.33) erhalt man schließlich

‖ div (v − ρkTv)‖0,T = ‖ div v − div (ρkTv)‖0,T = ‖ div v − πkT ( div v)‖0,T .

Die Approximationsgute von finiten Elementen, welche den Raum L2(Ω) diskretisieren undauf vollstandigen Polynomraumen der Ordnung k basieren, ist bezuglich der L2(T )2-Normjedoch bekannt, s. zum Beispiel [2]. Deswegen ergibt sich unmittelbar die Aussage von

Lemma 3.11Sei ρkT wie in (3.32) definiert. Dann existiert eine Konstante c > 0, welche nur vom Poly-nomgrad k und dem Dreieck T abhangt, so daß

‖ div v − div (ρkTv)‖0,T ≤ chmT | div v |m,T ∀v ∈ W (T ) : div v ∈ Hm(T ), 1 ≤ m ≤ k + 1.

Der Vergleich von Lemma 3.8 fur den Fall s = 0 und Lemma 3.11 zeigt, daß bei Verwen-dung von Raviart-Thomas-Elementen in den Normen der Raume H(div;T ) und L2(T )2

derselbe Genauigkeitsgrad bei der Approximation erreicht wird.

Nach der Bereitstellung des Raviart-Thomas-Elementes, welches lokal auf jedem DreieckT der Triangulierung Th definierte Funktionen liefert, ist man nun in der Lage, im drittenund letzten Konstruktionsschritt konkret einen Raum anzugeben, welcher den H(div; Ω)konform diskretisiert:

RTk(Ω; Th) :=v ∈ H(div; Ω) : v |T ∈ RTk(T ) ∀T ∈ Th

.

In einem spateren Abschnitt, der die Implementierung des zu (3.18) gehorigen diskretenVariationsproblems behandelt, wird eine Basis des RTk(Ω; Th) fur verschiedene Ordnungen

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38 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

k konstruiert.

Zum Abschluß seien globale Fehlerabschatzungen aufgelistet, die angeben, wie gut Funktio-nen aus H(div; Ω) durch diejenigen des Raumes RTk(Ω; Th) approximiert werden konnen.Sie lassen sich fur sogenannte regulare Gitter schnell aus den Lemmata 3.8 und 3.11 folgern.Der Begriff

”regular“ meint dabei, daß eine Zahl δ > 0 existiert mit der Eigenschaft:

Jedes Dreieck T ∈ Th enthalt einen Kreis vom Radius rT und es ist rT ≥h

δ.

Man definiert

Pk(Ω; Th) :=q ∈ L2(Ω) : q|T ∈ Pk(T ) ∀T ∈ Th

,

W := H(div; Ω) ∩ L2+ε(Ω)2, ε > 0 fest,

sowie πkΩ als L2-Projektion auf Pk(Ω; Th) und den globalen Interpolationsoperator ρkΩ vermoge

ρkΩ : W → RTk(Ω; Th)(ρkΩv)T := ρkT (v |T ) ∀T ∈ Th, v ∈ W. (3.35)

Damit ergeben sich sofort das kommutative Diagramm

Wdiv−→ L2(Ω)yρkΩ yπkΩ

RTk(Ω; Th)div−→ Pk(Ω; Th)

(3.36)

sowie die Fehlerabschatzungen

‖v − ρkΩv‖0 ≤ c1hm|v |m ∀v ∈ W ∩Hm(Ω)2, 1 ≤ m ≤ k + 1 (3.37)

und

‖ div v − div (ρkΩv)‖0 ≤ c2hs| div v |s ∀v ∈ W : div v ∈ Hs(Ω), s ≤ k + 1 (3.38)

mit von h unabhangigen Konstanten c1, c2 > 0. Beim Nachweis von (3.38) spielt die Be-ziehung

divRTk(Ω; Th) = Pk(Ω; Th) (3.39)

eine entscheidende Rolle. Offenbar gilt divRTk(Ω; Th) ⊂ Pk(Ω; Th), wahrend man die Ruck-richtung aus dem Diagramm (3.36) folgert.

Raviart-Thomas-Elemente konnen bei der konformen Diskretisierung der gemischten Va-riationsaufgabe (3.18) erfolgreich eingesetzt werden. Die noch ausstehende Diskretisierungdes Raumes L2(Ω) muß nun solcherart erfolgen, daß speziell die diskrete inf-sup-Bedingungerfullt wird. Der folgende Abschnitt beschaftigt sich mit dieser Problemstellung.

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3.2. DISKRETISIERUNG DES H(DIV; Ω) 39

3.2.2 Diskrete gemischte Formulierung mit Raviart-Thomas-Elementen

Auf dem Weg zur Diskretisierung der Variationsformulierung (3.18) wirdHΓN (div; Ω) durcheinen Unterraum des RTk(Ω; Th) ersetzt, indem man die Freiheitsgrade auf den Neumann-Randkanten auf Null setzt:

RTNk (Ω; Th) :=v ∈ RTk(Ω; Th) : v · n |ΓN = 0

.

Bemerkung 3.12Beim Nachweis der noch zu uberprufenden Losbarkeitsbedingungen (3.21) und (3.22) machteine Verkleinerung des Hilbert-Raumes Xh keine erneute Prufung der Koerzivitats- bzw.inf-sup-Bedingung erforderlich, falls diese fur ein bestimmtes Paar von Raumen Xh und Yhbereits nachgewiesen sind. Man verdeutlicht sich dies wie folgt.Es seien X, Y, Z Hilbert-Raume mit Z ⊂ X, b : X × Y → R eine stetige Bilinearform,

VX = x ∈ X : b(x, y) = 0 ∀y ∈ Y VZ = x ∈ Z : b(x, y) = 0 ∀y ∈ Y .

Die Raume X, Y sollen die inf-sup-Bedingung erfullen. Dann gelten die BeziehungenVZ ⊂ VX , V ⊥X ⊂ V ⊥Z sowie

β‖y‖Y ≤ supx∈X

b(x, y)

‖x‖X= sup

x∈V ⊥X

b(x, y)

‖x‖X≤ sup

x∈V ⊥Z

b(x, y)

‖x‖X= sup

x∈Z

b(x, y)

‖x‖X,

d.h., die inf-sup-Bedingung fur die Bilinearform b(·, ·) bezuglich der Raume Z und Y kannnachgewiesen werden. Wegen VZ ⊂ VX ist ferner jede auf VX koerzive Bilinearform auchauf dem Raum VZ koerziv.

Im folgenden sei alsoXh = RTk(Ω; Th)

gesetzt. Es bleibt lediglich noch ein passender endlichdimensionaler Unterraum Yh desL2(Ω) zur Approximation des hydraulischen Potentials p zu wahlen. Die einfachste Moglich-keit der konformen Diskretisierung des L2(Ω) stellt der Raum Pk(Ω; Th) dar. Dabei sindkeinerlei Stetigkeitsbedingungen beim Ubergang zwischen den Elementen der Triangulie-rung Th zu beachten. Es sei also

Yh = Pk(Ω; Th),

was mit Blick auf die Beziehung (3.39) nur naturlich erscheint und die Prufung von (3.21)sowie (3.22) erleichtert.

Bezuglich der Koerzivitat der zum Variationsproblem (3.18) gehorigen Bilinearform a(·, ·)auf dem Raum Vh entsprechend Definition (3.20) stellt man fest: Es ist wegen (3.39)

Vh =v ∈ RTk(Ω; Th) : ( div v , q) = 0 ∀q ∈ Pk(Ω; Th)

=v ∈ RTk(Ω; Th) : div v = 0

⊂ V

mit dem Raum V gemaß (3.13). Die Bilinearform a(·, ·) wurde bereits als V -koerziv er-kannt, und ist somit wegen Vh ⊂ V auf Vh koerziv.Die zum Problem (3.18) gehorige Bilinearform b(·, ·) erfullt bezuglich der RaumeRTk(Ω; Th)

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40 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

und Pk(Ω; Th) die diskrete inf-sup-Bedingung (3.22), denn der globale Interpolationsope-rator ρkΩ : W −→ RTk(Ω; Th) ist linear und gleichmaßig bezuglich h beschrankt mit einerKonstanten M > 0, d.h., ‖ρkΩv‖H(div;Ω) ≤M‖v‖H(div;Ω) ∀v ∈ W. Aus dem kommutativenDiagramm (3.36) folgert man ferner fur ein Element v ∈ W die wichtige Beziehung

b(v −ρkΩv , qh) = ( div v − div (ρkΩv), qh) = ( div v −πkΩ( div v), qh) = 0 ∀qh ∈ Pk(Ω; Th).

Dann gilt

β‖qh‖0 ≤ supv∈W

b(v , qh)

‖v‖H(div;Ω)

= supv∈W

b(ρkΩv , qh)

‖v‖H(div;Ω)

≤Mb(ρkΩv , qh)

‖ρkΩv‖H(div;Ω)

= M supvh∈RTk(Ω;Th)

b(vh, qh)

‖vh‖H(div;Ω)

∀qh ∈ Pk(Ω; Th).

Zusammengefaßt bedeutet dies: Die diskrete gemischte Variationsformulierung des Modell-problems (M) nach der Methode von Raviart-Thomas

Finde (uh, ph) ∈ RTNk (Ω; Th)× Pk(Ω; Th) mit∫Ω

K−1uh · v dx +

∫Ω

ph div v dx =

∫ΓD

v · npD ds−∫

Ω

K−1uN · v dx ∀v ∈ RTNk (Ω; Th)∫Ω

q div uh dx =

∫Ω

fq dx −∫

Ω

q div uN dx ∀q ∈ Pk(Ω; Th)

(3.40)

besitzt stets eine eindeutige Losung. Die Funktion uh := uh + uN ∈ RTk(Ω; Th) ist danndie FE-Approximation der Losungskomponente u ∈ H(div; Ω) des Modellproblems imschwachen Sinn.

3.2.3 Elementweise Massenerhaltung

Nachdem sowohl gemischte als auch diskretisierte gemischte Variationsformulierung desModellproblems (M) aufgestellt sind, kann die fur die Modellierung von Grundwasser-stromen im Boden wichtige Frage nach der elementweisen Massenerhaltung geklart wer-den. Dazu betrachte man jeweils die zweite Gleichung der Variationsformulierungen (3.40)sowie (3.18) und subtrahiere beide voneinander:∫

Ω

q div u dx −∫

Ω

q div uh dx = 0 ∀q ∈ Pk(Ω; Th). (3.41)

In (3.18) wurde dabei eine Testfunktion q ∈ Pk(Ω; Th) gewahlt, was wegen der Inklusi-onsbeziehung Pk(Ω; Th) ⊂ L2(Ω) erlaubt ist. Der volumetrische Fluß u genugt der Konti-nuitatsgleichung im schwachen Sinn. Insbesondere gilt die Relation∫

Ω

q div u dx =

∫Ω

qf dx ∀q ∈ Pk(Ω; Th).

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3.3. IMPLEMENTIERUNG 41

Damit laßt sich (3.41) schreiben als∫Ω

q div uh dx =

∫Ω

qf dx ∀q ∈ Pk(Ω; Th).

Wahlt man als spezielle Testfunktion aus dem Raum Pk(Ω; Th) das konstante Polynom,welches auf einem Dreieck T ∈ Th den Wert Eins annimmt und außerhalb verschwindet,so folgt schließlich fur die Flußapproximation uh die Beziehung∫

T

div uh dx =

∫T

f dx ∀T ∈ Th.

Damit wird die exakte elementweise Massenerhaltung auf jedem Dreieck der Zerlegung Thgesichert.

Alle bisher dargelegten Sachverhalte sind eher theoretischer Natur. Man hat sich davonuberzeugt, daß dem Modellproblem (M) eine gemischte Variationsformulierung (3.18) zu-geordnet werden kann, welche in den Raumen HΓN (div; Ω) und L2(Ω) eindeutig losbarist. Da die zugehorige Bilinearfom a(·, ·) symmetrisch und nicht negativ ist, handelt essich laut Bemerkung 3.2 bei Aufgabe (3.18) um ein Sattelpunktproblem. Die Losungskom-ponente u ∈ HΓN (div; Ω) erfullt zugleich ein restringiertes Minimierungsproblem. Fernerist es moglich, die Variationsaufgabe (3.18) unter Verwendung der endlichdimensionalenUnterraume RTNk (Ω; Th) ⊂ HΓN (div; Ω) sowie Pk(Ω; Th) ⊂ L2(Ω) konform zu diskretisie-ren und so brauchbare Naherungen an die Losung von (3.18) zu gewinnen. Der folgendeAbschnitt beschaftigt sich konkret mit der Berechnung jener Naherungslosungen. Analogzu klassischen Finite-Elemente-Verfahren erfordert dies das Aufstellen und Losen eineslinearen Gleichungssystems.

3.3 Implementierung

Eine wesentliche Idee beim Beweis der Lemmata 3.8 und 3.11 besteht darin, die Fehler-abschatzungen nicht fur ein beliebiges finites Element herzuleiten, sondern sich auf eineinfaches Referenzelement T zuruckzuziehen, aus dem alle ubrigen Elemente abgeleitetwerden konnen. Dies geschieht unter Verwendung einer genugend glatten, z.B. affinen, Ab-bildung, welche eine Variablentransformation beschreibt. Diese Technik erleichtert fernerBerechnungen beim Aufstellen von Systemmatrix bzw. rechter Seite des Gleichungssystems.Am Beginn der Beschreibung der praktischen Implementierung der gemischten Methodenach Raviart-Thomas stehen deshalb Betrachtungen zu Variablentransformationen, diespater sowohl bei der Diskretisierung des H(div; Ω) als auch des L2(Ω) angewendet werden.

Bemerkung 3.13Bei der Implementierung eines FE-Verfahrens muß man nicht zwingend den Weg uberReferenzdreieck und Variablentransformation wahlen. Es ist ebenso moglich, die benotigtenElementfunktionen separat fur jedes Dreieck T ∈ Th aufzustellen.

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42 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

3.3.1 Variablentransformation

Im folgenden sind alle Großen, die sich auf Referenzelemente beziehen, mit einem ver-sehen. Ferner beachte man, daß die Differentiation in Operatoren, welche auf Funktionenangewendet werden, die auf dem Referenzelement definiert sind, bezuglich der Variablen xbzw. y ausgefuhrt werden muß.

Es bezeichne T ⊂ R2 ein Referenzelement, F : R2 → R2 eine stetig differenzierbare Ab-

bildung, T = F (T ) das Bild von T unter F . Die Jacobi-Matrix FJ(x ) sei punktweise

invertierbar auf T , desweiteren soll F auf T invertierbar sein. Einer Funktion q(x ) auf Twird dann ihre Transformierte q = FT q auf T zugeordnet vermoge

qFT7→ q

q(x ) := q(F−1(x )) ∀x ∈ T. (3.42)

Mit der Abkurzung J(x ) := | detFJ(x )| gelten dann die bekannten Formeln

grad q(x ) = F−TJ (x )grad q(x ) (3.43)

sowie ∫T

q(x ) dx =

∫T

q(x )J(x ) dx . (3.44)

Wir wenden uns zunachst dem Raum Pk(Ω; Th) zu, welcher in der diskreten gemischtenFormulierung (3.40) den Hilbert-Raum L2(Ω) konform diskretisiert. Hat man ein pas-

sendes Referenzelement T ⊂ R2 mit dem zugehorigen Funktionenraum Pk(T ) ausgewahlt,so laßt sich Pk(Ω; Th) unter Verwendung der Transformation FT schreiben als

Pk(Ω; Th) =q ∈ L2(Ω) : q|T = FT q, q ∈ Pk(T ) ∀T ∈ Th

. (3.45)

Um die Konformitat zu gewahrleisten, muß lediglich noch sichergestellt werden, daß dieTransformierten FT q in L2(Ω) enthalten sind. Aus Formel (3.44) folgt aber, daß unter FTder Raum L2(T ) auf L2(T ) abgebildet wird.

Im Fall des Raumes RTk(Ω; Th), der zur Diskretisierung des H(div; Ω) verwendet wird, lie-

gen die Dinge anders. Transformiert man komponentenweise die Funktionen v ∈ RTk(T )gemaß der Vorschrift (3.42), so bleiben die Normalkomponenten auf den Dreieckskanten,deren elementubergreifende Stetigkeit fur die Konformitat entscheidend ist, im allgemeinennicht erhalten. Aus diesem Grund sind Funktionen, welche man aus den TransformiertenFT v zusammensetzt, im allgemeinen nicht in H(div; Ω) enthalten. Es ist notwendig, die

sogenannte Piola-Transformation auszufuhren, welche einer Funktion v auf T folgender-maßen ihre Entsprechung v = GT v auf T zuordnet:

vGT7→ v

v(x ) :=1

J(x )FJ(x )v(x ). (3.46)

Fur die Piola-Transformation GT in Verbinung mit der Transformation FT kann man dieGultigkeit von Formeln beweisen, welche unter anderem die Erhaltung der Normalkom-ponenten vektorwertiger Funktionen insbesondere auf den Kanten von Dreiecken T derZerlegung Th belegen. Sie sind im nachfolgenden Lemma zusammengestellt.

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3.3. IMPLEMENTIERUNG 43

Lemma 3.14Es sei q = FT q ∈ H1(Ω) sowie v = GT v ∈ H(div; Ω). Dann gelten die Formeln∫

T

grad q · v dx =

∫T

grad q · v dx (3.47)∫T

q div v dx =

∫T

q div v dx (3.48)∫∂T

v · nq ds =

∫∂T

v · n q ds. (3.49)

Beweis.

Unter Verwendung der Definitionen (3.42) und (3.46) sowie der Formeln (3.43),(3.44) erhaltman zunachst die Beziehung (3.47):∫

T

grad q · v dx =

∫T

(grad q)Tv dx =1

J

∫T

(grad q)TF−1J FJ vJ dx =

∫T

grad q · v dx .

Aus elementaren Umformungen ergibt sich ferner die Gultigkeit von[∂xv1 ∂yv1

∂xv2 ∂yv2

]=

1

JFJ

[∂xv1 ∂yv1

∂xv2 ∂yv2

]F−1J .

Da die Spur einer Matrix unter einer Ahnlichkeitstransformation invariant bleibt, folgtschließlich

div v =1

Jdiv v , (3.50)

womit (3.48) gezeigt werden kann:∫T

q div v dx =1

J

∫T

q div vJ dx =

∫T

q div v dx .

Gemaß den getroffenen Annahmen ist es erlaubt, die Greensche Formel (3.16) anzuwen-den. Mit deren Hilfe sowie den bereits bewiesenen Formel (3.47), (3.48) folgert man (3.49):∫∂T

v ·n ds =

∫T

div vq dx +

∫T

grad q·v dx =

∫T

div v q dx +

∫T

grad qv dx =

∫∂T

v ·n q ds.

q.e.d.

Unter Verwendung der Piola-Transformation laßt sich der Raum RTk(Ω; Th) somit dar-stellen als

RTk(Ω; Th) =v ∈ H(div; Ω) : v |T = GT v , v ∈ RTk(T ) ∀T ∈ Th

. (3.51)

In Lemma 3.14 ist es Formel (3.49), welche die zur Gewahrleistung der Konformitat not-wendige Erhaltung der Normalkomponenten unter der Transformation GT sichert.

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44 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

Affine Transformationen

Die Fehlerabschatzungen in Lemma 3.8 bzw. 3.11 sind beispielsweise fur affine finite Ele-mente gultig, d.h., jedes Element muß sich unter Verwendung einer affinen Variablentrans-formation F : T −→ T aus einem Referenzelement herleiten lassen. Betrachtet man eineZerlegung eines als polygonal berandet vorausgesetzten Gebietes Ω in Dreiecke, so ist diesjedoch immer moglich, da man ein beliebiges Dreieck T der Triangulierung Th aus dem Re-ferenzdreieck T unter Verwendung einer affinen Transformation gewinnen kann und fernerdie Menge aller Polynome vom Grad k, k ∈ N0, invariant unter affinen Transformationenist:

T 3

[x

y

]F−→

[x

y

]∈ T

F (x ) = BT x + bT mit BT =

[x1 − x3 x2 − x3

y1 − y3 y2 − y3

]und bT =

[x3

y3

]. (3.52)

Die Eckpunkte der Dreiecke werden dabei unter Erhaltung der Orientierung aufeinanderabgebildet vermoge der Vorschrift

(1, 0) −→ (x1, y1)

(0, 1) −→ (x2, y2)

(0, 0) −→ (x3, y3).

Alle Bezeichnungen sind Abbildung 3.3 zu entnehmen.

@@@@@@

(0, 0) (1, 0)

(0, 1)

TAAAAAAA

(x3, y3) (x1, y1)

(x2, y2)

T-

F (x ) = BT x + bT

Abbildung 3.3: Affine Transformation des Referenzdreiecks T .

Die gesamte Implementierung der gemischten Methode nach Raviart-Thomas beruhtauf der Transformation (3.52). Es ist deshalb zweckmaßig, sich die Piola-Transformationfur diese spezielle Variablentransformation zu vergegenwartigen. Mit FJ(x ) = BT sowieJ(x ) = detBT wird (3.46) zu

v(x ) =1

detBT

BT v(x ). (3.53)

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3.3. IMPLEMENTIERUNG 45

3.3.2 Basisfunktionen der Finite-Element-Raume

Ziel dieses Abschnittes ist es, Basisfunktionen der endlichdimensionalen FunktionenraumeRTk(Ω; Th) und Pk(Ω; Th) zu konstruieren, und zwar fur die Ordnungen k = 0 sowie k = 1.Durch Entfernen aller Basisfunktionen aus RTk(Ω; Th) mit nichtverschwindender Normal-komponente auf dem Neumann-Rand ΓN ist eine Spezialisierung vom Raum RTk(Ω; Th)auf RTNk (Ω; Th) moglich.Die Vorgehensweise bleibt in beiden Fallen gleich: Bei der Implementierung soll das imvorangegangenen Abschnitt beschriebene Konzept der Variablentransformation zur An-wendung kommen. Deswegen genugt es zunachst, nur das Referenzdreieck T aus Abbildung3.4 in Betracht zu ziehen und lokale Basisfunktionen auf T anzugeben. Aus diesen setztman danach Funktionen zusammen, welche auf jedem Dreieck T ∈ Th definiert sind.

@@@@@@

a3 a1

a2

T

a1 = (1, 0)

a2 = (0, 1)

a3 = (0, 0)e1

e2

e3

Abbildung 3.4: Referenzdreieck T .

Der Raum RT0(T )

Gemaß Definition (3.24) laßt sich eine beliebige Funktion v ∈ RT0(T ) darstellen als

v(x ) =

[a

b

]+ c

[x

y

](3.54)

mit a, b, c ∈ R konstant. Dabei weisen die drei Konstanten auf dimRT0(T ) = 3 hin. Zur

Konstruktion der Basisfunktionen des RT0(T ) werden die Momente Mn0 aus (3.30) als

Freiheitsgrade verwendet. Die dazu notwendige Angabe einer Basis des Raumes R0(∂T )

fallt nicht schwer: Man wahlt auf jeder Kante des Referenzdreiecks T das Polynom p00 ≡ 1

und erhalt:

Mn0 =

∫e1

v · n1 ds,

∫e2

v · n2 ds,

∫e3

v · n3 ds

.

Mit

n1 =

[−1

0

], n2 =

[0

−1

], n3 =

1√2

[1

1

](3.55)

und der Darstellung (3.54) ergeben sich schließlich die Freiheitsgrade des Raumes RT0(T )zu

Mn0 = −a,−b, a+ b+ c.

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46 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

Indem man jeweils einem Freiheitsgrad den Wert Eins zuweist, wahrend die ubrigen ver-schwinden, ist eine Dualbasis des RT0(T ) konstruiert:

RT 00 =

[x− 1

y

],

[x

y − 1

],

[x

y

].

Erwartungsgemaß sind die Normalkomponenten der Basisfunktionen auf den Kanten desDreiecks T konstant, und zwar konstant gleich eins auf einer ausgezeichneten Kante sowiegleich null auf den jeweils anderen beiden Kanten, s. Abbildung 3.5.

Abbildung 3.5: Die drei Kantenbasisfunktionen des Raumes RT0(T ).

Der Raum RT1(T )

Eine Funktion v ∈ RT1(T ) laßt sich schreiben als

v(x ) =

[a+ bx+ cy

d+ ex+ fy

]+ (gx+ hy)

[x

y

](3.56)

mit a, b, c, d, e, f, g, h ∈ R konstant. Es ist dimRT1(T ) = 8. Als Freiheitsgrade bei derKonstruktion der Basisfunktionen werden wiederum die Momente Mn

1 und M i0 aus (3.30)

bzw. (3.31) verwendet. Im Gegensatz zum Raum RT0(T ) hat man in diesem Fall zwei Artenvon Freiheitsgraden zu unterscheiden: die Kantenmomente Mn

1 sowie die inneren MomenteM i

0.

• Es ist notwendig, eine Basis des Raumes R1(∂T ) anzugeben: Gewahlt werden aufjeder Dreieckskante zwei lineare Polynome, die jeweils an einem Eckpunkt den Werteins annehmen und am anderen verschwinden. Mit der Darstellung (3.56) und denKantennormalenvektoren (3.55) erhalt man fur die Kantenmomente

Mn1 =

−a

2− c

3,−a

2− c

6,−d

2− e

6,−d

2− e

3,a

2+b

3+c

6+d

2+e

3+f

6+g

3+h

6,

a

2+b

6+c

3+d

2+e

6+f

3+g

6+h

3

.

• Als Basis des Raumes P0(T )2 werden die Funktionen

[1

0

]und

[0

1

]verwendet. Zu-

sammen mit (3.56) lauten dann die inneren Momente

M i0 =

a

2+b

6+c

6+

g

12+

h

24,d

2+e

6+f

6+

g

24+

h

12

.

Page 47: Adaptive nite Element Methoden zur Approximation von ... · Methode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf- Die Hauptauf- gabe besteht in der Konstruktion

3.3. IMPLEMENTIERUNG 47

Analog zum Raum RT0(T ) konstruiert man mit Hilfe der Freiheitsgrade Mn1 und M i

0 eine

Basis von RT1(T ):RT 0

1 = v11, v12, v21, v22, v31, v32, v7, v8,wobei

v11(x ) =

[2− 2x− 6y

−4y

]+ (8y)

[x

y

]v12(x ) =

[−4 + 12x+ 6y

6y

]+ (−8x− 8y)

[x

y

]

v21(x ) =

[6x

−4 + 6x+ 12y

]+ (−8x− 8y)

[x

y

]v22(x ) =

[−4x

2− 6x− 2y

]+ (8x)

[x

y

]

v31(x ) =

[−4x

−2y

]+ (8x)

[x

y

]v32(x ) =

[−2x

−4y

]+ (8y)

[x

y

]

v7(x ) =

[16x

8y

]+ (−16x− 8y)

[x

y

]v8(x ) =

[8x

16y

]+ (−8x− 16y)

[x

y

].

Abbildung 3.6: Die Kantenbasisfunktionen des Raumes RT1(T ).

Abbildung 3.7: Die inneren Basisfunktionen des Raumes RT1(T ).

Nach der Bereitstellung jeweils einer Basis RT 00 bzw. RT 0

1 auf dem Referenzelement Terhalt man mit Hilfe der Transformation (3.53) sofort Basisfunktionen auf jedem beliebigen

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48 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

Dreieck T der Triangulierung Th. Eine letzte Aufgabe besteht nun darin, aus diesen lokalauf einem Dreieck definierten Funktionen eine globale Basis der Raume RT0(Ω; Th) sowieRT1(Ω; Th) zu gewinnen. Unabhangig von den hier diskutierten Spezialfallen k = 0 undk = 1 kann man dabei wie folgt verfahren.

Basisfunktionen fur RTk(Ω; Th)

Die Freiheitsgrade des Raviart-Thomas-Elementes lassen sich in Kantenmomente sowieinnere Momente Mn

k und M ik−1 einteilen. Unter Verwendung dieser speziellen Freiheitsgra-

de erhalt man dementsprechend Kantenbasisfunktionen bzw. innere Basisfunktionen aufT , wobei letztere erst im Fall k ≥ 1 auftreten. Laut Lemma 3.5 ist eine auf der Triangulie-rung Th stuckweise polynomiale Funktion dann und nur dann in H(div; Ω) enthalten, wenndie Normalkomponenten beim Ubergang zwischen den Elementen von Th stetig sind. Nunverschwinden aber nach Konstruktion die Normalkomponenten der inneren lokalen Basis-funktionen auf den Kanten der Triangulierung. Somit ist es moglich, diese Funktionen au-ßerhalb ihres Tragers T ∈ Th durch Null fortzusetzen und auf diese Weise H(div)-konformeglobale Basisfunktionen zu erhalten, die jeweils nur auf einem einzigen Dreieck von Nullverschiedene Werte annehmen.

Im Fall der lokalen Kantenbasisfunktionen ist eine solche Vorgehensweise nicht erlaubt, dadie Normalkomponenten dieser Funktionen auf je einer ausgezeichneten Dreieckskante nichtverschwinden. Mit Blick auf Abbildung 3.1 behilft man sich folgendermaßen: Es werdenan allen inneren Kanten ei der Triangulierung zwei passende lokale Kantenbasisfunktionender angrenzenden Dreiecke T I und TA mit nichtverschwindender Normalkomponente aufder gemeinsamen Kante ei zu einer globalen Basisfunktion zusammengesetzt. Außerhalbder beiden Dreiecke T I ∪ TA ist eine Fortsetzung durch Null dann wieder moglich, da dieNormalkomponente der zusammengesetzten Funktion auf den betreffenden vier Kantender Triangulierung nach Konstruktion den Wert Null annimmt. Im Fall von Randkantenist dieses Verfahren nicht notwendig, Trager der zugehorigen globalen Basisfunktion bleibtallein das innere Dreieck T I der Randkante.Daß ein stetiger Ubergang der Normalkomponente an den inneren Kanten der Triangu-lierung bei dieser Konstruktion der globalen Kantenbasisfunktionen moglich ist, hat mander Piola-Transformation zu verdanken. Laut Formel (3.49) bleiben die Kantenmomen-te Mn

k unter der Variablentransformation erhalten. Es ist lediglich zu beachten, daß sichdas Vorzeichen der entsprechenden Momente andert, da ein und dieselbe innere Kante eivon den beiden Dreiecken T I und TA aus betrachtet, einmal im positiven, das andere maljedoch im negativen Sinn durchlaufen wird. Folglich muß beim Zusammensetzen der glo-balen Funktion die dabei verwendete lokale Basisfunktion des außeren Dreiecks TA mitnegativem Vorzeichen versehen werden. Abbildung 3.8 veranschaulicht dies am Beispieleiner Basisfunktion des Raumes RT0(Ω; Th).

Insgesamt erhalt man auf diese Weise (k+ 1)NE Kantenbasisfunktionen sowie k(k+ 1)NT

innere Basisfunktionen des Raumes RTk(Ω; Th), wobei

NE Anzahl der Kanten der Triangulierung ThNT Anzahl der Dreiecke der Triangulierung Th.

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3.3. IMPLEMENTIERUNG 49

Abbildung 3.8: Eine Basisfunktion des Raumes RT0(Ω; Th) an einer inneren Kante derTriangulierung Th.

Bemerkung 3.15Bereits bei der Beschreibung des Raviart-Thomas-Elementes wurde die Feststellung ge-troffen, daß man bei der Auswahl der Freiheitsgrade des Elementes nicht auf die MomenteMn

k , Mik−1 angewiesen ist. Basisfunktionen der Raume RTk(T ) konnen ebensogut durch

die Festlegung der Normalkomponenten auf dem Rand des Dreiecks sowie von Funkti-onswerten im Inneren von T gewonnen werden. Auf diese Weise ist es moglich, fur jedesDreieck T ∈ Th explizit ohne Anwendung einer Variablentransformation alle lokal auf Tdefinierten Basisfunktionen zu erhalten. Beim Zusammensetzen der globalen Basisfunktio-nen wird die Stetigkeit der Normalkomponenten beim Ubergang zwischen den Dreieckengewahrleistet, da diese stets eindeutig festgelegt sind. Fur den Fall k = 0 schreibt man bei-spielsweise auf einer ausgezeichneten Kante jedes Dreiecks der Triangulierung den Wert derNormalkomponente mit 1 vor. Soll jedoch das Konzept der Variablentransformation bei derImplementierung umgesetzt werden, so ist eine Verwendung der Momente zur Festlegungder lokalen Basisfunktionen auf dem Referenzdreieck T zu empfehlen. Anderenfalls erhielteman fur den Raum RT0(T ) mit dem Dreieck T aus Abbildung 3.4 die Basisfunktionen[

x− 1

y

],

[x

y − 1

],

1√2

[x

y

].

Der Vorfaktor 1√2

sorgt dafur, daß nicht alle von Null verschiedenen Kantenmomente denWert 1 besitzen. Dies bereitet beim Zusammensetzen der globalen Kantenbasisfunktionenunnotige Probleme.

Auf analoge Art und Weise beschafft man sich eine globale Basis des Raumes Pk(Ω; Th),wobei wie bereits bemerkt, nur die Ordnungen k = 0 und k = 1 naher betrachtet werden.

Der Raum P0(T )

Als Basisfunktion wird zweckmaßigerweise das konstante Polynom gewahlt, welches aufdem Referenzdreieck T den Wert Eins annimmt:

P 00 = 1.

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50 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

Der Raum P1(T )

Wegen dimPk(T ) = 12(k+ 1)(k+ 2) fur T ∈ Th beliebig hat man fur k = 1 drei Basisfunk-

tionen zu bestimmen. Eine Funktion q ∈ P1(T ) laßt sich darstellen als

q(x ) = ax+ by + c,

mit a, b, c ∈ R konstant. Bekanntermaßen ist es moglich, als (linear unabhangige) Freiheits-

grade der Polynome aus P1(T ) die Werte an den drei Eckpunkten von T zu verwenden.Damit ergeben sich die Basisfunktionen zu

P 01 = x, y, 1− x− y.

Die affine Transformation (3.52) zusammen mit (3.42) liefert unverzuglich eine Menge vonlokalen Basisfunktionen auf jedem Dreieck T der gegebenen Triangulierung Th. Im Fallder konformen Diskretisierung des L2(Ω) mussen keinerlei Bedingungen an die stuckweisepolynomialen Funktionen beim Ubergang zwischen den Dreiecken gestellt werden. Mansetzt deshalb die lokal auf einem Dreieck definierten Funktionen nach außen durch Nullfort, um global auf Th definierte Funktionen zu erhalten, welche eine Basis der RaumeP0(Ω, Th) bzw. P1(Ω, Th) bilden. Die Anzahl der solcherart gewonnenen Basisfunktionenbetragt 1

2(k + 1)(k + 2)NT .

Die letzte Uberlegung vor der praktischen Implementierung der gemischten Methode be-zieht sich, analog zu klassischen FE-Verfahren, auf das Aufstellen eines linearen Gleichungs-systems. Damit werden die Koeffizienten der diskreten Variablen (uh, ph) bezuglich dersoeben konstruierten Basen der FE-Raume RTNk (Ω; Th) und Pk(Ω; Th) bestimmt, vgl. 3.40.

3.3.3 Aufstellen des Gleichungssystems

Von der diskreten gemischten Variationsformulierung (3.40) des Modellproblems (M) zumlinearen Gleichungssystem gelangt man wie folgt: Die gesuchten Funktionen uh ∈ RTNk (Ω; Th)und ph ∈ Pk(Ω; Th) werden jeweils als Linearkombinationen der globalen Basisfunktionendargestellt. Es ist dann

uh =Nu∑i=1

αivi mit αi ∈ R, i = 1, . . . , Nu,

ph =

Np∑k=1

γkqk mit γk ∈ R, k = 1, . . . , Np,

wobei

Nu := (k + 1)(NE −NΓN ) + k(k + 1)NT Np :=1

2(k + 1)(k + 2)NT

NΓN Anzahl der Randkanten der Triangulierung Th auf dem Neumann-Rand

die Anzahl der Freiheitsgrade der Raume RTNk (Ω; Th) und Pk(Ω; Th) bezeichnen. Als Test-funktionen wahlt man nacheinander jeweils eine globale Basisfunktion, so daß ein System

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3.3. IMPLEMENTIERUNG 51

von linearen Gleichungen entsteht:

Nu∑i=1

αi

∫Ω

K−1vi · vj dx +

Np∑k=1

γk

∫Ω

qk div vj dx =

∫ΓD

vj · npD ds−∫

Ω

K−1uN · vj dx

Nu∑i=1

αi

∫Ω

ql div vi dx =

∫Ω

fql dx −∫

Ω

ql div uN dx

j = 1, . . . , Nu, l = 1, . . . , Np.

Mit den Abkurzungen

A ∈ RNu×Nu , aij :=

∫Ω

K−1vi · vj dx , i, j = 1, . . . , Nu (3.57)

C ∈ RNp×Nu , cij :=

∫Ω

qj div vi dx , i = 1, . . . , Nu, j = 1, . . . , Np

(3.58)

f ∈ RNu×1, fj :=

∫ΓD

vj · npD ds−∫

Ω

K−1uN · vj dx , j = 1, . . . , Nu (3.59)

g ∈ RNp×1, gj :=

∫Ω

fqj dx −∫

Ω

qj div uN dx , j = 1, . . . , Np (3.60)

xu =[α1 . . . αNu

]T∈ RNu×1 xp =

[γ1 . . . γNp

]T∈ RNp×1

ergibt sich schließlich [A CT

C 0

][xu

xp

]=

[f

g

]. (3.61)

Der nachfolgende Abschnitt ist der Berechnung der einzelnen Eintrage von Systemmatrixsowie rechter Seite des Gleichungssystems (3.61) gewidmet.

Eintrage der Matrix A lassen sich laut (3.57) schreiben als

aij =

∫Ω

K−1vi · vj dx =∑T∈Th

∫T

K−1vi · vj dx ,

d.h., es sind Integrale uber je einem Dreieck der Triangulierung Th auszuwerten. An dieserStelle wird nun die Piola-Transformation (3.53) eingesetzt, um jene Integrale in solche

uber das einfache Referenzdreieck T umzuformen. Man erhalt:∫T

K−1vi · vj dx =1

(detBT )2

∫T

K−1(BT vi) · (BT vj) detBT dx

=1

detBT

∫T

K−1vTi BTTBT vj dx ∀T ∈ Th.

Dabei bezeichnen vi, vj ∈ RTk(T ) verabredungsgemaß passende lokale Basisfunktionen

auf T . Folgende Vorgehensweise zur Berechnung der Matrixeintrage aij erscheint somitzweckmaßig:

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52 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

1. Stelle fur jedes Element T der Triangulierung Th die Matrix BT gemaß (3.52) auf.

2. Werte das Integral1

detBT

∫T

K−1vTi BTTBT vj dx (3.62)

mit Hilfe von Quadraturformeln fur jedes Dreieck T ∈ Th aus. Die Indizes i, j durch-laufen dabei unabhangig voneinander die Menge 1, . . . , (k+1)(k+3) und beziehensich hierbei auf eine Numerierung der lokalen Basisfunktionen des Referenzdreiecks.

3. Ordne die auf T berechneten Anteile an die entsprechende Stelle der Matrix A ein.Dazu ist eine Numerierung der globalen Basisfunktionen erforderlich. Der Gitterge-nerator der PDE-Toolbox von Matlab liefert lediglich eine Numerierung von Git-terpunkten und Dreiecken der Triangulierung Th. Da man aber fur jede Ordnungk ∈ N0 von Raviart-Thomas-Elementen Kantenbasisfunktionen aufstellt, ist eben-so eine Numerierung aller Kanten von Th notwendig. Diese kann selbstverstandlichaus den vorliegenden Informationen uber Gitterpunkte und Dreiecke erstellt werden.Ferner hat man gemaß Abbildung 3.1 fur jede innere Kante der Triangulierung dieOrientierung des Kantennormalenvektors festzulegen.

Dagegen lassen sich die Eintrage der Matrix C vergleichsweise einfach ermitteln. Die Vor-gehensweise unterscheidet sich dabei nicht von derjenigen zur Berechnung der Eintrage derMatrix A, d.h., schlußendlich muß man fur jedes Dreieck T ∈ Th die Integrale∫

T

qj div vi dx

auswerten und an die entsprechende Stelle von C einordnen, wobei sich die Indizierung andieser Stelle auf eine Numerierung der globalen Basisfunktionen der Raume RTNk (Ω; Th)und Pk(Ω; Th) bezieht. Unter Ausnutzung der Transformationsformel (3.48) erhalt mandafur jedoch den Ausdruck ∫

T

qj div vi dx , (3.63)

mit geeigneten lokalen Basisfunktionen vi ∈ RTk(T ), qj ∈ Pk(T ) auf dem Referenzdreieck

T . Die Indizes durchlaufen nun die Mengen 1, . . . , (k+1)(k+3) bzw.

1, . . . , 12(k+1)(k+

2)

. Man beachte, daß alle zu berechnenden Integrale der Form (3.63) im Gegensatz zuden vorher betrachteten der Bauart (3.62) vollig unabhangig von einem speziellen Dreieckder Triangulierung Th sind.

Die Dirichlet-Randbedingungen werden in die diskrete gemischte Formulierung des Mo-dellproblems (M) durch das Randintegral in (3.59) einbezogen. Zur Auswertung sind alleKanten der Triangulierung auf dem Dirichlet-Rand ΓD zu bestimmen und mittels derFormel (3.49) auf die Kanten des Referenzdreiecks T zu transformieren. Die Integrationerfolgt dann unter Zuhilfenahme von Quadraturformeln uber jeweils eine der entsprechen-den Randkanten von T .

Die Einbeziehung der Neumannschen Randbedingungen sowie des Quellterms f ∈ L2(Ω)in die diskrete gemischte Formulierung erfolgt durch die Gebietsintegrale in (3.59) und(3.60). Diese Integrale konnen analog zu den Eintragen der Matrizen A bzw. C berechnetwerden.

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3.3. IMPLEMENTIERUNG 53

Bemerkung 3.16Bei Gebieten mit komplizierter Geometrie ist es sehr aufwendig, eine Funktion uN ∈H(div; Ω) zu konstruieren, welche die Neumannsche Randbedingung uN · n |ΓN = uN

exakt erfullt. Man wird vielmehr die Randbedingung approximieren, indem man lokal aufjedem Dreieck T ∈ Th, das eine Randkante e ∈ ΓN enthalt, ein Polynom vT ∈ RTk(T )ermittelt, welches durch die folgenden Momente bestimmt ist:∫

e

vT · n pk ds−∫e

uN pk ds = 0 ∀pk ∈ Rk(e)∫∂T\e

vT · n pk ds = 0 ∀pk ∈ Rk(∂T\e)∫T

vT · pk−1 dx = 0 ∀pk−1 ∈ Pk−1(T )2, k ≥ 1.

Die Funktion uN ∈ H(div; Ω) kann damit stuckweise auf jedem Dreieck T ∈ Th definiertwerden vermoge der Vorschrift

uN :=

vT , T ∩ ΓN 6= ∅,

0 , sonst.

Ein stetiger Ubergang der Normalkomponente uN · n zwischen den Elementen der Tri-angulierung ist moglich, da alle Kantenmomente, die nicht mit Neumann-Randkantenassoziiert sind, verschwinden.

Bemerkung 3.17Zur Auswertung der Gebietsintegrale in (3.62),(3.59) sowie (3.60) werden Quadraturfor-meln fur Dreiecke vom Gauß-Typ herangezogen. Diese sind derart ausgewahlt, daß sichdie Eintrage der Matrix A exakt berechnen lassen, falls die matrixwertige Funktion K (x )konstant auf dem betrachteten Gebiet Ω ist. Im Fall k = 0 werden demnach Polynomevom Hochstgrad zwei exakt integriert, fur k = 1 sind dies Polynome hochstens vom Gradvier. Die Quadraturformeln der entsprechenden Ordnung wurden [6] entnommen.

Nach der ausfuhrlichen Herleitung der FE-Methode nach Raviart-Thomas befaßt sichdas folgende Kapitel mit den theoretischen Grundlagen sowie der Implementierung einesa-posteriori-Fehlerschatzers passend zur gemischten Methode. Dazu wird ein Notations-wechsel vorgenommen: Im folgenden bezieht sich die Bezeichnung (uk, pk) ∈ RTNk (Ω; Th)×Pk(Ω; Th) auf die Losung des diskreten gemischten Variationsproblems (3.40), um die Ord-nung der zur Diskretisierung verwendeten finiten Elemente starker hervorzuheben.

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54 KAPITEL 3. DIE GEMISCHTE METHODE NACH RAVIART-THOMAS

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Kapitel 4

Ein hierarchischer Fehlerschatzer furRaviart-Thomas-Diskretisierungen

Bei der Berechnung von Naherungen (uk, pk) ∈ RTNk (Ω; Th) × Pk(Ω; Th) an Losungen(u , p) ∈ HΓN (div; Ω) × L2(Ω) des gemischten Variationsproblems (3.18) ist man daraninteressiert, den Gesamtfehler

εk := (‖u − uk‖2H(div;Ω) + ‖p− pk‖2

0)12

moglichst klein zu halten. Sowohl die vorgestellten Fehlerabschatzungen fur Raviart-

Thomas-Elemente, als auch die gut bekannten fur finite Elemente, welche zur Diskreti-sierung des L2(Ω) verwendet werden, legen nahe, dazu entweder die Triangulierung T zuverfeinern oder bei ausreichender Regularitat der Losung (u , p) den Grad der als Form-funktionen dienenden Polynome zu erhohen. Entscheidet man sich fur die Option der Git-terverfeinerung, so wird schnell klar, daß eine gleichmaßige Verfeinerung aller Dreiecke sehraufwendig ist. Nun setzt sich jedoch der Gesamtfehler der Finite-Elemente-Approximationaus Einzelbeitragen uber jedem Dreieck der Triangulierung zusammen. Es erscheint deshalbsinnvoll, genau jene Dreiecke mit hohem Anteil am Fehler εk zu lokalisieren und ausschließ-lich diese zu verfeinern. Da der Fehler εk mangels bekannter Losung (u , p) nicht ermitteltwerden kann, benotigt man einen a-posteriori-Fehlerschatzer ηk fur εk, welcher als Ein-gangsdaten lediglich die Naherungslosung (uk, pk) verwendet. Um sicherzustellen, daß derFehler εk dabei weder uber- noch unterschatzt wird, fordert man allgemein Zuverlassigkeitbzw. Effizienz eines Fehlerschatzers:

Es existieren von der Triangulierung unabhangige Konstanten c, c > 0 mit cηk ≤ εk ≤ cηk.

Ferner soll sich der Schatzer ηk aus lokalen Komponenten entsprechend jedem DreieckT ∈ T zusammensetzen, um konkret jene Dreiecke mit einem hohen Fehleranteil ausfin-dig machen zu konnen. Dabei darf der Aufwand zur Berechnung des geschatzten Fehlersηk denjenigen zur Ermittlung der Naherungslosung nicht wesentlich ubersteigen. Der Pro-zeß, bestehend aus dem Berechnen der Naherungslosung (uk, pk) auf einer groben Aus-gangstriangulierung T und anschließendem Verfeinern der aktuellen Triangulierung aufder Grundlage des geschatzten Fehlers ηk wird solange wiederholt, bis beispielsweise eine

55

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56 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

naherungsweise Gleichverteilung von ηk pro Dreiecksflache erreicht ist. Die dabei entste-henden Triangulierungen sind im allgemeinen nicht mehr regular. Deswegen ist es nichtlanger sinnvoll, den Diskretisierungsparameter h mitzufuhren. Stattdessen betrachtet manFolgen von Triangulierungen ( Tl )ml=1, die durch einen Verfeinerungsprozeß erzeugt werden,der die Formregularitat der Dreiecke garantiert:

Jedes Dreieck T ∈ Tl enthalt einen Kreis vom Radius rT und es ist rT ≥hTδ.

Die Routinen der zur spateren Implementierung eines speziellen Schatzers eingesetztenPDE-Toolbox von Matlab stellen eine so geartete Verfeinerung sicher. Benotigt wird dieFormregularitat der Dreiecke, um Abschatzungen auf einem Referenzdreieck auf beliebigeDreiecke einer Triangulierung T ubertragen zu konnen. Wegen der nicht langer gewahr-leisteten Regularitat der FE-Gitter besitzen a-priori-Fehlerabschatzungen wie (3.37) und(3.38) keine Gultigkeit. Man erhalt als Folge der geforderten Effizienz und Zuverlassigkeitvon ηk obere und untere Schranken fur den Fehler εk, welcher fur immer feinere Triangu-lierungen jedoch nicht zwingend gegen Null konvergiert.

Unter den vielen verschiedenen Ansatzen zur Konstruktion von a-posteriori-Fehlerschatzernwird im folgenden Abschnitt ein Schatzer ηk,u fur den Fehler

εk,u := ‖u − uk‖ div (4.1)

vorgestellt, der auf Hoppe und Wohlmuth ([8]) zuruckgeht. Er beruht darauf, die Normdes Defekts der Finite-Element-Losung (uk, pk) beim Ubergang zum Ansatzraum nachsthoher-er Ordnung k + 1 abzuschatzen. Die Norm ‖ · ‖ div ist dabei definiert als

‖v‖ div :=

(∫Ω

K−1v · v dx +

∫Ω

div v div v dx

) 12

∀v ∈ H(div; Ω).

Man beachte, daß die Normen ‖ · ‖H(div;Ω) und ‖ · ‖ div aquivalent sind, fallsK (x ) ∈ R2×2 auf dem Gebiet Ω gleichmaßig positiv definit ist, und fur die Eintrage derMatrix K (x ) = (kij(x ))2

i,j=1, x ∈ Ω, die Beziehung kij(x ) ∈ L∞(Ω) gilt. Bedingt durch dieArt und Weise der Konstruktion von ηk,u erhalt man obendrein noch einen Fehlerschatzerfur den Gesamtfehler εk.

4.1 Theoretische Grundlagen

Ausgangspunkt aller Betrachtungen ist die folgende Beobachtung: Gemaß der a-priori-Fehlerabschatzungen (3.37) und (3.38) fur Raviart-Thomas-Elemente und der gut be-kannten fur auf vollstandigen Polynomraumen basierenden finiten Elementen zur Diskre-tisierung des L2(Ω) sind die Fehler εk,u und εk bei hinreichend glatten Losungen (u , p) ∈HΓN (div; Ω) × L2(Ω) von der Ordnung O(hk+1), wahrend εk+1,u sowie εk+1 die OrdnungO(hk+2) besitzen. Dies rechtfertigt die folgenden Sattigungsannahmen:

‖u − uk+1‖ div ≤ cl‖u − uk‖ div , (4.2)

‖u − uk+1‖2div + ‖p− pk+1‖2

0 ≤ Cl(‖u − uk‖2div + ‖p− pk‖2

0) (4.3)

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4.1. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 57

mit von der Triangulierung abhangigen Konstanten cl, Cl > 0, wobei cl ≤ c∞ < 1 bzw.Cl ≤ C∞ < 1. Elementare Rechnungen zeigen nun, daß man unter Zuhilfenahme von (4.2)den Fehler εk,u nach oben und unten durch die Differenz ‖uk+1−uk‖ div abschatzen kann:

(1 + c∞)−1‖uk+1 − uk‖ div ≤ ‖u − uk‖ div ≤ (1− c∞)−1‖uk+1 − uk‖ div . (4.4)

Beweis.

Die Anwendung von Dreiecksungleichung und Sattigungsannahme (4.2) liefern

‖uk+1 − uk‖ div ≤ ‖uk+1 − u‖ div + ‖u − uk‖ div ≤ (1 + c∞)‖u − uk‖ div

und damit(1 + c∞)−1‖uk+1 − uk‖ div ≤ ‖u − uk‖ div ,

sowie

‖u − uk‖ div ≤ ‖u − uk+1‖ div + ‖uk+1 − uk‖ div ≤ c∞‖u − uk‖ div + ‖uk+1 − uk‖ div ,

folglich‖u − uk‖div ≤ (1− c∞)−1‖uk+1 − uk‖ div .

q.e.d.

Eine analoge Beziehung folgert man unter Verwendung der Sattigungsannahme (4.3) sowieder Youngschen Ungleichung fur εk:(

2 + 2C∞

)−1

(‖uk+1 − uk‖2div + ‖pk+1 − pk‖2

0) ≤ ‖u − uk‖2div + ‖p− pk‖2

0

≤(

1− 2C∞

)−1

(‖uk+1 − uk‖2div + ‖pk+1 − pk‖2

0).

(4.5)

Alle weiteren Uberlegungen zielen deshalb darauf ab, Aussagen bezuglich des Verhaltensder Großen ‖uk+1 − uk‖ div und ‖pk+1 − pk‖0 zu treffen. Im folgenden seien dazu

eu := uk+1 − uk ∈ RTNk+1(Ω; Tl) und ep := pk+1 − pk ∈ Pk+1(Ω; Tl)

definiert. Mit den Abkurzungen (3.4), wobei X = H(div; Ω) und Y = L2(Ω) gesetztwerden, sieht man, ausgehend vom Sattelpunktproblem zur Ermittlung von (uk+1, pk+1) ∈RTNk+1(Ω; Tl)× Pk+1(Ω; Tl), unmittelbar, daß (eu , ep) den diskreten Gleichungen

a(eu , v) + b(v , ep) = −a(uk, v)− b(v , pk) +

∫ΓD

v · npD ds−∫

Ω

K−1uN · v dx

b(eu , q) = −b(uk, q) + l(q)−∫

Ω

q div uN dx (4.6)

∀v ∈ RTNk+1(Ω; Tl) ∀q ∈ Pk+1(Ω; Tl)

genugt. Die Berechnung von (eu , ep) auf diesem Weg ist jedoch zu teuer, da es sichbeim System (4.6) um ein globales Sattelpunktproblem in den Raumen RTNk+1(Ω; Tl) undPk+1(Ω; Tl) handelt. Man verfolgt deshalb das Ziel, Problem (4.6) umzuformulieren, wobei

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58 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

Naherungen (eu , ep) an die Losung von (4.6) entstehen. Diese mussen aber so beschaffensein, daß sich die gesuchten Großen ‖eu‖ div und ‖ep‖0 unabhangig von der aktuellen Tri-angulierung Tl noch durch ‖eu‖ div bzw. ‖ep‖0 abschatzen lassen und umgekehrt, damitdie Qualitat des Fehlerschatzers nicht beeintrachtigt wird. Grundlage der Vereinfachun-gen bildet eine hierarchische Zerlegung der Ansatzraume RTk+1(Ω; Tl) und Pk+1(Ω; Tl). ImFall des Raumes RTk+1(Ω; Tl) kann problemlos eine Spezialisierung auf den UnterraumRTNk+1(Ω; Tl) vorgenommen werden.

4.1.1 Eine Zerlegung von RTk+1(Ω; Tl)Unter Ausnutzung der elementaren Beziehung RTk(Ω; Tl) ⊂ RTk+1(Ω; Tl) und der Definiti-on des globalen Interpolationsoperators ρkΩ gemaß (3.35) laßt sich der Raum RTk+1(Ω; Tl)in eine direkte Summe bestehend aus dem Raum RTk(Ω; Tl) nachstniedrigerer Ordnung

k, k ∈ N0, und dem sogenannten hierarchischen Uberschuß RT k+1(Ω; Tl) zerlegen:

RTk+1(Ω; Tl) = ρkΩRTk+1(Ω; Tl)⊕ (Id− ρkΩ)RTk+1(Ω; Tl) =: RTk(Ω; Tl)⊕ RT k+1(Ω; Tl).(4.7)

Die wesentliche Idee besteht nun darin, den Uberschuß RT k+1(Ω; Tl) weiter zu zerlegen, und

zwar in einen divergenzfreien Teil RT0

k+1(Ω; Tl) sowie den verbleibenden Rest RT1

k+1(Ω; Tl).Dazu wird im folgenden der FE-Raum Sk(Ω; Tl), der den H1(Ω) konform diskretisiert,benotigt:

Sk(Ω; Tl) :=q ∈ H1(Ω) : q|T ∈ Pk+1(T ) ∀T ∈ Tl

Ferner definiert man den diskreten Gradientenoperator gradh : Pk(Ω; Tl)→ RTk(Ω; Tl) alsL2-Adjungierte des Divergenzoperators vermoge der Integralrelation∫

Ω

gradh q · v dx = −∫

Ω

q div v dx ∀v ∈ RTk(Ω; Tl),

sowie den Raum RT 0k (Ω; Tl) der divergenzfreien Funktionen aus RTk(Ω; Tl), d.h.,

RT 0k (Ω; Tl) :=

v ∈ RTk(Ω; Tl) : div v = 0

.

Damit kann der endlichdimensionale Raum RTk(Ω; Tl) wie folgt zerlegt werden:

RTk(Ω; Tl) = N ( div )⊕N ( div )⊥

= RT 0k (Ω; Tl)⊕R( div ∗)

= RT 0k (Ω; Tl)⊕ gradh Pk(Ω; Tl).

(4.8)

Es laßt sich zeigen, daß der Raum der divergenzfreien Funktionen aus RTk(Ω; Tl) charak-terisiert ist als Bild des Raumes Sk(Ω; Tl) unter dem Operator curl :

curlSk(Ω; Tl) = RT 0k (Ω; Tl). (4.9)

Beweis.

[⇒]

Sei eine Funktion v = curl q mit q ∈ Sk(Ω; Tl) gegeben. Dann folgt die Divergenzfreiheit

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4.1. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 59

von v unmittelbar. Wegen curl q ∈ Pk(Ω; Tl) ⊂ RTk(Ω; Tl) ist lediglich noch zu zeigen:v = curl q ∈ H(div; Ω). Man verfahrt dabei wie folgt:Fur beliebige skalare Funktionen Φ, q gilt die Beziehung

grad Φ · curl q =

[∂xΦ

∂yΦ

[∂yq

−∂xq

]= ∂xΦ ∂yq − ∂yΦ ∂xq

= ∂y(q ∂xΦ)− q ∂xyΦ− ∂x(q ∂yΦ) + q ∂xyΦ = − div (q curl Φ).

Wir betrachten zwei benachbarte Dreiecke T I und TA mit der gemeinsamen inneren Kanteei, vgl. Abbildung 3.1. Es sei nun die Funktion Φ ∈ C∞0 (Ω) so gewahlt, daß Φ außerhalbeines Kreises um einen festen Punkt x ∈ e identisch verschwindet. n I und nA bezeichnenjeweils die aus den entsprechenden Dreiecken hinausweisenden Normalenvektoren. Danngilt:∫

ei

(Φn · (curl q))|T I ds−∫ei

(Φn · (curl q))|TA ds

=

∫∂T I

Φn I · (curl q) ds+

∫∂TA

ΦnA · (curl q) ds

=

∫T I

div (Φ curl q) dx +

∫TA

div (Φ curl q) dx =

∫T I∪TA

div (Φcurl q) dx

=

∫T I∪TA

grad Φ · curl q dx = −∫T I∪TA

div (q curl Φ) dx

= −∫∂(T I∪TA)

n · (q curl Φ) ds = −∫ei

(n · curl Φ q)|T I ds+

∫ei

(n · curl Φ q)|TA ds

= 0,

da q ∈ H1(Ω) stetig ist. Somit gehort die Funktion v = curl q zum Raum H(div; Ω).

[⇐]

Sei umgekehrt eine Funktion v ∈ RT 0k (Ω; Tl) gegeben. Dann lassen sich fur zwei benach-

barte Dreiecke T I und TA, welchen die innere Kante ei gemeinsam ist, stets zwei PolynomeqI , qA ∈ Pk+1(Ω; Tl) finden, so daß

curl qI = v in T I ,

curl qA = v in TA

gilt. Es verbleibt zu zeigen, daß die elementweise definierte Funktion

q :=

qI , auf T I ,

qA, auf TA

auf der gemeinsamen inneren Kante ei stetig ist. Dies folgt aber in analoger Weise ausden Uberlegungen zur Hinrichtung des Beweises, da man wegen v ∈ RT 0

k (Ω; Tl) von derStetigkeit der Normalkomponente n · v auf ei ausgehen darf.

q.e.d.

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60 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

Mit (4.9) und (4.8) haben wir die diskrete Helmholtz-Zerlegung des Raumes RTk(Ω; Tl)erhalten. Sie lautet

RTk(Ω; Tl) = curlSk(Ω; Tl)⊕ gradh Pk(Ω; Tl)

und ist nach Konstruktion orthogonal bezuglich des L2-Innenproduktes. Wichtigstes Er-gebnis bleibt jedoch das folgende: Unter Zuhilfenahme der hierarchischen Zerlegungen

curlSk+1(Ω; Tl) = curlSk(Ω; Tl)⊕ curl Sk+1(Ω; Tl) (4.10)

sowie

RT 0k+1(Ω; Tl) = RT 0

k (Ω; Tl)⊕ RT0

k+1(Ω; Tl),

welche analog der Vorgehensweise in (4.7) erhaltlich ist, ergibt sich fur den divergenzfreien

Teil des hierarchischen Uberschusses RT0

k+1(Ω; Tl) mittels (4.9) die Beziehung

RT0

k+1(Ω; Tl) =v ∈ RT k+1(Ω; Tl) : div v = 0

= curl Sk+1(Ω; Tl). (4.11)

Insgesamt erhalten wir die Zerlegung

RT k+1(Ω; Tl) = RT0

k+1(Ω; Tl)⊕ RT1

k+1(Ω; Tl) = curl Sk+1(Ω; Tl)⊕ RT1

k+1(Ω; Tl).

Es bleibt noch der Raum RT1

k+1(Ω; Tl) von divergenzbehafteten Funktionen aus RT k+1(Ω; Tl)zu charakterisieren. Dazu macht man sich rasch klar, daß im Raum Sk+1(Ω; Tl) stets Po-

lynome w ∈ Sk+1(Ω; Tl) vom Grad k + 2 existieren, deren Tangentialableitung ∂w∂τ

entlang

einer ausgezeichneten Dreieckskante nicht verschwindet. Fur Funktionen v ∈ RT0

k+1(Ω; Tl)mit v = curlw gilt dann v ·n = curlw ·n = ∂w

∂τ6= 0 entlang einer Dreieckskante. Folglich

enthalt der Raum RT0

k+1(Ω; Tl) Funktionen mit nichtverschwindender Normalkomponenteauf je einer Kante der Triangulierung Tl. Da im hierarchischen Uberschuß jedoch pro Kantenur ein Freiheitsgrad hinzukommt, der mit den Kantenmomenten Mn

k+1 assoziiert ist, sind

samtliche dieser Freiheitsgrade dem divergenzfreien Uberschuß RT0

k+1(Ω; Tl) zuzurechnen.

Der Anteil RT1

k+1(Ω; Tl) des hierarchischen Uberschusses RT k+1(Ω; Tl) besitzt somit dieCharakterisierung:

RT1

k+1(Ω; Tl) :=

v ∈ RT k+1(Ω; Tl) : v · n |∂T = 0 ∀T ∈ Tl,∫Ω

v · v 0 dx = 0, v 0 ∈ RT0

k+1(Ω; Tl) : v 0 · n |∂T = 0 ∀T ∈ Tl.

(4.12)

Da die Freiheitsgrade von RT1

k+1(Ω; Tl) nur von inneren Momenten gebildet werden, laßtsich der divergenzbehaftete Uberschuß als direkte Summe von lokal auf einem DreieckT ∈ Tl definierten Funktionenraumen schreiben:

RT1

k+1(Ω; Tl) =⊕T∈Tl

RT1

k+1(T ), RT1

k+1(T ) =v ∈ RT

1

k+1(Ω; Tl) : v |Ω\T = 0.

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4.1. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 61

Man beachte ferner, daß ab der Ordnung k ≥ 1 der Raum RT0

k+1(Ω; Tl) ebenfalls Funktio-nen beinhaltet, deren Normalkomponente auf allen Kanten der Triangulierung Tl identisch

verschwindet. Diese mussen bei der Definition von RT1

k+1(Ω; Tl) ausgeschlosen werden.Insgesamt erhalten wir fur RTk+1(Ω; Tl) die hierarchische Zerlegung

RTk+1(Ω; Tl) = RTk(Ω; Tl)⊕ RT0

k+1(Ω; Tl)⊕ RT1

k+1(Ω; Tl). (4.13)

Diese kann leicht auf den Raum RTNk+1(Ω; Tl) spezialisiert werden:

RTNk+1(Ω; Tl) = RTNk (Ω; Tl)⊕ RT0,N

k+1(Ω; Tl)⊕ RT1

k+1(Ω; Tl), (4.14)

wobeiRT

0,N

k+1(Ω; Tl) :=v ∈ RT

0

k+1(Ω; Tl) : v · n |ΓN = 0.

4.1.2 Eine Zerlegung von Pk+1(Ω; Tl)Analog verfahrt man mit dem Raum Pk+1(Ω; Tl) unter Verwendung des Interpolationsope-rators πkΩ:

Pk+1(Ω; Tl) = πkΩPk+1(Ω; Tl)⊕ (Id− πkΩ)Pk+1(Ω; Tl) = Pk(Ω; Tl)⊕ P 1k+1(Ω; Tl). (4.15)

Wie bereits im dritten Kapitel erwahnt, besitzen die Raume Pk(Ω; Tl), k ∈ N0, eine sehreinfache Struktur, denn sie lassen sich als direkte Summe von Funktionenraumen darstellen:

Pk(Ω; Tl) =⊕T∈Tl

q ∈ Pk(Ω; Tl) : q|Ω\T = 0

.

Diese Struktur ubertragt sich auf den hierarchischen Uberschuß P 1k+1(Ω; Tl). Es gilt ent-

sprechend

P 1k+1(Ω; Tl) =

⊕T∈Tl

P 1k+1(T ), P 1

k+1(T ) =q ∈ P 1

k+1(Ω; Tl) : q|Ω\T = 0.

Mit Hilfe der Identitat (3.39) und der entsprechenden hierarchischen Zerlegungen (4.13)sowie (4.15) von RTk+1(Ω; Tl) bzw. Pk+1(Ω; Tl) erhalt man ferner die Eigenschaft

div RT1

k+1(Ω; Tl) = P 1k+1(Ω; Tl).

Diese hat zur Folge, daß fur v ∈ RT1

k+1(Ω; Tl) lediglich∫T

div v dx = 0 ∀T ∈ Tl gilt.

4.1.3 Entkopplung des Sattelpunktproblems

Mittels der vorgestellten hierarchischen Zerlegungen kann nun versucht werden, das globaleSattelpunktprobem (4.6) durch Entkopplung zu vereinfachen. Fur diesen Zweck eignet sichdie Bilinearform a(·, ·) allerdings nicht, da die Zerlegung (4.14) nicht orthogonal bezuglicha(·, ·) ist. Man ersetzt deshalb a(·, ·) durch die Bilinearform

a(u , v) := a(uk, vk) + a(u0k+1, v

0k+1) + a(u1

k+1, v1k+1) ∀u , v ∈ RTk+1(Ω; Tl),

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62 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

wobei eine Funktion v ∈ RTNk+1(Ω; Tl) eindeutig gemaß (4.14) zerlegt wird:

v = vk + v 0k+1 + v 1

k+1, vk ∈ RTNk (Ω; Tl), v 0k+1 ∈ RT

0,N

k+1(Ω; Tl), v 1k+1 ∈ RT

1

k+1(Ω; Tl).

Da der Fehler eu in der Norm ‖ · ‖div abgeschatzt werden soll, welche unmittelbar mitder Bilinearform a(·, ·) verknupft ist, muß die Aquivalenz von a(·, ·) und a(·, ·) gesichertsein, um Zuverlassigkeit und Effizienz des gesuchten Fehlerschatzers beim Wechsel derBilinearform nicht zu gefahrden. In [8] findet man dazu folgendes Lemma samt Beweis.

Lemma 4.1Es existieren von der Verfeinerungsstufe unabhangige Konstanten 0 < cRT ≤ CRT , so daß

c2RT a|T (v , v) ≤ a|T (v , v) ≤ C2

RT a|T (v , v) ∀v ∈ RTk+1(Ω; Tl) ∀T ∈ Tl.

Im Variationsproblem (4.6) wird jetzt die Bilinearform a(·, ·) durch a(·, ·) ersetzt. Damitergibt sich das modifizierte Problem:

Finde (eu , ep) ∈ RTNk+1(Ω; Tl)× Pk+1(Ω; Tl) mit

a(eu , v) + b(v , ep) = −a(uk, v)− b(v , pk) +

∫ΓD

v · npD ds−∫

Ω

K−1uN · v dx

b(eu , q) = −b(uk, q) + l(q)−∫

Ω

q div uN dx (4.16)

∀v ∈ RTNk+1(Ω; Tl) ∀q ∈ Pk+1(Ω; Tl)

Um zu erkennen, inwieweit der Wechsel der Bilinearform zur Vereinfachung des Sattel-punktproblems (4.6) beitragt, betrachten wir die Aufspaltung von eu , v ∈ RTNk+1(Ω; Tl)und ep, q ∈ Pk+1(Ω; Tl) in Anteile entsprechend den Zerlegungen (4.14) bzw. (4.15)

eu = ek,u + e0k+1,u + e1

k+1,u ek,u ∈ RTNk (Ω; Tl), e0k+1,u ∈ RT

0,N

k+1(Ω; Tl), e1k+1,u ∈ RT

1

k+1(Ω; Tl),

v = vk + v 0k+1 + v 1

k+1 v ∈ RTNk (Ω; Tl), v 0k+1 ∈ RT

0,N

k+1(Ω; Tl), v 1k+1 ∈ RT

1

k+1(Ω; Tl),ep = ek,p + e1

k+1,p ek,p ∈ Pk(Ω; Tl), e1k+1,p ∈ P 1

k+1(Ω; Tl),q = qk + q1

k+1 qk ∈ Pk(Ω; Tl), q1k+1 ∈ P 1

k+1(Ω; Tl),

und untersuchen die Bestandteile der Gleichungen aus (4.16) einzeln. Man erhalt dabeifolgendes Ergebnis:

a(eu , v) = a(ek,u , vk) + a(e0k+1,u , v

0k+1) + a(e1

k+1,u , v1k+1)

b(v , ep) = b(vk, ep) + b(v 1k+1, ep) = b(vk, ek,p) + b(v 1

k+1, e1k+1,p)

b(eu , q) = b(ek,u , q) + b(e1k+1,u , q) = b(ek,u , qk) + b(e1

k+1,u , q1k+1).

Das Problem (4.16) zerfallt somit in drei separate Teilprobleme.

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4.1. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 63

(I)

a(ek,u , v) + b(v , ek,p) = −a(uk, v)− b(v , pk) +

∫ΓD

v · npD ds−∫

Ω

K−1uN · v dx

= 0

b(ek,u , q) = −b(uk, q) + l(q)−∫

Ω

q div uN dx

= 0

∀v ∈ RTNk (Ω; Tl) ∀q ∈ Pk(Ω; Tl)

(II)

a(e0k+1,u , v) = −a(uk, v) +

∫ΓD

v · npD ds−∫

Ω

K−1uN · v dx ∀v ∈ RT0,N

k+1(Ω; Tl)

(III)

a(e1k+1,u , v) + b(v , e1

k+1,p) = −a(uk, v)−∫T

K−1uN · v dx ∀v ∈ RT1

k+1(T )

b(e1k+1,u , q) =

∫T

fq dx −∫T

q div uN dx ∀q ∈ P 1k+1(T )

Offenbar verschwinden die Anteile ek,u und ek,p wegen der Gleichungen (I) identisch. Teil-problem (III) erfordert auf jedem Dreieck T ∈ Tl die Losung eines lokalen Sattelpunktpro-blems der Dimension 2(k+ 2)× 2(k+ 2). Damit ist das globale Problem (4.6) ausreichendvereinfacht. Man hat sich lediglich noch davon zu uberzeugen, daß mit Hilfe der Losungenvon (4.16) die gesuchten Fehler ‖eu‖ div bzw. ‖ep‖0 unabhangig von der aktuellen Trian-gulierung Tl abgeschatzt werden konnen. Dies leistet

Satz 4.2Die Losungen (eu , ep) und (eu , ep) ∈ RTNk+1(Ω; Tl)× Pk+1(Ω; Tl) der diskreten Variations-probleme (4.6) und (4.16) sind aquivalent in dem Sinne, daß von der Triangulierung Tlunabhangige Konstanten 0 < cu ≤ Cu , 0 < cd ≤ Cd, 0 < cp ≤ Cp existieren mit

c2u a(eu , eu) ≤ a(eu , eu) ≤ C2

u a(eu , eu)

‖ div eu‖0 ≤ ‖ div eu‖0 + cda(eu , eu)12 , ‖ div eu‖0 ≤ ‖ div eu‖0 + Cda(eu , eu)

12

‖ep‖0 ≤ ‖ep‖0 + cpa(eu , eu)12 , ‖ep‖0 ≤ ‖ep‖0 + Cpa(eu , eu)

12 .

Der Beweis verwendet maßgeblich Lemma 4.1 und ist in [8] nachzulesen. Satz 4.2 liefertunmitttelbar die erwunschten Abschatzungen mit von der Triangulierung Tl unabhangigenKonstanten 0 < κu ≤ κu , 0 < κp ≤ κp :

κ2u(a(eu , eu) + ‖ div eu‖2

0) ≤ ‖eu‖2div ≤ κ2

u(a(eu , eu) + ‖ div eu‖20), (4.18)

κ2p(‖ep‖2

0 + a(eu , eu)) ≤ ‖ep‖20 ≤ κ2

p(‖ep‖20 + a(eu , eu)). (4.19)

Um den hierarchischen Fehlerschatzer ηk,u schließlich notieren zu konnen, muß die Struktur

des Raumes RT0,N

k+1(Ω; Tl) allerdings noch genauer untersucht werden. Dazu definieren wir

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64 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

E(T ) . . . Menge der Kanten des Dreiecks T ∈ Tl

Eh :=⋃T∈Tl E(T ) ωe := T ∈ Tl : e ∈ E(T )

Eh,Ω := e ∈ Eh : e ∩ Γ = ∅ Eh,N := e ∈ Eh : e ⊂ ΓN Eh,D := e ∈ Eh : e ⊂ ΓD

und bemerken, daß der Raum RT0,N

k+1(Ω; Tl) fur k ≥ 1 zwei verschiedene Arten von Vek-torfeldern enthalt: Es sind dies zum einen Funktionen, deren Normalkomponente entlangaller Kanten Eh der Triangulierung verschwindet, zum anderen jedoch solche, deren Normal-komponente entlang einer ausgezeichneten Kante e ∈ Eh,Ω ∪ Eh,D verschieden von Null ist.Entsprechend der diskutierten Konstruktionsprinzipien fur Basisfunktionen in Raviart-

Thomas-Raumen gilt:

RT0,N

k+1(Ω; Tl) =⊕T∈Tl

RT0

k+1(T ) +⊕

e∈Eh,Ω∪Eh,D

RT0

k+1(e)

RT0

k+1(T ) :=v ∈ RT

0,N

k+1(Ω; Tl) : v |Ω\T = 0

RT0

k+1(e) :=v ∈ RT

0,N

k+1(Ω; Tl) : v |Ω\ωe = 0.

(4.20)

Wir zerlegen den Vektor e0k+1,u entsprechend (4.20)

e0k+1,u =

∑T∈Tl

e0,Tk+1,u +

∑e∈Eh,Ω∪Eh,D

e0,ek+1,u , e0,T

k+1,u ∈ RT0

k+1(T ), e0,ek+1,u ∈ RT

0

k+1(e)

und konnen damit den Fehlerschatzer ηk,u definieren:

η2k,u :=

∑T∈Tl

(ηTk,u)2 (4.21)

(ηTk,u)2 := ‖e1k+1,u‖2

div ,T +∑

e∈E(T )\ΓN

wea(e0,ek+1,u , e

0,ek+1,u) + a(e0,T

k+1,u , e0,Tk+1,u),

we =

12, e ∈ Eh,Ω,

1, e ∈ Eh,D.

Aus (4.4) sowie (4.18) folgert man Zuverlassigkeit und Effizienz des Schatzers ηk,u fur denFehler εk,u .Mit Hilfe der Abschatzungen (4.18),(4.19),(4.5) kann ebenso nachgewiesen werden, daß derFehlerschatzer

η2k :=

∑T∈Tl

(ηTk )2, (4.22)

(ηTk )2 := (ηTk,u)2 + ‖e1k+1,p‖2

0,T (4.23)

effizient und zuverlassig den Gesamtfehler εk schatzt.

Hinweise zur Implementierung der vorgestellten Fehlerschatzer beschließen das Kapitel.

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4.2. IMPLEMENTIERUNG 65

4.2 Implementierung

Trotz der vorgenommenen Vereinfachungen von Problem (4.6) zur Bestimmung des Defekts(eu , ep) stehen die Teilprobleme (II) und (III) mit dem globalen Sattelpunktproblem imRaum RTNk+1(Ω; Tl)× Pk+1(Ω; Tl) in Beziehung. Ferner muß zur Berechnung der geschatz-ten Fehler zunachst die Finite-Element-Losung (uk, pk) ermittelt werden, was wiederum dieLosung eines Sattelpunktproblems im Raum RTNk (Ω; Tl)×Pk(Ω; Tl) erfordert. Es erscheintdeshalb sinnvoll, die zum diskreten Variationsproblem (3.40) gehorige Systemmatrix undrechte Seite fur die nachsthohere Ordnung k + 1 mit Hilfe der im dritten Kapitel be-schriebenen Techniken aufzustellen, um alle Informationen zur Bestimmung von (uk, pk)sowie der a-posteriori-Fehlerschatzung zu erhalten. Ein wichtiger Unterschied bleibt dabeizu beachten: Um die einzelnen Losungsanteile separieren zu konnen, muß ein Basiswech-sel vorgenommen werden. Man verwendet nicht die bereits diskutierten Basen der RaumeRTNk+1(Ω; Tl) und Pk+1(Ω; Tl), sondern den Zerlegungen (4.14) bzw. (4.15) entsprechendehierarchische Basen. Fur Funktionen uk+1 ∈ RTNk+1(Ω; Tl), pk+1 ∈ Pk+1(Ω; Tl) gilt dann dieDarstellung

uk+1 =Nu∑i=1

αivi +

Nu +N0u∑

i=Nu +1

αi0v 0

i +

Nu +N0u +N1

u∑i=Nu +N0

u +1

αi1v 1

i

pk+1 =

Np∑l=1

γlql +

Np+N1p∑

l=Np+1

γ1l q

1l

mitN0

u := (NE −NΓN ) + kNT N1u := (k + 2)NT N1

p = (k + 2)NT

als Linearkombination passender globaler Basisfunktionen vi ∈ RTNk (Ω; Tl), v 0i ∈

RT0,N

k+1(Ω; Tl), v 1i ∈ RT

1

k+1(Ω; Tl), ql ∈ Pk(Ω; Tl), q1l ∈ P 1

k+1(Ω; Tl). Definiert mannun

xk,u :=[α1 . . . αNu

]Tx 0k+1,u :=

[α0

1 . . . α0N0

u

]Tx 1k+1,u :=

[α1

1 . . . α1N1

u

]Txk,p :=

[γ1 . . . γNp

]Tx 1k+1,p :=

[γ1

1 . . . γ1N1p

]T,

so besitzt das zum diskreten Variationsproblem (3.40) gehorige lineare Gleichungssystemder Ordnung k + 1 bezuglich einer hierarchischen Basis von RTNk+1(Ω; Tl) entsprechend(4.14) sowie einer hierarchischen Basis von Pk+1(Ω; Tl) entsprechend (4.15) die folgendeGestalt:

A AT0 AT1 CT 0

A0 A00 AT10 0 0

A1 A10 A11 0 CT1

C 0 0 0 0

0 0 C1 0 0

xk,u

x 0k+1,u

x 1k+1,u

xk,p

x 1k+1,p

=

f

f 0

f 1

g

g1

. (4.24)

Aus (4.24) lassen sich alle benotigten Informationen zur Berechnung von (uk, pk) und deranschließenden Fehlerschatzung entnehmen.

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66 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

• Zunachst wird das globale Sattelpunktproblem der Ordnung k im RaumRTNk (Ω; Tl)×Pk(Ω; Tl) gelost: [

A CT

C 0

][xk,u

xk,p

]=

[f

g

].

Dabei sind xk,u , xk,p die Koeffizienten der Basisdarstellung von uk bzw. pk.

• Anschließend berechnet man die Koeffizienten z 0k+1,u , z 1

k+1,u und z 1k+1,p der Basisdar-

stellung von e0k+1,u , e

1k+1,u sowie e1

k+1,p, womit alle Bausteine fur die Schatzer ηk,u , ηkbereitgestellt sind.

Die NT lokalen Sattelpunktprobleme der Dimension 2(k+2)×2(k+2) aus Teilproblem(III) lassen sich in Matrixschreibweise zusammenfassen:[

A11 CT1

C1 0

][z 1k+1,u

z 1k+1,p

]=

[−A1xk,u + f 1

g1

]. (4.25)

Das Gleichungssystem

A00z0k+1,u = −A0xk,u + f 0. (4.26)

entspricht dagegen dem Teilproblem (II). Es laßt sich zeigen, daß man dabei die

Matrix A00 durch ihren Diagonalteil diag A00 ersetzen darf, ohne Zuverlassigkeit bzw.Effizienz der Fehlerschatzer ηk,u und ηk zu beeintrachtigen, vgl. [8]. Es bleiben somitlediglich skalare Gleichungen zu losen.

Beim Bilanzieren aller verwendeten Komponenten des Gleichungssystems (4.24) fallt auf,

daß die Matrix A10 in der Rechnung nicht benotigt wurde. Daneben genugt es, den Diago-nalteil der Matrix A00 zu ermitteln. Folglich konnen beim Aufstellen der Systemmatrix aus(4.24) diese Bestandteile von vorneherein unberucksichtigt bleiben, d.h., Skalarprodukte

der entsprechenden Basisfunktionen auf dem Referenzdreieck T sind nicht zu berechnen.

Bemerkung 4.3Die linearen Gleichungssysteme zur Ermittlung der Koeffizienten der Basisdarstellung vone0k+1,u , e

1k+1,u , e

1k+1,p lassen sich auf naturliche Weise aus dem globalen Sattelpunktpro-

blem (4.6) herleiten, entsprechend der Vorgehensweise zur Entkopplung dieses Systems.Bezuglich einer Basis der diskreten Ansatzraume RTNk+1(Ω; Tl) bzw. Pk+1(Ω; Tl) besitzt dasdiskrete Variationsproblem (3.40) der Ordnung k + 1 die Gestalt[

Ak+1 CTk+1

Ck+1 0

][xk+1,u

x,k+1,p

]=

[fk+1

gk+1.

](4.27)

Einsetzen der Darstellung xk+1,u = zu + xk,u und xk+1,p = zp + xk,p liefert unmittelbar dasResidualsystem [

Ak+1 CTk+1

Ck+1 0

][zu

zp

]=

[fk+1 − Ak+1xk,u − CT

k+1xk,p

gk+1 − Ck+1xk,u .

](4.28)

Page 67: Adaptive nite Element Methoden zur Approximation von ... · Methode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf- Die Hauptauf- gabe besteht in der Konstruktion

4.2. IMPLEMENTIERUNG 67

Nach einem Basiswechsel entsprechend den hierarchischen Zerlegungen von RTNk+1(Ω; Tl)und Pk+1(Ω; Tl) stellen die Residualgleichungen aus (4.28) das Sattelpunktproblem (4.6)zur Berechnung von (eu , ep) in Matrixschreibweise dar:

A AT0 AT1 CT 0

A0 A00 AT10 0 0

A1 A10 A11 0 CT1

C 0 0 0 0

0 0 C1 0 0

zk,u

z 0k+1,u

z 1k+1,u

zk,p

z 1k+1,p

=

f − Axk,u − CTxk,p

f 0

f 1

g − Cxk,u

g1

=

0

f 0

f 1

0

g1

.

Aus obigem System liest man die Beziehungen zk,u = 0 sowie zk,p = 0 ab, was besagt, daßsowohl eu als auch ep keine Anteile in den jeweiligen Ansatzraumen der nachstniedrigerenOrdnung k besitzen, da die Variationsaufgabe (3.40) dort exakt gelost wird. Es bleibenlediglich die Gleichungen

A10z0k+1,u + A11z

1k+1,u + CT

1 zk+1,p = f 1 − A1xk,u

C1zk+1,u = g1

und

A00z0k+1,u + AT10z

1k+1,u = f 0 − A0xk,u

zu losen. Dabei durfen alle Terme, welche die Matrix A10 enthalten, vernachlassigt wer-den. Dies entspricht dem Ersetzen der zum Variationsproblem (3.40) gehorigen Biline-arform a(·, ·) durch a(·, ·), welche orthogonal bezuglich der hierarchischen Zerlegung desRTNk+1(Ω; Tl) ist, und folglich divergenzfreien und divergenzbehafteten Uberschuß entkop-pelt. Wir haben somit die den Teilproblemen (III) und (II) zugeordneten Gleichungen(4.26), (4.25) erhalten.

Zum Abschluß der Hinweise fur eine Implementierung des hierarchischen Fehlerschatzersnach Hoppe und Wohlmuth sind eine hierarchische Basis sowohl fur den Raum RT1(T )

als auch den Raum P1(T ) angegeben. Sie werden, analog zur Vorgehensweise im drittenKapitel, bei der Konstruktion globaler Basisfunktionen unter Zuhilfenahme der geeignetenTransformationen benotigt.

Hierarchische Basen fur RT1(T ) und P1(T )

Der Raum RT1(T ) laßt sich hierarchisch zerlegen gemaß

RT1(T ) = RT0(T )⊕ RT0

1(T )⊕ RT1

1(T ) = RT0(T )⊕ curl S1(T )⊕ RT1

1(T ) (4.29)

Von insgesamt 8 Basisfunktionen auf dem Referenzdreieck T sind die drei bereits konstru-ierten Basisfunktionen von RT0(T ) naheliegend:[

x− 1

y

],

[x

y − 1

],

[x

y

].

Page 68: Adaptive nite Element Methoden zur Approximation von ... · Methode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf- Die Hauptauf- gabe besteht in der Konstruktion

68 KAPITEL 4. HIERARCHISCHER FEHLERSCHATZER

Es ist dim RT0

1(T ) = k + 3 = 3 und dim RT1

1(T ) = k + 2 = 2. Alle Kantenmomente Mn1

der beiden Basisfunktionen

v7(x ) =

[16x

8y

]+(−16x−8y)

[x

y

]∈ RT1(T ), v8(x ) =

[8x

16y

]+(−8x−16y)

[x

y

]∈ RT1(T )

sind nach Konstruktion gleich Null, deshalb gilt fur ihre RT0-Interpolierenden entspre-chend der Definition (3.32) ρ0

T v7 = 0 bzw. ρ0T v8 = 0 , d.h., die Funktionen v7 und v8 liegen

im hierarchischen Uberschuß RT 1(T ), und zwar insbesondere im divergenzbehafteten Teil

RT1

1(T ). Folglich sind noch drei Basisfunktionen des divergenzfreien Teils vom hierarchi-

schen Uberschuß RT 1(T ) zu bestimmen. Dabei wird die Identitat curl S1(T ) = RT0

1(T )ausgenutzt. Die Funktionen

4xy, 4y(1− x− y), 4x(1− x− y)

bilden eine Basis von S1(T ). Damit sind

v 01 =

[4x

−4y

], v 0

2 =

[4− 4x− 8y

4y

], v 0

3 =

[−4x

−4 + 8x+ 4y

]

drei divergenzfreie Basisfunktionen des Raumes RT0

1(T ).

Beim Zusammensetzen der globalen Basisfunktionen des RT0

1(Ω; Tl) hat man zu beach-ten, daß die beiden von Null verschiedenen Kantenmomente der Funktionen v 0

1 , v 02 , v

03 ∈

RT0

1(T ) den gleichen Betrag, jedoch jeweils das entgegengesetzte Vorzeichen aufweisen. ImUnterschied zur Verwendung der im dritten Kapitel konstruierten lokalen Basisfunktionendes RT1(T ) besitzen daher die Normalkomponenten der divergenzfreien Funktionen aus

RT0

1(Ω; Tl) beim Ubergang zwischen zwei Dreiecken an einer inneren Kante ei der Trian-gulierung automatisch das passende Vorzeichen.

AAAAAA

??

*

*HHY

HHY rRT1(T )

= + +

AAAAAA

?

*HHY

RT0(T )

AAAAAA

?

*HHY

RT0

1(T )

AAAAAA

RT1

1(T )

r

Abbildung 4.1: Die hierarchische Zerlegung fur ein Dreieck T anhand der Freiheitsgradedes Raviart-Thomas-Elementes der Ordnung k = 1.

Eine hierarchisch aufgebaute Basis von P1(T ) gemaß der Zerlegung

P1(T ) = P0(T )⊕ P 11 (T )

kann mit Hilfe des Interpolationsoperators π0T konstruiert werden: Man erhalt die Polynome

1 ∈ P0(T ) sowie 3x− 1, 3y − 1 ∈ P 11 (T ).

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Kapitel 5

Numerische Experimente

Dieses Kapitel ist den praktischen Tests der implementierten gemischten Methode nachRaviart-Thomas fur die Ordnungen k = 0 und k = 1 sowie des hierarchischen Feh-lerschatzers nach Hoppe und Wohlmuth gewidmet. Zu diesem Zweck wurden Testbei-spiele gewahlt, deren analytische Losung bekannt ist. Nichtsdestotrotz reprasentieren sieverschiedene praktisch relevante Falle, die zu starken lokal begrenzten Anderungen derLosungsfunktionen fuhren: Es sind dies Potentialfunktionen mit Singularitaten, die durchden Quellterm verursacht werden. Gleichfalls problematisch ist eine uber das Modellgebietungleichmaßig verteilte hydraulische Durchlassigkeit K (x ), die Sprunge in der Normal-komponente des Potentialgradienten beim Ubergang zwischen Bereichen unterschiedlicherDurchlassigkeit verursacht. Beide Falle werden jeweils in den Beispielen 2 und 3 erfaßt.Das Beispiel 1 dient dagegen als

”freundliches“ Referenzproblem.

Alle Testrechnungen wurden auf einer HP J3600 Workstation unter dem BetriebssystemHP-UX 11.0 durchgefuhrt. Die Implementierung der gemischten Methode nach Raviart-

Thomas sowie des a-posteriori-Fehlerschatzers erfolgte entsprechend den in den Kapti-teln drei und vier beschriebenen Konzepten unter Zuhilfenahme von Matlab, Version5.3.1. Insbesondere kamen dabei die Gittererzeugungs- und -behandlungsroutinen der PDE-Toolbox zum Einsatz.

5.1 Testbeispiele

5.1.1 Beispiel 1: Eine Bubble-Funktion

Als Modellgebiet dient das Einheitsquadrat Ω = (0, 1)× (0, 1) ⊂ R2.Es werden Dirichlet-Randbedingungen auf dem ganzen Rand gestellt: pD = 1 auf Γ.Der Quellterm f = div u ∈ L2(Ω) ist so gewahlt, daß sich als Losung folgende Funktioneneinstellen:

p(x ) = x(x− 1)y(y − 1) + 1 u(x ) = −

[(y2 − y)(2x− 1)

(x2 − x)(2y − 1)

].

Die Matrix K ist die Einheitsmatrix im R2.

69

Page 70: Adaptive nite Element Methoden zur Approximation von ... · Methode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf- Die Hauptauf- gabe besteht in der Konstruktion

70 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

Potential p. Fluß u .

Abbildung 5.1: Berechnete Losung fur Beispiel 1.

5.1.2 Beispiel 2: Eine Funktion mit lokaler Spitze

Das Modellgebiet und die Matrix K bleiben gegenuber Beispiel 1 unverandert. Man stellthomogene Dirichlet-Randbedingungen: pD = 0 auf Γ. Als Quellterm wird eine Funktiongewahlt, welche auf die Losung

p(x ) = x(x− 1)y(y − 1) exp(−100((x− 0.5)2 + (y − 0.117)2)) u(x ) = −grad p

fuhrt. Dieses Beispiel entstammt dem technischen Report [1]. Die Losungsfunktion p(x )besitzt im Punkt (0.5, 0.117) eine lokale Spitze.

Potential p. Fluß u .

Abbildung 5.2: Berechnete Losung fur Beispiel 2.

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5.1. TESTBEISPIELE 71

5.1.3 Beispiel 3: Unstetige Koeffizienten

Modellgebiet ist die Einheitskreisscheibe im R2. Es werden auf dem ganzen Rand homoge-

nen Dirichlet-Randbedingungen gestellt: pD = 0 auf Γ. Fur die hydraulische Durchlassig-keit gilt K = aI2, wobei

a =

a1, 0 ≤ r < 0.3 = r1,

a2, 0.3 ≤ r < 0.7 = r2,

a3, 0.7 ≤ r < 1

mit a1 = 0.1, a2 = 100, a3 = 1. Bereiche geringer und hoherer Durchlassigkeit wechselneinander von Mittelpunkt der Kreisscheibe nach außen ab. Zur Ermittlung des Potentialsp ist die partielle Differentialgleichung

− div (a grad p(x )) = 1 in Ω

zu losen. Die Losung ist rotationsinvariant und hangt in Polarkoordinaten (r, θ) nur vomRadius r ab: p(r, θ) = p(r). Stellt man den Laplace-Operator in Polarkoordinaten auf,und laßt die Winkelabhangigkeit unberucksichtigt, so ergibt sich die gewohnliche Differen-tialgleichung

−a(prr +

1

rpr)

= 1 in Ω,

welche auf jedem Teilgebiet unterschiedlicher Durchlassigkeit die Losung

pi(r) = αi + βi log(r) +1

4ai(1− r2), i = 1, 2, 3,

besitzt. Die Koeffizienten αi, βi, i = 1, 2, 3, konnen aus der Randbedingung p(1) = 0, derForderung nach Beschranktheit von p im Ursprung sowie den Transmissivitatsbedingungen

p1(r1) = p2(r1) a1p′1(r1)= a2p

′2(r1) (5.1)

p2(r2) = p3(r2) a2p′2(r2)= a3p

′3(r2) (5.2)

eindeutig bestimmt werden. Man erhalt fur das Potential p somit in kartesischen Koordi-naten die Darstellung

p1(x ) = α1+1

4a1

(1−x2−y2) p2(x ) = α2+1

4a2

(1−x2−y2) p3(x ) =1

4a3

(1−x2−y2)

mit

α1 = 0.106015 und α2= 0.128788.

Fur den volumetrischen Fluß u = −a grad p ergibt sich dementsprechend die stetigeLosungsfunktion

u(x ) =1

2

[x

y

].

Dieses Beispiel wurde [8] entnommen.

Page 72: Adaptive nite Element Methoden zur Approximation von ... · Methode nach Raviart-Thomas notwendigen Schritte und Uberlegungen. Die Hauptauf- Die Hauptauf- gabe besteht in der Konstruktion

72 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

Potential p. Fluß u .

Abbildung 5.3: Berechnete Losung fur Beispiel 3.

5.2 Approximationseigenschaften

Es wird uberpruft, ob die fur regulare Gitter bestehenden globalen Fehlerabschatzungen(3.37) und (3.38) fur die Testbeispiele 1 und 2 erfullt sind. Dazu erfolgt, ausgehend von einerTriangulierung des Einheitquadrates, die aus vier gleichschenkligen Dreiecken besteht, eineuniforme Gitterverfeinerung, d.h., der Diskretisierungsparameter h nahert sich Null. DieAnzahl der Elemente der Triangulierung vervierfacht sich in jedem Schritt. Verwendet manRaviart-Thomas-Elemente nullter Ordnung zur Flußapproximation, so kann laut Aus-sage der Fehlerabschatzungen unter der Voraussetzung uniformer Verfeinerung hochstenseine Konvergenzordnung von O(h) erreicht werden, fur Elemente erster Ordnung betragtdie maximale Konvergenzordnung O(h2). Dies gilt sowohl bezuglich der Norm ‖ · ‖0, alsauch der Norm ‖·‖H(div;Ω), falls die zu approximierenden Funktionen hinreichend glatt sind.Die Losungsfunktionen fur den Fluß der Beispiele 1 und 2 erfullen diese Voraussetzung.Erwartet wird folglich in beiden Fallen asymptotisch das Erreichen der maximal moglichenKonvergenzordnung.Die Abbildungen 5.4 und 5.5 zeigen die Ergebnisse der Untersuchung. Dargestellt wer-

den jeweils der absolute Fehler der Flußapproximation bezuglich der Normen ‖ · ‖0 und‖ · ‖H(div;Ω) uber dem Diskretisierungsparameter h. Man beachte dabei die logarithmischeSkaleneinteilung. Zur Orientierung ist eine Referenzgerade eingezeichnet, welche die Funk-tionen z(h) = h bzw. z(h) = h2 zeigt. Die vorhergesagte Konvergenzordnung wird in beidenFallen erreicht.Ebenfalls eingezeichnet ist der absoute Fehler der Potentialapproximation bezuglich derL2-Norm. Die zugehorigen bekannten Fehlerabschatzungen fur die Darstellung von L2-Funktionen im hier zur Diskretisierung verwendeten FE-Raum Pk(Ω; Th) sagen ebenfallseine Konvergenzordnung von O(h) bzw. O(h2) voraus. Diese wird fur die Beispiele 1 und2 erreicht, da die Potentialfunktionen eine hinreichende Regularitat besitzen. Somit ist esmoglich, Fluß und Potential in einem gewissen Sinne

”gleich gut“ zu approximieren.

Die Potentialfunktion des zweiten Beispiels besitzt eine lokale Spitze. Innerhalb einer klei-

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5.2. APPROXIMATIONSEIGENSCHAFTEN 73

RT0-Elemente RT1-Elemente

# Dreiecke Relativer Fehler # Freiheitsgrade # Freiheitsgrade Relativer Fehler

4 0.307330 8 24 0.157340

16 0.183236 28 88 0.038961

64 0.100128 104 336 0.009102

256 0.050228 400 1312 0.002276

1024 0.024893 1548 5184 0.000558

4096 0.012437 6208 20608 0.000139

Tabelle 5.1: Relativer ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler fur den Fluß u (Beispiel 1).

RT0-Elemente RT1-Elemente

# Dreiecke Relativer Fehler # Freiheitsgrade # Freiheitsgrade Relativer Fehler

4 0.635795 8 24 0.620469

16 0.845443 28 88 0.712071

64 0.693316 104 336 0.564109

256 0.507262 400 1312 0.127867

1024 0.252245 1548 5184 0.040218

4096 0.127869 6208 20608 0.010192

Tabelle 5.2: Relativer ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler fur den Fluß u (Beispiel 2).

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74 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

10−2

10−1

100

10−4

10−3

10−2

10−1

100

Diskretisierungsparameter h

Abs

olut

er F

ehle

r

Potential (L2)Fluss (L2) Fluss (Hdiv)

Beispiel 1.

10−2

10−1

100

10−4

10−3

10−2

10−1

100

Diskretisierungsparameter h

Abs

olut

er F

ehle

r

Potential (L2)Fluss (L2) Fluss (Hdiv)

Beispiel 2.

Abbildung 5.4: Konvergenzverhalten fur k = 0.

10−1

100

10−6

10−5

10−4

10−3

10−2

10−1

100

Abs

olut

er F

ehle

r

Diskretisierungsparameter h

Potential (L2)Fluss (L2) Fluss (Hdiv)

Beispiel 1.

10−1

100

10−5

10−4

10−3

10−2

10−1

100

Diskretisierungsparameter h

Abs

olut

er F

ehle

r

Potential (L2)Fluss (L2) Fluss (Hdiv)

Beispiel 2.

Abbildung 5.5: Konvergenzverhalten fur k = 1.

nen Umgebung des Punktes (0.5, 0.117) andern sich die Funktionswerte sehr stark imGegensatz zum Rest des Modellgebietes. Dies macht sich im relativen Fehler der Fluß-Approximation bemerkbar. Im Vergleich zur glatten Bubble-Funktion aus Beispiel 1 stelltsich die Asymptotik nicht sofort ein. Bei gleicher Anzahl der Dreiecke in der Triangulierungunterscheiden sich die relativen Fehler um eine Großenordnung. Die einzige Moglichkeit,im Beispiel 1 bei uniformer Verfeinerung eine schnellere Reduktion des Fehlers zu errei-chen, scheint im Einsatz von Raviart-Thomas-Elementen der nachsthoheren Ordnung zubestehen. Im Schnitt verdreifacht sich dabei allerdings die Anzahl der Freiheitsgrade. Ins-besondere der hohere Speicherplatzbedarf kann dabei die Realisierbarkeit der numerischenSimulation von komplexen Modellszenarien gefahrden. Besonders unglucklich erscheint da-bei der Umstand, daß es prinzipiell nicht notwendig ist, alle Bereiche des Modellgebietesfein aufzulosen, da die Potentialfunktion nur in der Umgebung der lokalen Spitze schlechtauf einem groben FE-Gitter dargestellt werden kann. Man kann daher erwarten, daß eine

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5.3. UNIFORME UND ADAPTIVE GITTERVERFEINERUNG 75

adaptive Gitterverfeinerung, gesteuert durch einen einfach zu berechnenden a-posteriori-Fehlerschatzer, nur in der Umgebung des kritischen Bereiches stark verfeinert. Zur Appro-ximation der Losung im restlichen Gebiet sollten wenige Dreiecke genugen. Damit redu-ziert sich die Anzahl der Freiheitsgrade, verglichen mit der uniformen Verfeinerung, welchebenotigt wird, um den Fehler auf ein vergleichbares Niveau zu reduzieren. Auf der an-deren Seite ist nicht zu erwarten, daß eine adaptive Verfeinerungsstrategie fur gutartigeLosungsfunktionen, wie etwa in Beispiel 1, zu einer entscheidenden Reduktion der Anzahlvon Freiheitsgraden und damit von Rechen- und Speicheraufwand fuhrt.

5.3 Uniforme und adaptive Gitterverfeinerung

100

101

102

103

104

105

10−3

10−2

10−1

100

# Freiheitsgrade

Rel

ativ

er F

ehle

r

adaptivuniform

Beispiel 1.

101

102

103

104

105

10−1

100

# Freiheitsgrade

Rel

ativ

er F

ehle

r

adaptivuniform

Beispiel 2.

Abbildung 5.6: Der relative ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler fur den Fluß u uber der Anzahl der Frei-heitsgrade bei uniformer und adaptiver Gitterverfeinerung.

Den Gedankengang des vorangehenden Abschnittes aufgreifend, wird an dieser Stelle fol-gendes Experiment durchgefuhrt: Ausgehend von einer aus vier Dreiecken bestehendenTriangulierung des Einheitsquadrates werden die Testbeispiele 1 und 2 mit unterschiedli-chen Verfeinerungsstrategien behandelt. Zum einen geschieht die Verfeinerung uniform beiVervierfachung der Dreiecksanzahl in jedem Schritt. Zum anderen wird der in (4.21) defi-nierte hierarchische Fehlerschatzer fur den Approximationsfehler des Flusses u bezuglichder Norm ‖ ·‖H(div;Ω) eingesetzt, um einen adaptiven Gitterverfeinerungsprozeß zu steuern.Man verfeinert alle Dreiecke, fur die das folgende Kriterium erfullt ist:

(ηT0,u)2

|T |> 0.95

η20,u

|Ω|. (5.3)

Diese Strategie hat eine Gleichverteilung des Fehlers pro Flache zum Ziel. Es wird damitvermieden, Dreiecke zu verfeinern, welche aufgrund ihrer großen Flache einen hohen Anteilam Gesamtfehler haben. Bei dem Faktor 0.95 handelt es sich um einen Sicherheitsfaktor.Sowohl im uniformen als auch im adaptiven Fall bricht der Prozeß ab, sobald der relative

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76 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

Approximationsfehler des Flusses in der H( div )-Norm unterhalb einer geeigneten Schran-ke liegt.Abbildung 5.6 sind die Ergebnisse des Experiments zu entnehmen. Dargestellt wird je-weils der relative Fehler der Flußapproximation uber der Anzahl der Freiheitsgrade. Wievorhergesagt, bringt eine adaptive Verfeinerungsstrategie im Fall der Bubble-Funktion ausBeispiel 1 keine wesentlichen Vorteile in Bezug auf die Reduktion der Anzahl von Frei-heitsgraden, um ein vergleichbares Fehlerniveau zu erreichen. Ganz anders liegen die Dingedagegen bei Beispiel 2. Schon nach wenigen Schritten ist zu erkennen, daß sich die adapti-ve Verfeinerungsstrategie in diesem Fall auszahlt. Um einen kleineren relativen Fehler als10−1 zu erreichen, benotigt man bei uniformer Gitterverfeinerung 16384 Dreiecke a 24704Kanten sprich globalen Freiheitsgraden, bei adaptiver jedoch lediglich 1268 Dreiecke mitinsgesamt 1919 Kanten.

5.4 Zuverlassigkeit und Effizienz des Fehlerschatzers

In diesem Abschnitt stehen die Gute der von Hoppe und Wohlmuth konstruiertenhierarchischen Fehlerschatzer (4.21) und (4.22) fur den Fehler der Flußapproximation

‖u−uk‖H(div;Ω) sowie den Gesamtfehler (‖u−uk‖2H(div;Ω) +‖p−pk‖2

0)12 auf dem Prufstand.

Betrachtet wird dabei der Fall k = 0.Nachzuweisen sind Effizienz bzw. Zuverlassigkeit der Schatzer. Man zieht dazu den soge-nannten Effizienzindex ζ heran. Er ist fur einen abzuschatzenden Fehler ε und den zu-gehorigen Fehlerschatzer η wie folgt definiert:

ζ :=η

ε− 1.

In Kapitel vier wurde dargelegt, daß die zu untersuchenden Fehlerschatzer η0,u und η0 furden Fluß- bzw. Gessamtfehler theoretisch bis auf von der Verfeinerungsstufe unabhangigeKonstanten eine scharfe obere und untere Schranke fur den Fehler der Flußapproximationliefern. Die Effizienzindizes

ζ0,u =η0,u

ε0,u− 1 und ζ0 =

η0

ε0

sollten sich demnach stets unabhangig von der zugrundeliegenden aktuellen Triangulierungnach oben und unten beschranken lassen. Gleichzeitig durfen diese Schranken nicht zu großwerden, da man von einem Fehlerschatzer erwartet, daß er sich nicht zu weit vom wahrenFehler entfernt. Es sei daran erinnert, daß in der Praxis, im Gegensatz zu den hier durch-gefuhrten Berechnungen, der wahre Fehler nicht bekannt ist. Der Schatzer soll daher nichtnur zu einer feinen Auflosung der kritischen Bereiche im Modellgebiet beitragen, sonderngleichzeitig auch ein zuverlassiges Abbruchkriterium fur den adaptiven Verfeinerungspro-zeß liefern. Im Idealfall konvergiert der Effizienzindex ζ im Laufe der Verfeinerung gegenNull, d.h., der Schatzer η ist asymptotisch exakt.Die Abbildungen 5.7 und A.1 zeigen jeweils die Ergebnisse der Untersuchung fur die Test-

beispiele 1 und 2. Ausgangspunkt bildet dabei eine aus vier Dreiecken bestehende Trian-gulierung des Einheitsquadrates. Den Verfeinerungsprozeß steuert erneut Kriterium (5.3).Dargestellt sind die Effizienzindizes ζ0,u und ζ0 uber der Anzahl der erfolgten Verfeinerungs-schritte. Es ist zu erkennen, daß sich ζ0,u sowie ζ0 mit fortschreitender Verfeinerung der

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5.4. ZUVERLASSIGKEIT UND EFFIZIENZ DES FEHLERSCHATZERS 77

0 2 4 6 8 10 12 14 16−0.15

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

0.15

0.2

0.25

# Verfeinerungsstufen

Effiz

ien

zin

de

x

Fluss(Hdiv) Potential(L2)

Beispiel 1.

0 2 4 6 8 10 12 14−1

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

0

0.2

0.4

0.6

# Verfeinerungsstufen

Effiz

ien

zin

de

x

Fluss(Hdiv) Potential(L2)

Beispiel 2.

Abbildung 5.7: Effizienzindizes fur den ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler von Fluß u und den ‖ · ‖0-Fehlervon Potential p uber der Anzahl der Verfeinerungsstufen bei adaptiver Gitterverfeinerung.

Zahl Null nahern. Insbesondere bleiben sie beschrankt. Damit lassen sich in beiden Beispie-len sowohl der Fehler der Flußapproximation ε0,u , als auch der Gesamtfehler ε0 zuverlassigund effizient durch die konstruierten hierarchischen Schatzer η0,u bzw. η0 abschatzen.

In Abbildung 5.7 wurde ein zweiter, noch nicht genannter Effizienzindex eingezeichnet, dersich wie folgt berechnet:

ζ0,p =η0,p

ε0,p− 1

mit dem Fehler der Potentialapproximation ε0,p = ‖p−p0‖0 gemessen in der L2-Norm sowieder Große

η20,p :=

∑T∈T

‖e11,p‖2

0.

Die nicht aufgefuhrten Bezeichnungen sind Kapitel vier zu entnehmen. Offenbar bildet η0,p

in den betrachteten Beispielen einen Schatzer fur den Fehler der Potentialapproximation.Dies verwundert nicht, wenn man sich an die Ungleichungskette (4.19) aus Kapitel viererinnert. Falls fur das Potential p eine zu (4.2) analoge Sattigungsannahme getroffen wirdund sich damit eine (4.4) entsprechende Abschatzung fur den Fehler ε0,p herleiten laßt, sozeigt (4.19), daß die Große η0,p eine bis auf von der Triangulierung unabhangige Konstantenobere und untere Schranke fur ε0,p darstellt, wenn nur der Fehler der Flußapproximationbereits hinreichend klein ist. Dies macht sich in Abbildung 5.7 bemerkbar. Im gleichenVerfeinerungsschritt ist ζ0,p im Vergleich zu ζ0,u weiter vom wahren Fehler entfernt, ins-besondere im zweiten Testbeispiel, das wegen der lokalen Spitze Probleme bereitet. Dazubleibt zu bemerken, daß in beiden Fallen die Auswahl der zu verfeinernden Dreieck nachdem Kriterium (5.3) erfolgte, d.h., der Gesamtfehler, an welchem auch der PotentialfehlerAnteile hat, fand keinen Eingang in den adaptiven Gitterverfeinerungsprozeß.

An dieser Stelle ist es moglich, Ergebnisse zu prasentieren, die das Testbeispiel 3 betreffen.Aufgrund der unterschiedlichen Durchlassigkeitsverteilung im Modellgebiet ist der Gradi-ent des hydraulischen Potential p in der Umgebung von Gebieten verschiedener Durchlassig-

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78 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

0 2 4 6 8 10 12 14 16

−0.1

−0.05

0

0.05

0.1

# Verfeinerungsstufen

Effiz

ien

zin

de

x

Beispiel 1.

0 2 4 6 8 10 12 14

−0.8

−0.6

−0.4

−0.2

0

0.2

# Verfeinerungsstufen

Effiz

ien

zin

de

x

Beispiel 2.

Abbildung 5.8: Effizienzindizes fur den Gesamtfehler von Fluß u und Potential p uber derAnzahl der Verfeinerungsstufen bei adaptiver Gitterverfeinerung.

keit starken Anderungen unterworfen. Nichstdestotrotz zeigt der volumetrische Fluß imganzen Gebiet Ω ein stetiges Verhalten und laßt sich, abgesehen vom Fehler, der durch dieRandapproximation entsteht, sogar exakt im Raviart-Thomas-Raum nullter OrdnungRT0(Ω; Th) darstellen. Dies kann mit Hilfe der Transmissivitatsbedingungen aus (5.1),(5.2)begrundet werden, wenn man beachtet, daß der Fluß aufgrund der Problemstellung stetsradial nach außen gerichtet ist, also exakt in Richtung der außeren Normalenvektoren aufdenjenigen Randern, die Gebiete unterschiedlicher Durchlassigkeit trennen.Es erscheint deshalb nicht sinnvoll, in diesem Fall die Gute der Fehlerschatzer η0,u und η0

fur Fluß- und Gesamtfehler zu testen. Abbildung 5.9 zeigt daher lediglich das Verhaltendes Efffizienzindex ζ0,p, der dem Fehler der Potentialapproximation zugeordnet wird . DieSteuerung des Verfeinerungsprozesses erfolgt nach einem (5.3) entsprechenden Kriteriumfur den Gesamtfehler:

(ηT0 )2

|T |> 0.95

η20

|Ω|. (5.4)

Die Ausgangstriangulierung findet man in Abbildung 5.11. Da der Fluß u bereits auf grobenFE-Gittern gut dargestellt werden kann, ist ζ0,p nach verhaltnismaßig wenigen Schrittennicht weit vom wahren Fehler entfernt.

Zum Abschluß der numerischen Experimente sollen Folgen adaptiv verfeinerter Triangu-lierungen betrachtet werden, und zwar fur die kritischen Testbeispiele 2 und 3.

Zum Einsatz kommt zunachst das Verfeinerungskriterium (5.3). Angewendet auf Beispiel 2wird die Ausgangstriangulierung des Einheitsquadrates so lange verfeinert, bis der relative‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler der Flußsapproximation kleiner als 10−1 ist. Mit Blick auf Abbildung5.2 erwartet man eine starke Verfeinerung in der Umgebung der lokalen Spitze im Punkt(0.5, 0.117), wahrend im restlichen Teil des Modellgebietes wenige Dreiecke zur Approxi-mation des Flusses genugen sollten.Abbildung 5.10 stellt vier ausgewahlte Triangulierungen dar, welche zu verschiedenen Stu-fen der adaptiven Gitterverfeinerung gehoren. Erstes und letztes Bild der Folge zeigen

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5.4. ZUVERLASSIGKEIT UND EFFIZIENZ DES FEHLERSCHATZERS 79

0 2 4 6 8 10 12 14−0.5

−0.4

−0.3

−0.2

−0.1

0

0.1

0.2

0.3

# Verfeinerungsstufen

Effiz

ien

zin

de

x

Beispiel 3.

Abbildung 5.9: Effizienzindex fur den ‖ · ‖0-Fehler des Potentials p uber der Anzahl derVerfeinerungsstufen bei adaptiver Gitterverfeinerung.

jeweils die Anfangstriangulierung bzw. diejenige beim Erreichen des Abbruchkriteriums.Wie vorhergesagt, wird im Bereich der lokalen Spitze sehr stark verfeinert im Vergleichzum ubrigen Teil des Einheitsquadrates.

Im Falle des Testbeispiels 3 findet das Kriterium (5.4) bei der Auswahl der zu verfeinern-den Dreieck Verwendung. Der Abbruch des adaptiven Prozesses erfolgt, sobald der relativeGesamtfehler unterhalb der Schranke von 10−2 liegt. Es ist mit einer starken Verfeinerunginnerhalb der Kreisscheibe um den Mittelpunkt mit dem Radius r1 = 0.3 zu rechnen, dadas Potential dort die großte Anderung erfahrt, vgl. Abbildung 5.3. In der Nahe des Ran-des andert sich das Potential gleichfalls verhaltnismaßig stark. Im Vergleich zum mittlerenKreisring kann folglich auch am Rand mit einer intensiveren Verfeinerung gerechnet wer-den. Das gutartige Verhalten des Flusses sollte keinen Einfluß auf die Auswahl der Dreieckehaben.In Abbildung 5.11 sind beginnend mit der Ausgangstriangulierung vier FE-Gitter der vomVerfeinerungsprozeß erzeugten Folge von Triangulierungen zu sehen. Es bietet sich ein uber-raschendes Bild: Im Bereich der innersten Kreisscheibe mit der geringsten Durchlassigkeitfindet wie erwartet eine konzentrierte Verfeinerung statt. Unerklarlich erscheint zunachstdie viel intensivere Verfeinerung entlang der Unstetigkeitsstellen der Durchlassigkeitsver-teilung. Dieser Anteil muß vom Flußfehler herruhren, obwohl der volumetrische Fluß aufdem gesamten Modellgebiet stetig ist und einfach dargestellt werden kann.Die Erklarung fur dieses Verhalten ist im vierten Kapitel zu suchen. Dort wurde die Ent-wicklung des Fehlerschatzers η0,u nachvollzogen. Am Anfang der Betrachtungen stand dieFeststellung, daß der Fehler der Flußapproximation nicht wie ublich in der Norm des Raum-es H(div; Ω) geschatzt wird, sondern in einer aquivalenten Norm ‖ · ‖ div , welche im hierbetrachteten Testbeispiel 3 gegenuber der ‖ · ‖H(div;Ω)-Norm um den Faktor 1

aauf den ent-

sprechenden Teilen des Einheitskreises gewichtet ist. Auf diese Weise findet die Unstetigkeitdes Potentialgradienten grad p beim Ubergang zwischen den Bereichen unterschiedlicherDurchlassigkeit Eingang in den Fehlerschatzer fur den volumetrischen Fluß, der an den

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80 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

betreffenden Stellen kein kritisches Verhalten zeigt. Der konstruierte Fehlerschatzer mißtdem Verhalten des Potentials in diesem Fall somit ein großeres Gewicht bei.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Ausgangstriangulierung.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Nach vier Schritten.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Nach acht Schritten.

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 10

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Nach zwolf Schritten.

Abbildung 5.10: Eine Folge von adaptiv verfeinerten Triangulierungen (Beispiel 2). Verfei-nerungskriterium: Geschatzter ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler der Flußapproximation.

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5.4. ZUVERLASSIGKEIT UND EFFIZIENZ DES FEHLERSCHATZERS 81

−1 0 1−1

0

1

Ausgangstriangulierung.

−1 0 1−1

0

1

Nach vier Schritten.

−1 0 1−1

0

1

Nach acht Schritten.

−1 0 1−1

0

1

Nach dreizehn Schritten.

Abbildung 5.11: Eine Folge von adaptiv verfeinerten Triangulierungen (Beispiel 3). Verfei-nerungskriterium: Geschatzter Gesamtfehler.

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82 KAPITEL 5. NUMERISCHE EXPERIMENTE

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Kapitel 6

Zusammenfassung

Bei der mathematischen Modellierung von stationaren Grundwasserstromungen im gesattig-ten Boden stoßt man auf ein System von zwei linearen gekoppelten partiellen Differenti-algleichungen erster Ordnung. Die Losungsfunktionen, das hydraulische Potential p sowieder volumetrische Fluß u dienen der Beschreibung der Stromung.Es bieten sich verschiedene Wege zur Losung jenes Systems an: Unter Ausnutzung derKopplung kann eine klassische Variationsaufgabe zur Ermittlung des Potentials gestelltwerden. An dieser Stelle setzt die Methode der finiten Elemente an. Durch die Diskreti-sierung der Variationsaufgabe ist eine stabile Berechnung einer Naherungslosung fur dasPotential moglich. Allerdings muß dann eine Naherung an den Fluß u , der bei vielen prak-tischen Anwendungen vorangig interessiert, durch numerische Differentiation gewonnenwerden.Will man diese Quelle der Instabilitat ausschalten, so ist dafur eine gemischte Variations-formulierung fur die Modellgleichungen geeignet. Sie ermoglicht eine gleichzeitige stabileBerechnung von Potential und Fluß. Geht man dabei nach der gemischten Methode vonRaviart-Thomas vor, so lassen sich die Naherungen fur beide Zustandsvariablen mitdemselben Grad der Genauigkeit berechnen. Die durchgefuhrten numerischen Experimen-te bestatigen diese theoretische Aussage.Ein weiterer Punkt, der fur den Einsatz der vorgestellten gemischten Methode im Ver-gleich mit klassischen finiten Element Methoden zur Potentialapproximation spricht, istdie Garantie der elementweisen Massenerhaltung fur den diskreten Fluß. Die Moglichkeit,unstrukturierte Gitter zu behandeln, sowie eine theoretisch erreichbare beliebig hohe Kon-vergenzordnung, kennzeichnen dagegen alle FE-Methoden.Ein von Hoppe und Wohlmuth speziell fur die gemischte Methode nach Raviart-

Thomas konstruierter hierarchischer Fehlerschatzer kann erfolgreich zur Steuerung einesadaptiv erfolgenden Gitterverfeinerungsprozesses eingesetzt werden. Durch die exklusiveAuflosung von Bereichen kritischen Verhaltens der Losungsfunktionen im Modellgebietlassen sich ein unverhaltnismaßig hoher Rechen- und Speicheraufwand vermeiden. Dies be-legen entsprechende durchgefuhrte Vergleichsrechnungen. Es ist ferner moglich, Effizienzund Zuverlassigkeit des betrachteten Fehlerschatzers fur die ausgewahlten Testbeispielenachzuweisen.Insgesamt eignet sich der gemischte FE-Ansatz nach Raviart-Thomas aufgrund der an-gefuhrten Eigenschaften zur Approximation von stationaren Grundwasserstromungen. Diesgilt insbesondere, falls die ermittelten Naherungslosungen eine weitere Verwendung als

83

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84 KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG

Grundlage der Simulation von Transportprozessen im Grundwasser finden.Kritisch anzumerken bleibt die Tatsache, daß die gemischte Methode im Vergleich mitklassischen FE-Methoden zur alleinigen Berechnung des hydraulischen Potentials zu mehrUnbekannten und somit unweigerlich großeren zu losenden linearen Gleichungssystemenfuhrt. Eine hinsichtlich der Stabilitat der Berechnung gunstigere Approximation an denFluß muß mit hoherem Rechen- und Speicheraufwand bezahlt werden.

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Anhang A

Ein Grundwasserstromungsproblem

Erganzend zu den Testbeispielen des funften Kapitels, deren analytische Losung bekanntist, wird an dieser Stelle ein Stromungsproblem aus der Praxis vorgestellt. Die Losung er-folgt naherungsweise unter Zuhilfenahme der gemischten Methode nach Raviart-Thomas.

Abbildung A.1 zeigt den Querschnitt einer geologischen Formation, welche sich im Sudostender USA befindet. Funf verschiedene Gesteinsarten sind zu berucksichtigen. Die hydrauli-sche Durchlassigkeit im Modellgebiet differiert dabei stark zwischen 0.31 m/d (Flugasche)beziehungsweise 17.2 m/d (Saprolith). Der obere und untere Rand des Gebietes werden alsundurchlassig angenommen, d.h., man stellt dort homogene Neumann-Randbedingungen.Das hydraulische Potential p auf den verbleibenden beiden Teilen des Randes ist jeweilskonstant, wobei zwischen Zu- und Abfluß eine Potentialdifferenz besteht.

Dieses Beispiel findet man im Report [10].

Abbildung A.1: Testbeispiel: Schnitt durch eine geologische Formation im Sudosten derUSA.

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86 ANHANG A. EIN GRUNDWASSERSTROMUNGSPROBLEM

Potential p. Fluß u .

Abbildung A.2: Testbeispiel: Berechnete Losung.

In Abbildung A.2 sind Potential p sowie Fluß u der sich einstellenden stationaren Grund-wasserstromung dargestellt. Erwartungsgemaß werden das Grundgestein und die Asche nurgering durchstromt im Gegensatz zum Saprolith.

Im Bereich der Engstelle beim Ubergang zwischen den Teilgebieten unterschiedlicher Durch-lassigkeit andert sich der Fluß sehr stark. Dementsprechend konzentriert sich die durch denhierarchischen a-posteriori-Fehlerschatzer fur die ‖ · ‖H(div;Ω)-Norm der Flußapproximationgesteuerte adaptive Gitterverfeinerung auf diesen Bereich des Modellgebietes, siehe dazuAbbildung A.3. Weiterhin erkennt man beim Vergleich von Ausgangstriangulierung undder verfeinerten Triangulierung, daß das Gitter an bestimmten Stellen im Modellgebietvon Beginn an uberverfeinert ist. Die dortigen Dreiecke werden nicht vom Verfeinerungs-prozeß erfaßt.

Ausgangstriangulierung. Nach neun Schritten.

Abbildung A.3: Testbeispiel: Adaptiv verfeinerte Triangulierung. Verfeinerungskriterium:Geschatzter ‖ · ‖H(div;Ω)-Fehler der Flußapproximation.

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Literaturverzeichnis

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